Zusammenfassung des Urteils AG 3-RV.2021.43: Spezialverwaltungsgericht Steuern
Die Steuerkommission Q. veranlagte A. und B. für das Jahr 2015 mit einem steuerbaren Einkommen von CHF 192'300.00. Nach einer Einsprache wurde das steuerbare Einkommen auf CHF 177'800.00 festgesetzt. A. und B. zogen mit einem Rekurs vor das Spezialverwaltungsgericht, um eine Reduzierung der Ermessensaufrechnung zu erreichen. Das Gericht wies den Rekurs ab, da die Rekurrenten den Unrichtigkeitsnachweis nicht erbringen konnten. Die Gerichtskosten betragen CHF 1'280.00.
Kanton: | AG |
Fallnummer: | AG 3-RV.2021.43 |
Instanz: | Spezialverwaltungsgericht Steuern |
Abteilung: | - |
Datum: | 21.08.2022 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Apos; Rekurrenten; Ermessen; Ermessens; Einsprache; Einkommen; Veranlagung; Vermögensvergleich; Schuld; Schulden; Ermessensveranlagung; Rekurs; Buchhaltung; Passiven; Prüfung; Recht; Steuerkommission; Unterlagen; Buchprüfung; Person; Steuern; Gemeindesteueramt; Steuergesetz; Ehemann; Aufrechnung; Unrichtigkeit; Zahlen; Gericht |
Rechtsnorm: | Art. 93 KG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | -, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2008 |
3-RV.2021.43 P 55
Urteil vom 21. April 2022
Besetzung
Präsident Heuscher Richter Senn Richter Lämmli Gerichtsschreiberin Bernhard
Rekurrentin 1
A._____
Rekurrentin 2
B._____ beide vertreten durch Karl Baur Treuhand GmbH, Bahnhofstrasse 1, 5502 Hunzenschwil
Gegenstand
Einspracheentscheid der Steuerkommission Q._____ vom 16. Dezember 2020 betreffend Kantons- und Gemeindesteuern 2015
-2-
Das Gericht entnimmt den Akten: 1. Mit Verfügung vom 19. Februar 2020 wurden A. und B. von der Steuerkommission Q. für das Jahr 2015 zu einem steuerbaren Einkommen von CHF 192'300.00 (satzbestimmendes Einkommen CHF 192'300.00) und zu einem steuerbaren Vermögen von CHF 38'000.00 (satzbestimmendes Vermögen CHF 38'000.00) veranlagt. Dabei wurden bei den Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit CHF 32'972.00 ("Aufrechnung gem. Buchprüfung") und CHF 112'000.00 ("Ermessensweise Aufrechnung") aufgerechnet. 2. Gegen die Veranlagungsverfügung vom 19. Februar 2020 liessen A. und B. mit Schreiben vom 20. März 2020 Einsprache erheben. 3. Mit Entscheid vom 16. Dezember 2020 hiess die Steuerkommission Q. die Einsprache teilweise gut, indem vom steuerbaren Reingewinn die AHVBeiträge von CHF 14'500.00 zum Abzug zugelassen wurden. Die übrigen Anträge wurden abgewiesen. Das steuerbare Einkommen wurde auf CHF 177'800.00 und das steuerbare Vermögen auf CHF 0.00 festgesetzt. 4. Den Einspracheentscheid vom 16. Dezember 2020 (Zustellung am 24. Februar 2021) liessen A. und B. mit Rekurs vom 22. März 2021 (Postaufgabe gleichentags) an das Spezialverwaltungsgericht, Abteilung Steuern, weiterziehen. Sie stellten folgende Anträge: "Die Schulden sind korrekt zu bemessen und die Ermessensaufrechnung ist um Fr. 66'000 zu reduzieren. Die AHV-Nachzahlung ist dann noch mit 10% zu berücksichtigen."
