Zusammenfassung des Urteils SB190064: Obergericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 20. August 2019 in einem Fall von Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte entschieden. Der Beschuldigte wurde schuldig gesprochen und mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je Fr. 40.- belegt. Die Gerichtskosten wurden auf Fr. 1'200.- festgesetzt. Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland hatte die Bestätigung des Urteils beantragt. Der Beschuldigte hatte Berufung eingelegt, jedoch wurden seine Anträge abgelehnt. Der Richter war Oberrichter lic. iur. Spiess.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB190064 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 20.08.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte etc. |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Beschuldigten; Berufung; Vorinstanz; Polizist; Polizisten; Aussage; Urteil; Polizei; Sachverhalt; Beamte; Berufungsverhandlung; Aussagen; Geldstrafe; Kontrolle; Verfahren; Staatsanwalt; Recht; Polizeibeamte; Staatsanwaltschaft; Behörden; Probezeit; Polizeibeamten; Verhalten; Gewalt; Drohung; Verfahrens; Würdigung |
Rechtsnorm: | Art. 126 StGB ;Art. 285 StGB ;Art. 286 StGB ;Art. 401 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 437 StPO ;Art. 45 StGB ;Art. 47 StGB ;Art. 82 StPO ;Art. 99 SVG ; |
Referenz BGE: | 117 IV 14; 133 I 33; 134 IV 189; 138 IV 81; 141 IV 249; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB190064-O/U/cs
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, Oberrichterin lic. iur. Haus und Ersatzoberrichterin lic. iur. Jeker sowie Gerichtsschreiber lic. iur. Samokec
Urteil vom 20. August 2019
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
gegen
Anklägerin und Berufungsbeklagte
betreffend Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte etc.
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 30. April 2018 (Urk. 11) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
Der Beschuldigte ist schuldig
der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB
der Widerhandlung gegen Art. 99 Ziff. 3 bis SVG.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 40.- (entsprechend Fr. 2'400.-) sowie mit einer Busse von Fr. 200.-.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt. Die Busse ist zu bezahlen.
Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 1'200.-; die weiteren Auslagen betragen: Fr. 1'300.- Gebühr für die Strafuntersuchung
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Wird auf eine schriftliche Begründung des Urteils verzichtet, so reduziert sich die Entscheidgebühr um einen Drittel.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.
Berufungsanträge:
Des Beschuldigten: (Urk. 36, sinngemäss)
Der Beschuldigte sei von Schuld und Strafe freizusprechen und ihm Schadenersatz in der Höhe von Fr. 10'000.auszurichten. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Staatskasse.
Der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland: (Urk. 41, schriftlich)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Erwägungen:
Zum Verfahrensgang bis zum vorinstanzlichen Urteil kann zwecks Vermeidung von unnötigen Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 35 S. 4 f.; Art. 82 Abs. 4 StPO).
Am 3. November 2018 meldete der Beschuldigte zunächst Berufung gegen das vorinstanzliche Urteil an (Urk. 28). Ohne das begründete Urteil abzuwarten, erklärte er nur wenige Tage später Berufung am hiesigen Gericht, welche am
6. November 2018 einging, indessen vom 7. November 2018 datiert (Urk. 36). Das begründete Urteil der Vorinstanz wurde dem Beschuldigten in der Folge am
31. Januar 2019 zugestellt (Urk. 34). Nachdem es sich beim Beschuldigten um einen nicht anwaltlich vertretenen, juristischen Laien handelt, wurde seine verfrühte Eingabe von der hiesigen Kammer als Berufungserklärung entgegengenommen (Urk. 39 S. 2).
Mit Präsidialverfügung vom 28. Februar 2019 (Urk. 39) wurde die Berufungserklärung in Anwendung von Art. 400 Abs. 2 und 3 sowie Art. 401 StPO der Staatsanwaltschaft zugestellt, um gegebenenfalls Anschlussberufung zu erheben ein Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen.
Die Staatsanwaltschaft beantragte die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils und verzichtete darauf, Beweisanträge zu stellen (Urk. 41).
