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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SU180029: Obergericht des Kantons Zürich

Der Beschuldigte A. wurde für eine einfache Verletzung der Verkehrsregeln schuldig befunden und mit einer Geldstrafe von CHF 400.- belegt. Falls die Geldstrafe nicht bezahlt wird, droht eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 2'100.- und weitere Kosten von CHF 1'691.90 wurden auferlegt. Die Berufung des Beschuldigten wurde abgewiesen, und die Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von CHF 1'500.- werden ihm auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts SU180029

Kanton:ZH
Fallnummer:SU180029
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SU180029 vom 22.02.2019 (ZH)
Datum:22.02.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Einfache Verletzung der Verkehrsregeln
Schlagwörter : Beschuldigte; Berufung; Beweis; Beschuldigten; Urteil; Vorinstanz; Einvernahme; Aussage; Statthalteramt; Sachverhalt; Aussagen; Meilen; Über; Bezirk; Beweisantrag; Verfahren; Beweise; Berufungsverfahren; Befragung; Verteidigung; Gericht; Recht; Berufungskläger; Busse; Person; Unfall; Verletzung
Rechtsnorm:Art. 14 VRV ;Art. 27 SVG ;Art. 29 BV ;Art. 36 SVG ;Art. 398 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 404 StPO ;Art. 406 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 6 EMRK ;Art. 82 StPO ;Art. 90 SVG ;
Referenz BGE:136 I 229; 138 I 305; 138 IV 81; 141 IV 249;
Kommentar:
Schmid, Jositsch, Eugster, Praxis, 3. Aufl. , Art. 398 StPO, 2018
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SU180029

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SU180029-O/U/cwo

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. R. Naef, Präsident, lic. iur. S. Volken und

lic. iur. M. Langmeier sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. N. Anner

Urteil vom 22. Februar 2019

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger vertreten durch Beistand B.

verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

Statthalteramt Bezirk Meilen,

Verwaltungsbehörde und Berufungsbeklagte

betreffend einfache Verletzung der Verkehrsregeln Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Meilen, Einzelgericht,

vom 15. Mai 2018 (GC180001)

Strafbefehl:

Der Strafbefehl Nr. ST.2016.1664 des Statthalteramts Bezirk Meilen vom

7. Dezember 2017 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 14).

Urteil der Vorinstanz:

(Urk. 43 S. 28 f.)

Das Einzelgericht erkennt:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG, Art. 36 SVG, Art. 14 VRV, Art. 36 Abs. 1 SSV und Art. 75 Abs. 1 SSV.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Busse von Fr. 400.-.

  3. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen.

  4. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:

    CHF 2'100.- ; die weiteren Kosten betragen:

    CHF 1'691.90 Gebühr und Auslagen für das Vorverfahren

    CHF 3'791.90 Kosten total.

  5. Die Kosten des Vorverfahrens und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens im Betrag von CHF 2'100.stellt die Gerichtskasse in Rechnung. Über die Kosten des Vorverfahrens im Betrag von CHF 1'691.90 und die Busse von CHF 400.stellt die Kasse des Statthalteramtes Meilen Rechnung.

  6. (Mitteilungen.)

  7. (Rechtsmittel.)

Berufungsanträge:

  1. der Verteidigung (Urk. 47 S. 2; Urk. 55):

    1. Das Urteil des Bezirksgerichts Meilen vom 15. Mai 2018 sei vollumfänglich aufzuheben.

    2. Der Berufungskläger sei vom Vorwurf der einfachen Verkehrsregelverletzung vollumfänglich freizusprechen.

    3. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates. sowie folgende prozessuale Anträge:

      1. Es sei der Berufungskläger persönlich zu befragen.

      2. Es sei C. als Zeugin zu befragen.

  2. des Statthalteramts Bezirk Meilen (Urk. 59 S. 1):

  • Abweisung der Berufungsanträge und Gutheissung des Urteils des Bezirksgerichts Meilen vom 15. Mai 2018.

