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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SU150074: Obergericht des Kantons Zürich

Der Beschuldigte A. wurde schuldig gesprochen, die Verkehrsregeln verletzt zu haben, indem er beim Fahrstreifenwechsel den Vortritt nicht gewährte. Er wurde zu einer Busse von Fr. 300.- verurteilt, die er schuldhaft nicht zahlte, was zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen führte. Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 1'000.- wurden dem Beschuldigten auferlegt. Der Richter war lic. iur. P. Marti.

Urteilsdetails des Kantongerichts SU150074

Kanton:ZH
Fallnummer:SU150074
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SU150074 vom 21.12.2015 (ZH)
Datum:21.12.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Übertretung von Verkehrsvorschriften
Schlagwörter : Beschuldigte; Kollision; Berufung; Beschuldigten; Kollisionsgegner; Aussage; Vorinstanz; Aussagen; Urteil; Stadt; Beweis; Sachverhalt; Stadtrichter; Stadtrichteramt; Entscheid; Einvernahme; Unfall; Polizei; Busse; Polizeirapport; Recht; Würdigung; Fahrspur; Kollisionsgegners; Fahrzeug; Berufungsverfahren; Verkehr; Fahrstreifenwechsel; Sinne
Rechtsnorm:Art. 102 SVG ;Art. 141 StPO ;Art. 158 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 44 SVG ;Art. 82 StPO ;Art. 90 SVG ;
Referenz BGE:133 IV 329; 134 I 140;
Kommentar:
-, Praxis, 2. Aufl., Zürich, Art. 398 StPO, 2013
-, Zürcher StPO, Art. 398 StPO, 2014
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SU150074

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SU150074-O/U/rm

Mitwirkend: Die Oberrichter lic. iur. P. Marti, Präsident, lic. iur. S. Volken und lic. iur. M. Langmeier sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur.

S. Maurer

Urteil vom 21. Dezember 2015

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

Stadtrichteramt Zürich,

Verwaltungsbehörde und Berufungsbeklagte

betreffend

Übertretung von Verkehrsvorschriften
Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom 23. April 2015 (GC150025)

Strafverfügung:

Die Strafverfügung des Stadtrichteramtes der Stadt Zürich vom 29. April 2014 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 4).

Urteil der Vorinstanz :

(Urk. 36 S. 18ff.)

Es w ird e rka nnt:

  1. Der Einsprecher ist schuldig des Nichtgewährens des Vortritts beim Fahrstreifenwechsel im Sinne von Art. 44 Abs. 1 SVG und in Anwendung von Art. 90 Abs. 1 SVG.

  2. Der Einsprecher wird bestraft mit einer Busse von Fr. 300.-.

  3. Bezahlt der Einsprecher die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen.

  4. Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf Fr. 600.-.

  5. Die Kosten gemäss vorstehender Ziffer sowie die Kosten des Strafbefehls Nr. 2014-016-729 vom 29. April 2014 in der Höhe von Fr. 450.- und die nachträglichen Gebühren des Stadtrichteramts Zürich in der Höhe von Fr. 648.50 werden dem Einsprecher auferlegt. Diese Kosten sowie die Busse von Fr. 300.werden vom Stadtrichteramt Zürich eingefordert.

  6. (Mitteilungen)

  7. (Rechtsmittel)

Berufungsanträge:

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 37 S. 1; Urk. 50 S. 1)

    1. Das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 23. April 2015 sei aufzuheben.

    2. Der Beschuldigte sei vollumfänglich freizusprechen. 3. [ ]

    Unter Kostenund Entschädigungsfolgen.

  2. Der Vertreterin des Stadtrichteramtes der Stadt Zürich: (Urk. 55)

    Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

    -----------------------------------------------------

    Erwägungen:

    1. Prozessgeschichte
      1. Der Prozessverlauf bis zum erstinstanzlichen Urteil ergibt sich aus dem angefochtenen Entscheid (Urk. 36 S. 3f.).

      2. Mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom

      23. April 2015 wurde der Beschuldigte des Nichtgewährens des Vortritts beim Fahrstreifenwechsel im Sinne von Art. 44 Abs. 1 SVG und in Anwendung von Art. 90 Abs. 1 SVG schuldig gesprochen und mit einer Busse von Fr. 300.bestraft; die Kosten mit einer Entscheidgebühr von Fr. 600.wurden dem Beschuldigten auferlegt (Urk. 36 S. 18f.).

