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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:UE170142
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UE170142 vom 12.09.2017 (ZH)
Datum:12.09.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Einstellung
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdegegner; Zivildienst; Ausland; Staatsanwaltschaft; Beschwerdeführer; Beschwerdeführerin; Schweiz; Amtes; Verfahren; Bundes; Zivildiensteinsatz; Regionalzentrum; Schweizer; Einstellung; Auslandurlaub; Pflicht; Verfügung; Aufgebot; Einsatz; Rechtlich; Behörde; Regionalzentrums; Einschreiben; Kerungsamt; Verfahrens; Abmeldung
Rechtsnorm: Art. 10 StPO ; Art. 12 StGB ; Art. 135 StPO ; Art. 310 StPO ; Art. 319 StPO ; Art. 421 StPO ; Art. 59 BV ; Art. 8 StPO ;
Referenz BGE:137 IV 219;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UE170142-O/U/KIE

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Th. Meyer, Präsident, die Ersatzoberrichter

lic. iur. A. Schärer und lic. iur. Th. Vesely sowie Gerichtsschreiber lic. iur. S. Bucher

Beschluss vom 12. September 2017

in Sachen

Schweizerische Eidgenossenschaft,

Rechtsdienst, Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF,

Beschwerdeführerin

gegen

  1. A. ,
  2. Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, Beschwerdegegner

1 amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X. , betreffend Einstellung

Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Zü- rich-Limmat vom 3. Mai 2017, C-1/2014/10008349 (Dossier 45)

Erwägungen:

I.
  1. Am 8. August 2016 erstattete die Beschwerdeführerin Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF, Vollzugsstelle für Zivildienst ZIVI, Zentralstelle, gegen A. (Beschwerdegegner 1) Strafanzeige wegen Zivildienstversäumnisses gemäss Art. 73 bzw. Art. 74 des Zivildienstgesetzes (ZDG; SR 824.0), eventualiter Zivildienstverweigerung im Sinne von Art. 72 ZDG. Gegen den Beschwerdegegner 1 seien bereits zwei Disziplinarverfügungen der Zentralstelle wegen Zivildienstversäumnisses ergangen. Zuletzt sei der Beschwerdegegner 1 mit Verfügung des Regionalzentrums Rüti vom 6. April 2016 von Amtes wegen zu einem Zivildiensteinsatz vom 25. Juli 2016 bis 20. Januar 2017 beim Einsatzbetrieb Schweizer Jugendherbergen SJH, Jugendherberge B. , zur Leistung des langen Einsatzes aufgeboten worden. Diesen Einsatz habe der Beschwerdegegner 1 nicht angetreten (Urk. 3/1).

  2. Mit Verfügung vom 3. Mai 2017 stellte die Staatsanwaltschaft ZürichLimmat (Beschwerdegegnerin 2; nachfolgend: Staatsanwaltschaft) das Verfahren gegen den Beschwerdegegner 1 betreffend Vergehen gegen das ZDG ein

(Urk. 3/2). Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am 19. Mai 2017 Beschwerde (Urk. 2). Mit Verfügung der Kammer vom 30. Mai 2017 wurde dem Beschwerdegegner 1 Frist zur freigestellten Stellungnahme zur Beschwerde und der Staatsanwaltschaft Frist zur Stellungnahme und zur Einsendung der Akten angesetzt (Urk. 6). Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Stellungnahme (Urk. 9). Der Beschwerdegegner 1 liess sich mit Eingabe vom 9. Juni 2017 vernehmen (Urk. 10).

Hiezu replizierte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 21. Juli 2017

(Urk. 14). Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Beschwerdegegner 1 verzichteten auf Duplik (Urk. 22; Urk. 24).

II.