Am 13. März 2019 wurde auf den 3. Mai 2019 zur Berufungsverhandlung vorgeladen (Urk. 43). Am 23. April 2019 ersuchte der Beschuldigte telefonisch um Verschiebung der Berufungsverhandlung vom 3. Mai 2019, da er diese aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrnehmen könne (Urk. 44). Der Beschuldigte reichte zur Bestätigung der von ihm geltend gemachten gesundheitlichen Problemen am 30. April 2019 ein Arztzeugnis ein (Urk. 45). In der Folge wurde den Parteien die Ladung abgenommen (Urk. 47) und neu auf den 20. August 2019 zur Berufungsverhandlung vorgeladen (Urk. 48).
4. An der heutigen Berufungsverhandlung, zu welcher der Beschuldigte erschienen ist, waren keine Vorfragen zu entscheiden (Prot. II S. 4). Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
Umfang der Berufung
Gemäss Art. 402 in Verbindung mit Art. 437 StPO hat die Berufung im Umfang der Anfechtung aufschiebende Wirkung und wird die Rechtskraft des angefochtenen Urteils dementsprechend gehemmt. Der Beschuldigte verlangt mit seiner Berufung einen vollumfänglichen Freispruch (Urk. 36).
Formelles
Soweit für die tatsächliche und die rechtliche Würdigung des eingeklagten Sachverhaltes auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen wird, so erfolgt dies in Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO, auch ohne dass dies jeweils explizit Erwähnung findet.
Auf die Argumente des Beschuldigten ist im Rahmen der nachstehenden Erwägungen einzugehen. Dabei muss sich die urteilende Instanz nicht mit jeder tatsächlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; BGE 139 IV E.2.2; BGE 138 IV 81 E. 2.2, je mit Hinweisen). Viel-
mehr kann sie sich auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken.
Ausgangslage
Dem Beschuldigten wird gemäss Anklageschrift vom 30. April 2018 (Urk. 11) vorgeworfen, sich am 7. November 2016 um ca. 11:50 Uhr im Rahmen einer Polizeikontrolle geweigert zu haben, Kpl B. seinen Führerausweis und seine Fahrzeugpapiere herauszugeben, obwohl er von diesem dazu aufgefordert worden war. Damit habe er zumindest billigend in Kauf genommen, die Kontrolle zu verhindern zu erschweren. Aufgrund der sich aus dieser Situation ergebenden Auseinandersetzung habe der Beschuldigte die beiden Polizisten Kpl B. und Wm C. mit beiden Händen gegen den Brustbereich gestossen und zudem Wm C. gegen das linke Schienbein getreten. Er habe dabei gewusst, dass es sich um Polizisten handelt, welche zu einer Personenkontrolle berechtigt sind. Durch sein Handeln habe der Beschuldigte zumindest eventualvorsätzlich in Kauf genommen, die Polizisten in ihrer körperlichen Unversehrtheit zu schädigen.
Anerkannter und bestrittener Sachverhalt
Der Beschuldigte räumt ein, sich geweigert zu haben, Kpl B. seinen Führerausweis und seine Fahrzeugpapiere zu zeigen, obwohl er von diesem dazu aufgefordert worden war (Urk. 3/2 S. 6f.; Prot. I S. 16; Prot. II S. 13). Dagegen bestreitet er, die beiden Polizeibeamten tätlich angegangen, beziehungsweise, sich tätlich gegen die Kontrolle gewehrt zu haben (Urk. 3/2 S. 3; Prot. I S. 12ff.; Prot. II
S. 14 f.). Er führt aus, dass die Polizisten ihm auch einfach eine Busse hätten schicken können, da sein Nummernschild klar erkennbar und er damit identifizierbar war. Es sei nicht notwendig gewesen, ihn aufzuhalten und so seinen Tagesablauf derart schwer zu stören (Urk. 3/2 S. 3 und 7f.; Prot. I S. 13; Prot. II S. 10).
