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Urteil Verwaltungsbehörden (AG - AGVE 2004 93)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2004 93: Verwaltungsbehörden

Der Text behandelt Entscheidungen der Landwirtschaftlichen Rekurskommission aus dem Jahr 2004 in Bezug auf Unterhaltsbeiträge für Meliorationswerke. Es wird betont, dass die Erhebung von Unterhaltsbeiträgen ein Gesetz im formellen Sinn erfordert und der Gemeinderat nicht befugt ist, direkt Unterhaltsbeiträge zu erheben. Es wird erklärt, dass das Legalitätsprinzip im Bereich des Abgaberechts eine besondere Bedeutung hat und eine gesetzliche Grundlage für Abgaben im formellen Sinn voraussetzt. Es wird diskutiert, dass kommunale Reglemente als gesetzliche Grundlage für Abgaben dienen können, jedoch der Gemeinderat nicht allein auf Basis bestimmter Gesetze Reglemente erlassen darf. Die Weisungen des Gemeinderats in diesem Fall genügen nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen, da sie kein Gesetz im formellen Sinn darstellen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2004 93

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2004 93
Instanz:Verwaltungsbehörden
Abteilung:-
Verwaltungsbehörden  Entscheid AGVE 2004 93 vom 27.05.2004 (AG)
Datum:27.05.2004
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:93 Legalitätsprinzip; Unterhaltsbeitrag für Meliorationswerke (i.c. Flurwege)formellen Sinn; der Gemeinderat ist nicht befugt, direkt gestützt aufArt. 28 LwG-AG zu legiferieren bzw. Unterhaltsbeiträge zu erheben.
Schlagwörter: LwG-AG; Abgabe; Recht; Gemeinderat; Landwirtschaftliche; Rekurskommission; Grundlage; Legalitätsprinzip; Unterhalt; Einwohnergemeinde; Fassung; Entscheid; Landwirtschaftlichen; Massgabe; Weisungen; Güterregulierung; Erhebung; Unterhaltsbeiträge; Bereich; Abgabenerhebung; Höhe; Voraussetzungen; Bestimmtheit; Müller; Gemeinden; übernehmen
Rechtsnorm: Art. 28 LwG ;
Referenz BGE:105 Ia 2;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2004 93

2004 Güterregulierung 327

[...]

93 Legalitätsprinzip; Unterhaltsbeitrag für Meliorationswerke (i.c. Flur-
wege)
- Die Erhebung von Unterhaltsbeiträgen erfordert ein Gesetz im
formellen Sinn; der Gemeinderat ist nicht befugt, direkt gestützt auf
Art. 28 LwG-AG zu legiferieren bzw. Unterhaltsbeiträge zu erheben.
2004 Landwirtschaftliche Rekurskommission 328

Aus einem Entscheid der Landwirtschaftlichen Rekurskommission vom
27. Mai 2004 in Sachen W. gegen Einwohnergemeinde X.



2.2. Grundlage des staatlichen Handelns ist das Recht
(Art. 5 Abs. 1 der Bundesverfassung [BV; SR 101] vom 18. April
1999). Das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage, das sog. Legali-
tätsprinzip, hat im Bereich des Abgaberechts eine besondere Ausge-
staltung erfahren. Nach konstanter bundesgerichtlicher Rechtspre-
chung setzt eine Abgabenerhebung ein Gesetz im formellen Sinn
voraus, welches zumindest den Kreis der Abgabepflichtigen, den
Gegenstand der Abgabe und in Grundzügen die Höhe der Abgabe
festlegt. Diese Anforderungen sind für gewisse Arten von Kausalab-
gaben gelockert, soweit das Mass der Abgabe durch überprüfbare
verfassungsrechtliche Prinzipien (Kostendeckungs- und Äquivalenz-
prinzip) begrenzt wird und nicht allein der Gesetzesvorbehalt diese
Schutzfunktion erfüllt. Das Legalitätsprinzip darf jedoch weder sei-
nes Gehalts entleert, noch in einer Weise überspannt werden, dass es
mit der Rechtswirklichkeit und dem Erfordernis der Praktikabilität in
einen unlösbaren Widerspruch gerät. Die Voraussetzungen für die
Erhebung der Abgabe müssen in den einschlägigen Rechtssätzen in
genügender Bestimmtheit so umschrieben sein, dass der rechtsan-
wendenden Behörde kein übermässiger Spielraum verbleibt und die
möglichen Abgabepflichten für den Bürger voraussehbar sind (Bun-
desgerichtsentscheid [BGE] 126 I 183, mit weiteren Hinweisen; Ul-
rich Häfelin/Georg Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungs-
rechts, 4. Auflage, Zürich 2002, N. 368 ff., N. 2693 ff.). Dem Erfor-
dernis der gesetzlichen Grundlage kommt im Bereich des Abgabe-
rechts die Bedeutung eines verfassungsmässigen Rechts zu (BGE
124 I 218; Häfelin/Müller, a.a.O., N. 2693).
2.2.1. § 28 LwG-AG lautete in der bis 31. Dezember 1996
geltenden Fassung (aLwG-AG):
"Die Gemeinden übernehmen die subventionierten gemein-
schaftlichen Bodenverbesserungswerke zu Eigentum und Unterhalt.
2004 Güterregulierung 329

