Zusammenfassung des Urteils SB190110: Obergericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, hat am 11. Juli 2019 ein Urteil in einem Fall von Veruntreuung gefällt. Die Beschuldigte A. wurde für schuldig befunden und zu 20 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, wovon 2 Tage durch Haft erstanden sind. Der Vollzug der Strafe wurde aufgeschoben und eine Probezeit von 2 Jahren festgesetzt. Die Beschuldigte muss Schadenersatz in Höhe von Fr. 133'090.- an die Privatklägerin zahlen. Die Gerichtskosten wurden auf Fr. 4'500.00 festgesetzt. Die Kosten der Untersuchung und des Verfahrens wurden der Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung wurden vorerst von der Gerichtskasse übernommen, können aber später von der Beschuldigten eingefordert werden. Die Beschuldigte hat das Urteil angefochten, jedoch wurde keine Strafreduktion gewährt, da sie den Vorwurf bestritten hat. Die Strafe von 20 Monaten bleibt bestehen. Die Beschuldigte muss auch den Schadensersatz an die Privatklägerin zahlen. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden der Beschuldigten auferlegt, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, die vorerst von der Gerichtskasse übernommen wurden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB190110 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 11.07.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Veruntreuung |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Beschuldigten; Verteidigung; Berufung; Urteil; Vorinstanz; Aussage; Recht; Veruntreuung; Privatklägerin; Aussagen; Safebag; Freiheitsstrafe; Staatsanwaltschaft; Höhe; Tresor; Delikt; Urteils; Dispositiv; Betrag; Diebstahl; Forderung; Schuld; Gerichtskasse; Untersuchung |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ;Art. 135 StPO ;Art. 331 StPO ;Art. 379 StPO ;Art. 386 StPO ;Art. 391 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 404 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 45 StGB ;Art. 51 StGB ;Art. 54 StGB ;Art. 82 StPO ;Art. 84 StPO ; |
Referenz BGE: | 141 IV 249; |
Kommentar: | -, Praxis, 3. A., Zürich, Art. 399 StPO, 2018 Donatsch, Hans, Hansjakob, Lieber, 2. Auflage, Zürich, Art. 399 StPO, 2014 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB190110-O/U/cwo
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. R. Naef, Präsident, lic. iur. M. Langmeier und Ersatzoberrichterin lic. iur. C. Brenn sowie der Gerichtsschreiber
lic. iur. R. Bretscher
in Sachen
A. ,
Beschuldigte und Berufungsklägerin
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.
gegen
Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis,
vertreten durch Leitende Staatsanwältin lic. iur. C. Wiederkehr,
Anklägerin und Berufungsbeklagte betreffend Veruntreuung
Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Dietikon vom 12. September 2018 (DG180022)
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis vom 14. Mai 2018 (Urk. 22) ist diesem Urteil beigeheftet.
(Urk. 35 S. 21 ff.)
Es wird erkannt:
Die Beschuldigte ist schuldig der Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.
Die Beschuldigte wird bestraft mit 20 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 2 Tage durch Haft erstanden sind.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis vom 12. März 2018 beschlagnahmte Barschaft von Fr. 1'215.65, eingebucht bei der Bezirksgerichtskasse Dietikon, wird definitiv beschlagnahmt und zur Deckung der Verfahrenskosten verwendet.
Die Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin Schadenersatz von Fr. 133'090.zu bezahlen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 4'500.00 ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 2'100.00 Gebühr Vorverfahren
Fr. 719.40 Auslagen für das medizinische Gutachten betr.
Hafterstehungsfähigkeit
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Rechtsanwalt Dr. iur. X. wird für seine Aufwendungen als amtlicher Verteidiger der Beschuldigten aus der Gerichtskasse mit Fr. 5'000.- (inkl. Barauslagen und 8 % bzw. 7.7 % MwSt.) entschädigt.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens (ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung) werden der Beschuldigten auferlegt.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
(Mitteilung)
(Rechtsmittel)
(Prot. II S. 3)
Der Verteidigung der Beschuldigten: (Urk. 36 S. 1; Prot. II S. 13)
Die Beschuldigte sei mit einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Monat zu bestrafen, unter Anrechnung der Untersuchungshaft.
Die Zivilforderung der Privatklägerin sei auf den Zivilweg zu verweisen.
Unter Kostenund Entschädigungsfolge.
Der Staatsanwaltschaft: (Urk. 41 S. 1; schriftlich)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils
Mit dem eingangs im Dispositiv zitierten Urteil vom 12. September 2018 wur-
de die Beschuldigte A.
vom Bezirksgericht Dietikon wegen Veruntreuung
schuldig gesprochen und mit 20 Monaten bedingter Freiheitsstrafe bestraft. Gleichzeitig wurde sie zur Leistung von Schadenersatz an die Privatklägerin im Betrag von Fr. 133'090.verpflichtet (Urk. 35 S. 21 ff.). Gegen das mündlich er- öffnete Urteil (Prot. I S. 37 ff.) liess die Beschuldigte innert Frist Berufung anmelden (Urk. 30). Nach Zustellung des begründeten Urteils am 7. Februar 2019 (Urk. 34/2) reichte die Verteidigung innert Frist die Berufungserklärung ein (Urk. 36). Mit Präsidialverfügung vom 12. März 2019 wurde die Berufungserklärung der Beschuldigten der Privatklägerin sowie der Staatsanwaltschaft zugestellt und Frist zur Erklärung der Anschlussberufung angesetzt (Urk. 39). Am 18. März 2019 erklärte die Staatsanwaltschaft, auf Anschlussberufung zu verzichten und die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils zu beantragen (Urk. 41). Die Privatklägerin liess sich nicht vernehmen.
