II. Beschwerden gegen Einspracheentscheide des
Migrationsamts
104 Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach illegalem Aufenthalt
Bei der Prüfung, ob ein Härtefall vorliegt, wird ein jahrelanger illegaler
Aufenthalt in der Schweiz trotz regelmässiger Bezahlung der Quellen-
steuer und der Sozialversicherungsabgaben nicht an die Aufenthaltsdauer
angerechnet (Erw. II/5a).
Aus dem Entscheid des Rekursgerichts im Ausländerrecht vom 16. Dezem-
ber 2005 in Sachen X.I. gegen einen Entscheid des Migrationsamts
(BE.2005.00017).
A. Der Beschwerdeführer reiste gemäss eigenen Angaben im
Jahre 1990 als Student in die Schweiz ein, verliess diese wieder und
kam im gleichen Jahr aufgrund einer viermonatigen Kurzaufenthalts-
bewilligung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erneut in die
Schweiz. Nach Ablauf der Bewilligung verliess er die Schweiz,
kehrte jedoch im Dezember 1990 ohne Bewilligung zurück und ar-
beitete seither beim gleichen Arbeitgeber. Abgesehen von einer
Kurzaufenthaltsbewilligung im Jahre 1992 hielt er sich die ganze
Zeit ohne Bewilligung in der Schweiz auf.
Anlässlich einer kantonalen Schwarzarbeiterkontrolle erhielt die
Kantonspolizei Aargau am 20. September 2004 vom Arbeitgeber des
Beschwerdeführers die Auskunft, dass dieser bei ihm angestellt sei,
im Moment jedoch in den Ferien weile. Abklärungen beim Migra-
tionsamt des Kantons Aargau ergaben, dass der Beschwerdeführer
seit 1992 über keine Bewilligung mehr verfügte.
Mit Eingabe vom 28. September 2004 beantragte der Rechts-
vertreter des Beschwerdeführers beim Migrationsamt die Erteilung
einer Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 13 lit. f der Verord-
nung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO) vom
6. Oktober 1986 sowie die Erteilung einer vorläufigen Arbeits-
bewilligung.
Am 4. Oktober 2004 verurteilte das Bezirksamt Kulm den Be-
schwerdeführer zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 90 Tagen
und zu einer Busse von CHF 800.00 wegen illegalen Aufenthalts und
Stellenantritts ohne Bewilligung.
Am 12. Januar 2005 verfügte das Migrationsamt die Ablehnung
des Gesuchs um Erteilung einer Härtefallbewilligung, die Nichtertei-
lung einer vorläufigen Arbeitsbewilligung und die Wegweisung des
Beschwerdeführers. Zudem entzog es einer allfälligen Einsprache die
aufschiebende Wirkung.
B. Gegen diese Verfügung erhob der Beschwerdeführer mit Ein-
gabe vom 6. Februar 2005 Einsprache, welche von der Vorinstanz am
8. März 2005 abgewiesen wurde.
C. Mit Eingabe vom 30. März 2005 erhob der Beschwerdefüh-
rer gegen den Einspracheentscheid Beschwerde.
II. 5a) Hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers
ist festzuhalten, dass er seit 1990 grösstenteils in der Schweiz weilt.
Abgesehen von zwei Kurzaufenthaltsbewilligungen, die jeweils für
vier Monate ausgesprochen wurden, lebte er hierzulande jedoch ohne
Aufenthaltsberechtigung. Gemäss Rechtsprechung des Bundesge-
richts ist der illegale Aufenthalt bei der Prüfung, ob ein Härtefall vor-
liegt, nicht zu berücksichtigen (BGE 2A.166/2001 vom 21. Juni
2001, E. 2b/bb), weshalb dem Beschwerdeführer eine Anwesenheits-
dauer von nur knapp einem Jahr anzurechnen ist. Diesbezüglich
macht er geltend, es sei ihm die ganze Aufenthaltsdauer anzurech-
nen, weil er sich des Unrechtsgehaltes seines Verbleibs in der
Schweiz spätestens nach ein paar Jahren nicht mehr bewusst gewe-
sen sei, da sein Arbeitgeber ihm versichert habe, dass er die üblichen
Lohnabzüge pflichtgemäss bezahle. Zudem habe er während 14 Jah-
ren Quellensteuern bezahlt. Das Steueramt des Kantons Aargau habe
all die Jahre Kenntnis davon gehabt, dass der Beschwerdeführer in
Reinach wohnte und arbeitete, weshalb er nach einiger Zeit davon
ausgegangen sei, es sei alles in Ordnung, ansonsten die Behörden et-
was hätten unternehmen müssen.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe angenommen,
es sei alles in Ordnung, erscheint unglaubwürdig. Auf jeden Fall
hätte dem Beschwerdeführer der Unrechtsgehalt seines Verbleibs in
der Schweiz bewusst sein müssen, weshalb er hieraus nichts zu sei-
nen Gunsten ableiten kann.
Schliesslich zitiert der Beschwerdeführer ein Rundschreiben
des Bundesamtes für Zuwanderung, Integration und Auswanderung
(IMES, heute Bundesamt für Migration, BFM) vom 17. September
2004, wonach zu Gunsten des Ausländers zu berücksichtigen ist,
wenn die mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden
die illegale Anwesenheit bisher stillschweigend toleriert haben.
Im vorliegenden Fall hatten die Steuerbehörden des Kantons
Aargau über den Aufenthalt und die Arbeit des Beschwerdeführers
Kenntnis. Zwar ist unverständlich, dass ein illegal arbeitstätiger Aus-
länder in der Schweiz während Jahren quellenbesteuert wird, ohne
dass sein illegaler Aufenthalt bekannt wird. Zur Vermeidung von
Schwarzarbeit wäre eine intensivere Zusammenarbeit der Steuerbe-
hörden mit den Migrationsbehörden durchaus wünschenswert. Da die
Steuerbehörden aber nicht mit dem Vollzug des Ausländerrechts be-
auftragt sind, kann auch nicht davon gesprochen werden, eine mit
dem Vollzug des Ausländerrechts betraute Behörde hätte den illega-
len Aufenthalt des Beschwerdeführers stillschweigend toleriert. Un-
ter diesen Umständen kann aus der zitierten Stelle des Rundschrei-
bens für den vorliegenden Fall nichts abgeleitet werden. Anders wäre
wohl zu entscheiden, wenn der Einwohnerkontrolle dem
Migrationsamt selbst bekannt gewesen wäre, dass sich der Be-
schwerdeführer während Jahren in der Schweiz aufhielt und er hier
einer Erwerbstätigkeit nachging. Nach dem Gesagten ist die illegale
Aufenthaltszeit nicht anzurechnen, weshalb der Beschwerdeführer in
Bezug auf die Aufenthaltsdauer nichts zu seinen Gunsten ableiten
kann. Allerdings darf daraus nicht schon der Umkehrschluss gezogen
werden, es liege kein Härtefall vor. Vielmehr ist die Aufenthaltsdauer
in der Schweiz im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu werten. Nach-
folgend ist daher zu prüfen, ob aufgrund der gesamten Umstände des
Einzelfalles in der Rückkehr des Beschwerdeführers in sein
Heimatland allenfalls in ein Drittland ein Härtefall zu erblicken
ist.