Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB210036 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 21.10.2021 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Körperverletzung etc. und Widerruf |
Schlagwörter : | Privatkläger; Schuldig; Beschuldigte; Beschuldigten; Privatklägers; Berufung; Aussage; AaO; Urteil; Vorinstanz; Staatsanwalt; Staatsanwaltschaft; Kosten; Amtlich; Aussagen; Amtliche; Zeugen; Beweis; Unentgeltlich; Verteidigung; Unentgeltliche; Gemäss; Weiter; Zürich; Zwischen; Dieser; Kantons; Weitere; Freiheitsstrafe |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ; Art. 109 StGB ; Art. 135 StPO ; Art. 138 StPO ; Art. 144 StGB ; Art. 186 StGB ; Art. 286 StGB ; Art. 391 StPO ; Art. 402 StPO ; Art. 404 StPO ; Art. 60 StGB ; Art. 82 StPO ; Art. 97 StGB ; |
Referenz BGE: | 133 I 33; 138 IV 81; 139 IV 179; 141 IV 249; 145 IV 90; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB210036-O/U/cwo
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. R. Naef, Präsident, lic. iur. B. Gut und Oberrichterin lic. iur. M. Knüsel sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Kümin Grell
Urteil vom 21. Oktober 2021
in Sachen
,
Privatkläger und Berufungskläger
unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X. ,
sowie
vertreten durch Staatsanwalt lic. iur. T. Moder,
Anklägerin
gegen
,
Beschuldigter und Berufungsbeklagter
amtlich verteidigt durch Rechtsanwältin lic. iur. Y1. , betreffend Körperverletzung etc. und Widerruf
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 30. Juli 2020 (Urk. 22
ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 66)
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte ist schuldig
des mehrfachen Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB,
der Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB,
der Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB, sowie
des geringfügigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB in Verbindung mit Art. 172 ter Abs. 1 StGB.
Vom Vorwurf der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 StGB wird der Beschuldigte freigesprochen.
Die mit Entscheid des Amts für Justizvollzug des Kantons Zürich vom 26. April 2018 bzw. 11. Mai 2018 verfügte bedingte Entlassung wird widerrufen. Der Beschuldigte wird in den Vollzug der noch ausstehenden Reststrafe von 99 Tagen Freiheitsstrafe rückversetzt.
Der Beschuldigte wird unter Einbezug dieses Strafrestes gemäss Ziff. 3 bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten als Gesamtstrafe (wovon bis und mit heute 1 Tag durch Haft erstanden ist), teilweise als Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 15. August 2018, sowie mit einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 30.- und einer Busse von Fr. 100.-.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird zugunsten der mit Urteil des Bezirksgerichts Baden, Strafgericht, vom 15. August 2018 angeordneten stationären Massnahme im Sinne von Art. 60 Abs. 1 StGB aufgeschoben.
Die Geldstrafe wird vollzogen.
Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag.
Die Schadenersatzbegehren der Privatkläger 1-3 werden auf den Zivilweg verwiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 4 Schadenersatz in der Höhe von Fr. 897.05 zu bezahlen, im Mehrbetrag wird das Schadenersatzbegehren auf den Zivilweg verwiesen.
Das Genugtuungsbegehren des Privatklägers 1 wird abgewiesen.
Über die Höhe der Kosten der amtlichen Verteidigung wird mit separater Verfügung entschieden.
Über die Höhe der Kosten der unentgeltlichen Rechtsvertretung des Privatklägers 1 wird mit separater Verfügung entschieden.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 1'500.00; die weiteren Kosten betragen: Fr. 1'600.00 Gebühr für das Vorverfahren
Fr. 300.00 Auslagen Stadtspital Waid (Arztbericht etc.) Fr. 20.00 Auslagen Polizei (Fotos)
Fr. 1'273.95 ehemaliger amtlicher Verteidiger RA lic. iur. Y2.
Fr. 8'727.45 amtliche Verteidigung
Fr. 7'940.25 unentgeltliche Rechtsvertretung Privatkläger 1 Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Rechtsvertretung des Privatklägers 1, werden dem Beschuldigten zur Hälfte auferlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO im Umfang der Hälfte.
Die Kosten der unentgeltlichen Rechtsvertretung des Privatklägers 1 werden auf die Gerichtskasse genommen.
Berufungsanträge
(Prot. II S. 6 f.)
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 111)
Die Berufung des Privatklägers 1 sei vollumfänglich abzuweisen und es sei das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 12. November 2020 zu bestätigen.
Die Kosten für das Berufungsverfahren, inklusive Kosten der amtlichen Verteidigung, seien dem Privatkläger 1 / Berufungsführer aufzuerlegen.
Die amtliche Verteidigung sei gemäss eingereichter Kostennote vorab aus der Staatskasse zu entschädigen.
Der Staatsanwaltschaft: (Urk. 76, sinngemäss)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils
Der Privatklägerschaft: (Urk. 108)
Die Berufung sei gutzuheissen und der Beschuldigte sei bezüglich Anklagepunkt Dossier 1 (zum Nachteil des Privatklägers A. ) anklagegemäss schuldig zu sprechen.
Der Beschuldigte sei zu verpflichten, dem Privatkläger eine Genugtuung von Fr. 2'000.00, zuzüglich 5% Zins seit dem 4. September 2017, zu bezahlen.
Der Beschuldigte sei zu verpflichten, dem Privatkläger Schadenersatz wie folgt zu bezahlen: Fr. 583.00 Krankenwagenkosten.
Eventualiter: Der Beschuldigte sei dem Grundsatz nach zu verpflichten, dem
Privatkläger A.
für den bereits entstandenen wie auch für einen
allfälligen zukünftigen Schaden, der im Zusammenhang mit den eingeklagten Ereignissen steht, Schadenersatz zu leisten.
Die Kosten des Berufungsverfahrens sowie diejenigen der unentgeltlichen Rechtsvertreterin für das vorliegende Verfahren seien (gemäss beiliegender Honorarnote) dem Beschuldigten aufzuerlegen.
Erwägungen:
In Bezug auf den Verfahrensgang bis zum vorinstanzlichen Urteil kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 66 S. 6).
Am 12. November 2020 fällte die Vorinstanz das eingangs aufgeführte Urteil. Mit Verfügung vom 19. November 2020 (Urk. 50) und vom 1. Dezember 2020 (Urk. 54) legte die Vorinstanz im Nachgang zum Urteil die Entschädigung der amtlichen Verteidigerin und der unentgeltlichen Rechtsvertreterin des Privatklägers fest, welche im Dispositiv des begründeten Urteils vom
November 2020 nacherfasst wurden (vgl. Urk. 66 S. 29, Dispositiv-Ziffer 13).
Gegen das am 12. November 2020 mündlich eröffnete Urteil (Prot. I S.
33) meldete der Privatkläger 1 am 19. November 2020 Berufung an (Urk. 52). Innert Frist liess er seine Berufungserklärung einreichen, mit der er gleichzeitig einen Beweisantrag stellte (Urk. 67).
Am 29. Januar 2021 wurde ein neuer Strafregisterauszug über den Beschuldigten eingeholt (Urk. 69). Mit Verfügung vom 3. Februar 2021 wurde der Privatkläger 1 aufgefordert, genauere Angaben zum beantragten Zeugen zu liefern und darzulegen, aus welchen Gründen er auch im Berufungsverfahren auf eine unentgeltliche Rechtsbeiständin angewiesen sei (Urk. 70). Er liess sich hierzu am 5. Februar 2021 vernehmen (Urk. 72).
Mit Verfügung vom 9. Februar 2021 wurde dem Beschuldigten, den Privatklägern 2 - 4 sowie der Staatsanwaltschaft Frist angesetzt, um zu erklären, ob Anschlussberufung erhoben wird, oder um begründet ein Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen. Gleichzeitig wurde der Staatsanwaltschaft und dem
Beschuldigten Frist angesetzt, um zum Beweisantrag des Privatklägers 1 Stellung zu nehmen, wobei die Staatsanwaltschaft obligatorisch zur Stellungnahme auf- gefordert wurde. Der Beschuldigte wurde schliesslich aufgefordert, das Daten- erfassungsblatt und mehrere spezifisch bezeichnete Urkunden zu seinen finanziellen Verhältnissen einzureichen (Urk. 74).
