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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB180515
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB180515 vom 02.05.2019 (ZH)
Datum:02.05.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Betrug und Widerruf
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Berufung; Verteidigung; Beschuldigten; Amtlich; Amtliche; Staatsanwalt; Staatsanwaltschaft; Urteil; Vorinstanz; Freiheitsstrafe; Recht; Winterthur; Geldstrafe; Bedingte; Berufungsverfahren; Amtlichen; Sozialhilfe; Arbeit; Auslagen; Verteidiger; Berufungsverhandlung; Verfahrens; Urteils; Dispositiv; Berufungsverfahrens
Rechtsnorm: Art. 135 StPO ; Art. 146 StGB ; Art. 2 StGB ; Art. 20 StGB ; Art. 391 StPO ; Art. 402 StPO ; Art. 425 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 437 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB180515-O/U/cwo

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. R. Naef, Präsident, Ersatzoberrichterin lic. iur.

C. Keller und Ersatzoberrichter lic. iur. A. Wenker sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Maurer

Urteil vom 2. Mai 2019

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. A. ,

gegen

Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, vertreten durch Staatsanwalt Dr. iur. A. Fischbacher,

Anklägerin und Berufungsbeklagte betreffend Betrug und Widerruf

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur, Einzelgericht, vom 10. September 2018 (GG180026)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 22. März 2018 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 20).

Urteil der Vorinstanz:

(Urk. 42 S. 25 f.)

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig des Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten.

  3. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.

  4. Der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 15. März 2013 für eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 30.- gewährte bedingte Strafvollzug wird widerrufen. Die Geldstrafe ist zu bezahlen.

  5. Der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 17. März 2013 für eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 30.- gewährte bedingte Strafvollzug wird widerrufen. Die Geldstrafe ist zu bezahlen.

  6. Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:

    Fr. 2'000.-; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 3'500.- Gebühr für das Vorverfahren;

    Fr. 2'475.- Auslagen (Gutachten);

    Fr. 12'633.- amtliche Verteidigung (inkl. MWSt und Barauslagen);

    Fr. 20'608.- Total.

    Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

    Wird auf eine schriftliche Begründung des Urteils verzichtet, so ermässigt sich die Entscheidgebühr auf 2/3.

  7. Die Kosten des Vorverfahrens (Gebühr Vorverfahren und Auslagen Gutachten) und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt.

  8. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.

  9. (Mitteilungen)

  10. (Rechtsmittel)

Berufungsanträge:

(Prot. II S. 3)

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 60 S. 1)

    1. Es sei das Urteil des Einzelgerichts in Strafsachen des Bezirksgerichts Winterthur vom 10. September 2018 in Dispo-Ziff. 2 und 3 insofern abzuän- dern, als der Beschuldigte mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten zu bestrafen ist.

    2. In Abänderung von Dispo-Ziff. 6 und 7 seien die Untersuchungs- und Gerichtskosten infolge Uneinbringlichkeit abzuschreiben.

    3. Die Kosten des Berufungsverfahrens inkl. diejenigen der amtlichen Verteidigung seien auf die Staatskasse zu nehmen.

  2. Des Vertreters der Staatsanwaltschaft: (Urk. 51)

Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

Erwägungen:

  1. Prozessgeschichte

    1. Gegen das eingangs im Dispositiv wiedergegebene Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur, Einzelgericht, vom 10. September 2018 meldete der Beschuldigte persönlich mit Schreiben vom 19. September 2018 fristgerecht Berufung an

      (Urk. 36). Das begründete Urteil der Vorinstanz wurde seinem amtlichen Verteidiger am 16. November 2018 zugestellt (Urk. 39), worauf dieser unter dem

      5. Dezember 2018 die Berufungserklärung einreichte (Urk. 44).

    2. Während die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland (fortan Staatsanwaltschaft) innert angesetzter Frist die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils beantragte, liess sich die Privatklägerschaft nicht vernehmen (Urk. 47, Urk. 48 und Urk. 51). Die Staatsanwaltschaft wurde zur heutigen Berufungsverhandlung lediglich fakultativ vorgeladen (Urk. 52). Erschienen ist heute der Beschuldigte in Begleitung seines amtlichen Verteidigers Rechtsanwalt Dr. iur. A. ; der Vertreter der Staatsanwaltschaft verzichtete auf eine Teilnahme (Prot. II S. 3; vgl. Urk. 51).