Grundsätze der Sachverhaltserstellung und massgebliche Beweismittel
Was die Vorinstanz zu den massgebenden Grundsätzen der Sachverhaltserstellung, den Beweiswürdigungsregeln (insbesondere zur Aussagewürdigung) sowie den verfügbaren Beweismitteln und deren Verwertbarkeit ausführt, ist nicht zu beanstanden (Urk. 35 S. 5f.). Die Vorinstanz hat sodann die Ergebnisse und den Inhalt der massgeblichen Beweismittel umfassend und richtig wiedergegeben (Urk. 35 S. 7 ff.).
Beweiswürdigung
Die Vorinstanz erachtete den zur Anklage gebrachten Sachverhalt gestützt auf die massgeblichen Beweismittel als erstellt (Urk. 35 S. 20 ff.). Es kann vorweggenommen werden, dass den vom Vorderrichter aus dem Beweismaterial gezogenen Schlüssen in Bezug auf den massgeblichen Sachverhalt vollumfänglich zu folgen ist. Ausführlich und zutreffend hat dieser insbesondere die einzelnen Aussagen des Beschuldigten und der Zeugen gewürdigt. Die nachstehenden Erwägungen sollen dies nur noch verdeutlichen und teilweise ergänzen:
In Bezug auf die Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen B. und C. ist abweichend zur Vorinstanz festzuhalten, dass der Beschuldigte aufgrund der auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt anschliessenden Ereignisse eine Strafanzeige gegen die beiden Polizeibeamten eingereicht hatte (Urk. 9/4, Prot. I
S. 7). Der Beschuldigte scheint sich Verletzungen zugezogen zu haben, als er von den Polizisten zu Boden geführt wurde. Diese sind aus der Fotodokumentation der Polizei ersichtlich (Urk. 2). Er selbst führte in den Befragungen anlässlich der Untersuchung zusätzlich aus, dass ihm Rippenprellungen zugefügt worden seien (Urk. 3/2, S. 4; Prot. I S. 10; Prot. II S. 16). Ob aufgrund dieses Umstandes auch ein Strafverfahren gegen die Polizeibeamten eingeleitet worden ist, ist nicht bekannt. Der Umstand, dass diese vom Staatsanwalt als Zeugen und nicht als Auskunftspersonen einvernommen wurden, spricht dagegen, könnte aber auch anders begründet sein. In den vorliegenden Akten ist dazu nichts zu finden und auch die Vorbringen des Beschuldigten anlässlich der Berufungsverhandlung vermochten diesbezüglich keine zweifelsfreie Klärung zu bringen (vgl. Prot. II
S. 16). Dennoch muss grundsätzlich (wie beim Beschuldigten auch) davon ausgegangen werden, dass die beiden Polizisten aufgrund der gegen sie zumindest drohenden Untersuchung nachvollziehbare eigene Interessen am Verfahrensausgang gehabt haben.
Wie die Vorinstanz dies in Bezug auf den Beschuldigten korrekterweise ausführt (Urk. 35 S. 16), wirkt sich der genannte Umstand wohl auf das Aussageverhalten aus, genügt aber für sich alleine auch bei den beiden Polizeibeamten nicht, um diesen die allgemeine Glaubwürdigkeit abzusprechen. Weiter ist festzuhalten, dass der allgemeinen Glaubwürdigkeit einer Person im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft ohnehin bloss untergeordnete Bedeutung zukommt. Viel entscheidender für die Wahrheitsfindung als die allgemeine Glaubwürdigkeit ist die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage, welche durch methodische Analyse ihres Inhalts darauf überprüft wird, ob die auf ein bestimmtes Geschehen bezogenen Angaben einem tatsächlichen Erleben der aussagenden Person entspringen (BGE 133 I 33 E. 4.3 S. 45 mit Hinweisen). Auf den Punkt gebracht bedeutet dies, dass es in aller Regel eben nicht entscheidend auf die Glaubwürdigkeit der Person ankommt, sondern auf die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen.
