Zusammenfassung des Urteils SB220440: Obergericht des Kantons Zürich
In dem Gerichtsbeschluss vom 18. Dezember 2019 ging es um die Testamentseröffnung für die verstorbene AE.________. Das Notariat Zürich-Fluntern und AF.________ reichten entsprechende Unterlagen ein, woraufhin der Einzelrichter am Bezirksgericht March eine Verfügung erliess. A.________ und B.________ legten dagegen Berufung ein, da sie die Verfügung aufheben lassen wollten. Da die Berufungen auf identischen Tatsachen und Rechtsgründen beruhten, wurden sie zusammen behandelt. Letztendlich wurde die Berufung abgewiesen, die Kosten des Verfahrens wurden den Berufungsführern auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB220440 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 17.11.2022 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_226/2023 |
Leitsatz/Stichwort: | Nötigung etc. |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Nötigung; Blockade; Sinne; Berufung; Verkehr; -brücke; Person; Beschuldigten; Verteidigung; Vorinstanz; Fotos; Urteil; Betrieb; Erfassung; Brücke; Verkehrs; Störung; Demonstration; Polizei; Betrieben; Allgemeinheit; Geldstrafe; Recht; Personen; Fahrbahn |
Rechtsnorm: | Art. 11 EMRK ;Art. 12 StGB ;Art. 140 StPO ;Art. 141 StPO ;Art. 181 StGB ;Art. 196 StPO ;Art. 200 StPO ;Art. 21 StGB ;Art. 22 BV ;Art. 239 StGB ;Art. 24 StGB ;Art. 260 StPO ;Art. 34 StGB ;Art. 391 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 401 StPO ;Art. 41 StGB ;Art. 424 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 437 StPO ;Art. 45 StGB ;Art. 49 StGB ;Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 108 IV 165; 119 IV 301; 129 IV 6; 134 IV 216; 134 IV 97; 136 IV 55; 138 IV 120; 139 IV 128; 141 IV 249; 141 IV 39; 141 IV 437; 141 IV 87; 142 IV 265; 143 I 147; 144 IV 217; 144 IV 313; 147 I 103; 147 IV 297; 148 IV 96; |
Kommentar: | Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Art. 196 StPO, 2020 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB220440-O/U/cwo
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Ch. Prinz, Präsident, Oberrichter lic. iur.
R. Faga und Ersatzoberrichter lic. iur. R. Amsler sowie die Gerichtsschreiberin MLaw A. Donatsch
Urteil vom 17. November 2022
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
verteidigt durch Rechtsanwältin lic. iur. X. ,
gegen
vertreten durch Staatsanwältin MLaw C. Weisser,
Anklägerin und Berufungsbeklagte betreffend Nötigung etc.
Anklage:
Der Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich - Limmat vom 6. Oktober 2021 (Urk. 7) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 29 S. 25 ff.)
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte ist schuldig der
der Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB sowie
der Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen im Sinne von Art.
239 Ziff. 1 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 50.–.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:
Fr. 1'050.–; die weiteren Kosten betragen: Fr. 1'100.– Gebühr für das Vorverfahren. Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.
(Mitteilungen)
(Rechtsmittel)
Berufungsanträge:
(Prot. II S. 4)
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 39 S. 1)
Es sei der Beschuldigte von den Vorwürfen Nötigung und Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen, freizusprechen.
Es seien die Kosten der Strafuntersuchung sowie des erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsverfahrens auf die Staatskasse zu nehmen.
Es sei dem Beschuldigten für die Verteidigungskosten des erstinstanzlichen Verfahrens eine Entschädigung von Fr. 3'031.00 auszurichten und für das vorliegende Berufungsverfahren eine solche von Fr. 3'767.55.
Der Staatsanwaltschaft: (Urk. 35; schriftlich)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Erwägungen:
Prozessgeschichte
Das vorstehend wiedergegebene Urteil vom 15. März 2022 wurde den Parteien gleichentags mündlich eröffnet (Prot. I S. 9 ff.). Der Beschuldigte meldete mit Eingabe vom 21. März 2022 innert Frist Berufung an (Urk. 24).
Nach Zustellung des begründeten Urteils (Urk. 26 und Urk. 28/2) reichte der Beschuldigte am 26. August 2022 fristgerecht die Berufungserklärung ein (Urk. 31). Mit Präsidialverfügung vom 2. September 2022 wurde die Berufungserklärung in Anwendung von Art. 400 Abs. 2 und 3 und Art. 401 StPO der Staatsanwaltschaft zugestellt, um gegebenenfalls Anschlussberufung zu erheben Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen. Gleichzeitig wurde dem Beschul-
digten in Anwendung von Art. 34 StGB Frist gesetzt, seine finanzielle Leistungsfähigkeit zu belegen (Urk. 33). Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Anschlussberufung (Urk. 35). Der Beschuldigte liess sich nicht vernehmen.
Am 28. September 2022 wurde auf den 17. November 2022 zur Berufungsverhandlung vorgeladen (Urk. 36).
Am 17. November 2022 fand die Berufungsverhandlung statt. Es erschien der Beschuldigte in Begleitung seiner erbetenen Verteidigerin (Prot. II S. 4). Vorfragen waren keine zu entscheiden und – abgesehen von der Befragung des Beschuldigten, der zur Sache keine Aussagen machte (Urk. 38) – keine Beweise abzunehmen (Prot. II S. 5).
Das Urteil erging im Anschluss an die Berufungsverhandlung (Prot. II S. 6 ff.).
Umfang der Berufung
Der Beschuldigte beantragt, er sei von Schuld und Strafe freizusprechen (Dispositivziffern 1, 2 und 3). Zudem wendet er sich gegen die Kostenauflage (Dispositivziffer 5). Unangefochten blieb die erstinstanzliche Kostenfestsetzung (Dispositivziffer 4). In diesem Umfang ist der vorinstanzliche Entscheid in Rechtskraft erwachsen, was vorab vorzumerken ist (Art. 399 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 437 StPO).
Im Übrigen steht der angefochtene Entscheid unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbots im Sinne von Art. 391 Abs. 2 StPO zur Disposition.
Prozessuales (Verwertbarkeit der erkennungsdienstlichen Erfassung des Beschuldigten)
Der Beschuldigte wurde am 20. Juni 2020 anlässlich einer nicht bewilligten Demonstration auf der Zürcher B. -brücke polizeilich kontrolliert und fotografiert (Urk. 1 S. 1; Urk. 4/1 S. 2). Betreffend das Ganzkörperfoto führte die Verteidigung im erstinstanzlichen Verfahren wie auch im Berufungsverfahren aus, das Fotografieren stelle eine erkennungsdienstliche Erfassung im Sinne von Art. 260
StPO dar. Eine schriftliche Anordnung dafür liege nicht im Recht. Eine mündliche Anordnung sei – soweit sie überhaupt angeordnet worden sei – nicht zulässig gewesen und zudem die Massnahme nicht nachträglich schriftlich bestätigt und begründet worden. Aufgrund der Verletzung von Gültigkeitsvorschriften sei das Foto nicht verwertbar und ein Vergleich mit dem Fotobogen der Polizei (Urk. 3) nicht zulässig. Mithin sei nicht erstellt, ob der Beschuldigte auf dem Fotobogen der Polizei überhaupt ersichtlich sei (Urk. 21 S. 1 ff.; Urk. 39 S. 1 ff.).