Die Staatsanwaltschaft erklärte am 19. Februar 2021 ihren Verzicht auf Anschlussberufung und nahm zum Beweisantrag des Privatklägers 1 Stellung (Urk. 76). Der Beschuldigte teilte mit Schreiben vom 3. März 2021 mit, dass auf eine Anschlussberufung verzichtet werde. Weiter äusserte er sich zum Beweis- antrag des Privatklägers 1 und reichte das einverlangte Datenerfassungsblatt ein (Urk. 77-79). Die Privatkläger 2-4 liessen sich nicht vernehmen.
Mit Verfügung vom 16. März 2021 wurde dem Beweisantrag des Privat- klägers 1 (nachfolgend Privatkläger) insofern entsprochen, als die Staatsanwaltschaft ersucht wurde, den von ihm bezeichneten Zeugen C.
- allenfalls mit Hilfe der Polizei - ausfindig zu machen und ihn im Erfolgsfall betreffend den Anklagesachverhalt zu Dossier 1 als Zeugen einzuvernehmen.
Am 9. Juni 2021 teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass der Zeuge C. zwischenzeitlich habe identifiziert und befragt werden können (Urk. 82). Gleichzeitig übermittelte sie die neuen Einvernahmeprotokolle (Urk. 83/1-2) und weitere mit der Beweiserhebung zusammenhängende Unterlagen (Urk. 83/1-3-8 und Urk. 84).
Am 16. Juni 2021 wurden die Akten ST.2016.26 des Bezirksgerichts Baden beigezogen (Urk. 87; Urk. 92).
Am 18. Juni 2021 wurde zur Berufungsverhandlung auf den 21. Oktober 2021 vorgeladen (Urk. 88). An den Beschuldigten ergingen zwei weitere Zustellungen, da dieser ohne Meldung ans Gericht umgezogen war (Urk. 90-91).
Am 12. Oktober 2021 wurde ein neuer Strafregisterauszug über den Beschuldigten eingeholt (Urk. 93). In Bezug auf den daraus ersichtlichen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus vom 28. Januar 2021
erfolgte ein Aktengesuch an die Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus (Urk. 95). Die diesbezüglichen Akten wurden als Urk. 101 zu den Akten genommen.
Zur Berufungsverhandlung vom 21. Oktober 2021 erschienen sind der Beschuldigte in Begleitung seiner amtlichen Verteidigerin, Rechtsanwältin lic. iur.
Y1. , und der Privatkläger A.
in Begleitung der unentgeltlichen
Privatklägervertreterin, Rechtsanwältin lic. iur. X. Verhandlung konnte ordnungsgemäss durchgeführt werden.
Umfang der Berufung
(Prot. II S. 6). Die
Die Berufung hat im Umfang der Anfechtung aufschiebende Wirkung (Art. 402 StPO). Die nicht von der Berufung erfassten Punkte erwachsen in Rechtskraft. Das Berufungsgericht überprüft somit das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten (Art. 404 Abs. 1 StPO).
Der einzig Berufung erhebende Privatkläger ficht das erstinstanzliche Urteil vom 12. November 2020 hinsichtlich dessen Dispositiv-Ziffern 2, 8 und 10 an (Urk. 67 S. 2). Die Staatsanwaltschaft und der Beschuldigte haben explizit (Urk. 76-77) und die Privatkläger 2-4 konkludent auf Anschlussberufung verzichtet.
Es ist daher davon Vormerk zu nehmen, dass das vorinstanzliche Urteil bezüglich Dispositiv-Ziffer 1 (Schuldspruch), teilweise bezüglich Ziffer 8 (Schadenersatzbegehren der Privatkläger 2-3), Ziffer 9 (Schadenersatzforderung der Privatklägerin 4), Ziffern 11-16 (Kosten- und Entschädigungen), in Rechtskraft erwachsen sind, vorab festzustellen ist (Art. 399 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 402 und 437 StPO). Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das erstinstanzliche Urteil (Urk. 66) vor dem Eintritt der Verfolgungsverjährung der Übertretung gemäss Dossier 3 erging (Art. 109 StGB i.V.m. Art. 97 Abs. 3 StGB).
Im übrigen Umfang steht der angefochtene Entscheid im Rahmen des Berufungsverfahrens unter Vorbehalt des Verschlechterungsverbotes gesamthaft
zur Disposition, von Amtes wegen auch die Regelung der Sanktion und des Vollzugs (Dispositiv-Ziffern 4-7) als Folge des Berufungsantrags auf Schuldspruch betreffend einfache Körperverletzung (Art. 391 Abs. 2 StPO).
Strafantrag
Die Vorinstanz hat zutreffend festgestellt, dass der hier zur Beurteilung der Tat erforderliche Strafantrag vorliegt (Urk. 66 S. 7 i.V.m. Urk. D1/4).
Beweisanträge
Dem Beweisantrag des Privatklägers vom 28. Januar 2021 (Urk. 67) wurde wie dargelegt entsprochen. Weitere Beweisanträge wurden nicht gestellt.
Unentgeltliche Rechtsvertretung des Privatklägers
Der Privatkläger hat in seiner Eingabe vom 5. Februar 2021 aufforderungsgemäss (Urk. 70) und hinreichend dargelegt, wieso er weiterhin einer unentgeltlichen Rechtsvertretung bedarf (Urk. 72 S. 2 f.), weshalb von einem Entzug derselben abzusehen ist.
Hinweise
Bereits an dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass sich die urteilende Instanz nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen muss (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; BGE 139 IV 179 E. 2.2; BGE 138 IV 81 E. 2.2, je mit Hinweisen). Die
Berufungsinstanz kann sich somit auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken.
Soweit für die tatsächliche und die rechtliche Würdigung des angeklagten Sachverhaltes auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen wird, so erfolgt dies in Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO, auch ohne dass dies jeweils explizit Erwähnung findet.
Ausgangslage
Gemäss Anklageschrift vom 30. Juli 2020 (Urk. 22 B), Dossier 1, soll es am 4. September 2017, ca. 17:20 Uhr, bei der VBZ-Haltestelle D. -strasse/E. -strasse, F. -strasse , Zürich, zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Beschuldigten und dem Privatkläger gekommen sein. Der Privatkläger habe damals seinen auf einer Sitzbank an der VBZ Haltestelle sitzenden entfernten Bekannten «C. » angesprochen und ihn nach CHF
30.00 gefragt, welche C. ihm offenbar geschuldet habe. C. habe darauf geantwortet, dass der Privatkläger ihm von einem RAV-Besuch her CHF
200.00 schulde. Daraufhin sei der Beschuldigte, welcher neben «C. » auf der Sitzbank gesessen habe, aufgestanden und auf den Privatkläger los gegangen. Der Beschuldigte habe ihm gesagt, dass dies Ehrenschulden seien, und habe begonnen, auf den Privatkläger einzuschlagen.
Konkret habe der Beschuldigte mehrmals mit der Faust von hinten über den Kopf des Privatklägers und gegen dessen Hand geschlagen, welche der Privat- kläger schützend vor sein Gesicht gehalten habe. C. habe den Beschuldigten schliesslich zurückziehen können, und der Beschuldigte habe in der Folge fluchtartig den Tatort verlassen, als die Polizei hinzu gekommen sei.
Der Privatkläger habe durch die verschiedenen Schläge eine Erschütterung des Kopfes, eine Schürfung über dem linken Auge und einen Bluterguss über dem linken Jochbein sowie einen Bruch des Zeigefingers der rechten Hand erlitten, welche Verletzungsfolge der Beschuldigte gewollt oder zumindest billigend in Kauf genommen habe.
