Zusammenfassung des Urteils SB180484: Obergericht des Kantons Zürich
Der Beschuldigte wurde wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und Verstoss gegen das Waffengesetz verurteilt. Er erhielt eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren und eine Geldstrafe. Die Kosten des Verfahrens wurden ihm auferlegt. Die Staatsanwaltschaft forderte in der Berufung eine höhere Freiheitsstrafe, während die Verteidigung eine bedingte Freiheitsstrafe beantragte. Der Richter entschied, dass der Beschuldigte schuldig ist und die Strafe angemessen ist. Die Gerichtskosten wurden dem Beschuldigten auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB180484 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Strafkammer |
Datum: | 19.08.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Versuchte vorsätzliche Tötung etc. und Widerruf |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Beschuldigten; Privat; Privatkläger; Schlag; Messer; Recht; Waffe; Vorinstanz; Schlagstock; Waffen; Berufung; Freiheitsstrafe; Geldstrafe; Tötung; Waffengesetz; Sinne; Urteil; Privatklägers; Recht; Verteidigung; Probezeit; Anklage; Stich; ähren |
Rechtsnorm: | Art. 111 StGB ;Art. 113 StGB ;Art. 12 StGB ;Art. 135 StPO ;Art. 138 StPO ;Art. 2 StGB ;Art. 21 StGB ;Art. 22 StGB ;Art. 40 StGB ;Art. 42 StGB ;Art. 428 StPO ;Art. 44 StGB ;Art. 46 StGB ;Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 104 IV 217; 107 IV 205; 118 IV 233; 119 IV 202; 121 IV 49; 129 IV 238; 134 IV 97; 135 IV 180; 136 IV 55; 137 IV 57; 138 IV 120; 72 IV 150; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB180484-O/U/jv
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. S. Volken, Präsident, lic. iur. Ch. Prinz und Oberrichterin lic. iur. N. Klausner sowie Gerichtsschreiber lic. iur.
H. Kistler
Urteil vom 19. August 2019
in Sachen
Anklägerin und Berufungsklägerin
gegen
Beschuldigter und Berufungsbeklagter sowie Anschlussberufungskläger amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,
betreffend versuchte vorsätzliche Tötung etc. und Widerruf
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich vom 12. März 2018 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 33).
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 133 S. 43 ff.)
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte ist schuldig
der versuchten vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB sowie
des Verstosses gegen das Waffengesetz im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a WG.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 5 Jahren Freiheitsstrafe (wovon bis und mit heute 309 Tage durch Haft erstanden sind) sowie mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.00.
Freiheitsstrafe und Geldstrafe werden vollzogen.
Der bedingte Vollzug bezüglich der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 1. Mai 2017 ausgefällten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je Fr. 80.00 wird widerrufen.
Der mit Verfügung der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich vom 27. Februar 2018 beschlagnahmte Schlagstock mit integrierter Taschenlampe (Asservat-Nr. WA01115) wird eingezogen und der Lagerbehörde zur gutscheinenden Verwendung bzw. Vernichtung überlassen.
Die übrigen sichergestellten Gegenstände werden den Berechtigten auf erstes Verlangen herausgegeben. Erfolgt innert 60 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft kein entsprechendes Herausgabebegehren, werden die Gegenstände durch die Lagerbehörde vernichtet.
Das Spurenmaterial wird der Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger Fr. 8'000.00 zuzüglich 5 % Zins ab dem 13. August 2017 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Rechtsanwalt lic. iur. X. wird für seine Bemühungen als amtlicher Verteidiger mit pauschal Fr. 28'000.00 (inkl. MwSt und Barauslagen) entschädigt.
Rechtsanwalt lic. iur. Y.
wird für seine Bemühungen als unentgeltlicher
Rechtsbeistand des Privatklägers B. mit pauschal Fr. 13'700.00 (inkl. MwSt und Barauslagen) entschädigt.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 5'500.00 ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 10'000.00 Gebühr Vorverfahren
Fr. 2'868.20 Auslagen (Gutachten) Fr. 234.75 Auslagen (Gutachten)
Fr. 450.00 Auslagen Polizei
Fr. 104.70 Entschädigung Zeuge Fr. 28'000.00 amtliche Verteidigung
Fr. 13'700.00 unentgeltliche Vertretung Privatkläger
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft, werden dem Beschuldigten auferlegt.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft werden unter Vorbehalt der Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO und Art. 138 Abs. 1 StPO auf die Gerichtskasse genommen.
(Mitteilung)
(Rechtsmittel)
Berufungsanträge:
Der Staatsanwaltschaft (Urk. 153):
Der Beschuldigte sei mit einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren und mit einer Geldstrafe von 200 Tagesätzen zu Fr. 30.00 zu bestrafen.
Die Geldstrafe sei zu vollziehen.
Es sei das Urteil des Bezirksgerichtes Zürich vom 10. Juli 2018 bezüglich des Schuldpunktes und der Nebenfolgen des Urteils und den Kostenfolgen zu bestätigen.
Der Verteidigung des Beschuldigten (Urk. 154):
Der vorinstanzliche Schuldspruch betreffend der versuchten vorsätzlichen Tötung im Sinne von StGB 111 i.V.m. StGB 22 I sei aufzuheben. Stattdessen sei der Beschuldigte des versuchten Totschlags im Sinne von StGB 113
i.V.m. StGB 22 I schuldig zu sprechen;
Der Beschuldigte sei des Verstosses gegen das Waffengesetz im Sinne von WG 33 I von Schuld und Strafe frei zu sprechen;
Der Beschuldigte sei mit einer bedingten Freiheitsstrafe von nicht mehr als 20 Monaten, unter Anrechnung der bereits erstandenen Haftdauer, zu bestrafen. Die Probezeit sei auf zwei Jahre festzusetzen. Im Übrigen sei auf den Widerruf des Strafbefehls vom 1. Mai 2017 für eine bedingte Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu CHF 80.-, entspricht CHF 9'600, zu verzichten. Stattdessen sei die Probezeit von zwei Jahren um ein Jahr zu verlängern;
Eventualiter sei im Falle eines Schuldspruches wegen versuchter vorsätzlicher Tötung im Sinne von Art. 111 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB sowie des Verstosses gegen das Waffengesetz im Sinne von Art. 33 Abs. 1 WG die vorinstanzliche Strafe von 5 Jahren Freiheitsstrafe (unter Anrechnung der bereits erstandenen Haft) zu bestätigen.
Die Verfahrenskosten sowie die Kosten der amtlichen Strafverteidigung seien ausgangsgemäss zu veranlagen.
Erwägungen:
Ausgangslage
Im Anschluss an eine tätliche Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen, welche sich am 13. August 2017 im Club C. in Zürich und anschliessend ab
00.40 Uhr vor dieser Örtlichkeit zutrug, stellte sich heraus, dass einer der Kontrahenten, nämlich der heutige Privatkläger, B. , u.a. durch einen Messerstich in die Brust verletzt worden war.
Der Beschuldigte konnte damals vor Ort nicht mehr angetroffen werden, doch ergaben sich aus den folgenden Befragungen anderer Personen und weiteren polizeilichen Ermittlungen Hinweise auf seine Beteiligung an dieser Auseinandersetzung und seine Täterschaft. Am 5. September 2017 wurde er schliesslich verhaftet.
Verfahrensgang
Nach ausführlicher Untersuchung des Vorfalls erhob die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich (fortan Anklagebehörde) am 12. März 2018 gegen den Beschuldigten Anklage am Bezirksgericht Zürich (Urk. 33).
Die Hauptverhandlung vor Vorinstanz, anlässlich welcher nebst dem Beschuldigten auf dessen Ersuchen hin auch der Privatkläger befragt wurde, fand am 10. Juli 2018 statt (Prot. I S. 9 ff.). Gleichentags wurde das nun angefochtene, oben im Wortlaut wiedergegebene Urteil gefällt und den Parteien im Dispositiv abgegeben (Urk. 133). Dieses besteht im Wesentlichen aus der Verurteilung des Be-
schuldigten zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und wegen Verstosses gegen das Waffengesetz.
Gegen dieses Urteil meldete die Anklagebehörde mit Schreiben vom
12. Juli 2018 Berufung an (Urk. 113). Auf entsprechendes Gesuch hin wurde dem Beschuldigten am 9. August 2018 der vorzeitige Strafantritt bewilligt (Urk. 123).
Ihr begründetes Urteil versandte die Vorinstanz am 26. Oktober 2018 und die Parteien nahmen es am 29. Oktober 2018 in Empfang (vgl. Urk. 123/1-3). Die Berufungserklärung der Anklagebehörde datiert vom 12. November 2018 und erfolgte somit innert der dafür vorgesehenen Frist (Urk. 135). Darin erklärte die Anklagebehörde, ihre Berufung auf die Bemessung der Strafe zu beschränken, wobei sie eine Freiheitsstrafe von 9 Jahren und eine Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu Fr. 30.00 beantrage.