Die Vorinstanz erwägt, beim Ganzkörperfoto handle es sich um eine erkennungsdienstliche Erfassung im Sinne von Art. 260 Abs. 1 StPO. Da der Beschuldigte zumindest konkludent in die erkennungsdienstliche Erfassung eingewilligt habe, sei eine schriftliche mündliche Anordnung der Massnahme nicht nötig gewesen. Darüber hinaus handle es sich um eine Ordnungsvorschrift. Selbst wenn eine Einwilligung des Beschuldigten nicht vorgelegen hätte die Einwilligung die schriftliche Anordnung nicht ersetzen würde, wäre das Foto in Anwendung von Art. 141 Abs. 3 StPO verwertbar (Urk. 29 S. 4).
3.3.
Art. 260 StPO regelt (unter dem 5. Titel Zwangsmassnahmen und dem
6. Kapitel Erkennungsdienstliche Erfassung, Schrift- und Sprachproben) den Gegenstand der erkennungsdienstlichen Erfassung (Abs. 1), die Zuständigkeit und die Form der Anordnung (Abs. 2 und 3) sowie das Vorgehen bei Weigerung der betroffenen Person (Abs. 4). Eine staatsanwaltschaftlich angeordnete erken- nungsdienstliche Erfassung kann soweit nötig mit verhältnismässiger Gewalt durchgesetzt (Art. 200 StPO) und mit Beschwerde angefochten werden (Art. 393 StPO).
Das Fotografieren des Kopfes wie auch eine Ganzkörperaufnahme der betroffe- nen Person stellt eine erkennungsdienstliche Erfassung im Sinne der fraglichen Bestimmung dar. Zweck einer erkennungsdienstlichen Erfassung ist die Abklärung des Sachverhaltes, worunter insbesondere die Feststellung der Identität ei- ner Person (BGE 141 IV 87 E. 1.3.3 S. 91), die Schaffung von Vergleichsmaterial bei der Spurenauswertung und die Zuordnung nicht aufgeklärter Straftaten einer
bestimmten Person fällt (HANSJAKOB/GRAF, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 3. Aufl. 2020, N. 1a zu Art. 260 StPO).
Zwangsmassnahmen sind Verfahrenshandlungen der Strafbehörden, die in Grundrechte der Betroffenen eingreifen (vgl. Art. 196 StPO). Eine Zwangsmass- nahme liegt auch vor, wenn gar kein Zwang ausgeübt werden muss, weil beispielsweise der Betroffene bereit ist, sich der Massnahme freiwillig zu unterziehen (S VEN ZIMMERLIN, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 3. Aufl. 2020, N. 1 zu Art. 196 StPO; Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005, BBl 2006 1215 Ziff. 2.5.1).
Es kann offenbleiben, ob der Beschuldigte ausdrücklich konkludent in die erkennungsdienstliche Erfassung einwilligte. Sie änderte an der Natur der fraglichen Verfahrenshandlung als Zwangsmassnahme nichts und liesse entgegen der Vorinstanz die Voraussetzung einer schriftlichen mündlichen Anord- nung nicht entfallen. Letzteres lässt sich bereits mit Blick auf den Gesetzeswortlaut schliessen, wonach (nur) bei Weigerung der betroffenen Person die Staatsanwaltschaft (und im Übrigen die Polizei) über die Massnahme zu entscheiden hat (vgl. Art. 260 Abs. 4 StPO). Dass die Voraussetzungen für die Anordnung von Zwangsmassnahmen vorliegen, wird zudem (wovon die Vorinstanz auszugehen scheint) nicht vermutet. Ebenso wenig dringt der Hinweis auf die Verteidigung durch (Urk. 29 S. 4). Zulässigkeit und Verhältnismässigkeit erkennungsdienstlicher Erfassungen sind von Amtes wegen zu überprüfen (BGE 141 IV 87 E. 1.3.3 S. 91).
Aus den Untersuchungsakten geht nicht hervor, dass die erkennungsdienstliche Erfassung im Sinne von Art. 260 Abs. 3 Satz 1 StPO schriftlich angeordnet wurde. Selbst eine mündliche Anordnung würde hier nicht genügen. Zum einen liegt eine nachträgliche schriftliche Bestätigung entgegen Art. 260 Abs. 3 Satz 2 StPO nicht bei den Akten. Zum andern ist eine mündliche Anordnung unzulässig, wenn die erkennungsdienstliche Erfassung jederzeit nachgeholt werden kann, so wenn Identität und Adresse der betreffenden Person bekannt sind (BGE 141 IV 87 E. 1.4.3 S. 92).
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorschriften über die Form der Anordnung (Art. 260 Abs. 3 StPO) nicht eingehalten wurden. Es stellt sich die Frage nach den prozessualen Folgen dieses Verstosses.
Beweise, die unter Anwendung verbotener Beweiserhebungsmethoden im Sinne von Art. 140 StPO erhoben wurden, sind in keinem Fall verwertbar. Dasselbe gilt, wenn das Gesetz einen Beweis als unverwertbar bezeichnet (Art. 141 Abs. 1 StPO). Beweise, die Strafbehörden in strafbarer Weise unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften erhoben haben, dürfen nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich (Art. 141 Abs. 2 StPO). Beweise, bei deren Erhebung Ordnungsvorschriften verletzt worden sind, sind verwertbar (Art. 141 Abs. 3 StPO). Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, abschliessend die Bestimmungen aufzulisten, die als Gültigkeitsvorschriften respektive als Ordnungsvorschriften zu betrachten sind. Soweit das Gesetz eine Bestimmung nicht selber als Gültigkeitsvorschrift bezeichnet, hat die Praxis die Unterscheidung vorzunehmen, wobei primär auf den Schutzzweck der Norm abzustellen ist (Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005, BBl 2006 1183 f. Ziff. 2.4.1.1). Es ist im Einzelfall unter Berücksichtigung des Fairnessgebots zu prüfen, ob die Verfahrensvorschrift für die Wahrung der geschützten Interessen der betroffenen Person eine derart erhebliche Bedeutung hat, dass sie ihr Ziel nur erreichen kann, wenn bei Nichtbeachtung der Vorschrift der Beweis unverwertbar ist (BGE 139 IV 128 E. 1.6
S. 134; Urteil 6B_56/2014 vom 16. Dezember 2014 E. 3.2, nicht publ. in: BGE 141 IV 39; NIKLAUS SCHMID, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2017, N. 795; kritisch SABINE GLESS, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 74 ff. zu Art. 141 StPO). Das Bundesgericht qualifizierte etwa den staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungsbefehl betreffend ein I-Phone in BGE 139 IV 128 E. 1.4 ff. S. 133 ff. als Ordnungsvorschrift.