Auf die Begründung wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen. 5. Das Gemeindesteueramt Q. und das Kantonale Steueramt beantragen die Abweisung des Rekurses. 6. A. und B. liessen eine Replik erstatten.
-3-
7. Das Spezialverwaltungsgericht hat die Steuerakten 2014 von A. und B. beim Gemeindesteueramt Q. und weitere Unterlagen zur Buchprüfung beim Kantonalen Steueramt, Natürliche Personen Buchprüfung, beigezogen.
-4-
Das Gericht zieht in Erwägung: 1. Der vorliegende Rekurs betrifft die Kantons- und Gemeindesteuern 2015. Massgebend für die Beurteilung ist das Steuergesetz vom 15. Dezember 1998 (StG). 2. 2.1. Verheiratete, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, üben die nach dem Gesetz den Steuerpflichtigen zukommenden Verfahrensrechte und Verfahrenspflichten gemeinsam aus (§ 21 Abs. 1 und § 172 Abs. 1 StG). Nach § 172 Abs. 3 StG gelten Rechtsmittel und andere Eingaben als rechtzeitig eingereicht, wenn ein Ehegatte innert Frist handelt. Die Ehegatten bilden im Rechtsmittelverfahren nämlich eine Art notwendige Streitgenossenschaft, was beide zu Verfahrensbeteiligten macht und entsprechende Konsequenzen bei der Tragung der Verfahrenskosten zeitigt, für welche die Ehegatten solidarisch haften (AGVE 2006 S. 126; VGE vom 7. Dezember 2011 [WBE.2011.153]; VGE vom 8. Dezember 2008 [WBE.2008.362], mit Hinweis auf AGVE 1998 S. 207; Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 3. Auflage, Muri-Bern 2009, § 172 StG N 2 f.). 2.2. Da vorliegend keine Hinweise auf eine rechtlich tatsächlich getrennte Ehe der Rekurrenten vorliegen, wirkt die lediglich vom Ehemann unterzeichnete Vollmacht vom 20. März 2020 für beide Ehegatten. Die Ehefrau hat demnach vorliegend ebenfalls Parteistellung, mit den genannten Folgen. 3. Vorliegend strittig ist die teilweise ermessensweise Veranlagung ("Ermessensweise Aufrechnung") in Höhe von CHF 112'000.00. Die "Aufrechnung gem. Buchprüfung" von CHF 32'972.00 wurde seitens der Rekurrenten akzeptiert. Es ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Vornahme einer (teilweisen) Ermessensveranlagung nach § 191 Abs. 3 StG vorlagen. 4. 4.1. In der Steuererklärung 2015 deklarierten die Rekurrenten Einkünfte von insgesamt CHF 71'036.00, davon CHF 63'136.00 aus unselbständigem Nebenerwerb des Ehemannes, CHF 7'602.00 aus selbständiger Tätigkeit des Ehemannes und CHF 298.00 aus selbständiger Tätigkeit der Ehefrau.
-5-
4.2. Mit Schreiben des Kantonalen Steueramtes, natürliche Personen Buchprüfung (nachfolgend KStA) vom 7. Mai 2019 wurden die Rekurrenten aufgefordert, diverse Unterlagen einzureichen und zu den beigelegten Vermögensvergleichen der Jahre 2015, 2016 und 2017 Stellung zu nehmen. Das KStA stellte diverse Mängel in den Buchhaltungen der drei von den Rekurrenten geführten Einzelunternehmen fest. Das KStA errechnete gestützt auf den Vermögensvergleich einen Einkommensüberschuss von monatlich CHF 75.00, wobei bereits ermessensweise ein Einkommen von CHF 112'000.00 eingesetzt wurde. Das KStA ging dabei von folgenden Angaben aus (in CHF): "Einkünfte Eink. unselbst. Tätigkeit Haupterwerb [...] Eink. selbst. Tätigkeit Haupterwerb
Ehemann
63'136
Ehemann Ehefrau
7'602 298
[...] TOTAL Einkünfte
71'036
Abzüge Berufskosten Ehemann [...] Versicherungen/Zinsen Spar-Kap. [...] Krankheit- Unfall- Invaliditätskosten [...] TOTAL Abzüge Reineinkommen ./. Eigenmietwert Versicherungen/Zinsen Spar-Kap. Zweitverdienender Ehegatte
2'000 4'000 3'321 9'321 61'715 4'000 -
Ermessensweise Aufrechnung Steuern verbucht und aufgerechnet
112'000 12'388
"Einkommen" korrigiert
190'103
Vermögen [...] G.Akt. S. E. G.Akt. T., F. G.Akt. T., E. ./. Total Schulden Reinvermögen Zu-/Abnahme Vermögen ./. Ziff. 31 StW Liegenschaften Korr.erm. Kred., nicht verb.