Innert der ihr hierfür angesetzten Frist (Urk. 138) erhob die amtliche Verteidigung des Beschuldigten am 29. November 2018 Anschlussberufung (Urk. 140). Sie beantragt im Wesentlichen, der Beschuldigte sei (nur) wegen versuchten Totschlags zu verurteilen und mit einer bedingten Freiheitsstrafe von nicht mehr als 20 Monaten zu bestrafen. Der Privatkläger erklärte mit Eingabe vom 11. Dezember 2018 auf die Stellung eigener Anträge zu verzichten (Urk. 142).
Am 13. Juni 2019 wurde auf den heutigen 19. August 2019 zur Berufungsverhandlung vorgeladen (Urk. 146). Diese fand wie vorgesehen in Anwesenheit des Beschuldigten und seines Verteidigers, lic. iur. X. , sowie der Staatsanwältin lic. iur. B. Groth statt (Prot. II S. 4 ff.).
Umfang der Berufung und der Anschlussberufung
Mit der oben wiedergegebenen Berufungsbzw. Anschlussberufungserklärung nicht angefochten und damit in Rechtskraft erwachsen sind die Dispositiv-Ziffern 5, 6, 7, 8, 9, 10 und 11 des vorinstanzlichen Urteils, was vorweg festzustellen ist.
Im Berufungsverfahren zur Disposition stehen somit die Dispositiv-Ziffern 1, 2, 3, 4
sowie 12 und 13.
Vorwurf I: Versuchte vorsätzliche Tötung
Die Vorinstanz kam aufgrund der gewürdigten Beweismittel zusammengefasst zu folgenden Schlüssen (Urk. 133 S. 7 ff., S. 13 f., S. 20): Zwischen der Gruppe des Beschuldigten und derjenigen des Privatklägers sei es zunächst im und anschliessend vor dem Club C. zu einer chaotischen Auseinandersetzung gekommen, an welcher sich der Beschuldigte aktiv und freiwillig beteiligt habe. In deren Verlauf habe der Beschuldigte ein von ihm mitgeführtes Klappmesser (Klingenlänge ca. 5 bis 6 cm, Grifflänge ca. 9 bis 10 cm) gezückt. Nachdem er von der Auskunftsperson D. geschlagen worden und zu Boden gefallen sei, und währenddem er am Aufstehen gewesen sei, habe er den Privatkläger mit diesem Messer ungezielt in die Brust gestochen und ihn ferner damit am Oberarm verletzt.
In Bezug auf die vom Privatkläger B.
erlittenen Körperverletzungen
ist der angeklagte Sachverhalt wie die Vorinstanz zu Recht festhält insbesondere aufgrund der entsprechenden ärztlichen Berichte bzw. des Gutachtens sowie aufgrund der von den Verletzungen des Privatklägers angefertigten Fotos (Urk. 10/3-10) erstellt. Die Schnittlänge von ca. 5 cm und die Stichtiefe von ca. 7 cm der Verletzung an der Brust ergeben sich aus den Fotos der noch offenen Schnittund Stichwunde und der Tatsache, dass sowohl die Brustkorb-Muskulatur als auch Lungengewebe des Privatklägers in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Ferner erlitt der Privatkläger was ebenfalls aus der Fotodokumentation ersichtlich ist
eine 1 cm lange Schnittwunde an der Innenseite des linken Oberarms.
Diese Verletzungen wurden dem Privatkläger vom Beschuldigten zugefügt, was grundsätzlich anerkannt ist. Die entsprechenden Aussagen wurden im angefochtenen Entscheid zusammengestellt (Urk. 133 S. 7 ff.). Was den konkreten Tathergang anbelangt, kann gestützt auf Art. 82 Abs. 4 StPO mit den nachfolgenden Ergänzungen ebenfalls auf die vorinstanzlichen Erwägungen zur Sachverhaltserstellung verwiesen werden (Urk. 133 S. 7-9).
Der Vorinstanz ist ohne Weiteres darin beizupflichten, dass der Beschuldigte mit seinem Vorgehen den Tatbestand des vollendeten Versuchs einer vorsätzlichen Tötung nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv, nämlich eventualvorsätzlich, erfüllt. Der Beschuldigte nimmt jedoch eine Privilegierung für sich in Anspruch, verlangt er doch mit seiner Anschlussberufung, er sei eben nicht der versuchten vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB, sondern des versuchten Totschlags im Sinne von Art. 113 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen. Bereits vor Vorinstanz betonte er, sich zum Tatzeitpunkt in einer absoluten Ausnahmesituation befunden zu haben, zumal er mehrfach brutal von sowohl zahlenmässig als auch körperlich überlegenen Kontrahenten, vor allem von D. , mit harten Schlägen gegen den Kopf traktiert worden sei. Von den Kopftreffern benommen, habe er um sein Leben gefürchtet und sei von unkontrollierbaren Gefühlen wie Angst, Verzweiflung und Panik überwältigt worden. Er sei von seinem Überlebensinstinkt sowie vom Gedanken, sich die Angreifer vom Leib zu halten und unbeschadet aus der Situation zu entkommen, getrieben gewesen (Urk. 104 S. 2 S. 12; Prot. I S. 28 ff.).
Die Vorinstanz setzte sich ausführlich und zutreffend mit der Frage auseinander, unter welchen Voraussetzungen die Anwendung des privilegierten Tatbestandes des Totschlags in Frage kommt (Urk. 133 S. 24 ff.). Auf ihre Ausführungen kann auch hier verwiesen werden, weshalb die nachfolgenden Bemerkungen lediglich als Rekapitulation zu verstehen sind: Der privilegierte Tatbestand des Totschlages im Sinne von Art. 113 StGB gelangt zur Anwendung, wenn der Täter in einer nach den Umständen entschuldbaren Gemütsbewegung unter grosser seelischer Belastung gehandelt hat. Nachdem eine grosse, sich in der Regel zunehmend aufbauende seelische Belastung hier nicht zur Diskussion steht, ist zu sagen, dass Art. 113 StGB namentlich Täter eines Tötungsdelikts privilegiert, die sich in einer akuten Konfliktsituation befinden und sich in einer einfühlbaren, heftigen Gemütsbewegung wie beispielsweise Jähzorn, Wut, Eifersucht, Verzweiflung Angst dazu hinreissen lassen, einen anderen Menschen zu töten.
Entscheidend für die Anwendung des Art. 113 StGB ist jedenfalls, dass die darin vorausgesetzte heftige Gemütsbewegung entschuldbar sein muss. Entschuldbarkeit setzt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung voraus, dass die heftige Gemütsbewegung (und nicht etwa die Tat) bei objektiver Betrachtung der sie auslösenden Umständen gerechtfertigt und die Tötung dadurch bei ethischer Beurteilung in einem milderen Licht erscheint. Es muss angenommen werden können, auch eine andere, anständig gesinnte Person wäre in der betreffenden Situation leicht in einen solchen Affekt geraten. Hat der Täter die Konfliktsituation, welche die Gemütsbewegung auslöste, jedoch selber verschuldet doch vorwiegend durch eigenes Verhalten schuldhaft herbeigeführt, so ist der Affekt nicht entschuldbar (BSK Strafrecht I- Schwarzenegger, 4. A., 2019, N 3 ff. zu Art. 113 StGB; BGE 119 IV 202 E. 2a und b; BGE 118 IV 233 E. 2).
Der Beschuldigte macht sinngemäss und dies mit einer gewissen Berechtigung geltend, während der Auseinandersetzung mit der anderen Gruppe unter Druck geraten zu sein. Einerseits ist auf einer Videoaufzeichnung von Überwachungskameras zu sehen (Urk. 13/5, z.B. Aufzeichnung Streetparade_Vorfall 2) und wird dem Beschuldigten auch in der Anklageschrift attestiert, dass er, kurz nachdem der Streit vor dem Club seine Fortsetzung gefunden hatte, auf der gegenüberliegenden Strassenseite im Gerangel zu Boden fiel, aber wieder aufstand, worauf er von jemandem getreten wurde (Urk. 13/5 Aufzeichnung Streetparade_Vorfall 2, Aussen 1, 12:43:41 - 12:43:50; Urk. 5/12 S. 1; Urk. 33 S. 2). In der Folge (ab 12:43:54 Uhr) ist auf der Videoaufzeichnung zu sehen, dass der Beschuldigte nach links davonläuft, wobei er vom Privatkläger mit auf die Seite ausgebreiteten Armen in gleichem Tempo seitlich begleitet wird, bis beide einander gegenüber stehen bleiben. Gemäss der ebenfalls beteiligten Auskunftsperson
E.
sei der Privatkläger B.
