Zusammenfassung des Urteils SB220051: Obergericht des Kantons Zürich
Die Beschwerde von A.________ gegen die Verfügung des Vermittleramts Tuggen wurde zurückgezogen, wodurch das Verfahren abgeschrieben wird. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 200.00 werden A.________ auferlegt. Es wurde keine Beschwerdeantwort eingereicht und daher keine Parteientschädigung festgelegt. Das Verfahren wird gemäss § 40 Abs. 2 JG präsidial abgeschrieben.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB220051 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 04.11.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Mehrfache Drohung etc. |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Privatkläger; Privatklägerin; Beschuldigten; Drohung; Urteil; Aussage; Beruf; Vorinstanz; Berufung; Wohnung; Schläge; Aussagen; Recht; Verfahren; Drohungen; Tätlichkeit; Sinne; Nötigung; Tätlichkeiten; Verteidigung; Video; Verfahren; Beweis; Beschimpfung; Staat; Freiheit; Genugtuung; Freiheits |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ;Art. 106 StGB ;Art. 126 StGB ;Art. 126 StPO ;Art. 134 StGB ;Art. 135 StPO ;Art. 17 StGB ;Art. 177 StGB ;Art. 180 StGB ;Art. 181 StGB ;Art. 22 StGB ;Art. 307 StGB ;Art. 32 BV ;Art. 34 StGB ;Art. 402 StPO ;Art. 403 StPO ;Art. 404 StPO ;Art. 408 StPO ;Art. 42 StGB ;Art. 424 StPO ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 45 StGB ;Art. 49 OR ;Art. 50 StGB ;Art. 51 StGB ;Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 117 IV 16; 118 II 410; 119 IV 27; 119 IV 305; 120 IV 17; 127 I 38; 128 I 81; 129 IV 262; 129 IV 6; 131 III 26; 133 I 33; 134 IV 97; 136 IV 55; 137 IV 219; 137 IV 352; 138 IV 120; 138 V 74; 141 IV 244; 144 IV 217; 144 IV 313; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB220051-O/U/ad
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, Ersatzoberrichter lic. iur. Kessler und Ersatzoberrichterin lic. iur. Nabholz sowie Gerichtsschreiberin MLaw Meier
Urteil vom 4. November 2022
in Sachen
,
Beschuldigter und Erstberufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X1. ,
gegen
,
Privatklägerin und Zweitberufungsklägerin
unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y. ,
sowie
betreffend mehrfache Drohung etc.
Anklage:
Die Anklage der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 9. September 2021 (Urk. 20) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 41 S. 44 ff.)
Der Beschuldigte ist schuldig
der mehrfachen Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB,
der mehrfachen Nötigung im Sinne von Art. 181 Abs. 1 teilweise in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB,
der Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB,
der mehrfachen Tätlichkeiten im Sinne von Art.126 Abs. 1 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 7 Monaten Freiheitsstrafe (wovon bis und mit heute 2 Tage durch Haft erstanden sind) sowie mit einer Geldstrafe von 82 Tagessätzen zu Fr. 30.– sowie einer Busse von Fr. 1'000.–.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe sowie der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt. Die Busse ist zu bezahlen.
Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 2'500.00; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 11'579.40 Gebühr für das Vorverfahren, inkl. Honorar amtlicher Verteidiger Fr. 8'309.05.
F r. 7'190.95 amtliche Verteidigung Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausge- nommen diejenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt.
Die amtliche Verteidigung wird insgesamt entschädigt mit Fr. 15'500.–.
Rechtsanwalt lic. iur. X1. wird für seine Aufwendungen als amtlicher Verteidiger mit Fr. 7'190.95 (inklusive Mehrwertsteuer und Barauslagen) entschädigt. Der vormalige amtliche Verteidiger RA X2. wurde bereits mit Fr. 8'309.05 entschädigt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
Der Genugtuungsanspruch der Privatklägerin wird im Grundsatz gutgeheissen und zur genauen Festsetzung auf den Zivilweg verwiesen.
Berufungsanträge:
Der Verteidigung des Beschuldigten A. (Urk. 52 S. 2)
(SB220051):
Das Urteil vom 22. November 2021 (Bezirksgericht Zürich, Geschäfts- Nr. GG210294-L) sei vollumfänglich aufzuheben.
Der Beschuldigte sei vom Vorwurf der mehrfachen Drohung i.S.v.
Art. 180 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 180 Abs. 2 lit. a StGB freizusprechen.
Der Beschuldigte sei vom Vorwurf der mehrfachen Nötigung i.S.v.
Art. 181 StGB, teilweise i.V.m. Art. 180 Abs. 2 lit. a StGB freizusprechen.
Der Beschuldigte sei der Beschimpfung i.S.v. Art. 177 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen, wobei auf eine Bestrafung zu verzichten sei.
Der Beschuldigte sei vom Vorwurf der wiederholten Tätlichkeiten i.S.v.
Art. 126 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 126 Abs. 2 lit. b StGB freizusprechen.
Der Beschuldigte sei für die am 6. März 2021 begangene Tätlichkeit schuldig zu sprechen und mit Busse zu bestrafen.
Allfällige Zivilforderungen seien abzuweisen, eventualiter auf den Zivilweg zu verweisen.
Der Beschuldigte sei mit Fr. 200.– aus der Staatskasse zu entschädigen für den Freiheitsentzug vom 6./7. März 2021.
Die Verfahrenskosten seien auf die Staatskasse zu nehmen.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (inkl. Entschädigung der Kosten für die amtliche Verteidigung zzgl. 7.7% MwSt.) zu Lasten der Staatskasse.
Des Vertreters der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat: (Urk. 47 S. 1, schriftlich)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils
Der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerin B. : (Urk. 54 S. 2)
Dispositivziffer 8 des erstinstanzlichen Urteils sei aufzuheben. Der Beschuldigte sei zu verpflichten, der Privatklägerin eine Genugtuung von Fr. 4'000.– (zuzüglich Zins seit dem 6. März 2021) zu bezahlen.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Staatskasse bzw. des Beschuldigten.
Erwägungen:
Zum Verfahrensgang bis zum vorinstanzlichen Urteil kann zwecks Vermeidung von unnötigen Wiederholungen auf die Erwägungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 41 S. 4). Hervorzuheben ist, dass die Vorinstanz das vorliegende Verfahren zusammen mit dem Verfahren mit umgekehrten Parteirollen – der vorliegend Beschuldigte ist in jenem Verfahren Privatklägerin, die Privatklägerin in jenem Verfahren Beschuldigte – (nachfolgend Parallelverfahren genannt) verhandelte (vgl. Prot. I S. 6 sowie Verfahren Proz.Nr. SB220052: Urk. 38). Mit dem oben wiedergegebenen Urteil vom 22. November 2021 sprach das Bezirksgericht Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, den Beschuldigten wegen jeweils mehrfacher Drohung, Nötigung und Tätlichkeiten sowie der Beschimpfung schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten, einer bedingten Geldstrafe von 82 Tagessätzen zu Fr. 30.– und Fr. 1'000.– Busse. Die Genugtuungsforderung der Privatklägern wurde im Grundsatz gutgeheissen, jedoch zur genauen Festsetzung auf den Zivilweg verwiesen (Urk. 41 S. 44 f.). Im Parallelverfahren wurde B. wegen der Verletzung des Geheimoder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte sowie der mehrfachen versuchten Drohung schuldig gesprochen, von weiteren Vorwürfen freigesprochen und mit einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.– bestraft (Verfahren Proz.Nr. SB220052: Urk. 38 S. 42). Die Urteile wurden gleichentags mündlich eröffnet und begründet sowie im Dispositiv übergeben (Prot. I S. 25).
Sowohl der Beschuldigte wie auch die Privatklägerin meldeten innert Frist Berufung an (Urk. 36 und Urk. 37). Das begründete Urteil wurde den Parteien am
27. Januar 2022 zugestellt (Urk. 40/1-3). Die Berufungserklärungen des Beschul- digten und der Privatklägerin gingen innert Frist am 17. Februar 2022 ein (Urk. 43 und Urk. 44). Mit Präsidialverfügung vom 22. Februar 2022 wurden die Berufungserklärungen jeweils den Gegenparteien sowie der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat (nachfolgend Staatsanwaltschaft) zugestellt und Frist angesetzt, um
zu erklären, ob Anschlussberufung erhoben begründet ein Nichteintreten auf die Berufung beantragt werde (Urk. 45). Mit Eingabe vom 25. Februar 2022 stellte die Staatsanwaltschaft den Antrag auf Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils und erklärte, sich am weiteren Verfahren nicht mehr aktiv zu beteiligen (Urk. 47). Der Beschuldigte liess mit Eingabe vom 4. März 2022 den Antrag stellen, auf die Berufung der Privatklägerin sei nicht einzutreten, eventualiter sei diese abzuweisen (Urk. 48). Weiter ist im Rahmen der Prozessgeschichte darauf hinzuweisen,
dass die im Parallelverfahren Beschuldigte B.
die sie betreffenden
Schuldsprüche ebenfalls mit Berufung angefochten hat (vgl. Verfahren Proz.Nr. SB220052: Urk. 40). Die Berufungsverhandlung in beiden Verfahren fand wiederum gemeinsam am 4. November 2022 statt, zu welcher der Beschuldigte (bzw. Privatkläger) in Begleitung seines amtlichen Verteidigers und die Privatklägerin (bzw. Beschuldigte) in Begleitung ihres unentgeltlichen Rechtsvertreters erschie- nen sind (Prot. II S. 4).
Umfang der Berufungen
Gemäss Art. 402 StPO hat die Berufung im Umfang der Anfechtung aufschiebende Wirkung und wird die Rechtskraft des angefochtenen Urteils dementsprechend gehemmt. Das Berufungsgericht überprüft somit das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten (Art. 404 Abs. 1 StPO). Auch wenn das Berufungsgericht nur die angefochtenen Punkte neu beurteilt, fällt es am Ende ein insgesamt neues Urteil (Art. 408 StPO), worin es jedoch anzugeben hat, welche Punkte bereits früher in Rechtskraft erwachsen sind (BGE 141 IV 244 E. 1.3.3; Urteil des Bundesgerichts 6B_533/2016 vom 29. November 2016 E. 4.2 mit Hinweisen).
Der Beschuldigte beantragt, dass das Urteil vollumfänglich aufzuheben sei. Gleichzeitig beantragt er, einen Schuldspruch wegen Beschimpfung, wobei auf eine Bestrafung zu verzichten sei, sowie einen Schuldspruch für die am 6. März 2021 begangene Tätlichkeit und eine diesbezügliche Bestrafung mit einer Busse. Er fordert ferner eine Entschädigung für den Freiheitsentzug vom 6./7. März 2021
(Urk. 44 S. 2). Die Vorinstanz hat das Genugtuungsbegehren der Privatklägerin im Grundsatz gutgeheissen, im Übrigen aber auf den Zivilweg verwiesen (Urk. 41
S. 44). Die Privatklägerin beantragt mit ihrer Berufung wie bereits vor Vorinstanz die Zusprechung einer Genugtuung von Fr. 4'000.– (Urk. 43).
Es sind demnach sämtliche Dispositivziffern des Urteils angefochten, Dispositivziffer 1 nur teilweise. Als mitangefochten gilt auch Dispositivziffer 4 (Vollzug der Busse bei schuldhafter Nichtbezahlung), zumal dieser Punkt im weiteren Sin- ne ebenfalls Bestandteil der Strafzumessung bildet. Es ist somit einzig Dispositivziffer 1 teilweise (Schuldspruch wegen Beschimpfung und Tätlichkeiten) in Rechtskraft erwachsen, was mittels Beschlusses festzustellen ist.
Eintreten auf Berufung der Privatklägerin
Der Beschuldigte macht geltend, auf die Berufung der Privatklägerin sei nicht einzutreten, da diese ihre Forderung auch in der Berufungserklärung wie bereits vor Vorinstanz nicht genügend substantiiert habe, was es ihm verunmögliche, sich sachdienlich zu äussern (Urk. 48). Der Beschuldigte hat keine Gründe gemäss Art. 403 Abs. 1 StPO geltend gemacht, insbesondere auch keine fehlenden Prozessvoraussetzungen das Vorliegen von Prozesshindernissen. Die Frage, ob die Forderung genügend substantiiert sei, kann erst geklärt werden, nachdem die Berufung materiell geprüft wird. Es ist demnach in Abweisung des Antrages des Beschuldigten auf die Berufung einzutreten.
Verwertbarkeit der Videoaufzeichnungen mit versteckter Kamera
Vorinstanz
Die Vorinstanz hat erwogen, dass sich die Frage der Verwertbarkeit erübrige, da das Gericht zum Schluss gekommen sei, die Aufnahmen für die Sachverhaltserstellung nicht zu benötigen. Insbesondere da sich aus den Akten ergebe, dass die Aufnahmen aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten sowie geringer Tonqualität wohl wenig aufschlussreich sein dürften. Weiter merkte die Vorderrichterin an, es würde sich vorliegend auch die Frage stellen, ob der Beschuldigte, welcher gegen die Privatklägerin wegen unbefugtem Aufnehmen von Gesprächen Strafanzeige
gestellt habe, in die Einwilligung der Auswertung einstimmen kann, solange die Strafanzeige aufrecht erhalten bleibe (Urk. 41 S. 5 unter Hinweis auf Urk. D1/3/7 S. 3 und S. 17; Urk. D2/6/4+7).
Standpunkte der Parteien
Die Verteidigung des Beschuldigten (auch Privatkläger) wie auch die Privatklägerin (auch Beschuldigte) stimmten anlässlich der vorinstanzlichen Verhandlung ei- nem Abspielen der Aufnahmen und damit einer (erneuten) Verwertung zu (Prot. I
S. 19-21). Die Verteidigung des Beschuldigten verzichtete ausdrücklich darauf, die Aufnahmen samt Übersetzungen aus dem Recht zu weisen. Sie wies aber darauf hin, dass die Aufnahmen unvollständig seien. Gemäss Zeitstempel der Vi- deoaufnahmen würden die Aufnahmen nicht einmal den für den Vorfall vom 27. Februar 2021 eingeklagten Tatzeitpunkt zeigen. Das bewusste Weglassen grosser Teile des Vorfalles sei beim Aussageverhalten der Ehefrau entsprechend zu würdigen (Urk. 33 S. 4). Anzufügen ist, dass der Beschuldigte schon zuvor in der Einvernahme am 4. Mai 2021 im Beisein seines Verteidigers die Staatsanwältin deutlich darauf hinwies, es sei so (Würgen/Packen) wie auf dem Video, die Staatsanwältin könne es da sehen (Urk. D1/2/5 S. 17/18). Auch anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung verwies er auf die Videos (Prot. I S. 12). Er war mit anderen Worten sowohl in der Untersuchung als im Rahmen der gerichtlichen Verhandlung mit der Verwertbarkeit der Videoaufzeichnungen einverstanden. Auch die Verteidigung bzw. Rechtsvertretung der Privatklägerin geht von einer Verwertbarkeit dieser Filmaufnahmen aus. Dies allerdings mit der Begründung, dass die Aufnahmen nicht illegal erstellt worden seien (Urk. 33A S. 4 und S. 7 ff.).
