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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2005 52)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2005 52: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht entschied im Jahr 2005, dass ein Anbieter nicht vom Verfahren ausgeschlossen werden durfte, obwohl er keine Selbstdeklaration eingereicht hatte. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass ihr Angebot vollständig war und die fehlende Selbstdeklaration ein Versehen war. Die Vergabestelle hätte die fehlenden Seiten zur Selbstdeklaration nachfordern müssen, anstatt das Angebot auszuschliessen. Der Richter entschied zugunsten der Beschwerdeführerin und hob den Zuschlag an eine andere Firma auf.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2005 52

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2005 52
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2005 52 vom 25.10.2005 (AG)
Datum:25.10.2005
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE 2005 52 S.252 2005 Verwaltungsgericht 252 [...] 52 Ausschluss eines Anbieters vom Verfahren. - Zulässigkeit des Ausschlusses...
Schlagwörter: Angebot; Verga; Ausschluss; Selbstdeklara; Selbstdeklaration; Vergabebehörde; Verwal; Verwaltungsgericht; SubmD; Beschwer; Vergabestelle; Offerte; Mängel; Verfahren; Submission; Versehen; Angebote; Anbietenden; Angebots; Anbieter; Umstände; Verwaltungsgerichts; Beilage; Wettbewerb
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2005 52

2005 Verwaltungsgericht 252

[...]

52 Ausschluss eines Anbieters vom Verfahren. - Zulässigkeit des Ausschlusses trotz fehlender Selbstdeklaration auf- grund besonderer Umstände verneint (Erw. 1-3).
Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 25. Oktober 2005 in
Sachen B. AG gegen Gemeinderat Wohlen.
Aus den Erwägungen
1. 1.1. Die Vergabestelle hat das Angebot der Beschwerdeführe rin gestützt auf § 28 Abs. 1 lit. g SubmD (Verletzung wesentlicher Formvorschriften) sowie die Bestimmungen in den Ausschrei bungsunterlagen, wonach unvollständige Offerten bei der Arbeits vergebung nicht berücksichtigt würden bzw. abgeänderte un vollständig ausgefüllte Offerten (Preisangaben, Referenzen und
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Selbstdeklaration) von der Submission ausgeschlossen würden, für ungültig erklärt und von der Bewertung ausgeschlossen. Nach Dar stellung der Vergabebehörde lag dem Angebot der Beschwerdeführe rin die verlangte Selbstdeklaration nicht bei. In der Offerte habe der ganze Vorbeschrieb mit den Seiten 14 bis 22 gefehlt. Die Beschwer deführerin bestreitet, dass ihr Angebot unvollständig gewesen sei. Sie macht geltend, die Submissionsunterlagen mit Begleitschreiben am 21. Juli 2005 fristgerecht eingereicht zu haben. Sämtliche gefor derten Unterlagen seien mit dem Angebot verschlossen korrekt ein gereicht worden, inkl. der Selbstdeklaration. Die Beschwerdeführerin vertritt des weiteren die Auffassung, selbst wenn die Selbstdeklara tion tatsächlich gefehlt hätte, so hätte die Gemeinde sie auf das Fehlen der fraglichen Blätter aufmerksam machen und eine Nachfrist für das Einreichen ansetzen müssen, da es offensichtlich gewesen wäre, dass ein Versehen vorliege. 1.2. Die Frage, ob die Beschwerdeführerin die Offertunterlagen - wie von ihr behauptet - vollständig, d.h. insbesondere einschliess lich der Seiten 19 - 21 (Selbstdeklaration), eingereicht hat und diese Seiten in der Folge bei der Vergabebehörde anlässlich der Offertöff nung -auswertung abhanden gekommen sind, ob die Be schwerdeführerin es aus irgend einem Grund unterlassen hat, diese Seiten miteinzureichen, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr zuverlässig klären. Es steht hier Behauptung gegen Behauptung. Denkbar sind jedenfalls beide Möglichkeiten. Die Frage, welche Partei die aus der Beweislosigkeit resultierenden Konsequenzen zu tragen hätte, kann aber letztlich offen bleiben, wie sich aus den fol genden Erwägungen ergibt. 2. 2.1. 2.1.1. Die Vergabestelle schliesst u.a. Angebote, die we sentliche Formvorschriften verletzt haben, vom Verfahren aus (§ 28 Abs. 1 lit. g SubmD). Gemäss § 14 Abs. 1 SubmD müssen die An bietenden ihre Anträge auf Teilnahme und ihr Angebot schriftlich, vollständig und fristgerecht einreichen. Gemäss der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts ist die Vergabebehörde befugt, mangelhafte Angebote, zu denen auch unvollständige Angebote, bei denen An gaben zu wesentlichen Punkten fehlen, offensichtlich nachlässig und unsorgfältig abgefasste Offerten, aus dem Verfahren aus-