Die Beschuldigte liess mit ihrer Berufungserklärung vom 27. Februar 2019 das vorinstanzliche Urteil nur hinsichtlich der Dispositiv-Ziffern 2 (Sanktionspunkt) und 5 (Zivilforderung der Privatklägerin) anfechten (Urk. 36). Als mitangefochten gilt damit auch die Dispositiv-Ziffer 3 (Vollzug der Freiheitsstrafe), da bei Anfechtung des Strafmasses der Sanktionspunkt als Ganzes als angefochten gilt; eine Berufung kann nicht darauf beschränkt werden, nur die Strafzumessung nur (isoliert) die Frage des bedingten Vollzuges anzufechten (H UG/SCHEIDEGGER in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, StPO Kommentar, 2. Auflage, Zürich 2014, Art. 399 N 20). Anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung focht der Verteidiger neu auch die Dispositiv-Ziffer 1 des vorinstanzlichen Urteils an und beantragte einen Freispruch vom Vorwurf der Veruntreuung (Prot. II S. 4).
Gemäss Art. 399 Abs. 4 StPO ist in der Berufungserklärung verbindlich anzugeben, welche Teile des erstinstanzlichen Urteils angefochten werden. Sollen nur
einzelne Schuldoder Freisprüche angefochten werden, ist dies in der Berufungserklärung genau zu vermerken (SCHMID, Praxiskommentar, 3. A., Zürich/ St. Gallen 2018, Art. 399 StPO N 12 und 17; BSK StPO-EUGSTER, Art. 399 N 4).
Die nicht angefochtenen Urteilspunkte erwachsen sofort in Rechtskraft, weshalb eine nachträgliche Ausweitung nicht mehr möglich ist (SCHMID, a.a.O., Art. 399 N 8; HUG/SCHEIDEGGER, a.a.O., Art. 399 N 14 und Art. 404 N 2; BSK StPOEUGSTER, Art. 404 N 3). Willensmängel können nur beschränkt geltend gemacht werden und zwar analog zu Art. 386 Abs. 3 StPO (SCHMID, a.a.O., Art. 399 N 9 und Art. 386 N 7), mithin bei Vorliegen einer Straftat, einer Täuschung einer falschen behördlichen Auskunft. Auch die Bestimmung in Art. 404 Abs. 2 StPO findet hier keine Anwendung, denn diese darf nicht dazu missbraucht werden, eine nachträgliche Ausdehnung der Berufung respektive ein Rückgängigmachen der Beschränkung zu erreichen, da sie primär auf klar fehlerhafte Urteile beschränkt ist (SCHMID, a.a.O., Art. 404 N 4).
Unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind aufgrund des Gesagten die Dispositiv-Ziffer 1 (Schuldspruch), Dispositiv-Ziffer 4 (Beschlagnahme Barschaft zur Kostendeckung) sowie die Dispositiv-Ziffern 6-9 (Kostenund Entschädigungsfolgen). Dies ist im Sinne von Art. 404 Abs. 1 StPO entsprechend vorab vorzumerken. Im restlichen Umfang steht das vorinstanzliche Urteil im Rahmen des Berufungsverfahrens unter Vorbehalt des Verschlechterungsverbotes (Art. 391 Abs. 2 StPO) zur Disposition.
Anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung stellte die Verteidigung Beweisanträge. Beantragt wurde einerseits, es seien die fehlenden Fr. 133'000.- (recte: Fr. 133'090.-) gemäss Buchhaltung unter Einbezug des Sicherheitsdienstes von D. zu rekonstruieren. Andererseits sei Frau B. einzuvernehmen (Prot. II S. 5).
Einmal unabhängig davon, dass diese Beweisanträge durch die Verteidigung entgegen den gesetzlichen Anforderungen fast gänzlich ohne Begründung erfolgten (vgl. Art. 379 StPO i.V.m. Art. 331 Abs. 2 StPO), erweist sich eine Beweisergänzung auch als obsolet. Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, ist sowohl der Schaden über Fr. 133'090.als auch die Täterschaft der Beschuldigten aufgrund der
Akten mit rechtsgenügender Sicherheit erstellt. Weitere Beweisabnahmen erübrigen sich damit.
Abschliessend ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich die urteilende Instanz nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen muss (BGE 141 IV 249
E. 1.3.1 mit Hinweisen). Die Berufungsinstanz kann sich somit auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken.
Die Beschuldigte hat zwar den Schuldspruch betreffend Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB wie gesehen mit ihrer Berufungserklärung nicht angefochten, weshalb dieser in Rechtskraft erwachsen ist. Hingegen machte die Beschuldigte abweichend von ihren bisherigen Zugeständnissen heute geltend, dass sie das gesamte von ihr entnommene Geld wieder ausgeglichen habe (Urk. 50 S. 6 ff.). Sie bestreitet den ihr vorgeworfenen Sachverhalt damit in wesentlichen Teilen. Gemäss Praxis des Bundesgerichts ist die beschuldigte Person in solchen Fällen nicht etwa gezwungen, auch den Schuldpunkt anzufechten; vielmehr hat das Berufungsgericht seine Prüfung auf jene Punkte des Urteils auszudehnen, die in engem Zusammenhang mit der angefochtenen Strafhöhe stehen (Urteil des Bundesgerichts 6B_1167/2015 vom 25. August 2016 E. 1.3.). Da die Höhe des Deliktsbetrags die Strafzumessung zweifellos zu beeinflussen vermag, ist dieser daher im Folgenden zu klären.
