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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SU210011
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SU210011 vom 25.08.2021 (ZH)
Datum:25.08.2021
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Geringfügiger Diebstahl
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Berufung; Beschuldigten; Gering; Statthalteramt; Vorinstanz; Urteil; Kosten; Sprechen; Gericht; Diebstahl; Entsprechend; Anwendung; Geringfügige; Dielsdorf; Bezirk; Vorliegend; Schuld; Verfahren; Diebstahls; Delikt; Geringfügigen; Welche; Strafe; Geworfen; Andere; Führt; Tatfolgen
Rechtsnorm: Art. 398 StPO ; Art. 399 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 52 StGB ; Art. 53 StGB ;
Referenz BGE:121 IV 261; 135 IV 130; 138 I 305; 138 IV 13;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SU210011-O/U/cwo

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Ch. Prinz, Präsident, Oberrichterin lic. iur.

R. Affolter und Oberrichter lic. iur. B. Amacker sowie der Gerichtsschreiber MLaw L. Zanetti

Urteil vom 25. August 2021

in Sachen

Statthalteramt Bezirk Dielsdorf,

Verwaltungsbehörde und Berufungsklägerin

gegen

A. ,

Beschuldigter und Berufungsbeklagter sowie Anschlussberufungskläger betreffend geringfügiger Diebstahl

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Dielsdorf, vom 21. Dezember 2020 (GB200021)

Anklage:

Der Strafbefehl des Statthalteramts des Bezirkes Dielsdorf vom 17. September 2020 ist diesem Urteil beigeheftet (act. 3/12).

Urteil der Vorinstanz:

(Urk. 12 S. 6 f.)

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte ist schuldig des geringfügigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziffer 1 StGB in Verbindung mit Art. 172 ter Abs. 1 StGB.

  2. Von einer Bestrafung wird in Anwendung von Art. 52 StGB abgesehen.

  3. Die Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz.

  4. Die Kosten des Strafbefehls des Statthalteramts Bezirk Dielsdorf (ref: ST.2020.1846) vom

    17. September 2020 und der nachträglichen Untersuchung und Überweisung werden dem Statthalteramt Bezirk Dielsdorf zur Abschreibung überlassen.

  5. Dem Beschuldigten wird keine Entschädigung zugesprochen.

  6. (Mitteilungen)

  7. (Rechtsmittel)

Berufungsanträge:

  1. Des Statthalteramts Bezirk Dielsdorf (Urk. 13 S. 3):

    Die Ziffern 2 und 3 des Urteils der Vorinstanz seien aufzuheben und der Beschuldigte sei angemessen mit einer Busse zu bestrafen unter Kostenfol- ge zulasten des Beschuldigten.

  2. Des Beschuldigten (Urk. 17 sinngemäss):

    Der Beschuldigte sei vollumfänglich freizusprechen.

    Erwägungen:

    1. Prozessuales und Verfahrensgang
      1. Zum Verfahrensverlauf bis zum Erlass des erstinstanzlichen Urteils ist auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid zu verweisen (Urk. 12

        S. 3). Mit Eingabe vom 24. Dezember 2020 meldete das Statthalteramt Bezirk Dielsdorf fristgerecht die Berufung an (Urk. 8; Art. 399 Abs. 1 StPO). Nach Zustel- lung des begründeten Urteils reichte das Statthalteramt wiederum fristgerecht ei- ne begründete Berufungserklärung bei der Berufungsinstanz ein (Urk. 13; Art. 399 Abs. 3 StPO). Der Beschuldigte erklärte seinerseits mit Eingabe vom 23. März 2021 Anschlussberufung (Urk. 17). Nachdem mit Beschluss vom 12. April 2021 die schriftliche Durchführung des Berufungsverfahrens angeordnet und dem Statt- halteramt Frist zur Einreichung einer Berufungsbegründung angesetzt worden war (Urk. 19), erklärte dieses, hinsichtlich der Begründung auf die bereits begründete Berufungserklärung vom 24. Februar 2021 zu verweisen (Urk. 21). Der Beschul- digte reichte sodann innert der ihm angesetzten Frist seine Berufungsantwort und Anschlussberufungsbegründung ein (Urk. 27). Das Statthalteramt erklärte nach Zustellung dieser Eingabe des Beschuldigten, auf eine weitere Stellungnahme zu verzichten (Urk. 33), womit das Verfahren spruchreif ist.

