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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VB210012
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VB210012 vom 28.09.2021 (ZH)
Datum:28.09.2021
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Aufsichtsbeschwerde
Schlagwörter : Beschwerde; Anzeige; Anzeigeerstatterin; Verfahren; Bezirk; Aufsicht; Bezirksgericht; Degegner; Betreibung; Beschwerdegegner; Aufsichtsbeschwerde; Obergericht; Beamten; Erhalten; Treffe; Treffen; Rechtliche; Hätte; Obergerichts; Zürich; Kantons; Beschluss; Hätten; Weiter; Betreffend; August; Könne
Rechtsnorm: Art. 108 ZPO ; Art. 14 KG ; Art. 142 ZPO ; Art. 327 ZPO ; Art. 85 KG ; Art. 85a KG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

Verwaltungskommission

Geschäfts-Nr. VB210012-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. M. Langmeier, Vizepräsidentin lic. iur. F. Schorta, Oberrichterin lic. iur. Ch. von Moos Würgler, Oberrichter lic. iur. Ch. Prinz und Oberrichter lic. iur. A. Wenker so- wie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Beschluss vom 28. September 2021

in Sachen

A. ,

Anzeigeerstatterin

gegen

  1. B. , Dr. iur.,
  2. C. , lic. iur.,

Beschwerdegegner

betreffend Aufsichtsbeschwerde gegen den Bezirksgerichtspräsidenten Dr. B. und den Bezirksgerichtsvizepräsidenten lic. iur. C.

Erwägungen:

I.
    1. Gerichtspräsident Dr. B. (fortan: Beschwerdegegner 1) führte am Be- zirksgericht D. das Verfahren Geschäfts-Nr. 1 betreffend Beschwerde gegen die Betreibung Nr. 2 (Pfändungsvollzug) des Betreibungsamtes

      E. . An diesem nahm A.

      (fortan: Anzeigeerstatterin) als Beschwerdeführerin teil. Mit Urteil und Beschluss vom 9. Februar 2021 wies das Bezirksgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (act. 4/26). Auf eine dagegen erhobene Beschwerde der Anzeigeerstatterin trat die II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich mit Beschluss vom

      12. März 2021, Geschäfts-Nr. PS210035-O, nicht ein (act. 4/32). Der Beschluss ist inzwischen in Rechtskraft erwachsen.

    2. Gerichtsvizepräsident lic. iur. C. (fortan: Beschwerdegegner 2) leitete

      am Bezirksgericht D.

      sodann das Verfahren Geschäfts-Nr. 3 betreffend Rechtsöffnung. Die Anzeigeerstatterin hatte die Stellung der Beklagten inne. Mit Urteil vom 12. Februar 2021 erteilte der Beschwerdegegner 2 dem Kläger des dortigen Verfahrens die definitive Rechtsöffnung (act. 5/30). Eine dagegen erhobene Beschwerde der Anzeigeerstatterin wies die

      1. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich mit Urteil vom 25. März 2021, Geschäfts-Nr. 7, ab (act. 5/36). Das Bundesgericht trat auf eine gegen das obergerichtliche Urteil gerichtete Verfassungsbeschwerde mit Urteil vom

        25. Mai 2021 nicht ein (act. 5/45). Auch dieses Verfahren ist rechtskräftig er- ledigt.

    3. Im Weiteren führte das Bezirksgericht D.

die Verfahren GeschäftsNrn. 4, 5 und 6 betreffend Aufsichtsbeschwerden der Anzeigeerstatterin gegen das Betreibungsamt E.

durch, wobei der Beschwerdegegner 1

jeweils die Verfahrensleitung inne hatte. Die Verfahren wurden je mit Beschluss vom 9. September 2021 als durch Rückzug der Beschwerde erledigt abgeschrieben (act. 6/13, act. 7/14, act. 8/45).

  1. Mit Eingabe vom 25. August 2021 reichte die Anzeigeerstatterin bei den Zi- vilkammern des Obergerichts des Kantons Zürich sinngemäss eine Auf- sichtsbeschwerde ein und stellte die folgenden Anträge (act. 1):

    - Umgehende Ablehnung der Richter B. und C. die wa- ren in allen Fällen seit 2014 beteiligt

    • Umgehende Einstellung der Verfahren zwischenzeitlich wurde mir für eine NICHT-SCHULD von CHF 6'012.- über CHF 12'000.- ge- pfändet

    • Das Betreibungsrechtliche Existenzminimum und Ferien wurden mir seit März 21 nicht gewährt, telefonisch durch Richter B. abgesprochen - es gibt dafür keine gerichtliche Verfügung.