      1. Gegen dieses Urteil liess der Beschuldigte mit Eingabe vom 29. April 2015 innert der zehntägigen Frist von Art. 399 Abs. 1 StPO Berufung anmelden (Urk. 31). Nachdem dem Beschuldigten bzw. dessen Verteidiger das begründete Urteil am 21. Juli 2015 zugestellt worden war (Urk. 35/2), ging dessen Berufungserklärung vom 7. August 2015 fristgerecht (Art. 399 Abs. 3 StPO) beim Obergericht ein (Urk. 37).

      2. Mit Präsidialverfügung vom 10. August 2015 wurde dem Stadtrichteramt der Stadt Zürich (im Folgenden: Stadtrichteramt) eine Kopie der Berufungserklärung zugestellt sowie eine Frist von zwanzig Tagen angesetzt, um schriftlich im Doppel zu erklären, ob Anschlussberufung erhoben wird, um begründet ein Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen (Urk. 40). Nachdem das Stadtrichteramt mit Eingabe vom 17. August 2015 mitgeteilt hatte, auf eine Anschlussberufung zu verzichten und auch kein Nichteintreten auf die Berufung des Beschuldigten zu beantragen (Urk. 42), ordnete die zuständige I. Strafkammer des Berufungsgerichts mit Beschluss vom 25. August 2015 die schriftliche Durchführung des vorliegenden Verfahrens an und setzte dem Beschuldigten gleichzeitig Frist, um die Berufungsanträge zu stellen und zu begründen (Urk. 44). Innert zwei Mal erstreckter Frist (Urk. 46; Urk. 48) liess der Beschuldigte am 20. Oktober 2015 seine Berufungsbegründung einreichen (Urk. 50), welche Eingabe mit Verfügung vom 28. Oktober 2015 dem Stadtrichteramt sowie der Vorinstanz zugestellt wurde; zudem wurde Frist zur Einreichung der Berufungsantwort bzw. zur freigestellten Vernehmlassung angesetzt (Urk. 52). Die Vorinstanz verzichtete am

      2. November 2015 auf Vernehmlassung (Urk. 54). Das Stadtrichteramt beantragte mit Eingabe vom 3. November 2015 die Abweisung der Berufung (Urk. 55). Diese beiden Eingaben wurden dem Beschuldigten am 6. November 2015 zugestellt (Urk. 57). Das vorliegende Verfahren erweist sich daher heute als spruchreif.

    2. Prozessuales
  1. Gemäss Art. 398 Abs. 1 StPO ist die Berufung zulässig gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte, mit denen das Verfahren ganz teilweise abgeschlossen worden ist. Im Rahmen einer Berufung überprüft das Obergericht den vorinstanzlichen Entscheid üblicherweise frei bezüglich sämtlicher Tat-, Rechtsund Ermessensfragen (Art. 398 Abs. 3 StPO). Bildeten jedoch ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, so schränkt Art. 398 Abs. 4 Satz 1 StPO die Kognition der Berufungsinstanz ein.

    1. Was den Sachverhalt anbelangt, so überprüft das Berufungsgericht nur, ob eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes durch die Vorinstanz

      gegeben ist. Relevant sind dabei klare Fehler bei der Sachverhaltsermittlung, wie namentlich Versehen, Irrtümer offensichtliche Diskrepanzen zwischen der sich aus den Akten sowie der Hauptverhandlung ergebenden Aktensowie Beweislage und der Urteilsbegründung. Weiter in Betracht kommen insbesondere Fälle, in denen die gerügte Sachverhaltsfeststellung auf einer Verletzung von Bundesrecht, in erster Linie von Verfahrensvorschriften der StPO selbst, beruht. Gesamthaft gesehen dürften regelmässig Konstellationen relevant sein, die als willkürliche Sachverhaltserstellung zu qualifizieren sind (vgl. SCHMID, StPO Praxiskommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, Art. 398 N 12f.; EUGSTER in: BSK StPO, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 398 N 3a). Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung Würdigung ebenfalls vertretbar erscheint gar vorzuziehen wäre, genügt nicht (vgl. BGE 134 I 140 E. 5.4 mit Hinweisen). Eine vertretbare Beweiswürdigung ist daher noch nicht willkürlich, auch wenn die Berufungsinstanz anstelle des Vorderrichters allenfalls anders entschieden hätte.