      2. Gemäss Art. 398 Abs. 1 StPO ist die Berufung zulässig gegen Urteile erst- instanzlicher Gerichte, mit denen das Verfahren ganz oder teilweise abgeschlos- sen worden ist. Die Berufungsinstanz überprüft den vorinstanzlichen Entscheid bezüglich sämtlicher Tat-, Rechts- und Ermessensfragen üblicherweise frei (Art. 398 Abs. 2 und 3 StPO). Bildeten jedoch ausschliesslich Übertretungen Gegen- stand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, so schränkt Art. 398 Abs. 4 StPO die Kognition der Berufungsinstanz ein. In diesen Fällen wird das angefochtene Urteil lediglich dahingehend überprüft, ob es rechtsfehlerhaft ist oder ob eine of- fensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes durch die Vorinstanz gege- ben ist. Relevant sind dabei klare Versehen bei der Sachverhaltsermittlung wie namentlich Irrtümer oder offensichtliche Diskrepanzen zur Akten- und Beweislage. Weiter in Betracht kommen insbesondere Fälle, in denen die Sachverhaltsfeststel- lung auf einer Verletzung von Bundesrecht, in erster Linie von Verfahrensvor-

      schriften der StPO selbst, beruht. Gesamthaft gesehen dürften regelmässig Kons- tellationen relevant sein, die als willkürliche Sachverhaltserstellung zu qualifizie- ren sind (vgl. SCHMID/JOSITSCH, StPO Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 398 N 12f.; BSK-EUGSTER, 2. Aufl. 2014, N 3a zu Art. 398 StPO). Willkür bei der Be- weiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhalt- bar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender er- scheint, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 138 I 305 E. 4.3 mit Hin- weisen). Eine vertretbare Beweiswürdigung ist daher auch dann noch nicht will- kürlich, wenn die Berufungsinstanz anstelle des Vorderrichters allenfalls anders entschieden hätte. Es ist somit zu überprüfen, ob das vorinstanzliche Urteil im Be- reich der zulässigen Kognition Fehler aufweist.

    2. Schuldpunkt

      1.1 Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, am 8. März 2020 beim einem Ver- kaufswagen der Privatklägerin einen Blumenstrauss im Wert von Fr. 25.- ausge- sucht zu haben, anschliessend aber lediglich zwei Fr. 2.- Münzen in die bereitge- stellte Kasse geworfen zu haben und daraufhin den Stand mitsamt dem Blumen- strauss verlassen zu haben (Urk. 3/12).

        1. Die Vorinstanz führt in ihrem Urteil aus, der Anklagesachverhalt sei insbe- sondere aufgrund der Anerkennung des Beschuldigten in objektiver Hinsicht er- stellt (Urk. 12 S. 3). In subjektiver Hinsicht habe der Beschuldigte ebenfalls einge- räumt, Fr. 21.- zu wenig bezahlt zu haben, wobei er sich auf den Standpunkt stel- le, er sei sich nicht sicher gewesen, ob er eine Note oder doch nur Geldstücke in die Kasse geworfen habe. Er habe ausgeführt, es sei dunkel gewesen. Dem Beschuldigten sei in diesem Fall - falls er sich tatsächlich unsicher gewesen sein sollte, ob er genügend Geld in die Kasse geworfen habe - vorzuwerfen, er hätte sich entweder entsprechend vergewissern müssen oder den vollen Betrag mit ei- nem Geldschein nochmals bezahlen müssen. Da er das aber nicht getan habe, sei ihm ein eventualvorsätzliches Handeln vorzuwerfen (Urk. 12 S. 4).

          Der Beschuldigte habe entsprechend die subjektiven und objektiven Tatbe- standsmerkmale des Diebstahls erfüllt, weshalb er anklagegemäss des geringfü- gigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 172ter Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen sei (Urk. 12 S. 4).