Verwertbarkeit
Gemäss Anklage im Parallelverfahren hat die Privatklägerin die Videoaufnahmen strafrechtswidrig erstellt (Urk. D1/23). Dies wird von der Privatklägerin unter Hinweis auf den Rechtfertigungsgrund des Notstandes gemäss Art. 17 StGB bestritten (Urk. 33A S. 7). Strafrechtswidrig erstellte Aufzeichnungen sind dann verwertbar, wenn das infrage stehende Beweismittel von den Strafbehörden auf legalem Wege hätte erlangt werden können und eine Interessenabwägung für die Verwertung spricht (vgl. Wolfgang Wohlers, Beweisverwertungsverbote nach privater Beweiserlangung – wann bzw. unter welchen Voraussetzungen dürfen rechtswidrig durch Private erlangte Beweismittel im Strafverfahren verwertet werden, recht 2020 S. 96 f.). Diese Überlegungen sind für das vorliegende Verfahren indessen nicht vorzunehmen, da der Beschuldigte selber sich auf das Beweismittel der Vi- deoaufzeichnungen beruft und die genannten Voraussetzungen letztlich zum Schutz einer beschuldigten Person aufgestellt wurden. Von daher sind die Aufzeichnungen grundsätzlich verwertbar. Die von der Vorinstanz gemachte Überlegung, dass die Aufnahmen wohl wenig aufschlussreich sein dürften, ist keine Frage der Verwertbarkeit, sondern der Beweiswürdigung. Sodann kann der Beschul- digte, auch wenn er gegen die Privatklägerin wegen unbefugtem Aufnehmen von Gesprächen Strafanzeige gestellt hat, einer Auswertung im Strafverfahren zustimmen. Damit wird sein Strafantrag nicht hinfällig und eine allfällige strafrechtswidrige Erstellung der Aufnahme nicht aus der Welt geschafft. Eine solche Zustimmung ist nicht als nachträgliches Einverständnis für die Aufnahmen zu verstehen.
Vorbemerkung
und A.
sind verheiratet und haben ein gemeinsames Kind,
. B.
ist im D.
[Staat in Osteuropa] aufgewachsen und hat
2015 im Alter von 20 Jahren den in der Schweiz aufgewachsenen, damals 21jährigen A. geheiratet. A. ist Schweizerbürger. B. lebt seit 2015 in der Schweiz. Bis zum November 2019 lebten sie gemeinsam mit den Eltern von A. in deren 3-Zimmerwohnung. Gemäss der Privatklägerin wohnte auch die Schwester des Beschuldigten dort. Am tt.mm.2018 kam der gemeinsame Sohn C. als Frühgeburt zur Welt. Im November 2019 zogen die Eheleute B. in eine eigene Wohnung an der E. -strasse … in Zürich. Im April 2020 zog
aus der Wohnung aus und wohnt seither – nach einem Aufenthalt im
Sanatorium AC. vom Mai bis Juni 2020 – wieder bei seinen Eltern. Das vom Beschuldigten eingeleitete Eheschutzverfahren wurde am 26. November 2020 vor Bezirksgericht Zürich verhandelt. Am 29. Januar 2021 erging der Eheschutzentscheid des Bezirksgerichts Zürich, welcher mit Beschwerde angefochten worden war. Mit Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27. September 2021 wurde das Eheschutzverfahren abgeschlossen (Urk. D1/14/5; vgl. auch Urk. 29 S. 2 in SB220052). Es ist von einer insgesamt belasteten Beziehung der beiden Eheleute auszugehen.
Anklagevorwurf
Dem Beschuldigten wird – hier nur in aller Kürze zusammengefasst (vgl. im Detail Urk. D1/20) – zur Last gelegt, die Privatklägerin seit 2015 bis August 2020 mit Unterbrüchen immer wieder bedroht zu haben. Er habe der Privatklägerin gedroht, sie zu schlagen, zu erwürgen und dafür besorgt zu sein, dass sie ausgeschafft und im Rollstuhl sitzend in den D. zurückgebracht werde (Dossier 1). Weiter wird ihm vorgeworfen, die Privatklägerin ca. Anfang April 2020 im Badezimmer ihrer Wohnung eingeschlossen zu haben und während ca. 10 Minuten in der Woh- nung nach Bargeld und Kreditkarten gesucht zu haben (Dossier 1). Am 3. April 2020 habe der Beschuldigte der Privatklägerin geschrieben, sie solle die Türe aufmachen, sonst schlage er sie und sie zudem per WhatsApp beschimpft mit drecks Nutte usw. (Dossier 1). Sodann geht es um zwei Vorfälle vom 27. Februar 2021 und 6. März 2021 (Dossier 2). Am 27. Februar 2021 habe der Beschuldigte die Privatklägerin im Rahmen einer verbalen Auseinandersetzung geschlagen, an den Haaren gerissen und gewürgt. Darüber hinaus habe er ihr gedroht sie umzubringen, zu erwürgen, wenn sie die Polizei verständige, weshalb die Privatklägerin darauf verzichtet habe. Am 6. März 2021 sei es zu einem ähnlichen Vorfall gekommen. Der Beschuldigte habe die Privatklägerin geschlagen und gewürgt und wiederum mit Umbringen und Erwürgen gedroht, falls sie die Polizei verstän- dige, was sie dann dennoch getan habe. Schliesslich wird dem Beschuldigten vorgeworfen, die Privatklägerin zudem in der Zeit ca. September 2018 bis ca. En- de Oktober 2019 sowie März 2020 bis ca. August 2020 mit der offenen Hand der Faust gegen den Kopf und Körper geschlagen zu haben, welche Schläge je- doch zu keinen Verletzungen geführt hätten (Urk. 41).
Anzufügen ist, dass der Privatklägerin in der Anklage im Parallelverfahren zur Last gelegt wird, den Beschuldigten wissentlich falsch angeschuldigt zu haben, ihr am 27. Februar 2021 und am 6. März 2021 gedroht zu haben, sie umzu-
bringen und zu erwürgen sowie, dass er dem Sohn C.
an diesen beiden
Tagen eine Ohrfeige ausgeteilt bzw. gestossen zu haben. In der Zeit ca. Anfang November 2019 bis am 27. Juni 2020 habe die Privatklägerin den Beschuldigten mindestens zweimal gesagt, sie werde dafür sorgen, dass er die Wohnung verliere und den Sohn nicht mehr sehen könne. Weiter werde sie dafür sorgen, dass ihr
Vater ihm im D.
Schaden zufügen werde. Ferner habe die Privatklägerin
den Beschuldigten am 1. April 2020 mit der Faust sowie der offenen Hand gegen den Kopf und das Gesicht geschlagen. Schliesslich habe die Privatklägerin ohne Wissen und Einwilligung des Beschuldigten in ihrer Wohnung mit einer Videokamera verbale und tätliche Auseinandersetzungen zwischen ihr und dem Beschul- digten aufgezeichnet und diese der Stadtpolizei Zürich im Rahmen ihrer Befragung zukommen lassen (vgl. Verfahren Proz.Nr. SB220052: Urk. 23).
Stellungnahme des Beschuldigten
Der Beschuldigte ist geständig, die fraglichen WhatsApp-Nachrichten (vgl. Urk. 2/4 mit Übersetzung) gemäss Anklagepunkt Dossier 1 mit dem Titel Nötigung (Versuch) / Beschimpfung (Urk. 20 S. 3) geschrieben zu haben. Weiter räumt der Beschuldigte ein, die Privatklägerin am 6. März 2021 in die Backen ge- drückt und mit beiden Händen am Hals gepackt und kurz gewürgt bzw. am Gesicht/Kopf gepackt und gedrückt zu haben (Urk. D1/2/3 S. 3, S. 6; Urk. D1/2/5 S. 2, S. 8 ff.; Urk. D1/2/5 S. 16 ff.; Urk. D1/2/7 S. 5; Prot. I S. 11 f.; Prot. II S. 22).
Zudem hat er in der Befragung vom 9. November 2020 auf Vorhalt von Fotos der Privatklägerin gemeint, das mit dem Arm auf dem Foto 7 und 10 (Urk. D1/2/4 Foto 7 und 10 mit blauem Flecken auf Arm) könne von ihm sein, als er sie mal gepackt habe (Urk. D1/2/3 S. 4 f.). Im Übrigen bestreitet er, die Privatklägerin bedroht, geschlagen genötigt zu haben.
Beweismittel und Beweisgrundsätze
Die Vorinstanz hat die vorhandenen Beweismittel sorgfältig aufgelistet und in der Folge gewürdigt (Urk. 41 S. 7, Art. 82 Abs. 4 StPO). Sodann hat sich die Vorinstanz mit den Grundlagen der Sachverhaltserstellung zutreffend auseinandergesetzt und auf die entsprechenden Beweisgrundsätze hingewiesen. Auf diese Ausführungen kann vorab verwiesen werden (Urk. 41 S. 6 f. und 17-19; Art. 82 Abs. 4 StPO). Die vom Beschuldigten bestrittenen Teile des angeklagten Sachverhalts sind demnach aufgrund der Untersuchungsakten und der vor Gericht vorgebrachten Argumente nach den allgemein gültigen Beweisregeln zu würdigen. Gemäss der aus Art. 32 Abs. 1 BV fliessenden und in Art. 10 Abs. 3 StPO sowie Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerten Maxime in dubio pro reo ist bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld zu vermuten, dass die einer strafbaren Handlung beschuldigte Person unschuldig ist (BGE 137 IV 219, E. 7.3. mit Hinweisen; BGE 127 I 38, E. 2a; Urteil des Bundesgerichts 6B_617/ 2013 vom 4. April 2014,
1.2.). Angesichts der Unschuldsvermutung besteht Beweisbedürftigkeit, d.h. der verfolgende Staat hat dem Beschuldigten alle objektiven und subjektiven Tatbestandselemente nachzuweisen (SCHMID, HANDBUCH STPO, 3. A., Zürich 2017, N
216) und nicht der Beschuldigte seine Unschuld (BGE 127 I 38, E. 2a). Als Beweiswürdigungsregel besagt die Maxime, dass sich der Strafrichter nicht von der Existenz eines für den Beschuldigten ungünstigen Sachverhaltes überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat (BGE 138 V 74, E. 7; BGE 128 I 81, E. 2 mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 6B_212/2019 vom
15. Mai 2019 E. 1.3.2.; DONATSCH/SCHWARZENEGGER/WOHLERS, STRAFPROZESS- RECHT, ZÜRCHER GRUNDRISSE DES STRAFRECHTS, 2. A., Zürich-Basel-Genf 2014, §
2 11.2, S. 60 f.). Die Überzeugung des Richters muss auf einem verstandesmässig einleuchtenden Schluss beruhen und für den unbefangenen Beobachter nachvollziehbar sein (Urteil des Bundesgerichts 1P.474/2004 E. 2.2; HAU- SER/SCHWERI/HARTMANN, SCHWEIZERISCHES STRAFPROZESSRECHT, 6. A., Basel
2006, § 54 Rz. 11 ff.). Es liegt in der Natur der Sache, dass mit menschlichen Erkenntnismitteln keine absolute Sicherheit in der Beweisführung erreicht werden kann. Daher muss es genügen, dass das Beweisergebnis über jeden vernünftigen Zweifel erhaben ist. Bloss abstrakte theoretische Zweifel dürfen dabei nicht massgebend sein, weil solche immer möglich sind (BGE 138 V 74, E. 7 mit Hinweisen). Es genügt also, wenn vernünftige Zweifel an der Schuld ausgeschlossen werden können. Hingegen darf ein Schuldspruch nie auf blosser Wahrscheinlichkeit beruhen (SCHMID, HANDBUCH, a.a.O., N 227 f.; Urteil des Bundesgerichts 1P.474/2004 vom 3. Dezember 2004 E. 2.2.).
Stützt sich die Beweisführung auf die Aussagen von Beteiligten, so sind diese frei zu würdigen (Art. 10 Abs. 2 StPO). Es ist anhand sämtlicher Umstände, die sich aus den Akten und den Verhandlungen ergeben, zu untersuchen, welche Sachdarstellung überzeugend ist, wobei es vorwiegend auf den inneren Gehalt der Aussagen ankommt, verbunden mit der Art und Weise, wie die Angaben erfolgten. Nach neueren Erkenntnissen kommt der allgemeinen Glaubwürdigkeit der befragten Person im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft kaum mehr Bedeutung zu. Weitaus bedeutender für die Wahrheitsfindung als die allgemeine Glaubwürdigkeit ist die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussagen, welche durch ei- ne methodische Analyse ihres Inhaltes darauf zu überprüfen sind, ob die auf ein bestimmtes Geschehen bezogenen Angaben einem tatsächlichen Erleben des Befragten entspringen. Damit eine Aussage als zuverlässig gewürdigt werden kann, ist sie insbesondere auf das Vorhandensein von Realitätskriterien und umgekehrt auf das Fehlen von Phantasiesignalen zu überprüfen. Dabei wird zu- nächst davon ausgegangen, dass die Aussage gerade nicht realitätsbegründet ist, und erst wenn sich diese Annahme aufgrund der festgestellten Realitätskriterien nicht mehr halten lässt, wird geschlossen, dass die Aussage einem wirklich Erlebten entspricht und wahr ist (BGE 133 I 33, E. 4.3. mit Hinweisen und Urteile des Bundesgerichts 6B_331/2020 vom tt.mm.2020 E. 1.2.; 6B_95/2015, 6B_112/2015, 6B_113/2015 vom 25. Januar 2016 E. 6.3. mit Hinweisen; RUCKSTUHL/DITTMANN/ARNOLD, Strafprozessrecht, Zürich - Basel - Genf 2011, § 9 N 505).
