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Urteil Verwaltungsgericht (AG)

Kopfdaten
Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2002 147
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsbehörden
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2002 147 vom 15.05.2002 (AG)
Datum:15.05.2002
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE 2002 147 S.643 2002 Notariatsrecht 643 III. Notariatsrecht 147 Betreibungsamt X; Grundbuchbeschwerde vom 15. Mai 2002...
Schlagwörter: Recht; Grundbuch; Zelle; Grundstück; Recht; Parzelle; SchKG; Seitig; Bungsamt; Anmeldung; Betreibungsamt; Walter; Dienstbarkeiten; Tragung; Buchverwalter; Grundbuchverwalter; Schwerde; Eintrag; Gungsrecht; Löschen; Löscht; Eigentums; Löschung; Eintragung; Doppelaufruf; Gelöscht; Grenze; Fügung
Rechtsnorm: Art. 13 KG ; Art. 140 KG ; Art. 142 KG ; Art. 150 KG ; Art. 156 KG ; Art. 5 KG ; Art. 656 ZGB ; Art. 730 ZGB ; Art. 812 ZGB ; Art. 956 ZGB ; Art. 965 ZGB ;
Referenz BGE:106 II 189; 106 II 194; 81 III 62; 81 III 63;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
2002 Notariatsrecht 643

III. Notariatsrecht

147 Betreibungsamt X; Grundbuchbeschwerde vom 15. Mai 2002 gegen die Abweisungsverfügung des Grundbuchamtes des Bezirks Y vom 22. April 2002 betreffend Anmeldung zur Eintragung des Eigentumsübergangs von Grundstück, Parzelle B zufolge Zuschlags im Zwangsvollstreckungsver- fahren; Gutheissung
Entscheid des Departements des Innern des Kantons Aargau Verfügung vom
12. September 2002
Sachverhalt
1. Mit Datum vom 16. April 2002 meldete das Betreibungsamt
X die Eintragung des Eigentumsüberganges von Grundstück, Parzel-
le B an die ... (Bank) aufgrund einer am Vortag erfolgten Versteige-
rung im Zwangsvollstreckungsverfahren an. Das Grundstück wurde
der Bank zu einem Preis von 560'000 Franken zugeschlagen. Grund-
pfandforderungen oder Grundlasten wurden der Ersteigerin keine
überbunden. Auch grundpfandversicherte Forderungen wurden keine
abgeschrieben. In Ziffer 6 c der Anmeldung wurde vermerkt, dass
der Ersteigerin keine Dienstbarkeiten und Grundlasten zu überbinden
seien. Ausdrücklich festgehalten wurde: "Die Lasten "Einfriedi-
gungsrecht an die Grenze zG Parz. A", "Fuss- und beschr. Fahrweg-
recht zG Parz. C" und "Einfriedigungsrecht an die Grenze zG Parz.
C" sind zu löschen."
Das Grundbuchamt des Bezirks Y wies die Anmeldung mit Ver-
fügung vom 22. April 2002 jedoch mit der Begründung ab, dass bei
den in Ziff. 6 zur Löschung angemeldeten Dienstbarkeiten nicht be-
rücksichtigt wurde, dass sie im Grundbuch als Recht und Last einge-
tragen und voneinander abhängig sind und nur gemeinsam gelöscht
werden können. Bezüglich der Löschung der Last ,,Fuss- und beschr.
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Fahrwegrecht zG Parz. C" bemerkte der Grundbuchverwalter, dass es
sich hierbei um einen erweiterten Ausfahrtsradius handle und es spä-
ter wohl möglich sei, dass der Eigentümer des versteigerten Grund-
stückes vom Nachbarn bei einem Bauvorhaben auch einmal ein sol-
ches Recht benötigen könnte. Sofern diese Dienstbarkeit gelöscht
würde, werde der Nachbar in einem späteren Zeitpunkt nicht
entgegenkommen. Der Grundbuchverwalter empfahl der Erwerberin
die Sache etwas gesamtheitlicher zu betrachten. Weiter bemängelte
er, dass aus den Unterlagen nicht hervorgehe, dass ein Doppelaufruf
stattgefunden habe. Denn nur unter dieser Voraussetzung könnten
nachgehende Lasten gelöscht werden.