  • Abweisung aller prozessualen Anträge.

  • Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Berufungsklägers.

Erwägungen:

  1. Verfahrensgang
    1. Der Prozessverlauf bis zum erstinstanzlichen Urteil ergibt sich aus dem angefochtenen Entscheid, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird (Urk. 43 S. 3 f.).

    2. Mit Urteil des Bezirksgerichts Meilen, Einzelgericht in Strafsachen, vom

    15. Mai 2018 wurde der Beschuldigte der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG, Art. 36 SVG, Art. 14 VRV, Art. 36 Abs. 1 SSV und Art. 75 Abs. 1 SSV schuldig gesprochen und mit einer Busse von Fr. 400.bestraft. Zudem wurden dem Beschuldigten die Gerichtskosten sowie die Kosten des Vorverfahrens auferlegt (Urk. 43 S. 28 f.). Gegen das mündlich eröffnete Urteil meldete der Beschuldigte noch vor Schranken Berufung an (Prot. I S. 16 f.). Das begründete Urteil wurde den Parteien am

    12. bzw. 16. Juli 2018 zugestellt (Urk. 42/1-3). Mit Eingabe vom 24. Juli 2018 zeigte Rechtsanwalt lic. iur. X. die Mandatsübernahme als Verteidiger des Beschuldigten an (Urk. 45-46). In der Folge reichte er am 6. August 2018 fristgerecht (Art. 399 Abs. 3 StPO) die Berufungserklärung ein und stellte den Beweisantrag, dass C. als Zeugin einzuvernehmen sei (Urk. 47).

    1. Mit Präsidialverfügung des Obergerichts vom 8. August 2018 wurde dem Statthalteramt Bezirk Meilen einerseits Frist angesetzt, um zu erklären, ob Anschlussberufung erhoben ein Nichteintreten auf die Berufung des Beschuldigten beantragt werde, andererseits wurde Frist zur Stellungnahme zum Beweisantrag des Beschuldigten angesetzt (Urk. 49). Mit Schreiben vom 9. August 2018 teilte das Statthalteramt mit, dass auf Anschlussberufung verzichtet werde und beantragte die Abweisung des Beweisantrages auf Zeugeneinvernahme (Urk. 51).

    2. Mit Beschluss vom 13. August 2018 wies die erkennende Kammer den Beweisantrag des Beschuldigten einstweilen ab, ordnete in Anwendung von Art. 406 Abs. 1 lit. c und Abs. 3 StPO die Durchführung des schriftlichen Verfahrens an

    und setzte dem Beschuldigten Frist, um die Berufungsanträge zu stellen und zu begründen (Urk. 53). Die Berufungsbegründung ging mit Schreiben vom

    3. September 2018 ein. Darin wiederholte die Verteidigung den Beweisantrag auf Einvernahme von C. als Zeugin und stellte zusätzlich den Antrag, es sei der Berufungskläger persönlich zu befragen (Urk. 55 S. 1). Mit Präsidialverfügung vom 5. September 2018 wurde die Berufungsbegründung dem Statthalteramt Bezirk Meilen zugestellt und gleichzeitig Frist angesetzt, um die Berufungsantwort einzureichen sowie zu den Beweisanträgen Stellung zu nehmen (Urk. 57). Dieser Aufforderung kam das Statthalteramt mit Eingabe vom 7. September 2018 nach (Urk. 59). Die Vorinstanz verzichtete auf die ihr freigestellte Vernehmlassung (Urk. 61). Mit Präsidialverfügung wurde der Verteidigung eine Kopie der Berufungsantwort zugestellt und Frist zur freigestellten Vernehmlassung angesetzt (Urk. 62). Die Frist verstrich in der Folge ungenutzt. Das vorliegende Verfahren ist spruchreif.