  2. Die I. Zivilkammer leitete die Eingabe zuständigkeitshalber an die Verwal- tungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich als Aufsichtsbehör- de über die Mitglieder der Bezirksgerichte weiter. Diese eröffnete in der Fol- ge das vorliegende Verfahren und zog die Akten Geschäfts-Nrn. PS210035- O (act. 4/25-35), 7 (act. 5/28-46), 5 (act. 6/1-13), 4 (act. 7/1-14) und 6 (act. 8/1-45) bei.

  3. Nach § 83 Abs. 2 GOG stellt die Aufsichtsbehörde die Aufsichtsbeschwerde den Betroffenen zur schriftlichen Vernehmlassung zu, wenn sie sich nicht sofort als unbegründet erweist. Da dies - wie im Folgenden zu zeigen sein wird - der Fall ist, kann auf eine Vernehmlassung verzichtet werden.

II.

1. Gemäss § 80 Abs. 1 lit. b GOG i.V.m. § 18 Abs. 1 lit. k der Verordnung über die Organisation des Obergerichts (OrgV OG, LS 212.51) übt die Verwal- tungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich die Aufsicht über die dem Obergericht unterstellten Gerichte und nach § 80 Abs. 2 GOG die mit- telbare Aufsicht über die den Bezirksgerichten unterstellten Behörden aus (vgl. auch Hauser/Schweri/Lieber, GOG-Kommentar, 2. Auflage, Zü- rich/Basel/Genf 2017, § 80 N 1). Die Verwaltungskommission ist daher zur Behandlung der Beschwerde zuständig.

    1. Die Anzeigeerstatterin beanstandet, dass die Beschwerdegegner 1 und 2 hinsichtlich ihrer Vorwürfe betreffend die Betreibungsbeamten F. und G. des Betreibungs- und Stadtammannamtes E. untätig bleiben würden. Sie rügt damit eine Rechtsverzögerung (act. 1 S. 1 f.). Fälle von Rechtsverzögerungen sind grundsätzlich mit der Beschwerde gemäss Art. 319 lit. c ZPO zu rügen, für deren Behandlung die Zivilkammern des Obergerichts zuständig sind (§ 10 OrgV OG). Wird eine Rechtsverzögerung bejaht, kann die Beschwerdeinstanz der Vorinstanz aber einzig die Anwei- sung erteilen, den zu Unrecht verzögerten Entscheid zu erlassen (vgl. Art. 327 Abs. 4 ZPO). Aufsichts- oder disziplinarrechtliche Massnahmen sind hingegen nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens im Sinne von Art. 319 lit. c ZPO. Diese richten sich vielmehr nach den kantonalrechtlichen Regeln über die Aufsicht über die Gerichte (ZPO Kommentar- Freiburghaus/Afheldt in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.], 3. Auflage, Zü- rich/Basel/Genf 2016, Art. 327 N 15 ff.; Urteil der I. Zivilkammer OGer ZH vom 12. Mai 2016, Geschäfts-Nr. RE160005-O, E. II.1; Beschluss der Ver- waltungskommission OGer ZH vom 25. September 2017, Geschäfts- Nr. VB170007-O, E. III.4).

    2. Die Anzeigeerstatterin beantragt nicht primär den Erlass von Entscheiden innert angemessener Frist, sondern vielmehr eine umgehende Absetzung (die Anzeigeerstatterin spricht von Ablehnung) der Beschwerdegegner 1 und 2 (act. 1 S. 1). Es geht ihr vorallem um deren Disziplinierung infolge Untätig- keit. Nachdem entsprechende Massnahmen nur im Aufsichtsbeschwerde- verfahren geprüft werden können, rechtfertigt es sich, die vorliegend be- hauptete Rechtsverzögerung im Rahmen einer administrativen Aufsichtsbe- schwerde an Hand zu nehmen.