mit ca. 190 cm sehr gross und mache
deshalb Eindruck (Urk. 8/4 S. 2). Tatsächlich ist der Privatkläger nach eigenen Angaben 189 cm gross und wog im Zeitpunkt des Vorfalls 90 bis 95 kg (Prot. I S. 20). Damit fand sich der ungefähr 177 cm grosse und damals ca. 74 kg schwere Beschuldigte (Prot. I S. 26; Urk. 152 S. 11) einem doch deutlich grösseren und körperlich augenscheinlich überlegenen Widersacher gegenüber. Schliesslich zeigen die vorhandenen Videoaufzeichnungen, was sowohl der Zeuge F. als
auch die beteiligte Auskunftsperson D. berichten: Der Beschuldigte wurde in der fraglichen Sequenz des Vorfalls - und zwar gemäss vorinstanzlicher Sachverhaltserstellung unmittelbar vor dem Messerstich - durchaus heftig von der Auskunftsperson D. attackiert. So näherte sich D. , vom Beschuldigten unbemerkt, mit Anlauf bzw. rennend von der Seite, versetzte ihm einen heftigen Stoss bzw. gemäss Aussagen von D. selbst einen Schlag mit der linken Hand gegen den Kopf. D. fügte an, noch überlegt zu haben, den Beschuldigten mit rechts zu schlagen, aber Angst gehabt zu haben, dass er so dessen Kopf kaputt machen würde, weshalb er ihn mit links, also seiner schwächeren Hand geschlagen habe (Urk. 8/7 S. 9, S. 12 f.; vgl. auch Urk. 13/5 Aufzeichnung Streetparade_Vorfall 2, Aussen 1, ca. 12:44:00 bzw. Urk. 13/10 S. 8). Auch der Zeuge F. beschrieb nicht nur einen Stoss, sondern einen von D. mit Anlauf von der Seite her ausgeführten, heftigen Schlag mit der Faust in das Gesicht des unvorbereiteten Beschuldigten, der diesen zu Boden gehen liess (Urk. 9/1 S. 1; Urk. 9/5 S. 3, S. 5, S. 7). Aufgrund dieser Aussagen und derjenigen des Beschuldigten (Prot. I S. 28) ist somit davon auszugehen, dass dieser einen starken Schlag gegen seinen Kopf versetzt bekam. Dadurch wurde er wie die Videoaufzeichnung zeigt (12:44.02) ein bis zwei Meter weiter seitlich zu Boden geschleudert. Weiter ist auf der Videoaufzeichnung zu sehen, dass der Beschuldigte nach diesem Sturz sofort aufsteht, dann aber aus unklarem Grund gleich wieder rückwärts zu Fall kommt. Der Beschuldigte war in der Folge aber derart schnell und sicher wieder auf den Beinen und verschwunden, dass entgegen der Argumentation des Beschuldigten und der Verteidigung (Prot. I S. 28; Urk. 104 S. 4,
S. 5; Urk. 152 S. S. 7 und 11) eine relevante Benommenheit als Folge erlittener Schläge auszuschliessen ist.
Nicht übersehen werden darf sodann, dass der Beschuldigte wenn auch nach langem Leugnen einräumte, das von ihm für die Tat verwendete Messer vor langem gekauft und (anscheinend von zu Hause) nach Zürich mitgenommen zu haben (Urk. 5/7 S. 2; Urk. 5/10 S. 3). Dies tat er im Wissen, dass er und seine Kollegen beabsichtigten, an die Streetparade und anschliessend in den Ausgang zu gehen. Er führte das Messer die ganze Zeit über in seiner rechten Hosentasche mit sich und zeigte es unterwegs einem Kollegen mit den Worten, es zum Selbst-
schutz zu brauchen (Urk. 5/7 S. 2 f.; Urk. 5/10 S. 3). Damit war dem Beschuldigten von allem Anfang an klar, dass er in dieser Nacht, sollte er in eine eskalierende Situation geraten, bewaffnet sein würde.
Weiter fällt ins Gewicht, dass der Beschuldigte sich, als die Auseinandersetzung im Club begann und anschliessend vor dem Club neu entfacht wurde, nicht etwa heraushielt, geschweige denn entfernte. Entgegen seiner Auffassung (Prot. I S. 27) ist auch in keiner der Aufnahmen zu sehen und war auch in keiner Einvernahme zu hören, dass er wahrnehmbar schlichtend eingriff. Die Videoaufzeichnung legt das Gegenteil nahe: Der Beschuldigte stürzte sich mindestens zweimal direkt ins Getümmel und beteiligte sich aktiv an den gegenseitigen Gewalttätigkeiten (Urk. 13/5 Streetparade_Vorfall, 12:40:02-12:40:32 sowie Streetparade_Vorfall 2, Aussen 1, 12:43:41). Ob er dies zunächst allenfalls tat, um einem Kollegen aus seiner Gruppe, G. - den er erst an diesem Abend kennen gelernt hatte und der die Auseinandersetzung nota bene vor den Augen des Beschuldigten erst angezettelt hatte (Urk. 5/4 S. 3 f.; Urk. 6/2 S. 5 f., Urk. 8/1 S. 2; Urk. 8/4 S.2; Urk. 8/6 S. 3; Urk. 13/5 Streetparade_Vorfall) zu helfen, tut hier nichts zur Sache, da sich solche Umstände per se nicht zu Gunsten des Beschuldigten auszuwirken vermögen. Davon, dass er sich in irgendeinem Zeitpunkt mit Entschlossenheit von der Szenerie entfernt hätte, kann jedenfalls keine Rede sein. Just seine aktive Teilnahme an der Auseinandersetzung führte dazu, dass der Beschuldigte in der Folge in jene behauptete Bedrängnis und Panik geriet, die Grundlage zur Anwendung der Privilegierung im Sinne von Art. 113 StGB bilden soll.
Obwohl der Beschuldigte im weiteren Verlauf sah und zu spüren bekam, wie unübersichtlich und unkontrolliert die Situation eskalierte, fasste er den verhängnisvollen Entscheid, sich zu seiner Verteidigung des von ihm in der Hosentasche mitgeführten Messers zu bedienen. Anlässlich der Berufungsverhandlung vermochte sich der Beschuldigte nicht mehr daran zu erinnern, wann er das Messer hervornahm. Er wisse nur noch, dass er dem Privatkläger gegenüber gestanden und ihn mit dem Messer auf Abstand zu halten versucht habe. Seiner Erinnerung nach habe er das Messer wegen des Privatklägers aufgemacht, also,
nachdem er ihm gegenüber gestanden habe (Urk. 153 S. 6 ff.). Dazu ist zu sagen, dass der Beschuldigte das Messer nicht erst hervorgeholt und aufgeklappt haben konnte, nachdem er von D. niedergeschlagen worden, wieder aufgestanden und erneut rückwärts hingefallen war (Urk. 13/5 Aufzeichnung Streetparade_Vorfall 2, Aussen 1, ab 12:44.02). Das Tempo, mit welchem sich das Geschehen in dieser Sequenz abspielte, erlaubte das Behändigen und Öffnen des später zwar nie gefundenen, aber vom Beschuldigten als beidhändig aufklappbar beschriebenen Messers gar nicht. Demnach musste er es schon vorher gezückt haben. Sowohl gewisse seiner eigenen Aussagen (Prot. I S. 43) als auch Ausführungen des Zeugen F. (Urk. 9/1 S. 1; Urk. 9/5 S. 3 S. 7, S. 8 f.) lassen darauf schliessen, dass der Beschuldigte dies getan hatte, nachdem er kurz vor der gerade geschilderten Szene im Gerangel zu Boden gefallen war und bevor er von
D.
geschlagen wurde zu einem Zeitpunkt also, als er dem Privatkläger
noch gar nicht gegenüber stand. Trotz der gegen ihn zuvor im Gerangel ausgeführten Tätlichkeiten ist der Entscheid des Beschuldigten, sein Messer zu ziehen, nicht ansatzweise nachfühlbar. Er befand sich weder in übermässiger Bedrängnis und schon gar nicht in einer ausweglosen Position, vermochte er nach seinem Sturz doch sofort wieder aufzustehen und zur Seite zu laufen. Davon, dass sich eine solche Situation durch das Ziehen eines Messers klären würde, konnte der Beschuldigte unmöglich ausgehen. Dies musste ihm bereits klar gewesen sei, als er es zu Hause einpackte und dann schliesslich umso mehr, als sich eine derart unübersichtliche Schlägerei mit diversen Beteiligten entwickelte. So darf als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass ein solches Aufrüsten mit Waffen keineswegs der Beruhigung dient, sondern regelmässig geeignet ist, die Stimmung (weiter) aufzuheizen und zudem eine Gefahr für Leib und Leben darstellt. Insofern leistete der Beschuldigte einen weiteren Beitrag, die Konfliktsituation, die ihn schliesslich überforderte, zu schüren. Die Provokation und das Gefährdungspotential für Leib und Leben, das in der damals gegebenen chaotischen Situation von einer solchen Stichwaffe ausging, lagen für den Beschuldigten klar auf der Hand.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Beschuldigte das Messer zwar zum Selbstschutz mitgenommen und gemäss seiner Darstellung tatsächlich versucht
haben will, damit eine Drohung für die Angreifer darzustellen und diese so fernzuhalten (Urk. 5/7 S. 3; 5/10 S. 4 f., S. 9 f.; Urk. 153 S. 7 f.). Er erklärte dazu, gehört zu haben, dass (generell) viele Leute grundlos spitalreif geschlagen und auch abgestochen würden. An diesem Tag habe die Streetparade stattgefunden, wo man alle möglichen Leute sehe. Deshalb habe er sich gedacht, er nehme das Messer zum Selbstschutz mit (Urk. 5/10 S. 5, S. 10; Urk. 5/12 S. 4; Urk. 153 S. 8 f.). Trotz dieser angeblichen expliziten Absicht des Beschuldigten, sich in erster Linie die abschreckende Wirkung der Waffe zu Nutze zu machen, bekam erstaunlicherweise kaum einer der Anwesenden etwas von deren Vorhandensein mit, womit sie diesen Zweck ohnehin nicht erfüllen konnte. Nur wenige der unbeteiligten Personen von den befragten war es nur der Zeuge F. - nahmen das Messer überhaupt wahr (Urk. 9/1 S. 1; Urk. 9/5 S. 3). Die Vorinstanz siedelte den vom Beschuldigten ausgeführten Messerstich mit überzeugender Begründung unmittelbar
nach seinem, durch die Auskunftsperson D.
