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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2005 53)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2005 53: Verwaltungsgericht

Ein Mann namens H.Z. wurde aufgrund einer Alzheimer-Demenz und depressiven Symptomen in die Klinik Königsfelden eingewiesen. Das Verwaltungsgericht entschied, dass trotz fehlender Behandlungsfähigkeit die fürsorgerische Freiheitsentziehung verhältnismässig sei, um eine angemessene Fürsorge sicherzustellen. Aufgrund der fortschreitenden Demenz und der fehlenden Impulskontrolle wurde die Diagnose einer kortiko-subkortikalen Demenz gestellt. Die Gerichtskosten betrugen 259 CHF. Die Entscheidung wurde vom Verwaltungsgericht getroffen, und die fürsorgerische Freiheitsentziehung wurde als gerechtfertigt und verhältnismässig angesehen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2005 53

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2005 53
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2005 53 vom 02.12.2005 (AG)
Datum:02.12.2005
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE 2005 53 S.259 2005 Fürsorgerische Freiheitsentziehung 259 VI. Fürsorgerische Freiheitsentziehung 53 Verhältnismässigkeit...
Schlagwörter: Freiheit; Freiheitsentziehung; Fürsorge; Anstalt; Klinik; Behandlung; Beschwerde; Beschwerdeführer; Demenz; Beschwerdeführers; Verwaltungsgericht; Betreuung; Entlassung; Zustand; Verhandlung; Person; Fürsorgerische; Königsfelden; Altersheim; ürdige
Rechtsnorm: Art. 397a ZGB ;
Referenz BGE:112 II 487;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2005 53

2005 Fürsorgerische Freiheitsentziehung 259

VI. Fürsorgerische Freiheitsentziehung



53 Verhältnismässigkeit der fürsorgerischen Freiheitsentziehung trotz fehlender Behandlungsfähigkeit; Anstaltseinweisung zur Sicherstellung der persönlichen Fürsorge. - Geistesschwäche bei Demenz (Erw. 2.3.). - Trotz fehlender Behandlungsfähigkeit ist eine fürsorgerische Frei- heitsentziehung dann verhältnismässig, wenn ein konkretes Fürsor- gebedürfnis vorliegt, welches im ambulanten Rahmen nicht mehr abgedeckt werden kann (Erw. 3.2.2.). - Anstaltsunterbringung zur Sicherung eines menschenwürdigen Da- seins, wenn nötige persönliche Fürsorge nur noch durch langfristigen Aufenthalt in geeigneter Anstalt sichergestellt werden kann (Erw. 3.3.3.). - Psychiatrische Klinik als geeignete Anstalt bei (Alzheimer-) Demenz (Erw. 4.).
Entscheid des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 2. Dezember 2005 in Sachen H. Z. gegen Entscheid der Klinik Königsfelden.
Sachverhalt

H.Z., der mit seiner Lebenspartnerin R.S. in deren Einfamilien- haus zusammen lebt, wurde nach diversen Konflikten vom Be- zirksarzt wegen Hinweisen auf ein fortgeschrittenes dementielles Syndrom in die Klinik Königsfelden eingewiesen. Die Klinikärzte diagnostizierten bei Klinikeintritt eine beginnende Alzheimer-De- menz kombiniert mit depressivem Syndrom. Den ärztlichen Angaben zufolge stünden Gedächtnisstörungen im Vordergrund, zudem be- stehe ein schweres bis mittelgradiges Defizit in der Krankheitsein- sicht und in der Selbstbeurteilung. Der Beschwerdeführer habe in den letzten Jahren eine Wesensveränderung durchgemacht. Im Vor-
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dergrund stehe auch eine Wahnhaftigkeit. Zudem sei ein depressives Syndrom diagnostiziert worden. Der Verlauf sei nicht sehr erfreulich. Der jetzige Zustand sei wohl das Maximum, das erreicht werden könne. Die Desorientierung und die Vergesslichkeit seien Faktoren, welche die Wahnhaftigkeit noch verstärkten. Das sei typisch für De- menzerkrankungen. Der Patient finde Sachen nicht mehr und verar- beite dies wahnhaft. Zusammen mit der fehlenden Impulskontrolle werde der Beschwerdeführer unberechenbar. Aufgrund dieser ärztli- chen Befunde steht für das Verwaltungsgericht die Diagnose einer kortiko-subkortikalen Demenz gemischter Genese (Alzheimer/vasku- lär) fest, was bedeutet, dass eine psychische Krankheit besteht.