III.
    1. Die Anzeigeerstatterin bringt zur Begründung ihrer Anzeige sinngemäss das Folgende vor: Seit Dezember 2020 habe sie das Bezirksgericht D. auf das rechtswidrige Verhalten der Beamten des Betreibungsamtes E.

      hingewiesen, ohne dass dieses tätig geworden sei. Zwischenzeitlich hätten auch das Betreibungsinspektorat des Kantons Zürich, die Staatsanwalt- schaft und das Statthalteramt das Bezirksgericht D. unabhängig von- einander über das rechtswidrige Verhalten der Beamten orientiert. Jedoch habe das Bezirksgericht D. _ auch darauf nicht reagiert. Nachdem (wohl im Verfahren Geschäfts-Nr. 7) der Entscheid ergangen sei, hätten die Beam- ten eine (nicht näher bezeichnete) Bank aufgesucht und Pfändungsurkun- den verschickt. Die Rechtsmittelfrist hätten sie dabei nicht abgewartet, ob- wohl sie, die Anzeigeerstatterin, von der Möglichkeit eines Weiterzugs ans Obergericht des Kantons Zürich am 3. März 2021 Gebrauch gemacht habe. Das Obergericht habe in der Folge eine Verfügung erlassen, in welcher es festgehalten habe, dass keine Massnahmen zu treffen seien und weitere

      Anordnungen folgen würden. Trotzdem hätten die Beamten F.

      und

      G. bei der H. [Bank] sämtliche Kontodaten herausverlangt. Da- ran habe auch ihre Aufforderung, dies zu unterlassen, nichts geändert. Während der Osterferien sei sie sodann von den zwei Beamten F.

      und

      G. und der Stadtpolizei E. aufgesucht worden. Der Besuch sei in Absprache mit dem Beschwerdegegner 1 erfolgt. Anlässlich eines Anrufs am Obergericht habe ihr dieses bestätigt, dass keine Pfändungsverfügung existiere und ohnehin Betreibungsferien herrschten, weshalb keine betrei- bungsrechtlichen Handlungen durchgeführt werden dürften. Gleichentags habe sie, die Anzeigeerstatterin, die Beamten und die Stadtpolizei via Statt- halteramt dazu aufgefordert, zu diesem Vorgehen und dazu, ob sie über ei- ne Verfügung des Obergerichts verfügten, Stellung zu nehmen. Ihre Anfrage sei unbeantwortet geblieben. Am 27. März 2021 habe sie eine Abrechnung der ALV erhalten, wonach CHF 3'941.95 gepfändet worden seien. Da ihr be- treibungsrechtliches Existenzminium dabei nicht gewahrt worden sei, habe sie das Betreibungsinspektorat des Kantons Zürich angeschrieben. Anfangs April 2021 habe ihr dieses geantwortet, dass es die Angelegenheit dem Be- zirksgericht D. weiterleiten werde, welches sich dazu aber nie geäus- sert habe. Im Monat April 2021 seien ihr die Leistungen der ALV wieder ge- kürzt worden, ohne dass das betreibungsrechtliche Existenzminimum gewahrt worden sei. Sie habe - ebenso wie das Betreibungsinspektorat - beim

      Bezirksgericht D.

      interveniert und dabei eine anfechtbare Verfügung

      beantragt. Eine Rückmeldung des Bezirksgerichts D.

