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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:UE200413
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UE200413 vom 17.09.2021 (ZH)
Datum:17.09.2021
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_1234/2021
Leitsatz/Stichwort:Nichtanhandnahme
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Zürich; Gutachten; Kantons; Staatsanwaltschaft; Liegen; IV-Stelle; Beschwerdegegner; Vertreter; Beschwerdeführers; Verfahren; Gutachter; Falsch; Anhand; Vorliegend; Rechtlich; Nichtanhandnahme; Gericht; AaO; Falsche; Stellt; AaO; Jedoch; Verfügung; Bundesgericht; Urteil; Gerichtlichen
Rechtsnorm: Art. 2 StPO ; Art. 307 StGB ; Art. 309 StGB ; Art. 310 StPO ; Art. 312 StGB ; Art. 317 StGB ; Art. 324 StPO ; Art. 385 StPO ; Art. 390 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 5 BV ; Art. 90 StPO ; Art. 91 StPO ;
Referenz BGE:138 IV 86; 143 IV 40;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UE200413-O/U/GRO

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. A. Flury, Präsident, und lic. iur. D. Oehninger, Oberrichterin lic. iur. K. Eichenberger und Gerichtsschreiber lic. iur.

L. Künzli

Beschluss vom 17. September 2021

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer

vertreten durch Psychotherapeut lic. phil. I B. ,

gegen

  1. C. ,
  2. Verantwortliche Person der IV-Stelle der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich,
  3. Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat,

Beschwerdegegner

betreffend Nichtanhandnahme

Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwalt- schaft Zürich-Limmat vom 21. Januar 2020, A-3/2019/10023891

Erwägungen:

1. Die IV-Stelle der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich (kurz: SVA), verneinte mit Verfügung vom 2. Juli 2019 einen Anspruch von A. auf eine Invalidenrente (vgl. Urk. 5 S. 2 mit Belegstelle).

    1. a) Am 4. bzw. 12. Juli 2019 erhob lic. phil. I B. (Eidgenössisch aner- kannter Psychotherapeut ASP) bei der Kantonspolizei Zürich Strafanzeige

      (Urk. 10/3/1-2). B. ist der Psychotherapeut von A. . Gemäss der von A. erteilten Vollmacht vom 6. Juli 2017 fungiert B. auch als sein Ver- treter in allen finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten (Urk. 10/3/1 [An- hang]). Nicht restlos klar war bzw. ist jedoch, ob B. die beiden Strafanzei- gen in eigenem Namen oder im Namen von A. erhoben hatte.

      Die Strafanzeigen stehen jedenfalls in Zusammenhang mit dem von der IV-Stelle beim D. (D. AG [Ort] [kurz: D. ]) in Auftrag gegebenen Gut- achten über A. (vorliegend: Beschwerdeführer). Sie richten sich gegen die verantwortlichen Personen der IV-Stelle der SVA (vorliegend: Beschwerdegeg- ner 2) als Auftraggeber und gegen den begutachtenden Sachverständigen der D. , Dr. med. C. (vorliegend: Beschwerdegegner 1). Den Beschwer- degegnern 2 wird vorgeworfen, sie hätten der D. vorsätzlich einen Auftrag für eine falsche Begutachtung zum Nachteil des Beschwerdeführers erteilt, und der Beschwerdegegner 1 habe als zuständiger Gutachter vorsätzlich ein falsches Gutachten (bezüglich der Diagnose und des Umfanges der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers) erstellt (a.a.O.).

      b) Die Rapporterstattung der Kantonspolizei Zürich erfolgte am 9. bzw. 16. Juli 2019 (Urk. 10/1/1 und 10/1/2) zuhanden der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat (vorliegend: Beschwerdegegnerin 3, nachstehend: Staatsanwaltschaft).