2. Mit Eingabe vom 15. Mai 2002 legte das Betreibungsamt X
beim Departement des Innern gegen die Abweisungsverfügung Be-
schwerde ein. Zur Begründung führte es im Wesentlichen an, dass
die Ersteigerin nach Aufnahme des Lastenverzeichnisses den dop-
pelten Aufruf des Grundstückes für alle drei Lasten verlangte und
anlässlich der Steigerung ein Zuschlag ohne Lasten erfolgte. Recht-
lich begründete es, dass lediglich der Eintrag der Dienstbarkeit auf
dem belasteten Grundstück notwendig sei und derjenige auf dem
berechtigten Grundstück einzig die Bedeutung einer Anmerkung
zukomme und ihm somit der konstitutive Charakter fehle. Dienstbar-
keiten, welche somit als Recht und Last eingetragen seien, könnten
daher nicht nur gemeinsam gelöscht werden. Im Weiteren führte das
Betreibungsamt X aus, dass das Grundbuchamt infolge Doppelaufruf
lediglich den Vollzug der Löschung der Dienstbarkeit auf dem belas-
teten Grundstück ,,Fuss- und beschr. Fahrwegrecht zG Parz. C" vor-
zunehmen habe und keine Ausführungen über deren Sinn und Zweck
der Löschung zu treffen habe. Ferner habe das Betreibungsamt dem
Grundbuchamt gegenüber den Doppelaufruf nicht zu belegen. Ein
durch unberechtigtes Löschen einer Last entstandener Schaden wäre
durch die Staatshaftung nach Art. 5 SchKG gedeckt.
3. Am 11. Juni 2002 erstattete der Grundbuchverwalter zur Be-
schwerde einen Amtsbericht. Sinngemäss hielt er an der in der Ab-
weisungsverfügung vertretenen Auffassung fest und beantragte die
vollumfängliche Abweisung der Beschwerde. Insbesondere führte er
an, dass die als Recht und Last eingetragenen Dienstbarkeiten jeweils
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als eine gegenseitige Dienstbarkeit begründet und im Grundbuch
eingetragen worden seien. Eine gegenseitig begründete Dienstbarkeit
sei nicht mehr gegenseitig, wenn einseitig ein Teil davon gelöscht
werde.
4. Das Betreibungsamt X erklärte in seiner Stellungnahme vom
2. Juli 2002, dass in der seinerzeitigen Aufnahme der Dienstbarkeit
im Grundbuch auf das Wort "gegenseitig" hätte verzichtet werden
können, wenn das Recht sowie die Last einzeln aufgeführt worden
wären. Die vorliegende Diskussion hätte sich dann erübrigt. Auf-
grund des Doppelaufrufes sei einzig die Last zu löschen. Das Recht
aus der Dienstbarkeit sei nicht tangiert und sei nicht wie dies der
Grundbuchverwalter ausführe, zu löschen. Weiter wurden die Betei-
ligten, d.h. die Grundeigentümer der involvierten Nachbarparzellen
ins Lastenbereinigungsverfahren miteinbezogen. Die Prüfungspflicht
des Grundbuchverwalters gehe nur soweit, als dass er kontrollieren
dürfe, ob eine Last überhaupt Gegenstand eines Doppelaufrufes sein
könne.
5. In der Duplik vom 10. Juli 2002 machte der Grundbuchver-
walter geltend, dass erst mit der Abtrennung eines Teils der
Dienstbarkeit, der Last, eine Werteinbusse beim anderen Grundstück
entstehe. Für Eintragungen im Grundbuch herrsche zudem das An-
meldungsprinzip; die Löschung des Wortes "gegenseitig" hätte aus-
drücklich erfolgen müssen.
...

Aus den Erwägungen
1. Gegen die Abweisungsverfügung einer Grundbuchanmel-
dung kann innert 30 Tagen, gerechnet ab deren Zustellung, bei der
kantonalen Aufsichtsbehörde Beschwerde geführt werden (vgl.
Art. 103 Abs. 1 GBV). Beschwerdebefugt sind der Anmeldende
sowie alle weiteren Personen, die von der Abweisungsverfügung
berührt sind. Die Eingabe der Beschwerde erfolgte fristgerecht und
das Betreibungsamt X ist legitimiert.
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Das Departement des Innern als kantonale Aufsichtsbehörde
über die Grundbuchämter ist zur Behandlung der Beschwerde zu-
ständig (vgl. Art. 956 ZGB i.V.m. § 1 Abs. 1 lit. a der Delegations-
verordnung (SAR 153.111).
Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
2. Die Bestimmung von Art. 812 Abs. 2 ZGB besagt, dass das
Grundpfandrecht einer später ohne Zustimmung der Pfandgläubiger
auf das Grundstück gelegten Dienstbarkeit oder Grundlast vorgeht,
und dass die spätere Belastung zu löschen sei, sobald bei der Pfand-
verwertung ihr Bestand den vorgehenden Pfandgläubiger schädigt.
Der Grundpfandgläubiger hat also einen Anspruch darauf, nachge-
hende, den Wert des verpfändeten Grundstücks schmälernde Lasten
löschen zu lassen, wenn er wegen der neuen Last eine weniger gute
Deckung erhält. Für diesen Fall ist ein doppelter Aufruf gemäss
Art. 142 SchKG vorgesehen. Diese Bestimmung ist auch im Grund-
pfandverwertungsverfahren anwendbar (Art. 156 SchKG). Im Übri-
gen wird die Anordnung eines Doppelaufrufes von einem Begehren
von Pfandgläubigern abhängig gemacht, wofür ihnen bei Zustellung
des Lastenverzeichnisses Frist anzusetzen ist. Für die Durchführung
der Verwertung nach dem Prinzip des Doppelaufrufes enthält Art. 56
VZG nähere Anweisungen, die nach Art. 102 VZG auch bei der
Grundpfandverwertung gelten (BGE 81 III 62 f., 121 III 242; weiter
auch Markus Häusermann/Kurt Stöckli/Andreas Feuz, Kommentar
zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, SchKG II,
Basel 1998, N 4 zu Art. 142 SchKG; Heinz Rey, Das Sachenrecht,
Bern 1981, S. 79 f., N 254 ff.).
3. Aufgrund von Art. 140 Abs. 2 SchKG hat das Betreibungsamt
im Grundstückszwangsverwertungsverfahren den Beteiligten das
Verzeichnis der Lasten zuzustellen und ihnen Frist zur Bestreitung zu
setzen. Der Begriff des Beteiligten bestimmt sich nach Art. 139
SchKG und meint den Gläubiger, den Schuldner, ein allfälliger drit-
ter Eigentümer des Grundstücks sowie alle im Grundbuch der betref-
fenden Parzelle eingetragenen Personen. Der Vorrang eines Grund-
pfandrechtes vor einer Dienstbarkeit ergibt sich aus dem Grundbuch
und wird dementsprechend im Lastenverzeichnis aufgenommen
(Art. 34 Abs. 1 lit. b VZG). Dem Grundpfandgläubiger wird gemäss
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Art. 142 Abs. 1 SchKG zusammen mit der Mitteilung des Lastenver-
zeichnisses darauf aufmerksam gemacht, dass er binnen zehn Tagen
nach Zustellung desselben den Aufruf sowohl mit als auch ohne Last
verlangen könne. In den Steigerungsbedingungen muss ein solches
Begehren entsprechend vermerkt werden (Art. 45 Abs. 1 lit. c VZG).
Eine nachgehende Dienstbarkeit kann in der Zwangsverwertung
den Grundpfandgläubiger insofern schädigen, als dass ein geringerer
Verwertungserlös erzielt wird. Erfährt ein Gläubiger in der Versteige-
rung durch das Höchstgebot (oder allenfalls durch sofortige Bezah-
lung des Fehlbetrags durch den Dienstbarkeitsberechtigten) im ersten
Aufruf mit der Dienstbarkeit nicht volle Deckung, erfolgt ein zweiter
Aufruf ohne die Dienstbarkeit. Ergibt sich dabei ein höheres Ange-
bot, so wird das Grundstück ohne die Dienstbarkeit zugeschlagen
(Art. 56 lit. b VZG) und die Dienstbarkeit muss im Grundbuch ge-
löscht werden (Rey N. 256).
Der ausserbuchliche Erwerb des Eigentums vollzieht sich im
Betreibungsverfahren mit dem Zuschlag des Betreibungsamtes
(Art. 656 Abs. 2 ZGB). Die Anmeldung des Eigentumsübergangs
erfolgt von Amtes wegen nach Art. 66 VZG. Gemäss Art. 18 Abs. 2
lit. c GBV wird der Ausweis für die Eigentumsübertragung im Falle
der Zwangsvollstreckung durch die vom Betreibungsamt ausgestellte
Bescheinigung des Zuschlags erbracht, versehen mit der Ermächti-
gung zur Eintragung. Aus der Bescheinigung muss der Ersteigerer
ersichtlich sein (Roland Pfäffli, Der Ausweis für die Eigentumsein-
tragung im Grundbuch, Langenthal 1999, S. 127f.).