Die Vorinstanz sprach den Beschuldigten, der seine Täterschaft von Beginn weg (Urk. D1/6/1-3 und Prot. I S. 12 ff.) und bis heute (Urk. 107 S. 5 f.) bestritten hat, nach dem Grundsatz in dubio pro reo frei (Urk. 66 S. 16). Der Privatkläger hält an seinen Belastungen fest und verlangt mit seiner Berufung, der Beschuldigte sei der einfachen Körperverletzung schuldig zu sprechen (Urk. 67 S. 2, Urk. 108 S. 2).
Allgemeines zur Sachverhaltserstellung und Beweiswürdigung
Die Vorinstanz hat die Grundlagen der Beweiswürdigung korrekt dargelegt (Urk. 66 S.8). Im Sinne einer Zusammenfassung und teilweisen Ergänzung ist mit Bezug auf die nachfolgend vorzunehmende Beweiswürdigung festzuhalten, dass gemäss der aus Art. 8 und 32 Abs. 1 BV fliessenden und in Art.
6 Ziff. 2 EMRK verankerten Maxime in dubio pro reo bis zum gesetzlichen Nachweis der Schuld eines Angeklagten zu vermuten ist, dass dieser einer strafbaren Handlung nicht schuldig ist (Art. 10 Abs. 1 StPO).
Stützt sich die Beweisführung auf die Aussagen von Beteiligten, so sind diese frei zu würdigen (Art. 10 Abs. 2 StPO). Es ist anhand sämtlicher Umstände, die sich aus dem gesamten Verfahren ergeben, zu untersuchen, welche Sach- darstellung überzeugend ist, wobei es vorwiegend auf den inneren Gehalt der Aussagen ankommt, verbunden mit der Art und Weise, wie die Angaben erfolgen. Bei der Würdigung von Aussagen darf nicht einfach auf die Persönlichkeit oder allgemeine Glaubwürdigkeit von Aussagenden abgestellt werden. Massgebend ist vielmehr die Glaubhaftigkeit der konkreten, im Prozess relevanten Aussagen. Dieser Ansatz wurde vom Bundesgericht gerade neulich im Urteil 6B_323/2021 vom 11. August 2021, E. 2.3.3., bestätigt: Das Konzept einer 'allgemeinen Glaubwürdigkeit' wird in der Aussagepsychologie als wenig brauchbar bewertet. Der allgemeinen Glaubwürdigkeit eines Zeugen im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft kommt nach heutiger Erkenntnis bei der Würdigung von Zeugenaussagen daher kaum mehr relevante Bedeutung zu. Weitaus bedeutender für die Wahrheitsfindung als die allgemeine Glaubwürdigkeit ist die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage. Dabei wird die konkrete Aussage durch methodische Analyse ihres Inhalts (Vorhandensein von Realitätskriterien, Fehlen von Fantasiesignalen) darauf überprüft, ob die auf ein bestimmtes Geschehen bezogenen Angaben einem tatsächlichen Erleben der befragten Person entspringen (BGE 133 I 33 E. 4.3; Urteile 6B_257/2020 vom 24. Juni 2021 E.
5.4.3; 5A_550/2019 vom 1. September 2020 E. 9.1.3.1; je mit Hinweisen). Entscheidend für den Beweiswert einer Zeugenaussage ist daher die Glaubhaftigkeit der konkreten Zeugenaussage. Das für die Zeugenaussage
Gesagte kann auf die Aussagenwürdigung generell übertragen werden, mithin auch auf die Aussagen der Auskunftspersonen und Beschuldigten.
Konkrete Beweiswürdigung
Was die relevanten Beweismittel zur Erstellung des im Berufungsverfahren noch zu beurteilenden Vorwurfs gemäss Dossier 1 betrifft, so hat die Vorinstanz die damals vorhandenen Beweismittel zutreffend und vollständig aufgeführt (Urk. 66 S. 9). Sie stützte sich bei der Beurteilung auf die Aussagen des Privatklägers und des Beschuldigten, je in der polizeilichen und der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme sowie anlässlich der Hauptverhandlung (Urk. D1/7/1, act. D1/7/3 und Prot. I S. 9 ff. betreffend den Privatkläger und Urk. D1/6/1-3 und Prot. I S. 12 ff. betreffend den Beschuldigten). Sodann liegen ein ärztlicher Befund des Stadtspitals Waid Zürich vom 31. August 2018 über die Verletzungen des Privatklägers (Urk. D1/9/4) sowie Polizei-Fotos über dessen Verletzungen vor (Urk. D1/5).
Im Rahmen ihrer Würdigung wies die Vorinstanz darauf hin, dass der Privatkläger das Geschehen über die drei Einvernahmen hinweg mehrheitlich konstant und widerspruchsfrei geschildert habe (Urk. 66 S. 14 f.). Allerdings sagte der Privatkläger bereits bei der Polizei unterschiedlich aus, was den Beschuldigten betrifft. So behauptete er einerseits, [ ] ich kenne ihn vom 'Sufen' und 'Pöbeln'. Ich hatte ein halbes Jahr mit ihm zu tun (Urk. D1/7/1, F/A 15). Später meinte er auf den Vorhalt, dass der Beschuldigte ihn offenbar nicht kenne: Das ist gut möglich. Ich kenne ihn auch nicht. Er kennt mich nur vom Sehen her (Urk. D1/7/1, F/A 36). Sodann sagte er, er habe noch nie etwas mit ihm gehabt (Urk. D1/7/1, F/A 39). Bei der ersten staatsanwaltschaftlichen Einvernahme behauptete der Privatkläger wiederum über den Beschuldigten: Ich kenne ihn nicht einmal. Ich kannte ihn nicht, bis das passierte. Ich sah ihn einfach immer auf der Strasse rumsaufen. Er ist Alkoholiker (Urk. D1/7/3, F/A 6). Zusätzlich erwähnte er, dass der Beschuldigte ihn mal angemacht habe wegen seiner Ray- Ban-Brille, indem dieser ihm gesagt habe, man könne auch mit einer normalen Brille rumlaufen, man müsse keine Ray-Ban-Brille haben (Urk. D1/7/3, F/A 12). Bis zum Vorfall habe er nichts mit ihm zu tun gehabt (Urk. D1/7/3, F/A 13). Diese
Aussagen bewegen sich hinsichtlich der Beziehung zum Beschuldigten doch in einer rechten Bandbreite, zudem sind sie mit einer gewissen Widersprüchlichkeit behaftet.
Die Vorinstanz hob dann zu Recht hervor, dass der Privatkläger eine gewisse Unsicherheit bei der Wiedererkennung des Beschuldigten auf dem Fotobogen gezeigt habe. Er habe selbst mehrfach ausgeführt, dass der Beschuldigte der Person auf dem Foto nicht in allen Gesichtsmerkmalen gleiche. Dies zeigt sich deutlich in der ersten Einvernahme bei der Polizei (Urk. D1/7/1, F/A 22-24, 3437-38, 40). Dass er wiederholt von einem Beschuldigten namens Guntensmann spreche, begründe weitere Zweifel, ob der Privatkläger wirklich die vorliegend beschuldigte Person meine. Der Beschuldigte selber sagte zu seinem Namen: Man kennt mich an der E. -strasse. Ich bin unter dem
Namen G.