    2. Zum anderen wird das angefochtene Urteil auf Rechtsverletzungen durch die Vorinstanz hin überprüft; insofern liegt keine Einschränkung der Überprüfungsbefugnis vor; sämtliche Rechtsfragen sind mit freier Kognition zu prüfen und zwar nicht nur materiellrechtliche, sondern auch prozessuale (HUG/SCHEIDEGGER in: Zürcher Kommentar, StPO, 2. Aufl., Zürich 2014, Art. 398 N 23).

    3. Zu erwähnen ist schliesslich, dass neue Behauptungen und Beweise im Berufungsverfahren nicht mehr vorgebracht werden können, wenn wie hier ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens bildeten (Art. 398 Abs. 4 Satz 2 StPO; HUG/SCHEIDEGGER, a.a.O.).

  2. Das Obergericht hat somit zu überprüfen, ob die vom Beschuldigten vorgebrachten Beanstandungen von der Überprüfungsbefugnis gemäss Art. 398 Abs. 4 StPO gedeckt sind. In einem allfälligen nicht von der genannten Befugnis umfassten Umfang kann auf die Einwendungen nicht eingegangen werden. Es ist somit zu prüfen, ob das vorinstanzliche Urteil im Bereich der zulässigen Kognition Fehler aufweist.

  3. Im Übrigen ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich die urteilende Instanz nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen muss (vgl. BGE 136 I 229

    E. 5.2, Urteil des Bundesgerichts 6B_1130/2014 vom 8. Juni 2015 E. 4). Die

    Berufungsinstanz kann sich somit auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken.

  4. Der Beschuldigte beschränkt seine Berufung nicht und beantragt einen Freispruch (Urk. 37). Damit bildet das ganze vorinstanzliche Urteil Berufungsgegenstand und ist mithin in keinem Punkt in Rechtskraft erwachsen.

III. Sachverhalt und rechtliche Würdigung

1. Dem Beschuldigten wird im Strafbefehl vom 29. April 2014 vorgeworfen, am

13. Februar 2014, um ca. 18.15 Uhr, als Lenker des Personenwagens BMW A 560x, Kennzeichen ..., auf der Hardturmstrasse Höhe Hausnummer in Zürich 9 beim Fahrstreifenwechsel von rechts nach links dem vom Kollisionsgegner

B.

gelenkten Personenwagen VW D Touran, Kennzeichen ..., den Vortritt

nicht gewährt zu haben, wobei es zu einer seitlichen Kollision mit dem auf der linken Fahrspur fahrenden Personenwagen B. s gekommen sei (Urk. 4).

  1. Wie bereits die Vorinstanz ausführte, bestreitet der Beschuldigte den Vorwurf des Nichtgewährens des Vortritts beim Fahrstreifenwechsel (Urk. 36 S. 5). Dabei blieb es auch im Berufungsverfahren (Urk. 37; Urk. 50); der Sachverhalt ist demzufolge anhand der vorhandenen Beweismittel zu erstellen, wobei betreffend die Grundlagen der Beweiswürdigung auf die diesbezüglichen Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden kann (Urk. 36 S. 4f.; Art. 82 Abs. 4 StPO).

  2. Die Vorinstanz hat in ihren Erwägungen des angefochtenen Entscheides vorab die massgeblichen Beweismittel, nämlich die Aussagen der Beteiligten - des Beschuldigten, des Kollisionsgegners B. sowie des Polizisten C.

    -, die vom Beschuldigten anlässlich der Einvernahme beim Stadtrichter erstellte Skizze (Urk. 13/1) und die unmittelbar nach dem Unfall vom Kollisionsgegner gemachte Fotografie ausführlich zitiert (Urk. 15/1 bzw. Urk. 17; Urk. 36 S. 6-9). Auf

    diese Darstellung ist vorliegend zur Vermeidung von Wiederholungen zu verweisen (Art. 82 Abs. 4 StPO). In der Folge hat die Vorinstanz die Beweismittel einer sorgfältigen Würdigung unterzogen (Urk. 36 S. 9-14) und kam kurz zusammengefasst zum Schluss, dass auf der linken Spur stockender Verkehr geherrscht habe und sich der Beschuldigte und der Kollisionsgegner zunächst jeweils auf ihrer Spur fortbewegt hätten. Dann habe der Beschuldigte die Spur teilweise gewechselt, worauf es auf der linken Fahrspur zu einer Kollision mit dem Kollisionsgegner gekommen sei. Weiter könne auch erstellt werden, dass der Kollisionsgegner zum Zeitpunkt, als der Beschuldigte die linke Fahrspur befahren habe, bereits nahe am Kollisionsort gewesen sei, so dass er für den Beschuldigten sichtbar gewesen sei (Urk. 36 S. 13).