Dass die Polizeibeamten den Beschuldigten ohne schriftlichen Befehl fotografierten, führt – entgegen der Verteidigung (Urk. 39 S. 3 f.) – nicht zu einem Verwertungsverbot der Fotoaufnahme (Urk. 4/1 S. 2). Der Beschuldigte wurde verdächtigt, an einer nicht bewilligten Demonstration mit anschliessender Besetzung der
B. -brücke teilgenommen zu haben. Die Voraussetzungen für die erken- nungsdienstliche Erfassung waren an sich erfüllt und ihre Durchführung war auch nicht unverhältnismässig. Mit der erkennungsdienstlichen Erfassung wurde der Beschuldigte nicht weitreichend in seiner Persönlichkeit tangiert. Vielmehr greift eine derartige erkennungsdienstliche Erfassung bloss geringfügig in die Rechte der betroffenen Personen ein (Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005, BBl 2006 1243 Ziff. 2.5.6). Der schriftlichen Anordnung der erkennungsdienstlichen Erfassung kam keine erhebliche Bedeutung im oben genannten Sinne zu. Dass die Fotoaufnahme des Beschuldigten auf gesetzeskonforme Weise nicht hätte erbracht werden können bei gesetzeskonformer Erhebung möglicherweise einen anderen Inhalt aufgewiesen hätte, was nach OBERHOLZER eine Verletzung von Gültigkeitsvorschriften bedeuten wür- de, kann hier nicht angenommen werden (NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 4. Aufl. 2020, N. 1107). Vor diesem Hintergrund stellt das Erfordernis eines schriftlichen Befehls nach Art. 260 Abs. 3 StPO für die erken- nungsdienstliche Erfassung eine Ordnungsvorschrift im Sinne von Art. 141 Abs. 3 StPO dar. Demnach ist das Ganzkörperfoto des Beschuldigten verwertbar.
Soweit die Verteidigung die Verwertbarkeit des Fotobogens in Frage stellt (Urk. 3), macht sie zusammengefasst geltend, die Fotos seien wenig aufschlussreich. Die im Fotobogen festgehaltenen Begebenheiten seien in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht nicht näher bewiesen und die Zeitangaben auf den Fotos nicht weiter belegt. Die Fotos seien nicht digital und mit Metadaten eingereicht worden (Urk. 21 S. 3; Urk. 39 S. 4 f.). Die Rüge geht an der Sache vorbei. Die von der Verteidigung aufgeworfenen Momente tangieren nicht die Verwertbarkeit des Beweismittels, sondern dessen Beweiskraft und damit die Beweiswürdigung (vgl. dazu E. II.2.3 f.).
4. Anklageprinzip
Die Verteidigung macht im Rahmen des Plädoyers vor Berufungsgericht neu geltend, das Anklageprinzip sei verletzt, da die Merkmale der Mittäterschaft in der Anklage nicht umschrieben seien (Urk. 39 S. 9). Die Rüge ist unbegründet. Im Strafbefehl ist festgehalten, dass sich am 20. Juni 2020 mehr als 250 Personen
an einer Blockade auf der B. -brücke E beteiligt hätten, wobei der Beschul- digte ein Teilnehmer dieser unbewilligten Demonstration gewesen sei (Urk. 7). Damit ist die Mitwirkung des Beschuldigten genügend umgrenzt. Die Anklage erfüllt auch ihre Informationsfunktion. Der Beschuldigte weiss, was ihm vorgeworfen wird, und kann sich entsprechend verteidigen.
Allgemeines
Die Vorinstanz hat die theoretischen Grundsätze der richterlichen Beweiswürdigung dargelegt (Urk. 29 S. 6). Darauf kann verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO). Im Übrigen kann sich die Berufungsinstanz auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken (vgl. BGE 141 IV 249 E. 1.3.1 S. 253; 141 III
28 E. 3.2.4 S. 41; je mit Hinweisen).
Vorfall vom 20. Juni 2020 auf der B.
-brücke in Zürich
Laut Anklagevorwurf hätten am Samstag, 20. Juni 2020, um ca. 12.00 Uhr, über 250 Personen die B. -brücke in Zürich für jeglichen Verkehr gesperrt, indem sie sich auf beiden Seiten der Brücke quer über die ganze Breite auf den Boden gesetzt hätten. Nach einer polizeilichen Abmahnung um 12.23 Uhr seien 255 Personen in der Blockade zurückgeblieben, die teilweise von den Polizeibeamten von der Brücke hätten weggetragen werden müssen. Durch diese Aktion, welche bis ca. 13.45 Uhr gedauert habe, sei es sämtlichen Motorfahrzeuglenkern und Benützern des öffentlichen Verkehrs verunmöglicht worden, die Limmat zu überqueren. Mit der unbewilligten Demonstration hätten die Teilnehmer auf die Umweltproblematik aufmerksam machen wollen. Der Beschuldigte sei einer der Teilnehmer der unbewilligten Demonstration gewesen. Er habe sich auf der Fahrbahn aufgehalten, Fahnen geschwenkt und den öffentlichen Verkehr sowie den Individualverkehr behindert. Der Aufforderung der Polizei, die Blockade aufzuheben und die Fahrbahn zu verlassen, sei er nicht nachgekommen und habe von den Polizeibeamten von der Brücke geleitet werden müssen. Die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) hätten durch die Blockade ab ca. 12.00 Uhr bis 15.25 Uhr eine Betriebsstörung erlitten. Dass während dieser Zeit kein Tramzug die B. brücke habe passieren können, habe der Beschuldigte zumindest in Kauf ge- nommen (Urk. 7).
Zum Vorfall vom 20. Juni 2020 machte der Beschuldigte vor Vorinstanz keine Aussagen (Prot. I S. 8 f.). Die Verteidigung stellte sich vor Vorinstanz zusammengefasst auf den Standpunkt, anhand des Fotobogens der Polizei sei nicht erstellt, dass sich der Beschuldigte mit anderen Personen auf den Boden gesessen und mit diesen ineinander verkeilt habe. Mit Blick auf die Fotos Nr. 17 und 18 sei einzig erstellt, dass der Beschuldigte von 13.42 Uhr bis 13.44 Uhr hinter der Sitzblockade gestanden habe. Anhand des Fotos Nr. 19 sei weiter erstellt, dass der Beschuldigte im Moment der genannten Aufnahme auf der Strasse und in der Nähe des Trottoirs gestanden habe. Völlig offen sei, wie weit entfernt sich der Beschuldigte von der Sitzblockade befunden und wie lange er sich dort auf der Strasse aufgehalten habe. Abgesehen von den zwei Minuten in der Nähe der Blockade und dem kurzen Betreten der Fahrbahn habe sich der Beschuldigte die restliche Zeit auf dem Trottoir aufgehalten. Der Beschuldigte wirke auf den Fotos unbeteiligt. Da alle Fotos Momentaufnahmen seien, sei völlig unklar, wie sich der Beschuldigte über einen längeren Zeitraum verhalten habe (Urk. 21 S. 4 ff.).
Anlässlich der Berufungsverhandlung wiederholte die Verteidigung im Wesentlichen den bereits geschilderten Standpunkt (Urk. 39 S. 5 ff.).