31.12.14
31.12.15
54'696 283'250 58'351 328'265 68'032
55'604 271'547 57'740 122'603 262'288 194'256 -55'604
-54'696 100'000
-6-
Vermögen bereinigt Vermögenszunahme
113'336
206'684 93'348
2015
190'103
"Einkommen" korrigiert Vom Einkommen in der Bemessungsperiode zu finanzierende feste Auslagen:
Verbuchte Privatanteile Steuern Versicherungsprämien Miete W., X-Gasse 22, Q. (G.) Lebenskosten übrige Vermögenszunahme Überschuss pro Jahr Überschuss pro Monat
Ang.StPf 24'000
12'861 9'000 50'000 94'242 -93'348 894 75"
4.3. Die Rekurrenten liessen daraufhin mehrmals Stellung nehmen und reichten diverse Unterlagen ein (vgl. E-Mails vom 5. Juli 2019, 12. November 2019 und 1. Dezember 2019). Namentlich wurde geltend gemacht, dass die Schuldenreduktion von CHF 328'265.00 auf CHF 122'603.00 unwahrscheinlich sei (E-Mail vom 7. Juli 2019). 4.4. Die Steuerkommission Q. eröffnete daraufhin am 19. Februar 2020 die Veranlagungsverfügung mit (teilweiser) Ermessensveranlagung. Es wurden dabei zusätzlich CHF 32'972.00 "gem. Buchprüfung" und CHF 112'000.00 aufgerechnet. In der Einsprache vom 20. März 2020 wurde lediglich die Aufrechnung von CHF 112'000.00 angefochten. 5. 5.1. 5.1.1. Nach § 190 Abs. 1 StG prüft die Steuerbehörde die Steuererklärung und nimmt die erforderlichen Untersuchungen vor. Hat die steuerpflichtige Person trotz Mahnung ihre Verfahrenspflichten nicht erfüllt können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwandfrei ermittelt werden, wird bei einem Untersuchungsnotstand die Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vorgenommen (§ 191 Abs. 3 StG). Aufforderung und Mahnung könnten unterbleiben, wenn der Steuerpflichtige den ungewissen Sachverhalt der Natur nach im Nachhinein nicht mehr erfüllen kann wie bei einem mangelhaften Kassabuch (VGE vom 21. Oktober 2009 [WBE.2009.111] = AGVE 2009 S. 129; vgl. auch VGE vom 15. Juli 2009 [WBE.2009.101]).