Aus den Erwägungen

2.3. 2.3.1. Weil die medizinische Betrachtungsweise, d.h. die Frage, ob eine psychische Erkrankung vorliegt, nicht mit der Definition der Geisteskrankheit bzw. Geistesschwäche nach ZGB übereinstimmt, sondern sich letztere nach dem äusseren Erscheinungsbild richtet, kann die juristische Beurteilung von der medizinischen abweichen (AGVE 1985, S. 205 mit Hinweis; Eugen Spirig, in: Zürcher Kom- mentar, Art. 397a - 397f ZGB, Zürich 1995, Art. 397a N 32 mit Hinweisen). 2.3.2. 2.3.2.1. Gemäss einem Bericht des Sozialdienstes X. vom 28. Oktober 2005 sei die Problematik des Beschwerdeführers und R.S. der Gemeinde und dem Sozialdienst schon länger bekannt ge- wesen. Nach ihrer Einschätzung sei der Beschwerdeführer dement. Dies äussere sich in einem extremen Misstrauen, in Wutausbrüchen mit weggeschmissenen Sachen und in Drohungen gegenüber R.S. wie: "Ich zünde das Haus an", "ich jage das Haus in die Luft", "ich besorge mir eine Waffe, dann wirst Du sehen, was passiert". R.S. wünsche sich seit längerer Zeit, dass der Beschwerdeführer ausziehe. Bisher ausgesprochene Kündigungen habe er ignoriert. In letzter Zeit
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habe sich die Situation verschärft. Laut R.S. sei auch ein tätlicher Angriff erfolgt. 2.3.2.2. Anlässlich eines Familiengesprächs in der Klinik Kö- nigsfelden am 8. November 2005 gab R.S. an, der Beschwerdeführer habe sich seit mindestens vier Jahren zunehmend verändert. Be- gonnen habe es damit, dass er beim Autofahren nicht mehr gewusst habe, wohin und er rechts und links verwechselt habe. Trotz Aus- weisentzug im August 2003 sei er weiterhin Auto gefahren, seither sei es "bergab" gegangen. Er habe zunehmend Bestehlungsideen ent- wickelt. Zudem habe er plötzlich geglaubt, das von R.S. 1990 ge- kaufte Haus gehöre ihm. Er habe auch vermehrt sein Geld irgendwo im Haus versteckt, um es nachher nicht mehr zu finden. Insbesondere nachts habe der Beschwerdeführer jeweils Suchaktionen nach ver- schiedenen Dingen gestartet. Es habe in den letzten Jahren und ins- besondere Monaten zunehmend "Auswüchse" im Sinne von Beschul- digungen, Beschimpfungen und aggressiven Ausbrüchen gegeben. Der Beschwerdeführer meinte, er wisse nichts von den Vorfällen. Zudem gehöre das Haus weiterhin ihm. Das sei Diebstahl, wenn das Haus nicht mehr ihm gehören würde. Er wisse auch nichts davon, dass er hätte Miete bezahlen müssen. 2.3.2.3. (...) 2.3.2.4. Gemeindeammann Y. berichtete an der heutigen Ver- handlung, der Beschwerdeführer habe am 28. Oktober 2005 zwei Mal geäussert, dass er R.S. umbringen wolle. Im Vorfeld sei es bereits zu einer Tätlichkeit gekommen. 2.3.2.5. Der Beschwerdeführer wusste anlässlich der Verhand- lung auf sehr viele Fragen keine Antwort zu geben. Zum Beispiel auf die Fragen, welches seine letzte Arbeitsstelle vor der Pensionierung gewesen sei, ob er Vermögen habe, wann seine Scheidung gewesen sei, warum er keinen Kontakt mehr zu seinen Söhnen habe, seit wann er bei R.S. wohne und wie viel Miete er bezahle. Darauf ange- sprochen, ob er mit dem Gedächtnis ein Problem habe, verneinte er und sagte, dass man etwas vergesse, wenn man es vergessen wolle. Bei mehreren Fragen bat er R.S. Y., ihm bei der Beantwortung zu helfen. Der Beschwerdeführer gab zu, gedroht zu haben, das Haus von Frau S. anzuzünden und meinte, das sei etwas, das man in einer