Erstellt und unbestritten ist, dass am 20. Juni 2020 ab ca. 12.00 Uhr zahlreiche Personen auf beiden Seiten der B. -brücke an einer unbewilligten Demonstration teilnahmen und dadurch der Individualverkehr und der öffentliche Verkehr zum Erliegen kamen. Nicht zweifelhaft ist weiter, dass der Beschuldigte auf dem Fotobogen der Stadtpolizei (Urk. 3) erkennbar ist (Fotos Nr. 15 - 21; vgl. Urk. 4/1 S. 2). Dies wird von der Verteidigung (unter der Annahme der Verwertbarkeit von Urk. 4/1 S. 2) zugestanden. Erkennbar ist der Beschuldigte zudem auf dem Foto Nr. 11 (vgl. Foto Nr. 17). Dass es sich auch auf dem Foto Nr. 1 (ca. 9. Person von links) um den Beschuldigten handelt, ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, kann aber offengelassen werden. Bereits 34 Minuten später ist der Beschuldigte eindeutig abgebildet (Foto Nr. 15). Es liegen keine
Umstände vor, welche nahelegen würden, an den eingeblendeten Zeitangaben (Fotos Nr. 1-19) zu zweifeln.
Die Fotos erlauben – entgegen der Verteidigung (Urk. 39 S. 6 ff.) – die folgenden Schlüsse. Um 12.34 Uhr schwingt der Beschuldigte während der Blockade eine Fahne (Foto Nr. 15). Da die Blockade auf der B. -brücke erfolgte, ist nicht zweifelhaft, dass sich der Beschuldigte dabei auf der Brücke aufhielt. Mit der Verteidigung (Urk. 21 S. 4; Urk. 39 S. 6) ist nicht erkennbar, an welcher Stelle der Brücke der Beschuldigte steht und ob er die Fahrbahn betreten hat. Um 13.04 Uhr steht der Beschuldigte auf dem Trottoir der B. -brücke (Foto Nr. 16). Um
13.42 Uhr steht der Beschuldigte unmittelbar hinter der Sitzblockade auf der Fahrbahn (Fotos Nr. 11 und 17). Um 13.44 Uhr steht der Beschuldigte nach wie vor an gleicher Stelle (Foto Nr. 18). Dies ergibt sich zwanglos daraus, dass auf dem Foto Nr. 18 wie auf den Fotos Nr. 11/17 teilweise die gleichen Teilnehmer sowie ein Teil des Transparents der Gruppierung abgebildet sind. Um 14.14 Uhr steht der Beschuldigte auf der Fahrbahn der B. -brücke (Foto Nr. 19). Auf den (ohne Zeitangaben versehenen) Fotos Nr. 20 und Nr. 21 steht der Beschul- digte ebenfalls auf der Fahrbahn der B. -brücke, dies unmittelbar hinter an- deren Demonstrierenden.
Die nicht bewilligte Demonstration wurde polizeilich kurzzeitig toleriert und die Demonstrierenden in der Folge mehrmalig abgemahnt, die Brücke zu verlassen (Urk. 1 S. 1 f.). Eine erste Abmahnung erfolgte um 12.23 Uhr, wonach eine friedliche Demonstration während 15 Minuten noch toleriert werde (Urk. 3 S. 3). In einer zweiten Abmahnung um 12.29 Uhr und 12.31 Uhr wurde die Demonstration noch während fünf Minuten geduldet. Um 12.39 Uhr erfolgte die Durchsage der Polizei, wonach die eingeräumte Zeit abgelaufen sei und die Personenkontrolle beginnen würde (Urk. 3 S. 3). Die Fotoaufnahmen dokumentieren wie oben ausgeführt, dass der Beschuldigte um 13.42 Uhr bis 13.44 Uhr unmittelbar hinter der Sitzblockade auf der Fahrbahn stand. Der Beschuldigte war bereits um 12.00 Uhr und damit von Anfang an vor Ort (Foto Nr. 1), spätestens aber um 12.34 Uhr (Foto Nr. 15). Noch um 14.14 Uhr stand er erneut auf der Fahrbahn der B. brücke (Foto Nr. 19). Die Verteidigung unterstreicht, alle Fotos seien Momentauf-
nahmen. Wie sich der Beschuldigte über einen längeren Zeitraum verhalten habe, sei anhand der Fotos völlig unklar (Urk. 21 S. 6; Urk. 39 S. 6 f.). Soweit diese Argumentation nicht nur Selbstverständliches wiedergibt, kann ihr augenscheinlich nicht gefolgt werden. Die Fotos zeichnen ein klares Bild. Sie lassen mit der Vorinstanz keine Zweifel, dass sich der Beschuldigte als Teil der Blockade und nicht als (Fahne schwingender) unbeteiligter Beobachter verstand.
Erstellt ist weiter, dass ein Teil der Demonstrierenden von den Polizeibeamten weggetragen werden musste (Urk. 1 S. 2). Betreffend die verschiedenen Zeitangaben in der Anklageschrift (ca. 12:00 Uhr bis ca. 14:50 Uhr; bis ca. 13.45 Uhr; von ca. 12.00 Uhr bis 15:25 Uhr; Urk. 7) fällt auf, dass die kürzeste Variante bereits mit den Fotos (Nr. 12, 13, 14 und 19) im Widerspruch steht und es sich deshalb um einen offensichtlichen Verschrieb handeln muss. Abzustellen ist auf die laut Anklage verursachte Betriebsstörung der VBZ von ca. 12.00 Uhr bis 15.25 Uhr. Diese Zeitspanne deckt sich im Wesentlichen mit dem Polizeirapport (12:00 Uhr bis 15:22 Uhr) und ist insoweit erstellt (Urk. 1 S. 3).
Damit ist der Tathergang im Sinne der Anklage erstellt. In subjektiver Hinsicht bleibt festzuhalten, dass der Beschuldigte wusste, die Demonstration auf der B. -brücke würde dem Individualverkehr und dem öffentlichen Verkehr ein Überqueren der Brücke verunmöglichen, und er wollte dies auch. Der angeklagte Sachverhalt ist auch in subjektiver Hinsicht erstellt.
Nötigung und Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen
1.1.
Die Vorinstanz geht in Bezug auf den Vorfall vom 20. Juni 2020 und die in diesem Zusammenhang verübte Delinquenz (Nötigung und Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen) von Mittäterschaft aus.
Mittäter ist, wer bei der Entschliessung, Planung Ausführung eines Deliktes vorsätzlich und in massgebender Weise mit anderen Tätern zusammen-
wirkt, so dass er als Hauptbeteiligter dasteht. Dabei kommt es darauf an, ob der Tatbeitrag nach den Umständen des konkreten Falles für die Ausführung des Deliktes wesentlich erscheint. Das blosse Wollen der Tat genügt zur Begründung von Mittäterschaft nicht. Nicht erforderlich ist, dass der Mittäter an der eigentlichen Tatausführung beteiligt ist sie zu beeinflussen vermag. Die Mittäterschaft setzt einen gemeinsamen Tatentschluss voraus, der indessen nicht notwendigerweise ausdrücklich sein muss, sondern sich auch im konkludenten Han- deln äussern kann. Eventualvorsatz bezüglich des Erfolgs genügt. Es ist nicht erforderlich, dass der Mittäter an der Planung des Delikts beteiligt ist. Er kann später dazustossen. Auch genügt es, dass er sich später den Vorsatz seiner Mittäter zu eigen macht. Massgebend ist, dass der Mittäter am Entschluss, ein Delikt zu begehen, an seiner Ausführung derart beteiligt ist, dass er nicht als weiterer Beteiligter, sondern als Hauptbeteiligter erscheint (BGE 135 IV 152 E. 2.3.1 S. 155; 133 IV 76 E. 2.7 S. 82 f.; 130 IV 58 E. 9.2.1 S. 66; 125 IV 134 E. 3a
