Zusammenfassung des Urteils SB220652: Obergericht des Kantons Zürich
Der Appell wurde von Herrn A______ eingereicht, der das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts anfechtet, das am 6. April 2020 erging. Er fordert eine Änderung der Entscheidung bezüglich der Unterhaltsbeiträge für sein Kind C______. Das Gericht hatte festgelegt, dass A______ rückwirkend ab dem 1. Dezember 2018 Unterhaltszahlungen leisten muss. A______ beanstandet dies, da er angibt, keine Ersparnisse zu haben, um diese Rückstände zu begleichen. Das Gericht bestätigte jedoch die Entscheidung und wies darauf hin, dass A______ die fehlenden Beträge noch schuldet. Zudem wurde eine Unterhaltszahlung an seine Ehefrau festgelegt, die A______ ebenfalls anfechtet, aber das Gericht bestätigte die Entscheidung und wies alle weiteren Anträge ab. Die Gerichtskosten für den Appell belaufen sich auf insgesamt 1200 CHF und gehen zu Lasten von Herrn A______.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB220652 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 13.12.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Hehlerei |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Beschuldigten; Aussage; Staatsanwalt; Vorinstanz; Staatsanwaltschaft; Berufung; Urteil; Privatklägerin; Covid-; Verfahren; -Kredit; Aussagen; Gericht; Hehlerei; Verteidigung; Verfahrens; Gerichtskasse; Entschädigung; Würdigung; Hinweis; Limmattal; Albis; Prozessentschädigung; Entscheid; Freispruch; Darlehen; Gelder; ührt |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ;Art. 307 StGB ;Art. 32 BV ;Art. 32 StReG ;Art. 408 StPO ;Art. 423 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 82 StPO ;Art. 84 StPO ; |
Referenz BGE: | 100 IV 31; 124 IV 86; 133 I 33; 138 V 74; 141 IV 244; 144 IV 345; 144 IV 348; 145 IV 154; 146 IV 88; 147 IV 409; 81 IV 158; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB220652-O/U/nk
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Wenker, Präsident, die Ersatzoberrichter lic. iur.
Kessler und Dr. Bezgovsek sowie Gerichtsschreiber MLaw Ghafier
Urteil vom 13. Dezember 2023
in Sachen
vertreten durch StaatsAnwälte MLaw Fantoni und lic. iur. Keller,
Anklägerin und Berufungsklägerin
gegen
Beschuldigter und Berufungsbeklagter
verteidigt durch Rechtsanwalt M.A.HSG in Law et lic. phil. X.
betreffend Hehlerei
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis vom 10. Februar 2022 (Urk. 11) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 40 S. 11)
Der Beschuldigte ist einer strafbaren Handlung nicht schuldig und wird freigesprochen.
Die Zivilforderungen der Privatklägerin werden auf den Zivilweg verwiesen.
Die Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz; die übrigen Kosten werden auf die Gerichtskasse genommen.
Der Privatklägerin wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Dem Beschuldigten wird eine Prozessentschädigung von Fr. 5'650.00 (inkl.
Barauslagen und 7.7 % MwSt.) für die anwaltliche Verteidigung durch Rechtsanwalt M.A. HSG in Law X. aus der Gerichtskasse zugesprochen.
BerufungsAnträge:
Des Vertreters der AnklageBehörde: (Urk. 51 S. 2)
Der Beschuldigte A. sei im Sinne der Anklageschrift vom
10. Februar 2022 wegen Hehlerei im Sinne von Art. 160 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.
Der Beschuldigte A. sei mit einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu CHF 50.00 (entsprechend CHF 5'000.00) zu bestrafen.
Die Geldstrafe sei zu vollziehen.
Es sei ein Entscheid über die ZivilAnsprüche der Privatklägerschaft zu Fällen.
Die Kosten des Verfahrens seien dem Beschuldigten A. aufzuerlegen.
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 52 S. 2)
Es sei der Beschuldigte A. freizusprechen, unter Abweisung der Anträge der Staatsanwaltschaft und unter Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Es sei die Zivilklage der Privatklägerin auf den Zivilweg zu weisen.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolge (zzgl. Auslagen und MWST) zu Lasten des Staates, wobei dem Beschuldigten für die anwaltliche Verteidigung durch Rechtsanwalt X. im erstinstanzlichen Verfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 5'650.00 (inkl. Barauslagen und 7,7% MWST) sowie im Berufungsverfahren eine angemessene Entschädigung gestützt auf die eingereichte Kostennote zuzusprechen seien.
