VIII. Waffenrecht
159 Beschlagnahme von Waffen; Eigentumsübertragung an Dritte. - Zuständigkeit, Verfahren und Grundsätze für behördliche Anord- nungen bei ausgeschlossener Rückgabe an die eigentumsberechtigte Person (Erw. 2). - Beschlagnahmte Waffen sind dem Herrschafts- und Einflussbereich der durch die Beschlagnahme betroffenen Personen zu entziehen; eine Übertragung ins Eigentum von nahe stehenden Personen ist deshalb abzulehnen (Erw. 3).
Entscheid des Regierungsrates vom 13. November 2002 in Sachen M.D. gegen Polizeikommando.
Aus den Erwägungen
2. Mit dem gestützt auf Art. 40bis der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874 (aBV) erlas- senen Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz, WG) vom 20. Juni 1997 und der bundesrätlichen Verordnung über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffenver- ordnung, WV) vom 21. September 1998 haben auch die verwal- tungsrechtliche Beschlagnahme sowie die Frage der Aufbewahrung von Waffen, wesentlichen Waffenbestandteilen, Waffenzubehör, Munition und Munitionsbestandteilen (nachfolgend zusammenge- fasst: Waffen) eine gesamtschweizerische allgemeine Regelung er- fahren. Art. 31 Abs. 1 WG sieht vor, dass die zuständige Behörde Waf- fen aus dem Besitz von jenen Personen beschlagnahmt, die diese entweder ohne Berechtigung tragen (lit. a) bei denen ein Hinde- rungsgrund nach Art. 8 Abs. 2 WG vorliegt (lit. b). Hinsichtlich der zweitgenannten Gruppe bedeutet dies, dass abgesehen von den in
Art. 8 Abs. 2 lit. a-c WG enthaltenen Tatbeständen, auch jene Perso- nen nicht länger Waffen besitzen dürfen, die wegen einer Handlung, welche eine gewalttätige gemeingefährliche Gesinnung bekun- det, wegen wiederholt begangener Verbrechen Vergehen im Strafregister eingetragen sind, solange der betreffende Eintrag nicht gelöscht ist (Art. 8 Abs. 2 lit. d). Für den Fall, dass die Rückgabe der nach Art. 31 Abs. 1 WG beschlagnahmten Waffen nicht möglich ist, gilt sodann gemäss Art. 31 Abs. 4 WG das durch den Bundesrat hiezu geregelte Verfah- ren. Der Bundesrat sieht demgemäss in Art. 34 Abs. 1 WV vor, dass die zuständige Behörde (im Kanton Aargau das Polizeikommando, Fachstelle Waffen/ Sprengstoff) über Waffen, die nach Art. 31 WG beschlagnahmt worden sind, frei verfügen kann, wenn deren Erwerb nicht verboten ist. In all jenen Fällen, in denen die Rückgabe der nach Art. 31 Abs. 1 WG beschlagnahmten Waffen an die eigentumsberechtigten Perso- nen nicht möglich ist und deshalb darüber anderweitig verfügt wer- den soll, ist schliesslich auch der in Art. 26 WG zur Waffenaufbe- wahrung verankerte allgemeine Grundsatz zu berücksichtigen. Dem- entsprechend haben die Behörden bei ihren nach Art. 34 Abs. 1 WV zu treffenden Anordnungen stets auch zu beachten, dass Lösungen herbeigeführt werden, bei denen die beschlagnahmten Waffen jeweils sorgfältig aufbewahrt sind und vor dem Zugriff unberechtigter Dritter geschützt bleiben. Die zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen haben sich dabei nach den jeweiligen Umständen zu richten. 3. a) Im vorliegenden Beschwerdeverfahren bildet die durch das Polizeikommando mit Verfügung vom 11. Februar 2002 rechtskräftig angeordnete und durch den Beschwerdeführer nach wie vor nicht bestrittene Waffenbeschlagnahme keinen Prüfungsgegenstand. Ebenso wenig zu überprüfen sind vorliegend die in der betreffenden Verfügung vorgesehenen Möglichkeiten einer behördlichen Verwer- tung bzw. Eigentumsübertragung an einen Waffenhandelsbetrieb eine andere berechtigte Person, falls die beschlagnahmten Waf- fen infolge Weiterbestehens des Hinderungsgrundes gemäss Art. 8 Abs. 2 lit. d WG auch nach dem 1. Februar 2003 noch nicht an den Beschwerdeführer rückgeführt werden können. Zu klären bleibt vor-
liegend somit einzig die Frage, ob das Polizeikommando zu Recht die durch den Beschwerdeführer nachgesuchte Eigentumsübertra- gung an seine Freundin verweigerte. b) Nach der Aktenlage erfüllt die Freundin des Beschwerdefüh- rers, (...), aufgrund ihres von keiner Seite in Frage gestellten guten Leumundes formell zwar unbestrittenermassen die persönlichen Vo- raussetzungen für eine Waffenübertragung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 WG. Zudem liegt auch kein Anlass vor, ihr persönlich grundsätz- lich die Gewähr für eine sorgfältige Waffenaufbewahrung entspre- chend Art. 26 WG und Art. 28 WV abzusprechen; Veranlassung für die Annahme einer missbräuchlichen Waffenverwendung bzw. un- sorgfältigen Waffenaufbewahrung besteht in Bezug auf ihre Person somit nicht. Dementsprechend könnte grundsätzlich auch davon ausgegangen