verursachten, Sturz auf den
Boden an (Urk. 133 S. 8 f.). Weder der in dieser Sequenz in der Nähe stehende und in Richtung des Beschuldigten blickende Privatkläger noch D. erkannten in diesem Augenblick ein Messer in der Hand des Beschuldigten (Urk. 8/7 S. 4; Urk. 8/8 S. 14); der Privatkläger sah lediglich etwas Glänzendes in dessen Hand (Urk. 7/2 S. 38; Urk. 7/8 S. 11). Nicht zuletzt der Beschuldigte selbst sagte dazu, er könne nicht genau sagen, wie die Angreifer auf das Messer reagiert hätten. Er wisse nicht einmal, ob sie es überhaupt gesehen hätten (Urk. 5/10 S. 4 f.; Urk. 153 S. 8). Kommt hinzu, dass auch der eigentliche Messerstich selbst für Aussenstehende unbemerkt blieb. Selbst die Aussagen des direkt betroffenen Privatklägers blieben notgedrungen sehr vage. Er nahm den Messerstich zwar als Schlag gegen seine Brust wahr, ohne zuverlässig sagen zu können, wann dieser passierte; einen Stich mit einem Messer sah er jedoch nicht kommen. (Urk. 7/8
S. 7, S. 9 f., S. 11 f., S. 16 ff.; Prot. I S. 17). Keine der weiteren befragten Personen konnte einen Messerstich bestätigen; selbst der Zeuge F. , der einzige der Befragten, der das Messer effektiv gesehen hatte, war dazu ausserstande (Urk. 9/1 S. 1; Urk. 9/5 S. 3). Vor dem Hintergrund dieser Aussagen ist auszuschliessen, dass der Beschuldigte abschreckend, d.h. sichtbar mit dem Messer vor seinen Kontrahenten herumfuchtelte und zunächst damit drohte, um sich diese
vom Leib zu halten, wie er es mitunter beschrieb (Urk. 5/10 S. 4, S. 5 f.; Urk. 5/12
S. 2, S. 3). Der Stich erfolgte vielmehr, sobald das Messer einsatzbereit gemacht worden war und sich nach dem Sturz des Beschuldigten die Gelegenheit dazu ergab. Er traf auch nicht die Person, welche den Beschuldigten unmittelbar zuvor niedergeschlagen hatte, nämlich D. , sondern den überraschten Privatkläger. Dass der Privatkläger ihm zuvor wegen besonderen Gewaltanwendungen aufgefallen wäre und aus einem solchen Grund Zielscheibe dieser Attacke wurde, beschrieb der Beschuldigte nie. Daher ist nicht ansatzweise nachvollziehbar, warum sich diese Aktion ausgerechnet gegen den Privatkläger richtete. Das gesamte Verhalten des Beschuldigten, insbesondere die Art, wie er mit dem Messer umging, spricht für eine Aggression und Frustration geschuldete Einbusse seiner Fähigkeit zur Selbstbeherrschung, welche ihren Ursprung wohlgemerkt in seinem eigenen Agieren hatte. Keinesfalls ist von einer angstgetriebenen Panikreaktion auszugehen (Urk. 153 S. 7 und S. 12 f.; Urk. 154 S. 4).
Schliesslich spricht das Bild der vom Privatkläger erlittenen Wunde am Thorax, bei welcher es sich um einen 7 cm tiefen, im Körper leicht von oben nach unten in die Körpermitte verlaufenden Stich handelt (Urk. 10/10), gegen eine Verletzung, die durch eine in Panik zufällig bzw. unbewusst ausgeführte Bewegung (Prot. I S. 29, S. 32) durch ein Fuchteln zugefügt wurde. Vielmehr wurde das Messer gegen bzw. in den Körper des Privatklägers gestossen. Was die Länge der Klinge des verwendeten Messers anbelangt, schwanken die Angaben des Beschuldigten zwischen 5 cm und 6.5 cm. Aufgrund dieser Angaben und der festgestellten Stichtiefe von 7 cm ist zu folgern, dass das Messer zumindest bis zum Schaft in den Körper des Privatklägers eindrang bzw. sogar noch etwas weiter hineingedrückt wurde.
Zusammenfassend kann dem Beschuldigten, der
sich bereits mit einem Messer bewaffnet in den Ausgang begab,
sodann aktiv an einer gewalttätigen und chaotischen Massenschlägerei junger Männer teilnahm und
sich zu keinem Zeitpunkt entschieden davon distanzierte, sondern
sogar ohne in eine besondere Bedrängnis geraten zu sein -, seine Stichwaffe zog und
damit überraschend einem der Kontrahenten die beschriebene tiefe Stichverletzung im vorderen oberen Bereich des Thorax zufügte,
nicht zugebilligt werden, die Gemütsbewegung, in welche er während der Schlägerei (allenfalls) geraten war, sei im Sinne von Art. 113 StGB entschuldbar. Ganz massgebend gegen die Privilegierung spricht, dass der Beschuldigte selbst an der Schlägerei teilnahm, bis er angeblich glaubte, die Situation mit einem Messer klären zu müssen. Angesichts der geschilderten Situation erscheint bereits die heftige Gemütsbewegung nicht gerechtfertigt. Dass ein durchschnittlich denkender, fühlender und handelnder Mensch in der gleichen Lage in einen solchen Affekt geraten wäre, ist zudem vehement zu verneinen. Der Versuch, in einer solchen Situation einen anderen Menschen zu töten - und zwar einigermassen wahllos ein Mitglied der anderen Gruppe erscheint bei ethischer Beurteilung mitnichten in einem milderen Licht. Aus diesen Gründen kommt, wie die Vorinstanz zutreffend schliesst, eine Privilegierung der versuchten Tötung als versuchter Totschlag nicht in Frage (Urk. 133 S. 25).
Die Verurteilung des Beschuldigten wegen versuchter vorsätzlicher Tötung im Sinne von Art. 111 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB durch die Vorinstanz erfolgte demnach zu Recht.
Vorwurf II: Vergehen gegen das Waffengesetz
Dass der Beschuldigte am 29. August 2017 einen Gegenstand in seinem Personenwagen mitführte, der in der Anklageschrift als Schlagstock bezeichnet wird, ist objektiv klar und wurde auch anerkannt. Die Vorinstanz sah darin in Übereinstimmung mit der Anklagebehörde einen Verstoss gegen das Waffengesetz, wobei sie ihm einen vermeidbaren Verbotsirrtum zubilligte (Urk. 133 S. 27 ff.).
Wer Waffen nicht gewerbsmässig in das schweizerische Staatsgebiet verbringen eine Waffe an öffentlich zugänglichen Orten tragen sie transportieren will, benötigt eine Bewilligung (Art. 25 Abs. 1 und Art. 27 Abs. 1 WG). Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich ohne eine solche Berechtigung Waffen trägt in das schweizerische Staatsgebiet verbringt (Art. 33 Abs. 1 lit. a WG). Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung Busse. In leichten Fällen kann von einer Bestrafung ganz abgesehen werden. Als Waffen im Sinne von Art. 4 Abs. 1 WG gelten unter anderem Geräte, die dazu bestimmt sind, Menschen zu verletzten, namentlich Schlagringe, Schlagruten, Schlagstöcke, Wurfsterne und Schleudern (lit. d).