Betreffend die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Beteiligten ist auf die schlüssige Beurteilung der Vorinstanz zu verweisen (Urk. 35 S. 16 f.). Zutreffend wurde festgehalten, dass der Beschuldigte während den verschiedenen Befragungen im vorliegenden Verfahren unstimmige und widersprüchliche Aussagen machte. Bei diesem Aussageverhalten blieb es auch anlässlich der Berufungsverhandlung vom 20. August 2019. Nachdem der Beschuldigte während der Untersuchung und im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren wechselweise bestritt anerkannte, die beiden Polizisten gestossen zu haben (Urk. 3/1 S. 2;
Urk. 3/2 S. 3, 5 und 7 f.; Prot. I S. 12 und 14), gab er im Rahmen der Berufungsverhandlung an, keinen der beiden Polizisten gestossen zu haben. Seine Vorbringen, wonach er die Polizisten mit der Kraft eines Wellensittichs gestossen habe (Urk. 3/1 S. 2; Prot. I S. 14), tat der Beschuldigte anlässlich der Berufungsverhandlung als Scherz ab (Prot. II S. 14). Im Übrigen schilderte der Beschuldigte das anklagegegenständliche Geschehen anlässlich der Berufungsverhandlung zusammengefasst so, dass er seine Ehefrau nach deren Einkauf vor dem
D. abgeholt habe. Seine Ehefrau sei auf der Beifahrerseite am einsteigen gewesen, wobei er ebenfalls auf der Beifahrerseite gestanden sei. In diesem Moment sei ein Polizist gekommen, welcher geschrien habe, dass er (der Beschuldigte) falsch parkiert habe. Der Beschuldigte führte weiter aus, dass er dann habe nachhause gehen wollen, um das Mittagessen für seine Ehefrau zuzubereiten. Den Ausweis habe er dem Polizisten nicht gezeigt. Er sei kein Sklave des Staates, kein Lakai. Der Polizist habe ja sein Kennzeichen, seinen Fahrzeugtyp und seine auf der Heckscheibe vermerkte Telefonnummer gehabt, weshalb man ihn auch zuhause hätte aufsuchen können. Man habe ihn aber am wegfahren gehindert, indem einer der nunmehr zwei anwesenden Polizisten den Fuss in die Fahrzeugtüre gehalten habe. Man hätte ihn, den Mann einer behinderten Frau, einfach nach Hause gehen lassen können. Schliesslich hätten ihn die beiden Polizisten zu Boden gerungen, wobei noch Verstärkung in der Form zweier weiterer Polizisten aufgeboten worden sei. Er habe die Polizisten weder getreten noch gestossen berührt (Prot. II S. 8 ff.). Aus den Vorbringen des Beschuldigten ist ersichtlich, dass er über das Verhalten der Polizisten, welches er als Belästigung und übertriebenen Eingriff in seine Privatsphäre zu betrachten scheint, sehr aufgebracht war und ist. Zum einen vertritt er die Auffassung, nichts Unrechtes getan zu haben und deshalb auch nicht von der Polizei kontrolliert werden zu dürfen, zum anderen bringt er vor, sich aufgrund seiner persönlichen schwierigen Verhältnisse mit seiner gesundheitlich eingeschränkten Frau und der gedrängten Zeit vor dem Mittagessen in einer Drucksituation befunden zu haben. Gerade deshalb empfand er das Vorgehen der Polizisten subjektiv als schikanös. Seine Antworten in den Befragungen sind denn auch gefärbt von seiner Empörung, insbesondere aufgrund der Ereignisse, welche auf den vorliegend zu beurteilenden Vorfall folgten. Dies ist nicht per se zu seinen Lasten auszulegen, führt jedoch dazu, dass seine Aussagen tendenziös ausfallen und dadurch an Glaubhaftigkeit einbüssen.
Die beiden Zeugen sagen dagegen konstant und in sich stimmig aus. Sie halten klar fest, wenn sie etwas nicht gesehen haben aber sich an etwas nicht erinnern können, und unterlassen es auch, den Beschuldigten unnötig zu belasten sein Verhalten übertrieben negativ darzustellen, obwohl sie von ihm auch verbal durchaus hart angegangen worden zu sein scheinen. Vielmehr erscheinen ihre Aussagen nachvollziehbar und sachbezogen.