        2. Der Beschuldigte führt ihm Rahmen der Anschlussberufung schlicht noch- mals seine Sicht der Dinge aus, wobei er insbesondere erklärt, allenfalls fälschli- cherweise gedacht zu haben, bereits eine Note in die Kasse eingeworfen zu ha- ben, obwohl dies offenbar nicht passiert sei (Urk. 27). Mit den vorinstanzlichen Erwägungen setzt sich der Beschuldigte hingegen nicht auseinander und vermag demnach auch keine willkürliche Sachverhaltserstellung zu begründen. Eine sol- che wäre im Übrigen angesichts der relativ klaren Beweislage und der Einge- ständnisse des Beschuldigten auch nicht zu erkennen. Es ist entsprechend in Übereinstimmung mit der Vorinstanz vom Anklagesachverhalt auszugehen.

        3. Ebenfalls zutreffend ist die von keiner Seite beanstandete rechtliche Würdigung des Anklagesachverhalts als geringfügigen Diebstahl im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 172ter Abs. 1 StGB. Auch dies ist zu bestätigen.

    3. Sanktion

      1. Die Vorinstanz hat unter Anwendung von Art. 52 StGB auf die Ausfällung ei- ner Busse verzichtet. Sie führt aus, die Schuld- und Tatfolgen würden sich vorlie- gend - auch im Quervergleich mit anderen Fällen geringfügigen Diebstahls - als gering erweisen (Urk. 12 S. 4 ff.). Hierzu verweist sie auf verschiedene Umstände des vorliegenden Falles, auf welche in der Folge einzugehen sein wird.

        1. Das Gericht kann gemäss Art. 52 StGB von einer Strafe absehen, wenn kumulativ sowohl Schuld als auch Tatfolgen gering sind. Wie bereits die Vo- rinstanz festgehalten hat (Urk. 12 S. 4), führt die Begehung eines Bagatelldelikts indessen nicht automatisch dazu, dass diese Voraussetzung erfüllt wäre. Viel- mehr muss das Verhalten des Täters auch im Quervergleich mit anderen (Baga- tell-)Delikten bzw. anderen unter die entsprechende Gesetzesbestimmung fallen- den Taten als insgesamt unerheblich erscheinen. Mit anderen Worten muss die

          inkriminierte Tat in Bezug auf Schuld und Tatfolgen deutlich weniger schwer wie- gen als der typische Regelfall des tatbestandsmässigen Verhaltens (BGE 135 IV 130 E. 5.3.3; BGE 138 IV 13, E. 9; PK-TRECHSEL/KELLER, Praxiskommentar, 3.

          Auflagen N 1 f. zu Art. 52 StGB; BSK-RIKLIN, N 22 zu Art. 52 StGB). Art. 52 StGB soll entsprechend auch nicht als Regelungsinstrument zur Entkriminalisierung von Bagatelldelikten führen (BSK-RIKLIN, N 22 zu Art. 52 StGB; CORNU, ZStrR 2009/127, S. 393 ff. S. 397 und 399). Ebenso wenig soll durch die Anwendung von Art. 52 StGB der Anwendungsbereich von Art. 172ter StGB, welcher gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung bei Vermögensdelikten mit einem Deliktsbe- trag von maximal Fr. 300.- zur Anwendung kommt (vgl. BGE 121 IV 261), eingeschränkt werden (CORNU, ZStrR 2009/127, S. 393 ff. S. 397). Sind die Vorausset- zungen von Art. 52 StGB aber erfüllt, so ist dessen Anwendung zwingend (BGE 135 IV 130 E. 5.3.2;

          BSK-RIKLIN, N 23 zu vor Art. 52-55 StGB vgl. zu Art. 53 aStGB auch BGer Urteil 6B_91/2021 vom 30. Juni 2021).

        2. Der Beschuldigte hat vorliegend einen relativ günstigen Blumenstrauss mit einem Wert von Fr. 25.- in einem Selbstbedienungsstand der Privatklägerin an sich genommen, ohne den korrekten Betrag in die entsprechend bereitgestellte Kasse zu werfen. Zu Gunsten des Beschuldigten ist hierbei davon auszugehen, dass er sich schlicht nicht vergewissert hat, dass er den korrekten Betrag einge- worfen hat und er demnach die Begehung eines Diebstahls in Kauf genommen hat. Im Anschluss daran offerierte er der Privatklägerin, welche den Beschuldigten kontaktiert und auf sein Versäumnis aufmerksam gemacht hat, ihr den Kaufpreis sowie die Kosten des eingeschriebenen Briefs zu begleichen (vgl. Urk. 3/6). Mit der Vorinstanz (Urk. 12 S. 5) ist zudem auch festzuhalten, dass es sich nicht um einen klassischen Diebstahl handelte, zumal der Beschuldigte immerhin Fr. 4.- in die Kasse einbezahlt hat. Eine weitergehende Schädigung der Privatklägerin wur- de nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.