  2. Umfang der Berufung

    1. Der amtliche Verteidiger beantragte mit seiner Berufungserklärung die Reduktion der ausgefällten Freiheitsstrafe auf vier Monate. Überdies seien die Untersuchungsund erstinstanzlichen Gerichtskosten infolge Uneinbringlichkeit abzuschreiben. Die Kosten des Berufungsverfahrens, inklusive diejenigen der amtlichen Verteidigung, seien auf die Staatskasse zu nehmen (Urk. 44).

    2. Damit wurde die Berufung auf die Bemessung der Strafe sowie die Regelung der Kostenfolgen beschränkt (Art. 399 Abs. 4 lit. b und f StPO). Gemäss Art. 402 StPO in Verbindung mit Art. 437 StPO wird die Rechtskraft des angefochtenen Urteils (nur) im Umfang der Anfechtung gehemmt. Unangefochten blieben der Schuldspruch wegen Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB (Dispositivziffer 1 des erstinstanzlichen Urteils), die beiden Widerrufe betreffend die Strafbefehle der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 15. März 2013 bzw. der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 17. März 2013 (Dispositivziffern 4 und 5) sowie die Kostenfestsetzung (Dispositivziffer 6), was seitens der Verteidigung anlässlich der heutigen Berufungsverhandlung ausdrücklich bestätigt wurde (Prot. II S. 4). Deren Rechtskraft ist vorab mittels Beschlusses festzustellen.

  3. Strafzumessung

    1. Der eingeklagte Sachverhalt ergibt sich aus der Anklageschrift vom

      22. März 2018 (Urk. 20) und wurde vom Beschuldigten bzw. der Verteidigung sowohl anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung als auch im Rahmen der Berufungsverhandlung vollumfänglich anerkannt (Prot. I S. 18 f. und Urk. 60 S. 2; vgl. Urk. 42 S. 7 f.).

      Dementsprechend ist mit Blick auf die Strafzumessung davon auszugehen, dass es der Beschuldigte beim Ausfüllen seines Gesuches um Sozialhilfe am

      27. Januar 2015 unterliess anzuzeigen, dass er bereits seit Mai 2014 Krankentaggelder der B. erhielt. Ebenso verschwieg er das hierfür verwendete ZKBKonto. Sodann hat er es beim Ausfüllen der Selbstdeklaration zur Überprüfung des Sozialhilfeanspruchs am 21. Dezember 2015 bewusst unterlassen, die von der B. während laufender Sozialhilfeunterstützung in der Zeit von März bis und mit Juni 2015 auf besagtes ZKB-Konto erhaltenen Krankentaggelder in der Höhe von Fr. 6'579.20, die von der B1. AG am 2. September 2015 erhalte-

      ne Vergütung von Fr. 1'799.80 und die von der C.

      Versicherung ab

      1. November 2015 erhaltenen Krankentaggelder (insgesamt Fr. 6'819.45) auf den entsprechenden Formularen oder in anderer Weise der Sozialbehörde Winterthur gegenüber zu deklarieren. Dadurch sind dem Beschuldigten im Zeitraum vom

      1. April 2015 bis 31. Juli 2016 Sozialhilfegelder von insgesamt Fr. 24'613.90 ausbezahlt worden, auf welche er bei korrekter Angabe seiner Vermögenslage nicht im gewährten Umfang Anspruch gehabt hätte. Mittels der falsch bzw. unvollstän- dig ausgefüllten Deklarationen hat der Beschuldigte die Sozialbehörde vorsätzlich und arglistig getäuscht, was auf Seiten der Sozialbehörde einen Irrtum bewirkte und infolge der zu viel bezahlten Sozialhilfegelder zu einem Schaden von Fr. 12'779.25 führte (Urk. 20).

    2. Zu Recht ging die Vorderrichterin davon aus, dass das neue - seit

      1. Januar 2018 in Kraft stehende - Sanktionenrecht dem Beschuldigten im konkreten Anwendungsfall keine mildere Bestrafung ermöglicht, weshalb er nach den zur Tatzeit geltenden Regeln zu bestrafen ist (Art. 2 Abs. 2 StGB; Urk. 42 S. 19).

    3. Die Vorinstanz hat die theoretischen Grundlagen der Strafzumessung sowie den heute zur Anwendung kommenden Strafrahmen (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe) korrekt dargestellt (Urk. 42 S. 20). Darauf kann, um Wiederholungen zu vermeiden, verwiesen werden.