      habe sie nicht

      erhalten. Der Beschwerdegegner 1 erteile dem Betreibungsamt jeweils ent- gegen den Bestimmungen in der EMRK mündliche Anordnungen. Das zei- ge, wie befangen er in dieser Angelegenheit sei. Bis Ende April 2021 seien insgesamt CHF 7'521.95 gepfändet worden, wobei weder das betreibungs- rechtliche Existenzminimum noch die Betreibungsferien beachtet worden seien. Die Schulden von CHF 6'012.- seien bereits beglichen gewesen. Es sei verboten, für bereits bezahlte Forderungen die Rechtsöffnung zu ertei- len. Das Versicherungsgericht habe sie denn auch auf die Rückforderungs- klage nach Art. 85 SchKG und Art. 85a SchKG hingewiesen. Sie sei über- zeugt davon, dass die oberen Gerichte die Forderungen als bezahlt qualifi- ziert hätten, wären die gerichtlichen Weisungen, dass keine Massnahmen zu treffen seien, eingehalten worden. Da die Beamten im Juni 2021 unter Ver- letzung des Bankgeheimnisses erneut Kontoauszüge verlangt hätten, habe sie diese bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Diese habe ihr mitgeteilt, dass sie das Bezirksgericht D. umgehend über das rechtswidrige Ver- halten der Beamten orientiert habe. Das Bezirksgericht D. habe aber darauf nicht reagiert. In den Betreibungsferien im Sommer 2021 seien ihr, der Anzeigeerstatterin, erneut Bankguthaben gepfändet worden. Auf ent- sprechende Rückfrage beim Personalwesen ihres Arbeitgebers habe ihr dieses ein Schreiben der Beamten F. und G. vom 15. Juli 2021 zukommen lassen, wonach sie der Anzeigeerstatterin bis auf Widerruf ledig- lich CHF 3'000.- ausbezahlen dürften. Das Schreiben sei telefonisch mit dem Beschwerdegegner 1 abgesprochen gewesen und von diesem bewilligt worden. Es sei ihr ein Betrag von CHF 4'928.60 gepfändet worden. Ihre Rückfrage bei den Beamten und beim Bezirksgericht D. , wofür die Pfändung erfolgt sei, sei unbeantwortet geblieben. Erst Ende Juli 2021 habe sie vom Beschwerdegegner 1 eine Eröffnungsanzeige erhalten, woraufhin sie umgehend die Einstellung der Verfahren verlangt habe. Sie wolle vom Gerichtspräsidenten keine Entscheide mehr. Er habe mehrfach mündliche

      Anordnungen erteilt. Bis heute verweigere er die Einstellung der Verfahren und pfände weiter. Solange die Verfahren nicht eingestellt würden, könne die Opferschutzhilfe nicht loslegen und den finanziellen Schaden eruieren. Das Bezirksgericht stelle die Verfahren nicht ein, damit ihr nicht geholfen werden könne. Bis heute sei ihr für eine Nichtschuld von CHF 6'012.- ein Be- trag von CHF 12'450.55 gepfändet worden. In ihrer E-Mail vom 25. August

      2021 würden die Beamten F.

      und G.

      weitere CHF 10'403.55

      fordern. Auf ihre Frage, für was, habe sie keine Antwort erhalten. Im Juli 2021 habe sie für einen Strafbefehl des Statthalteramtes eine Mahnung er- halten. Offenbar sei sie von der Betreibungsbeamtin F. verzeigt wor- den, da sie, die Anzeigeerstatterin, nicht zu den Pfändungsterminen er- schienen sei. Drei unabhängige Instanzen - das Betreibungsinspektorat, die Staatsanwaltschaft und das Statthalteramt - hätten das Bezirksgericht D. auf das rechtswidrige Verhalten der Beamten hingewiesen. Dieses habe nicht reagiert. Im März 2021 habe sie den Antrag gestellt, dass die Be- amtin F. von ihren Fällen abgezogen werde. Zudem habe sie gegen die Beamtin F. ein Disziplinarverfahren gemäss Art. 14 SchKG gefor- dert und darum ersucht, einen anderen Beamten zugeteilt erhalten zu be- kommen. Dieses Ersuchen sei unbeantwortet geblieben.

    2. Im Jahre 2016 habe sie sich - so die Anzeigeerstatterin weiter - in E. abgemeldet und eine Adresse in Argentinien hinterlegt. Im Mai 2021 habe sie von Dritten erfahren, dass im Jahre 2016 ein Betreibungsverfahren ge- gen sie durchgeführt worden sei, obwohl sie sich ab Februar 2016 in E. abgemeldet und erst im Jahre 2017 wieder in I. angemeldet habe. Das Betreibungsamt E. sei nicht mehr zuständig gewesen. Sie habe sogar einen Anwalt als Korrespondenzadressaten bezeichnet. Dieser sei nie angeschrieben worden. Es sei ein Verlustschein über CHF 15'176.- ausgestellt worden. Bereits im Jahre 2014 sei demselben Gläubiger trotz ei- ner hängigen Aberkennungsklage Geld überwiesen worden. Die Überwei- sung habe das Bezirksgericht D. telefonisch veranlasst. Sie sei über die Vorgänge nicht informiert worden. Auf ihre Anfrage beim Bezirksgericht D. hin, ob ein Urteil über CHF 15'176.- ergangen sei, habe ihr dieses

