Zusammenfassung des Urteils AG WBE.2022.385: Verwaltungsgericht 3. Kammer
Der Beschwerdeführer A. hat gegen den Regierungsrat des Kantons Aargau wegen eines Wasserbauprojekts geklagt. Der Regierungsrat hat entschieden, nicht auf A.s Antrag einzutreten. A. hat daraufhin Beschwerde beim Verwaltungsgericht eingereicht. Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass A.s Intervention zu spät kam und somit nicht berücksichtigt werden kann. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und A. muss die Gerichtskosten von 1.136 CHF tragen.
Kanton: | AG |
Fallnummer: | AG WBE.2022.385 |
Instanz: | Verwaltungsgericht 3. Kammer |
Abteilung: | - |
Datum: | 13.10.2022 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Entscheid; Recht; Verwaltungsgericht; Vorinstanz; Frist; Treppe; Antrag; Verwaltungsgerichts; Regierungsrat; Nichteintreten; Trittstein; Verfahren; Begründung; Rechtsmittel; Beschwerdeführers; Verwaltungsrechtspflege; Baute; Nichteintretens; Rechtsprechung; Bauherrn; Kantons; Benutzerachse; Nichteintretensentscheid; Intervention; Baubewilligung; Öffnung; Einlage |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 132 V 74; |
Kommentar: | - |
WBE.2022.385 / MW / jb (2022-001126) Art. 105
Urteil vom 13. Oktober 2022 Besetzung
Verwaltungsrichter Winkler, Vorsitz Verwaltungsrichter Cotti Verwaltungsrichter Michel Gerichtsschreiber Wildi
Beschwerdeführer
A._____
gegen Regierungsrat des Kantons Aargau, Regierungsgebäude, 5000 Aarau
Gegenstand
Beschwerdeverfahren betreffend Wasserbauprojekt Entscheid des Regierungsrats vom 7. September 2022 (Nr. 2022-001126)
-2-
Das Verwaltungsgericht entnimmt den Akten: A. Vom 25. Februar bis 26. März 2013 lag in den Gemeinden S. und T. das kantonale Wasserbauprojekt U., Hochwasserrückhaltebecken S., öffentlich auf. Am 18. Dezember 2013 genehmigte der Regierungsrat das Projekt und ermächtigte das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU), die Bauarbeiten für das Projekt "Hochwasserrückhaltebecken S." auszuführen. Dieser Entscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft. B. 1. Mit Eingabe vom 2. Mai 2022 stellte A. beim BVU folgenden Antrag: Es sei festzustellen, dass die Öffnung einer 2. Benutzerachse für die Öffentlichkeit im Bereiche des Hochwasserschutzes in den C., S., mit dem nachträglichen Einbau einer 35-stufigen Treppe über dem westlichen Damm und Einlage von Trittsteinen in den verlegten G nicht rechtens sei. Ich ersuche Sie um eine anfechtbare Verfügung mit Rechtsmittelbelehrung.
2. Nachdem die Sache zuständigkeitshalber an den Regierungsrat überwiesen worden war, fällte dieser am 7. September 2022 folgenden Entscheid: 1. Auf den Antrag von A. auf Feststellung der Unrechtmässigkeit der Öffnung einer zweiten Benutzerachse für die Öffentlichkeit mit Einbau einer Treppe in den westlichen Damm und Einlage von Trittsteinen in den G im Zusammenhang mit der Erstellung des Hochwasserrückhaltebeckens S., wird nicht eingetreten. 2. Im erstinstanzlichen Verfahren werden keine Verfahrenskosten erhoben.
C. 1. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 29. September 2022 (Postaufgabe: 30. September 2022) stellte A. folgende Anträge: Antrag Es sei richterlich festzustellen, ob die 2. Benutzerachse für die Öffentlichkeit im Bereiche des Hochwasserschutzes in den C., S., gekoppelt mit dem Bau einer 35 stufigen Treppe inkl. Überquerung des westlichen Hochwasserschutzdammes und des verlegten G rechtens sei. Bei positiver Beurteilung (nicht rechtens) sei ein Rückbau dieser Überquerung zwingend. Eventualantrag
-3-
Falls wider Erwarten der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen würde, sei die Überquerung auf dem westlichen Hochwasserschutzdamm unter Einbezug des G unverzüglich zu verbieten, solange bis die notwendigen gesetzlichen Vorschriften baulich erfüllt sind.