E. Würdigung
Vorbemerkung
Die Vorinstanz hat vorab die relevanten Aussagen des Beschuldigten und der Privatklägerin korrekt wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden und es ist nicht erforderlich die gesamten Aussagen zu den diversen Vorfällen nochmals zusammenzufassen (Urk. 41 S. S. 7-17; Art. 82 Abs. 4 StPO). Weiter erweist die
von der Vorinstanz sorgfältig vorgenommene einlässliche Beweiswürdigung – insofern nachfolgend nicht davon abgewichen wird – als zutreffend, weshalb vorab auch darauf verwiesen werden kann (Urk. 41 S. 17-27, Art. 82 Abs. 4 StPO). Die nachfolgenden Erwägungen haben deshalb grundsätzlich lediglich ergänzenden Charakter und erfolgen im Wesentlichen im Sinne einer Rekapitulation der zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen, wobei ergänzend einzelne Aspekte nochmals näher zu betrachten sind.
Zur Glaubwürdigkeit der befragten Personen
Die allgemeine Glaubwürdigkeit einer Person ergibt sich nebst ihrer prozessualen Stellung vor allem aus den persönlichen Beziehungen und Bindungen zu den übrigen Prozessbeteiligten. Der Beschuldigte hat als direkt vom Verfahren Betroffe- ner ein Interesse daran, den Sachverhalt in einem für ihn günstigen Licht darzustellen. Es ist von daher wie von der Vorinstanz erwogen zutreffend, dass seine Aussagen kritisch zu würdigen sind. Gleiches gilt indessen auch bei der Würdigung der Aussagen der Privatklägerin. Vorab ist zu berücksichtigen, dass sie – aufgrund ihrer Stellung im Parallelverfahren – als Beschuldigte einvernommen wurde und daher wie der Beschuldigte nicht der Wahrheitspflicht unterlag. Des Weiteren hat sie eine Genugtuungsforderung von Fr. 4'000.– gestellt, so dass sie ein zusätzliches Interesse am Ausgang des Verfahrens besitzt. Hinzu kommt, dass der Beschuldigte und die Privatklägerin ein belastetes Verhältnis haben und sich die beiden Eheleute wie oben erwähnt von November 2020 bis 27. September 2021 in einem offensichtlich strittig geführten Eheschutzverfahren befanden. Schliesslich wird sie vom Beschuldigtem im Parallelverfahren belastet und könnte schon von daher geneigt sein, ihn in einem schlechten Licht dastehen zu lassen. Die Erwägung der Vor-instanz, dass der Privatklägerin gemäss ihren Aussagen das Familienwohl und insbesondere das ihres Sohnes sehr wichtig zu sein schei- ne, weshalb per se nicht davon auszugehen sei, dass die Privatklägerin Falschaussagen zur Belastung des Beschuldigten bzw. Kindsvaters mache, erscheint vor diesem Hintergrund nicht überzeugend. Ebenfalls zurückhaltend zu würdigen sind sodann die Aussagen der Zeugin F. , der Mutter des Beschuldigten, welche ein sehr gutes Verhältnis zu ihrem Sohn pflegt und daran interessiert ist,
dass dieser nicht belastet wird. Der Vater des Beschuldigten hat von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht (Urk. 5), weshalb sich weitere
Äusserungen erübrigen. Schliesslich wurde noch die Zeugin G.
befragt
(Urk. 6). Sie ist als einzige nicht direkt in das Geschehen involviert und wurde nach Hinweis auf die strenge Strafandrohung des Art. 307 StGB als Zeugin einvernommen. Dies spricht dafür, dass grundsätzlich auf ihre Angaben abgestützt werden können. Es ist aber zu berücksichtigen, dass sie ein freundschaftliches Verhältnis zur Privatklägerin pflegt und diese bei verschiedenen Gelegenheiten (KESB) begleitet hat. Weiter hat sie sich mit der Privatklägerin über die bevorstehende Zeugeneinvernahme unterhalten (Urk. 6 S. 3). Es sind daher auch ihre Angaben mit einer gewissen Zurückhaltung zu würdigen. Wesentlich ist, dass ungeachtet der Glaubwürdigkeit der einvernommenen Personen die Glaubhaftigkeit der gemachten Aussagen im Vordergrund steht, was seitens der Vorinstanz ebenfalls zutreffend festgehalten wurde (Urk. 41 S. 17 f.).
Würdigung
Vorab ist zu berücksichtigen, dass nicht nur die Aussagen der Privatklägerin den Anklagesachverhalt stützen, sondern auch weitere Anhaltspunkte vorhanden sind.
Die Chat-Nachrichten vom April 2020 zeigen auf, dass seitens des Beschuldigten zwischen den beiden ein unschöner Ton herrschte. Auch wenn miteinbezogen wird, dass der Beschuldigte damals aufgeregt und in Rage war – es ging darum, dass er eine Beziehung mit einer anderen Frau habe und von der Privatklägerin nicht in die Wohnung gelassen wurde –, erscheint seine Wortwahl (Nutte, elendi Hure, arschgfickti Hure etc.) gegenüber seiner Ehefrau und Mutter seines Kindes bedenklich. Sie zeigen auf, dass der Beschuldigte gegen- über der Privatklägerin wenig Respekt zollt. Vor allem aber ist auch hier eine Drohung belegt, nämlich ich schwöre auf C. , ich schlage dich, wenn du (die Türe) nicht öffnest (Urk. D1/2/4). Dies ist jedenfalls ein Hinweis darauf, dass dem Beschuldigten die Androhung von Nachteilen keineswegs fremd sind. Gleiches gilt für die Äusserung ich fick dis Lebe du Nutte (a.a.O.). Auch dabei handelt es sich vom Sinn her klarerweise um eine Drohung, auch wenn dies lediglich als Beschimpfung angeklagt wurde. Nach dem Vorfall vom 6. März 2021 wurde die Privatklägerin gleichentags vom Institut für Rechtsmedizin körperlich untersucht. Gemäss Gutachten konnte an der Halsvorderseite ein kleiner Bluterguss festgestellt werden. Dieser sei als frisch zu beurteilen und zusammen mit den von B. geltend gemachten Halsschmerzen und der Heiserkeit grundsätzlich mit einem Würgen von vorne in Einklang zu bringen (Urk. D2/8 S. 4). Dieser Gutachtensbefund ist zwar kein Beweis für ein Würgen. Der festgestellte Bluterguss lässt sich aber gut in Einklang bringen mit den Schilderungen der Privatklägerin, welche aussagte, vom Beschuldigten von vorne mit beiden Händen für einige Sekun- den gewürgt worden zu sein. Dieser Befund ist jedenfalls ein Indiz und stützt die Aussagen der Privatklägerin, gewürgt und geschlagen worden zu sein. Des Weiteren hat die Privatklägerin Fotos eingereicht, auf denen gut sichtbare Prellungen am Oberarm sichtbar sind (Urk. D1/3/2 insbesondere S. 5). Auch dies ist kein zwingender Beweis für ein Schlagen durch den Beschuldigten. Es ist aber ein durchaus gewichtiges Indiz dafür, dass die Privatklägerin geschlagen wurde.
Es lässt sich somit festhalten, dass unabhängig von den Aussagen der Privatklägerin Hinweise auf Drohungen durch den Beschuldigten sowie ein Schlagen bzw. Würgen vorliegen.
Der Beschuldigte hat Gewaltanwendungen eingeräumt. Wie erwähnt gab er zu, die Privatklägerin am 6. März 2021 in die Backen gedrückt und mit beiden Händen am Hals gepackt und kurz gewürgt bzw. am Gesicht/Kopf gepackt und gedrückt zu haben (vgl. Urk. D1/2/3 S. 3, S. 6; Urk. D1/2/5 S. 2, S. 8 ff.; Urk. D1/2/5 S. 16 ff.; Urk. D1/2/7 S. 5; Prot. I S. 11 f.; Prot. II S. 22). Weiter hat er in der Befragung vom 9. November 2020 auf Vorhalt von Fotos der Privatklägerin gemeint, das mit dem Arm auf dem Foto 7 und 10 (Urk. D1/2/4 Foto 7 und 10 mit blauem Flecken auf Arm) könne von ihm sein, als er sie mal gepackt habe. Geschlagen habe er die Privatklägerin sicher nicht, es könne vom Packen und Schupfen sein (Urk. D1/2/3 S. 4 f.). Diese Zugeständnisse zeigen auf, dass gewisse Gewalthandlungen auch schon vor dem 6. März 2021 vorkamen.
Wie oben erwähnt, wohnten der Beschuldigte und die Privatklägerin bis November 2020 gemeinsam mit seinen Eltern in deren 3-Zimmerwohnung. Die
Mutter des Beschuldigten, F. , hat ihren Sohn in der Zeugenbefragung grundsätzlich entlastet. Sie meinte, der Beschuldigte sei gut gewesen, die Privatklägerin etwas störrisch und aggressiv, wobei sie letzteres darin erblickte, dass die Schwiegertochter nicht mit ihnen habe rausgehen, sondern im Zimmer habe bleiben wollen (Urk. D1/4 S. 5 f.). Schon diese Begründung zeigt ihre voreinge- nommene Einstellung zugunsten ihres Sohnes und zulasten ihrer Schwiegertochter auf. Zur Frage, ob es zwischen B. und A. manchmal Streit gegeben habe, meinte sie, Nicht so sehr …., ihr Sohn sei geduldig gewesen. Die bei- den hätten sich nicht so sehr gestritten, aber man sei auch mal wütend gewesen. Sie wisse nicht, wie es die beiden unter sich gehabt hätten. Sie habe keine Tätlichkeiten mitbekommen. Ihr Sohn habe nicht geschlagen (Urk. D1/4 S. 6f.). Wie die Vorinstanz zutreffend erwägt, erscheinen ihre Aussagen, keine Streitigkeiten zwischen dem jungen Paar mitbekommen zu haben, nicht überzeugend, zumal der Beschuldigte selber im Widerspruch dazu ausgesagt hatte, seine Eltern hätten immer wieder versucht, zwischen ihm und der Privatklägerin zu schlichten (Urk. 41 S. 21, Urk. D1/2/5 S. 4 und S. 6). Es ist aber festzuhalten, dass F. immerhin einräumte, dass sie die Privatklägerin beruhigt habe, als diese ihr gesagt habe, dass es – als die beiden schon in der eigenen Wohnung lebten – Schläge gegeben habe (Urk. D1/4 S. 9). Diese – mit den Aussagen der Privatklägerin übereinstimmende (Urk. D1/3/3 S. 6) – Zugabe von ihr erscheint vor dem Hintergrund, dass sie ihren Sohn offensichtlich entlasten will, ohne Weiteres glaubhaft. Sodann hat auch die Zeugin G. glaubhaft ausgesagt, dass ihr die Privatklägerin unter anderem erzählt habe, dass ihr Mann sie (2020) geschlagen habe, sie verbal misshandelt habe (sie sei zu dick) und sie bei der KESB schlecht gemacht habe (Urk. D1/6 S. 4 f.). Die Zeugin legt ihre Freundschaft zur Privatklägern offen und sagt klar aus, dies nur gehört zu haben und selber z.B. keine blauen Flecken gesehen habe, sondern nur auf Fotos. Auch hat sie beispielsweise nicht von Drohungen gesprochen. Des Weiteren schilderte sie Phasen der Beziehung mit Höhen und Tiefen und sich die beiden Eheleute immer wieder hätten versöhnen und sich finden können. Als Detail nannte sie etwa, dass die Privatklägerin die Unterstützung der Schwiegereltern gesucht habe. Weiter nannte sie Details, wie dass der Beschuldigte fremd gegangen sei, oft spät abends betrunken
nach Hause gekommen sei und die Privatklägerin nach einem Monat erfahren habe, dass der Beschuldigte in einem Spital in AC. sei (Urk. D1/6 S. 4-7). Sie gab von sich aus an, dass es für die Privatklägerin das grösste Problem gewesen sei, dass der Beschuldigte sie bei der KESB angezeigt habe und sie mit der Privatklägerin als moralische Unterstützung bei der KESB gewesen sei. Zurückhaltend schilderte sie, dass sie dabei von draussen fotografiert worden sei. Diese Fotos seien dann der Privatklägerin zugeschickt worden (Urk. D1/6 S. 5). Insgesamt ergibt sich der Eindruck, dass die Zeugin tatsächlich Erlebtes wiedergibt, zurückhaltend aussagte und ihre Aussagen glaubhaft sind. Insbesondere spricht gegen eine Absprache, dass die Zeugin nichts von Drohungen schildert von Schlagen vor 2020. Auch wenn es sich bei G. nur um eine sog. Zeugin vom Hörensagen handelt, lässt sich jedenfalls festhalten, dass die Privatklägerin auch ihrer Freundin gegenüber, welcher sie sich anvertraute, das Gleiche schilderte wie in der Untersuchung und sie auch dieser gegenüber davon sprach, die Unterstützung der Eltern gesucht zu haben, was letztlich die Schwiegermutter selber – auch wenn sie betonte, dass es nicht stimme, dass ihr Sohn seine Frau geschlagen habe – bestätigte. Dies spricht für Schilderungen gegenüber den Strafbehörden von tatsächlich Erlebtem. Es erscheint kaum vorstellbar, dass die Privatklägerin gegenüber der Freundin und der Schwiegermutter im Voraus solche falsche Schilderungen macht, damit diese dann als Zeugen ihre Darstellung bestätigen können. Die Privatklägerin hat denn auch noch ausgesagt, sich bereits 2015 ihrer damaligen Hauptlehrerin, Frau H. anvertraut zu haben, welche allerdings zwischenzeitlich verstorben sei (Urk. D1/3/3 S 12). Auch dies ist ein auffälliges Detail, welche für ihre Glaubhaftigkeit spricht.
Auf den von der Privatklägerin eingereichten Videoaufzeichnungen in ihrer Wohnung vom 27. Februar 2021 und 6. März 2021 sind vorab verbale Auseinan- dersetzungen zwischen dem Beschuldigten und der Privatklägerin (in nicht deutscher Sprache) zu sehen und zu hören. Auch der Sohn C. ist immer wieder auf dem Film. Es fällt auf, dass die Privatklägerin laut ist und viel redet. Sodann ist erkennbar, dass der Beschuldigte gegen den Willen der Privatklägerin Dokumente an sich nimmt, diese der Privatklägerin mit Gewalt entreisst. Weiter ist ersichtlich, dass der Beschuldigte dabei Gewalt anwendet und die Privatklägern weint und
schreit. Die gewalttätigen Handlungen sind nicht im Detail erkennbar. Bei der Betrachtung der Aufzeichnungen erscheint die Beschreibung des Beschuldigten, er habe die Privatklägerin in die Backen gekniffen bzw. die Fäuste in das Gesicht gedrückt und sie weiter mit beiden Händen am Hals gegriffen und kurz zuge- drückt, als plausibel. Man sieht auch, wie der Beschuldigte die Hand erhebt und zur Faust ballt, sich dann aber zurückhält und nicht zuschlägt. Zum Sohn C. ist der Beschuldigte soweit erkennbar geduldig und auch in angespannter Situation liebevoll zugewandt, auch wenn dieser beispielsweise bei den handgreiflichen Handlungen des Beschuldigten gegenüber der Privatklägerin mit einem Spielzeug an den Hintern des Beschuldigten drückt. Es ist zu betonen, dass die Aufzeich- nungen nicht fortlaufend sind und sich das Geschehen teilweise ausserhalb des Kamerabereiches abspielte.
