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Urteil Verwaltungsgericht 3. Kammer (AG - AG WBE.2022.26)

Zusammenfassung des Urteils AG WBE.2022.26: Verwaltungsgericht 3. Kammer

Die A. AG hat eine Baubewilligung für eine Pergola-Markise auf der Attika-Dachterrasse beantragt, die vom Gemeinderat X. abgelehnt wurde. Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt wies die Beschwerde der A. AG ab und legte die Kosten für das Verfahren ihr auf. Die A. AG reichte eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein, die jedoch ebenfalls abgewiesen wurde. Das Gericht entschied, dass die Pergola-Markise nicht bewilligungsfähig sei und angeordnet werden müsse, zurückgebaut zu werden. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die Markise nach der revidierten Bau- und Nutzungsordnung bewilligungsfähig sein würde, was jedoch nicht als ausreichender Grund angesehen wurde, den Rückbau aufzuschieben. Die Verhältnismässigkeit des Rückbaus wurde geprüft und die Beseitigung des nicht bewilligungsfähigen Bauteils als gerechtfertigt angesehen. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und die Kosten des Verfahrens wurden der Beschwerdeführerin auferlegt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AG WBE.2022.26

Kanton:AG
Fallnummer:AG WBE.2022.26
Instanz:Verwaltungsgericht 3. Kammer
Abteilung:-
Verwaltungsgericht 3. Kammer Entscheid AG WBE.2022.26 vom 21.11.2022 (AG)
Datum:21.11.2022
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Recht; Verwaltung; Verwaltungsgericht; Markise; Entscheid; Baute; Gemeinde; Pergola-Markise; Verfahren; Attikageschoss; Bauteil; Sonnenschutz; Vorinstanz; Gemeinderat; Verfahrens; Sistierung; Interesse; Beseitigung; Konstruktion; Terrasse; Rechtsabteilung; Attikageschosses; ABauV; Augenschein
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:136 I 142; 136 II 359; 141 I 60;
Kommentar:
-, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Aargau, 2013

Entscheid des Verwaltungsgerichts AG WBE.2022.26

AG WBE.2022.26

WBE.2022.26 / sr / jb (BVURA.21.371) Art. 123

Urteil vom 21. November 2022

Besetzung

Verwaltungsrichter Winkler, Vorsitz Verwaltungsrichterin Lang Verwaltungsrichter Leibundgut Gerichtsschreiberin Ruchti

Beschwerdeführerin

A._____ AG vertreten durch MLaw Michael Ritter, Rechtsanwalt, Bachstrasse 10, Postfach 250, 4313 Möhlin gegen Gemeinderat X._____ Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Rechtsabteilung, Entfelderstrasse 22, Buchenhof, 5001 Aarau

Gegenstand

Beschwerdeverfahren betreffend Baubewilligung Entscheid des Departements Bau, Verkehr und Umwelt vom 20. Dezember 2021

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Das Verwaltungsgericht entnimmt den Akten: A. An der Sitzung vom 10. Mai 2021 wies der Gemeinderat X. das nachträgliche Baugesuch der am Z-Weg 2 in X. domizilierten A. AG für eine Pergola-Markise auf der Attika-Dachterrasse des Wohnhauses auf der Parzelle Nr. aaa ab und ordnete deren kompletten Rückbau innerhalb einer Frist von 40 Tagen ab Rechtskraft des Entscheids an. B. Auf die dagegen erhobene Beschwerde der A. AG entschied das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU), Rechtsabteilung, am 20. Dezember 2021: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens, bestehend aus einer Staatsgebühr von Fr. 1'500.­ sowie der Kanzleigebühr und den Auslagen von Fr. 209.­, insgesamt Fr. 1'709.­, werden der Beschwerdeführerin A. AG auferlegt. 3. Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.

C. 1. Gegen diesen Entscheid liess die A. AG am 28. Januar 2022 eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht einreichen, mit den Anträgen: 1. Der Entscheid des Departements Bau, Verkehr und Umwelt BVURA.21.371 vom 20. Dezember 2021 sei aufzuheben und es sei der Beschwerdeführerin die nachträgliche Baubewilligung für die Erstellung einer Pergolamarkise auf der Dachterrasse der Liegenschaft Z-Weg 2 (Parz. aaa) in X. (Baugesuch 1207) zu erteilen. 2. Eventualiter sei der Entscheid des Departements Bau, Verkehr und Umwelt BVURA.21.371 vom 20. Dezember 2021 aufzuheben und die Angelegenheit sei mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz die Erstinstanz zurückzuweisen. 3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt.) zu Lasten der Erstinstanz/Beschwerdegegner.

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Verfahrensantrag 4. Das vorliegende Verfahren sei bis zum rechtskräftigen Abschluss der BNO-Revision der Gemeinde X. zu sistieren.

2. Mit Beschwerdeantworten vom 25. Februar 2022 und 24. März 2022 beantragten der Gemeinderat X. und das BVU, Rechtsabteilung, je die kostenfällige Abweisung der Beschwerde. Ausserdem widersetzten sich der Gemeinderat und das BVU dem Sistierungsantrag der Beschwerdeführerin. 3. In der Replik vom 13. Juli 2022 bekräftigte die Beschwerdeführerin ihren Standpunkt. 4. Weder der Gemeinderat X. noch das BVU, Rechtsabteilung, reichten eine Duplik ein. D. Das Verwaltungsgericht hat den Fall am 21. November 2022 beraten und entschieden.