  2. Prozessuales
  1. Kognition des Berufungsgerichts

    1. Gemäss Art. 398 Abs. 1 StPO ist die Berufung zulässig gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte, mit denen das Verfahren ganz teilweise abgeschlossen worden ist. Steht ein Urteil zur Überprüfung an, bei welchem wie dies vorliegend der Fall ist lediglich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens bildeten, so schränkt Art. 398 Abs. 4 StPO die Kognition der Berufungsinstanz ein. In diesen Fällen wird das angefochtene Urteil lediglich dahingehend überprüft, ob es rechtsfehlerhaft ist ob eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes durch die Vorinstanz gegeben ist. Im letzteren Fall relevant sind insbesondere klare Versehen bei der Sachverhaltsermittlung wie namentlich Irrtümer offensichtliche Diskrepanzen zur Aktenund Beweislage. Weiter in Betracht kommen Fälle, in denen die Sachverhaltsfeststellung auf einer Verletzung von Bundesrecht, in erster Linie von Verfahrensvorschriften der StPO selbst, beruht. Ebenfalls unter diesen Rügegrund fällt die Situation, in welcher die an sich zur Verfügung stehenden Beweismittel offensichtlich ungenügend

      ausgeschöpft wurden, mithin der Sachverhalt unvollständig festgestellt wurde. Gesamthaft gesehen dürften regelmässig Konstellationen relevant sein, die als willkürliche Sachverhaltserstellung zu qualifizieren sind (vgl. Schmid/Jositsch, StPO Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 398 N 11ff.; BSK StPO-Eugster,

  2. Aufl. 2014, Art. 398 N 3a). Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung Würdigung ebenfalls vertretbar erscheint gar vorzuziehen wäre, genügt nicht (vgl. BGE 138 I 305 E. 4.3 mit Hinweisen). Eine vertretbare Beweiswürdigung ist daher nicht willkürlich, auch wenn die Berufungsinstanz anstelle des Vorderrichters allenfalls anders entschieden hätte. Die Berufungsinstanz hat zu überprüfen, ob die vom Berufungskläger vorgebrachten Rügen von der Überprüfungsbefugnis gemäss Art. 398 Abs. 4 StPO gedeckt sind. Im allenfalls über die Überprüfungsbefugnis hinausgehenden Umfang hat das Gericht auf die Berufung nicht einzutreten.

1.2. Die urteilende Instanz muss sich nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen. Vielmehr kann sich das Gericht auf die seiner Auffassung nach wesentlichen und massgeblichen Vorbringen der Parteien beschränken. Es müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; BGE 138 IV 81 E. 2.2, je mit Hinweisen).

  1. Umfang der Berufung

    Nachdem der Beschuldigte einen Freispruch beantragt, hat das gesamte vorinstanzliche Urteil als angefochten zu gelten und ist im Rahmen der oben erläuterten Kognition zu überprüfen (Art. 404 Abs. 1 StPO).

  2. Beweisanträge

    1. Neue Beweise können im Berufungsverfahren nicht vorgebracht werden, wenn ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptver-

      fahrens gebildet haben (Art. 398 Abs. 4 StPO). Neu im Sinne dieser Bestimmung sind jedoch nur Tatsachen und Beweise, die im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgebracht wurden. Demgegenüber fallen Beweise, die beantragt, erstinstanzlich jedoch abgewiesen werden, nicht darunter (Eugster, a.a.O., Art. 398 N 3a; Hug/Scheidegger, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung,

      2. Aufl. 2014, Art. 398 N 23). Der Berufungskläger kann im Berufungsverfahren namentlich rügen, die erstinstanzlich angebotenen Beweise seien (in antizipierter Beweiswürdigung) willkürlich abgewiesen worden (Urteil des Bundesgerichts 6B_362/2012 vom 29. Oktober 2012 E. 8.4.1).