mitgeteilt, dass die Beamten das Verfahren zurückgezogen hätten. Dies tref- fe nicht zu. Es sei ein Betreibungsverfahren durchgeführt worden, obwohl sie sich abgemeldet habe und ins Ausland gezogen sei. Es gebe weder für den Betrag von CHF 22'742.20 noch für den Betrag von CHF 15'176.- ein Gerichtsurteil. Sie fordere die Absetzung der Beschwerdegegner 1 und 2 von den sie betreffenden Verfahren, da sie das rechtswidrige Verhalten der erwähnten Beamten mehrfach gedeckt hätten. Sie hätten telefonische Ab- sprachen mit dem Betreibungsamt zu Gunsten der Gläubiger getätigt und seien trotz Mahnungen von Dritten nicht aktiv geworden. Seit März 2021 seien ihr entgegen einer obergerichtlichen Verfügung CHF 7'521.95 gepfän- det worden, wobei die angebliche Forderung nur CHF 6'012.- betragen habe und ihr betreibungsrechtliches Existenzminimum missachtet worden sei.

    1. Verletzen Mitglieder von Gerichtsbehörden Amtspflichten, kann bei der un- mittelbaren Aufsichtsbehörde innert zehn Tagen seit Kenntnisnahme der Amtspflichtverletzung schriftlich Aufsichtsbeschwerde erhoben werden. Die Aufsichtsbehörde verfügt die notwendigen Massnahmen (§ 82 Abs. 1 und 2 GOG, § 83 Abs. 1 GOG). Aufgabe der Aufsichtsbehörde ist es, durch Ge- brauch ihrer Aufsichts- und Disziplinargewalt auf entsprechende Anzeige hin ein ordnungs- und rechtswidriges Verhalten einer Justizperson zu ahnden (sog. administrative Beschwerde) oder eine unrechtmässige oder unzweck- mässige Anordnung aufzuheben bzw. abzuändern (sog. sachliche Beschwerde).

    2. Eine administrative Aufsichtsbeschwerde verpflichtet die Aufsichtsbehörde nicht zur Anhandnahme eines Verfahrens. Weitere Abklärungen sind jedoch dann angezeigt, wenn offensichtlich objektiv begründete Hinweise auf eine Verfehlung und damit ein öffentliches Interesse an der Aufklärung des Fehl- verhaltens bestehen, sich weitere Abklärungen somit geradezu aufdrängen. Die administrative Aufsichtsbeschwerde zielt auf die Person des Amtsträ- gers ab. Mit ihr sollen Disziplinarfehler geahndet werden. Diese können in Saumseligkeiten (d.h. in Unterlassungen pflichtgemäss beförderlichen Han- delns und somit in einem schuldhafterweise zu geringen persönlichen Ein-

satz) oder in ungehörigem (vorwiegend subjektiv betontem und somit zu weit gehendem persönlich bestimmtem) Handeln bestehen (vgl. Hau- ser/Schweri/Lieber, a.a.O., § 82 N 20 und N 43 m.w.H.).

      1. Eine administrative Aufsichtsbeschwerde ist innert zehn Tagen seit Kennt- nisnahme der Amtspflichtverletzung - d.h. eines bestimmten Entscheides oder einer bestimmten Handlung - schriftlich einzureichen. Sie hat einen An- trag und eine Begründung zu enthalten (§ 83 Abs. 1 GOG). Die Fristberech- nung erfolgt nach Art. 142 ZPO. Bei der zehntägigen Frist handelt es sich um eine gesetzliche Frist. Wird sie versäumt, so begibt sich die anzeigeer- stattende Person ihres Beschwerderechts. Die Aufsichtsbehörde prüft die Rechtzeitigkeit der Beschwerde von Amtes wegen. Beschwerden wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung unterliegen der zehntägigen Frist zwar nicht, weil in solchen Fällen nicht genau festgelegt werden kann, wann die Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung beginnt. Dies be- deutet indes nicht, dass die Beschwerde zeitlich unbegrenzt zulässig sei. Sie kann nur solange geltend gemacht werden, als ein rechtliches Interesse da- ran besteht (GOG Kommentar-Hauser/Schweri/Lieber, § 83 N 8; vgl. auch

        § 109 Abs. 1 Satz 2 aGVG/ZH sowie Beschluss der Verwaltungskommission OGer ZH vom 24. November 2014, Geschäfts-Nr. VB140014-O, E. III.2.2). Die anzeigeerstattende Person muss im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung demnach ein schützenswertes Interesse besitzen.