          Das vorliegende Delikt liegt mit einem Deliktsbetrag von Fr. 21.- auch im Rahmen eines geringfügigen Vermögensdelikts im Sinne von Art. 172ter StGB, welche Bestimmung bis zu einem Betrag von Fr. 300.- zur Anwendung kommt, am unteren Rand. Mit der Vorinstanz ist sodann das Nachtatverhalten zu berücksichtigen, wobei festzustellen ist, dass der Beschuldigte durch die Begleichung des aus- stehenden Betrages sowie der Kosten für weitere Umtriebe das Unrecht der Tat ausgeglichen hat. Zusammenfassend sind die Schuld und die Tatfolgen im vor- liegenden Fall besonders gering.

        3. Im Strafregisterauszug des Beschuldigten ist zwar eine Vorstrafe aus dem Jahr 2017 wegen versuchter Nötigung, Beschimpfung und Missbrauchs einer Fernmeldeanlage eingetragen (Urk. 5), in Bezug auf das dem Beschuldigten vor- liegend vorgeworfene geringfügige Vermögensdelikt ist die Vorstrafe indessen nicht einschlägig. Einzig aufgrund der Vorstrafe ist jedenfalls noch kein öffentli- ches Interesse an einer Bestrafung des Beschuldigten zu erkennen, weshalb die Vorstrafe im vorliegenden Fall nicht entscheidend ins Gewicht fällt.

      3. Das Statthalteramt bringt in seiner Berufungsbegründung vor, es müssten bei Anwendung der vorinstanzlichen Rechtsauffassung konsequenterweise zahl- reiche Fälle von geringfügigem Diebstahl eingestellt werden, zumal es häufig vor- komme, dass die Täterschaft den Deliktsbetrag im Nachhinein begleiche und den Geschädigten entsprechend letztlich kein Schaden entstehe. Oft handle es sich dabei auch um geringfügige Deliktsbeträge. Wenn in diesen Fällen von einer Bestrafung abgesehen werde, führe dies zu einer Entkriminalisierung von diversen Diebstählen, was nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein könne (Urk. 13 S. 2).

      Wie erwähnt, sind die Schuld und die Tatfolgen vorliegend auch im Quervergleich mit anderen denkbaren Tatvarianten eines geringfügigen Diebstahls gering. Eine generelle Entkriminalisierung der Bagatelldelikte oder des geringfügigen Dieb- stahls wird durch das Absehen von einer Strafe in keiner Weise bewirkt. Der Ge- setzgeber hat sich durch den Erlass von Art. 52 StGB, welcher bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zwingend anzuwenden ist, dazu entschieden, bei gewissen Tatkonstellationen strafbarer Verhaltensweisen ein Absehen von der Strafe vorzusehen, wobei es nicht ausgeschlossen ist, eine solche Tatkonstellati- onen auch in vergleichbaren Fällen ebenfalls eintreten können. Entgegen der An- sicht des Statthalteramtes (Urk. 12 S. 2) ist hierbei auch kein Deliktsbetrag zu benennen, ab welchem bei Vermögensdelikten regelmässig eine Strafbefreiung er- folgen soll (vgl. TRECHSEL/KELLER, Praxiskommentar, 3. Auflage, 2018, N 2b zu Art. 52 StGB). Es ist von der zuständigen Behörde vielmehr in jedem Einzelfall zu bestimmen, ob die Schuld und Tatfolgen derart - und aussergewöhnlich - gering sind, dass sich ein Absehen von einer Strafe rechtfertigt (TRECHSEL/KELLER,

      a.a.O. N 2 zu Art. 52 StGB). Vorliegend ist dem Beschuldigten lediglich Eventual- vorsatz anzulasten. Das ist - selbst bei ähnlich geringem Deliktsbetrag - ver- schuldensmässig nicht vergleichbar etwa mit einem Ladendiebstahl, wo die Tä- terschaft in der Regel gezielt und direktvorsätzlich handelt, indem ein Gegenstand versteckt oder nicht gescannt oder die Kasse ganz umgangen wird. Verneint man in einem Fall wie dem Vorliegenden, in welchem die Schuld und die Tatfolgen auch für ein Bagatelldelikt aussergewöhnlich gering sind, die Anwendung von Art. 52 StGB, so verbliebe kein denkbarer Anwendungsbereich für diese vom Gesetz- geber vorgesehene Ausnahmebestimmung. Insgesamt ist der Argumentation des Statthalteramtes deshalb nicht zu folgen.