Das Verwaltungsgericht zieht in Erwägung: I. 1. Gegen letztinstanzliche Entscheide der Verwaltungsbehörden ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (§ 54 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 4. Dezember 2007 [VRPG; SAR 271.200]). Das gilt auch in Bausachen (vgl. § 61 Abs. 3 der Bauverordnung vom 25. Mai 2011 [BauV; SAR 713.121]). Der angefochtene Entscheid des BVU, Rechtsabteilung, ist verwaltungsintern letztinstanzlich (§ 50 Abs. 2 VRPG i.V.m. § 9 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 der Verordnung über die Delegation von Kompetenzen des Regierungsrats vom 10. April 2013 [Delegationsverordnung, DelV; SAR 153.113]). Das Verwaltungsgericht ist somit für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig. 2. Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten.

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3. 3.1. Den von ihr gestellten Sistierungsantrag begründet die Beschwerdeführerin damit, dass in der Gemeinde X. derzeit eine Gesamtrevision der Nutzungsplanung im Gange sei. Im Unterschied zur geltenden Bau- und Nutzungsordnung (BNO) der Gemeinde X. vom 10. Juni 2010 sehe der Entwurf der revidierten BNO keine Beschränkung der Geschosszahlen mehr vor. Nach der revidierten BNO wäre die streitgegenständliche Pergola-Markise (in der neuen Zone Wa ohne Geschosszahlbeschränkung) bewilligungsfähig. Entsprechend habe die Erstinstanz der Beschwerdeführerin angeraten, die Pergola-Markise zu demontieren und für eine spätere Wiederverwendung aufzubewahren. Der Entwurf der revidierten BNO befinde sich aktuell im Stadium der Vorprüfung beim Kanton. Gemäss Auskunft des kommunalen Bauverwalters sei mit einer Verabschiedung derselben durch die Gemeindeversammlung im vierten Quartal 2022 zu rechnen. Im Lichte des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes und angesichts der mit einer Demontage und dem Wiederaufbau der Pergola-Markise verbundenen Kosten sei es nicht angezeigt, das vorliegende Verfahren fortzusetzen, solange die laufende BNO-Revision nicht abgeschlossen sei. Vielmehr rechtfertige es sich in Erwartung eines baldigen Abschlusses der Revision und aufgrund der erheblichen Kosten für die Demontage und den Wiederaufbau der Pergola-Markise sowie für ein neues Baubewilligungsverfahren das vorliegende Verfahren zu sistieren. 3.2. Der Gemeinderat X. und das BVU, Rechtsabteilung, stellen sich demgegenüber auf den Standpunkt, es sei noch nicht sicher, wann die revidierte BNO in Kraft treten und ob die Pergola-Markise danach bewilligungsfähig sein werde. Der Gemeinderat weist darauf hin, dass es im weiteren Planungsverlauf hinsichtlich der Beschränkung der Geschosszahlen noch zu Änderungen kommen könnte. Verschiedene Parteien hätten diesbezüglich ihre Bedenken angemeldet. Die öffentliche Auflage der revidierten Planungsinstrumente sei noch nicht erfolgt. Es sei deshalb noch offen, ob die Vorlage tatsächlich an der Winter-Gemeindeversammlung zur Abstimmung gelange. Die Rechtsabteilung hält die Ankündigung einer Beschlussfassung durch die Gemeindeversammlung noch in diesem Jahr für sehr ambitioniert. Mit Rücksicht auf mögliche Einwendungen und Beschwerden könnten zwischen der abschliessenden Vorprüfung des Entwurfs und

der rechtskräftigen Genehmigung der revidierten BNO noch Jahre vergehen. Dass die im Entwurf vorgesehenen Bestimmungen dereinst in Rechtskraft erwachsen würden, sei keineswegs klar. In Anbetracht dessen erscheine eine Sistierung des Verfahrens und ein Aufschub des Rückbaus der Pergola-Markise nicht angebracht, zumal ein Rückbau nicht die Zerstörung der von der Beschwerdeführerin getätigten Investitionen zur Folge hätte, wenn die Pergola-Markise dereinst wiederaufgebaut werden könnte. Der Zusatz-