bekannt. Es gibt nur sehr wenige Leute, welche meinen
Vornamen H. kennen. Unter meinem Familiennamen B. kennt mich an der E. -strasse niemand. Jene Leute, welche meinen vollständigen Namen kennen, verkehren nicht an der E. -strasse (Urk. D1/6/1, F/A 10). Die Aussagen des Privatklägers zur Bodycam der Polizei erachtete die Vorinstanz sodann als realitätsfremd. Der Vorinstanz ist insoweit beizupflichten, auch was das mögliche Motiv des Beschuldigten betrifft (a.a.O., S. 14 ff.). Etwas zu relativieren ist die Einschätzung der Vorinstanz, wenn sie es als nicht sehr lebensnah erachtete, wenn der Privatkläger dem Beschuldigten vorwerfe, ohne begründeten Anlass derart heftig und andauernd auf ihn eingeschlagen zu haben (a.a.O., S. 14 f.). Ein entsprechendes Ereignis erscheint gerade in Anbetracht der eigenen Zustandsbeschreibung der involvierten Personen und an gegebener Örtlichkeit (auf der Gasse, im einschlägig bekannten Bereich D. - strasse/E. -strasse im Zürcher Kreis ) gerade nicht ausgeschlossen. So beschrieb der Privatkläger den damaligen Gemütszustand des Beschuldigten bei der Staatsanwaltschaft wie folgt: Besoffen, und zwar hageldicht. Er hatte noch eine Dose Tequilabier, so heisst es glaube ich, von denen hatte er noch 4 bei sich und schlürfte diese. Als er davonrennen musste, konnte er die Dosen nicht mehr mitnehmen, die nahm dann ein anderer. Die Polizei war so schnell da (Urk. D1/7/3, F/A 31). Die starke Angetrunkenheit des Beschuldigten bestätigte der
Privatkläger im Rahmen der Beweisergänzung wie folgt: Er war stock besoffen. Es hat drei Bierdosen am Boden (Urk. 83/2, F/A 4). Damit liegen jedenfalls genügend Anhaltspunkte für mögliche Beeinträchtigungen der Impulskontrolle einerseits, aber auch für eine möglicherweise reduzierte Wahrnehmungsfähigkeit allenthalben vor. Unberücksichtigt liess die Vorinstanz, dass der Privatkläger bei der zweiten Einvernahme im Zusammenhang mit dieser Attacke plötzlich noch eine weitere Person ins Spiel brachte: Jetzt kommt mir in den Sinn, da war einer; der hatte so ein Teppichmesser in der Hand bzw. in einer Tasche hatte er drei oder vier Stück davon und wedelte vor den Augen von Herrn B. rum. Dass er das nehmen solle zum schneiden (Urk. D1/7/3, F/A 47). Dieser nachgelieferte Aspekt der Auseinandersetzung stellt eine bemerkenswerte Komplikation im Handlungsablauf dar. Er beinhaltet eine weitere Eskalationsstufe durch die personelle Überzahl und die zusätzliche Gefährdung durch einen Messereinsatz. Dass der Beschuldigte diesen erst und nur in der zweiten Einvernahme erwähnte, lässt an der Wahrhaftigkeit zweifeln und spricht zudem für eine Dramatisierungstendenz. Im Ergebnis ist der Vorinstanz aber auf jeden Fall zuzustimmen, dass auf der Basis dieser Belastungen - der Zeuge C. wurde erst später einvernommen - sich ein Schuldspruch nicht rechtfertigen liess.
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass dem Privatkläger gleich nach dem Vorfall seitens der Polizei offenbar Fotos gezeigt wurden, wobei er auf einem dieser Bilder den flüchtigen Täter zu erkennen glaubte, und damit der vorliegend Beschuldigte fortan als solcher in den Rapporten aufgeführt wurde (Urk. D1/7/3). Wer dem Privatkläger welche Fotos und weshalb gezeigt hat, geht aus den Rapporten der Stadtpolizei Zürich nicht hervor. Auch kannte der Privatkläger, wie er in der polizeilichen Befragung vom 17. Oktober 2018 angab (Urk. D1/7/1 S. 3), den Namen des Beschuldigten nicht. Die ursprüngliche Identifikation des Täters basiert damit bereits auf sehr schwammigen Grundlagen. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Privatkläger das Gesicht des Beschuldigten auf dem - wie erwähnt - gezeigten Foto der Polizei derart eingeprägt hat, sodass er bei der Wahlbildkonfrontation am 17. Oktober 2018 (Urk. D1/7/1 F/A 23) den mutmasslichen Täter nicht mehr unvoreingenommen und in freier Erinnerung an den Vorfall selbst bezeichnen konnte. Dass der
Privatkläger den Täter, welcher ihn mehrmals mit der Faust von hinten über den Kopf und gegen die Hand geschlagen haben soll, während er die Letztere schützend vor sein Gesicht gehalten haben will, überhaupt richtig gesehen hat - zumal dieser nach dem Angriff fluchtartig den Tatort verlassen habe -, ist ebenfalls fraglich.
Betreffend den Beschuldigten wies die Vorinstanz zu Recht darauf hin, dass dieser wohl mit dem angeklagten Vorfall nichts zu tun haben wollte, eigenes Fehlverhalten andernorts aber durchaus einräumte (Urk. 66 S. 15 f.). Dies führte denn auch zum Schuldspruch in den übrigen angeklagten Punkten (Urk. 66, Dispositiv Ziff. 1). Soweit er allerdings zu Dossier 1 konstant aussagte, handelte es sich im Wesentlichen um Bestreitungen, namentlich seiner Täterschaft. Diese Widerspruchsfreiheit liegt da in der Natur der Sache und lässt seine Aussagen nicht glaubhafter erscheinen. Im Übrigen waren seine Depositionen bisweilen lückenhaft und pauschal (Ich erinnere mich an alle Auseinandersetzungen, welche ich gehabt habe Urk. D1/6/3, F/A 4). Zudem wollte er zur eigens gelieferten Motivlage des Privatklägers, einem Racheakt, zunächst keine weiteren Angaben machen (Urk. D1/6/3, F/A 5). Später sprach er immerhin von einem Herrn I. (Urk. D1/6/3, F/A 13). Die Aussagen blieben insgesamt diffus, so dass richtigerweise auch nicht ohne weiteres von deren Richtigkeit ausgegangen werden konnte und diese den Beschuldigten ganz entlasteten (Urk. 66 S. 15 f.).
Dass der Privatkläger die angeführten Verletzungen erlitten hat, war nicht strittig und ist durch den Arztbericht belegt (Urk. D1/9/4). Allerdings trifft auch zu, dass sich daraus keine Täterschaft des Beschuldigten ergibt (Urk. 66 S. 14 ff.).
3.3. Es stellt sich nun die Frage, ob die neu erhobenen Beweise und die Ergebnisse der Berufungsverhandlung an der Einschätzung der Vorinstanz etwas zu ändern vermögen. Neu zu berücksichtigen und in die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind vorweg die Aussagen des zwischenzeitlich eruierten C. , identifiziert als C. . Dieser wurde am 9. Juni 2021 parteiöffentlich von der Staatsanwaltschaft als Zeuge befragt (Urk. 83/1). Sodann liegen weitere
Aussagen des Privatklägers hierzu vor (Urk. 83/2). Der Beschuldigte verzichtete im Rahmen der ergänzenden Beweiserhebung offenbar auf eine Teilnahme, wohingegen seine Verteidigerin den Einvernahmen bei der Staatsanwaltschaft beiwohnte (Urk. 83/1 S. 1; Urk. 83/2 S. 1).
erklärte zu Beginn der Einvernahme vom 9. Juni 2021 als
Zeuge (Urk. 83/1), er kenne den Beschuldigten wahrscheinlich nur vom Sehen her, er kenne so viele Leute nur vom Sehen. Auf Vorhalt des Fotobogens zur Personenidentifizierung (Urk. D1/7/2), welcher ein Bild des Beschuldigten zeigt, sagte er: Mit ihm habe ich schon immer Streit gehabt (a.a.O., F/A 8). Den Privatkläger kenne er auch nur vom Sehen her. Auf die Frage, ob er vor dieser Einvernahme mal mit dem Beschuldigten oder Privatkläger Kontakt gehabt habe, erwiderte er, der Privatkläger habe ihm mal gesagt, dass er ihn als Zeuge wolle. Er habe ihn gefragt weshalb, er habe ja nur versucht ihm zu helfen (a.a.O., F/A 9- 12). Den Beschuldigten kenne er von der Gasse, wobei man nicht Kennen sagen könne, [ ] er hat einfach immer nur ein grosses Maul gehabt und nichts dahinter. Er ging immer auf die Schwächeren los (a.a.O., 14-15). Auf die Frage, wann er den Beschuldigten zum letzten Mal gesehen habe, antwortete er: Nein, das ist viel zu lange her (a.a.O., 16). Auch den Privatkläger kenne er von der Gasse, [ ] vom Sehen her was ist das ungefähr. Ca. 3 Jahre. Ich bin mir aber nicht sicher. Ich kenn ihn schon eine Zeitlang (a.a.O., F/A 17-18). Die Frage, wann er den Privatkläger zum letzten Mal gesehen habe, beantwortete er mit Nein (a.a.O., F/A 19), und auf die Frage, wie oft er und der Privatkläger Kontakt hätten, mit [ ] er hat mich angerufen und ein- bis zweimal hat er noch mit mir gesprochen (a.a.O., F/A 20). Das sei schon länger her, er sei nicht mehr so oft dort vorne (a.a.O., F/A 21).
