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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:UE180336
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UE180336 vom 08.03.2019 (ZH)
Datum:08.03.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Nichtanhandnahme
Schlagwörter : Beschwerde; Leiter; Beschwerdeführer; Staatsanwaltschaft; Beschwerdegegner; Nichtanhandnahme; Defekt; Unfall; Lehrling; Defekt; Recht; See/Oberland; Aussage; Arbeit; Kantons; Verfahren; Entschädigung; Unfallstelle; Festgestellt; Nichtanhandnahmeverfügung; Rechtsmittel; Auferlegt; Untersuchung; Prozesskaution; Untersuchung; Befragung; Empfang; Polizei
Rechtsnorm: Art. 11 StGB ; Art. 125 StGB ; Art. 2 StPO ; Art. 306 StPO ; Art. 309 StPO ; Art. 310 StPO ; Art. 383 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 5 BV ; Art. 8 StPO ;
Referenz BGE:137 IV 285; 138 IV 86; 143 IV 397;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UE180336-O/U/HEI

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Flury, Präsident, Oberrichterin lic. iur. C. Gerwig und Oberrichter lic. iur. D. Oehninger sowie Gerichtsschreiber lic. iur. S. Betschmann

Beschluss vom 8. März 2019

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

  1. B. ,
  2. Staatsanwaltschaft See/Oberland,

    Beschwerdegegner

    betreffend Nichtanhandnahme

    Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 11. Dezember 2018, C-5/2018/10031253

    Erwägungen:

    1.
      1. Am 13. September 2018 rapportierte die Kantonspolizei Zürich gegen

        B. (Beschwerdegegner) wegen fahrlässiger Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB, weil er es als Geschäftsführer der C. AG und damaliger Arbeitgeber von A. (Beschwerdeführer) unterlassen habe, eine defekte Bockleiter auszuwechseln, von welcher der Beschwerdeführer am 16. März 2018 im Rahmen eines Arbeitseinsatzes aus einigen Metern auf den Betonboden gestürzt sei und sich verletzt habe (Urk. 11/1).

        Die Staatsanwaltschaft See/Oberland nahm mit Verfügung vom 11. Dezember 2018 eine Untersuchung nicht an Hand. Sie erwog dazu, es lägen keine objektiven Beweise vor, die einen Defekt an der vom Beschwerdeführer verwendeten Leiter belegen würden. Sämtliche Mitarbeiter der C. AG hätten ausgesagt, dass das Arbeitsmaterial jederzeit in einem einwandfreien Zustand gewesen sei und ihnen keine Beschädigung oder Defekte bekannt gewesen seien. Zur selben Überzeugung seien die an den Ereignisort ausgerückten Polizisten gekommen. Darüber hinaus könnten allfällige Mängel, welche selbst dem Beschwerdeführer bei der von ihm durchgeführten Sichtkontrolle vor Arbeitsbeginn nicht aufgefallen waren, dem Beschwerdegegner nicht zum Vorwurf gemacht werden (Urk. 6 insbesondere E. 7 und 10).

      2. Dagegen lässt der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 24. Dezember 2018 Beschwerde führen und folgende Anträge stellen (Urk. 2 S. 2):

        1. Die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 11. Dezember 2018 sei aufzuheben;

        1. Die Staatsanwaltschaft See/Oberland sei anzuweisen, gegen den Beschwerdegegner 1 (Beschuldigter B. ) sowie gegen Unbekannt [ ] eine Strafuntersuchung zu eröffnen;

        2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich 8,0% Mehrwertsteuer) zu Lasten der Beschwerdegegner.

Den ihm auferlegten Prozesskostenvorschuss von Fr. 2000.- leistete der Beschwerdeführer am 29. Januar 2019 (Urk. 9).

    1. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf eine Stellungnahme (Urk. 12). Der Beschwerdegegner liess sich nicht vernehmen (vgl. Urk. 15).