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aufwand würde sich im Wesentlichen auf die Demontage und die Zwischenlagerung der eigenmächtig montierten Bauteile beschränken, was das Interesse an einer Sistierung des vorliegenden Verfahrens merklich relativiere. 3.3. Für eine Sistierung können vor allem verfahrensökonomische Gründe sprechen; sie kann sich namentlich dann aufdrängen, wenn der Entscheid vom Ergebnis eines anderen hängigen Verfahrens abhängt. So wäre es beispielsweise wenig sinnvoll, ohne Verzug den Rückbau einer Baute anzuordnen, wenn zu erwarten ist, dass diese auf Grund einer sich konkret und in naher Zukunft abzeichnenden Rechtsänderung nachträglich bewilligt werden kann. Auch eine bevorstehende Rechtsänderung kann Anlass für eine Verfahrenssistierung sein. Die neuen Vorschriften müssen aber beschlossen zumindest aufgelegt worden sein, um eine Sistierung zu rechtfertigen. Vage Aussichten auf eine Rechtsänderung genügen nicht. Ebenso wenig darf sistiert werden, wenn eine Rechtsänderung zwar beabsichtigt, ihr Inhalt aber noch unbestimmt der Zeitpunkt des Inkrafttretens nicht absehbar ist (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts WBE.2011.156 vom 30. März 2012, Erw. I/5.2; MICHEL DAUM, in: Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, 2. Auflage, Art. 38 N 17 mit Hinweisen; ferner: MARTIN BERTSCHI/KASPAR PLÜSS, in: ALAIN GRIFFEL [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2014, Vorbemerkungen zu §§ 4­31 N 42, welche festhalten, eine zu erwartende notwendige Rechtsänderung rechtfertige eine Sistierung grundsätzlich nicht). Gegen eine Sistierung lässt sich regelmässig die damit verbundene Verlängerung der Verfahrensdauer anführen, die privaten öffentlichen Interessen zuwiderlaufen kann (vgl. Aargauische Gerichts- und Verwaltungsentscheide [AGVE] 1999, S. 145 f. mit Hinweisen; vgl. zum Ganzen Entscheid des Verwaltungsgerichts WBE.2020.236 vom 9. Dezember 2020, Erw. I/2.3). Die revidierte BNO wird derzeit durch den Kanton vorgeprüft. Im Stadium vor der öffentlichen Planauflage muss weiterhin kalkuliert werden, dass Einwendungen gegen die revidierte BNO sowie anschliessend Rechtsmittel gegen deren Beschluss durch die Gemeindeversammlung erhoben werden, die zumindest das Potenzial haben, das Inkrafttreten der neuen BNO um

Monate, wenn nicht sogar Jahre zu verzögern, selbst wenn die geplante Aufhebung der Beschränkung der Geschosszahlen unter anderem in der Wohnzone Wa an sich unbestritten wäre, was aber gemäss den Ausführungen des Gemeinderats nicht der Fall zu sein scheint. Insofern sind der genaue Inhalt der neuen BNO und das Datum ihres Inkrafttretens zurzeit noch zu ungewiss, um das vorliegende Verfahren über einen längeren Zeitraum pendent zu halten. Unter den gegebenen Umständen spricht schon

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das Beschleunigungsgebot gegen eine Sistierung des vorliegenden Verfahrens. Hinzu kommt, dass mit der Vorinstanz von einer vergleichsweise einfachen, nicht überaus zeit- und kostenaufwendigen De- und Remontage der streitigen Bauteile auszugehen ist. Die gegenteiligen Ausführungen der Beschwerdeführerin in der Replik (S. 3) überzeugen nicht. Immerhin handelt es sich nach den Produkteangaben (zum Modell Pergolino P3600) des Anbieters STOBAG AG um eine sehr schlanke Metallkonstruktion, die sich mittels Konsolen bzw. Fussplatten an der Gebäudewand bzw. am Terrassenboden verschrauben lässt. Das von der Beschwerdeführerin beauftragte Montageunternehmen veranschlagte für die Montage in der Offerte vom 22. September 2020 acht (vier mal zwei) Manntage zu einem Preis von Fr. 7'500.00 (die nicht ein zweites Mal anfallende Ausmessung, Lieferung sowie Demontage und Entsorgung von Material eingeschlossen). Auch wird von der Beschwerdeführerin nicht näher dargelegt, weshalb es bei einer De- und Remontage mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu einer Beschädigung der Konstruktion kommen sollte. Der mit der Demontage und einer allfälligen Zweitinstallation verbundene Zeit- und Kostenaufwand, den sich die Beschwerdeführerin durch ihr eigenmächtiges Vorgehen im Übrigen selbst zuzuschreiben hat, erscheint dem Verwaltungsgericht nicht derart hoch, dass der Beschwerdeführerin ein solcher mit Blick auf die noch ungewisse, frühestens mittelfristig realisierbare Möglichkeit zum Wiederaufbau nicht zuzumuten wäre, die Kosten eines weiteren Baubewilligungsverfahrens mitberücksichtigt. Aus den dargelegten Gründen ist das von der Beschwerdeführerin gestellte Sistierungsbegehren abzuweisen. 4. Mit der Beschwerde an das Verwaltungsgericht können die unrichtige unvollständige Feststellung des Sachverhalts sowie Rechtsverletzungen gerügt werden (§ 55 Abs. 1 VRPG). Die Kontrolle der Angemessenheit ist dagegen ausgeschlossen (Umkehrschluss aus § 55 Abs. 3 VRPG). II. 1. Die streitbetroffene Parzelle Nr. aaa liegt in der Wohnzone 2 (W2) der Gemeinde X., wo gemäss § 5 Abs. 1 BNO zwei Vollgeschosse zulässig sind. Das sich darauf befindliche Wohnhaus weist zwei Vollgeschosse und ein zusätzliches Attikageschoss auf. Auf der Terrasse des Attikageschosses liess die Beschwerdeführerin die hier streitige Pergola-Markise als Beschattungsanlage

montieren. Diese besteht aus drei aneinandergereihten identischen Metallgerüsten aus mehreren vertikalen Stützen, horizontalen Streben sowie leicht geneigten Dachführungsschienen, über welche die drei an der Hauswand montierten Horizontalmarkisen ein- und ausgefahren werden. Auf der Nord- und Westseite ist das Metallgerüst zudem mit Vertikalmarkisen bestückt. Die gesamte Beschattungsanlage deckt praktisch