Zur Sache befragt, ob er sich an einen Vorfall zwischen dem Beschuldigten und dem Privatkläger am 4. September 2017, um ca. 17:20 Uhr, an der VBZ-Haltestelle D. --/E. -strasse, an der F. -strasse in Zürich erinnern könne, sagte der Zeuge umgehend: Ich weiss, dass ich dazwischen gegangen bin. Ich wollte ihn davon abhalten. Ich weiss nicht, ob es geklappt hat. Ich habe ca. 10-15 Minuten mit diesem Typ gesprochen (a.a.O.,
F/A 22). Auf die Frage, was aus seiner Sicht an diesem Tag genau passiert sei,
antwortete der Zeuge C. : A.
war es nicht. Der Andere hat ihn
angegriffen. Ich ging deshalb dazwischen (a.a.O., F/A 23). Zuerst habe er (der Beschuldigte) ihn (den Privatkläger) verbal angegriffen und nachher habe er ihn schlagen wollen, [ ] ich ging dazwischen und habe weitergesprochen (a.a.O., F/A 24). Er wisse nicht, um was es bei dieser verbalen Sache gegangen sei. Er vermochte auch nicht zu beschreiben, wie der Andere auf A. losgegangen sei, [ ] ich ging einfach dazwischen. Ich hatte schon einen zuviel (a.a.O., F/A 24-26). Von sich aus hatte er nichts anzufügen, [ ] das ist viel zu lange her. Mein Gehirn ist nicht mehr so gut (a.a.O., F/A 27).
Auf den Vorhalt, dass der Beschuldigte in der Folge auf den Privatkläger losgegangen sein soll, mutmasste der Zeuge, [ ] dort bin ich wahrscheinlich dazwischen gegangen (a.a.O., F/A 30). Ob der Beschuldigte den Privatkläger geschlagen habe, vermochte er nicht zu sagen: Das weiss ich nicht mehr. Es kann schon sein. Aus irgendeinem Grund ging ich ja dazwischen (a.a.O., F/A 31). Ob der Privatkläger verletzt war, wusste er nicht mehr, ebenso wenig, ob sich der Privatkläger gewehrt hat (a.a.O., F/A 32-33). Auf Vorhalt, dass der Privatkläger angebe, vom Beschuldigten mindestens 15-20 Mal geschlagen worden zu sein, antwortete der Zeuge, das wisse er nicht mehr. Auf weiteren Vorhalt betreffend Ehrenschulden, gab der Zeuge zu Protokoll: Das weiss ich nicht mehr. Das ist alles zu lange her für mich (a.a.O, F/A 34-35). Zur Aussage des Privatklägers, wonach er - der Zeuge - schliesslich den Beschuldigten zurückgezogen haben soll, als dieser auf den Privatkläger eingeschlagen habe, meinte der Zeuge: Ja, aus irgendeinem Grund bin ich ja dazwischen. (a.a.O., F/A 36). Auf Frage der Staatsanwaltschaft, ob er sicher sei, dass es sich beim damaligen Täter um den heutigen Beschuldigten gehandelt habe, gab der Zeuge zu Protokoll: Der hat immer 'Puff' auf der Gasse gemacht. Er ging auf Frauen los und alles. Er ging immer nur auf die Schwächeren (a.a.O., F/A 37). Auf nochmaliges Nachfragen, ob er sicher sei, dass es bei diesem Vorfall auch der Beschuldigte gewesen sei, bejaht er dies (a.a.O., F/A 38). Seinen damaligen Zustand beschrieb er so: Ich war besoffen. Sonst hätte ich das wahrscheinlich gar nicht gemacht. So unüberlegt (F/A 39). Das bedeute, sich einzumischen
(a.a.O., F/A 40). Er finde es einfach unfair, wenn man auf Schwächere losgehe. Es sei logisch, wenn andere jeweils noch mitmachten (a.a.O., F/A 39-40). Wie der Zustand des Beschuldigten gewesen sei, wisse er nicht. Er vermute, dieser habe Sugar oder so etwas intus gehabt. Oder Cola oder gemischt. Wie der Zustand des Privatklägers an diesem Tag gewesen sei, wisse er nicht mehr (a.a.O., F/A 41-42). Auf Ergänzungsfrage der Verteidigung, wie er damals dazwischen gegangen sei, sagte der Zeuge: Zuerst gesprochen. Viel gesprochen. Wahrscheinlich geschrien. Keine Ahnung. Ich spreche immer zuerst bevor ich schlage. Ich lasse mich zuerst schlagen (a.a.O., F/A 44). Wie viele Personen beim Streit involviert gewesen seien und ob einer der beteiligten Personen Hosenträger getragen habe, vermochte er nicht zu sagen (a.a.O., F/A 45-46).
3.5. Der Privatkläger wurde im Anschluss an die Einvernahme des Zeugen
C.
nochmals als Auskunftsperson befragt (Urk. 83/2). Im Rahmen einer
ersten Stellungnahme sagte er, das mit dem Sugar und Cola sei falsch. Der Beschuldigte sei stark besoffen gewesen. Es habe drei Bierdosen am Boden gehabt. Er selber sei aus dem J. gekommen (a.a.O., F/A 4). Das mit den Hosenträgern sei auch nicht richtig. Das seien wie amerikanische Hosen, so zerrissene Jeans, so Latzhosen gewesen. Er habe nie etwas von Hosenträgern gesagt (a.a.O., F/A 5). Auf die Frage, ob er zu den Aussagen des Zeugen etwas zu ergänzen habe, sagte der Privatkläger: Nein. Er kann sich einfach ein bisschen wenig an solche Sachen erinnern (a.a.O., F/A 6). Er selber könne sich noch an die Situation erinnern, wie wenn es gestern gewesen wäre, [ ] ich hatte nur zwei Stangen getrunken im Restaurant J. . Danach wollte ich nach Hause gehen (a.a.O., F/A 7).
Die Analyse der Aussagen ergibt was folgt: Aus den Aussagen des Privatklägers ergeben sich keine wesentlichen Neuigkeiten, ausser dass er in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 20. November 2019 effektiv von Hosenträgern sprach, an denen C. den Beschuldigen zurückgezogen haben soll (Urk. D1/7/3, F/A 21). Dieser Widerspruch wurde damit nicht aufgelöst.
Bezüglich des Vorgehens der befragenden Staatsanwaltschaft ist
festzuhalten, dass auch diese bei der Einvernahme des Zeugen C.
alles
andere als professionell vorging. Anstatt den Zeugen zu Beginn zu fragen, ob er sich an den Vorfall vom 4. September 2017 erinnere, wurde gefragt, in welcher Beziehung er zum Beschuldigten B. stehe (Urk. 83/1, F/A 7). Und statt eine Wahlbildkonfrontation durchzuführen, resp. den Zeugen nach dem Aussehen des Täters zu fragen, wurde dem Zeugen direkt ein Foto des Beschuldigten vorgelegt (a.a.O., F/A 8). Damit stand der Beschuldigte aus Sicht des Zeugen bereits als solcher fest; eine klare Identifikation durch den Zeugen war nicht mehr möglich, was auch von der Verteidigung moniert wird (Urk. 111 S. 4).