      2. Aus der Beschwerdeschrift der Anzeigeerstatterin vom 25. August 2021 ergibt sich, dass die gegenüber den Beschwerdegegnern 1 und 2 geltend gemachten Beanstandungen den Zeitraum zwischen Dezember 2020 und Ende Juli 2021 (act. 1 S. 1-4) bzw. Fälle aus den Jahren 2014 und 2016 (act. 1 S. 5) betreffen. Die beanstandeten Vorgänge waren der Anzeigeer- statterin demnach schon seit Längerem bekannt. Dennoch hat sie bis zum

        25. August 2021 (Datum Poststempel: 28. August 2021, act. 1 S. 1) zuge- wartet, um ihre Beschwerde einzureichen. Ein solches Vorgehen ist auch unter Berücksichtigung dessen, dass zumindest teilweise der Vorwurf der Rechtsverzögerung im Raum steht, nicht schützenswert.

      3. Der Vorwurf, dass das Bezirksgericht D. im Jahre 2016 ein Verfahren durchgeführt habe, obwohl die Anzeigeerstatterin im Bezirk nicht mehr ge- meldet gewesen sei, sondern sich im Ausland aufgehalten habe, wurde zu spät erhoben. Gemäss eigenen Angaben erhielt die Anzeigeerstatterin vom massgeblichen Verfahren im Mai 2021 Kenntnis (act. 1 S. 5). Nebst den wei- teren rechtlichen Schritten, welche sie damals einleitete (act. 1 S. 6), hätte sie auch die Aufsichtsbeschwerde innert der gesetzlichen Frist von zehn Ta- gen einreichen können. Mit dem Zuwarten über mehrere Monate hinweg hat sie ihr Beschwerderecht verwirkt.

      4. Was sodann die Beanstandungen betreffend Untätigkeit der Beschwer-

degegner 1 und 2 bzw. des Bezirksgerichts D.

bis im Frühling 2021

anbelangt, so ist auch das diesbezügliche Zuwarten der Anzeigeerstatterin mit einer Beschwerdeerhebung nicht schützenswert. Der Anzeigeerstatterin wäre grundsätzlich ein schnelleres Handeln möglich gewesen. Nachdem

das Bezirksgericht D.

auf ihre eigenen Interventionen und allfällige

solche von Dritten hin keine Reaktion gezeigt hatte, hätte sie jeweils zeitnah eine Aufsichtsbeschwerde erheben können. Da die Anzeigeerstatterin davon absah, ihre Beschwerde so bald als möglich nach Kenntnisnahme der Be- anstandungen, d.h. ohne Verzug, einzureichen, ist die Beschwerde zumin- dest hinsichtlich der Rügen, welche sich auf das von den Beschwerdegeg- nern 1 und 2 bis zum Frühling 2021 an den Tag gelegte Verhalten beziehen, als verspätet eingereicht zu qualifizieren. Darauf ist somit nicht einzutreten.

    1. In Bezug auf die übrigen Vorwürfe, welche zeitnahe Unterlassungen des Beschwerdegegners 1 betreffen, namentlich solche ab Juni 2021, wies die Anzeigeerstatterin im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung am 25. August 2021 zwar ein schutzwürdiges Interesse an der vorliegenden Aufsichtsbe- schwerde auf, jedoch vermögen ihre Ausführungen in der Sache nicht zu überzeugen. Aus den beigezogenen Akten des Bezirksgerichts D. Geschäfts-Nrn. 4, 5 und 6 ergibt sich, dass das Bezirksgericht im Zusam- menhang mit den Beanstandungen der Anzeigeerstatterin gegen die Betreibungsbeamten F.

      und G.