Erwägungen:
Der Beschuldigte wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Dietikon vom 15. Juni 2022 vom Vorwurf der Hehlerei freigesprochen (Urk. 40). Die innert Frist eingereichte Berufung bzw. BerufungsErklärung der Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis (nachfolgend Staatsanwaltschaft) richtet sich gegen den Freispruch (Urk. 35, 39/1 und 41). Der Beschuldigte hat stillschweigend auf Anschlussberufung verzichtet (Urk. 43 und 44/2). Die Privatklägerin hat ausDrücklich auf Anschlussberufung verzichtet (Urk. 45). Zur Berufungsverhandlung vom 13. Dezember 2023 erschien Staatsanwalt MLaw Dominik Fantoni sowie der Beschuldigte in Begleitung seines Verteidigers (Prot. II S. 3).
Auch wenn das Berufungsgericht nur die angefochtenen Punkte neu beurteilt, fällt es am Ende ein insgesamt neues Urteil (Art. 408 StPO), worin es jedoch anzugeben hat, welche Punkte bereits früher in Rechtskraft erwachsen sind (BGE 141 IV 244
E. 1.3.3). Die Staatsanwaltschaft beantragt einen Schuldspruch mit entsprechen- der Bestrafung und Kostenfolge (Urk. 41, Urk. 51 S. 2). Das vorinstanzliche Urteil ist demnach in keiner Dispositivziffer in Rechtskraft erwachsen.
Ausgangslage
Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, dass er am 13. Juli 2020 durch
offene Betreibungen der ihm (dem Beschuldigten) gehörenden Firma
GmbH in der Höhe von Fr. 17'620.60 habe begleichen lassen. B. habe zuvor an einem Postomat Fr. 20'000 von seinem Konto lautend auf die Einzelfirma B1. bezogen. Das Geld stamme aus einem der B1. am 1. Juli 2020 bewilligten Covid-19-Kredit, was der Beschuldigte gewusst bzw. zumindest in Kauf genommen habe. Der Beschuldigte habe somit gewusst bzw. zumindest in Kauf genommen, dass das ihm Gewährte kurzfristige Darlehen zur überbRückung
der finanziellen Schieflage bei der C. GmbH nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend eingesetzt worden sei. Dadurch habe sich der Beschuldigte der Hehlerei schuldig gemacht (Urk. 11).
Die Vorinstanz hat den Beschuldigten vom Vorwurf der Hehlerei freigesprochen. Der Einzelrichter erwog, es sei mangels Beweisen nicht erstellt, dass der Beschuldigte wusste, dass das Geld aus einem Covid-19-Kredit stammt (Urk. 40 S. 9).
Die Staatsanwaltschaft stätzt sich auf die belastenden Aussagen von B. und erachtet die Würdigung der Vorinstanz unter zu extensiver und damit unrichtiger Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo als falsch (Urk. 41). Die Darstellungen des Beschuldigten würden sich in keinster Weise als konsistent und wi- derspruchsfrei erweisen. während der Beschuldigte anlässlich der delegierten Einvernahme vom 25. Februar 2021 noch behauptet hätte, er sei davon ausgegangen, das Geld stamme von D. selbst, habe er anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Konfrontations- und Schlusseinvernahme vom 25. Januar 2022 zu Protokoll gegeben, das Geld von B. bzw. schliesslich von der E. GmbH erhalten zu haben, wobei der Beschuldigte an dieser Darstellung auch im Rahmen der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 15. Juni 2022 festgehalten habe (Urk. 51
S. 3). Der Beschuldigte habe sich an der Konfrontations- und Schlusseinvernahme vom 25. Januar 2022 zunächst darauf versteift, unter dem Völlig aktenwidrigen Hinweis, von der Polizei ohne Anwesenheit eines Dolmetschers einvernommen worden zu sein, erstmals den Namen B1. zu hören, um dann darauf angesprochen zu behaupten, dies allenfalls falsch verstanden zu haben. würden bei der Prüfung der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Beschuldigten auch noch dessen im Urteil der Vorinstanz korrekt angefährten widersprächlichen Aussagen in Bezug auf dessen Wissen betreffend zulässigem Verwendungszweck von Covid-19-Kreditgeldern miteinbezogen, dann würden sich die Bestreitungen des Beschuldigten bezüglich seines Wissens um die Herkunft der zur Begleichung von offenen Betreibungen der C. GmbH verwendeten Gelder als reine Schutzbehauptungen erweisen und seien damit nicht zu hören. Vielmehr sei, da für B. keinerlei Nutzen einer falschen Belastung ersichtlich sei, auf dessen Aussagen abzustellen,
zumal dieser einfach hätte zu Protokoll geben können, er habe dem Beschuldigten ohne weitere Angaben bezüglich der Herkunft der Gelder ein Darlehen Gewährt.