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zuscheiden. Sind die Mängel von eher untergeordneter Natur und nicht derart erheblich, dass sich ein Ausscheiden rechtfertigt, sind sie im Rahmen der Offertbereinigung gemäss § 17 SubmD zu besei tigen, um die Angebote miteinander vergleichbar zu machen. Dies gilt vor allem für offensichtliche Rechnungsfehler, welche die Verga bestelle sogar von sich aus korrigieren darf (§ 17 Abs. 3 SubmD), aber auch für andere offensichtliche Irrtümer, wie z.B. das Fehlen einer im Beilagenverzeichnis erwähnten Beilage. Die Bereinigung kann unter Umständen auch zusätzliche Abklärungen bei einzelnen Anbietern erforderlich erscheinen lassen. Die Vergabebehörde ist daher jedenfalls befugt, im Rahmen einer Offertbereinigung Rück fragen zu machen, ohne sich deswegen bereits dem Vorwurf der An nahme eines unzulässigen Abgebots (falls sich die Angebotssumme reduziert) einer sonstigen Wettbewerbsverfälschung auszu setzen. Anderseits haben solche Rückfragen aus eben diesem Grund mit der nötigen Zurückhaltung und Sorgfalt (siehe § 17 Abs. 2 SubmD) zu geschehen. Grundsätzlich ist es Sache des Anbieters, der Vergabebehörde ein vollständiges, klar und unmissverständlich for muliertes Angebot einzureichen, das keine zusätzlichen Abklärungen erforderlich macht. Beim Entscheid darüber, ob ein Angebot von vornherein auszuscheiden aber - allenfalls mittels Rückfragen zu bereinigen ist, kommt der Vergabebehörde ein erhebliches Ermessen zu. Sie muss aber in jedem Fall alle Anbietenden gleich behandeln (AGVE 1998, S. 399 f.; 1999, S. 342 ff.). Ungenügende, weil fehlerhafte unvollständige Offertunterlagen gestatten den Ausschluss des Angebots von der Vergabe; betrifft die Unvollstän digkeit wesentliche Punkte des Angebots, muss es sogar ausge schlossen werden (AGVE 1999, S. 345 ff.). Insofern liegt ein ähnli cher Sachverhalt vor wie bei einem bei der Vergabestelle verspätet eingetroffenen Angebot, welches von Gesetzes wegen zwingend ausgeschlossen werden muss (§ 15 Abs. 3 SubmD). 2.1.2. Zu beachten sind anderseits aber auch der Grundsatz der Verhältnismässigkeit und das Verbot des überspitzten Formalismus. So darf ein Anbieter wegen unbedeutender Mängel der Offerte nicht ausgeschlossen werden; ein Ausschlussgrund muss vielmehr ein gewisses Gewicht aufweisen. So dürfen nach der Rechtssprechung
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des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich nur wesentliche Mängel zu einem Ausschluss führen; das Fehlen einer Referenzliste, auf die im Beilagenverzeichnis verwiesen worden ist, stellt keinen wesentli chen Mangel dar, der die Vergabebehörde zum Ausschluss berechtigt (Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. No vember 2001 [VB.2001.00215], E. 7.). Die Formvorschriften sind wohl streng auszulegen, gleichwohl aber nicht absolut zu verstehen. Eine gewisse Zurückhaltung im Hinblick auf einen Ausschluss drängt sich bei untergeordneten Mängeln auf. Ziele des öffentlichen Beschaffungsrechts sind die Förderung des wirksamen Wettbewerbs unter den Anbietenden, die Gewährleistung der Gleichbehandlung aller Anbietenden, die Sicherstellung der Transparenz der Verfahren sowie die wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Mittel. Durch den Ausschluss von an sich wirtschaftlich günstigen, aber mit kleineren rein formellen Mängeln behafteter Angebote würde der Wettbewerb verzerrt und wäre die wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Mittel nicht mehr gewährleistet. Die Frage, ob ein mit Mängeln behaftetes Angebot vom Wettbewerb auszuschliessen ist nicht, kann dabei nicht in generell-abstrakter Weise beantwortet werden, sondern ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles nach Massgabe der übergeordneten Grundsätze zu prüfen (siehe Entscheid des Verwal tungsgerichts des Kantons Graubünden vom 13. November 2001 [U 01 121], E. 1 a und b). 2.2. 