Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB210325 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 22.11.2021 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Mehrfache Pornografie etc. |
Schlagwörter : | Schuldig; Beschuldigte; Asservat-Nr; Computer; Datenträger; Rechts; Beschuldigten; Berufung; Tätigkeit; Kosten; Amtlich; Staatsanwalt; Amtliche; Staatsanwaltschaft; Zürich; Urteil; Verteidigung; Vorinstanz; Tätigkeitsverbot; Rechtskraft; Gericht; Computer; SanDisk; Pornografie; Mehrfache; Berufungsverfahren; Gemäss; Welche; Kantons |
Rechtsnorm: | Art. 135 StPO ; Art. 160 StPO ; Art. 2 StGB ; Art. 404 StPO ; Art. 67 StGB ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB210325-O/U/cwo
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. R. Naef, Präsident, Oberrichterin lic. iur.
R. Affolter und Oberrichter lic. iur. B. Amacker sowie der Gerichtsschreiber M.A. HSG M. Wolf-Heidegger
Urteil vom 22. November 2021
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
vertreten durch Leitenden Staatsanwalt lic. iur. M. Kehrli,
Anklägerin und Berufungsbeklagte betreffend mehrfache Pornografie etc.
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft See / Oberland vom 11. Februar 2021 (Urk. 15) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 32 S. 17 ff.)
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte ist schuldig
der mehrfachen Pornografie im Sinne von Art. 197 Abs. 4 Satz 1 und 2 sowie Abs. 5 Satz 1 und 2 StGB,
der Gewaltdarstellungen im Sinne von Art. 135 Abs. 1 bis StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 90.- (entsprechend Fr. 16'200.-) sowie einer Busse von Fr. 1'000.-.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Die Busse ist zu bezahlen.
Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen.
Es wird ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot (Verbot jeder beruflichen und jeder organisierten ausserberuflichen Tätigkeit, die einen regelmässigen Kontakt zu Minderjährigen umfasst) im Sinne von Art. 67 Abs. 3 lit. d Ziff. 2 StGB angeordnet.
Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 4. Dezember 2020 beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen und durch die Kantonspolizei Zürich vernichtet:
1 Computer (Festanschluss), Marke Supermicro (Asservat-Nr. A012’735'045);
1 Datenträger für Computer, Marke Toshiba (Asservat-Nr. A012’735'170);
1 Computer (Festanschluss), Marke Zotac Mini PC (Asservat-Nr. A012’735'385).
Der Beschuldigte ist berechtigt, vor der Vernichtung ab dem Computer (Festanschluss), Marke Supermicro (Asservat-Nr. A012’735'045), innert 30 Tagen ab Rechtskraft dieses Urteils von seinen persönlichen Daten, welche nicht Teil des Verfahrens waren und nicht gegen geltendes Recht verstossen, auf eigene Kosten und gegen separate Rechnung durch Fachleute der Kantonspolizei Zürich, Informations-/Kommunikationstechnologie, Zeughausstrasse 3, 8021 Zürich, Kopien erstellen und sich aushändigen zu lassen.
Das mit Verfügung der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 4. Dezember 2020 beschlagnahmte Mobiltelefon der Marke HTC (Asservat-Nr. A012’735'012) wird dem Beschuldigten nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen herausgegeben, nachdem durch Fachleute der Kantonspolizei Zürich, Informations-/Kommunikationstechnologie, Zeughausstrasse 3, 8021 Zürich, sämtliche Teil des Verfahrens bildenden und gegen geltendes Recht verstossende Daten auf Kosten des Beschuldigten und gegen separate Rechnung gelöscht worden sind.
Wird die Herausgabe des Mobiltelefons der Marke HTC (Asservat-Nr. A012’735'012) nicht innert 3 Monaten ab Rechtskraft des Urteils verlangt, wird ein entsprechender Verzicht und die Zustimmung zur Vernichtung angenommen.
Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 4. Dezember 2020 beschlagnahmten Gegenstände werden dem Beschuldigten nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen herausgegeben:
1 Taxkarte/SIM-Karte, Simkartenhalter, Netzbetreiber Coop (Asservat- Nr. A012’736'034);
5 Daten-CD’s (Asservat-Nr. A012’735'056);
1 Fotokamera, Marke Cannon, inkl. Ladegerät und Akku (Asservat- Nr. A012’735'067);
1 Datenträger für Computer mit der Beschriftung HD 01 (Asservat-Nr. A012’735'089);
1 Datenträger für Computer mit der Beschriftung HD 02 (Asservat-Nr. A012’735'103);
1 Datenträger für Computer mit der Beschriftung HD 03 (Asservat-Nr. A012’735'147);
1 Datenträger für Computer ohne eine Beschriftung (Asservat-Nr. A012’735'158);
1 Datenträger für Computer, SanDisk 8GB (Asservat-Nr. A012’735'181);
1 Datenträger für Computer, SanDisk Ultra 16 GB (Asservat-Nr. A012’735'205);
1 Datenträger für Computer, Fujifilm 1GB (Asservat-Nr. A012’735'216);
1 Datenträger für Fotokamera, SanDisk Extreme IV 8GB (Asservat- Nr. A012’735'227);
1 Datenträger für Fotokamera, SanDisk Extreme IV 4.0GB (Asservat-Nr. A012’735'238);
2 Kinderbriefe (Asservat-Nr. A012’735'149);
1 USB Memory Stick, Marke Kingston (Asservat-Nr. A012’735'250);
1 Computer (tragbar), inkl. Ladekabel, Marke Toshiba (Asservat-Nr. A012’735'283);
1 USB Memory Stick, keine Marke bekannt (Asservat-Nr. A012’735'318);
1 USB Memory Stick, keine Marke bekannt (Asservat-Nr. A012’735'329);
1 Datenträger für Computer, SanDisk (Asservat-Nr. A012’735'330).
Wird die Herausgabe der Gegenstände nicht innert 3 Monaten ab Rechtskraft des Urteils verlangt, wird ein entsprechender Verzicht und die Zustimmung zur Vernichtung angenommen.
Die Gerichtsgebühr wird angesetzt auf:
Fr. 2'100.- ; die weiteren Auslagen betragen:
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbe- halten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
(Mitteilung)
(Rechtsmittel)
(Rechtsmittel betreffend Dispositiv-Ziffer 9)
Berufungsanträge:
(Prot. II S. 5)
der amtlichen Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 48 S. 1 f.)
Ziff. 5 des angefochtenen Urteils sei aufzuheben. Wegen verbotener Rückwirkung (Art. 2 Abs. 1 StGB) und/oder gemäss Art. 4bis von Art. 67 StGB sei vorliegend von der Anordnung eines lebenslänglichen Tätigkeitsverbots (Verbots jeder beruflichen und jeder organisierten ausserberuflichen Tätigkeit , die einen regelmässigen Kontakt mit Minderjährigen umfasst) klar abzusehen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens seien auf die Staatskasse zu nehmen.
der Staatsanwaltschaft: (Urk. 40)
Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids.
Erwägungen:
Prozessgeschichte
Mit dem eingangs im Dispositiv wiedergegebenen Urteil der Vorinstanz
wurde der Beschuldigte A.
der mehrfachen Pornografie und der
Gewaltdarstellungen schuldig gesprochen, hierfür mit einer bedingten Geldstrafe sowie mit einer Busse bestraft und es wurde ihm lebenslänglich verboten, einer beruflichen oder einer organisierten ausserberuflichen Tätigkeit, die einen regelmässigen Kontakt zu Minderjährigen umfasst, nachzugehen (Urk. 32 S. 17 f.). Hiergegen liess der Beschuldigte mit Eingabe seines amtlichen Verteidigers vom 26. April 2021 fristgerecht Berufung anmelden (Urk. 26). Auch die Berufungserklärung ging fristgerecht beim Berufungsgericht ein (Urk. 35). Mit Eingabe vom 25. Juni 2021 verzichtete die Staatsanwaltschaft auf Anschlussberufung (Urk. 40). Nach erfolgter Zustimmung der Parteien, wurde die schriftliche Durchführung des Berufungsverfahrens angeordnet (Urk. 37; Urk. 40; Urk. 42). Mit Eingabe vom 13. Oktober 2021 reichte die Verteidigung die schriftliche Berufungsbegründung ein, welche der Staatsanwaltschaft mit Präsidialverfügung vom 14. Oktober 2021 zur Beantwortung und der Vorinstanz zur freigestellten Vernehmlassung zugestellt wurde (Urk. 48; Urk. 50). Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Vorinstanz verzichteten auf eine Vernehmlassung (Urk. 52; Urk. 54). Es wurden keine Beweisergänzungsanträge gestellt (vgl. Urk. 48).
Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
Umfang der Berufung
Die amtliche Verteidigung beschränkt ihre Berufung auf das vorinstanzlich angeordnete Tätigkeitsverbot (Dispositiv-Ziffer 5). Im vorliegenden Verfahren somit nicht angefochten, und damit in Rechtskraft erwachsen, sind die
vorinstanzlichen Schuldsprüche (Dispositiv-Ziffer 1), die hierfür ausgesprochene Sanktion und deren Vollzug (Dispositiv-Ziffern 2 bis 4), die Anordnungen betreffend Verwendung beschlagnahmter Gegenstände (Dispositiv-Ziffern 6 bis 8) sowie das vorinstanzliche Kosten- und Entschädigungsdispositiv (Dispositiv- Ziffern 9 und 10), was vorab mittels Beschluss festzustellen ist (Art. 404 StPO).
Die Vorinstanz sprach gegen den Beschuldigten ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot im Sinne von Art. 67 Abs. 3 lit. d Ziff. 2 StGB aus (Urk. 32 S. 13 ff. und S. 18).
Die amtliche Verteidigung bringt hiergegen im Berufungsverfahren - wie auch bereits im Hauptverfahren (Urk. 22 S. 5) - einerseits vor, dass der Beschuldigte die verbotenen pornografischen Dateien lediglich im Jahr 2018 - und damit vor der am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Gesetzesrevision - heruntergeladen und konsumiert habe, weshalb die entsprechende frühere Version des Art. 67 Abs. 3 aStGB zur Anwendung kommen müsse. Sollte hingegen das neue Recht zur Anwendung gelangen, so handle es sich andererseits auch um einen besonders leichten Fall im Sinne des Art. 67 Abs. 4bis StGB, weshalb vorliegend in jedem Fall von der Anordnung eines Tätigkeitsverbots abzusehen sei (Urk. 48 S. 3 ff.).
Die Vorinstanz würdigte den Anklagesachverhalt einerseits als mehrfachen Besitz und mehrfaches Zugänglichmachen von Pornografie im Sinne von Art. 197 Abs. 4 Satz 1 und 2 StGB, als mehrfachen Konsum von Pornografie im Sinne von Art. 197 Abs. 5 Satz 1 und 2 StGB sowie als Besitz einer Gewaltdarstellung im Sinne von Art. 135 Abs. 1bis StGB (Urk. 32 S. 7), was unangefochten blieb.
Sie schloss bei ihrer Beurteilung des Sachverhalts auf die Anwendbarkeit des neuen Rechts, da der Beschuldigte den in der Anklageschrift aufgeführten Tatzeitraum (23. September 2018 bis 14. März 2019) einerseits anlässlich der Schlusseinvernahme und anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung als (ungefähr) zutreffend anerkannt hatte (Urk. 32 S. 5, mit Verweisen). Lediglich
anlässlich der ersten polizeilichen Einvernahme habe er geltend gemacht, dass wohl alles im Jahr 2018 gewesen sei (Urk. 32 S. 5 f., mit Verweisen). Andererseits ergebe sich auch aus dem Bericht des Bundesamtes für Polizei und einer Excel- Tabelle, dass die IP-Adresse des Beschuldigten zu Beginn des Jahres 2019 im Internet mit drei kinderpornografischen Dateien in Verbindung gebracht worden sei, was den Verdacht nahelege, dass der Beschuldigte auch im Jahr 2019 kinderpornografische Dateien heruntergeladen bzw. zur Verfügung gestellt habe (Urk. 4/1-2). Insbesondere aber aufgrund der Namen einzelner dieser Dateien
(z.B. underage Preteen bzw. Preteen creampie) bestünden keine ernstlichen Zweifel daran, dass es sich dabei zumindest teilweise um verbotene Kinderpornografie gehandelt habe. Zuletzt passe dieser Zeitraum auch mit der ursprünglichen Aussage des Beschuldigten, wonach er die Inhalte an zwei oder drei Abenden, mit jeweils drei bis sechs Monaten Abstand, heruntergeladen und konsumiert habe (Urk. 32 S. 6).