  3. Der Beschuldigte hat im Berufungsverfahren den angefochtenen Entscheid dahingehend kritisiert, seine Aussage, dass er nicht ausschliessen könne, dass ein kleiner Teil des Fahrzeugs in die linke Fahrspur hineingeragt habe, sei nicht verwertbar, woraus folge, dass ein starkes Indiz, dass sich sein Auto zum Kollisionszeitpunkt teilweise auf der linken Fahrbahn befunden habe, fehle (Urk. 37 S. 2f.). Sowohl er als auch der Kollisionsgegner seien anlässlich der Einvernahme vom 17. November 2014 mit Aussagen aus dem nicht zu seinen Ungunsten verwertbaren Polizeirapport konfrontiert worden. Es handle sich bei den Aussagen anlässlich der stadtrichterlichen Einvernahmen somit um nicht verwertbare Folgebeweise im Sinne von Art. 141 Abs. 4 StPO. Das angefochtene Urteil basiere auf einem Sachverhalt, der in Verletzung von Art. 141 StPO erstellt worden sei. Die Feststellung des Sachverhaltes sei entsprechend auf einer offensichtlich unrichtigen Feststellung des Sachverhaltes erfolgt (Urk. 50).

  4. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung ist entgegen dem Appellanten nicht zu beanstanden, sondern sie ist vielmehr überzeugend und zu übernehmen:

    1. Dass der Beschuldigte zunächst auf der rechten Spur gefahren ist und später auf die linke Spur hat wechseln wollen, wobei auf der linken Spur stop and go-Verkehr herrschte, ergibt sich ohne Weiteres aus den übereinstimmenden Angaben des Beschuldigten und des Kollisionsgegners B. . Anderes wurde

      im Berufungsverfahren seitens des Beschuldigten denn auch nicht vorgebracht (Urk. 37; Urk. 50).

    2. Zum Unfallort und dort zu den Angaben des Beschuldigten erwog die Vorinstanz, dessen Aussagen gemäss Polizeirapport dürften nicht zu seinen Lasten verwertet werden. Da der Beschuldigte jedoch innerhalb der (verwertbaren) stadtrichterlichen Einvernahme unterschiedlich ausgesagt habe, müssten seine Aussagen mit einer gewissen Vorsicht gewürdigt werden. Seine Aussagen würden nur bedingt als glaubhaft erscheinen. Vielmehr würden die Aussagen des Beschuldigten als Indiz dafür erscheinen, dass sich sein Auto mindestens teilweise bereits auf der linken Spur befunden habe, zumal er auch erklärt habe, dass er sein Fahrzeug leicht schräg nach links gestellt habe, damit er nach links habe hinausschauen können (Urk. 36 S. 10).

      1. Die Verteidigung rügt diesbezüglich wie bereits erwogen - die Verwertbarkeit dieser Aussagen. Da die Aussagen des Beschuldigten gemäss Polizeirapport nicht verwertbar seien, hätte das Stadtrichteramt nicht darauf Bezug nehmen dürfen. Es sei davon auszugehen, dass die Unfallbeteiligten neun Monate nach dem Unfall ohne Vorhalt ihrer Aussagen nicht detailliert Auskunft zum zu beurteilenden Unfallgeschehen hätten erteilen können (Urk. 37 S. 2f.).