Was die Vorinstanz zu den massgebenden Grundsätzen der Sachverhaltserstellung, den Beweiswürdigungsregeln (dabei insbesondere zur Aussagewür- digung) sowie den verfügbaren Beweismitteln ausführt (Urk. 35 S. 3 ff.), ist nicht zu beanstanden. Darauf kann verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO). Die Verteidigung wendete in diesem Zusammenhang ein, die bei den Akten liegenden Memos könnten nicht als Grundlage für eine Verurteilung dienen, da diese zu wenig aussagekräftig seien (Prot. II S. 7 f.). Wie auch schon die Vorinstanz hierzu richtig festgehalten hat, stellen diese keine Urkunden im materiellrechtlichen Sinn dar, sind aber im prozessrechtlichen Sinne durchaus Beweismittel, welche der
freien gerichtlichen Würdigung unterliegen (vgl. Art. 10 Abs. 2 StPO; Urk. 35
S. 10). Es spricht deshalb nichts gegen eine Verwertung der Memos im Rahmen der Beweiswürdigung.
Hinsichtlich der Erstellung der Höhe des Deliktsbetrages kann zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 35 S. 5 ff.; Art. 82 Abs. 4 StPO). Zu Recht erachtete sie die Aussagen der Beschuldigten als widersprüchlich und wenig glaubhaft, was selbst die Verteidigung konstatieren musste (Prot. I S. 25). Nicht nur machte die Beschuldigte immer wieder unterschiedliche Angaben zur Höhe der von ihr veruntreuten Einnahmen, ihre Aussagen waren auch alles andere als konstant, was den behaupteten Diebstahl aus dem Tresor sowie den Ausgleich dieses Betrags durch private Zahlungen betrifft. Auch der für die Operation ihrer Tochter benötigte Betrag fiel nicht immer gleich aus (vgl. auch Urk. 28 S. 3). So fällt insbesondere auf, dass die Beschuldigte zunächst jede Veruntreuung abstritt, dann die Wegnahme von ca. Fr. 100'000.zugab (Urk. 7/3 S. 6 und 9 F/A 26 und 40), daraufhin behauptete, es seien lediglich Fr. 30'000.gewesen (Urk. 7/5
S. 10) respektive sie sei bereit, Fr. 28'000.auf sich zu nehmen (Urk. 7/5 S. 14), und schliesslich an der Hauptverhandlung geltend machte, sie habe höchstens Fr. 30'000.bis 33'000.genommen (Prot. I S. 6), und letztlich behauptete, sie habe lediglich 3-4 Mal einen Betrag von Fr. 4'500.- (in kleineren Teilbeträgen) genommen (Prot. I S. 17), was aber maximal Fr. 18'000.entsprechen würde. Heute bestritt die Beschuldigte gar, dass am Schluss überhaupt noch ein Fehlbetrag resultiert habe. Sie habe sämtliches Geld, welches sie entnommen habe, wieder ausgeglichen (Urk. 50 S. 6 ff.). Es ist offensichtlich, dass auf solche Angaben nicht abgestellt werden kann. Mit der Vorinstanz ist auch festzuhalten, dass zu erwarten wäre, dass die Beschuldigte als Geschäftsführerin noch hätte wissen müssen, ob beim behaupteten (ersten) Diebstahl Fr. 70'000.in der Kasse fehlten nur ca. Fr. 45'000.- (Urk. 35 S. 8), ebenso, ob das Geld damals im Rahmen eines Überfalls durch einen Kunden Mitarbeiter gestohlen wurde (vgl. Urk. 7/5 S. 3), denn ein derart einschneidendes Ereignis würde man wohl nicht leicht vergessen. Lebensfremd ist es auch, dass sie sich als Geschäftsführerin respektive aus Angst vor dem Verlust ihrer Anstellung quasi dazu gezwungen
gesehen habe, den doch erheblichen Verlust zusammen mit C. aus der eigenen Tasche auszugleichen. Absolut naheliegend wäre es in einer solchen Situation vielmehr gewesen, den Sicherheitsdienst des D. und die Polizei zu informieren. Auffällig sind sodann Aussagen wie bis Ende 2016 habe ich dann kein Geld mehr genommen, nachdem sie zuvor lediglich den Diebstahl durch Unbekannt im Frühling 2016 geschildert hatte (Urk. 7/3 S. 4 F/A 14) und ausführte, sie habe erstmals im Dezember 2016 Geld für sich genommen (Urk. 7/3 S. 8 F/A 35). Der Vollständigkeit halber ist auch zu erwähnen, dass sie in der Untersuchung immerhin eine Veruntreuung in Höhe von rund Fr. 100'000.zugegeben hatte und nur ca. Fr. 30'000.bestritt, während sie heute gänzlich in Abrede stellte, dass am Schluss ein Fehlbetrag resultiert habe. Wäre ein derart hoher Deliktsbetrag nicht im Bereich des Möglichen gewesen, ist nicht einzusehen, weshalb sie diesen hätte zugeben sollen. Weiter fällt auf, dass die Beschuldigte im ganzen bisherigen Verfahren keine genauen Angaben dazu machen konnte, für was sie das entnommene Geld verwendete. Zwar erwähnte die Beschuldigte immer wieder, sie habe Geld für eine Zahn-Operation ihrer Tochter benötigt (zuletzt: Urk. 50
S. 21). Weitere konkrete Angaben konnte die Beschuldigte aber nicht machen, was indessen ohne Weiteres zu erwarten gewesen wäre.