2. Das Verwaltungsgericht hat auf einen Schriftenwechsel verzichtet, da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist (§ 45 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 4. Dezember 2007 [Verwaltungsrechtspflegesetz, VRPG, SAR 271.200]). Der Fall wurde auf dem Zirkluarweg entschieden (§ 7 des Gerichtsorganisationsgesetzes vom 6. Dezember 2011 [GOG; SAR 155.200]).
Das Verwaltungsgericht zieht in Erwägung: I. 1. Gegen letztinstanzliche Entscheide der Verwaltungsbehörden ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (§ 54 Abs. 1 VRPG). Das gilt auch in Bausachen (§ 61 Abs. 3 der Bauverordnung vom 25. Mai 2011 [BauV; SAR 713.121]) sowie in Verfahren betreffend Strassen- und Wasserbauprojekte (§ 95 Abs. 4 und § 120 Abs. 3 des Gesetzes über Raumentwicklung und Bauwesen vom 19. Januar 1993 [Baugesetz, BauG; SAR 713.100]). Das Verwaltungsgericht ist somit zuständig. 2. 2.1. 2.1.1. Gemäss § 43 Abs. 2 VRPG muss die Beschwerdeschrift einen Antrag sowie eine Begründung enthalten; auf Beschwerden, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, ist nicht einzutreten. Mit der Formulierung dieser Bestimmung wurde faktisch die unter Geltung des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 9. Juli 1968 (aVRPG) geltende Praxis kodifiziert (Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 14. Februar 2007, Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, 07.27 [Botschaft VRPG], S. 56 f.). Mit der Begründung ist darzulegen, in welchen Punkten nach Auffassung des Beschwerdeführers der angefochtene Entscheid Mängel aufweist (Aargauische Gerichts- und Verwaltungsentscheide [AGVE] 2009, S. 275, Erw. 3.1). Fehlt ein Antrag eine Begründung beides (trotz vollständiger Rechtsmittelbelehrung) vollständig und ergibt sich der Antrag bei Laienbeschwerden auch nicht aus der Begründung, ist ohne Nachfrist auf Nichteintreten zu erkennen (vgl. Botschaft VRPG, S. 56 f.). Bei Laienbeschwerden werden an die Begründung keine allzu hohen Anforderungen gestellt, wobei immerhin verlangt werden darf, dass der Beschwerdeführer darlegt, weshalb er mit dem vorinstanzlichen
-4-
Entscheid nicht einverstanden ist und welche Erwägungen des angefochtenen Entscheids aus welchen Gründen nicht zutreffen sollen (AGVE 2009, S. 275, Erw. 3.1; Entscheide des Verwaltungsgerichts WBE.2019.316 vom 24. März 2020, Erw. I/2, WBE.2019.61 vom 15. Juli 2019, Erw. I/2.1, vgl. auch Botschaft VRPG, S. 57). Handelt es sich beim angefochtenen Entscheid um einen Nichteintretensentscheid, so muss in der Begründung dargelegt werden, dass und weshalb die Vorinstanz auf das Begehren hätte eintreten sollen (ALAIN GRIFFEL, in: Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], 3. Aufl. 2014, N. 18 zu § 23). 2.1.2. Die Vorinstanz beurteilte im angefochtenen Entscheid die Frage, ob der Beschwerdeführer die (dreimonatige) Frist, innert welcher sich Nachbarn im Fall der Erstellung einer Baute Anlage ohne entgegen einer Bewilligung zur Wehr setzen können, verpasst hat. Diese Frage bejahte sie. Auf den Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Unrechtmässigkeit der Öffnung einer zweiten Benutzerachse für die Öffentlichkeit mit Einbau einer Treppe in den westlichen Damm und Einlage von Trittsteinen in den G im Zusammenhang mit der Erstellung des Hochwasserrückhaltebeckens S. trat sie entsprechend nicht ein (angefochtener Entscheid, S. 2 ff., 4 ff., 8 [Dispositiv Ziffer 1]). In der Rechtsmittelbelehrung des vorinstanzlichen Entscheids wurde sodann darauf aufmerksam gemacht, dass die fristgerecht einzureichende Beschwerdeschrift einen Antrag und eine Begründung enthalten muss, d.h. es sei anzugeben, wie das Verwaltungsgericht entscheiden solle, und darzulegen, aus welchen Gründen diese andere Entscheidung verlangt werde. Zudem wurde in der Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich auf die Folge des Nichteintretens hingewiesen, sofern die Beschwerde diesen Anforderungen nicht entspricht (angefochtener Entscheid, S. 9). Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gegen den vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid. Das Verwaltungsgericht hat daher zu prüfen, ob die Vorinstanz den Nichteintretensentscheid zu Recht gefällt hat (vgl. AGVE 2003, S. 441, Erw. I/3; BGE 132 V 74, Erw. 1.1). Dagegen kann auf die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gestellten materiellen Anträge (sowohl Haupt- als auch Eventualantrag) nicht eingetreten werden. Gegen den Nichteintretensentscheid bringt
der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung nur (aber immerhin) vor, die Öffnung der 2. Benutzerachse (mit Bau einer 35 stufigen Treppe und Einlage von Trittsteinen in den G) sei aus baulicher Sicht seit 2017 nicht beendet. Die Einhaltung einer dreimonatigen Frist für den Beschwerdeführer sei deshalb illusorisch und nicht richtig und dürfte auch für die Vorinstanz nicht Grund für ein "Nichteintreten" resp. eine "Abweisung" sein (Beschwerde, S. 11 [Ziffer 4]). Diese Erörterungen lassen im Ansatz erkennen, dass und weshalb der Beschwerdeführer mit dem vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid nicht
-5-
einverstanden ist. Unter Berücksichtigung, dass es sich um eine Laienbeschwerde handelt, ist auf die Beschwerde insoweit einzutreten. 2.2. Die Vorinstanz erörterte, da der Beschwerdeführer nicht innert der Frist von drei Monaten reagiert habe, seit er vom Bauvorhaben habe Kenntnis nehmen können, befinde er sich in der gleichen Position wie ein Nichtlegitimierter, d.h. es stehe ihm dann lediglich zu, nach Massgabe von § 38 VRPG Aufsichtsanzeige zu erheben. Er habe dann einzig Anspruch auf eine behördliche Antwort, doch könne er die Behörde mangels Parteirechten nicht dazu verhalten, in dem von ihm anbegehrten Sinn tätig zu werden (angefochtener Entscheid, S. 6). Nachdem die Vorinstanz den Rechtsschutzanspruch des Beschwerdeführers verneint hatte, beurteilte sie somit, ob Anlass für ein aufsichtsrechtliches Einschreiten besteht. Dabei ist zu beachten, dass die Aufsichtsanzeige ein formloser Rechtsbehelf ist, aus welchem kein materieller Prüfungs- und Erledigungsanspruch ergeht (MICHAEL MERKER, Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, Kommentar zu den §§ 38 72 [a]VRPG, 1998, N. 3 zu § 59a). Jedoch hat die anzeigende Person Anspruch auf Beantwortung der Anzeige (vgl. § 38 Abs. 2 VRPG). Dem ist die Vorinstanz mit der aufsichtsrechtlichen Beurteilung nachgekommen, in welcher sie erörterte, dass und weshalb ein aufsichtsrechtliches Einschreiten nicht erforderlich ist. Der Aufsichtsanzeigeentscheid ist keine Verfügung und eröffnet (ausser bei Kostenauflage und dann nur in diesem Umfang) entsprechend auch keinen Zugang zu einem ordentlichen Beschwerdeverfahren (vgl. MERKER, a.a.O., N. 32 zu Art. 59a VRPG). Gemäss § 90 Abs. 1 der Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980 (KV; SAR 110.000) beaufsichtigt der Regierungsrat die anderen Träger von öffentlichen Aufgaben. Er ist die höchste und letzte Stelle für Aufsichtsanzeigen (KURT EICHENBERGER, Verfassung des Kantons Aargau, 1986, N. 7 zu § 90). Das Verwaltungsgericht ist aufgrund der Gewaltentrennung nicht Aufsichtsbehörde über den Regierungsrat (MERKER, a.a.O., N. 33 zu § 59a). Deshalb kann gegen die Beantwortung der Aufsichtsanzeige kein Rechtsmittel erhoben werden (vgl. zum Ganzen auch Entscheid des Verwaltungsgerichts WBE.2014.57 vom 18. September 2014, Erw. I/1). Soweit in
