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104 Grundstückgewinnsteuer (§ 67 StG).
- Bei Rückübertragung einer Liegenschaft innert 5 1/2 Monaten wird
mangels Erzielung eines Gewinnes keine Grundstückgewinnsteuer
erhoben.
3. Februar 2000 in Sachen R., RV.1998.50041/K 4407
2. Einziger Streitpunkt ist, ob der Verkauf der Liegenschaft
IR O. Nr. 287 durch P. R. an W. B. (Kaufvertrag vom 2. Juni 1993)
unter Berücksichtigung des Umstandes, dass diese Liegenschaft
5 1/2 Monate später (Kaufvertrag vom 22. April 1994) vom Käufer
aus finanziellen Gründen zum selben Preis wieder an P. R. (rück-)
übertragen wurde, eine Grundstückgewinnsteuer auslösen kann.
3. a) Ein gültig begründetes Rechtsverhältnis kann durch Über-
einkunft (Aufhebungsvertrag, contrarius actus) wiederum aufgeho-
ben werden, jedoch nur so lange, als ein Rechtsverhältnis bzw. eine
Forderung noch besteht. Ist ein Vertrag in allen Teilen erfüllt worden,
so sind sämtliche Forderungen und damit auch der Vertrag als Gan-
zes untergegangen (Art. 114 Abs. 1 OR). Eine zusätzliche Aufhebung
des Vertrages ist begrifflich nicht möglich, und denkbar ist höchstens
eine Rückgängigmachung der Folgen mittels eines neuen Vertrages
(VGE vom 29. September 1976 in Sachen L. und VGE vom 12. Juni
1980 in Sachen KStA/W., beide betreffend Grundstückgewinnsteuer,
mit zahlreichen Literaturhinweisen).
b) Der Kaufvertrag vom 2. Juni 1993 wurde käuferseitig nicht
vollumfänglich erfüllt, weil W. B. die ihm unter Berücksichtigung
der übernommenen Grundpfandschulden verbleibende Kaufpreis-
restanz von Fr. 200'000.-- nicht beglichen hat. Die Folgen des am
2. Juni 1993 abgeschlossenen Kaufvertrages konnten also nicht nur
durch Begründung eines neuen Rechtsverhältnisses mit Rückwärts-
wirkung, sondern auch mittels eines Aufhebungsvertrages rückgän-
gig gemacht werden. Da die Aufhebung eines vom Verkäufer mit
dem Käufer geschlossenen und nicht vollständig erfüllten Vertrages
nicht als Rückkauf der Sache aufzufassen ist (vgl. von Thur/Escher,
Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Band II,
Zürich 1974, S. 165 f.), ist der von P. R. und W. B. am 22. April 1994
abgeschlossene Kaufvertrag als Aufhebungsvertrag zu qualifizieren.
Mit dessen Abschluss wurde einer Grundstückgewinnbesteuerung
gestützt auf den Kaufvertrag vom 2. Juni 1993 die Grundlage entzo-
gen.
c) Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass in der Literatur die
Auffassung vertreten wird, dass derjenige Gewinn besteuert werden
soll, welcher dem Veräusserer tatsächlich zufliesst (H. Guhl, Die
Spezialbesteuerung der Grundstückgewinne in der Schweiz, Zürich
1952, S. 166) bzw. der tatsächlich erzielte Gewinn (E. Höhn/R.
Waldburger, Steuerrecht, Band I, 8. Auflage, 1997, Rz 39 zu § 22).
Diese Meinung wird sinngemäss auch im Kommentar zum Aargauer
Steuergesetz vertreten. Danach kann, soweit der Kaufpreis unein-
bringlich ist, mangels eines tatsächlich erzielten Gewinns keine
Grundstückgewinnsteuer erhoben werden (N 8 zu § 73 StG). Dies
hat für den vorliegenden Fall zur Folge, dass gestützt auf den Ver-
kauf der Liegenschaft vom 2. Juni 1993 durch P. R. auch keine
Grundstückgewinnsteuer erhoben werden könnte, wenn der Vertrag
vom 22. April 1994 nicht als Aufhebungsvertrag (sondern Begrün-
dung eines neuen Rechtsverhältnisses) qualifiziert würde, weil P. R.
durch die Veräusserung der Liegenschaft an W. B. effektiv keinen
Gewinn erzielt hat.