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angespannten Diskussion so sage. Obwohl R.S. wünscht, dass der Beschwerdeführer auszieht, äusserte dieser mehrmals, er wolle zu ihr zurückgehen. Auf das Altersheim Z. angesprochen meinte der Be- schwerdeführer, wenn er dahin müsse, dann passiere etwas, eher gehe er in den Rhein als ins Altersheim. Unverständlich war, dass der Beschwerdeführer behauptete, das Einfamilienhaus gehöre ihm und R.S., obwohl er nicht wusste, wer von beiden im Grundbuch eingetragen ist. 2.3.3. Gesamthaft betrachtet zeigen der Bericht des Sozial- dienstes X. vom 28. Oktober 2005, die von der Lebenspartnerin ge- machten glaubwürdigen Schilderungen sowie die Äusserungen des Beschwerdeführers an der Verhandlung erhebliche Auffälligkeiten seiner Denk- und Verhaltensweisen. Da diese schon länger andauern und über weite Strecken befremdend und schwer nachvollziehbar sind, ist zumindest das Vorliegen einer Geistesschwäche im juristi- schen Sinne zu bejahen. 3.1. Allein die Tatsache, dass eine Person an einer Geistes- schwäche im Sinne des ZGB leidet, genügt nicht zur Anordnung und Aufrechterhaltung einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung. Diese einschneidende Massnahme ist nur dann zulässig, wenn das Fürsor- gebedürfnis des Betroffenen unter Berücksichtigung seiner eigenen Schutzbedürftigkeit und der Belastung der Umgebung sie erfordert und andere, weniger weitgehende Vorkehren nicht genügen (Art. 397a Abs. 1 und 2 ZGB; AGVE 1997, S. 240; 1992, S. 276; 1990, S. 223; Thomas Geiser in: Basler Kommentar, ZGB I/2, 2. Auflage, Basel/Genf/München 2002, Art. 397a N 12 f.; Spirig, a.a.O., Art. 397a N 259 f.). 3.2. 3.2.1. Eine Verwaltungsmassnahme muss geeignet sein, das im öffentlichen Interesse angestrebte Ziel zu erreichen (Ulrich Häfe- lin/Georg Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Auflage, Zü- rich/Basel/Genf 2002, Rz. 581). Sie muss im Hinblick auf das im öf- fentlichen Interesse angestrebte Ziel erforderlich sein und darf in sachlicher, räumlicher, zeitlicher und personeller Beziehung nicht über das Notwendige hinausgehen (Häfelin/Müller, a.a.O., Rz. 591, 594) und sie muss durch ein das private überwiegendes öffentliches
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Interesse gerechtfertigt sein (Häfelin/Müller, a.a.O., Rz. 615). Dies gilt auch im Falle einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung. Dass dabei die Verhältnismässigkeit gewahrt werden muss, drückt Art. 397a ZGB mit den Worten aus: "...wenn ihr die nötige persönli- che Fürsorge nicht anders erwiesen werden kann". Die fürsorgerische Freiheitsentziehung muss also ultima ratio bleiben (Spirig, a.a.O., Art. 397a N 258 f.). 