S. 136; DONATSCH/TAG, Strafrecht I, Verbrechenslehre, 9. Aufl. 2013, S. 173 ff.).
Das Bundesgericht hat Mittäterschaft im Zusammenhang mit Protestaktionen und Blockaden verschiedentlich bejaht. Dies ist etwa der Fall bei Blockadeaktionen von Greenpeace-Aktivisten gegen die Kernkraftwerke Beznau, Gösgen und Leibstadt (BGE 129 IV 6 E. 5 S. 19 f.), bei der Bildung eines Menschenteppichs durch 24 Demonstranten vor dem Zugang zur militärischen Ausstellung W 81 auf dem Gelände der Winterthurer Eulachhalle (BGE 108 IV 165), bei der Blocka- de beider Tunnelröhren des Bareggtunnels durch 30 Autobusse und zahlreiche Personenwagen von rund 2000 Demonstranten (BGE 134 IV 216), bei der Blockade sämtlicher Zufahrten zu einem Kies- und Betonwerk respektive zu einem Belagswerk durch 67 Beteiligte (Urteil 6B_216/2011 vom 13. September 2011) und bei der Bildung einer Menschenmauer durch 23 Personen auf der Rheinbrücke bei Kaiserstuhl (Urteil 6B_793/2008 vom 24. März 2009).
1.2.
Der Nötigung nach Art. 181 StGB macht sich schuldig, wer jemanden durch Gewalt Androhung ernstlicher Nachteile durch andere Beschränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen zu dulden. Die Tatbestandsvariante der anderen Beschränkung der Handlungsfreiheit muss das üblicherweise geduldete Mass an Beeinflussung in ähnlicher Weise eindeutig überschreiten, wie es für die Nötigungsmittel der Gewalt und der Androhung ernstlicher Nachteile gilt. Nicht jedes tatbestandsmässige Verhalten ist bei Fehlen von Rechtfertigungsgründen auch rechtswidrig. Eine Nötigung ist unrechtmässig, wenn das Mittel der Zweck unerlaubt ist wenn das Mittel zum angestrebten Zweck nicht im richtigen Verhältnis steht wenn die Verknüpfung zwischen einem an sich zulässigen Mittel und einem erlaubten Zweck rechtsmissbräuchlich sittenwidrig ist (BGE 141 IV 437 E. 3.2.1 S. 440 f. mit Hinweisen).
Beim Tatbestand der Nötigung gemäss Art. 181 StGB sind die Gewalt, die Androhung ernstlicher Nachteile und die andere Beschränkung der Handlungsfreiheit die Nötigungsmittel. Das Verhalten, zu dem der Betroffene durch den Einsatz ei- nes solchen Mittels genötigt wird, d.h. etwas zu tun, zu unterlassen zu dul- den, ist im strafrechtlichen Sinne der Nötigungszweck. Von diesem Nötigungszweck ist das Fernziel der Nötigung zu unterscheiden. Insbesondere Verkehrsblockaden werden in der Regel, aber nicht notwendigerweise, im Hinblick auf ein Fernziel veranstaltet. Die Blockade wird durchgeführt, um auf dieses Fernziel hinzuweisen und ihm allenfalls näher zu kommen; darin liegt das Motiv der Täter für die Aktion. Das Fernziel und das Motiv sind im Unterschied zum Nötigungsmittel und zum Nötigungszweck keine Elemente des Tatbestands der Nötigung (BGE 134 IV 216 E. 4.4.1 S. 220).
Die Teilnehmer der Demonstration haben, indem sie sich in grosser Anzahl auf der B. -brücke einfanden, sich auf beiden Seiten der Brücke quer über die ganze Breite auf den Boden setzten auf den Fahrbahnen des privaten und öffentlichen Verkehrs standen, die Brücke für den motorisierten Individualverkehr und den öffentlichen Verkehr gesperrt (Nötigungsmittel).
Fussgänger, die auf der Fahrbahn verweilen, um den motorisierten Verkehr zu behindern, verstossen gegen das Strassenverkehrsrecht (Art. 49 des Strassenverkehrsgesetzes [SVG; SR 741.01], Art. 46 Abs. 1 und 2 und Art. 47 Abs. 1 und 5 der Verkehrsregelverordnung [VRV; SR 741.11]). Die Blockade der B. brücke war damit rechtswidrig (vgl. Urteil 6B_793/2008 vom 24. März 2009
E. 3.2). Zudem betraf die Sperrung eine Hauptverkehrsachse der Stadt Zürich. Es handelt sich um die zentrale Verbindung zwischen dem linken und rechten Zürichsee-Ufer. Sie erfolgte an einem Samstag zur Mittagszeit, dauerte mehrere Stunden und tangierte den Privatverkehr wie auch den öffentlichen Verkehr (Tramlinien 2, 5, 8, 9 und 11). Die betroffenen Verkehrsteilnehmer wurden mehrere Stunden an der Überfahrt gehindert. Das ist im strafrechtlichen Sinne der Nötigungszweck. Das Bundesgericht hat den Nötigungstatbestand etwa bejaht im Fall des bereits genannten BGE 108 IV 165, als infolge eines Menschenteppichs durch 24 Demonstranten während ca. 15 Minuten die Wegfahrt eines Motorfahrzeugs verhindert worden war. Ebenfalls tatbestandsmässig war die Manipulation einer Bahnschranke, wodurch der Strassenverkehr während zehn Minuten aufgehalten worden war (BGE 119 IV 301). Die Vorinstanz hält richtig fest, dass laut Bundesgericht der Umstand, dass die Betroffenen ihr Ziel auf einem andern als dem von ihnen gewollten Weg hätten erreichen können, nicht relevant sei (Urk. 29
S. 11 f.; BGE 119 IV 301 E. 3a S. 306; 108 IV 165 E. 3 S. 169). Das nicht erlaubte
Nötigungsmittel führte damit zu einer Beschränkung der Handlungsfreiheit, die ein erhebliches, strafrechtlich verpöntes Mass erreichte. Die von der Aktion betroffe- nen Menschen waren für die von den Demonstrierenden beklagten Umstände weder allein verantwortlich noch konnten sie allein etwas zu deren Veränderung beitragen. Es ging nicht darum, die Bevölkerung etwa auf ein erhebliches Fehlverhalten staatlicher Organe hinzuweisen. Vielmehr ging es einzig darum, das Anliegen einer Gruppierung in der einseitig von der Gruppierung gewählten Form, Dauer und Intensität zum Ausdruck zu bringen. In Anbetracht dieser Umstände sind das Nötigungsmittel und der Nötigungszweck unrechtmässig (BGE 134 IV 216 E. 4.5 S. 222). Soweit die Verteidigung anlässlich der Berufungsverhandlung vorbringt, durch die polizeiliche Kontrolle und Identifizierung der Demonstrieren- den vor Ort sei die Verkehrsbehinderung zusätzlich in die Länge gezogen worden
(Urk. 39 S. 15), ist dies eine logische Konsequenz der unbewilligten Demonstration und ist entsprechend den Demonstranten und nicht der Polizei anzulasten.