    2. Die Staatanwaltschaft nahm das Verfahren mit Verfügung vom 21. Januar 2020 nicht an Hand (Urk. 4). Sie teilte den Entscheid weder den Beschwerdegeg- nern 1 und 2 noch dem Beschwerdeführer bzw. B. mit. Zur Begründung führte sie an, es seien keinerlei Untersuchungshandlungen vorgenommen und die

      Beschwerdegegner 1 und 2 seien in keiner Weise tangiert worden. Den Beschwerdeführer betreffend erwog sie, der Straftatbestand von Art. 307 StGB schütze in erster Linie die Ermittlung der materiellen Wahrheit im gerichtlichen Verfahren bzw. im Falle von Art. 309 StGB in anderen Verfahren. Da Individualin- teressen von Art. 307 StGB nur mittelbar geschützt würden, komme dem Beschwerdeführer keine Geschädigtenstellung zu (a.a.O., S. 2).

    3. Am 24. April 2020 stellte B. bei der Oberstaatsanwaltschaft des Kan- tons Zürich (OSTA) unter Bezugnahme auf die vorliegende Strafuntersuchung ein Gesuch um Akteneinsicht. Die OSTA teilte B. am 23. Juni 2020 (als Anzei- geerstatter) mit, dass das Strafverfahren mit Verfügung vom 21. Januar 2020 nicht an Hand genommen und die Untersuchungsakten vom Sozialversiche- rungsgericht des Kantons Zürich zum Verfahren IV.2019.00521 beigezogen wor- den sei (Urk. 10/10).

    4. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies mit Urteil vom

11. September 2020 eine vom Beschwerdeführer gegen die Verfügung der IV- Stelle der SVA vom 2. Juli 2019 eingelegte Beschwerde ab (Urk. 6/5 [Geschäft- Nr. IV.2019.00521]).

    1. Gegen die Nichtanhandnahmeverfügung vom 21. Januar 2020 legte der durch B. vertretene Beschwerdeführer mit Eingabe vom 7. November 2020 Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ein (Urk. 6/1). Da- rin stellte er (sinngemäss) den Antrag auf Rückweisung der Sache an die Staats- anwaltschaft und Fortführung der Strafuntersuchung.

    2. it Beschluss vom 27. November 2020 trat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich auf die Beschwerde mangels sachlicher Zuständigkeit nicht ein und überwies die Akten (nach Eintritt der Rechtskraft) zuständigkeitshalber an die III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich (Urk. 5).

4. Die Kammer hat nach Beizug und Einsicht in die Untersuchungsakten von einer Zustellung der Beschwerdeschrift an die Gegenparteien abgesehen (vgl. Art. 390 Abs. 2 StPO). Die Sache erweist sich als spruchreif.

    1. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen eine Nichtanhandnahmever- fügung der Staatsanwaltschaft. Dagegen ist die Beschwerde beim Obergericht zu- lässig (Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2, Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO und § 49 GOG/ZH).

    2. a) Was die weiteren Eintretensvoraussetzungen betrifft, stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeerhebung fristgemäss erfolgte.

  1. Die Beschwerde ist innert 10 Tagen schriftlich und begründet bei der Beschwerdeinstanz einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO). Fristen, die durch eine Mit- teilung oder ein Ereignis ausgelöst werden, beginnen am folgenden Tag zu laufen (Art. 90 Abs. 1 StPO). Die Frist gilt auch dann als gewahrt, wenn die Eingabe spä- testens am letzten Tag der Frist bei einer nicht zuständigen schweizerischen Be- hörde eingeht bzw. zu deren Handen der Schweizerischen Post übergeben wird (Art. 91 Abs. 2 und 4 StPO; RIEDO, BSK StPO, 2. Auflage, Basel 2014, N 47 zu Art. 91 StPO). Wenn die Eingabe - namentlich mit dem Ziel der Verfahrensverzö- gerung - jedoch absichtlich bei einer nicht zuständigen Behörde eingereicht wur- de, findet die Bestimmung keine Anwendung. Rechtsmissbräuchliches Verhalten verdient keinen Rechtsschutz (RIEDO, a.a.O., N 43 zu Art. 91 StPO). Die Beweis- last für die Einhaltung einer prozessualen Frist trägt, wer an die fragliche Frist ge- bunden ist (RIEDO, a.a.O., N 68 zu Art. 91 StPO).

  2. Der Vertreter des Beschwerdeführers führt unter dem Titel Frist aus, in der angefochtenen Verfügung sei eine 10 tägige Frist für eine Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich III. Strafkammer, Hirschengraben 13/15, Postfach 2401, 8021 Zürich angegeben worden (Urk. 6/1 S. 2).