3.2.2. In der Regel soll der Klinikaufenthalt eine (meist medi- kamentöse) Behandlung ermöglichen, die notwendig erscheint und wegen des Zustands und Verhaltens der betroffenen Person nicht ambulant erfolgen kann. Das Verwaltungsgericht hat in seiner bishe- rigen Rechtsprechung daher festgehalten, die fürsorgerische Frei- heitsentziehung sei unverhältnismässig, wenn nur vage Aussichten auf einen Behandlungserfolg bestünden und der Betroffene nicht in hohem Masse selbst- fremdgefährlich sei (AGVE 1993, S. 310 ff.). Bei Gefahr eines sofortigen Rückfalls könne jedoch keine Ent- lassung erfolgen (AGVE 1994, S. 352 ff.). Es sei - namentlich in schweren Fällen - zu prüfen, ob die Behandlungsfähigkeit der be- troffenen Person gegeben ist. Der mit dem Freiheitsentzug verbun- dene Eingriff in die persönliche Freiheit sei in der Regel unverhält- nismässig, wenn der Freiheitsentzug weitgehend den Charakter einer blossen Verwahrung annimmt (AGVE 1988, S. 265). Diese Recht- sprechung ist zugeschnitten auf die Vielzahl der Fälle fürsorgerischer Freiheitsentziehungen von psychisch kranken Menschen, die in einem akuten Zustand (z.B. wegen Exazerbation einer paranoiden Schizophrenie) in eine Psychiatrische Klinik zur stationären Be- handlung eingewiesen werden. Das Ziel ist in diesen Fällen eine Verbesserung des Zustands und eine Stabilisierung durch medika- mentöse Behandlung, um danach die Patienten wieder aus der Klinik zu entlassen und in einem ambulanten Rahmen weiter zu behandeln. Daneben umfasst Art. 397a ZGB aber auch andere Situationen, in denen einer psychisch kranken (bzw. süchtigen verwahrlos- ten) Person die notwendige persönliche Fürsorge nur noch durch eine stationäre Betreuung und Pflege erwiesen werden kann, ansonsten ihr ein menschenwürdiges Leben verunmöglicht wird. Diese Voraus- setzung kann unabhängig vom Vorliegen einer Behandlungsfähigkeit
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erfüllt sein. Zu denken ist beispielsweise an Personen mit einer De- menzerkrankung, welchen aufgrund dieser Geistesschwäche bzw. Geisteskrankheit ein selbständiges Wohnen verunmöglicht ist (z.B. wegen Vergesslichkeit, Orientierungslosigkeit, körperlicher Pflege- bedürftigkeit, Verwahrlosungsgefahr, Selbstgefährdung) und welche an einer Krankheit leiden, die im heutigen Zeitpunkt weder durch Therapie noch durch medikamentöse Behandlung geheilt werden kann. Das Fürsorgebedürfnis solcher Patienten, welche z.B. aufgrund einer Alzheimer-Demenz an einer Geisteskrankheit im juristischen Sinne leiden, kann in einer engmaschigen Betreuung, Pflege und Kontrolle bestehen, die unter Umständen nur noch in einem professionellen stationären Rahmen erwiesen werden kann, weil eine 1:1 Betreuung im privaten Umfeld aufgrund der Belastung der Umgebung einerseits und der Schutzbedürftigkeit des Betroffenen andererseits oft nicht mehr möglich ist. Fehlt es somit an einer ei- gentlichen Behandlungsfähigkeit, so ist im Rahmen der Verhältnis- mässigkeitsprüfung abzuklären, ob das konkrete Fürsorgebedürfnis eine fürsorgerische Freiheitsentziehung rechtfertigt, d.h. ob dieses in einem ambulanten Rahmen nicht mehr abgedeckt werden kann. Diese konstante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts ent- spricht der neueren Lehre. So führt Elisabeth Scherwey aus: "Die Freiheitsentziehung muss die persönliche Fürsorge sicherstellen und hat die Anstaltsentlassung innert nützlicher Frist herbeizuführen. Eine Relativierung erfährt diese Aussage bei unheilbaren Zuständen, wenn Ziel und Zweck der fürsorgerischen Freiheitsentziehung, näm- lich die Wiedererlangung der Selbstständigkeit und Eigenverant- wortung einer