Ein Schlagstock stellt demnach eine Waffe im Sinne des Waffengesetzes dar, deren Tragen Transportieren eine Bewilligung erfordert, über welche der Beschuldigte nicht verfügte. Was die Qualifizierung des von ihm mitgeführten Gegenstandes als Waffe im Sinne des Waffengesetzes anbelangt, erklärte der Beschuldigte gemäss dem Polizeirapport zunächst, er denke nicht, dass es sich dabei um einen Schlagstock handle. Es handle sich eigentlich um eine Taschenlampe, die er mitführe, falls am Fahrzeug einmal etwas defekt sei. Diese Taschenlampe könne man legal im Internet erwerben; er habe sie an einer Tankstelle als Geschenk erhalten (Urk. D/2/1 S. 1 f.). In der Untersuchung erklärte er dann, dieser Gegenstand sehe zwar aus wie ein Schlagstock, sei aber keiner; es gebe eine Lampe drinnen. Er habe ihn mehr aus Spass in einer Tankstelle in Deutschland für EUR 10 gekauft, ohne zu wissen, dass er nicht legal sei. Für ihn sei ein Schlagstock etwas anderes, nämlich so etwas wie ein Teleskopstock. Ausserdem habe er gar nicht gewusst, dass er diesen Gegenstand noch im Auto habe (Urk. 5/10
10 f.). Anschliessend anerkannte er aber den Schlussvorhalt der Anklagebehörde mit der Bemerkung, nicht gewusst zu haben, dass dies in der Schweiz illegal sei (Urk. 5/10 S. 15). Anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung erklärte der Beschuldigte es sei richtig, dass es im Nachhinein ein Schlagstock gewesen sei. Er habe aber die ganze Zeit nicht im Sinn gehabt, dass es ein Schlagstock sei. Für ihn sei es eine Taschenlampe gewesen, welche man für den Fall eines Unfalles im Auto habe und womit man die Scheiben einschlagen könne.
Es sei eine Glühbirne vorhanden gewesen. Er habe nicht im Kopf gehabt, den Gegenstand zu benützen, um eine Person zu verletzen. Er habe ihn einfach an der Tankstelle in Deutschland kaufen können, weshalb er gedacht habe, dass das legal sei. Abschliessend erklärte der Beschuldigte, auf entsprechende Frage, im Nachhinein anzuerkennen, gegen das Waffengesetz gehandelt zu haben (Prot. I S. 36). Anlässlich der Berufungsverhandlung erklärte der Beschuldigte entsprechend befragt, dass er den Schlagstock gerade nach der mit Strafbefehl vom
Mai 2017 abgeurteilten SVG-Verfehlung erstanden und im dazumal geführten Audi S5 deponiert habe (Urk. 153 S. 14).
Der Verteidiger des Beschuldigten führte vor erster Instanz aus, beim fraglichen Gegenstand handle es sich um nichts anderes als um eine Stabtaschenlampe. Es sei lächerlich, dass eine solche frei verkäufliche Stabtaschenlampe, die in Notsituationen auch zum Einschlagen der Autoscheibe verwendet werden könne, nun als gefährlicher Gegenstand im Sinne des Waffengesetzes taxiert werde (Urk. 104
S. 9). Auch anlässlich der Berufungsverhandlung stellte die Verteidigung in Abrede, dass der Beschuldigte den Schlagstock tatsächlich als solchen erkannt habe. Daran ändere auch die Feststellung des Beschuldigten nichts, dass der Gegenstand wie ein Schlagstock aussehe, zumal dies auch auf alle in einem Baumarkt frei verkäuflichen Stabtaschenlampen zutreffe. Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass der Beschuldigte den Schlagstock als solchen erkannt habe, habe er diesen in einer offiziellen deutschen Verkaufsstelle erworben und deshalb davon ausgehen dürfen, dass er sich rechtmässig verhalte. Der Schlagstock sei mit einem frei verkäuflichen Pfefferspray einem Sackmesser vergleichbar, für welche nach dem Waffengesetz keine Bewilligung erforderlich sei. Im Übrigen sei auch bei entsprechender Recherche nichts über die vermeintliche Illegalität dieses Schlagstockes zu finden, weder im Internet noch in der Broschüre des fedpol Schweizerisches Waffenrecht. Somit hätte der Beschuldigte einen Rechtsirrtum selbst bei Einholung entsprechender Auskünfte nicht vermeiden können, weshalb er freizusprechen sei (Urk. 154 S. 6 ff.).
Während der Beschuldigte in erster Linie sein fehlendes Wissen bezüglich Illegalität dieses Gegenstands herausstreicht, bestreitet die Verteidigung ferner,
dass der Gegenstand überhaupt vom Waffengesetz erfasst sei. Dies ist jedoch klar der Fall. So ist es keineswegs so, dass sich die Funktion des fraglichen Gegenstandes auf diejenige einer Taschenlampe beschränkt, die im Notfall auch zum Zertrümmern einer Autoscheibe eingesetzt werden kann. Auch ist er optisch deutlich von frei verkäuflichen Stabtaschenlampen zu unterscheiden, zumal er augenscheinliche Merkmale einer Schlagwaffe aufweist, namentlich die gezackte Frontpartie mit kronenartigem Abschluss, welcher wohl auch den Einsatz als Stichwaffe möglich macht, und der Handschutz. Es handelt es sich beim fraglichen Gegenstand explizit und für jeden insbesondere den Beschuldigten ersichtlich, um eine Kombination von Schlagstock und Lampe (vgl. dazu auch Urk. D2/4). Die Vorinstanz verweist zu Recht auf die zum Teil widersprüchlichen und ausweichenden Aussagen des Beschuldigten zum Erwerb des Schlagstockes und zu seinen Vorstellungen betreffend dessen Funktion, insbesondere aber auf die Zugabe des Beschuldigten, der Gegenstand sehe aus wie ein Schlagstock (Urk. 5/10 S. 10). Darauf ist er zu behaften. Da der Gegenstand eingestandenermassen aussieht wie ein Schlagstock und zum Einschlagen von Autoscheiben verwendet werden kann, stellt er (auch und namentlich auch für den Beschuldigten) einen Schlagstock dar, weshalb er einerseits ohne Weiteres als Waffe im Sinne des Waffengesetzes zu qualifizieren ist. Da der Schlagstock aufgrund seines Aussehens wie gesagt auch für den Beschuldigten als solcher erkennbar war und er ihn selber
wie anlässlich der Berufungsverhandlung bekannt wurde, wenige Monate vor der Verhaftung in seinem Auto deponiert hatte, ist er überführt, gewusst und gewollt zu haben, künftig einen solchen im Auto mitzuführen. Insofern ist der Sachverhalt der Anklageschrift zweifellos erstellt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts gehört zum Vorsatz gemäss Art. 12 Abs. 2 StGB nur das auf die objektiven Merkmale des Deliktstatbestandes bezogene Wissen und Wollen, nicht aber auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit gar dasjenige der Strafbarkeit (BGE 107 IV 205 E. 3 mit Hinweisen). Wer sein Verhalten irrtümlich für rechtmässig hält, erliegt allenfalls einem Irrtum über die Rechtswidrigkeit (Art. 21 StGB), welcher den Vorsatz des Täters nicht berührt (Urteil des Bundesgerichts 6B_64/2014 vom 26. Juni 2014 E. 3; 6B_1031/2010 vom 1. Juni 2011 E. 2.4.1).
Die Vorinstanz ging mangels anderweitiger Hinweise davon aus, dass der Beschuldigte nicht um die Strafbarkeit des Mitführens des Schlagstockes gewusst habe und dass sich ein Bewusstsein des Beschuldigten um die Widerrechtlichkeit seines Verhaltens nicht erstellen lasse, weshalb im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausgehend von einem Rechtsirrtum zu prüfen sei, ob das Fehlen des Unrechtbewusstseins vermeidbar gewesen wäre (Urk. 133 S. 29, S. 31 f.).
Gemäss Art. 21 StGB (Irrtum über die Rechtswidrigkeit, Verbotsirrtum) handelt nicht schuldhaft, wer bei Begehung der Tat nicht weiss und nicht wissen kann, dass er sich rechtswidrig verhält (Satz 1). War der Irrtum vermeidbar, so mildert das Gericht die Strafe nach freiem Ermessen (Satz 2). Einem Verbotsirrtum erliegt der Täter, der zwar alle Tatumstände kennt und somit weiss, was er tut, aber nicht weiss, dass sein Tun rechtswidrig ist (BGE 129 IV 238 E. 3.1
S. 241). Ein Verbotsirrtum ist indes ausgeschlossen, wenn der Täter aufgrund seiner laienhaften Einschätzung weiss, dass sein Verhalten der Rechtsordnung widerspricht, wenn er also in diesem Sinne das unbestimmte Empfinden hat, etwas Unrechtes zu tun (BGE 104 IV 217 E. 2 S. 218 f.; BSK Strafrecht I- NIGGLI/ MAEDER, 4. Auflage, 2018, N 13 und 15 zu Art. 21 StGB). Um den Rechtsirrtum für sich in Anspruch nehmen zu können, muss der Täter mit anderen Worten stets davon ausgegangen sein, überhaupt nichts Unrechtes zu tun. Sobald aber auch nur ein unbestimmtes Empfinden besteht, man könnte bei seinem Handeln gegen das verstossen, was recht ist, liegt ein beachtlicher Rechtsirrtum ausser Betracht (DONATSCH/ TAG, Strafrecht I, 9. Auflage, Zürich 2013, S. 290; BGE 72 IV 150,
155).
