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77 Legitimation (§ 38 Abs. 1 VRPG). - Begriff der formellen Beschwer (Erw. 2/b/aa). - Der Baugesuchsteller ist wegen seiner besonderen Nähe zur Sache zwingend am Verfahren beteiligt, ebenso der wegen Lärmimmissionen ins Recht gefasste Eigentümer und Betreiber eines Restaurants (Erw. 2/b/bb).
Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 20. Dezember 2002 in
Sachen R. AG gegen Baudepartement.
Aus den Erwägungen
2. a) Das Baudepartement stellt auf S. 2 seines Entscheids fest, die heutige Beschwerdeführerin habe sich im vorinstanzlichen Ver fahren weder zur Verwaltungsbeschwerde vernehmen lassen noch habe sie sich als Partei erklärt; anlässlich der Augenscheinsver handlung vom 4. November 1999 seien ihre Vertreter nochmals über die Bedeutung einer mangelnden Parteistellung in Kenntnis gesetzt und in der Folge als Auskunftspersonen behandelt worden. Die Be schwerdeführerin bestreitet diese Darstellung und begründet aus führlich, warum sie am vorinstanzlichen Verfahren als Partei beteiligt war und demzufolge zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtsbe schwerde legitimiert ist. Das Baudepartement hält an seiner Version fest und ersucht das Verwaltungsgericht, die Frage der Parteistellung der Beschwerdeführerin zu entscheiden. b) aa) Die Beschwerdelegitimation (§ 38 Abs. 1 VRPG) setzt neben der materiellen Beschwer (diese ist hier offenkundig gegeben) auch eine solche im formellen, prozessualen Sinne voraus. Diese
Voraussetzung erfüllt, wer formell richtig am vorinstanzlichen Verfahren beteiligt, d.h. darin einbezogen war (passive Seite) und dort seine Antrags- bzw. (wenn es sich um ein Verwaltungsbe schwerdeverfahren handelt) seine Beschwerdemöglichkeiten formell richtig ausgeschöpft hat (aktive Seite), aber nicht voll durchgedrun gen ist. Deshalb ist auf Rechtsmittel bzw. Begehren von Personen nicht einzutreten, welche sich am vorinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt welche dort weniger weitgehende Anträge gestellt ha ben, ausser sie wären zu Unrecht von der Beteiligung ausgeschlossen erst durch den vorinstanzlichen Entscheid beschwert worden (siehe zum Ganzen: AGVE 1987, S. 332 mit Hinweisen; VGE III/53 vom 21. Juni 2002 [BE.2001.00336] in Sachen B., S. 5; Michael Merker, Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege [Kommentar zu den §§ 38-72 VRPG], Zürich 1998, § 38 N 146). bb) Das Baudepartement hat der Beschwerdeführerin nach Ein gang der Verwaltungsbeschwerde von W. und B. mit Verfügung vom 30. Juni 1999 eröffnet, dass es ihr als betroffene Grundeigentümerin freistehe, sich - unter Übernahme eines Kostenrisikos hinsichtlich der Verfahrenskosten und der Parteientschädigung - am Beschwerde verfahren als Gegenpartei zu beteiligen und innert Frist zur Be schwerde vernehmen zu lassen. Die Beschwerdeführerin hat in der Folge keine Vernehmlassung eingereicht. Anlässlich der Augen scheinsverhandlung vom 4. November 1999 wurden die dazu eben falls eingeladenen Vertreter der Beschwerdeführerin von der Vorsit zenden im Rahmen der einleitenden Bemerkungen nochmals darauf hingewiesen, "dass sie, wenn sie sich nicht als Partei erklären, keine Parteistellung haben und nur als Auskunftspersonen befragt werden". Der Beschwerdeentscheid vom 25. Oktober 2000 wurde der Beschwerdeführerin dann lediglich mitgeteilt. Die Beschwerdeführerin macht zu Recht geltend, sie sei im vorinstanzlichen Verfahren zwingend als Partei beteiligt gewesen. Zwar kann für diese Frage nicht allein massgebend sein, dass jemand als Verfügungsadressat ins Recht gefasst worden ist (Merker, a.a.O., § 41 N 19, 24), wie das Beispiel der Baubewilligung zeigt: Ist das Baugesuch in Gutheissung einer Einsprache abgewiesen worden, ist
der Einsprecher zwar neben dem Baugesuchsteller auch Verfügungs adressat, aber im nachfolgenden Beschwerdeverfahren des Bauherrn trotzdem nicht zwingend am Verfahren beteiligt. Der Bauherr dage gen ist in seiner Eigenschaft als Baugesuchsteller, d.h. wegen seiner besonderen Nähe zur Sache, stets zwingend beteiligt. Im vorliegen den Falle ist die Beschwerdeführerin als Grundeigentümerin und Betreiberin des Restaurants "H." in der analogen Situation eines Bauherrn, woraus ihre zwingende Beteiligung im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren abzuleiten ist. Selbst wenn dem nicht so wäre, könnte der Beschwerdeführerin ihr Recht, als Partei am Verfahren vor Verwaltungsgericht teilzunehmen, nicht abgesprochen werden. Das Baudepartement war unbestrittenermassen verpflichtet, sie über die verfahrensrechtliche Situation aufzuklären; es tat dies auch, aber unvollständig, wurde doch der Hinweis auf die verfahrensrechtlichen Konsequenzen der Nichtbeteiligung (Ausschluss aus dem Rechts mittelverfahren) unterlassen (siehe Merker, a.a.O., § 41 N 33). Dazu kommt, dass die Beschwerdeführerin behauptet, beim Baudeparte ment telefonisch eine Erläuterung der erwähnten Rechtsbelehrung eingeholt zu haben, was das Baudepartement nicht ausdrücklich be streitet. Ob der Inhalt des Telefonats dem entsprach, was die Be schwerdeführerin behauptet, bleibt zwar offen, doch muss mangels einer entsprechenden Aktennotiz des Baudepartements davon aus gegangen werden, die Version der Beschwerdeführerin treffe zu. Auch an der Augenscheinsverhandlung vom 4. November 1999 wurde im Übrigen keine korrekte Belehrung erteilt. Die Beschwerde führerin erweist sich somit auch in formeller Hinsicht als beschwert.