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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils UE210105: Obergericht des Kantons Zürich

Die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis hat die Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung gegen A. und B. verfügt. A. hat Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung für B. erhoben. Nach verschiedenen Schreiben und Stellungnahmen wurde die Beschwerde abgewiesen. Der Beschwerdeführer hatte den Beschwerdegegner beschimpft und eine Ohrfeige gegeben, woraufhin dieser zurückschlug. Die Staatsanwaltschaft qualifizierte die Handlung des Beschwerdegegners als Tätlichkeit und entschied auf Nichtanhandnahme. Die Gerichtskosten wurden auf CHF 1'000 festgesetzt, die dem Beschwerdeführer auferlegt wurden.

Urteilsdetails des Kantongerichts UE210105

Kanton:ZH
Fallnummer:UE210105
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UE210105 vom 13.10.2021 (ZH)
Datum:13.10.2021
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_1383/2021
Leitsatz/Stichwort:Nichtanhandnahme
Schlagwörter : Beschwerdegegner; Staatsanwaltschaft; Tätlichkeit; Nichtanhandnahme; Tätlichkeiten; Beschimpfung; Limmattal/Albis; Bundesgericht; Verfahren; Untersuchung; Prozesskaution; Recht; Verfügung; Bundesgerichts; Beschwerdegegners; Eingabe; Frist; Sinne; Anzeige; Verfahren; Schlag; Entschädigung; Rechtsmittel; Empfang; Obergericht; Kantons; Kammer; Nichtanhandnahmeverfügung
Rechtsnorm:Art. 126 StGB ;Art. 177 StGB ;Art. 181 StGB ;Art. 2 StPO ;Art. 319 StPO ;Art. 324 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 5 BV ;
Referenz BGE:72 IV 20;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts UE210105

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UE210105-O/U

Verfügung vom 13. Oktober 2021

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer

gegen

  1. B. ,
  2. Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis,

Beschwerdegegner

betreffend Nichtanhandnahme

Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis vom 23. März 2021, A-1/2021/10008687

Erwägungen:

I.
  1. Am 1. März 2021 stellte B. _ Strafantrag gegen A. wegen Tätlichkeiten und Beschimpfung (Urk. 6/2); A. wiederum stellte Strafantrag gegen B. wegen Tätlichkeiten (Urk. 6/3). Aufgrund des Sachzusammenhangs der beiden Verfahren übernahm die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis vom Statthalteramt des Bezirks Horgen auch das Verfahren betreffend den Beschuldigten

    B. (Urk. 6/5/1-2). Am 23. März 2021 verfügte die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) bezüglich beider Strafanzeigen gestützt auf Art. 177 Abs. 3 StGB die Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung (Urk. 6/6, Urk. 3 = Urk. 6/7).

  2. Mit Eingabe vom Montag, 12. April 2021 erhob A. _ (nachfolgend: Beschwerdeführer) fristgerecht Beschwerde gegen die ihm am 1. April 2021 zugestellte Nichtanhandnahmeverfügung betreffend den Beschuldigten B. (nachfolgend: Beschwerdegegner; Urk. 6/8) und beantragte deren Aufhebung (Urk. 2).

  3. Mit Schreiben vom 16. April 2021 wurden die Untersuchungsakten beigezogen (Urk. 5, Urk. 6). Innert mit Verfügung vom 28. April 2021 angesetzter Frist ging daraufhin die Prozesskaution in Höhe von Fr. 1'800.00 ein (Urk. 8, Urk. 10). Die Staatsanwaltschaft verzichtete in der Folge am 25. Juni 2021 auf eine Stellungnahme (Urk. 13). Der Beschwerdegegner beantragte mit Eingabe vom 5. Juli 2021 sinngemäss die Abweisung der Beschwerde (Urk. 15). Der Beschwerdeführer replizierte daraufhin am 23. Juli 2021 (Urk. 18). Nach entsprechender Fristansetzung (Urk. 20) verzichtete die Staatsanwaltschaft am 4. August 2021 erneut auf eine Stellungnahme (Urk. 21); der Beschwerdegegner liess sich innert Frist nicht vernehmen (Urk. 23).