Der Beschuldigte erklärte in der staatsanwaltschaftlichen Befragung auf die Frage, ob ihm bewusst sei, dass ein Schlagstock unter das Waffengesetz falle, zunächst, für ihn sei ein Schlagstock etwas wie ein Teleskopstock und auch lang (Urk. 5/10 S. 11). Kurz zuvor erörterte er wie gesagt aber, dass der in seinem Fahrzeug gefundene Gegenstand wie ein Schlagstock aussehe, aber keiner sei (Urk. 5/10 S. 10). Nachdem der Beschuldigte über den bei ihm vorgefundenen (kürzeren) Gegenstand sagte, dieser sehe aus wie ein Schlagstock, kann ihm nicht geglaubt werden, dass er nur einen (längeren) Teleskopstock den unter das
Waffengesetz fallenden Schlagstöcken zuordnet. Nachdem er wie er in der gleichen Befragung ausdrücklich zugestand (Urk. 5/10 S. 11) - um die Illegalität von Teleskop(schlag)stöcken (und auch Butterflymesser) wusste, muss zudem sein Einwand, nicht gewusst zu haben, dass der fragliche, wie ein Schlagstock aussehende und in Deutschland gekaufte Gegenstand in der Schweiz illegal sei bzw. unter das Waffengesetz falle, als Schutzbehauptung taxiert werden. Aufgrund seines Wissens um die Illegalität von Teleskop(schlag)stöcken und damit um eine entsprechende gesetzliche Regelung sowie aufgrund der zugegebenen Tatsache, dass das hier fragliche Objekt auch gemäss Beschuldigtem wie ein Schlagstock aussieht, muss auf ein durchaus vorhandenes, wenn auch unbestimmtes, grundsätzliches Unrechtsbewusstsein des Beschuldigten geschlossen werden. Ein beachtlicher Rechtsirrtum kann dem Beschuldigten somit entgegen den Überlegungen der Vorinstanz nicht zugebilligt werden.
Der Beschuldigte ist demzufolge eines Vergehens gegen das Waffengesetz im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a WG schuldig zu sprechen.
Ausgangslage
Die Vorinstanz sprach eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren für die versuchte Tötung sowie eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.00 für den Verstoss gegen das Waffengesetz aus, wobei beide Strafen zu vollziehen seien.
Die Anklagebehörde beantragt mit ihrer Berufung eine unbedingte Freiheitsstrafe von 9 Jahren (Urk. 135; Urk. 153 S. 1)
Der Beschuldigte lässt anschlussberufungsweise beantragen, er sei mit einer bedingten Freiheitsstrafe von nicht mehr als 20 Monaten zu bestrafen (Urk. 140; Urk. 154 S. 1). Für den Fall eines Schuldspruches wegen versuchter vorsätzlicher Tötung sowie des Verstosses gegen das Waffengesetz, beantragte der Beschuldigte anlässlich der Berufungsverhandlung eventualiter die Bestäti-
gung der von der Vorinstanz festgelegten Strafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe (154 S. 11).
Die Straftaten des Beschuldigten ereigneten sich 2017. Am 1. Januar 2018 sind revidierte Bestimmungen des allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches, das neue Sanktionenrecht, in Kraft getreten. Gemäss Art. 2 StGB wird ein Straftäter grundsätzlich nach demjenigen Recht beurteilt, das bei Begehung der Tat in Kraft war. Jedoch ist eine zwischen der Tatbegehung und der gerichtlichen Beurteilung in Kraft getretene Revision zu berücksichtigen, wenn das neue Recht das mildere ist. Unter Beurteilung ist die Fällung eines Sachurteils zu verstehen, selbst wenn es sich nicht um das erste handelt, weil es beispielsweise im Berufungsverfahren ergeht (T RECHSEL/VEST, Praxiskommentar StGB, 3. Aufl. 2018, Art. 2 N 7). Im Folgenden ist diesen Grundsätzen Rechnung zu tragen.
Strafzumessung
Vorbemerkung
Die Vorinstanz hat zutreffend festgestellt, dass das Gesetz für eine (vollendete) vorsätzliche Tötung im Sinne von Art. 111 StGB eine Bestrafung mit Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren, d.h. von 5 bis 20 Jahren vorsieht (Art. 111 StGB; Art. 40 Abs. 2 StGB). Die versuchte Tatbegehung vermag angesichts der konkreten Umstände, auf welche noch einzugehen sein wird, die Unterschreitung dieses Strafrahmens nicht zu rechtfertigen. Sie wird im Rahmen der Strafzumessung aber strafmindernd zu berücksichtigen sein. Weitere Gründe für ein Überoder Unterschreiten des ordentlichen Strafrahmens liegen nicht vor (BGE 136 IV 55
E. 58). Der Strafrahmen für den Verstoss gegen das Waffengesetz erstreckt sich von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren (Art. 33 Abs. 1 lit. a WG).
Ein Täter, welcher durch eine mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, ist grundsätzlich zur Strafe der schwersten Straftat zu verurteilen, welche angemessen zu erhöhen ist, wobei das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöht und das
gesetzliche Höchstmass der Strafart nicht überschritten werden darf (Art. 49 Abs. 1 StGB). Wenn ein deutlich schwereres Delikt zusammen mit einer weiteren, leichter wiegenden Nebentat zu sanktionieren ist, ist allerdings zunächst für jeden Normverstoss einzeln eine (hypothetische) Strafe zu ermitteln (vgl. dazu Urteile des Bundesgerichtes 6B_499/2013 vom 22. Oktober 2013 E. 1.8; 6B_1011/2014 vom 16. März 2015 E. 4.4; 6B_610/2017 E. 2.2.1). Mit Blick auf die Frage, ob eine Gesamtstrafe gebildet werden darf, welche auch die Strafe für solche Taten einschliesst, ist zu berücksichtigen, dass die Gleichartigkeit der abstrakten Strafandrohung nicht ausschlaggebend ist. Von mehreren gleichartigen Strafen kann erst dann die Rede sein, wenn im konkreten Fall für jeden einzelnen Normenverstoss gleichartige Strafen auszufällen sind. Resultieren aus der Ermittlung der Einzelstrafen dagegen ungleichartige Strafen, ist die Bildung einer Gesamtstrafe nicht zulässig (vgl. BGE 138 IV 120 E. 5; BGE 137 IV 57). Wie es sich vorliegend damit verhält, wird sich nach der konkreten Bewertung des Verschuldens und der Beurteilung, welche Strafart für die beiden vorliegend gegenständlichen Delikte angemessen ist, zeigen. Die Vorinstanz ist gemäss diesen Überlegungen vorgegangen.
Im Übrigen hat die Vorinstanz die relevanten Strafzumessungsregeln in ihrem Entscheid aufgeführt und ebenso zutreffend festgehalten, dass zwischen Tatund Täterkomponente zu unterscheiden ist (vgl. Urk. 133 S. 32 ff.).
Objektives und subjektives Tatverschulden
Versuchte vorsätzliche Tötung
Zu bewerten ist zunächst das Ergebnis der Tat des Beschuldigten aus rein objektiver Perspektive: Ein im Rahmen einer unübersichtlichen, gewalttätigen Auseinandersetzung in den Thorax eines Menschen, konkret in der Gegend des Herzens ausgeführter, 7 cm tiefer Messerstich stellt eine sehr gravierende Verletzung dar. Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, ist sie grundsätzlich geeignet, Lebensgefahr herbeizuführen (Urk. 133 S. 33 f.). Bedenklich ist, dass die Auswirkungen eines solchen Stiches im dynamischen Kampfgeschehen nicht kontrollierbar sind. Ebenso wenig darf ausser acht gelassen werden, dass die Messerattacke gegen den unbewaffneten Privatkläger unbemerkt und überraschend
ausgeführt wurde, zumal dieser das Messer in der Hand des Beschuldigten nicht wahrgenommen hatte. Dies verhinderte ein Ausweichen eine nennenswerte Verteidigung. Die gravierende Verletzung des Privatklägers musste notfallmässig operativ unter Vollnarkose versorgt werden und schränkte diesen, obwohl er lediglich eine knapp dreiwöchige Arbeitsunfähigkeit und keine bleibenden physischen Schäden zu verzeichnen hatte (Urk. 133 S. 34), monatelang in seinem Alltag ein (Urk. 7/8 S. 15). Er erlebte den Vorfall was nachzuvollziehen ist als traumatisch (Urk. 7/8 S. 7, S. 10, S. 13, S. 14, S. 16). Objektiv fällt handkehrum ins Gewicht, dass der Beschuldigte gemäss erstelltem Sachverhalt nicht gezielt zustach und sich der Privatkläger indes lediglich aufgrund der sofort eingeleiteten medizinischen Betreuung zu keinem Zeitpunkt konkret in Lebensgefahr befand. In Würdigung all dieser Umstände ging die Vorinstanz in Anbetracht der im Rahmen einer (vollendeten) vorsätzlichen Tötung denkbaren Konstellationen zu Recht von einem nicht mehr leichten objektiven Verschulden aus.