      2. Die Vorinstanz hat richtig erkannt, dass die Aussagen gemäss Polizeirapport (sowohl diejenigen des Beschuldigten als auch diejenigen des Kollisionsgegners B. ) zu Lasten des Beschuldigten nicht verwertbar sind. Der Grund dafür ist mit der Vorinstanz in der fehlenden Unterzeichnung zu sehen. In diesem Sinne hat es sich somit um nicht StPO-konforme Einvernahmen gehandelt. Daraus kann indes nicht die Unverwertbarkeit der Einvernahmen vor dem Stadtrichteramt abgeleitet werden. Es trifft zwar zu, dass gemäss Art. 141 Abs. 4 StPO, wenn ein unverwertbarer Beweis die Erhebung eines weiteren Beweises ermöglichte, dieser weitere Beweis nicht verwertbar ist, wenn er gestützt auf eine ex ante Betrachtung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ohne die vorhergehende unzulässige Beweiserhebung nicht möglich gewesen wäre (vgl. GLESS, ZStR 2010, S. 159; BGE 133 IV 329 ff.). Vorliegend ist indes entgegen der Argumentation der Verteidigung sehr wohl davon auszugehen, dass sowohl der

        Beschuldigte als auch der Kollisionsgegner B.

        neun Monate nach dem Unfall (auch ohne Vorhalt ihrer Aussagen im Polizeirapport) noch detailliert Auskunft darüber hätten erteilen können. Im Gegensatz zum Polizisten C. , für den Unfälle nichts Aussergewöhnliches sind, der sich deswegen kaum an jeden einzelnen erinnern kann und der daher auch angab, den Rapport (vor der Einvernahme) nochmals konsultiert zu haben (Urk. 16 S. 1), ist davon auszugehen, dass ein Verkehrsunfall für den Beschuldigten und den Kollisionsgegner B. etwas Spezielles ist, an welchen Vorfall sie sich deshalb auch nach einer gewissen Zeit noch im Detail zu erinnern vermochten. Davon, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit diese Depositionen ohne Vorhalt ihrer Angaben im Polizeirapport nicht gemacht hätten, kann keine Rede sein. Die stadtrichterlichen Einvernahmen sind deshalb auch zu Ungunsten des Beschuldigten verwertbar, zu welchem Schluss auch die Vorinstanz gelangte (Urk. 36 S. 5f.).

      3. Lediglich der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass sich die Unverwertbarkeit der Einvernahme gemäss Polizeirapport nicht aus unterlassenen Hinweisen gemäss Art. 158 Abs. 1 StPO (welche zur Unverwertbarkeit führen; Art. 158 Abs. 2 StPO), ergibt: Der Beschuldigte und der Kollisionsgegner B. deponierten nämlich auch ihre jeweiligen Aussagen gegenüber der Polizei, nachdem sie auf ihre strafprozessualen Rechte und Pflichten aufmerksam gemacht worden waren (Urk. 1 S. 2). Insofern handelte es sich bei diesen ersten polizeilichen Befragungen nicht um informelle Befragungen zwecks Verschaffens eines Überblicks über die Situation, in welcher unklar ist, wer Täter, wer Zeuge und wer Opfer sein könnte (vgl. dazu SCHMID, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, N 859 und Fn 186; GODENZI, Zürcher Kommentar, StPO, a.a.O., N 39 zu Art. 158).

      4. Selbst wenn man mit der Verteidigung davon ausginge, dass die auf Vorhalt der Aussagen im Polizeirapport deponierten Ausführungen bei der stadtrichterlichen Einvernahme aufgrund von Art. 141 Abs. 4 StPO nicht verwertbar wären, käme man ferner nicht zum Schluss, dass das starke Indiz fehlt, wonach das Auto des Beschuldigten sich zum Kollisionszeitpunkt teilweise auf der linken

        Fahrbahn befand (Urk. 37 S. 2f.). Die Angabe des Beschuldigten, er könne nicht ausschliessen, dass ein kleiner Teil des Fahrzeuges in die linke Fahrspur hineingeragt sei, erfolgte nämlich nicht auf Vorhalt seiner Aussagen im Polizeirapport - dies im Gegensatz zur vorhergehenden Frage und der letzten Frage der Einvernahme vom 17. November 2014 (Urk. 13 S. 2) -, sondern aus freien Stücken. Diese Aussage des Beschuldigten wäre somit ohnehin uneingeschränkt auch zu seinen Lasten verwertbar.

      5. Unter Verweis auf die soeben dargelegten Erwägungen ist folglich nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz auf die Ausführungen des Kollisionsgegners

        B.

        in der stadtrichterlichen Einvernahme vom 17. November 2014 abstellt.

        Zudem wurden auch ihm nur bei einer Frage die eigenen Aussagen anlässlich der Befragung der Polizei vorgehalten (Urk. 14 S. 2 oben). Ansonsten wurde kein Bezug zu seinen im Polizeirapport festgehaltenen Aussagen genommen (Urk. 14).