    2. Befragung von D.

      Obwohl vom Beschuldigten nicht ausdrücklich als Beweisantrag bezeichnet, verlangt er in der Berufungsbegründung eine weitere Befragung von D. (Urk. 55 S. 2 Ziff. 3). Dieser Antrag ist erstmals im Berufungsverfahren vorgebracht worden und dementsprechend ist er als neuer Beweis im Sinne der obenstehenden Erwägungen nicht zu berücksichtigen.

    3. Persönliche Befragung des Beschuldigten

      1. Die Verteidigung beantragte in der Berufungserklärung, es sei der Beschuldigte persönlich zu befragen (Urk. 55 S. 1). Zur Begründung wurde angeführt, dass der Beschuldigte generell Mühe bekunde, sich wie von ihm gewünscht auszudrücken. Dies sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass er sich immer wieder in Schweizerdeutsch ausdrücke, dem er jedoch nicht einwandfrei mächtig sei. Trotz dieser offensichtlichen sprachlichen Unzulänglichkeit sei der Beschuldigte durch das Statthalteramt anlässlich der ersten beiden Einvernahmen ohne Dolmetscher befragt worden. Anlässlich der übrigen Einvernahmen habe es offenbar immer wieder Missverständnisse mit den jeweiligen dolmetschenden Personen gegeben, weshalb der Berufungskläger seine entsprechenden Aussagen teilweise nicht wiedererkannt habe. Ausserdem handle es sich vorliegend um den Hergang eines Verkehrsunfalls, was mit Worten grundsätzlich schwierig zu rekonstruieren sei. Dieses Unvermögen des Beschuldigten sowie der Umstand, dass er mehrere Male missverstanden worden sei, sei ihm jedoch nicht an-

        zulasten, indem man seine Aussagen einfach als unglaubhaft sogar als Fantasiesignale würdige. Es sei ihm deshalb auch im Rahmen des Berufungsverfahrens die Möglichkeit zu geben, seine Darstellung persönlich vorzutragen (Urk. 55 S. 3).

      2. Gemäss Art. 406 Abs. 1 lit. c StPO besteht grundsätzlich kein Anspruch auf eine öffentliche Berufungsverhandlung mit persönlicher Befragung des Beschuldigten (vgl. auch e contrario Art. 406 Abs. 2 StPO). Der Beschuldigte wurde sodann bereits im Rahmen des Untersuchungsverfahrens dreimal vom Statthalteramt Meilen (Urk. 5/1-3) sowie anlässlich der Hauptverhandlung von der Vorinstanz (Prot. I S. 8-16) zum Unfallhergang einvernommen, so dass sich das Verschaffen eines persönlichen Eindrucks vom Beschuldigten nicht von vornherein aufdrängt. Es handelt sich vorliegend auch nicht um eine Aussage gegen Aussage Beweiskonstellation, welche eine persönliche Befragung des Beschuldigten nahe legen würde.

      3. Bei der von der Verteidigung vorgebrachten offensichtlichen sprachlichen Unzulänglichkeit des Beschuldigten handelt es sich grundsätzlich um eine neue Behauptung, welche gemäss Art. 398 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht mehr vorgebracht werden könnte. Soweit die Verteidigung mit ihrem Vorbringen die Verwertbarkeit der Einvernahme in Frage stellen will, ist indes Folgendes anzumerken:

        Gestützt auf Art. 29 BV und Art. 6 Abs. 3 EMRK bzw. den grundrechtlichen Ansprüchen auf ein faires Verfahren und dem rechtlichem Gehör hat eine beschuldigte Person das Recht, in einer für sie verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Zwingend schriftlich mündlich zu übersetzen sind deshalb beispielsweise Anklageschriften auch Befragungen der beschuldigten Person, sofern diese der örtlichen Amtssprache nicht genügend mächtig ist.