Heute machte die Verteidigung erneut geltend, das Geständnis der Beschuldigten anlässlich der Hafteinvernahme vom 18. August 2017 sei unter Druck der Staatsanwaltschaft zustande gekommen, weshalb dieses nicht verwertbar sei (Prot. II
S. 9 ff.). Die nachgeschobene Behauptung, sie habe unter dem Druck der drohenden Untersuchungshaft einfach alles zugegeben, was man von ihr habe hören wollen (Urk. 7/5 S. 13; Prot. I S. 9 gab ich alle Delikte zu; Prot. I S. 28 ff.), überzeugt nicht. Zum einen gab sie eben gerade nicht alles zu, sondern nur einen Teilbetrag; zum andern führte sie anlässlich der fraglichen Hafteinvernahme überzeugend aus, sie fühle sich nicht nur erleichtert, dass die Polizei bei ihr vorbeigekommen sei, sondern sie sei nun auch erleichtert, dass sie alles habe erzählen können (Urk. 7/3 S. 1 und 9 F/A 2 und 43), was nicht nach einem unter dem Druck der Haft erzwungenem Geständnis klingt. Weiter fällt auf, dass das Geständnis der Beschuldigten anlässlich der Hafteinvernahme in einer Weise erfolgte, wie es nur von jemandem geschildert werden kann, der dies auch tatsächlich
erlebt hat. So machte die Beschuldigte dabei insbesondere detaillierte Angaben zum Tatvorgehen, was das Geständnis glaubhaft erscheinen lässt. Gegen ein unter Druck erzwungenes Geständnis spricht auch der Umstand, dass die Beschuldigte anlässlich der Konfrontationseinvernahme vom 5. Dezember 2017 und damit knapp vier Monate nach ihrer Hafteinvernahme eingangs erklärte, sie bleibe bei ihrem damals abgelegten Geständnis (Urk. 7/5 S. 3). Insgesamt erscheinen die bestreitenden Aussagen der Beschuldigten daher als Schutzbehauptungen.
Die Vorinstanz hat sich auch mit den Aussagen der stellvertretenden Ge-
schäftsführerin C.
auseinander gesetzt und diese als im Wesentlichen
glaubhaft erachtet (Urk. 35 S. 9 f.). Auch darauf kann verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO). Dazu ist festzuhalten, dass ihre Befragungen fälschlicherweise mit Urk. 7/4 und 7/5 akturiert (und zitiert) wurden, Urk. 7/5 aber (auch) die Konfrontationseinvernahme vom 5. Dezember 2017 ist. Im Folgenden wird die zweite polizeiliche Befragung von C. daher als Urk. 7/4a bezeichnet. Zwar finden sich
auch in den Schilderungen von C.
gewisse Widersprüche, insbesondere
was die an die Beschuldigte geleisteten Zahlungen zwecks Ausgleich des Diebstahls betrifft (Urk. 7/4a S. 2 F/A 8: Fr. 14'000.-, welche nie zurückerhalten; Urk. 7/5 S. 4: Fr. 12'000.-, wovon die Hälfte zurückerhalten; Urk. 7/5 S. 4: noch weitere Fr. 8'000.im gleichen Zeitraum, vgl. Urk. 7/7). Unklar bleibt auch, wer die Buchungen im Juni gemacht hat: C. führte mehrfach aus, sie sei im Juni gar nicht anwesend gewesen (Urk. 7/4 S. 4 F/A 23; Urk. 7/5 S. 11), während es gemäss der im Recht liegenden Aufstellung (Urk. 7/6) sie gewesen sein müsste (blaue Schrift = C. ; vgl. Prot. I S. 7). So entstand auch der Verdacht, dass sie mit der Beschuldigten gemeinsame Sache gemacht haben könnte. Das Verfahren gegen sie wurde aber eingestellt (Urk. 16). Aber selbst, wenn sie sich als Mittäterin Gehilfin am Ganzen beteiligt hätte, würde dies die Beschuldigte in keiner Weise auch nicht betragsmässig entlasten. Davon ist indes nicht auszugehen, denn C. hatte im fraglichen Zeitpunkt sehr solide finanzielle Ver-
hältnisse (Urk. 15/3), während die Familie A.
zahlreiche Pfändungen respektive Betreibungen aufwies (Urk. 14/4). Es ergäbe keinerlei Sinn, der Beschuldigten gegen Ende 2016 aus den eigenen Ersparnissen Fr. 20'000.zu übergeben, um Schwierigkeiten am Arbeitsplatz zu vermeiden, und kurz darauf an einer
Veruntreuung mitzuwirken, diese dann aber selbst dem Arbeitgeber anzuzeigen und sich damit auch selbst zu belasten. Auf die Aussagen von C. , welche auch durch die in den Akten liegenden Textnachrichten unterstützt werden (Urk. 7/2), kann daher grundsätzlich abgestellt werden.
Aufgrund der eingereichten Unterlagen (Urk. 4/2; Urk. 7/6 letzte Seite) und
der Aussagen von C.
steht fest, dass per 31. Juli 2017 ein Betrag von
Fr. 133'090.eingebucht worden war, der in einem sog. Safebag der Geldtransportfirma E. AG hätte übergeben werden sollen. Auch die Beschuldigte anerkannte in der Untersuchung, dass per 31. Juli 2017 eine Buchung über Fr. 133'000.gemacht worden, dieses Geld aber gar nicht vorhanden gewesen sei (Urk. 7/3 S. 2 F/A 7). Dass ein derartiger Bargeldsack jemals bei der E. angekommen wäre, wird von keiner Seite behauptet (vgl. Urk. 3 S. 2). Vielmehr ist aufgrund des Chatverlaufs der Beschuldigten mit C. sowie deren Aussagen davon auszugehen, dass die Beschuldigte C. angewiesen hatte zu behaupten, der gefüllte Safebag sei am 2. August 2017 noch da gewesen und danach von einem Unbekannten gestohlen worden, was aber nicht gestimmt habe; den (leeren) Safebag für den 31. Juli 2017 habe die Beschuldigte verschwinden lassen (Urk. 7/4 S. 5 f. F/A 29 und 38; Urk. 7/2). Entgegen der Ansicht der Verteidigung (Prot. I S. 27; Urk. 28 S. 2) hätte sich als negative Tatsache auch mit einem Inventar im Laden nicht beweisen lassen, dass der Safebag mit den
Fr. 133'090.- der E.