Hinzu komme, dass der Beschuldigte selbst ausgefährt habe, mit D.
und
B. zusammen gearbeitet zu haben. Damit seien ihm die tatsächlichen Umstände und Abläufe in Bezug auf die Geschäftstätigkeiten der E. GmbH und der B1. hinlänglich bekannt gewesen, sodass er im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme im Juli 2020 bei B. auch Kenntnis von der bereits seit Ende 2019 über einem halben Jahr bestehenden Inaktivität der B1. und damit einhergehend über die bestimmungswidrige Verwendung von Geldern aus einem zuvor im März 2020 zu Unrecht erwirkten Covid-19-Kredit gehabt habe. Gerade das Wissen des Beschuldigten, dass die entsprechenden Kreditgelder ausschliesslich zur Sicherung der laufenden Liquiditätsbedürfnisse des Kreditnehmers hätten eingesetzt werden dürfen, sei als weiteres Indiz für dessen Kenntnis um deren unrechtmässige Erwirkung zu werten, denn wenn die B1. aufgrund der Covid-Pandemie effektiv Gelder gebraucht hätte, wären diese für die Geschäftstätigkeiten eingesetzt worden und für eine DarlehensGewährung an den Beschuldigten bzw. dessen Firma gar nicht zur Verfügung gestanden. Daher, so die Staatsanwaltschaft, sei der angeklagte Sachverhalt rechtsgenügend erstellt (Urk. 51 S. 3 ff.).
Die Verteidigung macht unter Hinweis auf die im vorinstanzlichen Urteil enthaltenen Feststellungen geltend, die einzigen den Beschuldigten belastenden Aussagen seien diejenigen von B. _, welche jedoch die durch den Beschuldigten gemachten Aussagen nicht zu widerlegen vermöchten. Auf dieser Beweisgrundlage sei eine Verurteilung nicht möglich und der Beschuldigte folglich freizusprechen (vgl. Urk. 52 S. 2).
B. Sachverhalt
Der Sachverhalt ist demnach in zweiter Instanz einer erneuten Würdigung zu unterziehen. Zu den allgemeinen BeweisWürdigungsregeln (insb. der freien Würdigung der Beweismittel, der Unschuldsvermutung, der Aussage gegen Aussage-Konstellation) ist auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1; BGE 145 IV 154 E. 1.1; BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.2;
BGE 138 V 74 E. 3; BGE 124 IV 86 E. 2a; je mit Hinweisen) zu verweisen. Im angefochtenen Urteil sind die wesentlichen Aussagen des Beschuldigten und diejeni-
gen des im separaten Verfahren Beschuldigten B.
sowie des Zeugen
D. wiedergegeben worden (Urk. 40 S. 6-9). Darauf wie auch auf die Erwägungen zur Glaubwürdigkeit der Befragten kann in Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO verwiesen werden. Relativierend ist festzuhalten, dass der allgemeinen Glaubwürdigkeit einer einvernommenen Person im Sinne einer dauerhaften perso- nalen Eigenschaft gegenüber der Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage für die Wahrheitsfindung nur untergeordnete Bedeutung zukommt (BGE 147 IV 534 E. 2.3.3; BGE 147 IV 409 E. 5.4.3; BGE 133 I 33 E. 4.3 mit Hinweisen).