Folgerichtig ging der Vorderrichter im Ergebnis davon aus, dass die Aussagen der Zeugen B. und C. , soweit sie zu den Vorfällen überhaupt Angaben machen konnten, insgesamt glaubhaft seien (Urk. 35 S. 17 f.). Die Aussagen des Beschuldigten qualifizierte er dagegen mit nachvollziehbarer Begründung als unstimmig, widersprüchlich und teilweise schwer nachvollziehbar (Urk. 35 S. 16), weshalb er insgesamt richtigerweise zum Schluss kam, dass für die Erstellung des Sachverhaltes auf die Aussagen der Polizeibeamten abzustellen ist.
Der Sachverhalt, wie er in der Anklage umschrieben ist, ist damit zusammengefasst aufgrund des Zugeständnisses des Beschuldigten sowie in Würdigung der Beweismittel insgesamt als rechtsgenügend erstellt zu betrachten.
1. Hinsichtlich der rechtlichen Würdigung in Bezug auf Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte legte die Vorinstanz die objektiven und subjektiven Voraussetzungen von Art. 285 Ziff. 1 StGB unter Berücksichtigung von Lehre und Rechtsprechung zutreffend dar (Urk. 35 S. 20 f.).
Im Weiteren würdigte sie das Verhalten des Beschuldigten als Verstoss gegen Art. 99 Abs. 3bis SVG, welcher der Bestimmung von Art. 286 StGB als lex specialis vorgeht. Am Rande ist darauf zu verweisen, dass Art. 99 SVG per 1. Januar 2019, mithin nachdem das vorinstanzliche Urteil ergangen ist, in geänderter Form in Kraft getreten ist. Die von der Vorinstanz zur Anwendung gebrachte Norm von Art. 99 Ziff. 3bis SVG, welche neu als Art. 99 Abs. 1 lit. b SVG gilt, wurde indessen nur hinsichtlich der Nummerierung und sprachlichen Formulierung minim ge-
ändert. Inhaltlich (materiell) ergaben sich keine Veränderungen, womit das neue Recht für den Beschuldigten nicht milder ist.
Der Beschuldigte weigerte sich, trotz entsprechender Aufforderung der Polizeibeamten, seinen Führerund den Fahrzeugausweis vorzuweisen, und wurde in der Folge gegenüber den beiden Zeugen handgreiflich, als sie auf einer Kontrolle bestanden und ihn am Abfahren hinderten. Er musste wissen, dass es sich bei den beiden um Polizeibeamte handelte, die grundsätzlich zu einer Überprüfung der genannten Dokumente berechtigt sind, womit er den Tatbestand von Art. 285 Ziff. 1 StGB in objektiver und subjektiver Weise erfüllt hat. Ein Stoss, beziehungsweise ein Tritt, wie die vorliegenden, erfüllt den Tatbestand der Tätlichkeit von Art. 126 StGB (BGE 117 IV 14; BGE 134 IV 189). Auf die übrigen zutreffenden vorinstanzlichen Ausführungen in Bezug auf die rechtliche Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes, insbesondere die Behördeneigenschaft der Polizeibeamten, ihre Befugnis, Kontrollen wie die vorliegend in Frage stehende durchzuführen, sowie das Fehlen von Rechtfertigungsund Schuldausschlussgründen kann vollumfänglich verwiesen werden (Urk. 35 S. 21 f.).
Entgegen der Würdigung durch die Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz erscheint indessen das dem Beschuldigten vorgeworfene Verhalten als Handlungseinheit. Der Beschuldigte schien sich durch die Kontrolle der Polizeibeamten massiv gestört gefühlt und sich dieser Amtshandlung zunächst durch Nichtbeachtung und dann durch physisches Wegstossen bzw. Treten der Polizisten, welche ihn am Abfahren hindern wollten, widersetzt zu haben.