4. Gemäss Art. 150 Abs. 3 SchKG veranlasst das Betreibungs-
amt bei Grundstücksverwertungen die erforderlichen Löschungen
und Änderungen von Dienstbarkeiten, Grundlasten, Grundpfandrech-
ten und vorgemerkten persönlichen Rechten im Grundbuch. Im Spe-
ziellen sieht Art. 68 Abs. 1 lit. b VZG vor, dass gleichzeitig mit der
Anmeldung des Eigentumsübergangs zur Eintragung im Grundbuch
das Betreibungsamt die Lasten, die nicht überbunden werden konn-
ten, zur Löschung anzumelden hat. Die Anmeldung dazu geschieht
von Amtes wegen, gleich wie die Anmeldung zur Löschung nicht
überbundener Lasten. Bei den Dienstbarkeiten und Grundlasten,
welche konstitutiv auf den Grundbucheintrag angewiesen sind,
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bedeutet dies automatisch den vollständigen Untergang. Diese Be-
stimmung ist keine Kann-Vorschrift, sondern verpflichtet das Betrei-
bungsamt zur Anmeldung der Löschung. Es hat ganz allgemein dafür
zu sorgen, dass im Grundbuch der Zustand hergestellt wird, der dem
materiellen Ergebnis der rechtskräftigen Versteigerung entspricht
(Kurt Amonn/Dominik Gasser, Grundriss des Schuldbetreibungs-
und Konkursrechts, Bern 1997, N 63 zu § 28; Urs Hess-Odini, Der
Doppelaufruf nach Art. 142 SchKG und das neue Miet- und Pacht-
recht in SJZ 87, 146 ff., insbesondere S. 149).
5. Da im vorliegenden Fall die Anmeldung durch eine Behörde
erfolgt, hat der Grundbuchverwalter ihre Zuständigkeit zu überprüfen
(Art. 17 GBV). Dies ist zweifelsohne gegeben. Der Grundbuchver-
walter ist vornehmlich Vollzugsorgan der von einer anderen Behörde
erlassenen Anordnung. Er kann weder die Rechtmässigkeit des Zu-
schlags noch allgemein die Rechtsgültigkeit einer Anordnung im
Vollstreckungsverfahren überprüfen (Bettina Deillon-Schegg, Grund-
buchanmeldung und Prüfungspflicht des Grundbuchverwalters im
Eintragungsverfahren, Zürich 1997, S. 92, 331; Pfäffli, S. 128 f.). Es
kann somit nicht die Meinung sein, dass die zweite Behörde den
Entscheid der ersten, welche diese in ihrem eigenen sachlichen Zu-
ständigkeitsbereich erlassen hat, nochmals überprüft. Der Grund-
buchverwalter hat daher nur noch eine eingeschränkte Prüfungsmög-
lichkeit, ob die Massnahme nicht in klarem Widerspruch zur Rechts-
ordnung steht (z.B. Mängel mit Nichtigkeitsfolgen).
Im Folgenden muss beachtet werden, dass der Bund die Auf-
sicht über die Konkurs- und Betreibungsämter eigens geregelt hat
und der Kanton hierzu ausführende Bestimmungen erlassen hat
(Art. 13 ff. SchKG; § 10 ff. AG SchKG). Der Grundbuchverwalter
hat im Rahmen von Art. 965 ZGB einzig die Anmeldungen zur
Eintragung zu überprüfen. Anlässlich einer Grundbuchanmeldung
hat der Grundbuchverwalter zu prüfen, ob die beiden Ausweise über
das Verfügungsrecht und über den Rechtsgrund erbracht werden (vgl.
Art. 965 ZGB). Die Kognition des Grundbuchverwalters beschränkt
sich im Eintragungsverfahren auf die Prüfung der grundbuchlichen
Voraussetzungen und der Formerfordernisse. Die Überprüfung mate-
riellen Rechts steht ihm nicht zu. Er hat eine Anmeldung nur dann
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abzuweisen, wenn sich diese auf einen offensichtlich nichtigen