2. Der Beschwerdeführer lässt in seiner Beschwerde (Urk. 2) zusammengefasst und im Wesentlichen vorbringen, er habe für seine Arbeit am 16. März 2018 von einem Monteur eine Leiter erhalten, welche sich im Nachhinein als defekt herausgestellt habe, was jedoch nicht offensichtlich gewesen sei und was er erst nach dem Unfall und noch auf der Unfallstelle von einem Lehrling der C. AG erfahren habe. Als er, der Beschwerdeführer, sich circa auf der drittobersten Stufe der Leiter befunden habe, sei die Leiter plötzlich zugeklappt und er aus einigen Metern Höhe zu Boden gefallen. Da die Unfallsituation bei Eintreffen der Polizei bereits verändert gewesen sei und auf der Baustelle offenbar mehrere Leitern im Einsatz gestanden seien, sei nicht erstellt, von welcher Leiter der Beschwerdefüh- rer gestürzt sei. Da diese zentrale Frage nicht geklärt sei, könne sich die Staatsanwaltschaft nicht darauf berufen, dass eine allfällige Strafbarkeit bereits daran scheitere, dass nicht festgestellt werden könne, dass ein Defekt an der Leiter ursächlich für den Sturz gewesen sei (a. a. O. Rz. 3). Der Lehrling D. habe den Beschwerdeführer offensichtlich noch auf der Unfallstelle wissen lassen, dass die fragliche Leiter, welche zum Unfall geführt habe, offensichtlich defekt gewesen sei. Diese Aussagen habe der Lehrling anlässlich der Einvernahme vom

24. August 2018 allerdings nicht bestätigt und vielmehr geltend gemacht, nichts über den Zustand der Leiter gewusst bzw. nur gehört zu haben, dass die Leiter in Ordnung gewesen sei (a. a. O. Rz. 4). Obschon der Beschwerdeführer im Strafantrag ausdrücklich darum ersucht habe, an Einvernahmen teilnehmen zu können, sei ihm dies nicht gewährt worden und so sei ihm die Möglichkeit genommen worden, klärende Fragen an die Auskunftspersonen zu richten oder Stellung zu deren Aussagen zu nehmen (a. a. O. Rz. 7). Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft sei es zudem nicht zutreffend, dass das Material der C: AG stets gut gewartet und keine Defekte bekannt gewesen seien. So habe es - gemäss Aussagen des Beschwerdegegners - auch schon einmal eine Leiter gegeben, welche mit einer Gewinderohrstange verstrebt gewesen und welche trotzdem auf einem Neubau im Einsatz gewesen sei (a. a. O. Rz. 8). Aus all diesen Gründen sei der Sachverhalt nicht abschliessend geklärt worden und könne über eine

Nichtanhandnahme somit nicht abschliessend entschieden werden. Die Staatsanwaltschaft sei daher anzuweisen, eine Strafuntersuchung gegen den Beschwerdegegner und eventuell gegen Unbekannt zu eröffnen und weitere Abklä- rungen, insbesondere Befragungen des Beschuldigten und der Auskunftspersonen sowie der Sanität in Anwesenheit des Beschwerdeführers und dessen Rechtsbeistands, zu tätigen (a. a. O. Rz. 9).

3. Nach Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO eröffnet die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus einer Strafanzeige oder aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt. Sie verzichtet auf die Eröffnung, wenn sie sofort eine Nichtanhandnahmeverfügung oder einen Strafbefehl erlässt (Art. 309 Abs. 4 StPO). Gemäss Art. 310 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme der Untersuchung, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände oder die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (lit. a), wenn Verfahrenshindernisse bestehen (lit. b) oder wenn aus Gründen der Opportunität auf eine Strafverfolgung zu verzichten ist

(lit. c i. V. m. Art. 8 StPO). Die Frage, ob ein Strafverfahren durch die Strafverfolgungsbehörde über eine Nichtanhandnahme erledigt werden kann, beurteilt sich nach dem aus dem Legalitätsprinzip abgeleiteten Grundsatz in dubio pro duriore (Art. 5 Abs. 1 BV und Art. 2 Abs. 1 StPO i. V. m. Art. 319 Abs. 1 und Art. 324

Abs. 1 StPO; BGE 138 IV 86 E. 4.2). Danach darf eine Nichtanhandnahme durch die Staatsanwaltschaft gestützt auf Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen ergehen. Im Zweifelsfall, wenn die Nichtanhandnahmegründe nicht mit Sicherheit gegeben sind, muss das Verfahren er- öffnet werden (vgl. BGE 137 IV 285 E. 2.3). Der Grundsatz in dubio pro duriore ist unter Würdigung der im Einzelfall gegebenen Umstände zu handhaben. Die Staatsanwaltschaft und die Beschwerdeinstanz verfügen insoweit über einen gewissen Spielraum (Urteil des Bundesgerichts 6B_717/2013 vom 7. März 2014

E. 2.1 mit weiteren Hinweisen).

4.
    1. Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 125 Abs. 1 StGB). Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden (Art. 11 Abs. 1 StGB).