1. Die Strafverfolgung im Bereich der Zivildienstpflicht erfolgt auf Anzeige der Vollzugsstelle und obliegt den Kantonen (Art. 78 Abs. 2 ZDG). Gegen Nichtanhandnahmeund Einstellungsverfügungen kann die Vollzugsstelle Beschwerde erheben (Art. 78a ZDG). Die Beschwerdeführerin ist folglich zur Erhebung der Beschwerde legitimiert. Die weiteren Eintretensvoraussetzungen (Art. 393 ff. StPO) geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

    1. Zur Begründung der Einstellung der Untersuchung bringt die Staatsanwaltschaft vor, der Beschwerdegegner 1 habe ausgeführt, seit dem 15. Oktober 2015 im Ausland zu leben und seither bei den Behörden offiziell abgemeldet zu sein. Er habe aufgrund des Auslandaufenthaltes keine Kenntnis von der Dienstpflicht gehabt und sei davon ausgegangen, mit der Abmeldung bei den zivilen Behörden seinen Pflichten nachgekommen zu sein. Aus den genannten Gründen könne ihm weder ein vorsätzliches noch ein fahrlässiges Handeln vorgeworfen werden, so dass die gegen ihn angehobene Strafuntersuchung einzustellen sei (Urk. 3/2 S. 1 f.).

    2. Die Beschwerdeführerin entgegnet, der Beschwerdegegner sei am

      22. Mai 2013 zum Zivildienst zugelassen worden und seither zivildienstpflichtig. Am 10. Januar 2014 habe er den Einführungskurs zum Zivildienst absolviert. Anlässlich dieses Kurses sei er u.a. über seine Rechte und Pflichten im Zivildienst informiert worden, auch betreffend Auslandurlaub und Meldepflichten. Somit habe der Beschwerdegegner 1 gewusst, dass er vorgängig ein Gesuch um Auslandurlaub einreichen müsse, wenn er sich für mehr als zwölf Monate ununterbrochen im Ausland aufhalten wolle. Er habe ihr - der Beschwerdeführerin - jedoch kein Gesuch um Auslandurlaub eingereicht, so dass ihm auch keine entsprechende Bewilligung vorgelegen habe und er die ordentliche Zivildienstleistung hätte erbringen müssen. Eine Abmeldung bei anderen zivilen Behörden habe den Beschwerdegegner 1 keineswegs von dieser Pflicht befreit, was dieser aufgrund der Informationen anlässlich des absolvierten Einführungskurses hätte wissen müs- sen.

      Mit Einschreiben des Regionalzentrums Rüti vom 12. März 2015 sei der Beschwerdegegner 1 gemahnt worden, eine Einsatzvereinbarung einzureichen, andernfalls ein gebührenpflichtiges Aufgebot von Amtes wegen verfügt werde. Dieses Einschreiben sei von ihm oder einer berechtigten Person am 18. März 2015 bei der Post abgeholt worden. Da er pflichtwidrig keine Einsatzvereinbarung eingereicht habe, sei er schliesslich mit Verfügung des Regionalzentrums vom 6. April 2016 von Amtes wegen zum Zivildiensteinsatz aufgeboten worden. Da er dieses Einschreiben nicht bei der Post abgeholt habe, sei es an das Regionalzentrum retourniert und ihm mit Schreiben vom 20. April 2016 zur Kenntnisnahme nachgesandt worden.

      Das Einschreiben vom 12. März 2015 sei dem Beschwerdegegner 1 zugestellt worden, als dieser sich noch in der Schweiz befunden habe. Dieser habe also gewusst, dass ihm ein Aufgebot von Amtes wegen bevorstehe, sollte er keine Einsatzvereinbarung einreichen. Der Beschwerdegegner 1 habe somit mit der Zustellung eines Aufgebots rechnen und bei einer allfälligen Abwesenheit für eine Nachsendung der an die bisherige Adresse gelangenden Korrespondenz sorgen oder der Behörde melden müssen, wo er zu erreichen sei.

      Das Einschreiben vom 6. April 2016 betreffend Aufgebot von Amtes wegen sei dem Beschwerdegegner 1 an die von ihm angegebene und daher für die rechtsgültige Zustellung relevante Adresse an der [Adresse] gesandt worden. Es bestünden keine Anzeichen, dass diese Adresse nicht korrekt gewesen wäre. Im vorliegenden Fall greife demnach die Zustellfiktion gemäss Art. 20 Abs. 2bis des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVG; SR 172.021) und die Verfügung gelte als rechtmässig zugestellt.