Die Übersetzung der Aussagen der Beteiligten erweist sich als schwierig bzw. teilweise nicht möglich. Die Übersetzerin für I. [osteuropäische Sprache] erklärte in der Einvernahme vom 30. Juni 2021, dass sie J. [osteuropäische Sprache] und I. spreche, der Beschuldigte und die Privatklägerin aber einen Dialekt (Urk. D1/3/7 S. 3). Der von der Staatsanwaltschaft mit der Übersetzung des Videos beauftragte Übersetzer hielt in seinem Schreiben vom 9. Juli 2021 fest, dass ein sehr schlechtes K. -I. e Dialekt [osteuropäische Sprache], nämlich L. /M. gesprochen werde. Die meisten L. würden in der Gemeinde N. des D. leben und zwar so gut wie ausschliesslich im südlichen Teil. Weiter führt er aus, wo sich die grösste Konzentration der M. finden würde (Urk. D2/6/7). Dies führt dann etwa dazu, dass die Übersetzerin der oben erwähnten Einvernahme angab, dass sie die Worte O. (gemäss Privatklägerin = ich bringe dich um) und P. (gemäss Privatklägerin = ich schlage dich) in ihrer Sprache nicht kenne, da dies Dialektwörter seien (Urk. D1/3/3 S. 17), während die Privatklägerin vor Vorinstanz dazu ausführen liess, im Film 50599771-2021-02-27-20-14-47 höre man ab Sekunde drei die Äusserung des Beschuldigten: Q. (ich bringe dich auf der Stelle um), und in der Aufnahme 50599771-2021-02-27-20-17-32 höre man ab Sekun- de 15 die Äusserung: R. (… ich dich töten werde, wenn du die Polizei rufst) und ab Sekunde 18: S. (… schrei so viel du willst, dann töte ich
dich) usw. (Urk. 33A S. 5f.). Soweit möglich wurden die Aufzeichnungen auszugsweise übersetzt (vgl. Urk. D2/6/7). Es lässt sich etwa entnehmen, dass die Privatklägerin u.a. wiederholt zum Beschuldigten sagte, gehe weg, du kannst mich nicht schlagen… du darfst mich nicht schlagen, ich will nicht, dass du wie- der zurück kommst ... geh nach draussen … Geh raus … verschwinde, … ich gebe dir Dokumente nicht … es sind meine …, (nach Backenkneifen und später nochmals) du hast mich geschlagen, du darfst nicht nach meinen Sachen suchen … Komm schlag mich … Schlag mich, wenn du das kannst, du hast mich und das Kind geschlagen, geh weg. du hast das Kind geschlagen., du kannst mich nicht schlagen, du kannst mich nicht würgen. Geh weg, raus. Der Beschul- digte äusserte gegenüber der Privatklägerin u.a., … du wirst für alles bezahlen müssen … sei gut … sei brav, willst du dass ich wieder zurückkomme … sei brav …, gib mir die Dokumente …, ich werde dich nicht zuschlagen aber gib mir die Dokumente. Gib sie mir, ich wissen was für Dokumente es sind …, ich habe dich nie geschlagen … (im Anschluss an die Bemerkung der Privatklägerin, er habe sie geschlagen:) wer hat dich geschlagen, (im Anschluss an die Bemerkung der Privatklägerin, er dürfe nicht die Schubladen aufmachen:) ich suche, (im Anschluss an die Bemerkung der Privatklägerin, er habe das Kind geschlagen, an das Kind gerichtet:) ich schlage dich nicht oder .... Die Aufnahmen belegen somit Gewaltanwendungen des Beschuldigten gegenüber der Privatklägerin. Weiter kann festgehalten werden, dass die Eheleute verbal streiten, und die Privatklägerin verlangt, dass der Beschuldigte die Wohnung verlässt und sie ihm mitteilt, auch nicht zu ihm zurückkommen zu wollen. Der Beschuldigte bleibt sodann trotz den Wegweisungen in der Wohnung und verlangt mit Gewalt Dokumente heraus. Weiter lässt sich festhalten, dass die Privatklägerin äussert, der Beschuldigte habe sie (und das Kind) geschlagen, während der Beschuldigte dies verneint. Drohungen wurden vom Übersetzer keine festgehalten.
Die Privatklägerin ist von der Polizei und der Staatsanwaltschaft mehrfach und ausführlich einvernommen worden (Urk. D1/1-8, Urk. D2/5). Ausgangspunkt dieser Befragungen war eine Strafanzeige des Beschuldigten am 29. Juni 2020. Wenige Tage später erging eine (Gegen-)Strafanzeige der Privatklägerin. Es folgten GSG-Massnahmen gegen den Beschuldigten (Urk. D1/1, Urk. D1/12/1-6). Bei
ihren Schilderungen fällt generell auf, dass sie verschiedene Phasen des Zusammenlebens mit dem Beschuldigten auseinanderhält, in denen es mal besser und mal schlechter gegangen sei. Dabei nimmt sie auch Bezug auf die verschie- denen Umstände des Zusammenlebens wie Wohnen bei den Schwiegereltern, in einer eigenen Wohnung und vor und nach dem vorgebrachten Fremdgehen (vgl. auch Prot. II S. 23 ff.). Sie beschreibt diese verschiedenen Phasen in den diversen Einvernahmen gleichbleibend und ohne wesentliche Widersprüche, obwohl es sich doch um einen längeren Zeitraum von mehreren Jahren und mehrere Phasen handelt. Es erscheint kaum wahrscheinlich, dass die Privatklägerin derart unübersichtliche, sich schwierig zu merkende Zeitintervalle erfinden sollte, wenn es ihr nur darum gehe würde, den Beschuldigten fälschlicherweise zu belasten. Da wäre es doch viel einfacher gewesen fälschlicherweise (beispielsweise) vorzubringen, sie sei in all den Jahren sicherlich einmal im Monat geschlagen wor- den. Weiter hat sie die verschiedenen Phasen mit verschiedenen Anknüpfungspunkten – wie während der Zeit als noch bei den Schwiegereltern gewohnt, in der eigenen Wohnung, nach Fremdgehen etc. – verbunden. Ihre Schilderungen erscheinen von daher differenziert und überzeugend.
Hinsichtlich der Drohungen hat die Privatklägerin jeweils gleichbleibend die gleichen Drohungen beschrieben, nämlich die Drohung, sie zu schlagen, erwürgen, zu töten, sie auszuschaffen und in den D. zurückzuschaffen. Da das Verhältnis der Eheleute unbestrittenermassen konfliktbehaftet war, der Beschul- digte Schweizer und die Privatklägerin Ausländerin, erscheint die Drohung, dafür besorgt zu sein, dass sie die Schweiz verlassen müsse, nicht weithergeholt. Zum Verhältnis der beiden ist anzufügen, dass der Beschuldigte ausgesagt hat, schon bei der Verlobung gemerkt zu haben, dass es nicht passe und er eine kleine Vorahnung gehabt habe. Als er dies mit seinem Vater habe besprechen wollen, habe dieser abgewunken und gemeint, das sei nichts (Urk. D1/2/1 S. 2; vgl. auch Prot. II S. 21). Weiter ist anzumerken, dass der Beschuldigte seinerseits ausgesagt hat, die Privatklägerin habe solche Aussagen gemacht, wie sobald ich das C habe, brauche ich dich nicht mehr etc. (a.a.O.). Offenbar war das Aufenthaltsrecht der Privatklägerin zwischen den beiden ein Thema. Die Privatklägerin hat in diesem Zusammenhang beispielsweise auch durchaus nachvollziehbar erläutert, der Beschuldigte habe ihr gesagt, er werde sie aus der Wohnung jagen, da er der Hauptmieter sei. Sie könne dann zu ihrer – in der Schweiz lebenden – Schwester aus der Schweiz raus (Urk. D1/3/3 S. 17). Die Privatklägerin hat denn auch im Sinne eines glaubhaften Details geschildert, dass der Beschuldigte ihre Papiere betreffend Aufenthalt und deren Verlängerung versteckt habe (Urk. D1/3/3
S. 13). Klar ist denn auch, dass ihr Aufenthaltsrecht je nach Umständen während Jahren tatsächlich vom Beschuldigten abhing. Dass zwischen den beiden zumin- dest seitens des Beschuldigten jedenfalls bei Streitereien ein rüder Umgang herrschte, wurde oben dargetan. Wenig überzeugend zu diesem Vorwurf ist die ausweichende Erklärung des Beschuldigten, er wisse nicht, wie sie zu diesem Vorwurf der Ausschaffung komme. Sie sei nun bereits seit fünf Jahren in der Schweiz und er denke nicht, dass eine Ausschaffung überhaupt möglich sei (vgl. etwa Urk. D1/2/3 S. 2; vgl. auch Urk. 52 S. 5). Damit übergeht er, dass die Privatklägerin in den fraglichen Jahren zuvor kein gesichertes Aufenthaltsrecht hatte. Auch sein Hinweis, dass er den rechtlichen Weg gegangen sei und eine Meldung bei der KESB gemacht habe und deshalb keinen Grund habe, zu drohen (Urk. D1/2/5 S. 11), erscheint ausweichend und keineswegs überzeugend, schliesst doch das eine das andere nicht aus. Sodann enthält die Drohung, er werde sie im Rollstuhl zu ihren Eltern zurück in den D. senden, doch ein originelles Detail, was dafür spricht, dass die Privatklägerin dies kaum erfunden hat. Die von der Verteidigung behauptete fehlende zeitliche Einordnung (Urk. 52
S. 5) vermag an der Originalität dieses Details im Übrigen nichts zu ändern, zumal die Privatklägerin erklärte, diese Drohung sei wiederholt erfolgt. Wie bereits dargelegt, verknüpfte die Privatklägerin gewisse Vorkommnisse mit anderen Ereig- nissen und ordnete diese somit durchaus zeitlich ein. Eine weitergehende Differenzierung, namentlich die Nennung konkreter Daten und Zeitpunkten ist ihr angesichts des langen Zeitraums kaum möglich und auch nicht zu erwarten. Dies gilt auch für die übrigen Taten. Das macht es zwar schwieriger für den Beschul- digten, dies überzeugend zu bestreiten. Dass der Beschuldigte der Privatklägerin des Weiteren – zumindest wenn er wütend war – mit Schlägen drohte, ergibt sich allerdings wie oben erwogen aus dem WhatsApp-Chat. Auch dies spricht für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen. In Würdigung der gesamten Umstände kann auf
ihre glaubhaften Aussagen hinsichtlich der Drohungen abgestellt werden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass wie nachfolgend aufzuzeigen ist, von Würgen und Schlägen des Beschuldigten auszugehen ist. Dabei ist aufgrund der glaubhaften Aussagen der Privatklägerin und der während Jahren belasteten Beziehung davon auszugehen, dass solche Drohungen vom Beschuldigten wiederholt ausgesprochen wurden.
Der angeklagte Vorfall der Nötigung Anfangs April 2020 (Einschliessen im Badezimmer während ca. 10 Min., Suchen nach Kreditkarte/Geld) stützt sich einzig auf die Belastungen der Privatklägerin. Ein solcher Vorfall wurde vom Beschuldigten während des gesamten Verfahrens bestritten. Der angeklagte Vorfall fällt in einen Zeitraum, in welchem das Verhältnis der beiden Eheleute stark belastet war und der Beschuldigte nach wie vor einen Schlüssel für die Wohnung hatte. Die Privatklägerin hat diesen Vorfall sowohl bei der Polizei wie bei der Staatsanwaltschaft konstant, ohne wesentliche Widersprüche beschrieben (Urk. D1/3/1 S. 8 f.; Urk. D1/3/3 S. 18). Sie hat dieses Geschehen eher nebenbei erwähnt und anschliessend auf Befragen näher beantwortet. Ihre Schilderung ist nüchtern und zurückhaltend. Die Privatklägerin erläutert nachvollziehbar, weshalb der Beschuldigte sie im Badezimmer eingeschlossen habe, nämlich um in dieser Zeit ihre Sachen zu durchsuchen und sie dann, als er die Kreditkarte hatte, wieder rausgelassen und die Wohnung verlassen habe (a.a.O.). Es sind keine Anzeichen vorhanden, weshalb die Privatklägerin diesen Vorfall, der für sie offensichtlich keine zentrale Bedeutung hatte, erfunden haben sollte. Wofür der Beschuldigte dieses Geld hätte brauchen sollen und weshalb er dies bei der mittellosen Privatklägerin hätte holen wollen, ist entgegen der Verteidigung (vgl. Urk. 52 S. 6) in Bezug auf die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Privatklägerin nicht von Bedeutung. Namentlich muss der Beschuldigte ihr den Verwendungszweck des Geldes nicht zwingend genannt haben. Die Privatklägerin war im fraglichen Zeitpunkt sodann erwerbstätig und erzielte ein Einkommen. Zudem ist der Gebrauch einer Kreditkarte bei Mittellosigkeit nicht ausgeschlossen. Bei einer gesamten Betrachtung ihrer Aussagen, ging es ihr offensichtlich vor allem um die angeklagten Drohungen und Schläge. Es kann daher auch in diesem Punkt auf ihre glaubhaften Aussagen abgestellt werden.
Bei den angeklagten Vorfällen vom 27. Februar 2021 und 6. März 2021 handelt es sich um ähnliche Geschehnisse. Es ging beide Male darum, dass der Beschuldigte den gemeinsamen Sohn für sein Besuchsrecht in der Wohnung der Privatklägerin habe abholen wollen. Gemäss Anklage sei es in der Folge zu verbalen Auseinandersetzungen und daraufhin zu Schlägen des Beschuldigten gegen den Kopf der Privatklägerin sowie zu einem Würgen von einigen (wenigen) Sekunden mit beiden Händen am Hals der Privatklägerin gekommen. Der Beschuldigte habe beide Mal mit Umbringen und Erwürgen gedroht, falls sie die Polizei rufe. Das erste Mal habe die Privatklägerin es verängstigt unterlassen, beim zweiten Mal habe sie die Polizei verständigt (Urk. D1/20 S. 4 und 5). Die Privatklägerin hat der Polizei dazu wie erwähnt ein Video eingereicht, welches in ihrer Wohnung von einer versteckten Kamera aufgenommen worden sei (Urk. D2/6/1- 7).