Der Würdigung des Einzelrichters kann insgesamt gefolgt werden. Es kann mit der Vorinstanz festgehalten werden, dass grundsätzlich sowohl die Aussagen des Beschuldigten wie auch von B. insgesamt konsistent und in sich widerspruchsfrei sind. Der Beschuldigte hat konstant ausgesagt, nicht gewusst zu haben, dass das fragliche Geld aus einem Covid-19-Kredit für die B1. stammt. B. seinerseits hat jeweils ausgesagt, dies dem Beschuldigten erzählt zu haben. In der zweiten polizeilichen Befragung vom 13. April 2021 von B. war dies nur insoweit ein Thema, als er jeweils auf konkrete Fragen hin einfach bejahte, dass der Beschuldigte dies gewusst habe, er es ihm erzählt habe (Urk. 5 F/A 39- 41). In der Konfrontationseinvernahme wiederholte er nach Vorhalt genau dieser Fragen diese Aussage, wobei er im Wesentlichen einzig Ergänzte, dass dies auch
D.
gewusst habe (Urk. 8 F/A 26). Gerade diesen Umstand hat dieser als
Zeuge allerdings nicht bestätigt (Urk. 32/A S. 5). Die Vorinstanz stellt zwar in den Raum, dass zwischen dem Zeugen D. und dem Beschuldigten eine gewisse berufliche abhängigkeit bestehen könnte und der Zeuge kein Interesse habe, sich selber zu belasten. Dies erscheint denkbar, ändert aber nichts daran, dass die Angabe zum Wissen von D. von diesem nicht bestätigt wurde. Sodann ist festzuhalten, dass die Schilderungen von B. bis zu diesem Zeitpunkt doch eher einsilbig und wenig lebendig waren und er einfach die Vorhalte bestätigte. Erst anlässlich der Hauptverhandlung vom 15. Juni 2022 hat B. auf hartnäckiges Nachfragen dies etwas näher ausgefährt (Prot. I S. 17-23). Im Rahmen der Berufungsverhandlung gab er sodann erneut zu Protokoll, der Beschuldigte habe wie auch D. gewusst, dass das Geld aus einem Covid-19-Kredit stamme (Prot.
II S. 32 f.). Letztlich verknüpft er seine Aussage, er habe den beiden gesagt, das Geld stamme aus dem Covid-19-Kredit mit dem Hinweis, dass diese gesagt haben, dass der Beschuldigte dringend Geld brauche, wobei er bei seinen Antworten auch teilweise ausweichende Angaben macht. Der Umstand, dass der Beschuldigte dringendst Geld brauchte, um den Konkurs seiner C. GmbH abzuwenden, führt sodann nicht zwingend dazu, dass B. ihm eröffnet, woher er das Geld hatte, auch wenn dies durchaus zum Thema passt. Es ist auch nicht offensichtlich, dass B. dem Beschuldigten mitteilen muss, ob das Geld nun von der B1. der E. GmbH war, spielte dies doch aus Sicht des Beschuldigten keine Rolle. B. wusste sodann nicht mehr, ob er dies persönlich an diesem Tag vor dem Betreibungsamt gesagt habe am Telefon. Dies ist zwar gut nachvollziehbar, da diese Gespräche im Zeitpunkt seiner Befragung schon rund zwei Jahre zu- Rücklagen. Er räumte denn auch ein, dass er sich nicht an jedes Detail erinnere. Insgesamt blieb B. aber trotz mehrfachen Nachfragen dabei, den beiden erzählt zu haben, dass das Geld aus dem Covid-19-Kredit stammt. Es ist denn auch nicht ersichtlich, welchen Vorteil B. aus dieser Belastung haben könnte, was doch gewichtig für die Glaubhaftigkeit seiner Aussage spricht. Dennoch ist nochmals festzuhalten, dass B. diesen Umstand wenig anschaulich schildert und während des gesamten Verfahrens beispielsweise nichts darüber erzählt, was seine Information denn bei den beiden ausgeläst habe, was eigentlich doch zu erwarten gewesen wäre.