Bei den Aussagen des Beschuldigten kann - entgegen der Vorinstanz - nicht von einer eindeutigen Anerkennung des Tatzeitraums ausgegangen werden: So gab er in seiner ersten Einvernahme zu Protokoll, dass sich seine Handlungen auf das Jahr 2018 beschränkt hätten (Urk. 3/2 S. 4). Vor diesem Hintergrund hätten die Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz den Beschuldigten bei seinen späteren pauschalen Geständnissen auffordern müssen, die näheren Umstände der Tat(en) genau zu bezeichnen (Art. 160 StPO). Dies umso mehr, als der in der Anklageschrift festgehaltene Tatzeitraum sowohl die mehrfache Pornografie als auch die mehrfachen Gewaltdarstellungen umfasst (Urk. 15 S. 2). Da der Beschuldigte hierzu jedoch nicht genauer befragt wurde, ist aufgrund der vorhandenen Beweismittel zu prüfen, in welchem Tatzeitraum der Beschuldigte sich der Pornografie im Sinne von Art. 197 Abs. 4 und Abs. 5 StGB schuldig gemacht hat.
Einleitend ist festzuhalten, dass auf den beim Beschuldigten sichergestellten Datenträgern gemäss dem Auswertungsbogen der Kantonspolizei Zürich im Zeitpunkt der Sicherstellung (18. Juni 2019) keine Videos aufgefunden werden konnten, welche tatsächliche oder nicht tatsächliche sexuelle Handlungen mit
Minderjährigen enthielten (Urk. 5/1 S. 1 f.; Urk. 6/1). Der dazugehörige Bericht hält weiter fest, dass es sich bei den gefundenen kinderpornografischen Bildern um Windows Vorschaubilder handle, welche aufgrund vorhanden gewesener Filme automatisch vom System generiert worden seien (Urk. 5/2 S. 2). Dies steht mit der jeweils sehr geringen Dateigrösse der Bilder sowie der fehlenden Information unter Zuletzt geschrieben im Einklang (Urk. 5/1 S. 9 bis S 12). Dass der Beschuldigte von diesen automatisch generierten Vorschaubildern Kenntnis hatte, ist zumindest fraglich, weshalb - mindestens für die Beurteilung eines allfälligen Tätigkeitsverbots - zu seinen Gunsten nicht von einem entsprechenden Besitzeswillen und damit auch nicht von einem bis zum Zeitpunkt der Sicherstellung erfolgten Besitz von Kinderpornografie ausgegangen werden kann. Es ist damit zwar nicht ausgeschlossen, dass der Beschuldigte entsprechende Dateien noch im Jahr 2019 besessen hat; dies kann jedoch aus den Beweismitteln nicht zweifelsfrei geschlossen werden. Entsprechend ist zugunsten des Beschuldigten davon auszugehen, dass er gemäss seinen Aussagen lediglich bis Ende 2018 kinderpornografisches Material besessen hat. Dasselbe hat sodann für den Konsum zu gelten, für welchen der Beschuldigte anklagegemäss schuldig gesprochen wurde.
Auch dass der Beschuldigte durch Verwendung des Netzwerks B. noch im Jahr 2019 Dateien mit kinderpornografischem Inhalt zugänglich gemacht hat, lässt sich aufgrund der Beweismittel nicht eindeutig feststellen: Zwar können in der von der Vorinstanz angeführten Excel-Tabelle zum Bericht des Bundesamtes für Polizei zwei Dateien erkannt werden, bei welchen aufgrund ihrer Bezeichnung ein kinderpornografischer Inhalt vermutet werden kann (underage Preteen bzw. Preteen creampie; vgl. Urk. 4/2). Lediglich aufgrund dieser Vermutung kann dem Beschuldigten jedoch - entgegen der Vorinstanz - nicht nachgewiesen werden, dass er auch im Jahr 2019 noch für das Tätigkeitsverbot relevante kinderpornografische Dateien zugänglich gemacht hat.