-7-
5.1.2. Bei der Ermessensveranlagung können Erfahrungszahlen, Vermögensentwicklung und Lebensaufwand der steuerpflichtigen Person berücksichtigt werden (§ 191 Abs. 3 StG). Resultiert aus der Steuererklärung ein Einkommen, das unglaubwürdig ist und "so nicht stimmen kann", drängt sich die Überprüfung durch einen Vermögensvergleich auf. Ergibt dieser, unter Berücksichtigung der für den Lebensunterhalt benötigten Mittel, ein erhebliches Manko und kann die steuerpflichtige Person nicht nachweisen, dass ein Vermögenszuwachs ganz teilweise aus steuerfreien Einkünften resultiert, ist eine Ermessensveranlagung vorzunehmen (VGE vom 23. Januar 2008 [WBE.2007.342]; AGVE 2005 S. 124 f.). 5.1.3. Beim Vermögensvergleich werden der Ermessensveranlagung die Vermögensentwicklung und der Lebensaufwand zu Grunde gelegt. Es handelt sich dabei um eine Methode, die unter Berücksichtigung des Lebens- Privataufwandes den Rückschluss auf das Einkommen des Steuerpflichtigen erlaubt. Sie beruht auf folgendem Vorgehen: 1. Aus den Vermögensveranlagungen ergibt sich die Reinvermögensentwicklung. 2. Diese ist um Wertveränderungen zu bereinigen, welche ohne Relevanz für das Einkommen in der Bemessungsperiode sind, also beispielsweise Höher- Tieferbewertungen ohne direkten Zusammenhang mit Anschaffungen/Investitionen Veräusserungen. 3. Zur bereinigten (= einkommensrelevanten) Vermögensentwicklung sind alle übrigen (d.h. nicht unmittelbar in Vermögenswerten niederschlagenden) Aufwendungen des Steuerpflichtigen in der Bemessungsperiode zu addieren. Das Resultat zeigt, über wie viel Mittel der Steuerpflichtige in der Bemessungsperiode allermindestens verfügen musste. 4. Hiervon sind allfällige Mittelzuflüsse, die nicht in Form von (steuerpflichtigem) Einkommen erfolgten, abzuzählen, beispielsweise aus Erbschaft als Kapitalgewinn auf Privatvermögen. Daraus ergibt sich das jährliche Mindestreineinkommen. 5. Nach Vornahme der zulässigen Abzüge (einschliesslich Abschreibungen, soweit aus Gründen der rechtsgleichen Behandlung ein Anspruch darauf besteht) ergibt sich das steuerbare Einkommen.
(zum Ganzen: AGVE 1996 S. 220, mit Hinweisen; VGE vom 23. Januar 2008 [WBE.2007.342]; Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 4. Auflage, Muri-Bern 2015, § 191 StG N 36). 5.2. Der vom KStA erstellte und von der Steuerkommission Q. übernommene Vermögensvergleich zeigt einen Einkommensüberschuss von
-8-
CHF 894.00. Dabei wurden bereits CHF 112'000.00 aufgerechnet. Insofern besteht ein Einkommensmanko von rund CHF 110'000.00. Hinsichtlich der vom Rekurrenten geführten Einzelunternehmen F., T., und E., T., stellten sich im Veranlagungsverfahren bzw. bei der Buchprüfung durch das KStA diverse Fragen, die nicht vollständig geklärt werden konnten (vgl. Schreiben des KStA an die Rekurrenten vom 7. Mai 2019). Das KStA bzw. das Gemeindesteueramt Q. waren also gehalten, Unterlagen einzufordern. Zwar wurden von den Rekurrenten Unterlagen nachgereicht, jedoch nicht vollständig (vgl. Mahnung vom 25. November 2020). Es bestand folglich, auch nach durchgeführter Untersuchung, weiterhin eine Unsicherheit über die tatsächlichen Verhältnisse (vgl. § 191 Abs. 3 StG). Die Vornahme einer Ermessensveranlagung erfolgte deshalb zu Recht. 6. 6.1. 