    Der Vertreter des Beschwerdeführers war sich somit offenbar im Klaren darüber, dass die Beschwerdeschrift bei der hiesigen Kammer eingelegt werden muss. Unerklärlicherweise adressierte er die Beschwerdeschrift aber an das Sozialversi- cherungsgericht des Kantons Zürich. Da es sich bei B. um einen juristi- schen Laien handelt, ist wohl eher von einem Versehen oder Missverständnis

    auszugehen. Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten sind in die- sem Zusammenhang jedenfalls nicht konkret erkennbar.

  3. Was die Wahrung der 10-tägigen Frist angeht, lässt der Beschwerdeführer wei- ter ausführen, die Frist habe nicht eingehalten werden können, da weder dem Anzeiger der Strafanzeige noch dem Betroffenen die Nichtanhandnahmever- fügung mitgeteilt worden sei (Urk. 6/1 S. 2).

    Das mag im Ansatz richtig sein. Der Vertreter des Beschwerdeführers blendet je- doch aus, dass ihm die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich bereits am

    23. Juni 2020 mitgeteilt hatte, das Strafverfahren sei mit Verfügung vom

    21. Januar 2020 erledigt bzw. nicht an Hand genommen worden (Urk. 10/10). Diese schriftliche Mitteilung kann - zumindest nach Treu und Glauben - durchaus als fristauslösend betrachtet werden. Sie kann jedoch nur fristauslösende Wirkung haben, wenn sie auch rechtsgültig zugestellt wurde, da schriftliche Mitteilungen empfangsbedürftig sind (RIEDO, BSK StPO, a.a.O., N 13 zu Art. 90 StPO). Ob bzw. wann der Vertreter des Beschwerdeführers das Schreiben vom 23. Juni 2020 in Empfang genommen hat, lässt sich anhand der Akten nicht rekonstruie- ren, da ein Zustellungsbeleg fehlt und nicht ersichtlich ist, in welcher Form die schriftliche Mitteilung erfolgte.

    Die Beschwerdeschrift datiert vom 7. November 2020 und wurde erst am 13. No- vember 2020 der Post übergeben, also mehr als 4 Monate nach dem Schreiben vom 23. Juni 2020. Anhaltspunkte dafür, dass der Vertreter des Beschwerdefüh- rers das fragliche Schreiben und/oder die Nichtanhandnahmeverfügung erst an- fangs November 2020 zur Kenntnis genommen haben könnte, liegen keine vor. Ein entsprechendes Szenario erscheint unwahrscheinlich und eine Erklärung für die erhebliche Verzögerung wird in der Beschwerdeschrift - in Verkennung der prozessualen Beweislast - auch nicht dargelegt. Abgesehen davon entsteht der Eindruck, dass der Beschwerdeführer zunächst das Ergebnis des sozialversiche- rungsgerichtlichen Verfahrens abwarten wollte und sich erst nach Erhalt des ab- weisenden Urteils vom 11. September 2020 (Urk. 6/5) dazu veranlasst sah, den strafrechtlichen Weg mittels Beschwerdeerhebung weiter zu verfolgen. Ein entsprechendes Taktieren bzw. Zuwarten würde aber rechtsmissbräuchliche Züge aufweisen, was von vornherein keinen Rechtsschutz verdient.

  4. Letztlich kann die Frage der Rechtzeitigkeit (und auch jene der Geschä- digteneigenschaft bzw. Beschwerdelegitimation [vgl. Urk. 6/1 S. 3-4]) aber offen gelassen werden, da der Beschwerde in materieller Hinsicht ohnehin kein Erfolg beschieden ist (nachfolgend E. 6).

    1. Gemäss Art. 310 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft (u.a.) die Nicht- anhandnahme der Untersuchung, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Po- lizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände oder die Prozess voraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (lit. a).