Der Gemeinderat kann die Grundeigentümer nach Massgabe des In-
teresses zu Beitragsleistungen verpflichten."
Schon früher hat die Landwirtschaftliche Rekurskommission
festgestellt, dass diese Norm nicht als Grundlage für eine Delegation
der Regelungsbefugnis an den Gemeinderat taugt (vgl. Aargauische
Gerichts- und Verwaltungsentscheide [AGVE] 1987 S. 459). Dieser
Rechtsprechung wurde in der revidierten Fassung von § 28 Abs. 1
LwG-AG Rechnung getragen (Entscheid der Landwirtschaftlichen
Rekurskommission [LKE] DL.96.50001 vom 15. Oktober 1997
i. S. P. M. vs. Einwohnergemeinde A., S. 7):
"Die Gemeinden übernehmen die subventionierten gemein-
schaftlichen Bodenverbesserungswerke zu Eigentum und Unterhalt.
Die Grundeigentümer und -eigentümerinnen können nach Massgabe
des Interesses zu Beitragsleistungen verpflichtet werden."
2.2.2. Nach kantonalem Recht kann ein kommunaler
Rechtssatz, also ein Gemeindereglement, gesetzliche Grundlage für
eine Abgabenerhebung bilden. Der Erlass von Reglementen, in denen
Gebühren und Beiträge festgelegt werden, fällt nach dem Ge-
meindegesetz in die Kompetenz der Gemeindeversammlung - wie
dies die demokratische Legitimation bzw. das Legalitätsprinzip oh-
nehin verlangt, da mindestens für die Regelung der Grundzüge ein
Gesetz im formellen Sinn erforderlich ist (§ 20 Abs. 2 lit. i des Ge-
setzes über die Einwohnergemeinden [Gemeindegesetz; SAR
171.100] vom 19. Dezember 1978; Max Imboden/René A. Rhinow,
Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Basel 1976, Nr. 113,
B II c; LKE DL.96.50001 vom 15. Oktober 1997 i. S. P. M. vs. Ein-
wohnergemeinde A., S. 9; AGVE 1993 S. 190/194, AGVE 1985
S. 336; vorne Erw. 2.2.).
Die Weisungen wurden vom Gemeinderat, nicht von der Ge-
meindeversammlung erlassen (...). Gemäss ständiger Rechtsprechung
der Landwirtschaftlichen Rekurskommission ist der Gemeinderat
nicht ermächtigt, allein gestützt auf § 28 LwG-AG in der bis
31. Dezember 1996 in Kraft gewesenen altrechtlichen Fassung bzw.
auf § 28 Abs. 1 LwG-AG der neurechtlichen Fassung ein Ausfüh-
rungsreglement zu erlassen (LKE DL.96.50001 vom 15. Oktober
1997 i. S. P. M. vs. Einwohnergemeinde A., S. 7 f.; AGVE 1987
2004 Landwirtschaftliche Rekurskommission 330

S. 456 ff., mit weiteren Hinweisen). Zuständig ist die Gemeindever-
sammlung als Gemeindegesetzgeberin, denn nur diese kann auf
kommunaler Ebene ein Gesetz im formellen Sinn festlegen. Der Ge-
meinderat durfte somit nicht ein generell-abstraktes Ausführungs-
reglement unmittelbar gestützt auf § 28 aLwG-AG bzw. § 28 Abs. 1
LwG-AG erlassen; dies gilt selbst für § 28 aLwG-AG, welches den
Gemeinderat noch ausdrücklich nannte. Dem Legalitätsprinzip
kommt, wie erwähnt (Erw. 2.2.), die Bedeutung eines verfassungs-
mässigen Rechts auf Bundesstufe zu, das durch eine kantonale Re-
gelung nicht verdrängt (derogiert) werden kann (vgl.
BGE 105 Ia 2 ff.; Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St.
Gallen vom 24. Januar 2003, in: St. Gallische Gerichts- und Verwal-
tungspraxis 2003, S. 17). Die Voraussetzungen sind nicht gegeben,
um von der strikten Einhaltung des Legalitätsprinzips abzusehen
(Erw. 2.2.; AGVE 1987 S. 456 ff.). Da sich insbesondere die Höhe
der Abgabe aus § 28 aLwG-AG bzw. § 28 Abs. 1 LwG-AG nicht
eruieren lässt, kann diese Bestimmung keine hinreichende formellge-
setzliche Grundlage für die gemeinderätlichen Weisungen bieten.
Auch fehlt es bezüglich der "Massgabe des Interesses" an der hinrei-
chenden Bestimmtheit der Norm. (...)
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Weisungen den
rechtsstaatlichen Erfordernissen (Erw. 2.2.) nicht genügen, da sie als
Erlass des Gemeinderates kein Gesetz im formellen Sinn darstellen.
(...)
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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