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die volle Attikaterrassenfläche von rund 85 m2 ab und ist auf der Nord- und Westseite über die ganze Länge (beinahe) fassadenbündig. Im vorinstanzlichen Verfahren erklärte sich die Beschwerdeführerin bereit, die Vertikalmarkisen zu entfernen. An der Bewilligungsfähigkeit der restlichen Konstruktion hält sie jedoch fest. Deren Bewilligungsfähigkeit ist unter dem Blickwinkel des nach § 64 Abs. 1 BauV übergangsrechtlich anwendbaren § 16a Abs. 2 der per 1. September 2011 aufgehobenen Allgemeinen Verordnung zum Baugesetz vom 1. April 1994 (ABauV; SAR 713.111) zu beurteilen. Danach müssen auf der Ebene des Attikageschosses alle Bauteile mit Ausnahme von Dachvorsprüngen innerhalb der möglichen (reduzierten) Grundfläche liegen, die höchstens einem Geschoss entspricht, welches auf den Längsseiten um das Mass der Höhe von der Fassade des darunterliegenden Vollgeschosses zurückversetzt ist. 2. 2.1. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, bei der Pergola-Markise (ohne Vertikalmarkisen) handle es sich nicht um ein Bauteil, das gemäss § 16a Abs. 2 ABauV innerhalb der reduzierten Attikageschossfläche liegen müsse. Für die Qualifikation als Bauteil im Sinne dieser Bestimmung sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts (AGVE 2014, S. 181 ff.) entscheidend, ob die Beschattungsanlage eine erweiterte Nutzung der Terrassenfläche zulasse und der überdachte Bereich auch bei schlechtem Wetter genutzt werden könne. Unabhängig von der Grösse der Konstruktion sei somit massgebend, ob diese gegen Wind und Wetter schütze und das Attikageschoss dadurch eine zusätzliche Nutzung erfahre. Das sei hier nicht der Fall. Hätten die Vorinstanz und die Erstinstanz den von der Beschwerdeführerin beantragten Augenschein durchgeführt und die Unterlagen richtig geprüft, hätten sie erkennen müssen, dass die Markisenkonstruktion in keiner Weise die Nutzung des Attikageschosses verändere. Die Liegenschaft befinde sich an einer extrem sonnenexponierten Lage. Aufgrund der intensiven Sonneneinstrahlung (an einem Westhang) könne die Attikaterrasse bei Sonnenschein überhaupt nur mit einer Beschattungsanlage von der in Frage stehenden Art benutzt werden. Den Baugesuchsunterlagen sei zu entnehmen, dass die Pergola-Markise einzig dem Sonnenschutz diene. Die tragende Metallkonstruktion sei zu wenig massiv für Überdachungsmaterialien,

die darüber hinaus einem allgemeinen Witterungsschutz dienten. Der konkret verwendete Stoffbezug ermögliche keine ständige Nutzung bei Wind und Wetter. Vielmehr sei die Beschwerdeführerin gehalten, die Horizontalmarkisen bei aufkommendem Wind und Regen einzuziehen, ansonsten der leichten Metallkonstruktion Schaden drohe. Ein Verweilen unter der Pergola-Markise auch bei nur leichtem Regenschauer sei unter diesen Umständen undenkbar, ebenso bei Wind mit der von der Vorinstanz

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angenommenen Windstärke. Die Markise biete nicht einmal Schutz gegen mässigen Wind. Dies alles hätte bei einem Augenschein und einer korrekten Würdigung der Baugesuchsakten festgestellt werden können. Durch die Verweigerung des Augenscheins habe die Vorinstanz den Sachverhalt unvollständig festgestellt. Das Verwaltungsgericht könne sich bei einem eigenen Augenschein davon vergewissern, dass die Pergola-Markise nicht mehr als Sonnenschutz bewirke und daher keine erweiterte Nutzung ausserhalb der reduzierten Attikagrundfläche erlaube. 2.2. Im von der Beschwerdeführerin erwähnten und bereits von der Vorinstanz zitierten, in der AGVE (2014, S. 181 ff.) publizierten Entscheid WBE.2014.199 vom 12. Dezember 2014, Erw. II/2.4.1, stellte das Verwaltungsgericht vorab darauf ab, dass die dortige Konstruktion einer Sonnenschutzanlage auf der Attikageschossterrasse (aus einer an der Brüstung befestigten Metallstütze und einem darauf aufliegenden Metallrahmen mit zwei Führungsschienen, an denen sich die ausziehbare Stoffmarkise nach Bedarf aus- und einfahren lässt) länger ausgefahren und ungünstigen Witterungsverhältnissen ausgesetzt bleiben kann als eine Gelenkarm-Sonnenmarkise mit vergleichbarer Ausladung. Auch wenn die Konstruktion ichrem Zweck entsprechend in erster Linie vor Sonneneinstrahlung schütze, könne sie aufgrund des verwendeten Acryl-Tuchstoffs, der für eine gewisse Zeit wasserabweisend sei, auch vor leichtem Regenschauer Schutz bieten. Ferner berücksichtigte das Verwaltungsgericht, dass der Markisenstoff im Rahmen des normalen Unterhalts problemlos durch einen anderen (noch witterungsbeständigeren) Stoff sogar absolut wasserdichte Horizontal-Faltstoren ersetzt werden könnte, die den Wasserablauf garantierten und sich praktisch in jede Rahmenkonstruktion einbauen liessen. Es würde die Baubehörden vor erhebliche Kontroll- und Vollzugsprobleme stellen, wenn sie periodisch sämtliche Sonnenschutzkonstruktionen auf die verwendeten Überdachungsmaterialien überprüfen und sich mit jedem einzelnen Produkt im Detail auseinandersetzen müssten. Insofern seien auch alternative Nutzungsmöglichkeiten in die Betrachtung miteinzubeziehen. Es treffe zwar zu, dass sich die Konstruktion nicht als fixes Allwetterdach präsentiere, jedoch im Vergleich zu einer Gelenkarm-Markise einen weitergehenden Schutz biete