der Beschwerde die aufsichtsrechtliche Beurteilung des Regierungsrats beanstandet wird, ist auf die entsprechenden Rügen daher nicht einzugehen. 3. Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde können die unrichtige unvollständige Feststellung des Sachverhalts sowie Rechtsverletzungen gerügt werden (§ 55 Abs. 1 VRPG). Die Ermessensüberprüfung ist nach dieser Bestimmung grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. § 55 Abs. 2 und 3 VRPG). Bei Wasserbauprojekten ist nach § 55 Abs. 3 lit. f VRPG i.V.m. Art. 33 Abs. 3 lit. b des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung
-6-
(Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700) i.V.m. § 120 Abs. 3 und § 95 Abs. 4 BauG zwar auch das Ermessen zu überprüfen (vgl. AGVE 2004, S. 183 ff.; Entscheid des Verwaltungsgericht WBE.2017.35 vom 20. August 2020, Erw. I/4), dem kommt vorliegend jedoch von vornherein keine Bedeutung zu, da lediglich die Rechtsfrage im Raum steht, ob der Nichteintretensentscheid der Vorinstanz zu Recht erfolgte (vgl. Erw. I/2.1.2). Eine materielle Überprüfung des Bauprojekts findet nicht statt. II. 1. 1.1. Die Vorinstanz legte im angefochtenen Entscheid eingehend die Rechtsprechung zu den Möglichkeiten eines Nachbarn dar, der von nicht jedenfalls nicht im korrekten Verfahren bewilligten Bau- und Nutzungsvorhaben betroffen ist. In den Fällen eigenmächtigen Vorgehens des Bauherrn habe der Nachbar innert drei Monaten, seit er vom Bauvorhaben habe Kenntnis nehmen können, zu intervenieren (angefochtener Entscheid, S. 4 f.). Vorliegend sei der erste nachweisliche Kontakt des Beschwerdeführers bezüglich der fraglichen Treppe mit Trittstein bzw. mit dem Vorbringen, dass diese unrechtmässig sei, in Form eines Schreibens an den Gemeinderat vom 4. Januar 2021 erfolgt. Mit dem BVU, Abteilung Landschaft und Gewässer, sei eine erste telefonische Kontaktaufnahme im Februar 2019 erfolgt. Diese Interventionen seien gemäss der dargelegten Rechtsprechung offensichtlich verspätet. Die Treppe mit Trittstein bestehe nachweislich in der heutigen Form seit spätestens März 2017. Die für eine Intervention offenstehende Frist von drei Monaten seit Möglichkeit der Kenntnisnahme, die spätestens dann bestehe, sobald die Dimensionen der (bewilligungslosen) Baute für den Nachbarn sichtbar und die Baubewilligungspflicht für ihn somit erkennbar geworden sei, habe damit allerspätestens am 30. Juni 2017 geendet. Die erstmalige Intervention des Beschwerdeführers knapp zwei Jahre nach Fertigstellung der Baute sei damit offensichtlich verspätet erfolgt, weshalb auf den Antrag nicht einzutreten sei (angefochtener Entscheid, S. 6). 1.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Öffnung einer 2. Benutzerachse mit Bau einer 35 stufigen Treppe und Einlage von Trittsteinen in den G sei aus baulicher Sicht nicht beendet. Die Einhaltung einer dreimonatigen Frist für den Beschwerdeführer sei deshalb illusorisch und nicht richtig und dürfte auch für die Vorinstanz
nicht Grund für "Nichteintreten" resp. "Abweisung" sein. Die Verzögerung habe die Projektleitung selber verschuldet, die rechtliche Beurteilung fehle weiterhin (vgl. Beschwerde, S. 11 f.).