Der Zeuge C. sagte auf Vorhalt des anklagegegenständlichen Vorwurfs aus, er wisse, dass er dazwischen gegangen sei. Ebenso bestätigte er zweimal, dass es sich beim Angreifer um den Beschuldigten gehandelt habe - dies aber wie erwähnt, nachdem der Beschuldigte ihm als solcher genannt resp. gezeigt wurde. Damit liegen zwar klare Aussagen vor. Im Übrigen vermochte sich der Zeuge aber an sehr wenig zu erinnern, was selbst der Privatkläger konstatierte (vgl. Urk. 83/2, F/A 6). Er war ausserstande, den Grund des Streites zu nennen, in dem er ja selber einen Part als angeblicher Schuldner oder eben Gläubiger gespielt haben oder gar dessen Ursache gewesen sein soll. Er war nicht in der Lage genauer darzulegen, wie er dazwischen gegangen sein will. Zwar soll er 10-15 Minuten mit diesem Typ gesprochen haben, aber an Konkretes vermochte er sich nicht zu erinnern, obwohl es sich doch um eine Konversation von einiger Länge gehandelt hätte. Mit seiner Schilderung, zuerst gesprochen, viel gesprochen, wahrscheinlich geschrien, keine Ahnung bringt er seine eigene Mutmassung zum Ausdruck. Seine Depositionen bleiben auch andernorts vage. So gab er mehrmals zu Protokoll, aus einem Grunde sei er ja dazwischen gegangen, ohne diesen jedoch benennen zu können. Zwar vermag die fehlende Erinnerung mit dem Zeitablauf und seinem Gehirn, welches nicht mehr so gut [ ] sei, erklärbar sein. Auffällig ist aber, dass der Zeuge nicht einmal sagen konnte, ob der Beschuldigte den Privatkläger überhaupt geschlagen hat. Dies erstaunt insofern, als der Privatkläger von mehreren Faustschlägen (konkret 1520 Mal, auf einer Stärkeskala von 1-10, wobei 1 schwach und stark ist, mindestens 8 [Urk. D1/7/1, F/A 28-29), bzw. sicher 20 Mal behauptete [Urk. D1/7/3, F/A 34]) gegen seinen Kopf und die Hand berichtete, was doch einen erheblichen Angriff darstellen würde, den man als Augenzeuge vor Ort gegebenenfalls wohl in Erinnerung behalten würde. Da der Zeuge ja dazwischen gegangen sein will, verwundert es auch, dass er nicht mehr weiss, ob es geklappt hat. Immerhin erlitt der Privatkläger sichtbare Verletzungen (vgl. Urk. D1/5). Solche hatte der Zeuge allerdings ebenso wenig in Erinnerung wie eine allfällige Gegenwehr bzw. Abwehr des Privatklägers. Insgesamt blieben die Aussagen des Zeugen zum ganzen Vorfall selber an der Oberfläche, blass und undifferenziert. Zudem sind sie gespickt mit Mutmassungen. Dies lässt sich auch dadurch erklären, dass er selber besoffen gewesen sein will, was auch Einfluss auf seine Merk- und Erinnerungsfähigkeit betreffend den Vorfall haben dürfte. Selbst der Privatkläger beschrieb den Zustand von C. in der ersten polizeilichen Einvernahme mit so dicht (Urk. D1/7/1, F/A 11), und auf Nachfrage, wie er das meine: Überalkoholisiert. Er ist ein Koma-Säufer (Urk. D1/7/1, F/A 12).
Allerdings fällt auf, dass der Zeuge ganz anders über die angeblich Beteiligten des Vorfalls vom 4. September 2017 berichtete. Aus seinen Aussagen ist zu schliessen, dass ihn mit dem Beschuldigten wie auch dem Privatkläger eine Art Gassenbekanntschaft verbindet. Den Beschuldigten hat er offenbar sehr lange nicht gesehen (das ist viel zu lange her). Der Privatkläger hatte ihn im Hinblick auf die Zeugenrolle kontaktiert. Offenbar war dieser im Besitz der Nummer des Zeugen und hat er noch ein- bis zweimal mit ihm gesprochen. Während der Zeuge den Beschuldigten zuerst nur vom Sehen her kennen wollte, sagte er kurz später, er habe mit dem Beschuldigten schon immer Streit gehabt. Diese zweite Aussage würde mehr als nur eine Bekanntschaft vom Sehen her implizieren, nämlich häufigere und intensivere Kontakte. Zur Person des Privatklägers sagte der Zeuge kaum etwas. Hingegen bezeichnete er den Beschuldigten sogleich als Grossmaul (grosses Maul, nichts dahinter), später als Streithahn (immer 'Puff' auf der Gasse gemacht) und jemanden, der auf Schwächere sowie Frauen und alles losgehe, womit er ihm einen streitsüchtigen
und feigen Charakterzug unterstellt. Die Erzähleigenart des Zeugen zeigt sich hier als impulsiv und farbig, zuweilen aber auch als undifferenziert und mit einem gewissen Hang zur Dramatisierung.
In der Gesamtbetrachtung sind die Aussagen des Zeugen arm an Details. Sein Aussageverhalten führte zu mehrmaligem Nachfragen, wobei der Inhalt der Antworten dann trotzdem nicht anschaulicher ausfiel. Er vermag keine Interaktionen der drei anwesenden Personen oder eigene Gesprächsinhalte wiederzugeben oder individualisierende Handlungen der Beteiligten zu beschreiben. Er konnte trotz Anwesenheit vor Ort - in der er mindestens 10 bis 15 Minuten mit dem Typen gesprochen haben will, nicht einmal bestätigen, ob es überhaupt zu einem physischen Übergriff und daraus resultierenden Verletzungen gekommen ist. Der Zeuge konnte sich weiter auch nicht an ihn betreffende Aspekte, wie das Streit auslösende Thema von Geld bzw. Geldschulden, erinnern und beschrieb seine Rolle diesbezüglich in jener eines Unbeteiligten. Dies erstaunt umso mehr, als der Privatkläger bei der Staatsanwaltschaft zu Protokoll gab, C. , der heutige Zeuge, sei voll ausgetickt, als er von diesem die Fr.
10.00 gefordert habe (Urk. D1/7/3, F/A 21). Der Zeuge selber schilderte keine eigene Betroffenheit oder eigenpsychischen Vorgänge, wie Wut oder Entrüstung. Er vermochte sodann auch nichts zum konkreten Thema Ehrenschulden zu sagen (Urk. 83/1, F/A 35), welchem Wort offenbar Trigger-Qualität zukam, indem dieser Begriff gemäss Privatkläger dann auch noch den Beschuldigten (bei Fr. 300.00) zum Austicken gebracht haben soll (Urk. D1/7/1, F/A 26).
In ihrer pauschalen Form wirken die Aussagen des Zeugen in ihrer Gesamtheit somit ungenau und qualitativ nicht hinreichend zuverlässig. Eigentliche Handlungsstränge sind kaum zu erkennen und werden auch nicht mit äusseren Umständen verflochten. Eine gewisse Aussagedichte ist jedoch unerlässlich, um einem Beschuldigten ein strafrechtlich relevantes Verhalten nachweisen zu können. Die zwar klaren Aussagen, dass der Beschuldigte der Angreifer gewesen sei, können ohne Bestätigung, dass dieser überhaupt zugeschlagen hat und ohne Validierung durch verlässliche Aussagen zum ganzen
Vorfall den rechtsgenügenden Beweis für die Täterschaft des Beschuldigten nicht zu erbringen.
Weitere Indizien, die für sich genommen oder in der Gesamtheit genügend beweisbildend sein könnten, liegen nicht vor. Jedenfalls ergeben sich nach Würdigung der Aussagen der Beteiligten, des Zeugen und des übrigen Beweisfundaments nicht bloss theoretische Zweifel, dass sich der Anklagesach- verhalt mit einer Täterschaft des Beschuldigten tatsächlich verwirklicht hat. Der Sachverhalt lässt sich damit nicht rechtsgenügend erstellen. Bei diesem Beweis- ergebnis ist der Beschuldigte in Nachachtung des Grundsatzes in dubio pro reo vom Vorwurf der einfachen Körperverletzung freizusprechen.