  4. Die Verfahrensleitung der Beschwerdeinstanz ist zur Beurteilung der Beschwerde zuständig, da ausschliesslich eine Übertretung Gegenstand des Verfahrens ist (Art. 395 lit. a StPO).

  5. Lediglich soweit erforderlich, d.h. für die Entscheidfindung notwendig, ist nachfolgend auf die Ausführungen der Parteien näher einzugehen. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Kognition der Beschwerdeinstanz auf und durch die angefochtene Verfügung der Staatsanwaltschaft beschränkt ist (Urteil des Bundesgerichts 6B_698/2016 vom 10. April 2017 E. 2.4.2 in fine). Mit der angefochtenen Verfügung wurde wie bereits ausgeführt (E. I. 1) - die Strafuntersuchung gegenüber dem Beschwerdegegner betreffend Tätlichkeiten nicht an Hand genommen. Soweit der Beschwerdeführer daher im Rahmen des Beschwerdeverfahrens eine Strafuntersuchung betreffend Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB betreffend das angeblich den Tätlichkeiten vorangegangene Verhalten des Beschwerdegegners (versuchte Nötigung durch Blockierung der Strasse mittels Querstellens des Fahrzeugs) beantragt (Urk. 2, Urk. 18), ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

II.
  1. Gemäss Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände die Prozessvoraussetzungen ein- deutig nicht erfüllt sind. Sie eröffnet demgegenüber eine Strafuntersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt (Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO). Die Frage, ob ein Strafverfahren über eine Nichtanhandnahme erledigt werden kann, beurteilt sich nach dem aus dem Legalitätsprinzip abgeleiteten Grundsatz in dubio pro duriore (Art. 5 Abs. 1 BV sowie Art. 2 Abs. 1 StPO

    i.V.m. Art. 319 Abs. 1 StPO und Art. 324 Abs. 1 StPO). Danach darf eine Nichtanhandnahme gestützt auf Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen ergehen. Im Zweifelsfall, wenn die Gründe der Nichtanhandnahme nicht mit absoluter Sicherheit gegeben sind, muss das Verfahren er- öffnet werden. Der Grundsatz in dubio pro duriore ist unter Würdigung der im Einzelfall gegebenen Umstände zu handhaben (Urteile des Bundesgerichts 6B_573/2017 vom 11. Januar 2018 E. 5.2 und 6B_1037/2019 vom 24. Juni 2020

    E. 2.3.1).

  2. Der wesentliche Sachverhalt stellt sich wie folgt dar: Am 1. März 2021, ca.

    16.00 Uhr, soll der Beschwerdeführer den Beschwerdegegner an der C. strasse in D. als Idiot, huere Tubel und Arschloch betitelt und ihm eine Ohrfeige auf die linke Wange gegeben haben. In der Folge habe der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer die Faust ins Gesicht geschlagen (Urk. 3 S. 1, Urk. 6/6 S. 1).

  3. Wer gegen jemanden Tätlichkeiten verübt, die keine Schädigung des Körpers der Gesundheit zur Folge haben, wird auf Antrag mit Busse bestraft (Art. 126 Abs. 1 StGB). Als Tätlichkeit gilt der geringfügige und folgenlose Angriff auf den Körper die Gesundheit eines anderen Menschen, welcher nur Schrammen, Kratzer, Schürfungen, blaue Flecken Quetschungen bewirkt. Insbesondere Ohrfeigen und Faustschläge sind als Tätlichkeiten zu qualifizieren, selbst wenn der Schlag zu vorübergehendem Nasenbluten führte (BSK StGB- Roth/Keshelava, 4. Aufl. Basel 2019, Art. 126 N 2 f. und N 5).

    Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, macht sich wegen Beschimpfung strafbar (Art. 177 Abs. 1 StGB). Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann der Richter den Täter von Strafe befreien (Art. 177 Abs. 2 StGB). Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung Tätlichkeit erwidert worden, so kann der Richter einen beide Täter von Strafe befreien (Art. 177 Abs. 3 StGB). Ratio legis eines Absehens von Strafe ist es, dass die streitenden Teile sich selber schon an Ort und Stelle Gerechtigkeit verschafft haben und der Streit zu unbedeutend ist, als dass das öffentliche Interesse nochmals Sühne verlangen würde (BGE 72 IV 20 E. 2; BSK StGB-Riklin, a.a.O., Art. 177 N 29).