      Da der über seine Zivildienstpflichten informierte Beschwerdegegner 1 nicht dafür gesorgt habe, dass er von gültig zugestellten Aufgeboten Kenntnis erhält, habe er in Kauf genommen, den zwangsweise angeordneten Zivildiensteinsatz zu versäumen. Indem er dem von Amtes wegen verfügten Aufgebot in der Folge nicht nachgekommen sei, habe sich der Beschwerdegegner 1 des eventualvorsätzlichen Zivildienstversäumnisses gemäss Art. 73 ZDG, evtl. der Zivildienstverweigerung gemäss Art. 72 ZDG schuldig gemacht (Urk. 2 S. 2 f.).

    3. Der Beschwerdegegner 1 lässt ausführen, die Staatsanwaltschaft habe ein umfangreiches Verfahren gegen ihn und einen Mitbeschuldigten primär wegen gewerbsmässigen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage geführt. Mit Datum vom 3. Mai 2017 sei gegen ihn Anklage mit einem Strafantrag der Staatsanwaltschaft von drei Jahren Freiheitsstrafe erhoben worden. Während des laufenden Strafverfahrens habe die Beschwerdeführerin Anzeige erstattet. Angesichts des Ausmasses des Verfahrens sei dasjenige wegen Vergehens gegen das ZDG lediglich von untergeordneter Bedeutung gewesen. Mit anderen Worten habe der Verfahrenseinstellung auch ein Opportunitätsgedanke zugrunde gelegen. Eine Vertiefung der Sache sei mangels Relevanz im Gesamtkontext - keine Auswirkungen auf das Gesamtstrafmass bei Schuldoder Freispruch - und mangels Zivilklägerschaft nicht angezeigt (Urk. 10 S. 1 f.).

Zudem könne von einem eventualvorsätzlich oder fahrlässig begangenen Dienstversäumnis keine Rede sein. Er - der Beschwerdeführer - habe sich per

15. Oktober 2015 beim Bevölkerungsamt der Stadt Zürich in der Schweiz abgemeldet, was nach wie vor gelte. Da er sich längst im Ausland befunden habe, habe er von der Verfügung vom 6. April 2016 betreffend den langen Zivildiensteinsatz keine Kenntnis gehabt. Mit der Abmeldung beim Bevölkerungsamt sei er der Meinung gewesen, seinen sämtlichen Meldepflichten nachgekommen zu sein. Davon habe er in guten Treuen auch ausgehen dürfen. Der Umstand, dass im Falle einer länger dauernden Auslandabwesenheit mit mehreren Amtsstellen in Kontakt zu treten sei, sei nicht naheliegend und erscheine gerade in der heutigen, umfassend vernetzten Zeit etwas gar antiquiert. Immerhin weise auch das Bevöl- kerungsamt der Stadt Zürich auf seiner Homepage unter dem Titel Wegzug aus Zürich/Ins Ausland nicht darauf hin. Ebenfalls werde bestritten, dass er am

  1. Januar 2014 im Detail über Auslandurlaub und Meldepflichten informiert wor-

    den sei (Urk. 10 S. 2 f.).

    3.

    3.1.