Der Beschuldigte hat zu diesen Vorfällen nähere Angaben gemacht, welche von der Vorinstanz bereits zusammengefasst wurden (Urk. 41 S. 11 f. und S. 13). Er hat im Wesentlichen ausgeführt, dass es jedes Mal Streit gegeben habe, wenn er den Sohn geholt und gebracht habe (Urk. D2/4/2 S. 2). Am 27. Februar 2021 habe es keine Tätlichkeiten und keine Drohungen gegeben (Urk. D1/2/5 S. 19). In der Hafteinvernahme am Tag nach dem Vorfall erklärte er dazu allerdings, es stimme nicht er könne sich nicht daran erinnern (Urk. D2/4/2 S. 2). Am 6. März 2021 sei es so gewesen, dass sich die Privatklägerin geweigert habe, den Sohn parat zu machen. Weiter habe sie ihm auch von ihm verlangte Steuerunterlagen nicht geben wollen. Sie habe ihn dann provoziert, bis es zur Eskalation gekommen sei. Er habe sie nicht geschlagen, nur seine Fäuste gegen ihre Backen gedrückt. Sie habe geschrien und er habe sie losgelassen. Sie habe dann gesagt, er solle sie nicht schlagen. Er habe Unterlagen auf dem Tisch gesehen und sie nehmen wollen. Die Privatklägerin habe die Dokumente an sich gerissen und sich geweigert ihm diese zu geben. Einmal habe er sie mit dem Arm gepackt und sie auf den Boden gedrückt. Daraufhin habe die Privatklägerin zu weinen begonnen. Er habe sie dann beim Wohnzimmer gepackt und ihr gesagt, sie solle aufhören so zu tun (Urk. D1/2/5 S. 16, Urk. D2/4/2 S. 3f.). Anlässlich der Hafteinvernahme vom 7. März 2021 hat er dazu noch ausgeführt, er habe die Privatklägerin dann
aufs Sofa geworfen und sie mit beiden Händen am Hals gepackt. Dies für vielleicht 5 bis 6 Sekunden. Auf die Frage, ob er fest zugedrückt habe, meinte der Beschuldigte es gehe. Auf einer Skala von 1-10 habe er vielleicht mit einer 4 5 zugedrückt. Er könne sich nicht mehr an jedes Detail erinnern und wolle nichts Falsches sagen. Die Privatklägerin habe weiter diskutiert und geschrien (Urk. D2/4/2 S. 4). In der späteren Befragung vom 4. Mai 2021 gab er dazu an, er habe sie gepackt. Dies könne man sehen wie man wolle, als würgen nicht als würgen. Ob man das als Würgen beurteilen wolle nicht, solle jemand an- deres entscheiden. Weiter schilderte der Beschuldigte auf Nachfragen, wie genau er sie am Hals gepackt habe, dass er sie einmal so (PN: Der Beschuldigte zeigt mit seinem rechten Arm einen Unterarmwürgegriff) gepackt habe und einmal mit beiden Händen im Gesicht. Weiter meinte er, man sehe ja alles auf den Videos. Sie können es da sehen. Es sei so wie es auf den Videos zu sehen sei. Zwei Mal habe er sie am Kopf gepackt, glaube er (Urk. D2/2/5 S. 17 f.). Er habe sie entgegen ihren Behauptungen sodann nicht geschlagen. Davon sehe man auf den Videos nichts (Urk. D2/2/5 S. 16). Vor Vor-instanz verwies der Beschuldigte erneut auf die Videos und führte nochmals aus, seine Fäuste gegen die Backen der Privatklägerin gehalten, sie aber nicht geschlagen zu haben. Weiter gab er an, die Privatklägerin am Hals gepackt zu haben (Prot. I S. 12).
Auch die Aussagen der Privatklägerin zu diesen beiden Vorfällen wurden von der Vorinstanz zusammengefasst (Urk. 41 S. 12 ff.). Zum Vorfall vom 27. Februar 2021 gab sie im Wesentlichen an, der Beschuldigte sei um ca. 20.00 Uhr in die Wohnung gekommen, um den gemeinsamen Sohn zurückzubringen. Sie habe ihm dabei immer wieder gesagt, er solle gehen. Dann habe er angefangen, sie mit den Fäusten gegen den Kopf zu schlagen und zu würgen. Dabei habe er ihr auch gedroht, er werde sie umbringen sie werde es bereuen, wenn sie die Polizei rufe. Sie habe dann aus Angst die Polizei nicht angerufen (Urk. D1/3/7
S. 3 ff.). Zu den Schlägen führte sie aus, dass er sie – seit sie bei der Polizei gewesen sei – , nur gegen den Kopf gerichtet habe, damit sie keine sichtbaren blauen Flecken bekomme. Er habe sie mehrmals, sicher 4-5 mal, mit der Faust gegen den Kopf geschlagen, geohrfeigt, an den Haaren gezogen und mit einer wie auch mit beiden Händen gewürgt, wobei die Schläge auf einer Skala von 1 bis 10 eine
10 erreicht hätten. Beim Würgen sei ihr schwarz vor den Augen geworden, sie habe jedoch keinen Urinabgang gehabt (Urk. D1/3/7 S. 7 ff). Zum Vorfall vom 6. März 2021 schilderte sie ein ähnliches Geschehen. Zum Würgen gab sie an, er habe sie einmal im Sessel und einmal im Bett (Sofa) gewürgt, auf den Boden geworfen und in den Schwitzkasten genommen. Es sei ihr auch schwarz geworden vor den Augen, jedoch nicht jedes Mal. Sie hob hervor, bei dieser Auseinandersetzung weniger geschlagen worden zu sein als beim Vorfall am 27. Februar 2021. Weiter habe er ihr gesagt, er werde sie umbringen, wenn sie die Polizei rufe (Urk. D1/3/7 S. 12 ff.).
Die beiden Vorfälle vom 27. Februar 2021 und 6. März 2021 sind kaum zu unterscheiden. Es fällt auf, dass die Privatklägerin doch teilweise sehr genaue Abläufe wiedergeben kann, wie etwa an welchen Orten es zum Würgen zu Schlägen gekommen sei (Sessel, Sofa, am Boden, Wohnzimmer, Schlafzimmer usw.). Diese geschilderten differenzierten Abläufe eines dynamischen Geschehens sprechen dafür, dass sie tatsächlich Erlebtes schildert. Es scheint wie von der
Vorinstanz zutreffend erwogen sehr unwahrscheinlich, sich ein solches Szenario auszudenken. Sodann beschreibt die Privatklägerin plastisch das Zerreissen des Dokumentes, was ebenfalls ein Realitätskriterium darstellt. Ebenfalls für ihre Glaubhaftigkeit spricht, dass sie den Beschuldigten hinsichtlich der Würgevorfälle nicht übermässig belastet (nicht immer schwarz vor Augen, kein Uringabgang). Sie beschreibt das Geschehen folgerichtig und nachvollziehbar wie etwa ihre Überraschung beim aus ihrer Sichtweise frühem Erscheinen des Beschuldigten um den Sohn abzuholen, sein Verbleiben in der Wohnung gegen ihren ausdrücklichen Willen, jeweils das Suchen nach Dokumenten und dann die Eskalationen mit Schlagen und Würgen. Weiter fällt auf, dass sie die Intensität und Wirkung des Würgens bei den verschiedenen Malen zu unterscheiden vermag. Auch fallen originelle Beschreibungen auf, wie etwa, dass der Beschuldigte ihr beim Würgen auf dem Sofa gesagt habe, sie sei krank – der Beschuldigte hat in mehreren Einvernahmen davon gesprochen, dass die Privatklägerin psychisch krank und hysterisch sei – dass der Beschuldigte gemerkt habe, dass er übertrieben und sich deshalb entfernt habe. Ihre Schilderungen decken sich sodann weitgehend
mit den Erkenntnissen aus der Videoaufzeichnung und den entsprechenden Übersetzungen. Diese belegen, dass die Privatklägerin den Beschuldigten mehrfach aufforderte, die Wohnung zu verlassen, er Dokumente suchte und ihr entriss. Des Weiteren sind die verschiedenen Orte der Gewaltanwendung (Sessel, Sofa, Boden etc.) gut erkennbar. Ebenso das Drücken in die Backen und zumindest ansatzweise, das Würgen für kurze Zeit. Der Beschuldigte schilderte sodann grundsätzlich durchaus in grossen Teilen ein ähnliches Kerngeschehen wie die Privatklägerin (Besuchsrechtsausübung, Streit um Dokumente, Handgreiflichkeiten etc.) und hat sich denn auch geständig gezeigt, die Privatklägerin mit beiden Händen am Hals gehalten und gedrückt zu haben sowie sie in den Unterarmgriff genommen zu haben. Hinzu kommt, dass wie erwähnt, dass das medizinische Gutachten einen frischen Bluterguss an der Halsvorderseite feststellte, welcher mit den von der Privatklägerin geltend gemachten Halsschmerzen und der Heiserkeit mit einem Würgen von vorne in Einklang zu bringen ist. Zu Gunsten des Beschuldigten ist indessen festzuhalten, dass auf den Videos kein eigentliches Schlagen (mit der Faust offenen Hand) ersichtlich ist. Es fällt denn auch auf, dass die Privatklägerin nach dem Drücken der Fäuste ins Gesicht von Schlagen spricht. Auf dem Video ist auch ersichtlich, wie der Beschuldigte die Hand hebt und zur Faust ballt, dann aber nicht schlägt. Auch wenn die Videoaufzeichnung wie erwähnt nicht fortlaufend vorhanden bzw. vollständig ist und auch Vorfälle ausserhalb des Kamerabereichs erfolgten, erstaunt es doch, dass auf den Filmen keine eigentlichen Schläge ersichtlich sind, da es gerade zu diesen Zeitpunkten doch hoch konflikthaft zu und her ging. Es bestehen jedenfalls gewisse Zweifel, ob der Beschuldigte auch bei diesen Vorfällen mit der Faust der offenen Hand auf den Kopf der Privatklägerin schlug. Auch muss festgehalten werden, dass die Angaben der Privatklägerin, das Würgen sei – bei einer Skala von 1 bis 10 – mit einer Stärke von 10 erfolgt, aufgrund der Videos als doch um einiges zu drastisch umschrieben und insgesamt weit übertrieben erscheinen. Den Aufzeichnungen ist zu entnehmen, dass es jeweils nur ein kurzes Drücken war und die Privatklägerin
z.B. stimmlich auch sonst nicht erkennbar beeinträchtigt gewesen war. Die Diskussionen gingen nahtlos weiter. Bei einem Würgen mit beiden Händen und mit maximaler Stärke während mehreren Sekunden wären massivere Auswirkungen zu erwarten. Es ist denn auch zu betonen, dass auch das mehrfache Würgen als Tätlichkeiten angeklagt ist. Mit diesen Einschränkungen kann auf die insgesamt nachvollziehbaren und überzeugenden und somit glaubhaften Aussagen der Privatklägerin abgestellt werden und sind die beiden Sachverhalte erstellt. Dies umfasst auch die angeklagten Drohungen, welche, auch wenn sie von den Übersetzern infolge sprachlicher und technischer Schwierigkeit nicht festgestellt werden konnten, von der Privatklägerin glaubhaft geschildert wurden und in den oben erstellten Kontext der Drohungen passen.
Im letzten Anklagepunkt wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe im Zeitraum von ca. September 2018 bis ca. Ende Oktober 2019 sowie ca. von März 2020 bis ca. August 2020 die Privatklägerin geschlagen, wobei diese Schläge zu keinen Verletzungen geführt hätten (Tätlichkeiten). Während der genannten Zeiten habe er die Privatklägerin jeweils mehrmals pro Woche, mindestens jedoch zwei bis drei Mal wöchentlich mit der offenen Hand der Faust gegen deren Kopf und Körper geschlagen (Urk. D1/20S. 5 f.). Die vorgeworfenen Schläge fallen einerseits in die Zeit als die Eheleute B. noch bei den Eltern des Beschuldigten in deren 3-Zimmer-Wohnung (bis November 2019) und in die Zeit als die beiden in einer eigenen Wohnung an der E. -strasse wohnten, wobei der Beschuldigte etwa im April 2020, auszog und ab Mai bis Juni 2020 im Sanatorium
AC.
weilte. Die Vorinstanz hat die Aussagen des Beschuldigten und der
Privatklägerin zu diesem Anklagepunkt sorgfältig zusammengefasst, worauf zu verweisen ist (Urk. 41 S. 14-17). Im Wesentlichen führte der Beschuldigte dazu aus, die Privatklägerin niemals geschlagen zu haben, weder mit Fäusten noch mit Ohrfeigen. Er habe sie höchstens mal gepackt weggestossen bzw. geschupft, als sie ihm zu nahe gekommen sei. Die Auseinandersetzungen seien immer bloss verbal gewesen, ohne Schläge. Sie sei diejenige gewesen, welche laut geworden sei, aus dem Mund geschäumt habe und schreiend auf ihn losgegangen sei. Die Privatklägerin gab im Wesentlichen an, der Beschuldigte habe 2015 – als sie schwanger gewesen sei – angefangen sie zu schlagen, mehrmals wöchentlich. Er habe sie mit Boxschlägen, mit der offenen Hand mit Ohrfeigen geschlagen. Ausgehend von einer Skala von 1 bis 10 hätten die Schläge eine Stärke von bis zu 10. Die Eltern sowie die Schwester des Beschuldigten – welche
zu dieser Zeit auch bei ihnen gelebt habe – hätten die Hämatome gesehen. Die Schläge hätten Ende 2017/Anfangs 2018 wieder begonnen. Es habe in dieser Zeit auch Phasen der Beruhigung gegeben. Sie sei damals zum zweiten Mal schwanger gewesen. Die Schläge seien mit einer Stärke zwischen 8 bis 9 auf ei- ner Skala von 1 bis 10 erfolgt. Nach dem Bezug der eigenen Wohnung im November 2019 habe es bis März 2020 eine Ruhephase gegeben. Die von ihr eingereichten Fotos mit den Hämatomen seien aus der Zeit von Ende März, Mitte April 2020. In dieser Zeit habe der Beschuldigte Affären gehabt und sei jeweils mitten in der Nacht am morgen früh alkoholisiert nach Hause gekommen, sei aggressiv gewesen und habe sie geschlagen. In dieser Zeit sei es wieder wirklich schlimm gewesen und die Schläge hätten auf der Skala eine Stärke von 10 gehabt.