Person, nicht erreicht werden kann, die Anordnung einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung sich aber gleichwohl auf- drängt und rechtfertigt. Dies kann beispielsweise auf Personen mit altersbedingter Verwirrtheit zutreffen. Hier ist die Anstaltsunter- bringung zur Erbringung der notwendigen persönlichen Betreuung und zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins trotz fehlender Behandelbarkeit zulässig. In solchen Einzelfällen steht nicht mehr die Entlassung im Vordergrund, sondern die Sicherung eines men- schenwürdigen Daseins (unter Umständen mit ständigem Aufenthalt in der hiefür geeigneten Anstalt). Welcher Art die persönliche Für-
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sorge zu sein hat und in welchem Umfang sie zu gewähren ist, hängt von den Umständen und Bedürfnissen des Einzelfalles ab" (Elisabeth Scherwey, Das Verfahren bei der vorsorglichen fürsorgerischen Frei- heitsentziehung, Diss. Lachen 2004, S. 15 f.; vgl. auch dazu Geiser, a.a.O, Vor Art. 397a-f, N 9). 3.3. 3.3.1. Am Zustandsbild und am Verhalten des Beschwerdefüh- rers hat sich seit der Abweisung des Entlassungsgesuches am 16. November 2005 bis zur heutigen Verhandlung nichts Wesent- liches verändert. Die medikamentöse Behandlung ändert nichts am Vorliegen einer kortiko-subkortikalen Demenz, sie führt einzig zu einer gewissen Beruhigung des Beschwerdeführers und damit zu einer besseren Sozialverträglichkeit. Die Frage der Rechtsmässigkeit der Abweisung des Entlassungsgesuchs kann deshalb gleichzeitig mit der Frage einer allfälligen Entlassung im Urteilszeitpunkt überprüft werden. Die betroffene Person muss entlassen werden, sobald ihr Zustand es erlaubt (Art. 397a Abs. 3 ZGB; § 67f EG ZGB). Es ist demnach zu prüfen, ob der Beschwerdeführer im heutigen Zeitpunkt entlassen werden kann (AGVE 1992, S. 276, 285; 1990, S. 224; Gottlieb Iberg, Aus der Praxis der fürsorgerischen Freiheitsentzie- hung, in: Schweizerische Juristenzeitung 79/1983, S. 297). 3.3.2. Der Beschwerdeführer verlangt sinngemäss die sofortige Entlassung aus der Klinik, er fühle sich nicht krank und werde in der Klinik zu Unrecht behandelt. Anlässlich der Verhandlung erklärte der Beschwerdeführer, er wolle nach seiner Entlassung zu R.S. zurück. Darauf angesprochen, dass er nicht mehr zu R.S. zurückkönne, meinte der Beschwerdeführer, wenn er das Geld bekomme, das im Haus stecke, dann gehe er in die Ostschweiz. Zudem erwähnte der Beschwerdeführer eine Familie H.. Frau H. habe ihm vor langer Zeit anerboten, er könne zu ihr kommen. Auf das Altersheim Z. ange- sprochen meinte der Beschwerdeführer, dahin wolle er nicht, sonst passiere etwas, dann gehe er eher in den Rhein. 3.3.3. 3.3.3.1. Nach Aussagen des zuständigen Assistenzarztes habe sich das Zustandsbild des Beschwerdeführers seit der Einweisung nicht gross verändert. Der behandelnde Oberarzt fügte an, der jetzige