    1. Gemäss Art. 310 Abs. 1 lit. c StPO respektive Art. 319 Abs. 1 lit. e StPO

      i.V.m. Art. 8 Abs. 2 lit. a StPO kann eine Strafuntersuchung nicht an die Hand genommen oder eingestellt werden, wenn einer in Frage stehenden Straftat neben anderen der beschuldigten Person zur Last gelegten Taten für die Festsetzung der zu erwartenden Strafe oder Massnahme keine wesentliche Bedeutung zukommt. Diesem Absehen von Strafverfolgung dürfen indes keine überwiegenden Interessen der Privatklägerschaft entgegenstehen. Wenn Privatkläger in ein Verfahren involviert sind, sollte auf eine Verfolgung der Vorwürfe nur dann verzichtet werden, wenn die Geschädigte aus der fraglichen Straftat keine Zivilansprüche ableiten kann. Ebenfalls kommt eine Einstellung oder Nichtanhandnahme in Anwendung von Art. 8 Abs. 2 StPO dann nicht in Betracht, wenn besonders gewichtige Fälle des Interesses der Privatklägerschaft an der Behandlung ihres Strafanspruchs vorliegen. Die Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005 nennt als Beispiel Verstösse gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG; SR 241.0) aufgrund eines Strafantrags des Bundes (BBl 2006 S. 1131). Dem Unternehmensund Konsumentenschutz soll im Falle der Gefährdung kollektiver Interessen also konsequent Nachachtung verschafft werden, wofür das UWG dem Bund im Strafverfahren die Rechte eines Privatklägers einräumt (Art. 23 Abs. 3 UWG; s. auch Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 2. September 2009, BBl 2009 S. 6165 f.).

    2. Solch schützenswerte kollektive Interessen sind zweifellos auch hinsichtlich der Militär- und Ersatzdienstpflicht gegeben, welcher Verfassungsrang zukommt (Art. 59 BV). Dementsprechend verfügt das Militär über eine eigene Gerichtsbarkeit bei militärischen Delikten (vgl. Art. 218 ff. MStG [Militärstrafgesetz; SR 321.0]), und es werden der Eidgenossenschaft im Bereich des zivilen Ersatzdienstes bei der strafrechtlichen Ahndung von Pflichtverletzungen Parteirechte zugesprochen. Gestützt auf das Opportunitätsprinzip im Sinne von Art. 8 Abs. 2 StPO das Verfahren einzustellen, geht demgemäss nicht an.

3.2.

  1. Hinzu kommt, dass das Opportunitätsprinzip der Verfahrensökonomie dient und aus symbolischen Gründen eher zurückhaltend angewandt werden sollte. Es ist auf Fälle zu begrenzen, in denen der Verzicht auf die Verfolgung die Arbeit der Strafbehörden tatsächlich erleichtert. Insofern ist der Verzicht auf Strafverfolgung unergiebig, wenn der Sachverhalt bereits geklärt oder unbestritten und die rechtliche Würdigung mit keinen besonderen Schwierigkeiten verbunden ist (GERHARD FIOLKA/CHRISTOF RIEDO, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordung, 2. Aufl. 2014, N 61 und N 65 f. zu Art. 8 StPO; WOLFGANG WOHLERS, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2. Aufl. 2014, N 19 zu Art. 8 StPO).

  2. Vorliegend geht es einzig um die Klärung der Frage, ob sich der Beschwerdegegner 1 - wie von ihm behauptet (Urk. 8/staatsanwaltschaftliche Einvernahme vom 27. März 2017, S. 44) - effektiv bei den zivilen Behörden abgemeldet hat und wie dies rechtlich zu beurteilen wäre. Ein dem Beschwerdegegner 1 vorwerfbares und somit schuldhaftes Verhalten ist dabei nicht auszuschliessen. So darf angenommen werden, dass er anlässlich des Einführungskurses zum Zivildienst über seine Rechte und Pflichten, auch betreffend Auslandurlaub und Meldepflichten, informiert worden ist (vgl. Präsentation inkl. Handout des Regionalzentrums Rüti ZH zum Einführungskurs, wo darauf hingewiesen wird, dass bei einem geplanten Auslandaufenthalt von mehr als einem Jahr die Bewilligung des Regionalzentrums einzuholen ist, Urk. 15/1-2). Ferner ist hinlänglich bekannt, dass jeder Schweizer Bürger, der seine Wehrpflicht nicht oder nur teilweise durch persönlichen Militär- oder Zivildienst erfüllt, eine Ersatzabgabe in Geld leisten muss (Wehrpflichtersatz; vgl. Art. 59 Abs. 3 BV und Bundesgesetz über die Wehrpflichtersatzabgabe [WPEG; SR 661.0]). Diesbezügliche Abklärungen im Falle einer länger dauernden Auslandabwesenheit hätten sich aufgedrängt und