Zutreffend ist mit der Verteidigung (Urk. 21 S. 5; Urk. 39 S. 8 f.), dass der Beschuldigte nicht mit anderen Personen auf den Boden sass, sich nicht mit diesen Personen ineinander verkeilte und er nicht durch die Polizeibeamten weggetragen werden musste. Soweit die Verteidigung daraus folgert, dem Beschuldigten könne nicht individuell konkret nachgewiesen werden, eine Nötigung begangen zu haben, vermag sie daraus nichts für den Standpunkt des Beschuldigten abzuleiten. Der Beschuldigte fand sich zusammen mit zahlreichen anderen Demonstranten auf der B. -brücke ein. Die Blockade der Brücke war Teil der gemeinsamen Aktion. Dabei wirkten die Teilnehmer zusammen. Sie standen quer über die ganze Breite der Brücke, hielten teilweise Plakate und Transparente in den Händen und setzten sich auf den Boden. Indem sich zahlreiche Personen zur gleichen Zeit am gleichen Ort einfanden, bestand ihr Vorhaben gerade in einem gemeinsamen Auftreten und einem (wenn auch nicht in allen Details) bewusst koordinierten Zusammenwirken. Es ist mithin nicht zweifelhaft, dass die auf der Brücke Anwesenden gemeinsam und nicht etwa unabhängig voneinander und rein zufällig gleichzeitig agierten. Sie wirkten deshalb als Mittäter (und nicht als vorsätzliche Nebentäter). Dabei ist ohne Weiteres möglich, dass gewisse Demonstranten nicht geplant, sondern aus der Situation heraus sich der Kundgebung anschlossen. Dies lässt eine Mittäterschaft nicht entfallen. Auch an spontanen, nicht geplanten Aktionen unkoordinierten Straftaten ist Mittäterschaft möglich (Urteil 6B_895/2008 vom 14. April 2009 E. 3.4; MARC FORSTER, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 4. Aufl. 2019, N. 10 vor Art. 24 StGB). Ebenso ändert nichts an der Qualifikation der Mittäterschaft, dass die Blockade genauso stattgefunden hätte, wenn der Beschuldigte das Geschehen bloss aus der Distanz beobachtet hätte gar nicht anwesend gewesen wäre.
Gestützt auf das Beweisergebnis wusste der Beschuldigte, dass die Demonstration auf der B. -brücke respektive auf einer zentralen Verkehrsachse der Stadt Zürich zu einer Verkehrsblockade führen und dem Individualverkehr sowie dem öffentlichen Verkehr ein Überqueren der Brücke verunmöglichen
würde, und er wollte dies auch. Der Beschuldigte war Teil der Demonstration, schwang eine Fahne, stand auf der Fahrbahn der B. -brücke und hielt sich unmittelbar bei der Sitzblockade auf der Fahrbahn auf. Er hat den gemeinsamen Tatentschluss mitgetragen und an dessen Umsetzung mitgewirkt. Damit handelte er – entgegen der Verteidigung (Urk. 39 S. 8 f.) – direktvorsätzlich im Sinne von Art. 12 Abs. 2 StGB.
Soweit die Verteidigung die Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit anruft (Urk. 21 S. 9; Urk. 39 S. 10 ff.), hält die Vorinstanz zutreffend fest, dass Demonstrationen unter dem Schutz der genannten Grundrechte stehen. Hinsichtlich Kundgebungen auf öffentlichem Grund wird die Meinungsäusserungsfreiheit insbesondere durch die Versammlungsfreiheit konkretisiert. Diese gewährleistet den Anspruch, Versammlungen zu organisieren, an Versammlungen teilzunehmen Versammlungen fernzubleiben (Art. 22 BV; Art. 11 EMRK; Art. 21 UNO- Pakt II; BGE 143 I 147 E. 3.1 f. S. 150 ff.; Urteil 1C_181/2019 vom 29. April 2020
E. 4.1, nicht publ. in: BGE 147 I 103; je mit Hinweisen).
Betreffend die Strafbarkeit von Blockaden ist die Beeinträchtigung die Gefährdung Dritter gegenüber der Versammlungsfreiheit abzuwägen. Wichtige Kriterien zur Beurteilung der Zweck-Mittel Korrelation sind der Zusammenhang zwischen der Blockade und dem Protestgegenstand, die Intensität der Blockade und die Dringlichkeit des behinderten Verkehrs (M AYA HERTIG, in: Basler Kommentar, Bundesverfassung, 2015, N. 34 zu Art. 22 BV). Die Blockade der regelmässig stark verkehrsbelasteten B. -brücke tangierte nicht in erster Linie den Protestgegenstand, sondern während mehrerer Stunden fünf Linien des Tramverkehrs sowie den Individualverkehr. Die B. -brücke verbindet unter anderem das rechte und linke Zürichseeufer und ist eine Hauptverkehrsachse (auch) für die Stadt. Die nicht bewilligte Demonstration wurde nicht im Vorfeld angekündigt, was eine rechtzeitige Verkehrsumleitung von vornherein verunmöglichte. Gleichwohl wurde den Teilnehmenden die Möglichkeit gegeben, ihre Anliegen während über einer halben Stunde zu kommunizieren. In der Folge wurden sie aufgefordert, die Brücke zu verlassen. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass die Blocka- de über drei Stunden aufrecht erhalten blieb, kann die vorinstanzliche Schlussfolgerung übernommen werden (Urk. 29 S. 16). Die Meinungsäusserung (Thematisierung der Klimakrise) als Zweck der Versammlung tritt in den Hintergrund. Die Blockade der B. -brücke ist auch unter Nachachtung der Versammlungsfreiheit unrechtmässig.
Die in Abweichung vom Bezirksgericht Lausanne durch das Waadtländer Kantonsgericht erfolgte Verurteilung von zwölf Personen, die im November 2018 eine Bankfiliale besetzt hatten, wurde am 26. Mai 2021 höchstrichterlich bestätigt (BGE 147 IV 297). Soweit der Beschuldigte das (aufgehobene) Urteil des Lausanner Bezirksgerichts heranzieht (Urk. 21 S. 8 f.; Urk. 39 S. 14), verneint die Vorinstanz einen Verbotsirrtum im Sinne von Art. 21 StGB. Diese zutreffenden Erwägungen können übernommen werden (Urk. 29 S. 16 f.). Richtig ist auch, dass die Polizeibeamten die Demonstrierenden zum Verlassen der Brücke auffor- derten und auf die strafrechtlichen Konsequenzen hinwiesen (Urk. 1 S. 2). Auch unter diesen Umständen kann keine Rede davon sein, der Beschuldigte habe irrtümlich angenommen, er tue nichts Unrechtes, wenn er sich weiterhin an der Blockade der Brücke beteiligt.
Der Beschuldigte ist schuldig zu sprechen der Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB.
1.3.
Der Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen, macht sich nach Art. 239 Ziff. 1 StGB schuldig, wer unter anderem vorsätzlich den Betrieb einer öffentlichen Verkehrsanstalt, namentlich den Eisenbahn-, Post-, Telegrafenoder Telefonbetrieb hindert, stört gefährdet.