In subjektiver Hinsicht war es bereits äusserst fragwürdig, eine Stichwaffe in den nächtlichen Ausgang mitzunehmen, dort in eine durch den eigenen Kumpel angezettelte Auseinandersetzung einzusteigen sowie erst recht, angesichts des sich abzeichnenden eigenen Unterliegens eine Stichwaffe zu ziehen und überraschend zum Einsatz zu bringen. Die Einstichstelle im Bereich der linken Brust manifestiert obwohl ihm nicht unterstellt werden kann, gezielt Richtung Herz gestochen zu haben - den damaligen Willen des Beschuldigten, dem Privatkläger eine gravierende Verletzung beizubringen, was auch eintrat. Insofern kann ihm eine beträchtliche kriminelle Energie nicht abgesprochen werden. Andererseits berücksichtigte die Vorinstanz zu Recht, dass es letztlich ungeplant und spontan aus der Situation heraus zu dieser Tat kam und der Beschuldigte erst zustach, nachdem er selber - und dies teilweise heftig geschlagen worden war (Urk. 133
S. 34). Auch dem Umstand, dass der angetrunkene Privatkläger sich ebenso wie der Beschuldigte überaus aktiv an der Auseinandersetzung beteiligte, mehrfach zuschlug und sich trotz entsprechender Gelegenheiten nicht von der Szenerie entfernte, ist angemessen Rechnung zu tragen (Urk. 133 S. 34). Wie die Vorinstanz zu Recht festhielt, entsprach eine Tötung des Privatklägers nicht dem Handlungsziel des Beschuldigten, doch nahm er durch seine Messerattacke und die dadurch
verursachte Verletzung in Kauf, diesen in Lebensgefahr zu bringen. Mit Bezug auf allfällige Todesfolgen handelte der Beschuldigte somit nicht mit direktem Vorsatz, sondern lediglich eventualvorsätzlich, was verschuldensmindernd zu berücksichtigen ist. Dennoch fügte der Beschuldigte dem Privatkläger die effektiv erlittenen Verletzungen mit direktem Vorsatz zu. Insgesamt vermag die subjektive Tatschwere die objektive nicht zu relativieren. Es bleibt daher bei einem nicht mehr leichten Tatverschulden.
Aufgrund der gesamten, nicht mehr leichten Tatschwere erscheint die vorinstanzlich erfolgte Festsetzung der hypothetischen Einsatzstrafe auf 7 Jahre Freiheitsstrafe also deutlich im untersten Drittel des Strafrahmens zu wohlwollend. Diese hat sich wenigstens an der Grenze zwischen unterem und mittlerem Drittel des Strafrahmens, d.h. bei 10 bis 11 Jahren zu bewegen.
Der blosse Versuch einer Straftat ist als verschuldensunabhängige Tatkomponente unter Berücksichtigung der Nähe des im Tatbestand vorausgesetzten Erfolges hier also der Tötung bzw. des tatsächlich eingetretenen Erfolges strafmindernd zu würdigen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_281/2014 vom
11. November 2014 E. 3.6). Zu beachten ist zudem, dass durch die versuchte Tat ein zweites Rechtsgut beeinträchtigt werden kann, das ebenfalls strafrechtlich geschützt ist, dies allerdings im Schuldpunkt aufgrund unechter Konkurrenz der Tatbestände unberücksichtigt bleibt. Das ist z.B. der Fall, wenn das Opfer, wie hier geschehen, durch einen Tötungsversuch verletzt wird (MATHYS, Leitfaden Strafzmessung, N 218 f.). Der Privatkläger trug zwar erstaunlicherweise verhältnismässig glimpfliche Verletzungen und glücklicherweise keine bleibenden Schä- den davon. Dies ist aber vor allem dem Umstand geschuldet, dass seine Kollegen ihn sofort in Richtung Spital fuhren und ihn unterwegs einer zufällig heranfahrenden Ambulanz übergeben konnten. Eine gewisse Nähe zum tatbestandsmässigen Erfolg war insofern gegeben, als gemäss dem Gutachten aus rechtsmedizinischer Sicht Stichverletzungen am Rumpf zu lebensbedrohlichen Verletzungen (Blutungen in die Brusthöhle, Luftbrust, Verletzung lebenswichtiger Organe etc.) führen können (Urk. 10/9 S. 8). Wie die Vorinstanz zutreffend festhielt, ist es dem blossen Zufall zu verdanken, dass der Privatkläger in der damaligen chaotischen Auseinandersetzung nicht noch schwerere Schädigungen durch das Messer des Beschuldigten erlitt. Unter diesen Umständen vermag die Tatsache, dass es beim Versuch blieb, zwar eine gewisse, aber keine allzu hohe Strafminderung zu rechtfertigen (BGE 121 IV 49 E. 1b). Angemessen erscheint eine Reduktion auf 8 Jahre Freiheitsstrafe.
Auf eine verminderte Schuldfähigkeit durch Alkohol Betäubungsmittel ist angesichts der Angaben des Beschuldigten, er habe Stunden vor der Tat an der Street Parade einen Mojito und dann im C. maximal zwei Jack Daniels mit Cola und keine anderen Substanzen konsumiert (Urk. 5/2 S. 3; Urk. 5/4 S. 12), nicht zu schliessen.
Was die persönlichen Verhältnisse anbelangt kann grundsätzlich auf die Zusammenfassung der Lebensgeschichte des Beschuldigten im angefochtenen Urteil verwiesen werden (Urk. 133 S. 34 f.). Anlässlich der Berufungsverhandlung bestätigte der Beschuldigte im Wesentlichen die bereits in der Untersuchung und vor Vorinstanz gemachten Ausführungen zu seinem persönlichen und insbesondere beruflichen Werdegang. Geplant sei, nach dem Strafvollzug an die zuvor ausgeübte Arbeitsstelle bei H. als Pharmatechnologe anzuknüpfen und auf diesem Bereich eine Ausbildung zu absolvieren. Gemäss Aussage eines Kollegen sei sein früherer Chef nach wie vor bereit, ihm die entsprechende Möglichkeit zu geben. Im Strafvollzug habe er zu Beginn in der Schreinerei, dann schliesslich als Hausarbeiter gearbeitet. Eine Ausbildung in der Schreinerei sei andiskutiert worden, allerdings mit Blick auf einen möglichen offenen Vollzug zeitlich nicht in Frage gekommen. Hingegen habe er im Strafvollzug während dreier Monate eine soziale Kompetenztherapie absolviert und dort gelernt, wie man im Alltag mit Konfliktsituationen umgehen könne. Privat sei die bereits im Tatzeitpunkt bestandene Beziehung weiterhin intakt. Er habe regelmässigen Kontakt mit seiner Partnerin und sie werde auf ihn warten (Urk. 152 S. 2 ff.).
Die Vorinstanz hat zutreffend festgestellt, dass der Lebensgeschichte des Beschuldigten keine strafzumessungsrelevante Faktoren zu entnehmen seien (Urk. 133 S. 43 f.). In einem gewissen Mass berücksichtigt werden darf jedoch, dass der Beschuldigte im Tatzeitpunkt noch keine 22 Jahre alt war. Seine damals
offenbar noch ausgeprägte Unreife dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, dass er überhaupt ein Messer mit sich führte und sich dazu hinreissen liess, damit auf einen Menschen einzustechen.
Beizupflichten ist der Vorinstanz auch darin, dass die nicht einschlägige Vorstrafe des Beschuldigten, ein Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 1. Mai 2017 wegen grober Verkehrsregelverletzung zufolge Geschwindigkeitsüberschreitung, welcher zu einer Bestrafung mit einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 80.00 bei einer Probezeit von 2 Jahren führte, leicht straferhöhend zu berücksichtigen ist. Höchst bedenklich ist dabei, dass der Beschuldigte nur rund dreieinhalb Monate nach dieser Verurteilung bzw. rund zweieinhalb Monate nach Rückzug seiner dagegen erhobenen Einsprache und im Wissen um die laufende Probezeit den Tötungsversuch beging.