      drei aufsichtsrechtliche Beschwerdeverfahren anlegte. Am 14. Juli 2021 gewährte es der Anzeigeerstatterin so- dann in allen drei Verfahren das rechtliche Gehör (act. 6/7, act. 7/8, act. 8/39). Der Beschwerdegegner 1 blieb demnach entgegen der Anzeige- erstatterin nicht untätig. Bereits im Juli 2021 verfügte er verfahrensleitende Anordnungen. Die Verfahren schloss er sodann als Teil des Spruchkörpers am 9. September 2021 mittels Beschlusses ab (act. 6/13, act. 7/14, act. 8/45). Die Prozesse konnten demnach - nach ihrem Eingang im März bzw. April 2021 - innert weniger Monate erledigt werden. Eine überlange Prozessdauer ist unter diesen Umständen nicht ersichtlich. Folglich sind auch keine aufsichtsrechtlich relevanten Pflichtverletzungen des Beschwer- degegners 1 erkennbar, welche geahndet werden müssten. Der Beschwer- degegner 2 war in diese Verfahren sodann nicht involviert, weshalb auch ihm gegenüber keine Pflichtverletzungen vorgeworfen werden können. So- weit die Anzeigeerstatterin in diesem Zusammenhang beantragt, (nicht nä- her definierte) Verfahren seien einzustellen (vgl. act. 1 Antrag 2), so ist fest- zuhalten, dass am Bezirksgericht D. mit Ausnahme von vier Verfah- ren, welche dort erst nach dem Verfassen der Beschwerdeschrift vom

      25. August 2021 eingegangen sind (act. 9) und welche die Anzeigeerstatte- rin daher nicht gemeint haben konnte, aktuell keine Verfahren pendent sind.

    2. Die Anzeigeerstatterin stellt sich ferner auf den Standpunkt, die Beschwer- degegner 1 und 2 würden die Arbeiten der Opferschutzstelle und der Staatsanwaltschaft torpedieren. Diese könnten erst weiter arbeiten, wenn das Bezirksgericht D. die Verfahren einstelle (act. 1 S. 7). Weder der Beschwerdeschrift vom 25. August 2021 noch den ins Recht gereichten Bei- lagen können hinreichend substantiierte Angaben zu diesem Vorwurf ent- nommen werden. Zwar führte die Anzeigeerstatterin aus, die Opferschutzhil- fe habe ein Verfahren eröffnet, weil für bereits bezahlte Forderungen keine Rechtsöffnungen erteilt werden dürften (act. 1 S. 3). Belege dazu reichte sie indes nicht ein. Dieser Vorwurf ist demnach nicht hinreichend substantiiert, mit der Folge, dass sich auch insoweit keine aufsichtsrechtliche Massnah- men aufdrängen.

3. Abschliessend ist damit festzuhalten, dass die Aufsichtsbeschwerde abzu- weisen ist, soweit darauf einzutreten ist.

IV.
    1. Im Verfahren betreffend administrative Aufsichtsbeschwerde sind gemäss gängiger Praxis des Obergerichts keine Kosten zu erheben, sofern diese nicht mutwillig erhoben wurde (§ 83 Abs. 3 GOG i.V.m. Art. 104 ff. ZPO, insb. Art. 108 ZPO). Die Kosten fallen daher ausser Ansatz.

    2. Prozessentschädigungen sind keine zuzusprechen.

  1. Die Anzeigeerstatterin ist im Verfahren betreffend administrative Aufsichts- beschwerde nicht Verfahrenspartei, denn dieses betrifft nur eine Angelegen- heit zwischen der Aufsichtsbehörde und dem Beaufsichtigten. Ihr steht dem- nach keine Legitimation zur Ergreifung eines Rechtsmittels zu (Hau- ser/Schweri/Lieber, a.a.O., § 82 N 44 f.). Auch den Beschwerdegegnern 1 und 2 steht gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel zur Verfügung (Hau- ser/Schweri/Lieber, a.a.O., § 84 N 2; Beschluss Verwaltungskommission OG ZH vom 20. Februar 2017, Nr. VB160024-O, E. IV.2).

  2. Aufgrund der fehlenden Parteistellung ist der anzeigeerstattenden Person auch vom Ausgang des Verfahrens keine Mitteilung zu machen (Hau- ser/Schweri/Lieber, a.a.O., § 82 N 44 f.).

Es wird beschlossen:

  1. Die Aufsichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

  2. Die Kosten fallen ausser Ansatz.

  3. Es werden keine Prozessentschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung, gegen Empfangsschein, an die Beschwerdegegner 1 und 2.

Die beigezogenen Akten Geschäfts-Nrn. 4, 5 und 6 werden dem Bezirksge- richt D. retourniert, die Akten Geschäfts-Nrn. PS210035-O und 7 dem Archiv des Obergerichts des Kantons Zürich.

Zürich, 28. September 2021

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Verwaltungskommission Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu

versandt am:

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