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Zustand sei wohl das Maximum, das erreicht werden könne. Die Desorientierung und die Vergesslichkeit seien Faktoren, welche die Wahnhaftigkeit verstärkten. Zusammen mit der fehlenden Impuls- kontrolle werde der Beschwerdeführer unberechenbar. Solange der Beschwerdeführer in der Klinik sei und behandelt werde, sei er rela- tiv ruhig, die Situation könne aber schnell eskalieren. Er beurteile die Selbstgefährdung des Beschwerdeführers als hoch, dieser sei sehr impulsiv, das habe mit der vaskulären Komponente der Demenz zu tun. Der Beschwerdeführer habe eine Hemmschwäche, so dass er Impulse direkt umsetze. Dabei handle es sich um eine organische Hirnschädigung, weshalb dies nicht verbessert werden könne. Eine Verlegung ins Altersheim Z. zum jetzigen Zeitpunkt könnte er nicht verantworten, was aber nicht heisse, dass der Beschwerdeführer zu einem späteren Zeitpunkt nicht verlegt werden könnte. 3.3.3.2. Für das Verwaltungsgericht steht aufgrund der Kran- kengeschichte, der ärztlichen Aussagen und des an der heutigen Ver- handlung gewonnenen Eindrucks fest, dass trotz adäquater medika- mentöser Behandlung des Beschwerdeführers nicht mit einem gross- artigen Behandlungserfolg gerechnet werden kann. Alzheimer-De- menz wird durch einen fortschreitenden Verlust von Zellen im Ge- hirn ausgelöst. Bis heute gibt es keine Behandlung, die Alzheimer- Demenz heilen aufhalten könnte (vgl. Dörner/Plog/Teller/ Wendt, Irren ist menschlich, Lehrbuch der Psychiatrie/ Psychothera- pie, Bonn, 2002, S. 417). Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner Vergesslichkeit, wahnhaften Verarbeitung und fehlenden Impulskon- trolle fürsorgebedürftig. Diese drei Komponenten verunmöglichen ein selbstständiges Wohnen. Glaubwürdig schilderte die Lebens- partnerin die Abhängigkeit des Beschwerdeführers sowie sein Un- vermögen, selbstständig einen Haushalt zu führen. Auch an der Ver- handlung zeigten sich massive Defizite der Gedächtnisleistung, die Verstärkung der Wahnsymptomatik aufgrund der Vergesslichkeit und die glaubwürdige Suizidandrohung, falls der Beschwerdeführer beispielsweise ins Altersheim Z. verlegt würde. Unter diesen Um- ständen ist trotz der Diagnose einer leichten bis mittelgradigen Demenz eine engmaschige Betreuung notwendig, die ausserhalb einer geschlossenen Anstalt eine 1:1 Betreuung rund um die Uhr mit
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zusätzlicher fachlicher Hilfe bedeuten würde. Das Fürsorgebedürfnis des Beschwerdeführers wurde in den letzten Jahren von R.S. erfüllt. Dies erweist sich heute aber als unmöglich. R. S. äusserte anlässlich der Verhandlung, es sei definitiv, dass der Beschwerdeführer nicht zu ihr zurückkehren könne, sie habe Angst vor ihm. Zudem erlaubt es ihr Gesundheitszustand nicht, dem Beschwerdeführer die notwendige persönliche Fürsorge zukommen zu lassen. Eine Entlassung ins Einfamilienhaus von R.S. kommt somit nicht in Frage. Eine andere Möglichkeit im Umfeld des Beschwerdeführers gibt es nicht. Die nötige persönliche Fürsorge kann offensichtlich nur durch einen langfristigen Aufenthalt in einer geeigneten Anstalt sichergestellt werden. Eine weitere stationäre Betreuung und kontrollierte Medikation kann dem Beschwerdeführer auf längere Sicht mehr Freiheiten und eine bessere Lebensqualität ermöglichen als eine Entlassung. 3.4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Aufrechterhal- tung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung gerechtfertigt und verhältnismässig ist. 4. 