Es sind wie eingangs erwogen mehrere Anhaltspunkte vorhanden, dass seitens des Beschuldigten Gewalt ausgeübt worden ist, so etwa am 6. März 2021 (Fäuste auf Gesicht drücken, Würgen etc.), was er eingestanden hat und auch durch Videos belegt ist. Auch hat er zwischenzeitlich eingeräumt, die Privatklägerin so gepackt und gestossen zu haben, dass sie blaue Flecken hatte. Belegt ist ferner, dass er der Privatklägerin im April 2020 Schläge angedroht hat (falls sie die Türe nicht öffnet). Die Fotos der Privatklägerin belegen ihre blaue Flecken. Auch hat die Schwiegermutter als Zeugin eingeräumt, dass die Privatklägerin ihr von Schlägen des Beschuldigten berichtet hatte und sich an sie gewendet hatte.
Ebenso bestätigte die Zeugin G.
glaubhaft, dass die Privatklägerin sie im
März/April 2020 ins Vertrauen gezogen, ihr von Schlägen ihres Mannes sowie von besseren und schlechteren Phasen in ihrer Beziehung berichtet habe. Die Schil- derungen der Privatklägerin zu Schlägen ihres Mannes erscheinen vor diesem Hintergrund und angesichts ihrer glaubhaften Angaben zu den anderen Gescheh- nissen grundsätzlich glaubhaft. Sie hat von sich aus angegeben, dass es auch bessere bzw. ruhige Phasen in ihrer Beziehung gegeben habe, so insbesondere nach dem ärztlich angeordneten Schwangerschaftsabbruch (durch eine Geburt) aufgrund des Gesundheitszustandes des Kindes sowie nach dem Einzug in die eigene gemeinsame Wohnung. Sie verknüpfte die Phasen plausibel mit anderen Ereignissen wie die Zeit mit Affären des Beschuldigten dem Bezug der eigenen Wohnung. Detailliert und originell gab sie beispielsweise an, dass sie bei ei- nem Arztbesuch versucht habe, Hämatome zu verdecken und bei der Entdeckung darauf angesprochen geäussert habe, sich gestossen zu haben. Die Aussagen der Privatklägerin wirken grundsätzlich im Gesamtkontext glaubhaft. Die Angaben des Beschuldigten, die Auseinandersetzungen seien immer rein verbal gewesen, sind letztlich durch seine eigenen Zugaben widerlegt.
Allerdings überzeugen die Angaben der Privatklägerin auch nicht in allen Punkten. Auch hier wie bereits bei den Vorfällen vom 27. Februar 2021 und 6. März 2021 erscheint es übertrieben, wenn die Privatklägerin von Faustschlägen an den Kopf mit der Stärke von 10 (Skala 1-10) spricht. Bei solch häufigen Schlägen mit maximaler Kraft wären Verletzungen jedenfalls gravierendere Auswirkungen als geschildert wohl nicht auszuschliessen gewesen. Wie oben erwogen sprach die Privatklägerin auch beim Drücken der Fäuste ins Gesicht von Schlägen (du hast mich geschlagen) mit der Stärke 10 und ebenso beim Würgen, was sich nicht mit den vorhandenen Videosequenzen deckt. Es ist hier zugunsten des Beschuldigten davon auszugehen, dass es sich jeweils nicht um heftige Schläge und teilweise wie von ihm geschildert wohl einfach um ein Packen und Stossen der Privatklägerin (mit der Folge von blauen Flecken) handelte. Auch bei der Häufigkeit dieser Vorgänge kann zu Gunsten des Beschuldigten nicht einfach auf die Angaben der Privatklägerin abgestellt werden. Zu beachten ist, dass es sich um längere zurückliegende Vorfälle handelt und es nicht möglich ist, diese genau aufzuarbeiten. Anzufügen ist, dass der Beschuldigte in der Zeit von Mai bis Juni 2020 in der Klinik in AC. war, wohnte danach offenbar bei seinen Eltern und vom 11. August bis 25. August GSG-Massnahmen in Kraft waren (Urk. D1/12), welche einen doch grösseren Zeitraum des unter lit. b angeklagten Zeitraums umfassen. Es ist zusammenfassend erstellt, dass es im fraglichen Zeitraum zu mehrfachen Gewaltausbrüchen, teilweise Schläge, teilweise Packen und Schupfen/Stossen des Beschuldigten gegenüber der Privatklägerin kam, welche jeweils zu keinen Verletzungen führten.
Rechtsgrundlagen
Die Vorinstanz hat die theoretischen Voraussetzungen zu den Tatbeständen der Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB, der Nötigung im Sinne von Art 181 StGB, der Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB sowie des Versuchs im Sine von Art. 22 Abs. 1 StGB zutreffend und umfassend dargetan (Urk. 41 S. 27 ff.). Auf die entsprechenden Ausführungen in den vorinstanzlichen Erwägungen ist zwecks Vermeidung von Wiederholungen zu verweisen, zumal von der Verteidigung grundsätzlich der Sachverhalt bestritten wird und nur in einem Punkt (ich schlage dich, wenn du nicht öffnest als versuchte Nötigung bzw. Drohung) die rechtliche Würdigung angezweifelt wird (Urk. 33 S. 9).
Würdigung
Anklagevorwurf mehrfache Drohungen
Die Äusserungen des Beschuldigten gegenüber der Privatklägerin, sie zu schlagen, zu töten, sie auszuschaffen und dafür besorgt zu sein, sie im Rollstuhl sitzend in den D. zurückzubringen, sind klarerweise als Drohung zu qualifizieren. Die Privatklägerin wurde dadurch in Angst versetzt. Der Beschuldigte ist daher der mehrfachen Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 180 Abs. 2 lit. a StGB schuldig zu sprechen.
Anklagevorwurf Nötigung (Einsperren Badezimmer April 2020)
Der Beschuldigte hat die Privatklägerin für einige Minuten im Badezimmer eingesperrt, um in dieser Zeit ungehindert ihre Kreditkarte zu suchen. Gemäss Art. 181 StGB wird bestraft, wer jemanden durch Gewalt Androhung ernstlicher Nachteile durch andere Beschränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen zu dulden. Ist der Tatbestand der Nötigung erfüllt, muss deren Rechtswidrigkeit (im Gegensatz zu den anderen Delikten) positiv begründet werden (BGE 119 IV 305, 120 IV 20, 129 IV 15, 134 IV 218, 137 IV 328).
Alternativ wird dabei vorausgesetzt, dass der vom Täter verfolgte Zweck bzw. das verwendete Mittel unerlaubt ist die Verknüpfung zwischen einem an sich zulässigen Zweck mit einem ebensolchen Mittel rechtsmissbräuchlich sittenwidrig ist bzw. es diesbezüglich an einer angemessenen Relation fehlt
(OFK/StGB-DONATSCH, Art. 181 N 9; BGE 129 IV 262 E. 2.1 und BGE 120 IV 17
E. 2). Die Privatklägerin wurde vom Beschuldigten gegen ihren Willen im Badezimmer eingeschlossen bzw. gezwungen dort zu bleiben. Der Beschuldigte hat die Privatklägerin damit genötigt etwas zu dulden. Dies tat er, um ungestört ihre Kreditkarte zu suchen und mitzunehmen. Damit erweist sich das von ihm verwen- dete Mittel, nämlich das Einsperren, und zudem der verfolgte Zweck als unerlaubt und somit die Nötigung als rechtswidrig. Der Beschuldigte ist daher anklagegemäss der Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB schuldig zu sprechen.
Anklagevorwurf der Beschimpfung am 3. April 2020
Die rechtliche Würdigung der Staatsanwaltschaft als Beschimpfung wird von der Verteidigung grundsätzlich nicht bestritten (Urk. 33 S. 10). Die vom Beschuldigten gemachten Äusserungen (Drecksnutte etc.) erfüllen denn auch fraglos den Tatbestand der Beschimpfung gemäss Art. 177 StGB. Der Beschuldigte ist demnach auch der Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen. Die Verteidigung wendet jedoch wie bereits vor Vorinstanz ein, dass auch das Verhalten der Privatklägerin ungebührlich gewesen sei, indem sie dem Beschul- digten abends den Einlass in die Familienwohnung verwehrte und sie dem Beschuldigten dadurch berechtigten Anlass zur Beschimpfung gegeben habe, weshalb gestützt auf Art. 177 Abs. 2 StGB von einer Bestrafung des Beschuldigten abzusehen sei (Urk. 33 S. 10; Urk. 44 S. 10). Das Aussperren des Beschuldigten durch die Privatklägerin hatte vorab seinen Grund in einem – jedenfalls von der Privatklägerin angenommenen – Fehlverhalten des Beschuldigten, was ihm klar war. Darüber hinaus steht die Art der Beschimpfung durch den Beschuldigten in keinem Verhältnis dazu, dass er von der Privatklägerin nicht in die Wohnung hineingelassen wurde. Die Vorinstanz qualifizierte seine Äusserungen zutreffend als äusserst abwertende und sexuell degradierende Äusserungen. Die von ihm gemachten Beschimpfungen sind derart grob, dass sich keine vollumfängliche Strafbefreiung aufdrängt. Hingegen wird der von ihm geltend gemachte Umstand bei der Festsetzung der Strafe strafmildernd zu berücksichtigen sein.
Anklagevorwurf der versuchten Nötigung am 3. April 2020
Der Beschuldigte hat der Privatklägerin gedroht, er werde die Privatklägerin schlagen, wenn sie die Türe nicht aufmache. Die Verteidigung hat dazu vor Vorinstanz eingewendet, diese Aussage sei als Nötigungstatbestand völlig untauglich, da die angedrohten Nachteile gar nicht umsetzbar gewesen seien, sei der Beschuldigte doch auf der anderen Seite der verschlossenen Türe gestanden (Urk. 33 S. 10; vgl. auch Urk. 44 S. 10). Dieser Einwand ist nicht stichhaltig, da diese Drohung dahingehend zu verstehen ist, dass der Privatklägerin Nachteile in Form von Schlägen drohen, wenn sie die Türe jetzt nicht aufmache. Es versteht sich von selbst, dass diese angedrohten Schläge (erst) dann erfolgen würden, wenn es dem Beschuldigten möglich ist. Gerade vor dem Hintergrund, dass der Beschuldigte die Privatklägerin schon geschlagen hat, war diese Ankündigung von Schlägen durchaus geeignet, die Privatklägerin dazu zu bewegen, die Haustüre aufzumachen. Nachdem die Privatklägerin die Haustüre trotz dieser Ankün- digung nicht öffnete, ist es beim Versuch einer Nötigung geblieben. Der Beschul- digte hat sich demnach wie angeklagt bei diesem Geschehen der versuchten Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.
Vorfälle vom 27. Februar 2021 und 6. März 2021
Gemäss erstelltem Sachverhalt hat der Beschuldigte der Privatklägerin im Anschluss an die Streitereien beide Male gesagt, er werde die Privatklägerin umbringen bzw. erwürgen, wenn sie die Polizei rufe. Dies stellt in Optima forma eine Androhung ernstlicher Nachteile dar. Beim ersten Vorfall hat diese Drohung die Privatklägerin davon abgehalten, die Polizei zu rufen, beim zweiten hingegen nicht. Der Beschuldigte ist daher hinsichtlich dieser Vorfälle der mehrfachen Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB, teilweise in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.
Gemäss Art. 126 Abs. 1 StGB ist sodann zu bestrafen, wer gegen jemanden Tätlichkeiten verübt, die keine Schädigung des Körpers der Gesundheit zur Folge haben. Eine Tätlichkeit ist bei einer das allgemein übliche und gesellschaftlich geduldete Mass überschreitenden physischen Einwirkung auf einen Menschen anzunehmen, wobei die Schädigung des Körpers der Gesundheit
nicht vorausgesetzt ist (BGE 117 IV 16 f.; BGE 119 IV 27). In subjektiver Hinsicht wird Eventualvorsatz verlangt. Der Täter wird dabei von Amtes wegen verfolgt, wenn er die Tat wiederholt an seinem Ehegatten begeht (Art. 126 Abs. 2 lit. b StGB). Es ist erstellt, dass der Beschuldigte die Privatklägerin bei diesen Vorfällen mehrfach während kurzer Zeit mit beiden Händen am Hals ergriffen und zuge- drückt hat bzw. sie (leicht) gewürgt und ihr zudem die Fäuste in die Backen bzw. ins Gesicht gedrückt hat. Die Privatklägerin hat denn auch am 6. März 2021 am Hals einen kleinen Bluterguss erlitten. Eigentliche Verletzungen wurden durch diese Handlungen nicht verursacht. Diese Handlungen sind ohne Weiteres als geringfügige körperliche Eingriffe, die einer vorübergehenden Beeinträchtigung des Wohlbefindens gleichkommen und schnell und ohne erhebliche Schmerzen wie- der vergehen, zu qualifizieren. Der Beschuldigte ist daher der mehrfachen Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 126 Abs. 2 lit. b StGB schuldig zu sprechen.
Anklagevorwurf Tätlichkeiten
Der Beschuldigte hat die Privatklägerin des Weiteren bereits früher mehrfach mit der Hand geschlagen sie am Körper gepackt und gestossen. Die Privatklägerin hat als Folge teilweise auch blaue Flecken gehabt. Dabei hat sie jeweils keine Verletzungen erlitten. Auch diese Handlungen sind als geringfügige körperliche Eingriffe im Sinne von Art. 126 StGB zu qualifizieren, die einer vorübergehenden Beeinträchtigung des Wohlbefindens gleichkommen und schnell und oh- ne erhebliche Schmerzen wieder vergehen. Der Beschuldigte ist daher der mehrfachen Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 126 Abs. 2 lit. b StGB schuldig zu sprechen.
Fazit
Das vorinstanzliche Urteil ist somit hinsichtlich der Schuldsprüche zu bestätigen.
Strafrahmen
Die tat- und täterangemessene Strafe ist grundsätzlich innerhalb des or- dentlichen Strafrahmens der schwersten anzuwendenden Strafbestimmung festzusetzen. Dieser Rahmen ist vom Gesetzgeber in aller Regel sehr weit gefasst worden, um sämtlichen konkreten Umständen Rechnung zu tragen. Der ordentliche Rahmen ist nur zu verlassen, wenn aussergewöhnliche Umstände vorliegen und die für die betreffende Tat angedrohte Strafe im konkreten Fall zu hart bzw. zu milde erscheint. Der vom Gesetzgeber vorgegebene ordentliche Rahmen ermöglicht in aller Regel, für eine einzelne Tat die angemessene Strafe festzulegen. Er versetzt den Richter namentlich in die Lage, die denkbaren Abstufungen des Verschuldens zu berücksichtigen (BGE 136 IV 55 E. 5.8.).