Auf der anderen Seite hat auch der Beschuldigte jeweils konstant bestritten, dass ihm B. erzählt habe, woher das fragliche Geld stammte. Er machte geltend, es sei nie über die Herkunft des Geldes gesprochen worden und er habe auch nicht gefragt, woher B. das Geld habe (Urk. 4 F/A 23-36, Prot. I S. 30-32, Prot. II
S. 34-36), was nach dem oben Gesagten durchaus plausibel und insoweit glaubhaft erscheint. Er gab dazu auch konstant und nachvollziehbar an, dass B. nicht sein Ansprechpartner gewesen sei, sondern D. und er gedacht habe, dass dieser das Geld für ihn organisiert habe (Urk. 4 F/A 25, 42, Urk. 8 F/A 27-28, Prot. II S. 34 f.). Dies lässt sich in Einklang bringen mit der Zeugenaussage von D. _, der wie bereits erwähnt auch die Darstellung von B. , wonach dieser auch ihn über die Herkunft des Geldes orientiert habe, nicht bestätigte. Im übrigen
nannte der Beschuldigte die gleichen Details wie B. , wonach dieser das Geld bei einer Postfiliale abholte und sie zusammen zum Betreibungsamt gegangen seien, wo die offenen Betreibungen bezahlt worden seien. Auch nannte er Details, wie dass er einen Zettel unterschrieben habe (Urk. 4 F/A 35-36). Der Staatsanwaltschaft ist allerdings zuzustimmen, wenn sie ausführt, dass sich der Beschuldigte in dem Punkt widersprach, ob er gewusst habe, für welchen Zweck man Gelder aus einem Covid-19-Kredit verwenden dürfe und er unglaubhaft versucht, sich aus diesem Widerspruch zu lösen (Urk. 51 S. 3 f., Urk. 4 F/A 44, Urk. 8 F/A 28-29). Zum Kerngeschehen hat der Beschuldigte sich allerdings konstant und widerspruchsfrei und durchaus plausibel geäussert, so dass seine Aussagen wie auch diejenigen von B. nicht unglaubhaft erscheinen. Es bestehen daher nicht unerhebliche Zweifel an der Aussage von B. , wobei es durchaus auch denkbar ist, dass sich dieser falsch erinnert. Der vollständigkeit halber ist mit der Vorinstanz hervorzuheben, dass B. die den Beschuldigten belastenden Aussagen jeweils als beschuldigte Person und somit nicht unter strafbewehrter Wahrheitspflicht (Art. 307 StGB) machte, womit zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass er mit der Belastung des Beschuldigten das Ziel verfolgen könnte, Allfällige strafrechtliche Konsequenzen für sein Verhalten nicht alleine tragen zu müssen die Gescheh- nisse in einem für ihn günstigen Licht darzustellen. Die Darstellung des Beschul- digten kann jedenfalls vernünftigerweise nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden.
Nach Art. 10 Abs. 3 StPO geht das Gericht von der für die beschuldigte Person günstigeren Sachlage aus, wenn unüberwindliche Zweifel daran bestehen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat erfüllt sind. Diese Bestimmung operationalisiert den verfassungsmässigen Grundsatz der Unschuldsvermutung (in dubio pro reo; Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK). Sie verbietet es, bei der rechtlichen Würdigung eines Straftatbestands von einem belasten- den Sachverhalt auszugehen, wenn nach objektiver Würdigung der gesamten Beweise ernsthafte Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt tatsächlich so verwirklicht hat, wenn eine für die beschuldigte Person günstigere Tatversion ver- nünftigerweise nicht ausgeschlossen werden kann. Eine einfache Wahrscheinlichkeit genügt somit nicht (BGE 144 IV 348 E. 2.2.1). Es ist daher von der für den Beschuldigten günstigeren Version auszugehen, wonach ihm nicht bekannt war,
dass das ihm kurzfristig als Darlehen zur Verfügung gestellte Geld aus einem Covid-19-Kredit (für die B1. ) stammt. Der Freispruch der Vorinstanz ist dem- nach bereits aus diesem Grund zu bestätigen.
Ergänzende rechtliche Erwägungen
Gegenstand der Hehlerei können nur Körperliche Sachen sein (BGE 81 IV 158; BGE 100 IV 31 BGE; 101 IV 405; OFK/StGB-ANDREAS DONATSCH, StGB Art. 160
N 2). Das schliesst auch Wertpapiere und Geld mit ein. Blosse Forderungen und andere Rechte scheiden hingegen aus. Buchgeld ist keine Sache. Deshalb begeht keine Hehlerei, wer etwa die von einem anderen betRügerisch erschlichene Gutschrift von einem Bankkonto abhebt, um das Geld zu verheimlichen (BSK StGB- PHILIPPE WEISSENBERGER, Art. 160 N 13 und 15). Vorliegend wurde dem Kreditnehmer B. von der PostFinance AG ein Covid-19-Kredit bewilligt, indem ihm auf seinem Konto eine überzugslimite (Kontokorrentkredit) Gewährt wurde, was einer Gutschrift gleichkommt. Hehlerei durch Verwendung des von diesem Konto abgehobenen Geldes scheidet daher vorliegend aus. Auch dies würde zu einem Freispruch des Beschuldigten führen. In Betracht käme allenfalls der Tatbestand der Geldwäscherei, welcher allerdings in der Anklageschrift nicht genügend umschrieben wird (vgl. Urk. 11).