-7-
2. 2.1. Nach der Rechtsprechung kann, wer als Nachbar im Sinne von § 42 lit. a VRPG von einem Bau- Nutzungsvorhaben betroffen ist, seinen Rechtsschutzanspruch selbst bei eigenmächtigem Vorgehen des Bauherrn später noch durchsetzen. Die Geltendmachung dieses Anspruchs ist jedoch an Fristen gebunden, namentlich aus der Überlegung heraus, dass der Rechtsuchende auch im Rechtsmittelverfahren auf befristete Rechtsmittel verwiesen ist (vgl. AGVE 2015, S. 430, Erw. 4.4.1; 1994, S. 364, Erw. 1b/aa; Entscheid des Verwaltungsgerichts WBE.2018.394 vom 23. April 2019, Erw. II/2.6). Liegt keine Baubewilligung vor, hat die Intervention des Betroffenen innert nützlicher Frist zu erfolgen (vgl. AGVE 2015, S. 430, Erw. 4.4.1; 1994, S. 364, Erw. 1b/aa). Die frühere Rechtsprechung zog in solchen Situationen die (damals) ordentliche Beschwerdefrist von 20 Tagen heran (§ 40 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 9. Juli 1968 [aVRPG]); diese begann mit der Kenntnis vom Bauvorhaben bzw. der Möglichkeit der Kenntnisnahme zu laufen (vgl. AGVE 1994, S. 364, Erw. 1b/aa; 1988, S. 396, Erw. 2c/cc, je mit Hinweisen). Im Vergleich dazu konnte ein Dritter, welcher gemäss § 27 lit. b aVRPG zu Unrecht nicht in ein (Baubewilligungs-)Verfahren einbezogen worden war welchem ein Entscheid zu Unrecht nicht eröffnet worden war, gemäss § 28 aVRPG (heute § 66 Abs. 1 VRPG) innert einer Frist von drei Monaten bei der Baubewilligungsbehörde ein Wiederaufnahmebegehren stellen (vgl. AGVE 1988, S. 396, Erw. 2c/dd/bbb). Damit verbunden war eine gewisse Besserstellung eines eigenmächtigen, ohne Baubewilligung handelnden Bauherrn gegenüber demjenigen, welcher ein Bewilligungsverfahren durchlaufen hatte, das mit einem bestimmten Verfahrensfehler behaftet war. Diese unerwünschte Privilegierung des eigenmächtigen Bauherrn veranlasste die Rechtsprechung zu einer Änderung hinsichtlich der nützlichen Frist (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts WBE.2018.394 vom 23. April 2019, Erw. II/2.6). Nach der geltenden Rechtsprechung hat der Nachbar auch in den Fällen eigenmächtigen Vorgehens des Bauherrn innert drei Monaten zu intervenieren, seit er vom Bauvorhaben Kenntnis nehmen konnte, d.h. seit er Kenntnis genommen hat bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätten nehmen können (vgl. AGVE 2015, S. 430, Erw. 4.4.2; Entscheide
des Verwaltungsgerichts WBE.2018.394 vom 23. April 2019, Erw. II/2.6, WBE.2003.287 vom 30. März 2005, Erw. II/2b/aa). Hierzu muss der betroffene Nachbar nicht mit einem förmlichen Begehren an den Gemeinderat gelangen; es genügt eine formlose Intervention beim Bauherrn (vgl. AGVE 2015, S. 430, Erw. 4.4.3; Entscheid des Verwaltungsgerichts WBE.2018.394 vom 23. April 2019, Erw. II/2.6).