      Ebenso führte sie nachvollziehbar und überzeugend aus, weshalb für den Beschuldigten im vorliegenden Fall einzig eine Freiheitsstrafe in Frage kommen kann (Urk. 42 S. 16 f.). Dies wurde von der Verteidigung im Berufungsverfahren denn auch zu Recht nicht angezweifelt (Urk. 60 S. 2 f.).

    4. Weiter hielt die Vorderrichterin im Rahmen ihrer Strafzumessung sinngemäss fest, es handle sich mit Fr. 12'779.25 um einen nicht unwesentlichen Deliktsbetrag. Der Deliktszeitraum von März 2015 bis März 2016 sei zwar nicht sehr lange, was aber einzig daran liege, dass ihm die Sozialbehörde auf die Schliche gekommen sei. Die gegen die öffentliche Hand und damit gegen die Steuerzahler gerichteten Handlungen des Beschuldigten zeugten von einem skrupelund rücksichtslosen Vorgehen. Verschuldensmindernd wirke eine vergleichsweise geringe kriminelle Energie, womit die objektive Tatschwere als nicht mehr leicht einzustufen sei. In subjektiver Hinsicht wirke sodann verschuldensmindernd, dass der Beschuldigte lediglich mit Eventualvorsatz gehandelt habe, weshalb das Verschulden insgesamt als leicht zu qualifizieren sei und eine hypothetische Einsatzstrafe von fünf Monaten angemessen erscheine. Aufgrund der Täterkomponenten, insbesondere aufgrund der erheblich straferhöhend wirkenden, teilweise einschlägigen vier Vorstrafen, wobei der Beschuldigte überdies während laufender Probezeiten delinquiert habe, erhöhte die Vorinstanz die auszufällende Strafe sodann auf sechs Monate Freiheitsstrafe. Dabei wurde das spä- te Geständnis des Beschuldigten ebenfalls (als moderat strafmindernd) berücksichtigt (Urk. 42 S. 20 ff.). Den Einwand des Beschuldigten, zur Tatzeit psychisch krank gewesen zu sein, prüfte sie bereits im Rahmen der rechtlichen Würdigung, verwarf jedoch das Vorliegen eines Schuldausschlussgrundes und hielt fest, es bestehe kein ernsthafter Anlass, an der vollen Schuldfähigkeit des Beschuldigten im Tatzeitraum zu zweifeln (Urk. 42 S. 13 ff.).

    5. Der amtliche Verteidiger brachte anlässlich der Berufungsverhandlung vor, mit anderen vergleichbaren Fällen von Sozialhilfebetrug sei weder der Deliktsbetrag besonders hoch noch der Deliktszeitraum sehr lang. Zudem sei der Beschuldigte in ständigem Kontakt mit dem Sozialamt gewesen. Die Täuschungshandlungen seien weitgehend darauf beschränkt gewesen, die Formulare unvollständig auszufüllen. Das objektive Tatverschulden sei als eher leicht einzustufen. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Beschuldigte das unrechtmässig bezogene Geld hauptsächlich dafür verwendet habe, eine aufwändige und teure Zahnkorrektur in Russland finanzieren zu können, weshalb er weder Vermögen angehäuft noch Gelder verschwendet habe. Gesamthaft sei eine Einsatzstrafe von drei Monaten Freiheitsstrafe angemessen (Urk. 60 S. 2 f.).

    6. Was die objektive Tatschwere angeht, so kann die Summe der unrechtmässig bezogenen Unterstützungsgelder nicht als Bagatellbetrag bezeichnet werden. Immerhin handelt es sich dabei um knapp die Hälfte der insgesamt bezogenen Sozialhilfeleistungen und beläuft sich das Total auf über Fr. 12'000.-, mithin durchschnittlich über Fr. 1'000.- pro Monat, weshalb man das Handeln des Beschuldigten durchaus auch als gewerbsmässige Tatbegehung hätte qualifizieren können. Hinzu kommt, dass die ungemeldeten Geldzuflüsse eine Zeitspanne von rund einem Jahr abdeckten und der Beschuldigte in dieser Zeit zweimal aktiv Fehldeklarationen unterzeichnete. Insgesamt darf aber auch nicht übersehen werden, dass der finanzielle Schaden im Vergleich zu ähnlich gelagerten Fällen tatsächlich im unteren Bereich geblieben ist. Bei einer Gesamtbetrachtung rechtfertigt es sich, das objektive Verschulden als noch leicht einzustufen.