Wohl ist zutreffend, dass der Beschuldigte zunächst nur von Kpl B. kontrolliert wurde. Aufgrund des Umstandes, dass in der Folge, mithin innert weniger Minuten noch ein zweiter Beamter, der zuvor anderweitig beschäftigt war, hinzutrat, um seinem Kollegen bei der Kontrolle behilflich zu sein, was schliesslich in den bekannten Handgreiflichkeiten endete, kann nicht zur Beurteilung der Situation als zwei unabhängige Handlungsstränge bzw. Tatentschlüsse führen. Aus den Aussagen des Beschuldigten ist ersichtlich, dass er sich grundsätzlich keiner Kontrolle unterziehen lassen wollte. Der Tatentschluss richtete sich auf die Hinderung der Kontrolle, wobei er gegenüber den Polizisten handgreiflich wurde, als diese ihn nicht ziehen liessen. Auch die Anklageschrift selbst spricht nicht von mehreren Kontrollen. Daran ändert auch nichts, dass diese zunächst von einem und dann von beiden Beamten gemeinsam durchgeführt wurde. Es ist wohl davon auszugehen, dass der Beschuldigte den Entschluss, die Polizisten auch physisch an der Kontrolle zu hindern, erst fasste, als sich Wm C. vor seine Autotüre stellte und er nicht mehr abfahren konnte. Dennoch ist der gesamte Vorgang im Rahmen einer Gesamtabfolge zu sehen, und es erscheint daher nicht als sachgerecht, innerhalb dieser Abfolge mehrere einzelne Strafhandlungen auszuscheiden.
Mit seinem Verhalten erfüllte der Beschuldigte sowohl die Tatbestände von Art. 99 Abs. 3bis aSVG, der Tätlichkeit i.S.v. Art. 126 StGB sowie der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte i.S.v. Art. 285 Ziff. 1 StGB. Letzterer Tatbestand konsumiert indessen die Tatbestände der Tätlichkeiten gemäss Art. 126 StGB und der Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB (BSK StGB, Heimgartner, Art. 285 StGB N 29), was damit auch für Art. 99 Abs. 3bis aSVG als lex specialis gelten muss. Aus diesem Grund ist der Beschuldigte lediglich der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte i.S.v. Art. 285 Ziff. 1 StGB
schuldig zu sprechen.
3. In Bezug auf das Fehlen von Rechtfertigungsund Schuldausschlussgrün- den kann vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 35 S. 23).
1. Anwendbares Recht, Strafrahmen
Wie der Vorderrichter zutreffend ausführt, erweist sich der am 1. Januar 2018 in Kraft getretene allgemeine Teil des Strafgesetzbuches vorliegend nicht als milder, weshalb das tatzeitaktuelle, bis zum 31. Dezember 2017 geltende Sanktionenrecht anzuwenden ist. Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren mit Geldstrafe bestraft. Strafschärfungsoder Strafmilderungsgründe liegen keine vor.
Strafzumessung
Die Vorinstanz hat die allgemeinen Regeln der Strafzumessung unter Hinweis auf Art. 47 StGB zutreffend dargelegt (Urk. 35 S. 27).
Objektive Tatschwere
Hinsichtlich der objektiven Tatschwere ist auf die zutreffenden und ausführlichen Ausführungen der Vorinstanz zu verweisen (Urk. 35 S. 27f.). Da es sich sowohl beim Stossen der Beamten als auch beim Tritt zwar um kein akzeptables Verhalten des Beschuldigten, angesichts der vorstellbaren Tatvarianten aber um sehr geringfügige Delikte mit nur (wenn überhaupt) leichten Beeinträchtigungen der Betroffenen handelte, ist das Verschulden im unteren Bereich anzusiedeln und in geringfügiger Abweichung zur Vorinstanz lediglich von einem leichten Verschulden auszugehen.
Subjektive Tatschwere
Mit Hinweis auf die zutreffenden vorinstanzlichen Ausführungen ist festzuhalten, dass der Beschuldigte über das Verhalten der Polizisten, das er als schikanös empfand, offensichtlich sehr verärgert war. Dieses subjektive Empfinden vermag indessen das Verschulden nicht herabzusetzen bzw. die Tatschwere insgesamt nicht zu vermindern.
Gesamtwürdigung
Es ist damit von einem insgesamt leichten Tatverschulden auszugehen, weshalb eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen, beziehungsweise 40 Tagen Freiheitsstrafe als angemessen erscheint.