Die Vorinstanz hat die Zivilforderungen der Privatklägerin infolge des Freispruchs in Anwendung von Art. 126 Abs. 2 lit. d StPO auf den Zivilweg verwiesen (Urk. 40
S. 9 f.). Die Staatsanwaltschaft ficht die Regelung der ZivilAnsprüche nicht ausdrücklich an (Urk. 41), die Privatklägerin hat auf Anschlussberufung verzichtet (Urk. 45). Die Privatklägerin ist demnach mit ihren ZivilAnsprüchen infolge des Freispruchs unter Hinweis auf die Erwägungen der Vorinstanz auf den Zivilweg zu verweisen.
Vorinstanzliches Verfahren
Der Beschuldigte ist wie bereits vor Vorinstanz vollumfänglich freizusprechen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten der Untersuchung sowie des erstinstanzlichen Verfahrens grundsätzlich auf die Gerichtskasse zu nehmen (vgl. Art. 423 Abs. 1 StPO). Es ist vorliegend nicht ersichtlich, dass der Beschuldigte die Einleitung des Verfahrens rechtswidrig und schuldhaft bewirkt dessen Durchführung erschwert hätte (Art. 426 Abs. 2 StPO). Die vorinstanzliche Regelung, dass die Entscheidgebühr ausser Ansatz zu fallen hat und die übrigen Kosten auf die Gerichtskasse zu nehmen sind, ist demnach zu bestätigen. Ebenso, dass der Privatklägerin ausgangsgemäss keine Prozessentschädigung zugesprochen wurde (Art. 433 Abs. 1 lit. a-b StPO e contrario). Weiter erweist sich die von der Vorinstanz festgesetzte Entschädigung für die Aufwendungen des Beschuldigten für die angemessene Ausübung seiner Verfahrensrechte von Fr. 5'650 die von keiner Seite angefochten wurde als angemessen und ist somit ebenfalls zu bestätigen.
Zweitinstanzliche Kosten- und Entschädigungsfolgen
Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens haben die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens und Unterliegens zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Staatsanwaltschaft unterliegt im Berufungsverfahren mit ihren Anträgen. Die Kosten sind daher auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz. Sodann ist dem Beschuldigten ausgehend von der eingereichten Honorarnote des erbetenen Verteidigers eine Prozessentschädigung von Fr. 3'500 für anwaltliche Verteidigung zuzusprechen (Urk. 50).
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A.
wird vom Vorwurf der Hehlerei im Sinne von
Art. 160 Ziff. 1 Abs. 1 StGB freigesprochen.
Die Zivilforderungen der Privatklägerin werden auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.
Die erstinstanzliche Kosten- und Entschädigungsregelung (Ziff. 3 - 5) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz.
Dem Beschuldigten wird für das Berufungsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 3'500.für anwaltliche Verteidigung aus der Gerichtskasse zugesprochen.
Schriftliche Eröffnung und Mitteilung im Dispositiv an
die erbetene Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (vorab per Inca-Mail)
die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis (vorab per Inca-Mail)
die Vertretung der Privatklägerin für sich und zuhanden der Privatklägerin
(Eine begründete Urteilsausfertigung gemäss Art. 84 Abs. 4 StPO wird den Privatklägern nur zugestellt, sofern sie dies innert 10 Tagen nach Erhalt des Dispositivs verlangen.)
sowie in vollständiger Ausfertigung an
die erbetene Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis
die Vertretung der Privatklägerin im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin (sofern verlangt)
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
das Migrationsamt des Kantons Zürich
die Kantonspolizei Zürich, KDM-ZD, mit separatem Schreiben ( 54a Abs. 1 PolG)
an die Koordinationsstelle VOSTRA zur Entfernung der Daten gemäss Art. 32 Abs. 1 StReG mittels Kopie von Urk. 48.
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der I. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer Zürich, 13. Dezember 2023
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Wenker
Der Gerichtsschreiber:
MLaw Ghafier
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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