  4. Der Beschwerdeführer anerkannte, dass er die Fresse dieses Wichtigtuers mit der flachen Hand zurückgestossen habe (Urk. 2, Urk. 18 S. 2). Ebenso stritt er nicht ab, gegenüber dem Beschwerdegegner mündlich Beschimpfungen ausgestossen zu haben, erklärte er doch vielmehr, dass er diesem arroganten Würstchen lautstark den Tarif habe durchgeben wollen (Urk. 2, Urk. 18 S. 1; vgl. auch Urk. 6/1 S. 3). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers (Urk. 2, Urk. 18) lassen weder seine geltend gemachte Angst vor einer Corona-Ansteckung noch der Umstand, dass gemäss seiner Darstellung das Fahrzeug des Beschwerdegeg- ners ihm auf einer Privatstrasse den Weg versperrt haben soll, sein Handeln als gerechtfertigt resp. als Notwehrhandlung erscheinen. Der Beschwerdegegner reagierte wie auch der Beschwerdeführer einräumt (Urk. 2, Urk. 18 S. 2) - unvermittelt auf das Wegstossen sowie die Beschimpfungen und schlug den Beschwerdeführer ins Gesicht. Die Staatsanwaltschaft hat den Schlag des Beschwerdegegners zu Recht als Tätlichkeit im Sinne von Art. 126 StGB qualifiziert (Urk. 3 S. 2), trug der Beschwerdeführer doch lediglich eine Schramme am linken Nasenflügel davon (Urk. 6/4). Hieran vermöchte ein allfälliges Bluten der Nase infolge des Schlages wie vom Beschwerdeführer behauptet (Urk. 2) - nichts zu ändern. Die Staatsanwaltschaft hat die Handlung des Beschwerdegegners folglich zu Recht als Retorsionshandlung im Sinne von Art. 177 Abs. 3 StGB eingestuft. Die gestützt auf Art. 177 Abs. 3 StGB verfügte Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung gegenüber dem Beschwerdegegner erweist sich somit als korrekt.

  5. Zusammenfassend ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist.

III.
  1. Angesichts der Bedeutung und Schwierigkeit des Falls sowie des Aufwands des Gerichts ist die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren auf Fr. 1'000.00 festzusetzen (§ 17 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 lit. b - d GebV OG). Die Kosten sind ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO) und aus der von ihm geleisteten Prozesskaution in Höhe von Fr. 1'800.00 zu beziehen (Urk. 10). Der Restbetrag der Prozesskaution ist unter dem Vorbehalt allfälliger Verrechnungsansprüche des Staates an den Beschwerdeführer zurückzuerstatten.

  2. Dem Beschwerdeführer steht ausgangsgemäss keine Entschädigung zu. Dem Beschwerdegegner ist mangels Antrags und wesentlicher Umtriebe keine Entschädigung zuzusprechen.

Es wird verfügt:

(Oberrichter lic. iur. A. Flury)

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten wird.

  2. Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 1'000.00 festgesetzt, dem Beschwerdeführer auferlegt und aus der geleisteten Prozesskaution bezogen. Der Restbetrag der Prozesskaution wird unter dem Vorbehalt allfälliger Verrechnungsansprüche des Staates an den Beschwerdeführer zurückerstattet.

  3. Es werden keine Entschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

    • den Beschwerdeführer (per Gerichtsurkunde)

    • den Beschwerdegegner 1 (per Gerichtsurkunde)

    • die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis (gegen Empfangsbestätigung)

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel an:

    • die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis, unter Rücksendung der beigezogenen Akten (Urk. 6; gegen Empfangsbestätigung)

    • die Zentrale Inkassostelle der Gerichte (elektronisch)

  5. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben wer- den.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Hinweis: Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht einge-

reicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer schweizerischen diplomatischen konsularischen Vertretung übergeben werden.

Zürich, 13. Oktober 2021

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. A. Flury

Gerichtsschreiberin:

lic. iur. D. Tagmann

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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