6.1.1. Gegen Veranlagungen kann Einsprache erhoben werden (§ 192 Abs. 1 StG). Die Einsprache muss einen Antrag enthalten, aus dem hervorgeht, gegen welche Punkte der Veranlagung sich die Einsprache richtet. Zudem soll die Einsprache eine Begründung enthalten (§ 193 Abs. 1 StG). 6.1.2. Ist die Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen erfolgt, kann sie der Steuerpflichtige nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten (§ 193 Abs. 3 Satz 1 StG). Nachweis und Begründung obliegen dabei der steuerpflichtigen Person und sind bereits im Einspracheverfahren anzutreten (AGVE 2005 S. 125 f.; VGE vom 23. Januar 2008 [WBE.2007.342]). Neben der Begründung muss die Einsprache gegen eine Ermessensveranlagung allfällige Beweismittel nennen (§ 193 Abs. 3 Satz 2 StG; vgl. dazu ausführlich Bundesgerichtsurteil vom 29. April 2009 [2C_579/2008] = StE 2009 B 95.1 Nr. 14 = StR 2009 S. 659 = ZStP 2009 S. 247; Bundesgerichtsurteil vom 4. Juli 2005 [2A.72/2004] = StR 2005 S. 973). 6.1.3. Die offensichtliche Unrichtigkeit der Ermessensveranlagung kann der Steuerpflichtige auf zwei Arten nachweisen: Er kann den wirklichen Sachverhalt darlegen und beweisen; in diesem Fall können die Steuerfaktoren einwandfrei ermittelt werden und es tritt eine normale Veranlagung an die Stelle der Ermessensveranlagung. Falls der wirkliche Sachverhalt nicht nachgewiesen werden kann, kann der Steuerpflichtige stattdessen nachweisen, dass die ermessensweise Schätzung unter Beachtung des Ermessensspielraums offensichtlich zu hoch ausgefallen und damit unhaltbar ist (Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, a.a.O., § 193 StG N 18, mit Hinweisen).
-9-
6.2. Die Rekurrenten haben den Unrichtigkeitsbeweis im Einspracheverfahren angetreten, indem sie in der Einsprache geltend machten, dass die Schulden gemäss Bilanz zu vergleichen seien. Zudem seien die im Vermögensvergleich eingesetzten Lebenshaltungskosten zu hoch (Einsprache vom 20. März 2020). Im Folgenden ist zu prüfen, ob den Rekurrenten der Unrichtigkeitsnachweis gelungen ist und ob die Steuerkommission Q. ihr Ermessen pflichtgemäss ausgeübt hat. 7. 7.1. 7.1.1. Im Rekurs lassen die Rekurrenten ausführen, dass die Schulden der Rekurrenten gegenüber Herrn H. vom Gemeindesteueramt Q. in der Abweichungsbegründung 2013 per Ende 2014 mit CHF 202'554.04 festgelegt worden seien. Gemäss dieser Aufstellung würden die Schulden per Ende 2015 CHF 182'408.20 betragen. Dieser Betrag sei per 31. Dezember 2015 nicht mehr bei den Schulden aufgeführt. Das Gemeindesteueramt Q. gehe einfach davon aus, dass die CHF 182'408.20 bezahlt worden seien. Der Kreditor H. sei gemäss Abweichungsbegründung 2013 mit CHF 202'554.00 aufgeführt. Ende 2015 sei der Betrag von CHF 103'733.00 gemäss Buchhaltung eingesetzt worden. Im Vermögensvergleich seien die Schulden gemäss Abweichungsbegründung und gemäss Buchhaltung verglichen worden, was falsch sei. Entweder würden jeweils die Zahlen der Buchhaltung die Schulden gemäss Abweichungsbegründung verglichen. Gemäss dem Auszug aus der Buchhaltung 2015 (Rekursbeilage 6) seien CHF 30'036.05 an der Schuld von Herrn H. amortisiert worden. Damit ergebe sich eine Vermögenszunahme von lediglich CHF 27'314.00. Die Ermessensaufrechnung sei um CHF 