      Die Frage, ob ein Strafverfahren durch die Strafverfolgungsbehörde über eine Nichtanhandnahme erledigt werden kann, beurteilt sich nach dem aus dem Lega- litätsprinzip abgeleiteten Grundsatz in dubio pro duriore (Art. 5 Abs. 1 BV und Art. 2 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 319 Abs. 1 und Art. 324 Abs. 1 StPO; BGE 138 IV 86 E. 4.2). Danach darf eine Nichtanhandnahme durch die Staatsanwaltschaft gestützt auf Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen ergehen, so bei offensichtlicher Straflosigkeit, wenn der Sachverhalt mit Sicherheit nicht unter einen Straftatbestand fällt, oder bei eindeutig fehlenden Prozessvoraussetzungen.

    2. Die Staatsanwaltschaft erwog zur Begründung der Nichtanhandnahme (Urk. 4

      S. 2), eine Strafbarkeit nach Art. 307 StGB setze voraus, dass das Gutachten in einem gerichtlichen Verfahren erstattet worden sei. Das sei vorliegend nicht der Fall, da es sich bei der IV-Stelle um eine Verwaltungseinheit handle. Eine Anwen- dung von Art. 309 lit. a StGB komme nicht in Frage, da die von der IV-Stelle be- stellten Gutachter nicht unter diese Strafnorm fallen würden. Weiter setze Art. 307 StGB voraus, dass der Gutachter auf die strafrechtlichen Konsequenzen einer fal- schen Begutachtung hingewiesen worden sei. Ein dahingehender Hinweis sei vor- liegend nicht ersichtlich. Darüber hinaus erwog die Staatsanwaltschaft, der Beschwerdeführer habe nicht konkret ausgeführt, was am Gutachten falsch sein soll, sondern mache lediglich geltend, mit den Diagnosen nicht einverstanden zu sein.

      Ein Gutachter habe bei der Erstellung eines Gutachtens, insbesondere bei einem psychiatrischen Gutachten, ein grosses Ermessen. Allein aus der Tatsache, dass ein anderer Gutachter zu einem abweichenden Ergebnis gelange, könne nicht di- rekt eine Falschbeurkundung bzw. ein falsches Gutachten abgeleitet werden. Ebenso wenig bestünden Hinweise, dass die IV-Stelle den Beschwerdegegner 1 dazu beauftragt habe, ein falsches Gutachten zu erstellen.

    3. Der Vertreter des Beschwerdeführers bringt dagegen vor, er sei mit der Be- gründung überhaupt nicht einverstanden. Er vermute einen Fehler in der Gesetz- gebung, wenn Art. 307 StGB nur in Gerichtsverfahren zur Anwendung kommen sollte. Die von der IV-Stelle bevorzugten Gutachter würden keiner gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Auch habe er klar begründet, dass es sich um eine eindeu- tige Falschbeurteilung handle. Die D. und die IV-Stelle würden auf unstatt- hafte Weise vor ihrer Verantwortungsübernahme geschützt. Der Beschwerdefüh- rer habe weiter auch keine Verfügungsmacht darüber, ob die IV-Stelle den Gut- achter auf die strafrechtlichen Konsequenzen einer falschen Begutachtung hin- gewiesen habe. Die Argumentation der Staatsanwaltschaft sei daher weltfremd (Urk. 1 S. 4).

    4. a) Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Sachverständiger einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten abgibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 307 Abs. 1 StGB). In subjektiver Hinsicht wird Vorsatz verlangt, wobei Eventualvorsatz genügt (DELNON/RÜDY, BSK Straf- recht II, 4. Auflage, Basel 2019, N 31 zu Art. 307 StGB). Dieser Straftatbestand findet auch auf das Verwaltungsgerichtsverfahren, das Schiedsgerichtsverfahren und das Verfahren vor Behörden und Beamten der Verwaltung, denen das Recht der Zeugenabhörung zusteht, Anwendung (Art. 309 lit. a StGB).

