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121 Betrieb einer Autowaschanlage am Sonntag; Kostenauflage an die
Gemeinde.
- Die Gemeinden können aufgrund der ihnen verfassungsmässig ga-
rantierten Gemeindeautonomie das Autowaschen an Sonntagen un-
ter § 6 des Gesetzes über die Feier der Sonn- und Festtage vom
7. November 1861 (SFG) subsumieren und diese Tätigkeit als werk-
tägliche Arbeit verbieten (Erw. 3c).
- Teilweise Kostenauflage an die verfügende Gemeinde wegen man-
gelnder Begründung gestützt auf § 33 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über
die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG)
vom 9. Juli 1968 (Erw. 7).
Entscheid des Regierungsrates vom 25. August 2004 in Sachen C. AG ge-
gen Baudepartement und Gemeinderat K.
3. c) aa) Gemäss § 1 SFG liegt es in der Pflicht der Gemeinde-
behörde, für eine würdige Feier der Sonn- und Festtage zu sorgen.
Während der ganzen Dauer der Sonn- und Festtage ist alles Arbeiten
im Freien, in Werkstätten, Fabriken und andern industriellen Ar-
beitslokalen untersagt (§ 6 Abs. 1 SFG). Notarbeiten, die keinen
Aufschub erleiden, sind hievon ausgenommen (§ 6 Abs. 2 SFG). Das
Verwaltungsgericht hat sich bereits 1993 (AGVE 1993, S. 156 ff.) im
Rahmen eines Normenkontrollverfahrens mit der Anwendung der
vorerwähnten Bestimmung, bezogen auf eine Autowaschanlage, aus-
einandergesetzt. In objektiv-geltungszeitlicher Auslegung von § 6
SFG hat es insbesondere erwogen, dass Sinn und Zweck von § 6
SFG die Wahrung der Sonntagsruhe sei, im Gegensatz zur werktägli-
chen Geschäftigkeit. Unter § 6 SFG würden somit insbesondere Tä-
tigkeiten im Freien fallen, welche geeignet seien, die äussere Ruhe
des Sonn- und Festtages zu stören, weil sie den Anschein werktägli-
cher Betriebsamkeit erwecken würden. An Sonn- und Feiertagen
solle gerade im öffentlichen Leben eine spürbare Unterbrechung des
werktäglichen Arbeitsprozesses eintreten, der Konkurrenzdruck der
Arbeitswelt solle möglichst weitgehend aufgehoben und es solle ge-
währleistet werden, dass jeder Einwohner und jede Einwohnerin un-
belastet von den Anstrengungen des Alltags seine Freizeit geniessen,
seine Liebhabereien verfolgen und seinen seelischen, insbesondere
auch religiösen Bedürfnissen nachgehen könne. Das Waschen von
Autos, sei es maschinell manuell, stelle eine werktägliche Tä-
tigkeit dar, die für den Betrieb des Fahrzeugs nicht von entscheiden-
der Notwendigkeit sei, sondern in erster Linie dessen Werterhaltung
und ästhetischen Bedürfnissen diene. Der Betrieb einer Autowasch-
anlage wie auch das Autowaschen generell falle in den Regelungsbe-
reich von § 6 SFG. Das Verwaltungsgericht trat in VGE ..., der Mei-
nung des Regierungsrates entgegen, Selbstbedienungswaschanlagen
gehörten nicht mehr zu den werktäglichen, erwerbsgerichteten Ar-
beitsprozessen, sondern zur Musse der heutigen Freizeitgesellschaft.
Es trat auch der regierungsrätlichen Auffassung entgegen, § 6 SFG
sei innerhalb des Kantonsgebietes einheitlich anzuwenden. Dies wi-
derspreche der in § 106 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Aargau
vom 25. Juni 1980 (KV) verankerten Anweisung an den Gesetzgeber,
den Gemeinden möglichst weiten Handlungsspielraum zu gewähren.
Gerade die Wahrung der Sonntags- und Festtagsruhe sei ein Feld, auf
dem unterschiedlichen religiösen Empfindungen usw. durchaus noch
Rechnung getragen werden solle.
bb) Die Gemeinden können somit aufgrund der ihnen verfas-
sungsmässig garantierten Gemeindeautonomie das Autowaschen an
Sonntagen unter § 6 SFG subsumieren und diese Tätigkeit als werk-
tägliche Arbeit gestützt auf diese Bestimmung verbieten. Es steht
ihnen aber auch nach Massgabe von § 106 Abs. 2 KV frei, das
sonntägliche maschinelle und manuelle Waschen von Autos in einer
Autowaschanlage im Sinne einer uneinheitlichen Anwendung von
§ 6 SFG zuzulassen, sofern sie der Auffassung sind, eine solche Re-
gelung laufe den religiösen Empfindungen und dem Ruhebedürfnis
der Bevölkerung der Gemeinde nicht zuwider (vgl. Kurt Eichenber-
ger, Verfassung des Kantons Aargau, Textausgabe mit Kommentar,
Aarau/Frankfurt/Salzburg 1986, § 106 N 10 f.).