Die Vorinstanz hat in ihrer rechtlichen Würdigung theoretische Erwägungen zum objektiven Tatbestand von Art. 239 Ziff. 1 StGB gemacht und die Blockade, welche zu einer rund dreistündigen Störung des Trambetriebs führte, zutreffend als Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen, qualifiziert (Urk. 29 S. 17 ff.). Darauf kann verwiesen werden. Die Anwesenheit der zahlreichen Demonstrierenden auf der B. -brücke und den Fahrbahnen, das Aufspannen von
Transparenten über die ganze Breite der Brücke respektive über die Tramgeleise (Urk. 3 Fotos Nr. 2 - 8, 11 und 17) sowie die Sitzblockaden unter anderem auf den Tramgeleisen (Urk. 3 Fotos Nr. 11, 12,17 und 18) machen deutlich, dass die Störung des Trambetriebs, wenn auch nicht eigentliches Ziel, so doch immerhin eine notwendige Folge der Blockade war. Der Beschuldigte handelte deshalb in Abweichung von der Vorinstanz nicht eventualvorsätzlich, sondern direktvorsätzlich.
Es bleibt zu wiederholen, dass die Blockade der B. -brücke auch unter Nachachtung der Versammlungsfreiheit unrechtmässig war und ein Verbotsirrtum zu verneinen ist (E. III.1.2.5 und 1.2.6).
Der Beschuldigte ist schuldig zu sprechen der Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen, im Sinne von Art. 239 Ziff. 1 StGB.
Fazit
Der Beschuldigte ist schuldig zu sprechen der Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB und der Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen, im Sinne von Art. 239 Ziff. 1 StGB.
Anträge/Grundsätze
Die Vorinstanz bestraft den Beschuldigten mit einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 50.--.
Der Beschuldigte beantragt, er sei von Schuld und Strafe freizusprechen (Urk. 31).
Die Staatsanwaltschaft beantragt die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (Urk. 35).
Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB und die an sie gestellten Begründungsanforderungen wiederholt dargelegt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff. S. 59 ff. mit Hinweisen). Entsprechendes gilt für die Bildung der Einsatz- und der Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB in Anwen-
dung des Asperationsprinzips (BGE 144 IV 313 E. 1.1 S. 316 ff., 217 E. 2.2 und
E. 3 S. 219 ff.; 141 IV 61 E. 6.1.2 S. 67 f.; je mit Hinweisen). Darauf sowie auf die zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen (Urk. 29 S. 20 ff.) kann verwiesen werden.
Die Bildung einer Gesamtstrafe ist nur bei gleichartigen Strafen möglich. Ungleichartige Strafen sind kumulativ zu verhängen, da das Asperationsprinzip nur greift, wenn mehrere gleichartige Strafen ausgesprochen werden. Mehrere gleichartige Strafen liegen vor, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällen würde. Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen androhen, genügt nicht (BGE 142 IV 265 E. 2.3.2 S. 267 f.; 138 IV 120 E. 5.2 S. 122 f.; je mit
Hinweisen). Wie zu zeigen sein wird, sind für die Nötigung und die Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen, jeweils Geldstrafen auszufällen. Damit sind die Voraussetzungen für die Bildung einer Gesamtgeldstrafe gegeben.
Wahl Sanktionsart/Strafrahmen
2.1.
Bei der Wahl der Sanktionsart ist als wichtiges Kriterium die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 134 IV 97
E. 4.2 S. 100 mit Hinweisen). Nach dem Prinzip der Verhältnismässigkeit soll nach konstanter Rechtsprechung bei alternativ zur Verfügung stehenden und hinsichtlich des Schuldausgleichs äquivalenten Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift (BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 123; Urteil 6B_125/2018 vom 14. Juni 2018
E. 1.3.2; je mit Hinweis).
Die Geldstrafe stellt die Hauptsanktion dar (BGE 134 IV 97 E. 4.2.2 S. 101). Sie wiegt als Vermögenssanktion prinzipiell weniger schwer als ein Eingriff in die persönliche Freiheit (BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 123; 134 IV 97 E. 4.2.2
S. 101, 82 E. 7.2.2 S. 90). Am Vorrang der Geldstrafe hat der Gesetzgeber im
Rahmen der erneuten Revision des Sanktionenrechts entgegen der ursprünglichen Stossrichtung festgehalten (BGE 144 IV 217 E. 3.6 S. 237 f. mit Hinweisen). Art. 41 StGB statuiert diese Priorität. Eine kurze Freiheitsstrafe anstelle ei- ner Geldstrafe von höchstens 180 Tagessätzen ist unter anderem zulässig, wenn eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten (Art. 41 Abs. 1 lit. a StGB).
Für die Nötigung und die Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen, ist nicht von einer Freiheitsstrafe als einzige zweckmässige Sanktion auszugehen. Der im Strafregisterauszug aufgeführten Strafuntersuchung durch das Tribunal de police Lausanne kommt in diesem Zusammenhang und in Nachachtung der Unschuldsvermutung keine Bedeutung zu (Urk. 30). Es ist davon auszugehen, dass das vorliegende Strafverfahren eine Warnwirkung zeitigt, weshalb einer Geldstrafe die präventive Effizienz nicht abgesprochen werden kann. Im Übrigen ist die vorinstanzliche Strafart bereits aufgrund des Verschlechterungsverbots zu übernehmen (Art. 391 Abs. 2 StPO).
2.2. Das Gesetz sieht für die Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB und die Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen nach Art. 239 Ziff. 1 StGB eine Strafandrohung von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe vor. Strafschärfungs- und Strafmilderungsgründe führen nur bei aussergewöhnlichen Umständen dazu, die Grenzen des ordentlichen Strafrahmens zu verlassen und sie nach oben unten zu erweitern (BGE 136 IV 55 E. 5.8 S. 63 mit Hinweisen). Dies entspricht konstanter höchstrichterlicher Rechtsprechung (anstatt vieler: BGE 142 IV 265 E. 2.4.5 S. 272 f.; Urteil 6B_918/2020 vom 19. Januar 2021 E. 6.4.1), wobei das Bundesgericht darauf zurückzukommen scheint (BGE 148 IV 96 E. 4.8 S. 111). Im vorliegenden Fall kann die Strafe in- nerhalb des ordentlichen Strafrahmens festgesetzt werden. Allfällige Strafschärfungsgründe und Strafmilderungsgründe sind straferhöhend respektive strafmindernd zu berücksichtigen.
Die Nötigung und die Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen, unterstehen dem gleichen Strafrahmen. Mit der Vorinstanz ist von der Nötigung als schwerste Tat im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB auszugehen.
Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB
Die Blockade der B. -brücke erfolgte an einem Samstag gegen Mittag. Die Brücke ist am fraglichen Wochentag und zur besagten Zeit vom Individualverkehr jeweils mässig befahren und kann ohne Weiteres als zentrale Verkehrsachse in der Stadt Zürich bezeichnet werden. Dem motorisierten Individualverkehr wurde, sofern die betroffenen Personen nicht vor Ort bis zu mehreren Stun- den ausharren wollten, ein distanzmässig zwar relativ kurzer Umweg (etwa via Limmatquai respektive Stadthausquai über die Münsterbrücke) aufgezwungen. Dabei ist indes notorisch, dass durch die Sperrung einer zentralen, grossen Verkehrsachse ein erhebliches Verkehrschaos, zeitlich längere Verzögerungen und auch Rückstau entstehen. Benutzer des öffentlichen Verkehrs mussten ebenfalls Umleitungen und damit verbundene längere Fahrzeiten in Kauf nehmen. Nicht angeklagt und nicht erstellt ist darüber hinaus die Behinderung von Fussgängern. Die zahlreichen Demonstranten, welche teilweise Sitzblockaden bildeten, mehrere polizeiliche Aufforderungen zur Räumung in den Wind schlugen, sich mit Armen und Beinen ineinander verkeilten (vgl. etwa Urk. 3, Fotos Nr. 11 und 12) und teilweise von den Polizeibeamten weggetragen werden mussten, zielten auf eine möglichst lange dauernde Blockade ab. Relativierend fällt aus, dass die Demonstranten ein gewaltfreies Nötigungsmittel wählten. Ihr auf mehrere Stunden ausgelegtes Vorhaben muss sich der Beschuldigte anrechnen lassen. Hingegen beteiligte er sich nicht selbst an den Sitzblockaden und musste von den Polizeibeamten nicht weggetragen werden, sondern verliess die Brücke schlussendlich selbständig. Der Beschuldigte war in diesem Sinne nicht an vorderster Front dabei, was sich verschuldensmindernd auswirkt. Eine wesentliche kriminelle Energie ist ihm nicht zur Last zu legen.
Wenngleich der Beschuldigte direktvorsätzlich handelte, können ihm keine eigentlichen egoistischen Beweggründe zur Last gelegt werden. Hingegen wäre es ihm ohne Weiteres möglich gewesen, sich gesetzeskonform zu verhalten und die offensichtlich gesuchte Publizität ohne Delinquenz zu erzielen.
Insgesamt wiegt das Gesamtverschulden als sehr leicht. Die von der Vorinstanz festgesetzte hypothetische Einsatzstrafe von zwölf Tagessätzen kann übernommen werden (Urk. 29 S. 23).
Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen, im Sinne von Art. 239 Ziff. 1 StGB
Betreffend das objektive Tatverschulden und damit das Ausmass des verschuldeten Erfolgs gilt es, das durch die Norm geschützte Rechtsgut in Erinnerung zu rufen. Art. 239 StGB schützt das Interesse der Allgemeinheit am Funktio- nieren öffentlicher Dienste. Eine hochgradig arbeitsteilige Gesellschaft ist in höchstem Masse auf das Funktionieren der Infrastruktur angewiesen und ein Ausfall von Verkehrsoder Versorgungssystemen kann schwer absehbare Folgen zeitigen (G ERHARD FIOLKA, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 4. Aufl. 2019,
N. 2 f. zu Art. 239 StGB). Durch die rund dreistündige Blockade wurde der Betrieb mehrerer Tramlinien der Stadt Zürich gestört. Die betroffenen Linien konnten die B. -brücke nicht befahren. Dies führt notorisch dazu, dass die Verkehrsmittel umgeleitet vorzeitig gewendet werden müssen, was regelmässig mit Verspätungen einhergeht. Der Trambetrieb wurde hingegen nicht gänzlich aufgehoben und es sind ohne Weiteres schwerwiegendere Störungen von Betrieben denkbar. Im Übrigen kann zur objektiven und subjektiven Tatschwere auf die vorstehenden Erwägungen verwiesen werden (E. IV.3).
Aufgrund des sehr leichten Gesamtverschuldens ist die Einzelstrafe auf 12 Tagessätze festzusetzen. Eine Erhöhung der hypothetischen Einsatzstrafe um acht Tagessätze trägt dem Tatverschulden angesichts des weiten Strafrahmens angemessen Rechnung.
Täterkomponente
Die Vorinstanz hat die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten korrekt wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden (Urk. 29 S. 24). Ergänzend bzw. aktualisierend führte der Beschuldigte anlässlich der Berufungsverhand-
lung aus, dass er neu nur noch in einem 40%-Pensum arbeite, indes weiterhin gleichviel verdiene (Urk. 38 S. 3). Aus den persönlichen Verhältnissen ergibt sich nichts für die Strafzumessung Relevantes.
Tagessatzhöhe
Seinen ursprünglichen Bruttolohn als angestellter Informatiker bezifferte der Beschuldigte vor Vorinstanz auf Fr. 3'600.-bei einem Beschäftigungsgrad von 60 %. Zudem hielt er fest, das Arbeitsverhältnis sei aufgelöst worden, weshalb er ab Dezember 2021 Arbeitslosentaggelder erhalten werde (Prot. I S. 7 f.). Anlässlich der Berufungsverhandlung führte der Beschuldigte aus, zu 40% bei gleichem Lohn angestellt zu sein. Mithin haben sich die finanziellen Verhältnisse nicht ver- ändert. Damit ist der Tagessatz bei Fr. 50.– zu belassen.
Zusammenfassung
Insgesamt wäre eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 50.– festzusetzen. Unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbots im Sinne von Art. 391 Abs. 2 StPO bleibt es beim vorinstanzlichen Strafmass von 15 Tagessätzen.
Der Beschuldigte ist mit einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 50.– zu bestrafen.
Die Vorinstanz gewährt dem Beschuldigten den bedingten Strafvollzug unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren. Dies ist bereits in Nachachtung des Verschlechterungsverbots im Sinne von Art. 391 Abs. 2 StPO zu übernehmen.
Kostenfolgen im erstinstanzlichen Verfahren
Ausgangsgemäss sind die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens dem Beschuldigten vollumfänglich aufzuerlegen (Art. 426 Abs. 1 StPO).
Kostenfolgen im Berufungsverfahren
Die Verfahrenskosten sind auf Fr. 3'000.– zu veranschlagen (Art. 424 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und § 14 der Gebührenverordnung des Obergerichts). Die Kosten im Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Ob eine Partei im Rechtsmittelverfahren als obsiegend unterliegend gilt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre vor Beschwerdeinstanz bzw. Berufungsgericht gestellten Anträge gutgeheissen wurden (T HOMAS DOMEISEN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, Bd. II, 2. Aufl. 2014, N. 6 zu Art. 428 StPO).
Der Beschuldigte strebte mit seiner Berufung einen Freispruch an und unterliegt im Berufungsverfahren mit seinen Anträgen vollumfänglich. Ausgangsgemäss sind dem Beschuldigten die Kosten des Berufungsverfahrens vollumfänglich aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO).
Bei diesem Verfahrensausgang besteht kein Raum für die Zusprechung einer Entschädigung.
Es wird beschlossen:
1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung, Einzelgericht, vom 15. März 2022 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:
Es wird erkannt:
1.-3. (…)
4. Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:
Fr. 1'050.–; die weiteren Kosten betragen: Fr. 1'100.– Gebühr für das Vorverfahren. Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
5. (…)
(Mitteilungen)
(Rechtsmittel)
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A.
ist schuldig
der Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB;
der Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen, im Sinne von Art. 239 Ziff. 1 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 50.-.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf zwei Jahre festgesetzt.
Die erstinstanzliche Kostenauflage (Dispositiv-Ziffer 5) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 3'000.–.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat (versandt) sowie in vollständiger Ausfertigung an
die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat
das Bundesamt für Verkehr, 3003 Bern
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 17. November 2022
Der Präsident:
lic. iur. Ch. Prinz
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw A. Donatsch
Zur Beachtung:
Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:
Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vorerst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.
Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),
wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen Vergehen begeht,
wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht die Weisungen missachtet.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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