wären ohne Weiteres möglich gewesen. Die Abmeldung ins Ausland bedarf eines persönlichen Erscheinens beim Bevölkerungsamt, u.a. zwecks Regelung der Steuerangelegenheiten (vgl. https://www.stadt-zuerich.ch/prd/de/index/bevoel - kerungsamt/onlineschalter/wegzug-aus-zuerich.html). Anlass für ein Nachfragen gab es auch insofern, als dem Beschwerdegegner 1 bekannt war, dass ihm ein von Amtes wegen verfügter Zivildiensteinsatz ins Haus stand. Zu beachten ist ferner, dass der Beschwerdegegner 1 im Rahmen der nach Nichtantritt des Zivildiensteinsatzes erfolgten Kontaktaufnahmen durch das Regionalzentrum offenbar nicht geltend machte, er habe sich hinsichtlich der Notwendigkeit eines Gesuchs

um Auslandurlaub in einem Irrtum befunden. Im Gegenteil sah er sich auch nach der Kenntnisnahme seiner Pflichtverletzung nicht dazu veranlasst, ein Gesuch um Auslandurlaub zu stellen, weshalb er am 3. Februar 2017 erneut von Amtes wegen zu einem Zivildiensteinsatz aufgeboten wurde (Urk. 3/5-6).

3.3. Die Verfahrenseinstellung lässt sich somit auch nicht mit dem Fehlen eines eventualvorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns des Beschwerdegegners 1 begründen. Sinn und Zweck der Nichtanhandnahme oder Einstellung eines Strafverfahrens ist namentlich, die beschuldigte Person vor Anklagen zu schüt- zen, die mit einiger Sicherheit zu Freisprüchen führen müssten (vgl. Art. 310 StPO und Art. 319 StPO). Ein solcher Fall ist hier nicht offenbar. Überdies soll in Zweifelsfällen beweismässiger oder rechtlicher Natur tendenziell Anklage erhoben werden, was auch gilt, wenn lediglich die Frage zu beantworten ist, ob dem Täter ein strafrechtlich relevantes Verschulden i.S.v. Art. 12 StGB zur Last gelegt werden kann. Der Grundsatz in dubio pro reo nach Art. 10 Abs. 3 StPO spielt hier nicht (vgl. zum Ganzen: NATHAN LANDSHUT/THOMAS BOSSHARD, in: Donatsch/ Hansjakob/Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N 1 ff., insbes. N 18 zu Art. 319 StPO; NIKLAUS SCHMID, Handbuch des schweiz. Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, N 1247 ff.; BGE 137 IV 219 E. 7).

4. Die Beschwerde ist folglich gutzuheissen.

III.

Die Regelung der Kostenund Entschädigungsfolgen hat im Endentscheid zu erfolgen (Art. 421 Abs. 1 StPO; Art. 135 Abs. 2 StPO). Angesichts der Bedeutung und Schwierigkeit des Falls sowie des Zeitaufwands des Gerichts ist die Gerichtsgebühr auf Fr. 800.-- festzusetzen (vgl. § 17 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 GebV OG).

Es wird beschlossen:

  1. In Gutheissung der Beschwerde wird die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 3. Mai 2017 (Unt.-Nr. C-1/2014/10008349 [Dossier 45]) aufgehoben und die Sache an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 800.-- festgesetzt.

  3. Die Regelung der Kostenauflage und allfälliger Entschädigungen wird dem Endentscheid vorbehalten.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

    • die Beschwerdeführerin (per Gerichtsurkunde);

    • Rechtsanwalt lic. iur. X. , zweifach, für sich und den Beschwerdegegner 1 (per Gerichtsurkunde);

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, ad C-1/2014/10008349 (Dossier 45), unter Rücksendung der eingereichten Akten (Urk. 8; gegen Empfangsbestätigung), zweifach,- für sich und die Kasse.

  5. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann unter den einschränkenden Voraussetzungen von Art. 93 des Bundesgerichtsgesetzes Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Ersten öffentli ch-rechtliche n Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Zürich, 12. September 2017

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Der Präsident:

lic. iur. Th. Meyer

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. S. Bucher

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