AG nicht übergeben wurde. Hingegen stellt sich mit
Fug die Frage, weshalb die Beschuldigte als Geschäftsführerin der Filiale nicht sofort selbst überprüfte, ob das fehlende Bargeld möglicherweise an einem anderen Ort z.B. in einer Kasse im Tresor aufzufinden war, wenn sie wie sie schliesslich behauptete von der Höhe des Fehlbetrags derart überrascht war. Aber offenbar unternahm sie nichts in dieser Hinsicht, obwohl sie bereits Anfang August 2017 Kenntnis vom fehlenden Geldbetrag hatte (vgl. Urk. 7/2 S. 5; Urk. 50
S. 15 f.). Wenn die Verteidigung heute sodann geltend machte, es sei nicht auszuschliessen, dass versehentlich Geld auf den Stock anstatt in die Kiste der
E.
gelegt worden sei, weshalb das Geld noch im Tresor vorhanden sein
könnte, vermag dies nur schon aufgrund der Aussagen der Beschuldigten selber nicht zu überzeugen. So behauptete diese anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung, sie habe am 11. August 2017 mit F.
im Vier-Augen-Prinzip sowohl den Tresor als auch die Hauptkasse überprüft. Es sei alles bis auf den Franken korrekt gewesen. Sie habe geschaut. Es sei aber nichts gewesen (Urk. 50
S. 6 und 16). Falls Geld aus Versehen an den falschen Ort gelegt worden wäre, so hätte dies der Beschuldigten aber auffallen müssen. Insgesamt besteht daher keinerlei Zweifel, dass der Safebag, welcher Fr. 133'090.hätte enthalten sollen, nie bestimmungsgemäss angekommen ist, weshalb der Privatklägerin ein Schaden in dieser Höhe entstanden ist.
Weiter stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Beschuldigte mit der Veruntreuung des Geldes begonnen hat. Auch hierzu machte sie widersprüchliche Aussagen. Die Anklagebehörde geht von einem Tatzeitraum von knapp 1,5 Jahren ab Frühling 2016 aus (Urk. 22 S. 2; Urk. 27 S. 8). Dies rührt mutmasslich daher, dass die Beschuldigte zunächst aussagte, es habe im Frühling 2016 einen (ersten) Diebstahl aus dem Tresor der Filiale gegeben und seit dem habe die Kasse nicht mehr gestimmt (Urk. 7/3 S. 3 f. und S. 9 F/A 8 ff. und 38 f.; respektive im Sommer 2016: Urk. 7/3 S. 2 f. F/A 7). Später hielt sie fest, wegen diesem Diebstahl habe Ende 2016 viel Geld gefehlt (Prot. I S. 8). Dieses habe sie aber mit Hilfe ihres Ehemannes und ihrer Schwiegermutter sowie von C. wieder restlos ausgleichen können. Danach habe die Kasse - Ende November 2016 wieder gestimmt (Urk. 7/5 S. 4 und 6; Prot. I S. 9 f.). Dies bestätigte die Beschuldigte anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung erneut (Urk. 50 S. 11 f.). Sie habe dann seit dem Dezember 2016 Geld für sich aus dem Tresor ge-
nommen (Urk. 7/3 S. 8 F/A 35). Auch C.
bestätigte mehrfach, man habe
den Fehlbetrag aus dem - nur behaupteten - Diebstahl im Herbst 2016 gemeinsam vollständig ausgleichen können (Urk. 7/4a S. 2 f. F/A 9 f.; Urk. 7/5 S. 5). Für diesen Zeitpunkt sprechen auch die im Recht liegenden Bankbelege betreffend
Bezüge von C.
(Urk. 7/7). Aufgrund dieser übereinstimmenden Aussagen
ist davon auszugehen, dass der Kassenbestand per Dezember 2016 wieder korrekt und kein Fehlbetrag mehr vorhanden war (vgl. auch Prot. I S. 29). Somit kann der Betrag von Fr. 133'090.erst nach diesem Zeitpunkt veruntreut worden sein, weshalb hier offen gelassen werden kann, ob im Herbst 2016 tatsächlich ein Diebstahl stattgefunden hatte wie auch C. sagt - die Beschuldigte
bereits damals Geld aus dem Tresor entwendet hatte, um persönliche Schulden zu bezahlen (Urk. 7/4a S. 4 F/A 15). Jedenfalls bilden die Ereignisse vor dem Ausgleich der Kasse damit nicht Gegenstand dieser Anklage. Dass die Beschuldigte bereits im Dezember 2016 - und nicht erst im Frühling 2017, wie sie später geltend machte - dem Tresor Geld für sich entnahm, entspricht einerseits ihrer eigenen Aussage (Urk. 7/3 S. 8 F/A 35) und wird andererseits durch die Aussagen von C. unterstützt, welche ausführte, es sei der Beschuldigten ab Anfang 2017 zunehmend schlecht gegangen (vgl. Urk. 7/4 S. 1 f. F/A 8 ff.). Die Verteidigung machte dazu auch heute wieder geltend, C. habe im März/April 2017 bemerkt, dass Geld, und zwar ca. Fr. 20'000.-, fehlten (Urk. 7/5 S. 7), weshalb die Höhe des Deliktsbetrags nicht stimmen könne, denn die Beschuldigte hätte dann in nur rund 3 Monaten über Fr. 100'000.veruntreut, was Spuren hinterlassen hätte (Urk. 28 S. 5; Prot. II S. 11). Zum einen ist dazu zu sagen, dass es keinerlei Spuren hinterlassen hätte, falls die Beschuldigte mit dem veruntreuten Geld (Spiel-)Schulden bei unbekannten Personen bezahlt hätte. Die Entnahmen betrafen Bargeld, welches bei der Verwendung eben gerade nicht zwingend einen Paper trail hinterlässt. Zum anderen bedeutet die Aussage von C. nicht, dass die Fr. 20'000.hinsichtlich der Hauptkasse fehlten, sondern ihre Schilderung betraf die fehlende respektive vergessene - Buchung einer Abschöpfung (Urk. 7/5 S. 7 f.). Diese Schilderung erklärt im Übrigen auch, weshalb nicht einfach Geld von den Kassen abgeschöpft und in die eigene Tasche gesteckt wurde, ohne dieses im System zu buchen. C. schaute sodann erstmals am 31. Juli 2017 nach, wie viel Geld gemäss Hauptkasse im letzten Safebag sein müsste (Urk. 7/5 S. 10 f.). Somit ist insgesamt davon auszugehen, dass die Beschuldigte den Fehlbetrag von Fr. 133'090.im Zeitraum von Dezember 2016 bis Ende Juli 2017 verursacht hat.
Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass die Beschuldigte in der Untersuchung den von ihr angewandten Mechanismus zur Vertuschung der Veruntreuung so wie eingeklagt eingestanden hat (Urk. 7/3 S. 6 F/A 27). Auch C. schilderte die gleiche Vorgehensweise als mutmasslichen Tatvorgang (Urk. 7/4
S. 4 und S. 8 F/A 25 und 50). Sie hatte bereits in ihrem Chat geschrieben, dass das Geld schon sehr lange fehlen müsse und es immer mehr und mehr geworden
sei (Urk. 7/2). Die Verteidigung ist der Ansicht, es sei unklar, was die zunehmend höheren Safebagbuchungen bedeuten sollen; die Buchungsbeträge müssten vielmehr sinken, wenn immer mehr Geld fehlen würde (Prot. I S. 30). Entgegen der Ansicht der Verteidigung haben diese Zahlen aber nichts mit dem Umsatz der Filiale zu tun (Prot. I S. 30). Fraglich ist nicht, ob im Juni Juli höhere Bargeldeinnahmen entstanden, sondern einzig, in welchen Tranchen dieses abge-
schöpfte Bargeld mittels Safebags an die E.
übergeben wurde. Im Monat
Juli 2017 betrugen die Bareinnahmen insgesamt rund Fr. 278'000.- (Urk. 4/2). Dieses Geld wurde im Laufe des Monats an verschiedenen Daten der E. übergeben, und zwar in Teilbeträgen von zwischen Fr. 10'000.- und Fr. 20'000.- (Urk. 4/2 S. 2). Dass dies der Regel entsprach, wurde auch von C. bestätigt (Urk. 7/4 S. 3 F/A 21). Solche Zahlungen hätten aber grundsätzlich täglich ergehen sollen, weshalb sich auch mal ein Betrag von Fr. 30'000.ergeben konnte, wenn ein paar Tage nicht gebucht wurde (Urk. 7/4 S. 4 F/A 23). Im Juli 2017 wurde indes nicht täglich ein Safebag in der genannten Höhe gebucht und an die E. übergeben, sondern nur alle paar Tage, sodass bis zum 28. Juli 2017 von den eingenommenen ca. Fr. 278'000.lediglich etwa die Hälfte des Geldes abgeliefert worden war. Dies lag offenbar grundsätzlich in der Entscheidungskompetenz der Filialleiterin. Hingegen musste das abgegebene Bargeld (nur) Ende Monat mit der Hauptkassenabrechnung übereinstimmen. Dies führte im Juli 2017 zwingend dazu, dass der Restbetrag, mithin die fehlenden Fr. 133'090.-, auf einmal gebucht und in einen Safebag hätte gelegt werden müssen (Urk. 4/2). Obwohl die Beschuldigte Ende Monat offenkundig immer länger zuwartete, bis sie den letzten Safebag mit zunehmend höheren Beträgen abgab, weil sie diesen erst mit den Einnahmen aus dem nächsten Monat füllen konnte, gelang ihr dies bei diesem letzten hohen Betrag nicht mehr innert der von ihr erwarteten Frist (vgl. Abmahnung von Anfang August 2017; Urk. 4/1 S. 2), sodass die Sache auffliegen musste. Somit erklärt die Tatsache, dass die letzte Safebagbuchung des Monats stetig und auf ein absolut unübliches Niveau anstieg (Urk. 4/1 S. 1), sodass C. sogar grössere Safebags bestellen musste, um das Geld unterzubringen (Urk 7/2 S. 1; Urk. 7/4 S. 5 F/A 31), das von der Beschuldigten angewandte Schneeballsystem ohne weiteres. Wäre es immer nur um den Ausgleich von ca.
Fr. 30'000.gegangen, wie sie geltend machte (Urk. 7/5 S. 11), wären wohl keine grösseren Säcke nötig gewesen. Ausserdem wäre damit auch nicht erklärt, weshalb man mit der Abgabe eines derart grossen Anteils der monatlichen Bareinnahmen bis zur letzten Buchung zuwartete. Schliesslich ist auch der Versuch, den Verdacht auf Drittpersonen zu lenken, zum Scheitern verurteilt. Die Vorinstanz hat das Notwendige dazu gesagt (Urk. 35 S. 11 ff.). Anlässlich der Hauptverhandlung machte die Beschuldigte sinngemäss geltend, die Täterin könnte möglicherweise Frau G. sein, welcher mittlerweile gekündigt worden sei, weil sie Geld gestohlen habe (Prot. I S. 13). Frau G. verfügte als Springerin zwar zeitweise auch über einen Schlüssel zum Tresor (Prot. I S. 15; Urk. 7/1 S. 3 f. F/A 28), ge-
kündigt wurde aber offenbar vielmehr B.
(Urk. 7/5 S. 12), welche gerade
nicht Zugang zum Schlüssel zum Tresor hatte (vgl. Urk. 7/2 S. 6). In diesem Zusammenhang erweisen sich die Aussagen der Beschuldigten erneut als widersprüchlich. So sagte die Beschuldigte entgegen ihrer Darstellung vor Vorinstanz, wonach sie ihren eigenen Schlüssel nicht weitergegeben habe (Prot. I S. 15), anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung aus, sie habe ihren Schlüssel per-
sönlich B.