und mit relativ wenig Aufwand noch wetterresistenter gemacht werden könne. Die Schutzwirkung sei näher bei einem Vordach einem Zelt einzustufen als bei einem Rankgerüst (mit Blätterdach), dem das Verwaltungsgericht in einem früheren Entscheid (WBE.2006.90 vom 20. Dezember 2006) die Qualität als Bauteil im Sinne von § 16a Abs. 2 ABauV abgesprochen hatte. Vor diesem Hintergrund stützte das Verwaltungsgericht den Entscheid der Vorinstanz, welche die fragliche Sonnenschutzanlage als Bauteil gemäss § 16a Abs. 2 ABauV qualifizierte, das aufgrund der damit gewährleisteten erweiterten Nutzung der überdeckten Fläche innerhalb der Attikagrundfläche liegen müsste, was nicht der Fall war,

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da die zulässige Grundfläche bereits durch den Wohnungsgrundriss ausgeschöpft war. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin waren jedoch für das Verwaltungsgericht im Entscheid AGVE 2014, S. 181 ff., für die Qualifikation der Sonnenschutzkonstruktion als Bauteil im Sinne von § 16a Abs. 2 ABauV, nicht nur die erweiterten Nutzungsmöglichkeiten der überdeckten Fläche allein ausschlaggebend. Zusätzlich war für das Verwaltungsgericht das optische Erscheinungsbild von Bedeutung. In diesem Zusammenhang wurde (in Erw. II/2.4.2) darauf hingewiesen, dass die fest montierte massive Metallkonstruktion ­ auch wenn die Markise eingefahren sei ­ im Unterschied zu einem Rankgerüst ganzjährig gut sichtbar sei und das Aussehen des Attikageschosses, bei dem es auch auf den optischen Eindruck eines volumenreduzierten Geschosses ankomme, verändere, indem es volumenerweiternd wirke. 2.3. Die im vorliegenden Fall zu beurteilende Beschattungs- Sonnenschutzanlage unterscheidet sich hinsichtlich der erweiterten Nutzungsmöglichkeiten der überdeckten Fläche und des optischen Erscheinungsbilds der Anlage nicht wesentlich von derjenigen, welche dem oben angeführten, in der AGVE publizierten Entscheid des Verwaltungsgerichts zugrunde lag. Die Einschätzung der Vorinstanz, die Pergola-Markise stelle aufgrund der fest montierten, massiven Metallstützen ein Bauteil dar, welches zu einer Volumenerweiterung des Attikageschosses führe und dessen Aussehen erheblich verändere, ist aus Sicht des Verwaltungsgerichts zutreffend. Gefolgt werden kann überdies der Argumentation des Gemeinderats X., wonach die praktisch fassadenbündig angeordnete, die gesamte Terrasse überspannende Metallkonstruktion die Silhouette des Wohnhauses erheblich verändere und den Charakter des zurückversetzten, verkleinerten Attikageschosses beeinträchtige, wobei der Effekt bei ausgefahrenen Storen noch einmal verstärkt werde. Das bestätigt ein Blick in die Baugesuchsakten mit den darin enthaltenen Plänen und Fotos der Sonnenschutzanlage (Vorakten, act. 31). An dem aus diesen Unterlagen gewonnenen und gut dokumentierten optischen Eindruck vermöchte auch ein Augenschein vor Ort nichts zu ändern. Entsprechend kann in zulässiger antizipierter Beweiswürdigung von einem Augenschein vor Ort abgesehen werden und die Vorinstanz braucht sich wegen des Verzichts

auf einen Augenschein keine unvollständige Feststellung des Sachverhalts vorwerfen zu lassen (vgl. zur Zulässigkeit antizipierter Beweiswürdigung in Fällen, in denen sich ein Gericht seine Überzeugung aufgrund bereits abgenommener Beweise gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde, statt vieler: BGE 141 I 60, Erw. 3.2 und das Urteil des Bundesgerichts 1C_113/2021 vom 1. September 2022, Erw. 3.1).