-8-
2.2. Der Beschwerdeführer wirft dem BVU vor, baubewilligungspflichtige Bauten bzw. Anlagen erstellt zu haben, die in den öffentlich aufgelegten und vom Regierungsrat am 18. Dezember 2013 bewilligten Plänen nicht enthalten gewesen seien. Er macht insoweit geltend, für die Bauten bzw. Anlagen liege keine Bewilligung bzw. Genehmigung vor. Unter diesen Umständen ist ein förmliches Wiederaufnahmebegehren im Sinne von § 65 VRPG nicht erforderlich, es genügt, wenn der Beschwerdeführer innert drei Monaten, seit er vom Bauvorhaben Kenntnis nehmen konnte, beim Bauherrn interveniert hat. Dass diese dreimonatige Frist klarerweise nicht eingehalten wurde, legte bereits die Vorinstanz dar. Die vorinstanzliche Feststellung, dass die Treppe mit Trittstein in der heutigen Form seit spätestens März 2017 besteht, ist unbestritten. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, dass der erste nachweisliche Kontakt bezüglich der fraglichen Treppe mit Trittstein bzw. mit dem Vorbringen, dass diese unrechtmässig sei, in Form eines Schreibens an den Gemeinderat vom 4. Januar 2021 erfolgte. Zuvor war im Februar 2019 eine erste telefonische Kontaktnahme mit dem BVU, Abteilung Landschaft und Gewässer, erfolgt (angefochtener Entscheid, S. 6). Diese tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz werden vom Beschwerdeführer nicht bestritten, weshalb kein Anlass besteht, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Die Treppe mit Trittstein besteht in der heutigen Form somit seit spätestens März 2017. Seit dann sind die Dimensionen der (bewilligungslosen) Baute bzw. Anlage für den Nachbarn sichtbar und die Baubewilligungspflicht war für ihn erkennbar. Entsprechend der dargelegten Rechtsprechung (Erw. II/2.1) hatte der Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt (März 2017) drei Monate Zeit, um zu intervenieren. Diese Frist endete wie die Vorinstanz richtig festhielt spätestens am 30. Juni 2017. Indem der Beschwerdeführer jedoch nach der Fertigstellung der Baute bzw. Anlage knapp zwei Jahre zuwartete, bevor er erstmals intervenierte, erfolgte die Intervention klar verspätet, weshalb die Vorinstanz auf den Antrag des Beschwerdeführers zurecht nicht eintrat. Die Beschwerde erweist sich insoweit als unbegründet. 3. Demgemäss ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. III. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (§ 31 Abs. 2 VRPG). Parteikosten sind keine zu ersetzen (§ 32 Abs. 2 VRPG).
-9-
Das Verwaltungsgericht erkennt: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 2. Die verwaltungsgerichtlichen Verfahrenskosten, bestehend aus einer Staatsgebühr von Fr. 1'000.00 sowie der Kanzleigebühr und den Auslagen von Fr. 136.00, gesamthaft Fr. 1'136.00, sind vom Beschwerdeführer zu bezahlen. 3. Es werden keine Parteikosten ersetzt.
Zustellung an: den Beschwerdeführer den Regierungsrat Mitteilung an: das Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung Landschaft und Gewässer den Gemeinderat S.
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten Dieser Entscheid kann wegen Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht, kantonalen verfassungsmässigen Rechten sowie interkantonalem Recht innert 30 Tagen seit der Zustellung mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, angefochten werden. Die Frist steht still vom 7. Tag vor bis und mit 7. Tag nach Ostern, vom 15. Juli bis und mit 15. August und vom 18. Dezember bis und mit 2. Januar. Die unterzeichnete Beschwerde muss das Begehren, wie der Entscheid zu ändern sei, sowie in gedrängter Form die Begründung, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt, mit Angabe der Beweismittel enthalten. Der angefochtene Entscheid und als Beweismittel angerufene Urkunden sind beizulegen (Art. 82 ff. des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110]).
- 10 -
Aarau, 13. Oktober 2022 Verwaltungsgericht des Kantons Aargau 3. Kammer Vorsitz: Gerichtsschreiber:
Winkler
Wildi
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.