übergeben (Urk. 50 S. 9 und 17). Diese Aussagen sind als
Schutzbehauptungen zu qualifizieren und unglaubhaft. Jedenfalls war dem Verteidiger der Beschuldigten der Name dieser Person bereits im April 2018 bekannt (Urk. 12/11). Auch hier versucht die Beschuldigte somit offenkundig, die Schuld auf Unbeteiligte abzuschieben. Ausserdem kann ein Diebstahl des gesamten Geldbetrags aufgrund sämtlicher Umstände mit der Vorinstanz ausgeschlossen werden.
Damit ist der eingeklagte Sachverhalt und damit auch der Schadensbetrag in der Höhe von Fr. 133'090.erstellt, wobei indes von einer Tatbegehung ab Dezember 2016 auszugehen ist.
Was das anwendbare Recht sowie die relevanten Strafzumessungskriterien betrifft, kann vollumfänglich auf die korrekten Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO; Urk. 35 S. 15 ff.). Zu betonen ist, dass die Beschuldigte entgegen der Ansicht der Verteidigung (Prot. II S. 13) - durchaus
raffiniert vorging und einen erheblichen Deliktsbetrag erwirkte. Zwar sind noch wesentlich schwerere Fälle einer Veruntreuung, so insbesondere viel höhere Deliktsbeträge, ohne Weiteres denkbar. Allerdings betrug dieser im vorliegenden Fall immerhin Fr. 133'090.-, was bei weitem nicht mehr als Bagatellbetrag bezeichnet werden kann. Sodann zeigte die Beschuldigte ein durchaus geplantes Vorgehen, indem sie vergangene Geldentnahmen mit den aktuellen Einnahmen verschleierte. Auch wenn der Tatzeitraum nicht 1,5 Jahre, sondern rund 8 Monate betrug, ändert dies nichts am Verschulden der Beschuldigten. Mit der Vorinstanz ist festzuhalten, dass dem Delikt der Veruntreuung inhärent ist, dass dem Täter Vertrauen entgegen gebracht wird (Urk. 35 S. 17). Richtig ist es deshalb, wenn die Verteidigung vorbringt, der Treuebruch sei ein Tatbestandsmerkmal der Veruntreuung (Prot. II S. 12). Allerdings war die Beschuldigte für die Privatklägerin auch nicht einfach eine unbekannte Person, sondern seit ihrer Lehre für den D. und seit einiger Zeit als Geschäftsführerin der Filiale H. tätig. Diese Stellung brachte es gerade mit sich, dass sie für finanzielle Belange zuständig war. Und solange das Bargeld gemäss Hauptkasse abgeliefert wurde wenn auch teilweise ein paar Tage zu spät bestand für den D. kein Anlass zu genaueren Abklärungen (entgegen dem Vorbringen der Verteidigung in Prot. II S. 12). Sie genoss damit eine hohe Vertrauensstellung, welche sie gezielt auszunutzen wusste. Schliesslich ist nicht unerwähnt zu lassen, dass die Beschuldigte mit ihrem Verhalten C. in die Sache hineinzog und diese damit in den Fokus der Strafverfolgungsbehörden rückte. In subjektiver Hinsicht ist zu beachten, dass die Beschuldigte aus rein egoistischen Motiven delinquierte, um der Familie neben ihrem doch beachtlichen Lohn - die Beschuldigte verdiente gemäss eigenen Angaben zuletzt immerhin Fr. 5'600.- netto pro Monat (Urk. 50 S. 2) ein Zusatzeinkommen zu ermöglichen und von ihr selbst verschuldete Schulden zu bezahlen. Der behaupteten Operation ihrer Tochter im Betrag von Fr. 3'000.- (oder eben Fr. 4'500.-) kommt angesichts der Höhe des Deliktsbetrags ohnehin keine grosse Bedeutung zu. Mit der Vorinstanz ist daher von einem nicht mehr leichten Verschulden auszugehen.
Veruntreuung stellt ein Verbrechen, mithin per se bereits eine erhebliche Straftat, dar. Bei einem Strafrahmen von bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe und ei-
nem nicht mehr leichten Verschulden ging die Vorinstanz zu Recht von einer Einsatzstrafe von 22 Monaten Freiheitsstrafe aus (Urk. 35 S. 17). Dass die Vorinstanz für das damals noch vorliegende - nicht eben konstante - Teilgeständnis der Beschuldigten eine Strafreduktion von immerhin zwei Monaten, mithin rund 10%, vornahm, wäre nicht zu beanstanden gewesen, auch wenn an sich keine aufrichtige Einsicht der Beschuldigten auszumachen war (Urk. 35 S. 18 i.V.m. Prot. I S. 35). Heute bestritt die Beschuldigte indessen wie gesehen - den ihr gemachten Vorwurf vollumfänglich (Urk. 50 S. 6 ff.), weshalb zum heutigen Zeitpunkt der Beschuldigten diesbezüglich keine Strafreduktion mehr gewährt werden kann. Insoweit die Verteidigung auch heute wieder (Prot. II S. 13) eine Strafempfindlichkeit der Beschuldigten geltend machen will, weil diese kleine Kinder zu betreuen habe, so ist sie (statt vieler) auf das Urteil des Bundesgerichts 6B_243/2016 vom 8. September 2016 hinzuweisen, wonach eine erhöhte Strafempfindlichkeit nur bei aussergewöhnlichen Umständen zu bejahen ist und bei bloss bedingten Strafen ohnehin nicht in Frage kommt. Kommt noch hinzu, dass die Kinder der Beschuldigten im Zeitpunkt ihrer Delinquenz bereits geboren waren, weshalb sie auch im Wissen darum delinquierte und damit die Konsequenzen bewusst in Kauf nahm. Wenn die Verteidigung weiter geltend machte, die Beschuldigte sei durch die zivilrechtlichen Massnahmen der Privatklägerin betroffen, was in der Strafzumessung berücksichtigt werden müsse (Prot. II S. 12), so verfängt dies ebenfalls nicht. Vorab festzuhalten ist, dass gemäss ständiger Rechtsprechung der Verlust der Arbeitsstelle als nicht unmittelbare Folge im Sinne von Art. 54 StGB gilt (BSK StGB I-RIKLIN, Art. 54 N 35). Eine Anwendung dieser Norm kommt demnach nicht in Frage. Sodann können sich zwar ausserstrafrechtliche Sanktionen, wie z.B. der von der Verteidigung angeführte Führerausweisentzug (Prot. II S. 12), die als Folge der Straftat verhängt werden und die die beschuldigte Person zusätzlich erheblich belasten, unter Umständen strafmindernd auswirken. Verlangt ist jedoch, dass die fraglichen Sanktionen einen eigentlichen Strafcharakter aufweisen, wobei die Eingriffsintensität eine Rolle spielt (MATHYS, Leitfaden Strafzumessung, 2016, N 281). Die von der Privatklägerin ergriffenen Massnahmen weisen keinen strafrechtlichen, sondern arbeitsrechtlichen Charakter auf. Sie wurden aufgrund des zerstörten Vertrauensverhältnisses zwischen
Arbeitgeberin und Arbeitnehmerin ergriffen und erfolgten unabhängig vom Strafverfahren. Kommt noch hinzu, dass die Beschuldigte relativ zeitnah eine neue Stelle in vergleichbarer Funktion als Abteilungsleiterin in der I. gefunden hat (Urk. 50 S. 2). Eine Strafminderung ist auch unter diesem Gesichtspunkt deshalb nicht angezeigt. Weitere relevante Strafzumessungskriterien liegen nicht vor.