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Was die erweiterten Nutzungsmöglichkeiten anbelangt, geht aus der sich ebenfalls bei den Baugesuchsakten befindlichen Offerte der C. AG vom 22. September 2020 hervor, dass sich die Beschwerdeführerin für das Modell "Pergolino P3600" der STOBAG AG entschieden hat. Auf ihrer Homepage (siehe https://www.stobag.com/ch/de/produkte/terrasse-undueberdachung/pergola/pergolino) wirbt die Herstellerin dieser Terrassenmarkise damit, dass das Sonnensegel nicht nur vor UV-Strahlung schütze, sondern das dichte Polyestermaterial das hochwertige RESISTANT-Gewebe auch absolut regenfest mache. So könne man länger draussen bleiben. Auf Wunsch sei auch ein speziell wasserabweichendes Tuch erhältlich, das vor Regen schützt, wenn es die entsprechende Neigung zulässt. Eine Wasserrinne für das seitliche Abfliessen des Regenwassers ist gemäss Produkteflyer schon in die Metallkonstruktion integriert. Es trifft somit nicht zu, dass die gewählte Konstruktion ausschliesslich Sonnenschutz bietet und keine wenigstens einigermassen regenfeste Bedachung ermöglicht. Im Ausschreibungstext zum Pergolino P3600 heisst es, die motorisierte Terrassenbeschattung mit Polyacryl-Bespannung sei farbbeständig, gewährleiste einen sehr hohen UV-Schutz, eine gute Reissfestigkeit und sei je nach Gewebe wasser- und schmutzabweisend. Bei vollständig ausgefahrenem und arretiertem Tuch sei die Gesamtkonstruktion bis zur Windwiderstandsklasse 3 ausgelegt, was der Windstärke 6 gemäss BeaufortSkala und damit einer Windgeschwindigkeit von 39­49 km/h (starker Wind) entspricht. Bei der bestehenden Neigung der Führungsschienen von 11,5% (0,65 m:5.65 m) 6.56 Grad kann die Konstruktion der Beschwerdeführerin zwar nicht mit dem speziell vor Regen schützenden, vollständig wasserabweisenden Tuch bespannt werden. Doch dürfte es ein Leichtes sein, die Neigung auf die dafür erforderlichen 8 Grad zu erhöhen. Und selbst wenn sich eine solche nachträgliche Änderung ausschliessen höchstens mit gesteigertem Aufwand realisieren liesse, ist die derzeitige Sonnenschutzkonstruktion zumindest geeignet, ein Verweilen auf der Terrasse auch bei leichten Regenschauern und bei mehr als nur mässigem Wind zu ermöglichen. Für eine Überprüfung der Richtigkeit der Herstellerangaben anhand eines Augenscheins sieht das Verwaltungsgericht wiederum keinen Bedarf, zumal der

insoweit vage und unsubstanziierte Vortrag der Beschwerdeführerin keine diesbezüglichen Zweifel aufkommen lässt. Unter diesen Vorzeichen ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz von einer erhöhten Schutzwirkung der Sonnenschutzkonstruktion im Vergleich zu herkömmlichen Gelenkarm-Markisen und damit in Nachachtung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (AGVE 2014, S. 181 ff.) von erweiterten Nutzungsmöglichkeiten der überdeckten Fläche ausging und die Konstruktion, die zudem eine optische Volumenerweiterung des Attikageschosses bewirkt, als ausserhalb der Attikagrundfläche unzulässiges Bauteil gemäss § 16a Abs. 2 ABauV wertete. Eine ganzjährige Nutzbarkeit der

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überdeckten Fläche ist dafür nicht erforderlich. Die Nutzbarkeit der Attikageschossterrasse an Tagen mit intensiver Sonneneinstrahlung könnte im Übrigen auch durch weniger stabile, tatsächlich auf den reinen Sonnenschutz beschränkte Beschattungsanlagen (Gelenkarm-Markisen, Sonnenschirme) bewerkstelligt werden. Die gegenteilige Darstellung der Beschwerdeführerin in der Replik, wonach diverse anderen geprüften Beschattungen unzureichend gewesen seien, ist nicht nachvollziehbar. Es besteht entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin kein Anspruch darauf, dass die gesamte Terrassenfläche jederzeit und zu allen Witterungsbedingungen voll nutzbar ist. 2.4. Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass die Pergola-Markise als Bauteil gemäss § 16a Abs. 2 ABauV, welches die reduzierte Attikagrundfläche überschreitet, nicht bewilligungsfähig ist. Zu prüfen bleibt, ob der von der Vorinstanz geschützten Rückbauanordnung des Gemeinderats X. Verhältnismässigkeitsgründe entgegenstehen. 3. 3.1. Wird durch die Errichtung von Bauten Anlagen ohne Bewilligung, unter Verletzung einer solchen auf andere Weise ein unrechtmässiger Zustand geschaffen, so können nach § 159 Abs. 1 BauG die Einstellung der Arbeiten, die Einreichung eines Baugesuchs sowie die Herstellung des rechtmässigen Zustands, insbesondere die Beseitigung Änderung der rechtswidrigen Bauten Anlagen, angeordnet werden. Die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands muss mit den Grundsätzen der Verhältnismässigkeit, der Rechtsgleichheit und des Gutglaubensschutzes vereinbar sein. So kann der Abbruch die Abänderung der rechtswidrig erstellten Baute unterbleiben, wenn die Abweichung vom Erlaubten nur unbedeutend ist der Abbruch nicht im öffentlichen Interesse liegt, ebenso wenn die Bauherrschaft in gutem Glauben angenommen hat, sie sei zur Bauausführung ermächtigt, und der Beibehaltung des rechtswidrigen Zustands nicht schwerwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Eine Berufung auf den guten Glauben fällt nur in Betracht, wenn der Bauherr bei zumutbarer Aufmerksamkeit und Sorgfalt annehmen durfte, er sei zur Bauausführung Nutzung berechtigt. Auf die Verhältnismässigkeit kann sich auch ein Bauherr berufen, der nicht gutgläubig gehandelt hat. Er muss aber in Kauf nehmen, dass die Behörden aus grundsätzlichen

