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118 Arbeitsbewilligung für Asylsuchende - Spezifische Sprachkenntnisse können bei der Personalrekrutierung gemäss Art. 7 f. der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer vom 6. Oktober 1986 (BVO; SR 823.21) verlangt werden, wenn zwischen dem nach objektiven Gesichtspunkten definierten Profil der zu besetzenden Stelle und den vom Arbeitgeber im Gesuch erhobenen Anforderungen an diese Stelle absolute Deckungsgleich- heit besteht (E. 3.2.1)
- Das Beherrschen der türkischen Sprache durch einen (an)gelernten Koch einen anzulernenden Pizzaiolo schränkt die Personalre- krutierung in arbeitsmarktlicher Hinsicht unzulässigerweise ein (E. 3.2.2)
Auszug aus dem Entscheid des Rechtsdienstes des Migrationsamts Kanton Aargau vom 16. März 2004 in Sachen X. Imbiss
Aus den Erwägungen
3. 3.1 Eine Zulassung ist einzig durch die Verordnung über die Be grenzung der Zahl der Ausländer vom 6. Oktober 1986 (BVO; SR 823.21) ermessensweise möglich und vorliegend zu prüfen. Die BVO bezweckt ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Bestand der schweizerischen und der ausländischen Bevölkerung, die Schaf fung günstiger Rahmenbedingungen für die Eingliederung der hier wohnenden und arbeitenden Ausländer (selbstredend mit einem auf Dauer angelegten Anwesenheitstitel) und die Verbesserung der Ar beitsmarktstruktur sowie eine möglichst ausgeglichene Beschäfti gung (Art. 1 BVO). Diese arbeitsmarktliche und demografische Ziel setzung - mit der die Zulassung einer ausländischen Person auf dem einheimischen Arbeitsmarkt vereinbar sein muss - geht dem Interesse der Arbeitgeber auf freie Wahl des Mitarbeiters vor und schränkt in sofern seine Handels- und Gewerbefreiheit ein (vgl. BGE 114 Ia 307 E. 3 S. 112). Konsequenterweise stellt die BVO in Art. 7 die Zulas sung unter den Vorrang der inländischen Arbeitnehmer. Nach dessen Abs. 1 dürfen Bewilligungen zur erstmaligen Erwerbstätigkeit nur erteilt werden, wenn der Arbeitgeber keine einheimische Arbeitskraft findet, die gewillt und fähig ist, die Arbeit zu den orts- und be rufsüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen zu leisten. Dabei haben neben niedergelassenen Ausländern u.a. auch solche Personen Vor rang, die sich bereits in der Schweiz aufhalten und zur Erwerbstätig keit berechtigt sind (Art. 7 Abs. 3 BVO). Die den Vorrang ausneh-
menden Bestimmungen von Art. 7 Abs. 5 und 5bis BVO (Führungs kräfte und Personen mit Aufenthaltsbewilligungen infolge Familien nachzugs nach Art. 38 f. BVO) kommen im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, da dem Einsprecher die hierzu geforderten Eigen schaften abgehen. Hingegen setzt Art. 7 Abs. 4 BVO den Massstab, der bei der Prüfung des Vorranges anzulegen ist. Der Arbeitgeber hat auf Ver langen nachzuweisen, dass er alle zumutbaren Anstrengungen unter nommen hat, um eine Arbeitskraft auf dem inländischen Arbeits markt zu finden (lit. a), die zu besetzende Stelle beim zuständigen Arbeitsamt gemeldet hat und dieses innert angemessener Frist keine Arbeitskraft vermitteln konnte (lit. b) und schliesslich eine auf dem Arbeitsmarkt verfügbare Arbeitskraft nicht innert angemessener Frist für die betreffende Stelle ausbilden ausbilden lassen kann (lit. c). Einzig das Erfordernis nach lit. b erfährt gemäss § 6 Abs. 2 der kantonalen Verordnung über den Vollzug der Bundesvorschriften über die Begrenzung der Zahl der Ausländer vom 22. Juni 1987 (VBVO, SAR 122.363) in besonderen, hier nicht zur Debatte stehen den Fällen eine Milderung ("ausgewiesene Berufs- und Fachleute", Ausnahmen von der Rekrutierungspriorität nach Art. 13 BVO, Stel len-, Berufs- Kantonswechsel nach Art. 29 BVO). 