        Der Beschuldigte wurde in Ägypten geboren, lebt aber bereits seit mehreren Jahrzehnten in der Schweiz und hat die Schweizer Staatsbürgerschaft erworben. Aus dem Polizeirapport ergeben sich keine sprachlichen Schwierigkeiten: Dort ist vermerkt, dass der Beschuldigte Hochdeutsch, Arabisch und Italienisch spreche

        (wobei Hochdeutsch unterstrichen wurde, Urk. 1). Es trifft zu, dass die Einvernahmen des Beschuldigten vom 26. Oktober 2016 und vom 27. Juni 2017 ohne Dolmetscher durchgeführt wurden (Urk. 5/1-2). Hinsichtlich der ersten Einvernahme des Beschuldigten ist festzuhalten, dass diese in Gegenwart seines damaligen Verteidigers, Rechtsanwalt MLaw X1. , stattfand. Dieser hat zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, sein Mandant sei missverstanden worden könne sich nicht richtig ausdrücken. Zudem wurde in der entsprechenden Vorladung explizit darauf hingewiesen, dass der untersuchenden Behörde umgehend mitzuteilen sei, falls ein Dolmetscher benötigt werde (Urk. 13/1). Weder der Beschuldigte noch sein Verteidiger noch der befragende Adjunkt erachteten den Beizug eines Dolmetschers vor während der Befragung als notwendig. Am Ende der Einvernahme wurde in einer Protokollnotiz festgehalten, der Beschuldigte habe erläutert, dass er Deutsch nicht lesen könne und nur ca. 60% Deutsch verstehe. Nach Rücksprache mit dem Verteidiger beurteilte schliesslich dieser das Protokoll für inhaltlich korrekt und unterzeichnete es anstelle des Beschuldigten (Urk. 5/1 S. 4). Aus den protokollierten Aussagen des Beschuldigten ergibt sich nicht, dass er etwas nicht (richtig) verstanden hätte missverstanden worden wäre. Seine mitunter detaillierten - Antworten auf die gestellten Fragen erscheinen durchwegs adäquat.

        Auch die Befragung vom 27. Juni 2017 (Urk. 5/2) fand ohne Dolmetscher statt. Der Beschuldigte hatte explizit auf die Anwesenheit seines Verteidigers verzichtet (Urk. 5/2 S. 1; Urk. 13/8) und wurde stattdessen von seiner Partnerin begleitet. Zu Beginn der Einvernahme wurde der Beschuldigte aufgefordert, sich sofort zu melden, wenn er etwas nicht verstehen sollte. Der Beschuldigte erklärte dazu: Okay, das tue ich. Ich nehme zur Kenntnis, dass sich auch meine Partnerin sofort melden darf, wenn sie das Gefühl hat, dass ich etwas nicht richtig verstanden habe (Urk. 5/2 S. 1). Am Schluss der Einvernahme weigerte sich der Beschuldigte, das Protokoll zu unterschreiben - diesmal, weil er nicht als beschuldigte Person bezeichnet werden wolle. Seine Partnerin, Frau E. , bestätigte hingegen, dass dem Beschuldigten das Einvernahmeprotokoll korrekt und vollständig vorgelesen worden sei (Urk. 5/2 S. 3). Wiederum gibt es keine Anhaltspunkte, dass der Beschuldigte etwas nicht richtig verstanden haben könnte. Er bestätigte beispielsweise explizit: Gut. Ich habe ganz genau verstanden, was der Experte festgestellt hat. Es ist aber alles falsch (Urk. 5/2 S. 1). Seine eigene Schilderung zum Unfallhergang ist detailliert und anschaulich - die behauptete offensichtliche sprachliche Unzulänglichkeit tritt nicht zu Tage.