Zusammenfassend kann vorliegend aufgrund des Beweisergebnisses nicht mit Sicherheit festgestellt werden, dass der Beschuldigte auch im Jahr 2019 noch kinderpornografische Erzeugnisse besessen, konsumiert bzw. zugänglich
gemacht hat. Dies könnte ihm überdies auch mittels einer neuerlichen Befragung im Berufungsverfahren mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht nachgewiesen werden, weshalb eine solche ausbleiben kann. Entsprechend ist in dubio pro reo davon auszugehen, dass sich die strafbaren Handlungen des Beschuldigten lediglich noch im Jahr 2018 zugetragen haben. Eine allfällige Anwendung des neuen Rechts als lex mitior kommt vorliegend nicht in Frage, da sich dieses objektiv gesehen aufgrund der lebenslänglichen Dauer des Tätigkeitsverbots und des fehlenden Erfordernisses einer Mindestfreiheitsstrafe von über sechs Monaten nicht als das Mildere erweist (Art. 2 Abs. 2 StGB). Die Vorinstanz hat daher das gegen den Beschuldigten ausgesprochene Tätigkeitsverbot zu Unrecht gemäss der am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Fassung von Art. 67 StGB angeordnet.
Gemäss dem per Ende 2018 geltenden Recht hatte ein Gericht einer Person, welche wegen qualifizierter Pornografie im Sinne von Art. 197 Ziff. 3 aStGB zu einer Freiheitsstrafe von über sechs Monaten verurteilt wurde, für zehn Jahre zu verbieten, jeder beruflichen und jeder organisierten ausserberuflichen Tätigkeit nachzugehen, die einen regelmässigen Kontakt zu Minderjährigen umfasst, sofern die Gegenstände oder Vorführungen sexuelle Handlungen mit Kindern zum Inhalt hatten (Art. 67 Abs. 3 lit. c aStGB). Das Gericht konnte lebenslängliche Tätigkeitsverbote verhängen, wenn zu erwarten war, dass die Dauer von zehn Jahren nicht ausreicht, um zu gewährleisten, dass vom Täter keine Gefahr mehr ausgeht (Art. 67 Abs. 6 aStGB) und es hatte für die Dauer der Verbote gemäss Art. 67 Abs. 3 aStGB zwingend eine Bewährungshilfe anzuordnen (Art. 67 Abs. 7 aStGB).
Der Beschuldigte wurde von der Vorinstanz für die mehrfache Pornografie im Sinne von Art. 197 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 sowie Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 StGB mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 90.- bestraft (Urk. 32
S. 17). Diese Sanktion ist in Rechtskraft erwachsen und für das vorliegende Berufungsverfahren somit verbindlich. Da der Beschuldigte damit nicht mit einer Freiheitsstrafe von über sechs Monaten bestraft wurde, sind die Voraussetzungen
für die Anordnung eines altrechtlichen Tätigkeitsverbots vorliegend nicht gegeben weshalb davon abzusehen ist.
Die Entscheidgebühr für das Berufungsverfahren hat ausser Ansatz zu fallen.
Die Kosten für das Berufungsverfahren sind ausgangsgemäss auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Der amtliche Verteidiger des Beschuldigten, Rechtsanwalt lic. iur. X. , macht für das Berufungsverfahren Aufwendungen im Umfang von rund 6.5 Stunden bzw. in Höhe von Fr. 1'390.40 und Auslagen in Höhe von Fr. 35.50 (je exkl. MwSt.) und somit gesamthaft eine Entschädigung in Höhe von Fr. 1'535.70 (inkl. MwSt.) geltend (Urk. 56). Diese Aufwendungen und Auslagen sind ausgewiesen und angemessen. Entsprechend ist der amtliche Verteidiger des Beschuldigten für das Berufungsverfahren mit Fr. 1'535.70 (inkl. MwSt. und Aus- lagen) zu entschädigen.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Hinwil, Einzelgericht, vom 14. April 2021 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte ist schuldig
der mehrfachen Pornografie im Sinne von Art. 197 Abs. 4 Satz 1 und 2 sowie Abs. 5 Satz 1 und 2 StGB,
der Gewaltdarstellungen im Sinne von Art. 135 Abs. 1 bis StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 90.- (entsprechend Fr. 16'200.-) sowie einer Busse von Fr. 1'000.-.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt. Die Busse ist zu bezahlen.
Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen.
5. ( )
Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 4. Dezember 2020 beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen und durch die Kantons- polizei Zürich vernichtet:
1 Computer (Festanschluss), Marke Supermicro (Asservat-Nr. A012’735'045);
1 Datenträger für Computer, Marke Toshiba (Asservat-Nr. A012’735'170);
1 Computer (Festanschluss), Marke Zotac Mini PC (Asservat- Nr. A012’735'385).
Der Beschuldigte ist berechtigt, vor der Vernichtung ab dem Computer (Festanschluss), Marke Supermicro (Asservat-Nr. A012’735'045), innert 30 Tagen ab Rechtskraft dieses Urteils von seinen persönlichen Daten, welche nicht Teil des Verfahrens waren und nicht gegen geltendes Recht verstossen, auf eigene Kosten und gegen separate Rechnung durch Fachleute der Kantonspolizei Zürich, Informations-/Kommunikationstechnologie, Zeughausstrasse 3, 8021 Zürich, Kopien erstellen und sich aushändigen zu lassen.