2.2. Täterkomponenten
Mit der Vorinstanz lassen sich aus den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten, der Vorstrafenlosigkeit sowie dem Nachtatverhalten keine strafzumessungsrelevanten Faktoren ableiten (Urk. 35 S. 29). Daran vermögen auch die Vorbringen des Beschuldigten im Berufungsverfahren nichts zu ändern. So bestätigte der Beschuldigte anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung lediglich die bereits im Vorverfahren und in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung gemachten Aussagen, wonach er Rentner und kinderlos sei und mit seiner Ehefrau in einer Mietwohnung wohne (Prot. II S. 5 f.). Zu seinen finanziellen Verhältnissen machte der Beschuldigte keine Angaben (Prot. II S. 6 f.).
Es ist an dieser Stelle erneut darauf hinzuweisen, dass vorliegend nur der angeklagte Sachverhalt zu beurteilen ist. Ein allfälliges Fehlverhalten der beiden Beamten, welches auf die in Frage stehenden Geschehnisse folgte, wäre im Rahmen eines Verfahrens gegen diese beiden zu beurteilen. Das Handeln des Beschuldigen ist aufgrund seines eigenen Verhaltens in der Situation zu beurteilen und nicht aufgrund dessen, was ihm in der Folge, allenfalls als Reaktion auf sein Agieren bei seiner Verhaftung widerfahren ist.
Die Einsatzstrafe bleibt damit unverändert bei 40 Tagessätzen Geldstrafe, beziehungsweise 40 Tagen Freiheitsstrafe.
Mit Verweis auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz (Urk. 35 S. 30) ist eine Geldstrafe auszufällen. Da keine separate Verurteilung wegen Art. 99
Abs. 3bis aSVG erfolgt, ist auch keine Busse auszufällen.
Die Tagessatzhöhe von Fr. 40.entspricht den von der Vorinstanz zutreffend wiedergegebenen und gewerteten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten (Urk. 35 S. 31 f.), sofern diese überhaupt bekannt sind. Die Befragung des Beschuldigten anlässlich der Berufungsverhandlung brachte in dieser Hinsicht auch keine neuen Erkenntnisse, welche eine Abänderung der von der vorinstanzlich festgesetzten Tagessatzhöhe angemessen erscheinen lassen würde (vgl. Prot. II S. 6 f.).
Die Vorinstanz hat dem Beschuldigten den vollbedingten Strafvollzug unter Ansetzung der minimalen Probezeit von zwei Jahren gewährt (Urk. 35 S. 33). Schon das Verbot der reformatio in peius führt zum Ergebnis, dass daran nichts zu än- dern ist. Das Absehen von einer Schlechtprognose, der vollumfängliche Strafaufschub und die Ansetzung der minimalen Probezeit rechtfertigen sich angesichts der Vorstrafenlosigkeit des Beschuldigten und des Umstandes, dass nach der vorliegenden Tat, mithin seit 2,5 Jahren, kein Strafverfahren mehr gegen ihn angehoben werden musste.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist die erstinstanzliche Kostenregelung (Dispositivziffer 5 und 6) zu bestätigen.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr ist auf Fr. 2'000.festzusetzen.
Im Berufungsverfahren tragen die Parteien die Kosten nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte unterliegt letztlich mit seinen Anträgen. Weder erfolgt ein Freispruch, noch ist die Strafe erheblich zu reduzieren. Es rechtfertigt sich unter diesen Umständen, die Kosten dem Beschuldigten vollumfänglich aufzuerlegen und ihm keine Prozessentschä- digung zuzusprechen.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte ist schuldig der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 Abs. 1 StGB.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 40.-.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 5 und 6) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 2'000.-.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.
Schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
den Beschuldigten;
die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland; sowie in vollständiger Ausfertigung an
den Beschuldigten;
die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland;
das Bundesamt für Polizei, Bundeskriminalpolizei;
den Nachrichtendienst des Bundes;
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz;
die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A.
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer Zürich, 20. August 2019
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Spiess
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. Samokec
Zur Beachtung:
Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:
Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vorerst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.
Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),
wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen Vergehen begeht,
wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht die Weisungen missachtet.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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