        Die Angaben des Kollisionsgegners B.

        me sind somit uneingeschränkt verwertbar.

        in der stadtrichterlichen Einvernah-

    3. Auf die Depositionen des Beschuldigten kann nicht unbesehen abgestellt werden. Wie im angefochtenen Entscheid dargelegt, führte er nämlich Unterschiedliches zum Unfallort aus (Urk. 36 S. 10). Insbesondere schliesst er nicht aus, dass ein kleiner Teil des Fahrzeuges in die linke Fahrspur hineinragte (Urk. 13 S. 2), währenddem er in derselben Befragung angab, sich im Zeitpunkt des Unfalles auf der rechten Spur befunden zu haben (Urk. 13 S. 1). Wenn die Vorinstanz das Aussageverhalten des Beschuldigten als starkes Indiz dafür wertet, dass sich sein Auto zum Kollisionszeitpunkt bereits teilweise auf der linken Fahrbahn befunden hat, ist diese Würdigung insbesondere auch angesichts der eingeschränkten Kognition der Berufungsinstanz den Sachverhalt betreffend - nicht zu beanstanden.

    4. Der Kollisionsgegner B.

      legte in der Einvernahme vom

      17. November 2014 konstant und überzeugend dar, dass er die Spur nicht gewechselt und sich die Kollision auf der linken Spur ereignet habe (Urk. 14). Dass er angesichts des Umstandes, dass der Ausgang strafrechtlicher Verfahren auch für zivilrechtliche Ansprüche relevant sein kann, wie auch der Beschuldigte ein

      Interesse daran haben könnte, zu seinen Gunsten auszusagen, hat die Vorinstanz zu Recht in ihre Beweiswürdigung miteinbezogen (Urk. 36 S. 11f.). Die im angefochtenen Entscheid vorgenommene Würdigung der Aussagen des Kollisionsgegners B. , wonach er konstant und widerspruchsfrei ausgesagt habe (Urk. 36 S. 11), ist aber dennoch nicht zu beanstanden, sondern als grundsätzlich überzeugend und zutreffend zu übernehmen. Seine Aussagen sind detailliert und wirken erlebt.

    5. Betreffend die Würdigung der Aussagen des als Zeugen einvernommenen

      Polizisten C.

      kann ebenfalls auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 36 S. 12). Ohne die geringsten Anzeichen von Zweifeln erklärte er, dass die Hardturmstrasse an der Unfallörtlichkeit keinen Bogen mache, sondern beide Spuren gerade gehen und parallel verlaufen würden (Urk. 16 S. 2).

    6. Mit der Vorinstanz erkennt man schliesslich auf der vom Kollisionsgegner aufgenommenen Fotografie deutlich (vgl. Sicherheitslinie in Fahrtrichtung gesehen links vom Fahrzeug des Kollisionsgegners), dass die beiden Fahrzeuge auf der linken Fahrbahn kollidierten (Urk. 15/1; Urk. 17). Die Verwertbarkeit dieser Aufnahme wird von der Verteidigung zu Recht - nicht bestritten (Urk. 50 S. 2). Gleiches gilt für den Zeitpunkt der Aufnahme (Urk. 37; Urk. 50). Es ist daher

      davon auszugehen, dass die Fotografie, wie vom Kollisionsgegner B.

      angegeben (Urk. 14 S. 3), von ihm noch vor dem Verschieben der Fahrzeuge - und mithin unmittelbar nach dem Unfall an der Unfallörtlichkeit aufgenommen wurde.

      Die Argumentation des Beschuldigten, der Kollisionsgegner habe den Bogen zu fest ausgefahren (Urk. 12 S. 1; vgl. auch seine Skizze in Urk. 13/1), entbehrt angesichts der klaren Ausführungen des Zeugen C. , des Kollisionsgegners

      B.

      und der Fotografie, welche angeben bzw. auf welcher ersichtlich ist,

      dass die Strasse keinen Bogen beschreibt, jeglicher Grundlage und ist als Schutzbehauptung einzustufen.