66'000.00 zu hoch. 7.1.2. Die Vorinstanz verweist auf die Stellungnahme des KStA vom 7. August 2020. In dieser wird ausgeführt, dass die Beträge in der Vermögensvergleichsrechnung auf der definitiven Steuerveranlagung 2014 beruhen. Die Schulden der F. würden sich auf insgesamt CHF 210'831.00 belaufen und setzten sich aus den Schulden H. CHF 202'554 und den transitorischen Passiven von CHF 8'277.00 zusammen. Diese Angaben seien der rechtskräftigen Steuerveranlagung 2014 entnommen worden. Sie seien wie von den Rekurrenten deklariert, unverändert übernommen und veranlagt worden. Die Rekurrenten würden in der Einsprache zu Unrecht fordern, die Schulden von CHF 144'988.00 (I. CHF 5'598.00, Kreditoren CHF 133'769.00 und Mehrwertsteuer von CHF 5'521.00) zu berücksichtigen. Dieser Antrag beruhe auf einer neu eingereichten
- 10 -
Bilanzseite der Passiven aus dem Abschluss F. 2014 mit Druckdatum 4. November 2019. Die restlichen Seiten des Abschlusses seien nicht eingereicht worden. Die neu eingereichte Seite der Passiven weise nicht nur eine Schuld über CHF 144'988.00 aus, sondern auch einen Reingewinn von CHF 73'133.00. Der seinerzeitigen Selbstdeklaration und der späteren Veranlagung 2014 habe jedoch ein Geschäftsabschluss mit einem ausgewiesenen Verlust von CHF 4'707.00 zu Grunde gelegen. Es lasse sich nicht verifizieren, wie es zu dieser neu eingereichten Seite der Passiven aus dem Abschluss 2014 respektive wie ein Abschluss mit einem solchen Gewinn zustande gekommen sei. Es könne einzig festgestellt werden, dass es sich bei der neu eingereichten Seite der Passiven nicht um einen Auszug aus dem seinerzeit eingereichten und mit der Veranlagung 2014 in Rechtskraft erwachsenen Geschäftsabschluss handle. Die Rekurrenten hätten sich am seinerzeit eingereichten und in Rechtskraft erwachsenen Abschluss behaften zu lassen. 7.2. 7.2.1. Den Ausführungen der Rekurrenten zufolge liegt der Grund für die Differenz bei den Schulden der F.. Es ist deshalb angezeigt, nachfolgend lediglich auf die F. einzugehen. 7.2.2. Mit der Steuererklärung 2014 wurde die Buchhaltung der F. eingereicht. Diese weist pro 2014 einen Verlust von CHF 4'706.73 auf. Dieser Verlust wurde in der Veranlagungsverfügung 2014 übernommen. Die Geschäftsaktiven der F. wurden mit CHF 283'250.00 veranlagt. Die Veranlagungsverfügung 2014 ist in Rechtskraft erwachsen und diente folglich zu Recht als Grundlage für den Vermögensvergleich für das Steuerjahr 2015 (vgl. Erw. 4.2.). Der Ausweis der Passiven der Buchhaltung 2014, welcher mit der Einsprache eingereicht wurde, trägt das Datum 4. November 2019. Er geht von einem Fremdkapital von insgesamt CHF 144'988.50 (I. CHF 5'697.90, Kreditoren CHF 133'769.35, "Mehrwertsteuer automatisch" CHF 5'521.25 und transitorische Passiven CHF 0.00) und einem Gewinn von CHF 73'786.61 aus. Die Vertreterin der Rekurrenten macht aber geltend, dass die unterschiedlichen Datumsangaben daher rühren, dass es Druckdaten seien. Sie geht aber nicht auf die Differenz ein. Es wurde nicht die ganze Buchhaltung 2014 mit allen Kontoauszügen eingereicht, sondern nur diese eine Seite mit (Druck-)Datum 4. November 2019. Die (abweichenden) Zahlen der mit der Einsprache eingereichten Buchhaltungsseite können also nicht überprüft werden.