3.2.1 Was die zu besetzende Stelle betrifft, so stellt sich die Frage, welche Anforderungen ein gesuchstellender Arbeitgeber an diese erheben darf. Es ist klar, dass die Regeln der Zulassungsbe schränkung, wie sie der Inländervorrang statuiert, unterlaufen wer den, wenn der Arbeitgeber spezifische Eigenschaften des Arbeit nehmers verlangt, die für die Besetzung der Stelle ohne rechtsgenüg liche Bedeutung sind. So schränkt gerade das Erfordernis, eine be stimmte Sprache eine bestimmte Tätigkeit zu beherrschen, das Angebot auf dem inländischen Arbeitsmarkt mehr weniger dras tisch ein. Reicht etwa ein türkisch-deutsches Übersetzungsbüro ein Stellenantrittsgesuch für einen Dolmetscher ein und ist das Gesuch unter dem Inländervorrang zu prüfen, so ist klar, dass der schweizeri sche Arbeitsmarkt zum vornherein stark beschränkt ist, weil eben nur Personen vermittelt werden können, die eine bestimmte Eigenschaft die Beherrschung beider Sprachen - mitbringen. Sucht aber anderer-
seits etwa ein Reinigungsunternehmen eine Arbeitskraft, so wird es regelmässig nicht den Anspruch an eine solche besondere Eigen schaft stellen können, womit sich der inländische Arbeitsmarkt ent sprechend stark ausdehnt und eine geeignete Person in ihm viel eher gefunden werden kann als im ersten Fall. In einer allgemeinen Regel ausgedrückt bedeutet dies, dass zwischen dem nach objektiven Ge sichtspunkten definierten Profil der zu besetzenden Stelle und den vom Arbeitgeber im Gesuch erhobenen Anforderungen an diese Stelle absolute Deckungsgleichheit bestehen muss. Dies bringt Art. 7 Abs. 4 BVO zum Ausdruck, denn er spricht von der "zu besetzenden Stelle" (lit. b) und von der "betreffenden Stelle" (lit. c). Liegt eine solcherart zu fordernde Identität nicht vor, ist die Zulassung unter dem Titel des Inländervorranges grundsätzlich zu verweigern. Bei der Prüfung sind zwar die Umstände des Einzelfalles zu berücksich tigen. Dies bedeutet aber nicht, dass allein auf die persönlichen (subjektiven) Vorlieben des ersuchenden Arbeitgebers einzu stellenden konkreten Arbeitnehmers abzustellen ist. Vielmehr ist die geforderte Identität in objektiver Hinsicht zu prüfen. 3.2.2 Im vorliegenden Falle verlangt der Einsprecher fundierte Kenntnis der türkischen Sprache und schränkt so den inländischen Arbeitsmarkt zum Vornherein ein, weil nur Stellenbewerber mit sol chen Kenntnissen vermittelt werden können. Diese Einschränkung ist nach dem Gesagten nur dann statthaft, wenn das Stellenprofil und die gestellte Anforderung (die türkische Sprache zu sprechen) in objekti ver Hinsicht identisch sind. Die Stelle weist nach der Einsprache fol gendes Profil auf: "Allrounder für Küche und Bachstube (türkische Pizza/Pizzaiolo)". In der Stellenmeldung RAV vom 7. November 2003 wurde vom Einsprecher ein "gelernter/angelernter Koch mit Kenntnissen der türkischen Küche, Gepflogenheiten und Sprache" und im Stelleninserat AZ vom 14. November 2003 ein "Koch [eine] Köchin mit fundierten Kenntnissen der türkischen Küche und Sprache". Der Einsprecher legte zunächst nicht plausibel dar, wes halb es für diese konkrete Stelle Kenntnisse der türkischen Sprache braucht. Er konnte dies auch nicht, denn die Funktion als (an)gelernter Koch anzulernender Pizzaiolo macht grundsätzlich keine speziellen Sprachkenntnisse zur Notwendigkeit, sofern die zu
vermittelnde Person die gleiche Sprache wie der gesuchstellende Ar beitgeber spricht. Dies ist hier insofern der Fall, als der Einsprecher offensichtlich fliessend deutsch spricht. Er kann also lediglich den Anspruch erheben, dass die zu vermittelnde Person über Deutsch kenntnisse verfügen muss. Dies vor allem auch deshalb, weil Perso nen mit dieser Funktion gerade nicht dem Publikum, namentlich ei ner allfällig türkisch sprechenden Stammkundschaft des X. Imbiss ausgesetzt sind. Wäre etwa Servicepersonal einzustellen, so dürfte der gesuchstellende Arbeitgeber viel eher verlangen, dass die betref fenden Personen die Sprache der Stammkundschaft spricht. Auf der Ebene der firmeninternen Kommunikation ist das Türkische auch nicht in Ansätzen erforderlich. Türkische Sprachkenntnisse sind für die vorliegende Stelle daher nicht erforderlich, weshalb die Identität zwischen (objektiviertem) Stellenprofil und Gesuch gerade nicht ge geben ist.