Vorliegend ist von einem Strafrahmen von Geldstrafe bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe (vgl. Art. 180 StGB) auszugehen. Eine Erweiterung des Strafrahmens fällt vorliegend, auch unter Berücksichtigung der damit zu asperierenden weiteren Straftaten (Angriff gemäss Art. 134 StGB) nicht in Betracht. Für die ferner zu beurteilende Beschimpfung beträgt der Strafrahmen Geldstrafe von 3 bis 90 Tagess- ätze (vgl. Art. 177 StGB bzw. Art. 34 Abs. 1 StGB). Die Tätlichkeiten sind gemäss Art. 126 StGB mit Busse zu bestrafen.
Theoretische Grundlagen der Strafzumessung, der Strafart, Tagessatzhöhe, der Gesamtstrafenbildung sowie des Vollzugs der Strafe
Auch im Übrigen wurden seitens der Vorinstanz die zu den Kriterien der Strafzumessung, der Strafart, der Gesamtstrafenbildung und dem Strafvollzug nötigen theoretischen Ausführungen gemacht. Darauf (Urk. 41 S. 34 ff.) sowie auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Thema (Urteile BGer 6B_619/2019 vom 11. März 2020 E. 3.3.; BGE 136 IV 55, E. 5.4 ff.; 135 IV 130, E.
5.3.1; 132 IV 102, E. 8.1; je mit Hinweisen) kann vorab verwiesen werden. Hervorzuheben bleibt, dass zwischen der Tat- und Täterkomponente sowie der objektiven und subjektiven Tatschwere zu unterscheiden ist.
Gemäss Art. 50 StGB hat das Gericht, sofern es sein Urteil zu begründen hat, die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewich-
tung festzuhalten. Es hat seine Überlegungen in den Grundzügen wiederzugeben, so dass die Strafzumessung nachvollziehbar ist (BGE 144 IV 313 E. 1.2 S. 319; 142 IV 365 E. 2.4.3 S. 270 f.; 136 IV 55 E. 5.5 S. 59 ff.; je mit Hinweisen).
Konkrete Strafzumessung
Mehrfache Drohungen
Hinsichtlich der objektiven Tatschwere ist festzuhalten, dass der Beschuldigte schwere Drohungen gegen Leib und Leben äusserte und zwar über einen längeren Zeitraum von mehreren Jahren hinweg immer wieder. Es ist dabei aller- dings festzuhalten, dass es auch gemäss dem Vorbringen der Privatklägerin immer wieder längere Phasen gab, in welchen es besser ging und die beiden im Juli 2018 Eltern eines Kindes wurden. Hintergrund dieser Drohungen war sodann, dass die arrangierte Beziehung der Eheleute offensichtlich von Anfang an belastet war. Auch der Ehefrau wird in der Erstanzeige des Beschuldigten vorgeworfen, Drohungen ausgesprochen und geschlagen zu haben. Weiter ist zu Gunsten des Beschuldigten zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte diese Drohungen immerhin nur aussprach und z.B. keine Messer sonstige Gegenstände im Spiel waren, um diese Drohungen zu stützen bzw. noch ernster erscheinen zu lassen. Dies macht die primitiven Androhungen des Beschuldigten indessen in keiner Weise entschuldbar. Auch ist das noch teilweise noch junge Alter des Beschuldigten im Zeitpunkt der Drohungen zu berücksichtigen.
Bei der subjektiven Tatschwere fällt vor allem ins Gewicht, dass der Beschuldigte diese Drohungen vorsätzlich ausstiess und wohl eine Erniedrigung und Unterdrückung der Privatklägerin als seine Ehefrau im Vordergrund stand, quasi ein Machtgehabe, dass er in der Ehe das Sagen habe. Es braucht nicht gross zu betont werden, dass ein solches Verhalten ohne Weiteres vermeidbar gewesen wäre.
Insgesamt ist das Verschulden des Beschuldigten als noch leicht einzustufen und erscheint eine hypothetische Einsatzstrafe von 210 Tagen bzw. Tagess- ätzen als angemessen.
Täterkomponente
Zu den persönlichen Verhältnissen und dem Vorleben des Beschuldigten kann festgehalten werden (vgl. Urk. 41 S. 39, Urk. D1/17/1-4, Urk. D1/2/3 S. 7, Urk. D1/2/5 S. 20 ff., Urk. D1/2/7 S. 6 sowie Prot. I S. 8-10 und Prot. II S. 8 ff.), dass er 1994 in T. geboren ist. Aufgewachsen ist der Beschuldigte zusammen mit seiner Schwester bei seinen Eltern in Zürich, wo er in Zürich-U. zur Schule ging und dann beim V. eine Lehre als Logistiker absolviert und 2015 abgeschlossen hat. Im Jahr 2017 wurde er eingebürgert. Nachdem er zunächst ein kurzes Praktikum in einer Kinderkrippe absolviert und in der Logistik-Branche gearbeitet hatte, arbeitete er im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils im Schul-
haus W.
mit einem 40%-Pensum als pädagogischer Betreuungsassistent
und einem Verdienst von Fr. 1'700.–. Arbeitgeber war das Schulamt der Stadt Zürich. Weiter erhielt er (November 2021) Gelder vom RAV. Insgesamt hatte er damals ein monatliches Einkommen von Fr. 3'200.–. Aktuell ist er in einem 100%- Pensum als Filiallogistiker bei der AA. tätig, wo er Fr. 3'800.– netto im Mo- nat verdient und einen 13. Monatslohn erhält. Er wohnt aktuell (wieder) in einem kleinen Zimmer bei seinen Eltern an der AB. -strasse … in Zürich. Er bezahlt Fr. 300.– monatlich an die Wohnkosten und die Krankenkassenprämie beträgt Fr. 520.–.Vermögen hat er keines. Er und die Privatklägerin hätten einen Kredit aufgenommen, wobei die offene Schuld (per November 2021) noch ca. Fr. 1'000.– betrage. In der Berufungsverhandlung gab er zudem an, über Fr. 20'000.– Alimentenschulden offen zu haben, wofür ihn die Privatklägerin betrieben habe. Gemäss seinen Angaben ist er verpflichtet, seinem Sohn und der Privatklägerin für die Betreuungskosten Fr. 1'600.– pro Monat zu bezahlen. Der Termin für die Scheidungsverhandlung sei auf den 15. Dezember 2022 angesetzt worden. Er habe eine neue Partnerin, mit der er Ende mm. ein Kind erwarte. Sei-
ne Partnerin sei derzeit im D.
und die Heirat sei geplant, sobald seine
Scheidung durch sei. Bekannt ist weiter, dass sich der Beschuldigte, gemäss sei- nen Angaben wegen Erschöpfung und Depressionen, im Mai/Juni 2020 im Sanatorium AC. aufgehalten hat. Des Weiteren hat er gemäss seinen Angaben Rückenprobleme, die bei seiner zukünftigen Berufsplanung von Bedeutung seien.
Die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten wirken sich strafzumessungs- neutral aus.
Der Beschuldigte weist keine Vorstrafen auf. Er hat sich in der Untersuchung sodann in Bezug auf den Vorwurf der Drohungen zudem nicht geständig gezeigt. Die Täterkomponenten wirken sich damit insgesamt neutral aus.
Strafart
Das Gericht hat sich zur Wahl der Startart für die konkreten Delikte zu äussern und hat – nach Festsetzung einer hypothetischen Einsatzstrafe für das schwerste Delikt – namentlich bei alternativ zur Verfügung stehender Geldoder Freiheitsstrafe für die weiteren Delikte im Hinblick auf das Gebot der Verhältnismässigkeit anzugeben, warum sie für diese weiteren Taten jeweils eine Freiheitsstrafe für erforderlich hält (BGE 144 IV 217 E. 3.5.4, 4.1 und 4.3). Ferner ist einleitend festzuhalten, dass bei der Wahl der Sanktionsart als wichtiges Kriterium die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen ist (BGE 134 IV 97 E. 4.3). Nach dem Prinzip der Verhältnismässigkeit soll bei alter- nativ zur Verfügung stehenden Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden, die weniger stark in die persönliche Freiheit der Betroffenen eingreift, bzw. die sie am wenigsten hart trifft (BGE 138 IV 120 E. 5.2.; BGE 134 IV 97 E. 4.2.2. und BGE 134 IV82 E. 4.1.), wobei eine Geldstrafe im Verhältnis zur Freiheitsstrafe milder wirkt. Massgebend ist auch die Zweckmässigkeit der Sanktion bzw. ihre Auswirkung auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz (BGE 134 IV 97 E. 4.2.).
In Anbetracht der Höhe der auszufällenden Strafe kommt nur das Aussprechen einer Freiheitsstrafe in Betracht. Entsprechend ist der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten zu bestrafen.
Mehrfache Nötigung
Die Nötigungen erfolgten mehrheitlich verbal und sind im Zusammenhang mit den Drohungen und Tätlichkeiten zu sehen. Auch hier hat sich der Beschul-
digte keiner zusätzlichen Gegenstände wie Messer etc. zur Untermauerung be- dient. Im April 2020 wollte die Privatklägerin ihren Ehemann nicht mehr in die Wohnung lassen, da er fremd gegangen sei. Es ging dabei nachvollziehbar sehr emotional zu und her und der Beschuldigte war – wohl aus eigenem Verschulden
– wütend und drohte, die Privatklägerin zu schlagen, wenn sie die Türe nicht aufmachte. Die Androhungen von Nachteilen, wenn die Privatklägerin im Anschluss an die Ereignisse vom 27. Februar 2021 und 6. März 2021 die Polizei rufe, fanden ebenfalls nach längeren Streitereien, einmal wegen dem verweigerten Besuchsrecht des Sohnes um diese Zeit statt. Diese Nötigungshandlungen erscheinen von der objektiven Tatschwere ebenfalls eher leicht, womit diese wiederum in kei- ner Weise bagatellisiert werden sollen. Sie zeigen das grobe und primitive Verhalten des Beschuldigten auf, der keinen Anstand und Respekt gegenüber seiner Ehefrau zeigt und versucht diese zu unterdrücken. Schwerer ins Gewicht fällt das Einsperren ins Badezimmer für einige Minuten, um ihre Kreditkarte Geld zu suchen, ist hier doch von einer gewissen Planung und einem Kalkül auszugehen. Das objektive Verschulden ist insgesamt als noch eher leicht zu qualifizieren und es erscheint eine Einsatzstrafe von 80 Tagen bzw. Tagessätzen als angemessen.
In subjektiver Hinsicht steht neben dem vorsätzlichen Vorgehen wiederum die Machtdemonstrationen des Beschuldigten gegenüber seiner Ehefrau im Vor- dergrund. Er befiehlt seiner Ehefrau, was sie darf und was nicht. Wiederum ist festzuhalten, dass ein solches respektloses und unterdrückendes Verhalten leicht zu vermeiden gewesen wäre. Die subjektive Tatschwere vermag die objektive Tatschwere nicht zu relativieren.
Zu Gunsten des Beschuldigten ist weiter zu berücksichtigen, dass es sich teilweise um blosse Versuche von Nötigungen handelt, was strafmindernd zu berücksichtigen ist.
Insgesamt erscheint für sich genommen eine Einsatzstrafe von 60 Tagess- ätzen als angemessen.
Betreffend die Täterkomponenten kann grundsätzlich auf die vorstehenden Erwägungen in Ziff. V.C.1.4. verwiesen werden, wobei der Beschuldigte in Bezug
auf die mehrfache Nötigung zumindest teilweise geständig war. Zudem scheint der Beschuldigte einzusehen, dass die belastende Beziehung, welche Mitursache der angeklagten Delikte ist, nicht weitergeführt werden soll, hat er doch das Scheidungsverfahren eingeleitet. Dies rechtfertigt eine sehr leichte Strafminderung, weshalb die Einsatzstrafe auf gegen 60 Tagessätze festzusetzen ist.
Der Beschuldigte ist nicht vorbestraft und seit den hier thematisierten Vorfällen strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten. Die Aussprechung einer Freiheitsstrafe erscheint damit nicht geboten, um ihn von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten, weshalb auf eine Geldstrafe zu erkennen ist.
Beschimpfung
Die Beschimpfung richtete sich per WhatsApp an die Privatklägerin. Dritte haben dies nicht mitbekommen. Es sind objektiv wiederum primitive und respektlose Äusserungen des Beschuldigten gegenüber seiner Ehefrau, welche sie er- niedrigt und in ihrer Ehre verletzt, was nicht weiter erläutert werden muss. Subjektiv wurde bereits oben erwogen, dass es sich um eine affektive Ausnahmesituation handelte und der Beschuldigte wütend und verärgert – auch wenn er allenfalls an dieser Situation selber schuld war – war, weil ihn die Privatklägerin nicht in die Wohnung hineinlassen wollte und er aus diesem Affekt heraus handelte. Dies ist verschuldensmässig strafmildernd zu seinen Gunsten zu würdigen, wobei zu betonen ist, dass dies sein Verhalten in keiner Weise entschuldbar macht. Insgesamt ist von einem leichten Verschulden auszugehen und die Einzelstrafe auf 10 Tagessätze festzusetzen.
In Bezug auf die Täterkomponenten gilt das unter Ziff. V.C.1.4 Erwogene, mit der Ausnahme, dass es sich angesichts des Geständnisses, welches wohl auch der erdrückenden Beweislage geschuldet war, die Strafe sehr leicht zu min- dern. Bei einer Beschimpfung ist als Strafe gesetzlich nur eine Geldstrafe vorgesehen.
In Anwendung des Asperationsprinzips erscheint damit eine Erhöhung der Strafe um 2 Tagessätze auf insgesamt 60 Tagessätze als angemessen.
Tagessatzhöhe
Der Beschuldigte hat ein monatliches Einkommen von Fr. 3'800.–. Es ist klar, dass er nach Abzug von Unterhaltsbeiträgen für seinen Sohn nur wenig Geld zur Verfügung hat. Des Weiteren besitzt er kein Vermögen. Es scheint daher angemessen, die Höhe des Tagessatzes auf Fr. 30.– festzusetzen.
Mehrfache Tätlichkeiten
Der Tatbestand der Tätlichkeiten sieht als Strafe Busse vor, deren Höchstbetrag Fr. 10'000.– beträgt (Art. 126 StGB, Art. 106 StGB). Die Busse bemisst sich je nach den Verhältnissen des Täters so, dass dieser die Strafe erleidet, welche seinem Verschulden angemessen ist. Bei der Bemessung der Busse und der festzusetzenden Ersatzfreiheitsstrafe sind sodann auch die finanziellen Verhält- nisse des Beschuldigten, namentlich Einkommen und Vermögen, der Familienstand und die Familienpflichten sowie Beruf, Alter und Gesundheit zu berücksichtigen (Art. 106 Abs. 3 StGB; BGE 129 IV 6 E. 6.1).