Die vorinstanzlichen Schuldsprüche betreffend mehrfachen Hausfriedensbruch im Sinne von Art. 186 StGB, Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB, Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB sowie geringfügigen Diebstahl im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 172ter Abs. 1 StGB sind in Rechtskraft erwachsen (vgl. Erw. II.1.).
Der Privatkläger ist mit Bezug auf den Strafpunkt nicht berechtigt zu plädieren und Anträge zu stellen. Für den Fall eines Freispruchs betreffend den Vorwurf der einfachen Körperverletzung wurde die Strafzumessung weder von der Staatsanwaltschaft noch vom Beschuldigten angefochten. Die Strafzumessung durch die Vorinstanz ist denn auch nicht zu beanstanden (in Urk. 66 S. 18 Ziff. 3.1. liegt ein offensichtliches Versehen vor in der drittletzten Zeile: zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren Geldstrafe verurteilte ). Die unangefochten gebliebenen Sanktionen (inkl. Rückversetzung) samt Vollzugsregelung können allerdings zufolge einer zwischenzeitlich neu ergangenen Verurteilung nicht so bestätigt werden (Urk. 93 S. 3, Urk. 98).
So hat sich aus dem am 12. Oktober 2021 eingeholten Strafregisterauszug ergeben, dass der Beschuldigte zwischenzeitlich mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus vom 28. Januar 2021 des
geringfügigen Diebstahls, des Hausfriedensbruchs, der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie der Hinderung einer Amtshandlung schuldig gesprochen und mit einer Freiheitsstrafe von vier Monaten und einer Busse von Fr. 120.00 bestraft wurde. Die Freiheitsstrafe wurde zugunsten der laufenden [stationären] Massnahme aufgeschoben. Die ersten beiden Delikte hat er am 30. Juli 2020 begangen, die letzten zwei am 9. November 2020 (Urk. 93 S. 3).
Die Ausgangslage präsentiert sich heute wie folgt:
Aus dem neuen Strafbefehl entnimmt man nichts bezüglich Rückversetzung (Urk. 93 S. 2, Urk. 98). Diese Thematik ist folglich unverändert (vgl. Urk. 66 S. 16 f.): Der Beschuldigte wurde innerhalb der Probezeit der bedingten Entlassung wieder straffällig, woraus eine Reststrafe von 99 Tagen resultiert (Urk. D1/14/8 und Urk. D1/14/10; Urk. 93 S. 2). Es ist daher die entsprechende Rückversetzung anzuordnen.
Den Hausfriedensbruch gemäss Dossier 2 hat der Beschuldigte am
30. Juli 2018 und damit vor dem Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 15. August 2018 begangen. Es rechtfertigt sich aus den von der Vorinstanz dargelegten Gründen hierfür eine Freiheitsstrafe auszufällen (Urk. 66 S. 22). Diesbezüglich liegt somit eine teilweise retrospektive Konkurrenz zum genannten Urteil des Bezirksgerichts Baden vor.
Die Sachbeschädigung gemäss Dossier 6, begangen am 8. August 2019 und von der Vorinstanz zu Recht als schwerstes der verbleibenden und mit Freiheitsstrafe zu sanktionierendes Delikt qualifiziert (Urk. 66 S. 19), sowie die Hausfriedensbrüche, begangen am 18. August 2018 (Dossier 3), am 25. April
2019 (Dossier 4) und am 7. Januar 2020 (Dossier 7), die mit Blick auf den Strafzweck ebenfalls mit Freiheitsstrafe zu sanktionieren sind (vgl. hierzu treffend Urk. 66 S. 21), erfolgten zwischen den letzten zwei Verurteilungen.
Für die Hinderung einer Amtshandlung, hier begangen am 9. August 2019 (Dossier 5), sieht das Gesetz nur eine Geldstrafe bis 30 Tagessätze vor (Art. 286 Abs. 1 StGB). Die Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus hatte zwar
auch eine Hinderung einer Amtshandlung zu sanktionieren, dafür aber offenbar eine Freiheitsstrafe festgelegt (Urk. 93 S. 3, Urk. 98). Die Geldstrafe ist mangels Gleichartigkeit mit den anderen Sanktionen kumulativ auszusprechen.
Schliesslich ist die Busse bezüglich des geringfügigen Diebstahls, be- gangen am 18. August 2018 (Dossier 3), separat aufzuerlegen.
Die von der Vorinstanz ermittelte Zusatzstrafe von 10 Tagen für den vor dem Urteil vom 15. August 2018 begangenen Hausfriedensbruch (Dossier 2) erscheint aus den dort angeführten Gründen als angemessen (vgl. Urk. 66 S. 22).
Weiter hat die Vorinstanz für die Sachbeschädigung (Dossier 6) und die Hausfriedensbrüche (Dossier 3, 4 und 7) unter Darlegung der konkreten Tat- und Täterkomponenten eine unabhängige Gesamtstrafe von 60 Tagen ermittelt (Urk. 66 S. 22). An dieser im Übrigen weder von der Staatsanwaltschaft noch vom Beschuldigten beanstandeten Gewichtung ist grundsätzlich festzuhalten. Allerdings ist diese Strafe für die genannten Delikte - ausgehend von der neuen Grundstrafe vom 28. Januar 2021 - nunmehr als Zusatzstrafe zu dieser auszugestalten, weshalb sie zufolge Asperation grundsätzlich tiefer auszufallen hat (vgl. Urk. 93 S. 3; BGer 6B_192/2020 vom 19. August 2020, E. 2.4.). Es kann jedoch nicht angehen, dass der Beschuldigte von einer günstigeren Strafe profitiert, weil er zusätzlich weitere Delikte begangen hat. Hierzu gleich nachfolgend in Ziffer 5.3.
Zu berücksichtigten ist noch der Strafrest von 99 Tagen. Die Vorinstanz fällte von 70 Tagen plus Reststrafe von 99 Tagen (total 169 Tage = 5 Monate und
19 Tage) eine Gesamtstrafe von nur vier Monaten aus (Urk. 66 S. 22). Der Einschlag fiel dabei eindeutig zu gross aus. Angesichts des Verbots der reformatio in peius kann daran aber nichts mehr geändert werden. Hingegen ist vorliegend wie vorstehend unter Ziffer 5.2. dargelegt, davon abzusehen, eine tiefere Strafe aufgrund der Bildung einer Gesamtstrafe mit dem Strafbefehl vom
28. Januar 2021 der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus auszufällen. Damit bleibt es bei der von der Vorinstanz ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 4 Monaten als Gesamtstrafe (wovon 1 Tag durch Haft erstanden ist), teilweise als
Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 15. August 2018 und teilweise als Zusatzstrafe zum Strafbefehl vom 28. Januar 2021 der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus.
Es besteht kein Anlass, von der von der Vorinstanz festgelegten und hier nicht angefochtenen Geldstrafe abzuweichen (Urk. 66 S. 23 f.). Gleiches gilt für die von der Vorinstanz ausgefällte Busse in der Höhe von Fr. 100.- (ebd.).
Der Beschuldigte ist daher unter Einbezug des Strafrestes von 99 Tagen mit einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten als Gesamtstrafe (wovon 1 Tag durch Haft erstanden ist), teilweise als Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 15. August 2018 und teilweise als Zusatzstrafe zum Strafbefehl vom 28. Januar 2021 der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus, und mit einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 30.- sowie mit einer Busse von Fr. 100.- zu bestrafen.
6. Betreffend Vollzug kann auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 66 S. 24 f.): Mangels anderer Anhaltspunkte ist der Vollzug der Freiheitsstrafe zugunsten der mit Urteil des Bezirksgerichts Baden, Strafgericht, vom 15. August 2018 angeordneten stationären Massnahme im Sinne von Art. 60 Abs. 1 StGB aufzuschieben. Der Vollzug der Geldstrafe wurde nicht beanstandet (Urk. 66 S. 25) und ist entsprechend anzuordnen. Die Busse ist von Gesetzes wegen zu vollziehen. Praxisgemäss ist die Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der schuldhaften Nichtbezahlung auf einen Tag festzusetzen.