Das mit Verfügung der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 4. Dezember 2020 beschlagnahmte Mobiltelefon der Marke HTC (Asservat-Nr. A012’735'012) wird dem Beschuldigten nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen herausgegeben, nachdem durch Fachleute der Kantonspolizei Zürich, Informations-
/Kommunikationstechnologie, Zeughausstrasse 3, 8021 Zürich, sämtliche Teil des Verfahrens bildenden und gegen geltendes Recht verstossende Daten auf Kosten des Beschuldigten und gegen separate Rechnung gelöscht worden sind.
Wird die Herausgabe des Mobiltelefons der Marke HTC (Asservat-Nr. A012’735'012) nicht innert 3 Monaten ab Rechtskraft des Urteils verlangt, wird ein entsprechender Verzicht und die Zustimmung zur Vernichtung angenommen.
Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 4. Dezember 2020 beschlagnahmten Gegenstände werden dem Beschuldigten nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen herausgegeben:
1 Taxkarte/SIM-Karte, Simkartenhalter, Netzbetreiber Coop (Asservat-Nr. A012’736'034);
5 Daten-CD’s (Asservat-Nr. A012’735'056);
1 Fotokamera, Marke Cannon, inkl. Ladegerät und Akku (Asservat-Nr. A012’735'067);
1 Datenträger für Computer mit der Beschriftung HD 01 (Asservat-Nr. A012’735'089);
1 Datenträger für Computer mit der Beschriftung HD 02 (Asservat-Nr. A012’735'103);
1 Datenträger für Computer mit der Beschriftung HD 03 (Asservat-Nr. A012’735'147);
1 Datenträger für Computer ohne eine Beschriftung (Asservat-Nr. A012’735'158);
1 Datenträger für Computer, SanDisk 8GB (Asservat-Nr. A012’735'181);
1 Datenträger für Computer, SanDisk Ultra 16 GB (Asservat- Nr. A012’735'205);
1 Datenträger für Computer, Fujifilm 1GB (Asservat-Nr. A012’735'216);
1 Datenträger für Fotokamera, SanDisk Extreme IV 8GB (Asservat-Nr. A012’735'227);
1 Datenträger für Fotokamera, SanDisk Extreme IV 4.0GB (Asservat-Nr. A012’735'238);
2 Kinderbriefe (Asservat-Nr. A012’735'149);
1 USB Memory Stick, Marke Kingston (Asservat-Nr. A012’735'250);
1 Computer (tragbar), inkl. Ladekabel, Marke Toshiba (Asservat-Nr. A012’735'283);
1 USB Memory Stick, keine Marke bekannt (Asservat-Nr. A012’735'318);
1 USB Memory Stick, keine Marke bekannt (Asservat-Nr. A012’735'329);
1 Datenträger für Computer, SanDisk (Asservat-Nr. A012’735'330).
Wird die Herausgabe der Gegenstände nicht innert 3 Monaten ab Rechtskraft des Urteils verlangt, wird ein entsprechender Verzicht und die Zustimmung zur Vernichtung angenommen.
Die Gerichtsgebühr wird angesetzt auf:
Fr. 2'100.- ; die weiteren Auslagen betragen:
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
(Mitteilung)
(Rechtsmittel)
(Rechtsmittel betreffend Dispositiv-Ziffer 9)
Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Von der Anordnung eines Tätigkeitsverbots im Sinne von Art. 67 Abs. 3 lit. c aStGB wird abgesehen.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz. Die weiteren Kosten betragen:
Fr. 1'535.70 amtliche Verteidigung
Die Kosten des Berufungsverfahrens, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden auf die Gerichtskasse genommen.
Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft See/Oberland
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A.
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Straf- sachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundes- gerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichts- gesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 22. November 2021
Der Präsident:
lic. iur. R. Naef
Der Gerichtsschreiber:
M.A. HSG M. Wolf-Heidegger
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.