cc) Der Gemeinderat K. hat diese Problematik nach seinen An-
gaben im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens geprüft und ist
aufgrund verschiedener Überlegungen bezüglich Verkehrsaufkom-
men, Lärm, Ladenöffnungszeiten, Sonntagsruhe und des Studiums
der zugehörigen Rechtsgrundlagen zum Schluss gekommen, den
Ruhebedürfnissen der Bevölkerung unter Anwendung von §§ 1 und 6
SFG Nachdruck zu verleihen; er führt insbesondere aus, seit jeher am
Sonntag als eigentlichem Ruhetag festzuhalten und an dieser Praxis
auch in Zukunft festhalten zu wollen.
dd) Der Regierungsrat hat eine solche Beurteilung aufgrund des
den Gemeinden zukommenden weiten Handlungsspielraumes in der
Anwendung von § 6 SFG zu respektieren. Insofern ist die Haltung
des Gemeinderates K., das Autowaschen in der fraglichen Auto-
waschanlage an Sonntagen nicht zuzulassen, nicht zu beanstanden.
Insbesondere ist das finanzielle Interesse der Beschwerdeführerin,
die Autowaschanlage nur bei einem 7-Tage-Betrieb wirtschaftlich er-
folgreich führen zu können, dem öffentlichen Interesse, welches die
Gemeinde K. der Sonntagsruhe zuerkennt, unterzuordnen.
(...)
7. a) In den Beschwerdeverfahren sind in der Regel der unter-
liegenden Partei die Kosten, bestehend aus einer Gebühr und den
Auslagen, aufzuerlegen (§ 33 Abs. 2 VRPG). Die Privaten tragen
grundsätzlich auch das Risiko für ,,Fehlentscheide" der Vorinstanzen;
das Gemeinwesen soll nach aargauischem Recht kostenmässig mög-
lichst wenig belastet werden. Von dieser Regel wird bei den Verfah-
renskosten nur dann abgewichen, wenn (abgesehen vom Fall der
,,Saumseligkeit in der Vorinstanz" nach § 33 Abs. 2 Satz 3 VRPG)
die Vorinstanz einen formellen Fehler begangen hat, durch den das
Verfahren ganz im Wesentlichen veranlasst worden ist (vgl.
AGVE 1994 S. 468, 1996 S. 384; VGE ...). Die Kosten können ganz
oder teilweise dem Obsiegenden auferlegt werden, wenn er durch
Saumseligkeit in der Vorinstanz das Beschwerdeverfahren verursacht
hat (§ 33 Abs. 2 Satz 3 VRPG). § 33 Abs. 2 Satz 3 VRPG stellt einen
Ausfluss des ,,Verursacherprinzips" dar. Nach konstanter Praxis liegt
,,Saumseligkeit" stets dann vor, wenn der Obsiegende durch sein
Verhalten das Beschwerdeverfahren überhaupt notwendig gemacht
hat zumindest wesentlich mitverursacht hat; der Fall der
,,Saumseligkeit" ist nicht als Einschränkung des Verursacherprinzips,
sondern bloss als Exemplifizierung des typischen Sachverhalts auf-
zufassen (AGVE 1976, S. 307 ff.; VGE ...).
§ 36 VRPG sieht vor, dass im Beschwerdeverfahren vor Regie-
rungsrat dem Obsiegenden eine angemessene Entschädigung für die
Kosten der Vertretung, Verbeiständung Beratung durch Anwälte
und weitere Sachverständige zuzusprechen ist, sofern der Beizug
dieser Personen nicht offensichtlich unbegründet war. § 33 Abs. 2
Satz 3 ist auf die Parteikosten analog anwendbar (AGVE 1994,
S. 468; 1976, S. 310 f.). Es gilt mit anderen Worten weitgehende
Parallelität der Regelungen über Kostenauflage und Parteient-
schädigung (AGVE 1983, S. 233 f.; 1982, S. 306 f.; VGE ...).
b) Wie erwähnt, ist die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin wäre damit vollumfänglich kostenpflichtig.
Zu berücksichtigen ist allerdings der festgestellte Verfahrensfehler
der fehlenden Begründung des angefochtenen Entscheides durch den
Gemeinderat K. Aufgrund des festgestellten Mangels aber war es der
Beschwerdeführerin nicht möglich, in voller Kenntnis der Entscheid-
gründe die Rechtmässigkeit des Betriebsverbotes an Sonntagen zu
beurteilen, über die Opportunität der Beschwerdeerhebung zu befin-
den und die erhobene zu begründen. Insofern war die mangelnde Be-
gründung für die Beschwerdeerhebung und den im Beschwerdever-
fahren entstandenen Aufwand kausal. Andererseits hat die vom Ge-
meinderat K. im Beschwerdeverfahren nachgereichte Begründung
und das daraufhin erfolgte Festhalten der Beschwerdeführerin an
ihrer Beschwerde gezeigt, dass wohl auch Beschwerde erhoben wor-
den wäre, wenn das Betriebsverbot an Sonntagen bereits in der Bau-
bewilligung ordentlich begründet worden wäre. Unter diesen Um-
ständen ist es angezeigt, der Beschwerdeführerin die Hälfte der
Verfahrenskosten aufzuerlegen und die andere Hälfte dem Gemein-
derat K. bzw. der Einwohnergemeinde K. zu belasten. Gleichzeitig
hat die Einwohnergemeinde K. der Beschwerdeführerin die Hälfte
der Parteikosten zu ersetzen.