werden, dass es sich bei ihr um eine für die Waffen- übertragung im Sinne von Ziffer 3 der Verfügung vom 11. Februar 2002 berechtigte Person handelt. In Übereinstimmung mit dem Poli- zeikommando kommt der Regierungsrat aber zum Schluss, dass die beim Beschwerdeführer beschlagnahmten Waffen ihr aufgrund der vorliegenden besonderen Umstände dennoch nicht zur Aufbewah- rung überlassen werden können, und damit das Polizeikommando einer entsprechenden Eigentumsübertragung zu Recht die Zustim- mung verweigerte. Das Polizeikommando hält zunächst richtigerweise fest, dass es dem Sinn und Zweck der Beschlagnahmebestimmung nach Art. 31 WG zuwiderlaufen würde, wenn eine angeordnete Beschlagnahme durch die Übertragung der sichergestellten Waffen ins Eigentum von nahe stehenden Personen umgangen bzw. unterlaufen werden könnte. Für die Sicherheitsfunktion der Beschlagnahme ist es nämlich von essentieller Bedeutung, dass die davon betroffenen Waffen tatsäch- lich dem Herrschafts- und Einflussbereich der mit der Beschlag- nahme belegten Personen entzogen werden. Dabei spielt es grund- sätzlich keine Rolle, ob die für die Eigentumsübertragung zur Frage stehenden Personen mit den durch die Beschlagnahme Betroffenen im selben Haushalt wohnen und bzw. in einem rechtlichen, etwa familienrechtlichen, Verhältnis zueinander stehen. Damit von einer Waffenübertragung an unabhängige und nicht direkt beeinflussbare
Personen gesprochen werden kann, ist es vielmehr entscheidend, dass zwischen diesen Personen kein nahes und vertrauensvolles Ver- hältnis besteht. Von einer solchen verlangten Unabhängigkeit ist hinsichtlich der mit dem Beschwerdeführer im selben Haushalt woh- nenden Lebenspartnerin sicherlich nicht auszugehen. Bei dieser Ausgangslage ist es auch nicht von Bedeutung, ob die fraglichen Waffen durch die Freundin des Beschwerdeführers in der gemeinsamen Wohnung an einem anderen Ort unter Ver- schluss aufbewahrt werden. Ebenso vermag an der Situation nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer durch die vorgesehenen Si- cherheitsmassnahmen (Aufbewahrung der Waffen in einem abge- schlossenen Schrank, dessen Schlüssel an einem Drittort deponiert werden) keinen - gewaltsame Interventionen vorbehalten - direkten Zugriff zu den Waffen hätte. Im Hinblick auf eine präventive Verei- telung jeglichen Waffenmissbrauchs ist nämlich schon von vornhe- rein jegliche Umgehungsmöglichkeit soweit umsetzbar auszuschlies- sen. Bei einer Übertragung von beschlagnahmten Waffen an die dem Beschwerdeführer sehr nahestehende Lebenspartnerin wäre dies aber gerade nicht möglich. Eine solche mit dem Beschlagnahmezweck im Widerspruch stehende Übertragung ist dementsprechend abzulehnen. An der dargelegten Einschätzung vermag sodann nichts zu än- dern, dass dem Beschwerdeführer - abgesehen von einer Wider- handlung gegen das Waffengesetz im Sinne von Art. 34 Abs. 1 lit. e WG (unsorgfältige Aufbewahrung von Waffen) - bisher keine weite- ren Verstösse gegen das Waffenrecht vorzuwerfen sind. Mit Blick auf den Sicherheitsaspekt der Beschlagnahme erweist es sich nämlich eher von Bedeutung, dass das Bezirksgericht Baden den Beschwer- deführer letztmals noch am 22. Mai 2002 neben der besagten Wider- handlung gegen das Waffengesetz auch der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, des Hausfriedensbruchs und des ver- suchten Diebstahls schuldig sprach und eine bedingte Gefängnis- strafe von 18 Monaten (unter Anrechnung von einem Tag Untersu- chungshaft sowie unter Ansetzung einer Probezeit von 5 Jahren) sowie eine Busse von Fr. 1'000.-- verhängte. Unter diesen gegen eine (direkte indirekte) Wiederaushän- digung der Waffen sprechenden Umständen können schliesslich auch
die vom Beschwerdeführer angeführten Argumente, dass es sich bei den Waffen um Erbstücke handle und ihm bei einer Eigentumsüber- tragung an eine beliebige Drittperson finanzielle Einbussen entstehen würden, keine besondere Berücksichtigung für sich in Anspruch nehmen. Vielmehr müssen diese klar privaten Interessen vor der höher einzustufenden präventiven Wahrung der öffentlichen Sicher- heit zurücktreten. 4. Nach dem Gesagten ist es dem Beschwerdeführer nicht ge- lungen, überzeugend darzulegen, weshalb die beschlagnahmten Waf- fen ohne Sicherheitsbedenken in die Obhut seiner Freundin (...) übergeben werden könnten. Das in der Beschwerdeschrift Vorge- brachte reicht auf jeden Fall nicht aus, den im Interesse der Allge- meinheit streng handzuhabenden Sicherheitsanforderungen zu genü- gen bzw. die Bedenken in Bezug auf allfällige Umgehungsmöglich- keiten auszuräumen. (...)