        Zusammenfassend ist nicht ersichtlich, weshalb für die Einvernahmen vom

        26. Oktober 2016 und 27. Juni 2017 ein Dolmetscher nötig gewesen wäre. Vielmehr ergibt sich aufgrund der Einvernahmeprotokolle und den Ausführungen des Beschuldigten, dass seine Sprachkenntnisse durchaus ausreichend waren, um zu verstehen, worum es ging und seine Auffassung dazu verständlich und seinem Willen entsprechend darzulegen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Art. 6 Abs. 3 lit. d EMRK keinen Anspruch auf eine Übersetzung in die Muttersprache gewährt, sondern in eine Sprache, welcher der Beschuldigte mächtig ist. Aufgrund der ausführlichen Schilderungen und adäquaten Antworten des Beschuldigten kann davon ausgegangen werden, dass er für die Einvernahmen der deutschen Sprache genügend mächtig war. Die Einvernahmen sind somit verwertbar.

      4. Der Beschuldigte bestätigte sowohl bei der Einvernahme durch das Statthalteramt vom 27. November 2017 wie auch anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung, dass er die jeweilige Übersetzung gut verstehe (Urk. 5/3 S. 1, Prot. I S. 7). Inwiefern es dennoch offenbar immer wieder Missverständnisse mit den jeweiligen dolmetschenden Personen gegeben habe, legt der Verteidiger in Verletzung seiner Rügepflicht in keiner Art und Weise dar, weshalb sich weitere Erwägungen hierzu erübrigen.

      5. Demzufolge erscheint eine erneute Einvernahme des Beschuldigten nicht angezeigt. Auf die Rügen der Verteidigung bezüglich der vorinstanzlichen Würdigung der Aussagen des Beschuldigten ist im Rahmen der Erwägungen zum Sachverhalt zurückzukommen (vgl. hinten Erw. III.).

    1. Einvernahme von C.

      als Zeugin

      1. Der Beschuldigte rügt die vorinstanzliche Ablehnung seines Beweis-

        antrages auf Einvernahme von C.

        als Zeugin und wiederholt seinen Beweisantrag im Berufungsverfahren. Gemäss D. habe seine Arbeitskollegin, C. , den Unfall gesehen. Dass ihre Schilderung zu Gunsten von D. ausgefallen sein solle, sei als reine Schutzbehauptung zu werten und deshalb zu vernachlässigen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass sie relevante Angaben zum Unfallhergang / -Ablauf machen könnte. Ob und allenfalls wie genau sie sich noch an den Unfall erinnern könne, werde sich anlässlich ihrer Befragung zeigen (Urk. 55 S. 2 f.).

      2. Der Beschuldigte stellte den obgenannten Beweisantrag bereits vor Vorinstanz mit Eingabe vom 30. Januar 2018 (Urk. 23) sowie sinngemäss erneut anlässlich der Hauptverhandlung (Prot. I S. 16). Demzufolge kann er trotz eingeschränkter Kognition im Sinne von Art. 398 Abs. 4 StPO vor Berufungsinstanz nochmals vorgebracht und gestellt werden (vgl. oben Erw. II.3.). Auf den Beweisantrag des Beschuldigten ist somit einzutreten.

      3. Die Vorinstanz wies den genannten Beweisantrag sowohl mit Verfügung vom 5. Februar 2018 als auch im Urteil vom 15. Mai 2018 im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass sich der Sachverhalt anhand der im Recht liegenden Beweismittel rechtsgenügend erstellen lasse, so dass die Aussage von C. ohne Einfluss auf das Beweisergebnis bleiben würde bzw. eine solche nicht geeignet wäre, das Urteil wesentlich zu beeinflussen (Urk. 25 S. 4; Urk. 43 S. 4 f. und S. 20 f.).

      4. Das Gericht kann in antizipierter Beweiswürdigung auf die Abnahme von Beweisen verzichten, wenn es aufgrund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür annehmen kann, diese werde durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert (BGE 136 I 229 E.5.3.; Urteil des Bundesgerichts 6B_421/2015 vom 16. Juli 2015 E. 2.3).