Mit Blick auf ihre Ausführungen zum subjektiven Tatbestand, wo die Vorderrichterin dem Beschuldigten - völlig zu Recht - ein direktvorsätzliches Verhalten vorwirft (Urk. 42 S. 13), ist nicht nachvollziehbar, wieso sie unter dem Aspekt der subjektiven Tatschwere verschuldensrelativierend berücksichtigt, dass er bloss eventualvorsätzlich gehandelt habe (Urk. 42 S. 21). Dem kann nicht gefolgt werden. Dass er aus finanziellen Gründen, und damit aus egoistischem Motiv, handelte, ist dem Tatbestand des Betrugs immanent und somit verschuldensneutral zu werten. Soweit der Beschuldigte geltend machte, aufgrund psychischer Probleme nur vermindert schuldfähig gewesen zu sein, ist ihm entgegen zu halten, dass sich hierfür aus den Akten keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Anlässlich der ersten polizeilichen Einvernahme erklärte er selbst, keine psychischen Probleme gehabt zu haben (Urk. 2/1 S. 4). Erst gegenüber dem Staatsanwalt berief er sich auf diffuse psychische Krankheiten, was ihm selbst jedoch erst aufgrund eines Gutachtens der B. klar geworden sei (Urk. 2/2 S. 3 f. und S. 7 ff.; vgl. auch Urk. 2/3 S. 5 f.). Dem besagten psychiatrischen Teilgutachten, datierend vom

29. Januar 2015 (Urk. 2/3), kann solches jedoch nicht entnommen werden. So ist der Befunderhebung zu entnehmen, dass der Beschuldigte zum Untersuchungszeitpunkt (28. Januar 2015, mithin einem Tag nach dem deliktsrelevanten ersten Unterstützungsantrag) bewusstseinsklar sowie örtlich, zeitlich, zur Person und Situation ausreichend orientiert gewesen sei. Beim Gespräch seien Auffassung, Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit intakt erschienen und es hätten sich keine Hinweise für Gedächtnisstörungen gefunden. Der Gedankenduktus sei kohärent, das Denken flüssig und geordnet gewesen. Das Denkziel sei meist erreicht worden, jedoch sei der Beschuldigte immer wieder vom Thema abgeschweift, um auf seine Probleme hinzuweisen. Daneben hätten sich keine Hinweise auf inhaltliche Denkstörungen im Sinne von Wahnideen oder Halluzinationen, keine Hinweise für Wahrnehmungsstörungen, Zwänge oder Ich-Störungen finden lassen. Er wirke im Denken auf seine sozialen und finanziellen Probleme in Litauen eingeengt. Suizidgedanken würden verneint und es fänden sich keine Hinweise auf eine suizidale Einengung. Auch fänden sich keine Hinweise für Ängste, wie Zukunftsängste oder Existenzängste (a.a.O. S. 29). Zwar hält das psychiatrische Teilgutachten in der Folge drei Diagnosen fest, stellt diese jedoch klar in den Zusammenhang mit Ereignissen in Litauen sowie Berufsunfällen und hält zudem ausdrücklich fest, dass der Beschuldigte trotz dieser Diagnosen aus psychiatrischer Sicht in seiner Arbeitsfähigkeit nicht eingeschränkt sei (a.a.O.

S. 30 ff.). Berücksichtigt man nun auch noch die von der Vorderrichterin in diesem Zusammenhang angeführten Aspekte (insbesondere: überlegtes und koordiniertes Vorgehen durch Leerräumen und Verschweigen des ZKB-Kontos, situations-

und sachgerechter Beizug fachlicher Unterstützung der E.

bzw. der

F. ; Urk. 42 S. 15 f.), so bestand bzw. besteht weder Anlass, ein Gutachten

im Sinne von Art. 20 StGB einzuholen, noch Raum, von einer irgendwie gearteten, verminderten Schuldfähigkeit auszugehen. Entsprechend ist das Tatverschulden insgesamt als noch leicht zu qualifizieren, was eine hypothetische Einsatzstrafe bei einem Strafrahmen von immerhin bis zu fünf Jahren von neun bis zwölf Monaten Freiheitsstrafe nach sich zieht.