- 11 -
Es ist durchaus möglich, dass die unterschiedlichen Datumsangaben in unterschiedlichen Druckdaten begründet sind. Die unterschiedlichen Zahlen im Gewinn/Verlust sind jedoch nicht verifizierbar. 7.2.3. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb zum Zweck des Vermögensvergleiches von den Zahlen der (rechtskräftigen) Steuerveranlagung 2014 abgewichen werden sollte. Die Vertreterin der Rekurrenten begründet nicht, weshalb von der Veranlagung 2014 abgewichen und nun auf diese neu eingereichte Passivenseite abgestellt werden soll. Die Abweichungsbegründung 2013 ist zum einen für den Vermögensvergleich 2015 nicht massgebend, zum anderen ändert sie an dieser Einschätzung nichts. 7.3. Den Rekurrenten ist zusammenfassend der Beweis nicht gelungen, dass anstelle der Zahlen der Steuerveranlagung 2014, die Zahlen der Passivenseite mit (Druck-)Datum 4. November 2019 als Basis für den Vermögensvergleich 2015 herangezogen werden sollten. Den Rekurrenten ist damit insgesamt der Nachweis der offensichtlichen Unrichtigkeit des ermessensweise festgesetzten Einkommens im Einspracheverfahren misslungen. In einem nächsten Schritt ist schliesslich zu prüfen, ob das Ermessen pflichtgemäss ausgeübt wurde. 8. 8.1. Eine Ermessensveranlagung hat pflichtgemäss zu sein (§ 191 Abs. 3 StG). Der steuerlich massgebende Sachverhalt ist so weit wie möglich abzuklären und die Verhältnisse des Einzelfalls sind zu würdigen. Ziel der Ermessensveranlagung ist eine Veranlagung, die der Wirklichkeit möglichst nahe kommt. Wegen der Unsicherheiten über die tatsächlichen Verhältnisse verbleibt der Veranlagungsbehörde allerdings regelmässig ein erheblicher Ermessensspielraum, wobei der Ermessensspielraum für die Veranlagungsbehörde umso höher ist, je grösser die Ungewissheit über die tatsächlichen Verhältnisse ist. Bei der Ermessensbetätigung darf die Veranlagungsbehörde eher zu hoch gehen, um zu vermeiden, dass derjenige Steuerpflichtige, welcher für die Überprüfbarkeit seiner steuerlichen Verhältnisse Sorge getragen hat, höhere Steuern bezahlen muss als derjenige, bei welchem eine Nachprüfung unmöglich ist (Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, a.a.O., § 191 StG N 25 f, mit Hinweisen). 8.2. 8.2.1. Das KStA hat im Vermögensvergleich vom 23. Januar 2020 (vgl. Erw. 4.2.) Lebenshaltungskosten von CHF 50'000.00, Miete von CHF 24'000.00 und
- 12 -
Versicherungsprämien von CHF 9'000.00 berücksichtigt. Im Rahmen des Einspracheverfahrens wurden noch Unterlagen eingereicht, weshalb der Vermögensvergleich vom 7. August 2020 folgendermassen aussieht:
"Einkommen" korrigiert
2015
190'103
Vom Einkommen in der Bemessungsperiode zu finanzierende feste Auslagen:
Verbuchte Privatanteile Steuern Vers.+Selbstbeh.KK gem. det. Angaben im Einspracheverf.