Der Beschuldigte hat seine Ehefrau über einen längeren Zeitraum geschlagen, gepackt und gestossen sowie auch leicht gewürgt. Dabei erlitt die Privatklägerin wiederholt Hämatome. Auch hier ist wiederum die belastete Beziehung der beiden als Hintergrund dieser Tätlichkeiten zu sehen, dass diesen jeweils verbale Auseinandersetzung vorangingen und wohl von einem affektiven Handeln mit ei- nem emotionalen Hintergrund auszugehen ist. Weiter ist wie oben erwogen, dass bei der Häufigkeit wie auch der Intensität der Schläge Abstriche zu machen sind und wohl häufig auch lediglich ein Packen und Stossen des Beschuldigten blaue Flecken bei der Privatklägerin verursachte. Dennoch ist von einem nicht mehr leichten Verschulden auszugehen. Auch diese mehrfachen Tätlichkeiten über ei- nen längeren Zeitraum wurden vorsätzlich begangen und hatten zum Ziel die Privatklägerin zu unterdrücken und letztlich aufzuzeigen, dass sie ihm zu gehorchen habe. Auch wenn die zugefügten Quetschungen und Prellungen keine eigentlichen Körperverletzungen darstellen, sind sie zudem schmerzhaft und unange- nehm.
Vorliegend erweist sich für die mehrfachen Tätlichkeiten eine Busse in der Höhe von Fr. 1'000.– als dem Verschulden sowie den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten als angemessen.
Fazit
Unter Berücksichtigung sämtlicher massgebender Strafzumessungsgründe erscheint es dem Verschulden und den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten angemessen, ihn mit einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30.– sowie einer Busse von Fr. 1'000.– zu bestrafen. Die erstandene Haft von 2 Tagen ist in Anwendung von Art. 51 StGB auf die Freiheitsstrafe anzurechnen.
Vollzug
Der Vollzug einer Geldstrafe Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren ist aufzuschieben, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB). Die günstige Prognose wird vermutet, doch kann sie widerlegt wer- den (BGE 134 IV 97 E. 7.3.). Zu beachten sind die Tatumstände, das Vorleben, der Leumund sowie weitere relevante Tatsachen, welche Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen (BGE 134 IV
140 E. 4.4.). Der Beschuldigte ist wie erwähnt nicht vorbestraft. Die günstige Prognose ist bei ihm zu vermuten. Weiter kann davon ausgegangen werden, dass die Verhaftung sowie die Haft von 2 Tagen beeindruckt haben dürfte und eine unbedingte Geldstrafe nicht notwendig erscheint, um ihn zukünftig von der Begehung weiterer Delikte abzuhalten. Es ist ihm daher der bedingte Vollzug der Freiheitsstrafe zu gewähren unter Ansetzung einer minimalen Probezeit von 2 Jahren. Die Busse ist zu bezahlen. Für den Fall, dass die Busse schuldhaft nicht bezahlt wird, ist die Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Tage festzusetzen.
Die Privatklägerin hat vor Vorinstanz die Zusprechung einer Genugtuung von Fr. 4'000.–, zuzüglich Zins seit dem 6. März 2021 beantragt (Urk. 33A S. 2). Die Vorinstanz hat den Genugtuungsforderung der Privatklägerin im Grundsatz gutgeheissen und zur genauen Festsetzung auf den Zivilweg verwiesen (Urk. 41
S. 43.). Sie erwog, dass der Beschuldigte durch die gegenüber der Privatklägerin
mehrfach geäusserten Drohungen sowie durch die mehrfach zugefügten Tätlichkeiten und Nötigungen in deren psychische und physische Integrität eingegriffen habe sie dadurch in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt habe. Er habe ihr in ei- ner nicht zu vernachlässigende seelische Unbill zugefügt, weshalb ein Genugtu- ungsanspruch dadurch im Grundsatz zu bejahen sei. Die Vorderrichterin erwog weiter, dass das Begehren nicht genügend substantiiert dargelegt worden sei und verwies die Privatklägerin deshalb mit ihrem Genugtuungsbegehren auf den Zivilweg (a.a.O.).
Eine Genugtuung gemäss Art. 49 OR setzt eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten, eine immaterielle Unbill, voraus und kann nur zugesprochen werden, wenn die Schwere der Verletzung nicht anders wiedergutzumachen ist (BGE 131 III 26 E. 12.1.). Die Persönlichkeitsverletzung muss widerrechtlich sein, d.h. es dürfen keine Rechtfertigungsgründe für den Eingriff vorliegen. Zu berücksichtigen ist, wie der Verletzte in seiner besonderen Situation von der objektiven Schädigung betroffen und in seiner konkreten Lebensführung beeinträchtigt wird (BGer v. 17.05.2003, 6S.232/2003 E. 2.1 = Pra 93/2004 Nr. 144). Nebst dem Vorliegen einer sog. immateriellen Unbill sowie der Widerrechtlichkeit der Persönlichkeitsverletzung muss die Handlung des Haftpflichtigen adäquat kausal für den Eingriff sein. Das Gesetz nennt als Mass für die Höhe der Genugtuung ausschliesslich die Art und Schwere der körperlichen und seelischen Verletzung, doch sind auch die Intensität und Dauer der Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen, die Möglichkeit, durch eine Geldzahlung den seelischen Schmerz etwas auszugleichen (BGE 118 II 410 E. 2.a), in Erwägung zu ziehen (vgl. zum Ganzen: OFK- FISCHER, Art. 49 OR N 1 ff.).
Grundsätzlich hat das Gericht gemäss Art. 126 Abs. 1 lit. a StPO über die anhängig gemachte Zivilklage zu entscheiden, wenn es die beschuldigte Person schuldig spricht. Davon darf das Gericht nur dann abweichen, wenn die Privatklägerschaft die Zivilklage nicht hinreichend begründet beziffert hat (Art. 126 Abs. 2 lit. c StPO) die vollständige Beurteilung des Zivilanspruchs unverhält- nismässig aufwendig wäre (Art. 126 Abs. 3 StPO). In diesen Fällen ist die Zivilklage auf den Zivilweg zu verweisen. Inhaltlich kann das Adhäsionsurteil auf Gutheissung, teilweise Gutheissung Abweisung der Zivilklage lauten. Bei teilweiser Gutheissung muss über den nicht gutgeheissenen Teil ebenfalls eine Entscheidung gefällt werden: Ist dieser Teil spruchreif, aber nicht begründet, wird er abgewiesen. Ist dieser Teil dagegen nicht genügend substantiiert, wird er auf den Zivilweg gewiesen. Abzuweisen ist die Zivilklage hingegen dann, wenn sie spruchreif, aber unbegründet ist die Aktivoder die Passivlegitimation nicht gegeben ist, schliesslich auch dann, wenn aufgrund der Beweislosigkeit zu Lasten der Zivilklägerschaft zu entscheiden ist.
Die Privatklägerin begründet ihre Genugtuungsforderung im Berufungsverfahren zusammengefasst damit, dass sie über Jahre hinweg den Drohungen des Beschuldigten ausgesetzt gewesen sei und bis ins Jahr 2019, als sie den Haushalt der Eltern des Beschuldigten verlassen und eine eigene Wohnung bezogen hätten, keinerlei Unterstützung Ansprechperson gehabt habe. Sie habe sich vielmehr als Fremdkörper in der Familie des Beschuldigten gefühlt. Sie sei in der Folge auch Tätlichkeiten und Beschimpfungen ausgesetzt gewesen, die mit grosser Erniedrigung und Ohnmacht verbunden gewesen seien. Es habe Jahre ge- dauert, bis sie sich aus der Beziehung und aus dem Einflussbereich der Eltern des Beschuldigten habe lösen können. Sie sei auch in ihren eigenen vier Wänden nicht davor geschützt gewesen, von ihm angegangen zu werden, teils auch im Beisein ihres Sohnes (Urk. 54 S. 3 f.).
Die Privatklägerin war über mehrere Jahre hinweg Drohungen sowie Tätlichkeiten ausgesetzt. Zudem wurde sie vom Beschuldigten gemäss erstelltem Sachverhalt beschimpft und genötigt. Dies stellt zweifelsohne eine wiederholte, nicht unerhebliche Verletzung ihrer Persönlichkeit dar, womit sie Anspruch auf Zusprechung einer Genugtuung hat. Wie bereits dargelegt, erfolgten die Persönlichkeitsverletzungen über mehrere Jahre hinweg und hatten demütigenden Charakter. Zu berücksichtigen ist sodann in diesem Zusammenhang, dass die Privatklägerin in der Schweiz kaum Ansprechpersonen hatte, die ihr hätten helfen kön- nen und damit auf sich gestellt war. Gravierend ist, dass der Beschuldigte verbal und physisch gegen seine Ehefrau und Mutter seines Kindes im häuslichen Bereich vorging, teilweise in Anwesenheit ihres Sohnes, was für die Privatklägerin
noch zu zusätzlichen Belastungen führte. Rechnung zu tragen ist indessen der belasteten Beziehung der Parteien, die von gegenseitigen Auseinandersetzungen geprägt war. Die Privatklägerin trug sodann vergleichsweise und objektiv gesehen keine erheblichen Verletzungen davon und konnte die Folgen der Ereignisse, soweit ersichtlich, zumindest teilweise überwinden. Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände erscheint eine Genugtuung von Fr. 1'000.– als angemessen und zuzüglich 5% Zins seit 6. März 2021 zuzusprechen. Im Mehrbetrag ist die Genugtuungsforderung abzuweisen.
Vorinstanzliches Verfahren
Gestützt auf Art. 428 Abs. 3 StPO hat die Rechtsmittelinstanz von Amtes wegen auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung zu befinden, wenn sie selber ein neues Urteil fällt und nicht kassatorisch entscheidet. Gemäss Art. 426 Abs. 1 StPO trägt die beschuldigte Person die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird. Ausgenommen sind – unter dem Vorbehalt von Art. 135 Abs. 4 StPO – die Kosten der amtlichen Verteidigung. Ausgangsgemäss ist demnach vorliegend die erstinstanzliche Kostenregelung (Dispositivziffern 5-7) zu bestätigen.
Zweitinstanzliche Kosten- und Entschädigungsfolgen
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Ob bzw. inwieweit eine Partei im Sinne dieser Bestimmung obsiegt unterliegt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre vor der zweiten Instanz gestellten Anträge gutgeheissen werden (Urteil des Bundesgerichts 6B_1344/2019 vom 11. März 2020 E. 2.2. m.w.H.). Wird der Entscheid im Rechtsmittelverfahren nur unwesentlich abgeän- dert, können die Kosten nach dem Verursacherprinzip auferlegt werden (Urteil 6B_318/2016 vom 13. Oktober 2016 E. 4.1. m.w.H.). Auch wenn die Strafe gegenüber dem vor-instanzlichen Urteil leicht reduziert wurde, unterliegt der Beschuldigte im Berufungsverfahren weitgehend. Es sind ihm daher die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vollumfänglich aufzuerlegen.
Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist in Anwendung von Art. 424 Abs. 1 StPO i. V. m. §§ 16, 2 Abs. 1 lit. b, c und d sowie 14 GebV OG unter Berücksichtigung der Bedeutung und Schwierigkeit des Falles sowie des Zeitaufwands des Gerichts für dieses Verfahren auf Fr. 2'500.– festzusetzen.
Die amtliche Verteidigung macht für das Berufungsverfahren – inkl. den Aufwand für die Teilnahme an der Berufungsverhandlung, Weg und eine Nachbesprechung – ein Honorar von insgesamt Fr. 6'141.25 geltend (Urk. 53). Dies erscheint ausgewiesen und angemessen, wobei für die unentgeltliche Rechtsvertretung des Beschuldigten als Privatkläger im Parallelverfahren keine Ausscheidung der Aufwendungen vorgenommen wurde. Dafür rechtfertigt es sich, Fr. 1'000.– zu bemessen. Gesamthaft ist der amtliche Verteidiger somit für seine Aufwendungen und Auslagen im Berufungsverfahren mit pauschal Fr. 5'200.– (inkl. MwSt. und Barauslagen) zu entschädigen.
Der unentgeltliche Rechtsvertreter der Privatklägerin macht für das Berufungsverfahren ein Honorar von insgesamt Fr. 670.45 geltend (Urk. 55). Dies erscheint ausgewiesen und angemessen. Der Rechtsvertreter der Privatklägerin ist somit für seine Aufwendungen und Auslagen im Berufungsverfahren mit Fr.
670.45 (inkl. MwSt. und Barauslagen) zu entschädigen.
4. Die Entschädigungsfrage folgt den gleichen Regeln wie der Kostenentscheid. Es gilt der Grundsatz, dass bei Auferlegung der Kosten keine Entschädigung Genugtuung auszurichten ist (Urteil des Bundesgerichts 6B_802/2015 vom 9. Dezember 2015 E. 5.3; BGE 137 IV 352 E. 2.4.2). Ausgangsgemäss verbleibt kein Raum für die beantragte Zusprechung einer Entschädigung an den Beschuldigten.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung – Einzelgericht, vom 22. November 2021 bezüglich der Dispositivziffer 1 teilweise (Schuldspruch wegen Beschimpfung und wegen Tätlichkeiten vom 6. März 2021) in Rechtskraft erwachsen ist.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A. ist ferner schuldig
der mehrfachen Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB,
der mehrfachen, teilweise versuchten Nötigung im Sinne von Art. 181 Abs. 1 StGB, teilweise in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB,
der mehrfachen Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 7 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 2 Tage durch Haft erstanden sind, 60 Tagessätzen zu Fr. 30.– Geldstrafe und
Fr. 1'000.– Busse.
Der Vollzug der Freiheits- und der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin B. als Genugtu- ung Fr. 1'000.– zuzüglich 5% Zins seit 6. März 2021 zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird die Genugtuungsforderung abgewiesen.
Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 5 bis 7) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 2'500.– ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 5'200.– amtliche Verteidigung
Fr. 670.45 unentgeltliche Vertretung Privatklägerschaft
Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme derjenigen der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft wer- den auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO bleibt vorbehalten.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat
die unentgeltliche Vertretung der Privatklägerin im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin (übergeben)
sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat
die unentgeltliche Vertretung der Privatklägerin im Doppel für sich und zuhanden der Privatklägerin
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Löschung des DNA-Profils
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A.
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer Zürich, 4. November 2022
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Spiess
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw Meier
Zur Beachtung:
Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:
Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vorerst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.
Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),
wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen Vergehen begeht,
wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht die Weisungen missachtet.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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