Die Vorinstanz hat die Genugtuungsforderung des Privatklägers zufolge Freispruchs abgewiesen. Die Schadenersatzforderung hat sie auf den Zivilweg verwiesen (Urk. 66 S. 25).
Mit der Berufung beantragt der Privatkläger, es sei über seinen Schadenersatz- und Genugtuungsanspruch zu entscheiden (Urk. 67 S. 2). Wie im erstinstanzlichen Verfahren wird eine Genugtuung von Fr. 2'000.00, zuzüglich 5% Zins seit dem 4. September 2017, sowie Schadenersatz (für den
Krankenwagen) in der Höhe von Fr. 583.00 beantragt, eventualiter eine Schadenersatzpflicht dem Grundsatz nach (Urk. 108 S. 2).
Gestützt auf das vorstehende Ergebnis zum Schuldpunkt und da in diesem Adhäsionsprozess die Dispositionsmaxime gilt, hat es bei der erstinstanzlichen Regelung sein Bewenden.
Wie eingangs erwähnt, wurde das erstinstanzliche Kostendispositiv (Dispositiv-Ziff. 13-16) nicht angefochten. Auch die mit Nachtragsverfügungen festgelegten Entschädigungen der amtlichen Verteidigung (Urk. 50) und der unentgeltlichen Rechtvertretung (Urk. 54) wurden akzeptiert.
Der Privatkläger unterliegt mit seinen Anträgen vollumfänglich. Er wird damit grundsätzlich kostenpflichtig.
Die Kosten der unentgeltlichen Verbeiständung des Privatklägers sind ihm daher aufzuerlegen, aber einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Rückzahlungspflicht bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO i.V.m. Art. 138 Abs. 1 StPO vorbehalten (vgl. dazu OGer ZH SB190421 vom 26. November 2020).
Anders sieht es aus mit Bezug auf die Kosten der amtlichen Verteidigung: Gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO kann ausschliesslich die zu den Verfahrenskosten verurteilte beschuldigte Person zur Rückzahlung der Entschädigung der amtlichen Verteidigung verpflichtet werden. Mangels einer geeigneten gesetzlichen Grundlage besteht bei einem (vollständigen oder teilweisen) Freispruch der beschuldigten Person keine entsprechende Rückzahlungspflicht der Privatklägerschaft. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung ist in diesem Fall vom Staat zu tragen (vgl. BGE 145 IV 90 = Pra 108 [2019] Nr. 114).
Der mit Kostennote vom 21. Oktober 2021 (Urk. 112) geltend gemachte Aufwand (inkl. Barauslagen) der amtlichen Verteidigerin erscheint angemessen und steht im Einklang mit den Ansätzen der Anwaltsgebührenverordnung. Nach Berücksichtigung des effektiven Zeitaufwands für die Berufungsverhandlung und
die Nachbesprechung ist Rechtsanwältin lic. iur. Y1.
für ihre Tätigkeit als
amtliche Verteidigerin im Berufungsverfahren mit gerundet Fr. 5'200.- zu entschädigen.
Die unentgeltliche Vertreterin des Privatklägers ist ebenfalls aus der Gerichtskasse zu entschädigen (Art. 138 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 135 Abs. 1 StPO sowie § 2 ff. AnwGebV). Der mit Kostennote vom 21. Oktober 2021 (Urk. 110) geltend gemachte Vertretungsaufwand erscheint angemessen. Rechtsanwältin
lic. iur. X.
ist, ebenfalls unter Berücksichtigung der tatsächlich aufgewendeten Zeit für die Berufungsverhandlung, für ihre Tätigkeit als unentgeltliche Rechtsvertreterin des Privatklägers im Berufungsverfahren mit gerundet Fr. 5'550.- zu entschädigen.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, Einzelgericht, vom 12. November 2020 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte ist schuldig
des mehrfachen Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB,
der Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB,
der Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB, sowie
des geringfügigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB in Verbindung mit Art. 172 ter Abs. 1 StGB.
2.-7. [ ]
Die Schadenersatzbegehren der Privatkläger [ ] 2-3 werden auf den Zivilweg ver- wiesen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin 4 Schadenersatz in der Höhe von Fr. 897.05 zu bezahlen, im Mehrbetrag wird das Schadenersatzbegehren auf den Zivilweg verwiesen.
[ ]
Über die Höhe der Kosten der amtlichen Verteidigung wird mit separater Verfügung entschieden.
Über die Höhe der Kosten der unentgeltlichen Rechtsvertretung des Privatklägers 1 wird mit separater Verfügung entschieden.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 1'500.00; die weiteren Kosten betragen: Fr. 1'600.00 Gebühr für das Vorverfahren
Fr. 300.00 Auslagen Stadtspital Waid (Arztbericht etc.) Fr. 20.00 Auslagen Polizei (Fotos)
Fr. 1'273.95 ehemaliger amtlicher Verteidiger RA lic. iur. Y2.
Fr. 8'727.45 amtliche Verteidigung
Fr. 7'940.25 unentgeltliche Rechtsvertretung Privatkläger 1 Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung sowie der unentgeltlichen Rechtsvertretung des Privatklägers 1, werden dem Beschuldigten zur Hälfte auferlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO im Umfang der Hälfte.
Die Kosten der unentgeltlichen Rechtsvertretung des Privatklägers 1 werden auf die Gerichtskasse genommen.
(Mitteilungen)
(Rechtsmittel)
2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Vom Vorwurf der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 StGB wird der Beschuldigte freigesprochen.
Die mit Entscheid des Amts für Justizvollzug des Kantons Zürich vom
26. April 2018 bzw. 11. Mai 2018 verfügte bedingte Entlassung wird widerrufen. Der Beschuldigte wird in den Vollzug der noch ausstehenden Reststrafe von 99 Tagen Freiheitsstrafe rückversetzt.
Der Beschuldigte wird unter Einbezug des Strafrestes von 99 Tagen gemäss Ziff. 2 mit einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten als Gesamtstrafe (wovon 1 Tag durch Haft erstanden ist), teilweise als Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 15. August 2018 und teilweise als Zusatzstrafe zum Strafbefehl vom 28. Januar 2021 der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus, und mit einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 30.- sowie mit einer Busse von Fr. 100.- bestraft.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird zugunsten der mit Urteil des Bezirks- gerichts Baden, Strafgericht, vom 15. August 2018 angeordneten stationären Massnahme im Sinne von Art. 60 Abs. 1 StGB aufgeschoben.
Die Geldstrafe wird vollzogen.
Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag.
Das Schadenersatzbegehren des Privatklägers 1 wird auf den Zivilweg verwiesen.
Das Genugtuungsbegehren des Privatklägers 1 wird abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 3'000.- ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 5'200.- amtliche Verteidigung
Fr. 5'550.- unentgeltliche Verbeiständung Privatkläger 1
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Staatskasse ge- nommen.
Die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens, einschliesslich derjenigen der unentgeltlichen Verbeiständung des Privatklägers 1, werden dem Privat- kläger 1 auferlegt. Die Kosten der unentgeltlichen Verbeiständung des Privatklägers 1 werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO und Art. 138 Abs. 1 StPO vorbehalten.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl
die Vertretung des Privatklägers 1 im Doppel für sich und den Privatkläger 1 (übergeben)
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste
sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl
die Vertretung des Privatklägers 1 im Doppel für sich und den Privatkläger 1
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste dreifach für sich sowie für das Amt für Justizvollzug des Kantons Aargau und die Amtsstelle Justizvollzug des Kantons Glarus
die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A und Formular B
die Kantonspolizei Zürich, KDM-ZD, mit separatem Schreiben gemäss
§ 54 PolG
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Straf- sachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundes- gerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichts- gesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 21. Oktober 2021
Der Präsident:
lic. iur. R. Naef
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. S. Kümin Grell
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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