    2. Wie der Beschwerdeführer selber darlegt, konnte die von ihm benutzte Leiter nicht sichergestellt werden, womit auch nicht mehr nachgewiesen werden kann, ob die fragliche Leiter defekt war. Damit liegen keine objektiven Anhaltspunkte auf ein strafbares Verhalten in Zusammenhang mit dem Unfall vor. Daran würde auch nichts ändern, dass der anwesende Lehrling in Gegenwart der Rettungssanitäter dem Beschwerdeführer auf der Unfallstelle gesagt haben soll, die Leiter sei offensichtlich defekt gewesen. Dies weil der Lehrling - wie der Beschwerdeführer selber vorbringt - in der Befragung durch die Kantonspolizei Zürich vom 24. August 2018 zu Protokoll gegeben hatte, nichts über den Zustand der Leiter gewusst zu haben bzw. nur gehört zu haben, dass die Leiter in Ordnung gewesen sei

      (Urk. 11/7/2 S. 2 ff.). Unter diesen Umständen ist nicht davon auszugehen, dass er mehr als neun Monate nach dem Unfall seine Aussage in einer weiteren Einvernahme ändern könnte. Der Beschwerdeführer bringt zudem selber vor, er habe eine Sichtkontrolle der Leiter gemacht und dabei keine Defekte festgestellt. Es erscheint daher auch unter Würdigung dieser Tatsache nicht wahrscheinlich, dass der Lehrling, welcher selber nicht mit der Leiter gearbeitet hat, einen offensichtlichen Defekt an der Leiter festgestellt haben soll.

      Wie bereits mehrfach festgestellt, konnte die vom Beschwerdeführer benutzte Leiter nicht sichergestellt werden und kann der Defekt daher nicht mehr nachgewiesen werden. Alleine aufgrund der behaupteten Aussage des Lehrlings auf der Unfallstelle, die Leiter sei offensichtlich defekt gewesen, was - wie dargelegt - nicht nachvollziehbar erscheint, lässt sich ein Defekt an der verwendeten Leiter jedenfalls nicht rechtsgenügend erstellen. Fehlt es aber an einem Nachweis eines Defekts an der Leiter, fällt eine Strafbarkeit des Beschwerdegegners, wie die Staatsanwaltschaft zu Recht ausgeführt hat, von vornherein ausser Betracht. Daran vermag auch die - unbelegte Behauptung - des Beschwerdeführers, es seien im

      Unternehmen des Beschwerdegegners in der Vergangenheit bereits defekte Leitern eingesetzt worden, nichts zu ändern.

    3. Bei den polizeilichen Befragungen der Beteiligten (Urk. 11/7) handelt es sich vorliegend schliesslich um solche im Rahmen des polizeilichen Ermittlungsverfahrens (Art. 306 StPO), weshalb dem Beschwerdeführer - entgegen seiner Auffassung - kein Teilnahmerecht zustand (BGE 143 IV 397 E. 3.3.2).

    4. Damit sind die Voraussetzungen für die Eröffnung einer Strafuntersuchung nicht erfüllt. Die erlassene Nichtanhandnahmeverfügung ist nicht zu beanstanden. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.

5. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 900.- festzusetzen (§ 17 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 GebV OG), ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer aufzuerlegen und mit der bezogenen Prozesskaution zu verrechnen (Art. 383 Abs. 1 StPO). Eine Entschädigung steht ihm dementsprechend nicht zu. Im Restbetrag ist die Kaution - vorbehältlich allfälliger Verrechnungsansprüche des Staates - dem Beschwerdeführer zurückzuerstatten. Dem Beschwerdegegner ist mangels Umtriebe keine Entschädigung zuzusprechen.

Es wird beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf Fr. 900.- festgesetzt, dem Beschwerdeführer auferlegt und mit der geleisteten Prozesskaution verrechnet.

  3. Es werden keine Entschädigungen ausgerichtet.

  4. Die vom Beschwerdeführer geleistete Prozesskaution wird diesem nach Abzug der ihm gemäss Ziff. 2 auferlegten Kosten zurückerstattet, vorbehältlich allfälliger Verrechnungsansprüche des Staates.

  5. Schriftliche Mitteilung an:

    • Rechtsanwalt lic. iur. X. , zweifach, für sich und den Beschwerdeführer (per Gerichtsurkunde)

    • den Beschwerdegegner (per Gerichtsurkunde)

    • die Staatsanwaltschaft See/Oberland ad C-5/2018/10031253 (gegen Empfangsbestätigung)

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Erledigung allfälliger Rechtsmittel an:

    • die Staatsanwaltschaft ad C-5/2018/10031253 unter Rücksendung der beigezogenen Akten (Urk. 11; gegen Empfangsbestätigung)

    • die Zentrale Inkassostelle der Gerichte.

  6. Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen. Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Zürich, 8. März 2019

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Der Präsident:

lic. iur. A. Flury

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. S. Betschmann

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