4.1. Die Unterbringung muss in einer "geeigneten Anstalt" er- folgen. Zu diesem Begriff gibt es keine Legaldefinition. Der mit der fürsorgerischen Freiheitsentziehung verfolgte primär therapeutische Zweck gibt jedoch hinreichend darüber Aufschluss, was unter einer geeigneten Anstalt zu verstehen ist. Eine Anstalt ist dann "geeignet", wenn sie mit den ihr normalerweise zur Verfügung stehenden orga- nisatorischen und personellen Mitteln in der Lage ist, wesentliche Bedürfnisse nach Fürsorge und Betreuung des Eingewiesenen zu befriedigen (BGE 112 II 487 f.). Dabei muss das konkrete Behand- lungskonzept genügend Erfolg versprechen, d.h. die Aussicht be- stehen, dass die Gründe, welche zur Einweisung führten, auf irgend eine Weise behoben doch zumindest mit einer gewissen Er- folgsaussicht behandelt werden können. Eine Anstalt, welche diese Anforderungen nicht erfüllt, kann nicht als "geeignet" angesehen werden (Spirig, a.a.O., Art. 397a N 129 f., 203, 205; AGVE 1993, S. 316 mit Hinweisen; 1992, S. 279).
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Es handelt sich bei diesem Begriff um ein eigenes Tatbe- standsmerkmal. Deshalb ist die fürsorgerische Freiheitsentziehung in Fällen, wo eine Anstaltsunterbringung zwar grundsätzlich gerechtfer- tigt und angezeigt wäre, aber keine geeignete und zur Aufnahme des Betroffenen bereite verpflichtete Anstalt gefunden werden kann, unzulässig. Eine Einweisung in eine nicht geeignete Anstalt würde zudem eine untaugliche Massnahme darstellen und damit auch gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstossen (AGVE 1993, S. 317; Gottlieb Iberg, Aus der Praxis der fürsorgerischen Freiheits- entziehung, in: Schweizerische Juristenzeitung 79/1983, S. 296 f. mit Hinweisen). 4.2.Es stellt sich die Frage, ob die Klinik Königsfelden eine ge- eignete Anstalt für die Unterbringung des Beschwerdeführers ist, ob es eine besser geeignete Institution gibt. Das Verwaltungsgericht stimmt dem zuständigen Oberarzt zu, dass momentan aufgrund der fehlenden Impulskontrolle in Verbin- dung mit der Wahnsymptomatik des Beschwerdeführers sowie unter Berücksichtigung der Belastung für die Umgebung ein Übertritt in ein offenes Pflegeheim wie z.B. das Altersheim Z. nicht in Frage kommt. Dabei wäre das Risiko sehr gross, dass der Beschwerdefüh- rer aus der offenen Institution entweichen und sich selbst gefährden würde bzw. dass er versuchen würde, R.S. aufzusuchen und sie zu drängen, ihn wieder aufzunehmen. Vorderhand ist die Klinik Königs- felden die geeignete Anstalt, da hier die Möglichkeit besteht, den Beschwerdeführer in einem geschlossenen Teil unterzubringen und nötigenfalls - z.B. bei Impulsdurchbrüchen akuter Suizidalität - adäquate Zwangsmassnahmen anzuordnen. Eine konstante psychia- trische Betreuung ist sodann in der aktuellen Phase ebenfalls notwen- dig, weshalb keine andere Institution als die Klinik Königsfelden geeignet ist, dem Beschwerdeführer die notwendige persönliche Fürsorge zu erweisen. 4.3. Zusammenfassend ergibt sich, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Alternative zu einer stationären Behandlung und Betreuung des Beschwerdeführers in der Klinik Königsfelden gibt, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.
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