Rechtstitel stützt. Ferner muss er prüfen, ob das angemeldete Recht
sich seiner Natur nach zur Aufnahme ins Grundbuch eignet (BGE
119 II 17 f.)
6. Zum Untergang von beschränkten dinglichen Rechten im
Zwangsvollstreckungsverfahren äussert sich das Bundesgericht in
BGE 106 II 194 f. folgendermassen: "Es entspricht indessen nicht
der in der Schweiz gebräuchlichen Gesetzgebungstechnik, bei der
Ordnung zivilrechtlicher Verhältnisse in umfassender Weise auch die
vollstreckungsrechtlichen Fragen zu regeln. Das im SchKG und sei-
nen Nebenerlassen enthaltene Vollstreckungsrecht muss daher allge-
mein als vorbehalten gelten, wenn im Zivilrecht nicht ausdrücklich
eine besondere Regelung aufgestellt wird. So führt z.B. das Sachen-
recht des ZGB die Zwangsvollstreckung nicht als möglichen Unter-
gangsgrund der beschränkten dinglichen Rechte an und enthält
diesbezüglich auch keinen Verweis auf das SchKG. Niemand würde
aber aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Regelung im ZGB schlies-
sen, das Vollstreckungsverfahren könne nicht zum Untergang dingli-
cher Rechte führen."
Deshalb ist es auch nur konsequent, wenn bei einer Versteige-
rung eines Grundstückes Pfandrechte für fällige Forderungen, die
aus dem Erlös nicht gedeckt werden, endgültig gelöscht werden. Die
Realisierung eines Grundpfandrechtes führt dazu, dass das nachge-
hende Pfandrecht gelöscht werden muss. Niemand hätte ein Interesse
am Erwerb einer Sache, wenn die Pfandrechte für fällige Forderun-
gen, die aus dem Erlös nicht gedeckt werden, nicht endgültig ge-
löscht werden. Auch eine Neueintragung kommt nicht in Frage (vgl.
BGE 106 II 189 f.).
Ebenso verhält es sich mit Dienstbarkeiten, welche dem Pfand-
recht nachgehen und im doppelten Aufruf mit der Dienstbarkeitslast
keine Deckung ergeben und daher zu Recht gelöscht werden müssen.
Dienstbarkeiten haben nämlich einen direkt negativen Einfluss auf
den Wert einer Liegenschaft, deshalb hat der Grundpfandgläubiger
einen Schutz, wenn nachträglich auf das Grundstück Lasten gelegt
werden, ohne dass der Grundpfandgläubiger zugestimmt hat (Hess-
Odini, S. 146 f.). Die Bestimmung von Art. 812 Abs. 2 ZGB spielt
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auch unabhängig davon, ob der aus der nachträglichen Grundstücks-
belastung heraus Berechtigte um die Gefährdung der Gläubigerinte-
ressen gewusst hat oder nicht. Dies bedeutet, dass die nachträgliche
Belastung des Grundstückes von Gesetzes wegen untergeht, bzw.
wirkungslos ist, wenn die Voraussetzungen gemäss Art. 812 Abs. 2
ZGB erfüllt sind. Die Norm von Art. 142 SchKG geht der Bestim-
mung von Art. 812 Abs. 2 ZGB vor (Hess-Odini S. 148).
7. Beim Einfriedigungsrecht an die Grenze mit der Parzelle A
sowie C handelt es sich gemäss Grundbuchverwalter jeweils um eine
"gegenseitige Dienstbarkeit".
In den beiden Dienstbarkeitsverträgen vom 1. Juni 1992 ver-
pflichteten sich die damaligen Eigentümer der Parzellen A und B
sowie B und C gegenseitig ein Einfriedigungsrecht einzuräumen.
Inhalt dieses Vertrages bildeten jeweils zwei voneinander unabhän-
gig bestehende Dienstbarkeiten mit gleichem Regelungssachverhalt.
Auf beiden Grundstücksblättern wurden je zwei Dienstbarkeiten mit
dem Vermerk "Recht und Last" eingetragen. Diese Dienstbarkeiten
sind nicht gegenseitig, im Sinne von untrennbar miteinander ver-
knüpft. Die Bemerkung bezieht sich nur auf die gegenseitige Ein-
räumung der Dienstbarkeit durch die seinerzeitigen Vertragspartner.
Es ist erklärlich, dass sich im Gesetz wie auch in der Literatur der
Ausdruck der "gegenseitigen Dienstbarkeit" nicht auffinden lässt.
Peter Liver misst der Gegenseitigkeit der Belastung und Berechti-
gung auch keine rechtliche Besonderheit zu (Kommentar zum
Schweizerischen Zivilgesetzbuch, Die Dienstbarkeiten und
Grundlasten, Zürich, 1968, N 54 zu Art. 730 ZGB). Infolgedessen
kann bei der Löschung der entsprechenden Lasten auf der Parzelle B
das Wort "gegenseitig" gelöscht werden. Im gleichen Zug kann diese
Korrektur auch auf den Parzellen A und C erfolgen. Bei dieser iso-
lierten Betrachtungsweise der zwei separaten Dienstbarkeiten resul-
tiert aus der bestehenden Last "Einfriedigungsrecht an die Grenze
mit Parzelle A" sowie "C" auf der Parzelle B eine Werteinbusse.