      5. Die Vorinstanz legt nachvollziehbar dar, weshalb sie der Ansicht ist, die für einen Entscheid notwendigen Beweise seien erhoben worden und zusätzliche Abklärungen würden ihre Überzeugung nicht beeinflussen. Dass bzw. inwiefern die Vorinstanz in ihrer antizipierten Beweiswürdigung willkürlich den von ihm beantragten Beweis nicht abgenommen habe, vermag der Beschuldigte nicht aufzu-

zeigen und ist auch nicht ersichtlich. Die Vorinstanz hat somit zu Recht auf eine Einvernahme von C. als Zeugin verzichtet und mit der gleichen Argumentation ist auch im Berufungsverfahren darauf zu verzichten.

3.5. Fazit Beweisanträge

Den Beweisanträgen ist keine Folge zu geben und das vorliegende Urteil aufgrund der bestehenden Beweisgrundlage zu fällen.

  1. Sachverhalt
    1. Was den Sachverhalt anbelangt, so rügt der Beschuldigte im Wesentlichen, die Vorinstanz habe die vorliegenden Beweise falsch gewürdigt, mithin den Sachverhalt falsch erstellt (Urk. 55 S. 2 f.). Gerade dies ist wie oben einlässlich ausgeführt (vgl. Ziff. II.1.1.) vom Berufungsgericht nur mit eingeschränkter Kognition zu überprüfen. Der Beschuldigte hat demzufolge geltend zu machen, dass und inwiefern die Vorinstanz eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes, mithin eine willkürliche Beweiswürdigung, vorgenommen hat.

      Der Beschuldigte lässt hierzu vorbringen, die Vorinstanz habe sich überwiegend auf die Aussagen von D. , den Bericht des Forensischen Institutes Zürich

      vom 22. Mai 2017 und die Zeugenaussagen von F.

      vom 27. November

      2017 abgestützt. Den Beschuldigten habe die Vorinstanz hingegen als unglaubwürdig und seine Aussagen als unglaubhaft abgestempelt. Weiter wäre die Glaubwürdigkeit von D. entgegen den Erwägungen im angefochtenen Entscheid durchaus anzuzweifeln gewesen. Insbesondere sei nicht korrekt, dass

      D.

      aufgrund des Unfalls kein persönlicher Schaden entstanden sein soll.

      Auch wenn das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht in seinem Eigentum gestanden habe, so ziehe einerseits ein verschuldeter Unfall haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich (Regress durch Arbeitgeber Haftpflichtversicherung bei Verschulden) und andererseits könnte auch der Lenker persönlich mit Administrativmassnahmen (bspw. Ausweisentzug) belangt werden. Entsprechend habe D. ein offensichtliches Interesse gehabt, die Geschehnisse in einem für ihn

      günstigeren Licht darzustellen, weshalb seine Aussagen mit entsprechender Zurückhaltung zu würdigen gewesen wären (Urk. 55 S. 2).

    2. Das Statthalteramt verweist dagegen darauf, dass der Stellung von D. insofern Rechnung getragen worden sei, als er nicht als Zeuge, sondern als Auskunftsperson befragt worden sei. Entsprechend seien seine Aussagen auch gewürdigt worden. Schliesslich werde vom Beschuldigten in keiner Art und Weise

      vorgebracht, wo in den Aussagen von D.

      Widersprüche zu finden seien,

      welche seine Aussagen als nicht glaubhaft erscheinen lassen sollten. Seine Aussagen seien vielmehr durch die Beurteilung und Erkenntnisse des Sachverständigen F. anlässlich dessen Befragung untermauert worden (Urk. 59 S. 2 f.).