      4 Zusammenfassend ist entsprechend festzuhalten, dass die Voraussetzun- gen von Art. 52 StGB erfüllt sind und die Vorinstanz zu Recht von einer Strafe ab- gesehen hat. Das vorinstanzliche Urteil ist in diesem Punkt entsprechend zu be- stätigen.

    4. Kosten- und Entschädigungsfolgen
    1. Die Vorinstanz hat dem Beschuldigten für das erstinstanzliche Gerichts- verfahren keine Kosten auferlegt und jene der Untersuchung auf die Staatskasse genommen bzw. dem Statthalteramt zu Abschreibung überlassen. Als Begrün- dung führt sie aus, es sei umständehalber auf die Erhebung einer Gerichtsge- bühr zu verzichten. Zudem sei Art. 52 StGB auf jeder Stufe des Strafverfahrens zwingend, weshalb der Beschuldigte aus dieser Sichtwarte keine Gerichts- oder weitere Verfahrenskosten zu tragen habe (Urk. 12 S. 5 f.).

    2. Erfolgt ein Schuldspruch, hat die beschuldigte Person grundsätzlich auch dann die Kosten zu tragen, wenn von einer Strafe abgesehen wird (TRECHSEL/ KELLER, a.a.O., N 6 zu Vor Art. 52 StGB; BSK-RIKLIN, N 36 zu Vor Art. 52-55

StGB). Einen Grund, weshalb vorliegend von diesem Prinzip abzuweichen sein sollte, ist nicht zu erkennen. Auch der Umstand, dass das Verfahren zumindest theoretisch auch zu einem früheren Zeitpunkt mit einem Verzicht auf eine Strafe hätte abgeschlossen werden können, führt zu keinem anderen Schluss. Die Kos- ten der Untersuchung sind entsprechend dem Beschuldigten aufzuerlegen. Da die Vorinstanz indessen gar keine Gerichtsgebühr festgesetzt hat, kann im Beru- fungsverfahren nachträglich nicht eine solche für das erstinstanzliche Verfahren festgesetzt und auferlegt werden.

    1. Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist praxisgemäss auf Fr. 1'500.- festzusetzen (Art. 424 Abs. 1 StPO i.V.m. § 16 Abs. 1 und

      § 14 GebV OG).

    2. Im Berufungsverfahren tragen die Parteien die Kosten nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte unterliegt mit seiner Anschlussberufung vollumfänglich. Das Statthalteramt unterliegt eben- falls hinsichtlich des Antrags auf Ausfällung einer Busse. Hinsichtlich des Antrags, dem Beschuldigten seien die Kosten der Untersuchung aufzuerlegen, obsiegt das Statthalteramt demgegenüber. Insgesamt rechtfertigt es sich, die Kosten des Be- rufungsverfahrens dem Beschuldigten zu ½ aufzuerlegen und im Übrigen auf die Gerichtskasse zu nehmen.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte ist schuldig des geringfügigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziffer 1 StGB in Verbindung mit Art. 172 ter Abs. 1 StGB.

  2. Von einer Bestrafung wird in Anwendung von Art. 52 StGB abgesehen.

  3. Die Kosten des Strafbefehls des Statthalteramts Bezirk Dielsdorf (ref: ST.2020.1846) vom 17. September 2020 und der nachträglichen Unter- suchung und Überweisung in Höhe von insgesamt Fr. 412.50 werden dem Beschuldigten auferlegt.

  4. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'500.--.

  5. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten zu 1/2 auf- erlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen.

  6. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an

    • den Beschuldigten

    • das Statthalteramt Bezirk Dielsdorf

    • die Privatklägerin B. GmbH

    • die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechts- mittel an

    • die Vorinstanz.

  7. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Straf- sachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundes- gerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichts- gesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer Zürich, 25. August 2021

Der Präsident:

lic. iur. Ch. Prinz

Der Gerichtsschreiber:

MLaw L. Zanetti

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