2.2.1. Vorliegend ist die Vergabebehörde der Auffassung, beim Angebot der Beschwerdeführerin hätten die Angaben be treffend Selbstdeklaration gefehlt, was zum Ausschluss führen müs se, zumal dies in den Ausschreibungsunterlagen so bekannt gegeben worden sei. Aus der der Vernehmlassung beigelegten Offertkopie der Beschwerdeführerin geht hervor, dass die Seiten 14 bis und mit 22 fehlen. Bei den Seiten 14 - 18 handelt es sich um das Kapitel "6. Allgemeinen Informationen zum Bauvorhaben". Dieses Kapitel diente lediglich zur Information der Anbietenden, welche hier kei nerlei Angaben machen mussten. Das Kapitel "7. Selbstdeklaration" umfasst die Seiten 19 - 22. In diesem Kapitel hatten die Anbietenden Angaben zum Unternehmen, zum Personalbestand in den letzten drei Jahren, zum Auftragsverantwortlichen, zum Verantwortlichen auf der
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Baustelle, zum Personaleinsatz, zur Ausführungszeit, zum QM System, zu den Referenzen, zur Einhaltung der Sozialgesetzgebung, der Zahlpflichten, der Umweltschutz- / Gewässerschutzgesetzgebung sowie zu den Zulieferanten / Unterakkordanten zu machen. Die gemachten Angaben waren am Schluss unterschriftlich zu bestätigen. 2.2.2. Die Beschwerdeführerin hat ihrem Angebot ein Zertifikat ISO 9001:2000, eine umfangreiche Referenzliste, ein Organigramm, ein Blatt mit Angaben zur Personalstruktur und zum Maschinenpark sowie ein Firmen-Leitbild beigelegt. Von den möglicherweise feh lenden Seiten 14 - 22 abgesehen, erscheint das Angebot insgesamt vollständig und sorgfältig abgefasst. Das Fehlen der genannten Sei ten, wenn es denn überhaupt der Beschwerdeführerin anzulasten ist, erscheint damit eindeutig als ein offensichtliches Versehen eine Unachtsamkeit der Beschwerdeführerin. Hingegen kann nicht davon ausgegangen werden, die Be schwerdeführerin habe diese Seiten bewusst nicht beigelegt, weil sie die entsprechenden Angaben nicht machen wollte. Für das Vorliegen eines Versehens spricht einerseits das Fehlen auch der für die Bewertung völlig irrelevanten Seiten 14 - 19 und anderseits die wesentliche Tatsache, dass die nachgefragten Angaben in der Selbst deklaration nichts enthalten, aus deren bewusstem Verschweigen sich die Beschwerdeführerin irgendeinen Vorteil hätte verschaffen können. Aus der im Rahmen des Beschwerdeverfahrens eingereich ten Selbstdeklaration geht hervor, dass sie die verlangten Angaben ohne Probleme machen konnte. Die Beschwerdeführerin hatte mithin keine Veranlassung, diese Angaben nicht zu machen. Ein weiteres Indiz für ein mögliches Versehen ist der Umstand, dass die besagten Seiten als solche fehlen und nicht lediglich einzelne dort verlangte Angaben nicht gemacht worden sind. Die Vergabestelle hätte daher erkennen müssen, dass das Fehlen der Angaben zur Selbstdeklaration bzw. die teilweise Unvollständigkeit der Offerte von der Beschwer deführerin nicht beabsichtigt war, sondern auf einem offensichtlichen Versehen beruhte und dass die Angaben rasch und ohne Aufwand hätten nachgereicht werden können. Von einem wesentlichen Mangel kann unter diesen Umständen nicht gesprochen werden. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit und das Verbot des überspitzten
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Formalismus hätten es daher geboten, dass die Vergabestelle es der Beschwerdeführerin im Rahmen der Offertbereinigung ermöglicht hätte, die fehlenden Seiten betreffend die Selbstdeklaration noch nachzureichen. Der Ausschluss des Angebots der Beschwerdeführe rin erweist sich damit als nicht gerechtfertigt. 2.2.3. Wäre ein Ausschluss in Fällen wie dem vorliegenden, d.h. beim Fehlen einzelner Offertseiten einzelner Beilagen, ohne weitere Abklärungen zulässig, so hätten es - worauf die Beschwerde führerin an sich zu Recht hinweist - die Vergabestellen in der Hand, einen aus irgendwelchen Gründen unerwünschten Anbieter zu elimi nieren, indem sie vorbringt, es hätten Bestandteile des Angebots gefehlt. 3. Zusammenfassend erweist sich der mit dem Fehlen der Selbstdeklaration begründete Ausschluss der Beschwerdeführerin vom Verfahren als ungerechtfertigt. Der an die ARGE A. AG / O. AG erteilte Zuschlag ist aufzuheben, und das Angebot der Beschwer deführerin ist ebenfalls in die Offertbewertung miteinzubeziehen. Die Beschwerde erweist sich somit als begründet, weshalb sie gutzuheissen ist.
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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