Im vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahren wurden ge-
mäss Auskunft des Betreibungsamtes sämtliche Beteiligten mitein-
bezogen. Insbesondere den Dienstbarkeitsberechtigten, d.h. den
Grundeigentümern der Parzellen A und C wurde das Lastenverzeich-
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nis zugestellt. Im Übrigen hätten sie die Möglichkeit gehabt, anläss-
lich der Versteigerung im ersten Aufruf den Fehlbetrag, der die Folge
aus der Dienstbarkeitsbelastung darstellt, sofort zu bezahlen, damit
die Dienstbarkeiten auf die neue Erwerberin überbunden worden
wären (vgl. BGE 81 III 63).
Der Sinn und Zweck des Doppelaufrufverfahrens besteht
eben darin, dass spätere Belastungen des Grundstückes zu lö-
schen sind, wenn ihr Bestand den vorangehenden Pfandgläubi-
ger schädigen (Art. 812 Abs. 2 ZGB iVm. 142 SchKG). Das
Betreibungsamt hatte aufgrund des Zuschlages im doppelten
Aufruf das Grundstück zur Eintragung des Eigentumsübergan-
ges ohne die Last "Einfriedigungsrecht an die Grenze mit Par-
zelle A" sowie "C" angemeldet. Weiter wurde im Doppelauf-
rufverfahren das Grundstück ohne die Last "Fuss- und be-
schränktes Fahrwegrecht z.G. Parzelle C" der Erwerberin zuge-
schlagen. Die drei Lasten sind daher zu löschen. Entsprechend
sind auch auf den Grundstücken Parzellen A und C die dazuge-
hörenden Rechte zu löschen. Auf Parzelle B bleiben die Rechte
natürlich bestehen.
Aus der Anmeldung zur Eintragung des Eigentumsübergangs
eines Grundstücks zufolge Zuschlags im Zwangsvollstreckungsver-
fahren des Betreibungsamtes vom 16. April 2002 ist aus Ziffer 6 c
ersichtlich, dass dem Ersteigerer keine Dienstbarkeiten und Grund-
lasten überbunden werden (mit Verweis auf den Grundbuchauszug).
Insbesondere wurde ausdrücklich festgehalten, dass die Lasten "Ein-
friedigungsrecht an die Grenze zG Parzelle A" sowie "zG Parzelle C"
und "Fuss- und beschr. Fahrwegrecht zG Parzelle C" zu löschen
seien. Es konnte davon ausgegangen werden, dass ein Doppelaufruf
stattgefunden haben musste.
8. Die Beschwerde erweist sich somit als begründet. Das
Grundbuchamt Y ist anzuweisen, nach Eintritt der Rechtskraft des
vorliegenden Entscheides, die Anmeldung des Eigentumsübergangs
von Grundstück, Parzelle B zufolge Zuschlags im Zwangsvollstre-
ckungsverfahren zu vollziehen.
...
Demgemäss wird verfügt:
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1.
In Gutheissung der Beschwerde vom 15. Mai 2002 gegen die
Abweisungsverfügung vom 22. April 2002 wird das Grundbuchamt
Y angewiesen, die Anmeldung des Eigentumsübergangs von Grund-
stück, Parzelle B zufolge Zuschlags im Zwangsvollstreckungsverfah-
ren zu vollziehen.
2.
Das Grundbuchamt des Bezirks Y wird angewiesen, die Lasten
"Gegenseitiges Einfriedigungsrecht an die Grenze z.G. Parzelle A",
"Gegenseitiges Einfriedigungsrecht an die Grenze z.G. Parzelle C"
sowie "Fuss- und beschr. Fahrwegrecht z.G. Parzelle C" auf der Par-
zelle B zu löschen.
3.
Das Grundbuchamt des Bezirks Y wird angewiesen, die Rechte
aus dem "gegenseitigen Einfriedigungsrecht an die Grenze mit Par-
zelle B" auf den Grundstückblättern von Parzelle A und C sowie die
Bemerkung "gegenseitig" zu löschen. Weiter ist das Recht auf Par-
zelle C "Fuss- und beschr. Fahrwegrecht z.L. Parzelle B" zu löschen.
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