    7. Eine Würdigung der vorliegenden Beweismittel betreffend Kollisionsort ergibt das folgende Bild: Die glaubhaften Aussagen des Kollisionsgegners B. korrespondieren mit der eingereichten, unmittelbar nach dem Unfall aufgenommenen Fotografie. Beide weisen auf einen Unfallort auf der linken Fahrspur hin. Berücksichtigt man zusätzlich die Angabe des Beschuldigten, der nicht ausschliesst, dass ein kleiner Teil seines Fahrzeuges in die linke Spur hineinragte, ist auszuschliessen, dass sich die Kollision an einem anderen Ort als der linken Fahrspur ereignete.

  5. Aufgrund dieser Erwägungen ist die von der Vorinstanz vorgenommene Beweiswürdigung nicht zu beanstanden und es ist vom folgenden Sachverhalt auszugehen: Auf der linken Spur herrschte stockender Verkehr und der Beschuldigte

    und der Kollisionsgegner B.

    bewegten sich zunächst jeweils auf ihrer Spur

    fort. Darauf hat der Beschuldigte die Spur teilweise gewechselt, wobei es auf der linken Fahrspur zu einer Kollision mit dem Kollisionsgegner B._ gekommen ist, wobei der Kollisionsgegner zum Zeitpunkt, als der Beschuldigte die linke Fahrbahn befahren hat, bereits nahe am Kollisionsort war. Ein anderes (Beweis-)Ergebnis drängt sich insbesondere auch angesichts der Tatsache, dass das Berufungsgericht nur überprüft, ob eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes durch die Vorinstanz gegeben ist und es nicht genügt, dass eine andere Lösung Würdigung ebenfalls vertretbar erscheint gar vorzuziehen wäre, nicht auf. Anhaltspunkte für eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts im angefochtenen Entscheid sind somit keine gegeben.

  6. Die rechtliche Würdigung der Vorinstanz ist zutreffend und gibt zu keinerlei Beanstandungen bzw. Bemerkungen Anlass. Der Beschuldigte ist damit der Verletzung der Verkehrsregeln (Nichtgewähren des Vortritts beim Fahrstreifenwechsel) im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 SVG schuldig zu sprechen.

  1. Sanktion
    1. Gemäss den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz reicht der gesetzliche Strafrahmen vorliegend von Fr. 1.bis zu Fr. 10'000.- Busse (Art. 90 Abs. 1 SVG sowie Art. 102 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 103 und Art. 106 Abs. 1

      StGB). Für den Fall des schuldhaften Nichtbezahlens der Busse ist eine Ersatzfreiheitsstrafe von mindestens einem Tag und höchstens drei Monaten auszusprechen. Busse und Ersatzfreiheitsstrafe sind je nach den Verhältnissen des Täters so zu bemessen, dass dieser die Strafe erleidet, die seinem Verschulden angemessen ist (Art. 106 Abs. 2-3 StGB).

    2. Die durch die Vorinstanz ausgesprochene Busse von Fr. 300.erscheint dem Verschulden und den Verhältnissen des Beschuldigten angemessen und ist unter Hinweis auf die vorinstanzlichen Ausführungen zu bestätigen (Urk. 36

      S. 16ff.; Art. 82 Abs. 4 StPO).

    3. Ebenfalls zu bestätigen ist die vorinstanzliche Anordnung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen im Falle der schuldhaften Nichtbezahlung der Busse (Urk. 36 S. 18; Art. 82 Abs. 4 StPO).

  2. Kostenund Entschädigungsfolgen
  1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist die erstinstanzliche Kostenregelung (Dispositivziffern 4 und 5) zu bestätigen (Art. 426 Abs. 1 StPO).

  2. Im Berufungsverfahren werden die Kosten nach Obsiegen und Unterliegen auferlegt (Art. 428 Abs. 1 StPO). Mit dem heutigen Urteil unterliegt der Beschuldigte mit seiner Berufung vollständig. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.sind deshalb dem Beschuldigten aufzuerlegen.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist schuldig der Verletzung der Verkehrsregeln

    (Nichtgewähren des Vortritts beim Fahrstreifenwechsel) im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 SVG.

  2. Der Beschuldigte wird mit einer Busse von Fr. 300.bestraft.

  3. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen.

  4. Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 4 und 5) wird bestätigt.

  5. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'000.-.

  6. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.

  7. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an

    • die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • das Stadtrichteramt der Stadt Zürich

    • die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an die Vorinstanz.

  8. Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer Zürich, 21. Dezember 2015

Der Präsident:

lic. iur. P. Marti

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. S. Maurer

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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