Erwägungen, namentlich zum Schutz der Rechtsgleichheit und der baulichen Ordnung, dem Interesse an der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands erhöhtes Gewicht beimessen und die dem Bauherrn allenfalls erwachsenden Nachteile nicht nur in verringertem Masse berücksichtigen (vgl. BGE 136 II 359, Erw. 6.; 132 II 21, Erw. 6.4; 123 II 248, Erw. 4; 111 Ib 213, Erw. 6.; Urteile des Bundesgerichts 1C_771/2021 vom 12. Juli 2022, Erw. 2.2, und 1C_495/2020 vom 12. August 2021, Erw. 10.1; AGVE 2011,

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S. 125 f.; 2001, S. 279 f.; 2000, S. 262 f.; je mit Hinweisen). Schliesslich muss die festgesetzte Beseitigungs- bzw. Anpassungsfrist den Verhältnissen angemessen sein. Der Bauherrschaft ist ausreichend Zeit für den geordneten Vollzug der Entfernung bzw. Anpassung der Installationen und Bauteile einzuräumen (AGVE 2011, S. 126; 1994, S. 607). 3.2. 3.2.1. Im Zusammenhang mit dem Antrag auf Sistierung des vorliegenden Verfahrens (siehe dazu Erw. I/3 vorne) beruft sich die Beschwerdeführerin auf die Unverhältnismässigkeit der Beseitigungsanordnung im Lichte dessen, dass die Pergola-Markise nach der revidierten BNO bewilligungsfähig sein werde. 3.2.2. Auch im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung besteht die Pflicht, allfällige neue (zukünftige) Rechtsnormen, die geeignet sind, die rechtwidrige Baute Nutzung zu gestatten, einzubeziehen. Das neue Recht muss dabei in naher Zukunft in Kraft treten der Erlass der neuen Vorschriften muss mit grosser Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit stattfinden (ANDREAS BAUMANN, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Aargau, Bern 2013, § 159 N 16 mit Hinweisen). Es wäre wenig sinnvoll, ohne Verzug den Rückbau einer Baute anzuordnen, wenn zu erwarten ist, dass diese auf Grund einer sich konkret und in naher Zukunft abzeichnenden Rechtsänderung nachträglich bewilligt werden kann (siehe dazu schon die Ausführungen in Erw. I/3.3 vorne). Allerdings ist derzeit noch offen, wann und mit welchem Inhalt die revidierte BNO der Gemeinde X. in Kraft treten wird. Auch dazu kann auf die Ausführungen in Erw. I/3.3 vorne verwiesen werden. Mit einem Beschluss der Gemeindeversammlung über die revidierte BNO ist bestenfalls im Verlauf des Jahres 2023 zu rechnen. Dagegen ergriffene Rechtsmittel könnten das Inkrafttreten der neuen BNO noch weiter hinauszögern. Zudem muss veranschlagt werden, dass es beim anscheinend umstrittenen Verzicht auf eine Geschosszahlbeschränkung (in der neuen Wohnzone Wa) noch zu Änderungen kommen könnte. Bei dieser Ausgangslage könnte ein Aufschub der Beseitigung zu einer längerfristigen Duldung des rechtswidrigen Zustands führen, was aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtsgleichheit nicht hingenommen werden kann. Es verstiesse auch gegen das Legalitätsprinzip, da die Übergangsregelung von § 64 Abs. 1 BauV ausgehebelt würde. Künftiges Recht

kann grundsätzlich nicht positiv vorwirken (vgl. BGE 136 I 142, Erw. 3.2; 125 II 278, Erw. 3c; Urteile des Bundesgerichts 1C_588/2020 vom 25. November 2021, Erw. 5, und 5A_696/2017 vom 26. Juni 2018, Erw. 3.3.2; AGVE 1995, S. 555; 1992, S. 356 f.; 1991, S. 355; Entscheide des Verwaltungsgerichts WBE.2021.359 vom 1. Juni 2022, Erw. II/2.2.3, WBE.2019.110 vom 4. Dezember 2019, Erw. II/1.4,