    3. Der Argumentation des Statthalteramts ist zuzustimmen. Hervorhebend und ergänzend dazu ist festzuhalten, dass es nicht ausreicht, die Glaubwürdigkeit einer Person in Frage zu stellen. Vielmehr kommt der Glaubhaftigkeit der einzelnen Aussagen einer Person höheres Gewicht zu (vgl. dazu auch die Erwägungen der Vorinstanz in Urk. 43 S. 6 f.). Indem der Beschuldigte es unterlässt, konkret aufzuzeigen, worin die unrichtige Feststellung des Sachverhalts zu sehen ist, sondern lediglich pauschale Zweifel an der Glaubwürdigkeit einer Person zu streuen versucht, kommt er der Rügepflicht gerade nicht nach. Entsprechend ist auf seine Vorbringen nicht weiter einzugehen.

    4. Die Erstellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz erweist sich als vollständig, schlüssig und überzeugend. Insbesondere hat sie die Aussagen der am Unfall Beteiligten und des Sachverständigen korrekt wiedergegeben und anschliessend zusammen mit den übrigen zur Verfügung stehenden Beweismitteln sorgfältig gewürdigt und ihre Erkenntnisse gut nachvollziehbar begründet (Urk. 43

    S. 16 ff.). Hinweise auf Willkür liegen keine vor, weshalb vom vorinstanzlich erstellten Sachverhalt auszugehen ist.

  2. Rechtliche Würdigung
    1. Die Vorinstanz folgte in ihrer rechtlichen Würdigung dem Statthalteramt und verurteilte den Beschuldigten wegen einfacher Verletzung der Verkehrsregeln im

      Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG, Art. 36 SVG, Art. 14 VRV, Art. 36 Abs. 1 SSV und Art. 75 Abs. 1 SSV (Urk. 43 S. 22 ff.).

    2. Die Vorinstanz hat sich ausführlich mit der rechtlichen Situation auseinandergesetzt und diese zutreffend gewürdigt. Auf die entsprechenden Erwägungen kann verwiesen werden (Urk. 43 S. 22 ff.; Art. 82 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Beschuldigte zwar einen Freispruch verlangt, mithin das vorinstanzliche Urteil auch hinsichtlich der rechtlichen Würdigung anficht, die Berufung diesbezüglich aber nicht näher begründet (Urk. 55). Auch vor diesem Gesichtspunkt erübrigen sich zusätzliche Ausführungen zur rechtlichen Subsumtion, welche über die Ausführungen der Vorinstanz hinausgehen.

  3. Strafzumessung
    1. Die durch die Vorinstanz ausgesprochene Busse von Fr. 400.erscheint den Verhältnissen des Beschuldigten angemessen und ist unter Hinweis auf die vorinstanzlichen Ausführungen (Urk. 43 S. 25 ff.; Art. 82 Abs. 4 StPO) zu bestätigen. Zudem wurde die Strafzumessung durch die Verteidigung nicht auch nicht eventualiter beanstandet.

    2. Ebenfalls zu bestätigen ist die Anordnung einer Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen im Falle der schuldhaften Nichtbezahlung der Busse.

  4. Kostenund Entschädigungsfolgen
  1. Ausgangsgemäss ist das vorinstanzliche Kostendispositiv (Ziffer 4 und 5) zu bestätigen (Art. 426 Abs. 1 StPO).

  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind praxisgemäss auf Fr. 1'500.zu veranschlagen.

  3. Da der Beschuldigte im Berufungsverfahren vollumfänglich unterliegt, sind ihm die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO) und es ist ihm keine Entschädigung zuzusprechen.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist schuldig der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG, Art. 36 SVG, Art. 14 VRV, Art. 36 Abs. 1 SSV und Art. 75

    Abs. 1 SSV.

  2. Der Beschuldigte wird mit Fr. 400.- Busse bestraft.

    Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen.

  3. Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 4 und 5) wird bestätigt.

  4. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'500.-.

  5. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.

  6. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an

    • die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • den Beistand des Beschuldigten

    • das Statthalteramt Bezirk Meilen

    • die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich, Administrativmassnahmen (PIN: )

    • die Vorinstanz.

  7. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer Zürich, 22. Februar 2019

Der Präsident:

lic. iur. R. Naef

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. N. Anner

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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