Miete W., X-Gasse 22, Q. (G.) Lebenskosten übrige Vermögenszunahme Überschuss pro Jahr Überschuss pro Monat
12'861 15'133
24'000 50'000 88'109 -93'348 -5'239 -437"
Die Position "Einkommen korrigiert" entspricht dem Vermögensvergleich vom 23. Januar 2020. 8.2.2. Die Rekurrenten liessen in der Einsprache ausführen, dass die Lebenshaltungskosten von CHF 50'000.00 eher hoch ausfallen würden. Es ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass der Grundbetrag für Nahrung, Kosmetik, Freizeit etc. anhand der "Richtlinie für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums (Notbedarf) nach Art. 93 SchKG" für das Steuerjahr 2015 in der Fassung vom 21. Oktober 2009 (nachfolgend: Richtlinie) zu bestimmen ist, auch wenn die steuerpflichtige Person geltend macht, sparsamer gelebt zu haben (AVGE 2001 S. 205; VGE vom 20. Juni 2007 [WBE.2007.151]). Für ein Ehepaar beträgt der monatliche Grundbetrag CHF 1'700.00. Dazu kommt der Unterhalt der Kinder (bis zehn Jahre CHF 400.00; über zehn Jahre CHF 600.00). Im vorliegend zu interessierenden Steuerjahr 2015 waren die Kinder der Rekurrenten älter als zehn Jahre. Damit ergibt sich ein Grundbetrag von CHF 34'800.00 ([CHF 1'700.00 + CHF 600.00 + CHF 600.00] à 12 Monate). Der Mietzins wurde bereits im Vermögensvergleich explizit berücksichtigt, nicht aber die Heiz- und Nebenkosten. Diese sind zusätzlich aufzurechnen. Zweifellos ist aufgrund der von den Rekurrenten erwähnten Kosten für den Besuch einer Privatschule und weiteren Ausbildungskosten von einem deutlich über dem Existenzminimum liegenden Bedarf auszugehen. 8.2.3. Unter Berücksichtigung der unsicheren Positionen (Lebenshaltungskosten, Heiz- und Nebenkosten) und dem Ermessensspielraum der Vorinstanz,
- 13 -
sind die aufgeführten Lebenshaltungskosten von CHF 50'000.00 ("Lebenskosten übrige") nicht zu beanstanden. 8.2.4. Weitere Positionen, die ausserhalb des pflichtgemässen Ermessens der Vorinstanz liegen könnten, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht geltend gemacht. 9. Zusammenfassend wählte die Steuerkommission Q. und das KStA mit dem Vermögensvergleich eine geeignete Methode für eine Ermessensveranlagung. Den Rekurrenten ist der Unrichtigkeitsnachweis nicht gelungen. Das Ermessen wurde pflichtgemäss ausgeübt. Der Rekurs erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. 10. Bei diesem Verfahrensausgang haben die Rekurrenten die Kosten des Rekursverfahrens zu tragen (§ 189 Abs. 1 StG). Es ist keine Parteientschädigung auszurichten (§ 189 Abs. 2 StG).
- 14 -
Das Gericht erkennt: 1. Der Rekurs wird abgewiesen. 2. Die Rekurrenten haben die Kosten des Rekursverfahrens, bestehend aus einer Staatsgebühr von CHF 1'000.00, der Kanzleigebühr von CHF 180.00 und den Auslagen von CHF 100.00, zusammen CHF 1'280.00, unter solidarischer Haftbarkeit zu bezahlen. 3. Es wird keine Parteikostenentschädigung ausgerichtet.
Zustellung an: die Vertreterin der Rekurrenten (2) das Kantonale Steueramt das Gemeindesteueramt Q.
Rechtsmittelbelehrung Dieser Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Zustellung mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau angefochten werden. Die Beschwerde ist in doppelter Ausfertigung beim Spezialverwaltungsgericht, Laurenzenvorstadt 9, 5001 Aarau, einzureichen. Die Frist steht still vom 7. Tag vor bis und mit dem 7. Tag nach Ostern, vom 15. Juli bis und mit 15. August und vom 18. Dezember bis und mit dem 2. Januar. Die unterzeichnete Beschwerdeschrift muss einen Antrag, wie der Entscheid zu ändern sei, sowie eine Begründung enthalten. Der angefochtene Entscheid und als Beweismittel angerufene Urkunden sind beizulegen (§§ 28 und 43 f. des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 4. Dezember 2007 [VRPG] in Verbindung mit Art. 145 Abs. 1 der Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 [ZPO]; §§ 187, 196 und 198 des Steuergesetzes vom 15. Dezember 1998 [StG]).
- 15 -
Aarau, 21. April 2022 Spezialverwaltungsgericht Steuern Der Präsident:
Die Gerichtsschreiberin:
Heuscher
Bernhard
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.