Mit der Vorinstanz wäre diese Einsatzstrafe aufgrund der Täterkomponenten noch zu erhöhen, da das erst vor Vorinstanz erfolgte volle Geständnis die erhöhenden Elemente (einschlägige Vorstrafen, Delinquieren während zweier laufenden Probezeiten, vgl. Urk. 42 S. 22) nicht aufzuwiegen vermag, da dieses keineswegs von Einsicht zeugt, sondern angesichts der erdrückenden Beweislage erfolgte. Entgegen der Verteidigung (Urk. 60 S. 3) hat sich der Beschuldigte ferner mitnichten stets kooperativ verhalten. Beispielsweise war zum Nachweis der Täterschaft sogar ein Schriftgutachten erforderlich (vgl. Urk. 13/8). Indes verbietet vorliegend ohnehin bereits das Verschlechterungsverbot gemäss Art. 391 Abs. 2 StPO eine höhere Strafe auszufällen als die Vorinstanz. Mithin ist der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten zu bestrafen.

  1. Vollzug

    1. Seitens der Vorinstanz wurden die massgebenden theoretischen Ausführungen zur Frage eines bedingten oder unbedingten Vollzuges der Strafe gemacht (Urk. 42 S. 23), weshalb vollumfänglich darauf verwiesen werden kann.

    2. Die Vorinstanz kam aufgrund der zahlreichen Vorstrafen, darunter auch unbedingt ausgefällte Geldund Freiheitsstrafen, zum Schluss, dass dem Beschuldigten eine ungünstige Prognose gestellt werden müsse (a.a.O.).

    3. Die Verteidigung bringt heute vor, die Vorinstanz habe nicht berücksichtigt, dass sich der Beschuldigte sehr darum bemühe, wieder im Arbeitsmarkt Fuss zu fassen, wobei erste erfolgsversprechende Einsätze beim Arbeitsintegrationsprogamm der Stadt Zürich inzwischen stattgefunden hätten. Auch sein bisher psychisch angeschlagener Zustand habe sich mittlerweile etwas stabilisiert und er lebe inzwischen auch in sozial stabilen Verhältnissen. Schliesslich dürften der

      Widerruf von zwei früheren bedingten Geldstrafen eine grosse und nachhaltige Wirkung auf ihn haben (Urk. 60 S. 4 f.).

    4. Die Vorinstanz hat dem Beschuldigten zu Recht eine ungünstige Prognose gestellt. Der Beschuldigte weist zahlreiche, auch einschlägige, Vorstrafen auf und delinquierte während zweier laufender Probezeiten (Urk. 58). In seinen persön- lichen Verhältnissen haben sich ferner keine wesentlichen Änderungen ergeben. Der Beschuldigte hat keine feste Beziehung, keine Arbeitsstelle und kein grosses Beziehungsnetz; seine sozialen Kontakte beschränken sich auf vereinzelte Aktivitäten und Personen (Urk. 59 S. 1 ff.). Insofern die Verteidigung auf das Arbeitsintegrationsprogramm verweist, an welchem der Beschuldigte teilnimmt bzw. teilnahm, ist festzuhalten, dass der Beschuldigte vermutlich daran teilzunehmen hatte, da er ansonsten wohl keine Sozialhilfe mehr erhalten hätte. Insgesamt kann dem Beschuldigten - selbst unter Berücksichtigung des Widerrufs des bedingten Vollzugs zweier Geldstrafen - keine günstige Legalprognose mehr attestiert werden. Die Strafe ist zu vollziehen.

  2. Kostenfolgen

    1. Grundsätzlich trägt die beschuldigte Person die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 StPO). Gemäss Art. 425 StPO kann die Strafbehörde Forderungen aus Verfahrenskosten stunden, herabsetzen oder erlassen, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen dies rechtfertigen.

    2. Die Verteidigung begründete ihren Antrag, die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens abzuschreiben, mit dem zurzeit fehlenden gesicherten Erwerbseinkommen (Urk. 60 S. 5).

    3. Der Beschuldigte lebt zwar seit einem halben Jahr (erneut) von Sozialhilfe und Gelegenheitsjobs/Arbeitslosengeld (Urk. 58 S. 8). Heute erklärte er jedoch, ein Grundstück in Litauen im Wert von € 3 Mio. zu besitzen (a.a.O.). Zudem ging heute hervor, dass der Beschuldigte bestrebt ist, (wieder) eine Arbeit zu finden. Es ist daher nicht gänzlich auszuschliessen, dass er in absehbarer Zeit in eine günstigere wirtschaftliche Situation kommen wird. Den aktuellen prekären finan-

      ziellen Verhältnissen ist somit beim Kostenbezug Rechnung zu tragen; ein definitives Abschreiben bzw. ein Verzicht auf eine Kostenauflage an den Beschuldigten ist zurzeit nicht angezeigt.