      1. Im von der Staatsanwaltschaft zitierten Bundesgerichtsentscheid ging es um ein Gutachten des Ärztlichen Begutachtungsinstituts (ABI), das von der IV-Stelle Luzern in Auftrag gegeben worden war. Das Bundesgericht erwog, im Zusam- menhang mit der Auftragserteilung an das ABI stelle sich die letztinstanzlich frei überprüfbare Rechtsfrage, ob diese einen Hinweis auf die Strafandrohung ge- mäss Art. 307 in Verbindung mit Art. 309 lit. a StGB hätte enthalten müssen. Dies

        sei zu verneinen. Anders als die vom Gericht ernannten medizinischen Sachver- ständigen fielen die von der IV-Stelle bestellten Gutachter nicht unter diese Straf- norm. Auch unabhängig von einem speziellen Hinweis für jeden Begutachtungs- auftrag würden sie jedoch der Pflicht obliegen, nach bestem Wissen und Gewis- sen zu amten (BuGer 8C_370/2010, Urteil vom 7. Februar 2011, E. 5.5.1; s.a. BuGer 8C_829/2015, Urteil vom 27. Juni 2016, E. 4.2 a.E.).

      2. Da die von einer IV-Stelle bestellten Gutachter das Gutachten nicht im Sinne von Art. 307 StGB in einem gerichtlichen Verfahren und auch nicht im Sinne von Art. 309 lit. a StGB in einem Verwaltungs- oder Schiedsgerichtsverfahren oder in einem Verfahren vor Behörden und Beamten der Verwaltung, denen das Recht der Zeugenabhörung zusteht, abgeben, fehlt es an einem objektiven Tatbestands- element (vgl. DELNON/RÜDY, BSK Strafrecht II, a.a.O., N 17 f. zu Art. 307 StGB und N 3 zu Art. 309 StGB). Entsprechendes gilt auch im vorliegenden Fall, nach- dem das umstrittene Gutachten vom 18. April 2019 im Auftrag der IV-Stelle der SVA bzw. der Beschwerdegegner 2 erstattet worden war (Urk. 10/5). Wenn die Staatsanwaltschaft bei dieser Ausgangslage bereits aus formellen Gründen von einer fehlenden Strafbarkeit nach Art. 307 i.V.m. Art. 309 lit. a StGB ausgeht, ist das nicht zu beanstanden. Die gegenteilige (eher rechtspolitisch motiviert schei- nende) Ansicht des Vertreters des Beschwerdeführers vermag daran nichts zu ändern.

    5. a) Soweit der Vertreter des Beschwerdeführers in der Beschwerdeschrift in- haltliche Mängel des Gutachtens (eindeutige Falschbeurteilung) geltend machen will, muss er sich entgegenhalten lassen, dass er lediglich auf die beiden Strafan- zeigen verwiesen hat (Urk. 6/1 S. 4). Auch wenn die Anforderungen an die Beschwerdebegründung wie beim Beschwerdeantrag und im Falle von Laienbe- schwerden nicht überspannt werden dürfen, hat sich die Beschwerdebegründung doch in minimaler Form mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids aus- einanderzusetzen. Daran mangelt es z.B., wenn die Richtigkeit der tatsächlichen oder rechtlichen Erwägungen der angefochtenen Verfahrenshandlung (wie vorlie- gend) einfach pauschal bestritten wird (GUIDON, BSK StPO, a.a.O., N 9c zu

      Art. 396 StPO; ZIEGLER/KELLER, BSK StPO, a.a.O., N 1 f. zu Art. 385 StPO; BGE 143 IV 40 E. 3.4.1; BuGer 6B_1404/2016, Urteil vom 13. Juni 2017, E. 1.2.3).

      b) Weiter sind gutachterliche Schlussfolgerungen nicht falsch, solange sie vertret- bar sind (DELNON/RÜDY, BSK Strafrecht II, a.a.O., N 23 zu Art. 307 StGB m.H.). Auch können mehrere Gutachter unterschiedliche Auffassungen vertreten, die für sich betrachtet berechtigt sind bzw. als vertretbar erscheinen. Mit der Staatsan- waltschaft ist daher festzuhalten, dass aus der Tatsache, dass ein anderer Gut- achter (oder eine andere fachkundige Person wie der Vertreter des Beschwerde- führers) eine gegenteilige Ansicht vertritt, nicht einfach abgeleitet werden kann, die Schlussfolgerungen im kritisierten Gutachten (des Beschwerdegegners 1) sei- en unvertretbar bzw. im strafrechtlich relevanten Sinne falsch. Die Staatsanwalt- schaft konnte daher ohne Verletzung von Bundesrecht davon ausgehen, es be- stehe kein für die Eröffnung einer Strafuntersuchung ausreichender Verdacht hin- sichtlich des Vorwurfs der Abgabe eines falschen Gutachtens, und etwas Gegen- teiliges wird in der Beschwerdeschrift wie gesagt auch nicht dargetan. Damit ein- hergehend scheidet auch Urkundenfälschung gemäss Art. 251 Ziff. 1 StGB bzw. Urkundenfälschung im Amt nach Art. 317 StGB aus, ebenso ein anderweitig straf- rechtlich relevantes Verhalten wie Amtsmissbrauch nach Art. 312 StGB.