Zwar würde sich heute vor dem Hintergrund, dass sich die Beschuldigte bezüglich des ihr gemachten Vorwurfs nicht mehr geständig zeigt, auch eine 20 Monate übersteigende Strafe nicht als unangemessen erweisen. Aufgrund des Verschlechterungsverbots (Art. 391 Abs. 2 StPO) hat es aber mit einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten sein Bewenden. Daran anzurechnen ist die erstandene Haft von 2 Tagen (Art. 51 StGB).
Hinsichtlich der Zivilforderungen der Privatklägerin D. Genossenschaft kann vollumfänglich auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO; Urk. 35 S. 20 f.). Nachdem der bestrittene Deliktsbetrag von Fr. 133'090.sachverhaltsmässig erstellt ist (vgl. oben Ziff. 2), erübrigen sich Weiterungen und ist die Beschuldigte auch heute zu verpflichten, der Privatklägerin D. diesen Schaden zu ersetzen.
Im Berufungsverfahren erfolgt die Kostenauflage im Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Beschuldigte unterliegt mit ihren Anträgen vollumfänglich. Damit sind auch die zweitinstanzlichen Kosten mit Ausnahme der Entschädigung der Verteidigung vollumfänglich der Beschuldigten aufzuerlegen. Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 3'000.festzusetzen.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind angesichts der schlechten finanziellen Verhältnisse der Beschuldigten wie bereits vor Vorinstanz einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Allerdings können sie von der Beschuldigten in einem späteren Zeitpunkt eingefordert werden, falls sich ihre wirtschaftlichen Ver-
hältnisse entsprechend verbessern sollten (= Nachforderungsvorbehalt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO).
Aufgrund der von der Verteidigung eingereichten Honorarnote (Urk. 49) sowie unter Berücksichtigung des heute zusätzlich angefallenen Aufwandes und des Aufwandes für das Stadium des begründeten Urteils erscheint es angemessen, die Verteidigung pauschal mit Fr. 3'000.- (inkl. Barauslagen und MwSt.) aus der Gerichtskasse zu entschädigen. Dabei gilt es präzisierend anzumerken, dass die Verteidigung für den Weg an die heutige Berufungsverhandlung lediglich pauschal mit 60 Minuten zu entschädigen ist (vgl. Leitfaden amtliche Mandate der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, 3. Auflage, 2016, S. 54).
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Dietikon vom
12. September 2018 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:
1. Die Beschuldigte ist schuldig der Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.
2. ( )
3. ( )
4. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis vom 12. März 2018 beschlagnahmte Barschaft von Fr. 1'215.65, eingebucht bei der Bezirksgerichtskasse Dietikon, wird definitiv beschlagnahmt und zur Deckung der Verfahrenskosten verwendet.
5. ( )
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 4'500.00 ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 2'100.00 Gebühr Vorverfahren
Fr. 719.40 Auslagen für das medizinische Gutachten betr.
Hafterstehungsfähigkeit
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Rechtsanwalt Dr. iur. X. wird für seine Aufwendungen als amtlicher Verteidiger der Beschuldigten aus der Gerichtskasse mit Fr. 5'000.- (inkl. Barauslagen und 8 % bzw. 7,7 % MwSt.) entschädigt.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens (ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung) werden der Beschuldigten auferlegt.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
10.-11. ( )
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Die Beschuldigte A. wird bestraft mit 20 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 2 Tage durch Haft erstanden sind.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Die Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin D. schaft Schadenersatz von Fr. 133'090.zu bezahlen.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'000.00 ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 3'000.00 amtliche Verteidigung
Genossen-
Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, werden der Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht der Beschuldigten bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden der Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis
die Vertretung der Privatklägerin im Doppel für sich und die Privatklägerschaft
(Eine begründete Urteilsausfertigung gemäss Art. 84 Abs. 4 StPO wird den Privatklägern nur zugestellt, sofern sie dies innert 10 Tagen nach Erhalt des Dispositivs verlangen.)
sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden der Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A
die KOST Zürich mittels Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials.
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung
des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 11. Juli 2019
Der Präsident:
lic. iur. R. Naef
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. R. Bretscher
Zur Beachtung:
Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:
Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vorerst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.
Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),
wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen Vergehen begeht,
wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht die Weisungen missachtet.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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