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und WBE.2006.440 vom 28. August 2007, Erw. II/1.2; je mit Hinweisen). Bei einem gegenteiligen Entscheid würde ein rechtsstaatlich unerwünschter Anreiz für andere Bauherrschaften geschaffen, sich nicht an die geltenden Regelungen zu halten, um illegal erstellte Bauten noch einige Jahre lang nutzen zu können. Solche Anreize sind nicht zu unterstützen, sondern zu unterbinden. Abgesehen davon geht es vorliegend auch nicht um den Abbruch eines ganzen Wohngebäudes (wie etwa im Entscheid des Bundesgerichts 1C_187/2011 vom 15. März 2012), sondern lediglich um die Beseitigung einer rechtswidrig erstellten Sonnenschutzkonstruktion auf der Attikageschossterrasse. 3.2.3. Andere Gründe für eine Unverhältnismässigkeit des Rückbaus der PergolaMarkise sind hier nicht ersichtlich und werden von der Beschwerdeführerin auch nicht dargetan. Namentlich kann die Abweichung vom Erlaubten bei einer Sonnenschutzkonstruktion, die eine Terrassenfläche von ca. 85 m2 abdeckt und das Erscheinungsbild des Attikageschosses beträchtlich verändert, nicht mehr als geringfügig bezeichnet werden. Auch handelte die Beschwerdeführerin rechtlich gesehen nicht im guten Glauben. Es musste ihr bewusst sein, dass Bauten der vorliegenden Art bewilligungspflichtig sind. Die grundsätzliche Bewilligungspflicht für Bauvorhaben darf als allgemein bekannt vorausgesetzt werden (Urteile des Bundesgerichts 1C_77/2021 vom 25. Mai 2021, Erw. 6.1, und 1C_10/2019 vom 15. April 2020, Erw. 5.1). Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin gemäss Handelsregistereintrag den Erwerb, das Halten, die Verwaltung, Vermietung, Vermittlung und Veräusserung von Liegenschaften und Grundstücken aller Art sowie die Tätigung von Investitionen im Immobilienbereich bezweckt. Ihr darf somit durchaus ein spezialisiertes Wissen betreffend den Bausektor und baurechtliche Bewilligungsverfahren angerechnet werden. Aus Gründen der Rechtsgleichheit aber auch zum Schutze der baurechtlichen Ordnung besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse daran, rechtmässige Verhältnisse herzustellen. Besondere Bedeutung kommt dabei auch den präjudiziellen Auswirkungen des Falles zu. Wer von der Baubewilligung und der Rechtsordnung abweicht, soll gegenüber demjenigen, der sich an die Rechtsordnung hält, nicht bevorteilt werden. Ansonsten würde illegales Verhalten belohnt. Den gewichtigen

öffentlichen Interessen an der Beseitigung stehen einzig ein Verlust an gewissen Annehmlichkeiten und die finanziellen Interessen der Beschwerdeführerin gegenüber, die von ihr nicht beziffert werden und sich relativ bescheiden ausnehmen dürften. Doch auch erhebliche finanzielle Interessen müssten hinter den gewichtigen öffentlichen Interessen an der Herstellung des rechtmässigen Zustands hintanstehen. Die angesetzte Beseitigungsfrist von 40 Tagen nach Rechtskraft des Entscheids wird von der Beschwerdeführerin nicht gerügt und erscheint ebenfalls angemessen. Unter Berücksichtigung der Grundsätze

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der Verhältnismässigkeit, der Rechtsgleichheit und des Gutglaubensschutzes ist die angeordnete Beseitigung deshalb in keiner Hinsicht zu beanstanden. 4. Demgemäss erweist sich die vorliegende Beschwerde unter allen Titeln als unbegründet und ist abzuweisen. Die Vorinstanz schützte zu Recht den gemeinderätlichen Entscheid, mit welchem die Baubewilligung für ein Bauteil verweigert wurde, welches ausserhalb der zulässigen Attikagrundfläche nach § 16a Abs. 2 ABauV liegt und folglich gegen diese Bestimmung verstösst. Die im Weiteren vorgesehene Beseitigung dieses nicht bewilligungsfähigen Bauteils hält vor dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz stand. III. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (§ 31 Abs. 2 VRPG). Sie hat aufgrund des Unterliegerprinzips ferner keinen Anspruch auf Parteikostenersatz (§ 32 Abs. 2 VRPG). Der obsiegenden Vorinstanz steht mangels anwaltlicher Vertretung kein Anspruch auf Parteikostenersatz zu (§ 29 VRPG).

Das Verwaltungsgericht erkennt: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die verwaltungsgerichtlichen Verfahrenskosten, bestehend aus einer Staatsgebühr von Fr. 2'500.00 sowie der Kanzleigebühr und den Auslagen von Fr. 229.00, gesamthaft Fr. 2'729.00, sind von der Beschwerdeführerin zu bezahlen. 3. Es werden keine Parteikosten ersetzt.

Zustellung an: die Beschwerdeführerin (Vertreter) den Gemeinderat X. das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (Rechtsabteilung) Mitteilung an: den Regierungsrat

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Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten Dieser Entscheid kann wegen Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht, kantonalen verfassungsmässigen Rechten sowie interkantonalem Recht innert 30 Tagen seit der Zustellung mit Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, angefochten werden. Die Frist steht still vom 7. Tag vor bis und mit 7. Tag nach Ostern, vom 15. Juli bis und mit 15. August und vom 18. Dezember bis und mit 2. Januar. Die unterzeichnete Beschwerde muss das Begehren, wie der Entscheid zu ändern sei, sowie in gedrängter Form die Begründung, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt, mit Angabe der Beweismittel enthalten. Der angefochtene Entscheid und als Beweismittel angerufene Urkunden sind beizulegen (Art. 82 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht [Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110] vom 17. Juni 2005).

Aarau, 21. November 2022 Verwaltungsgericht des Kantons Aargau 3. Kammer Vorsitz: Gerichtsschreiberin:

Winkler

Ruchti

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