    6. Anzumerken ist das Folgende: Der Vertreter des Beschwerdeführers führt aus, Gegenstand des Verfahrens sei eine MEDAS-Gutachterinstitution (=Medizinische Abklärungsstelle) (Urk. 6/1 S. 3).

Es trifft zu, dass das bemängelte Gutachten des D. zu den sog. MEDAS- Expertisen zählt. Unklar ist jedoch, was der Vertreter des Beschwerdeführers dar- aus mit Blick auf eine strafrechtliche Relevanz abzuleiten versucht. Das Sozial- versicherungsgericht des Kantons Zürich hat im Urteil vom 11. September 2020 jedenfalls dargelegt, dass das bidisziplinäre Gutachten des D. vom 18. April 2019 die Anforderungen an den Beweiswert eines medizinischen Gutachtens er- fülle. Ebenso hat es die inhaltliche Aussage- und Überzeugungskraft des fragli- chen Gutachtens unter Berücksichtigung der Kritik des Vertreters des Beschwer- deführers bejaht, namentlich hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdefüh- rers in der angestammten und in einer angepassten Tätigkeit (Urk. 6/5 S. 13 f. [E.

5.1] und S. 15 ff. [E. 6.1 ff., insb. E. 6.3]). Bereits mit Urteil 9C_400/2010 vom

9. September 2010 (E. 4.1) hatte das Bundesgericht sodann die grundsätzliche Beweistauglichkeit der sog. MEDAS-Expertisen mit Blick auf das von Prof. Dr. iur. Jörg Paul Müller und Dr. iur. Johannes Reich verfasste Rechtsgutachten zur Vereinbarkeit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur medizinischen Begut- achtung durch Medizinische Abklärungsstellen betreffend Ansprüche auf Leistun- gen der Invalidenversicherung mit Art. 6 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 11. Februar 2010 bestätigt. Dies auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass in der Praxis sog. MEDAS-Expertisen von gewinnorientierten Unternehmen mit umfangreichen Tätigkeiten für IV-Stellen erstattet werden (E. 4.2).

  1. Abschliessend ist festzuhalten, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann.

  2. Der unterliegende Beschwerdeführer hätte ausgangsgemäss die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Von der Ansetzung ei- ner Gerichtsgebühr bzw. einer Kostenauflage an den Beschwerdeführer ist auf- grund der vorliegenden Umstände jedoch ausnahmsweise abzusehen. Eine Ent- schädigung der Beschwerdegegner 1 und 2 fällt mangels wesentlicher Umtriebe ausser Betracht.

Es wird beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.

  2. Die Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz.

  3. Es werden keine Entschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

    • lic. phil. I B. , zweifach, für sich und den Beschwerdeführer (per Gerichtsurkunde)

    • den Beschwerdegegner 1 (persönlich/vertraulich per Gerichtsurkun- de)

    • die Beschwerdegegner 2 bzw. zuhanden Rechtsdienst der Sozialversi- cherungsanstalt des Kantons Zürich (per Gerichtsurkunde)

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat ad A-3/2019/10023891, unter Rücksendung der beigezogenen Akten (Urk. 10) (gegen Empfangsbe- stätigung).

  5. Rechtsmittel:

Gegen diese Entscheide kann Beschwerde in Strafsachen erhoben wer- den. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schrift- lich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichts- gesetzes.

Hinweis: Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht einge- reicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplo- matischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden.

Zürich, 17. September 2021

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. A. Flury

Gerichtsschreiber:

lic. iur. L. Künzli

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