    4. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind den Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens und Unterliegens aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Entsprechend sind auch die Kosten des Berufungsverfahrens - mit Ausnahme derjenigen der amtlichen Verteidigung - dem Beschuldigten aufzuerlegen. Die Verteidigungskosten sind einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen, unter Vorbehalt der Rückzahlungspflicht gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.

    5. Der amtliche Verteidiger reichte für das Berufungsverfahren - noch ohne Berücksichtigung des Aufwandes für die Berufungsverhandlung - eine Honorarnote über Aufwendungen von 15.55 Stunden sowie Auslagen von Fr. 109.30 ein (Urk. 57). Dieser geltend gemachte Aufwand ist zwar ausgewiesen, er erscheint indessen angesichts des vorliegenden Berufungsfalles als zu hoch. Gemäss § 23 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 AnwGebV setzt sich die Vergütung für amtliche Verteidigung aus der Gebühr und den notwendigen Auslagen zusammen. Die Grundgebühr für die Führung eines Strafprozesses einschliesslich Vorbereitung des Parteivortrags und Teilnahme an der Hauptverhandlung beträgt vor den Einzelgerichten Fr. 600.- bis Fr. 8'000.- (§ 17 Abs. 1 lit. a AnwGebV). Gemäss § 18 Abs. 1 AnwGebV wird die Gebühr im Berufungsverfahren grundsätzlich nach den für die Vorinstanz geltenden Regeln bemessen, wobei auch berücksichtigt wird, ob das Urteil vollumfänglich oder nur teilweise angefochten worden ist. Wenn der Verteidiger nun (einschliesslich der heutigen Berufungsverhandlung) ein Honorar von gegen Fr. 4'500.- geltend macht, befindet sich dieser Betrag zwar im vorgegebenen Rahmen. Gegenstand des Berufungsverfahrens waren aber bloss noch die Sanktion, der Vollzug der Strafe sowie die Frage des Kostenerlasses. Insbesondere der Strafpunkt musste nicht mehr beurteilt werden. Überdies vertrat

Rechtsanwalt Dr. iur. A.

den Beschuldigten bereits während der Untersuchung und vor Vorinstanz, weshalb er mit den Akten und dem Fall vertraut war. Die Entschädigung für die amtliche Verteidigung ist daher auf pauschal Fr. 3'000.- einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer festzusetzen.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur, Einzelgericht Strafsachen, vom 10. September 2018 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:

    1. Der Beschuldigte A. Art. 146 Abs. 1 StGB.

    2.-3. ( )

    ist schuldig des Betrugs im Sinne von

    1. Der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 15. März 2013 für eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 30.- gewährte bedingte Strafvollzug wird widerrufen. Die Geldstrafe ist zu bezahlen.

    2. Der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 17. März 2013 für eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 30.- gewährte bedingte Strafvollzug wird widerrufen. Die Geldstrafe ist zu bezahlen.

    3. Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:

      Fr. 2'000.-; die weiteren Kosten betragen:

      Fr. 3'500.- Gebühr für das Vorverfahren;

      Fr. 2'475.- Auslagen (Gutachten);

      Fr. 12'633.- amtliche Verteidigung (inkl. MWSt und Barauslagen);

      Fr. 20'608.- Total.

      Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

      Wird auf eine schriftliche Begründung des Urteils verzichtet, so ermässigt sich die Entscheidgebühr auf 2/3.

      7.-8. ( )

  2. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A.

    wird bestraft mit 6 Monaten Freiheitsstrafe.

  2. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.

  3. Die erstinstanzliche Kostenregelung (Dispositiv-Ziff. 7 und 8) wird bestätigt.

  4. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 2'500.- ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 3'000.- amtliche Verteidigung.

  5. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten bleibt gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.

  6. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland (versandt)

    • die Privatklägerin Stadt Winterthur, Departement Soziales (versandt) sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland

    • die Privatklägerin Stadt Winterthur, Departement Soziales

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl in die Akten des Verfahrens Unt.-Nr. 2013/511

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat in die Akten des Verfahrens Unt.-Nr. 2013/2116

    • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A und Formular B

  7. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer Zürich, 2. Mai 2018

Der Präsident:

lic. iur. R. Naef

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. S. Maurer

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