Was das Verhalten des Beschuldigten während des vorliegenden Strafverfahrens anbelangt, ist in Relativierung der vorinstanzlichen Erwägungen festzuhalten, dass ihm weder eine auffallend gute Kooperation noch umfassendste Geständnisbereitschaft attestiert werden kann. Dass er sich nicht selber stellte sowie nach seiner Festnahme lange Zeit tatsachenwidrig behauptete, die Tatwaffe nicht mitgebracht, sondern am Tatort auf dem Boden liegend gefunden zu haben, damit auf dem Boden liegend von mehreren Personen bedrängt und in Lebensgefahr nur herumgefuchtelt und den Privatkläger dabei zufällig getroffen zu haben, machte aufwendige Auswertungen der Videoaufzeichnungen sowie die Durchführung zahlreicher Befragungen notwendig, was die Untersuchung verkomplizierte. Dies kann zwar nicht zu Lasten des Beschuldigten gewertet werden, legt jedoch auch keine Strafminderung nahe. Immerhin ist dem Beschuldigten wie die Vorinstanz zu recht ausführt zu Gute zu halten, dass er schon früh einräumte, für die Stichverletzung des Privatklägers verantwortlich zu sein. In der erstinstanzlichen Hauptverhandlung erklärte er schliesslich, es sei eine grosse Dummheit gewesen, ein Messer mitzunehmen; was passiert sei, tue ihm von Herzen leid und beschäftige ihn bis heute (Prot. I S. 31, S. 35). Das bestätigte er auch anlässlich der Berufungsverhandlung (Prot. II S. 7). Es ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte selbst nicht recht begreifen kann und daher verdrängen will, was er
eigentlich getan hat, was sein Verhalten in der Untersuchung ein Stück weit erklärt. Trotz der mitunter gezeigten Verharmlosungstendenz des Beschuldigten kann ihm heute nicht abgesprochen werden, aufrichtige Reue über seine Tat zu empfinden und einzusehen, dass sie falsch und inakzeptabel war. Insgesamt rechtfertigen diese Aspekte trotz der erwähnten Vorbehalte eine merkliche Strafreduktion.
Im Ergebnis richtig befand die Vorinstanz daher, die unter der Täterkomponente zu berücksichtigenden Strafminderungsgründe würden die Straferhöhungsgründe aufund sogar etwas überwiegen. Insofern erscheint für die versuchte vorsätzliche Tötung eine Freiheitsstrafe von 7 Jahren angemessen.
Verstoss gegen das Waffengesetz
Mit Bezug auf die Bewertung des objektiven Verschuldens ist relevant, dass der Beschuldigte gemäss der Anklageschrift am 29. August 2017 in seinem Fahrzeug auf der -strasse in [Ort]/BL einen Schlagstock transportierte. Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, zählt ein Schlagstock zu den harmloseren der vom Waffengesetz erfassten Waffen. Verglichen mit anderen Schlagstöcken ist der beim Beschuldigten vorgefundene zudem abermals als eher harmlose Variante einzustufen. Ferner war der vorgeworfene Tatzeitraum kurz. Die objektive Tatschwere ist vor diesem Hintergrund als sehr leicht bis leicht zu qualifizieren.
Was das subjektive Verschulden angeht, schilderte der Beschuldigte nie eine konkrete, gegen ihn gerichtete Gefährdungssituation, weshalb kein Anlass für das Mitführen eines Schlagstockes ersichtlich ist. Richtig ist, dass so die Vorinstanz keinerlei Hinweise für einen bereits erfolgten Einsatz des Schlagstocks bestehen. Hinter die gemäss Vorinstanz nicht erstellbare Absicht des Beschuldigten, den Schlagstock künftig einzusetzen, sind allerdings Fragezeichen zu setzen, nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass der Beschuldigte eine andere, wenige Tage vorher von ihm mitgeführte Waffe, nämlich ein Messer, für den Tötungsversuch gegen den Privatkläger tatsächlich zum Einsatz brachte. Im Endeffekt trägt dieser Aspekt jedoch nichts Weiteres zur Strafzumessung bei, weshalb sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen. Zu Ungunsten des Beschuldigten wirkt
sich allerdings der Umstand aus, dass der Beschuldigte nur wenige Tage nachdem er den Privatkläger mit einem Messer verletzt hatte mit dieser Waffe unterwegs war. Insgesamt bleibt es vor dem Hintergrund dieser Umstände zwar bei einem sehr leichten bis leichten Verschulden. Unter Berücksichtigung der subjektiven Tatschwere erscheint aber eine im Vergleich zum angefochtenen Entscheid höhere, indes nach wie vor am unteren Rand des Strafrahmens anzusiedelnde Strafe von 60 Tagen Tagessätzen angemessen.
Wie vorne dargelegt, entfällt ein Rechtsirrtum und damit auch eine deswegen zu gewährende Strafreduktion. Sodann ergibt sich auch hier aus den im angefochtenen Entscheid geschilderten persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten bis auf seine Unreife nichts für die Strafzumessung Relevantes.
Die bereits erwähnte Vorstrafe des Beschuldigten und die erneute Verfehlung während deren Probezeit führt auch hier zu einer leichten Straferhöhung.
Der Beschuldigte gab in der Strafuntersuchung einerseits zwar zu, den Schlagstock gekauft und im Auto deponiert zu haben, konnte andererseits aber nie akzeptieren, sich dadurch strafbar gemacht zu haben. Vor diesem Hintergrund ist nicht von einem besonders positiven Nachtatverhalten auszugehen, das eine Strafminderung rechtfertigen würde.
Insgesamt erscheint die Festsetzung der Strafe auf 70 Tage Tagessätze angemessen.
Mit Bezug auf die Strafart ist der Vorinstanz beizupflichten, dass es sich angesichts dieser Strafhöhe sowie aufgrund des Primats der Geldstrafe und da keine Hinweise bestehen, dass eine Geldstrafe in dieser Grössenordnung nicht vollzogen werden könnte (Urk. 133 S. 37), aufdrängt, eine Geldstrafe auszufällen. Dass sich mit einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe ungleichartige Strafen als angemessen erweisen, schliesst die Bildung einer Gesamtstrafe aus.
Nicht zu beanstanden ist die im angefochtenen Urteil angesichts knapper finanzieller Verhältnisse des Beschuldigten erfolgte Festsetzung des Tagessatzes auf Fr. 30.00, zumal sich dieser bereits seit knapp zwei Jahren in Haft befindet,
dort in nächster Zukunft bleiben wird und kein nennenswertes Einkommen erzielen kann und mangels Vorhandenseins auch nicht auf vor der Verhaftung gebildetes Vermögen zurückgreifen kann (vgl. Urk. 133 S. 37).
Der Beschuldigte ist demnach mit einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren sowie mit einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu Fr. 30.00 zu bestrafen.
Freiheitsstrafe
Wie im angefochtenen Urteil richtig festgehalten, steht bei einer Freiheitsstrafe von über 3 Jahren ein bedingter Vollzug von Vornherein nicht zur Diskussion, weshalb die hier auszusprechende Freiheitsstrafe von 7 Jahren zu vollziehen ist (vgl. Urk. 133 S. 38).
Geldstrafe
Von einem Aufschub der Geldstrafe zur Bewährung sah die Vorinstanz mit der Begründung, dass der Beschuldigte innert der ersten vier Monate der ihm mit Strafbefehl vom 1. Mai 2017 angesetzten Probezeit zweimal straffällig worden sei, indem er am 13. August 2017 den Privatkläger mit dem Messer verletzte und am
29. August 2017 ohne Berechtigung mit einem Schlagstock unterwegs gewesen sei, ab (Urk. 133 S. 38). Der Beschuldigte stellte hierzu keinen expliziten Eventualantrag.
Gemäss Art. 42 Abs. 1 StGB schiebt das Gericht den Vollzug einer Geldstrafe in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten. In subjektiver Hinsicht ist für die Gewährung des bedingten Strafvollzuges das Fehlen einer ungünstigen Prognose vorausgesetzt (BGE 134 IV 97 E. 7.3). Der Strafaufschub ist deshalb die Regel, von der grundsätzlich nur bei ungünstiger Prognose abgewichen werden darf. Ihm kommt im breiten Mittelfeld der Unge-
wissheit der Vorrang zu (BGE 135 IV 180 E. 2.1.; BGE 134 IV 97 E.7.3; Urteil des Bundesgerichts 6B_118/2017 vom 14. Juli 2017 E. 3.2.2; je mit Hinweisen).
Der Beschuldigte verfügt zwar über eine Vorstrafe, aber über keine, die im Sinne von Art. 42 Abs. 2 StGB dazu führen würde, dass besonders günstige Umstände vorliegen müssten, um ihm einen Strafaufschub gewähren zu können. Zudem stehen weder der Tötungsversuch noch der Verstoss gegen das Waffengesetz mit seiner früheren Verurteilung in Zusammenhang. Diese ist vielmehr nicht einschlägig. Kommt hinzu, dass der Beschuldigte heute zu einer mehrjährigen vollziehbaren Freiheitsstrafe verurteilt wird. Trotz berechtigter Vorbehalte der Vorinstanz wegen der zweimaligen Deliktsbegehung während laufender Probezeit ist zu erwarten, dass die Erfahrungen, die der Beschuldigte im vorliegenden Strafverfahren sowie im Strafvollzug machen musste und weiterhin machen wird, einen so bleibenden und prägenden Eindruck auf ihn hinterlassen werden, dass er sich in Zukunft bewähren wird. So bekräftigte er auch anlässlich der Berufungsverhandlung, dass er während der Haft genug aus seinen Fehlern gelernt habe (Urk. 152 S. 13).
Dem Beschuldigten ist daher der bedingte Vollzug der Geldstrafe zu gewähren. Angesichts der erwähnten Vorbehalte ist die Probezeit indes nicht auf das gesetzliche Minimum von zwei Jahren anzusetzen, sondern auf vier Jahre (vgl. Art. 44 Abs. 1 StGB).
Die Vorinstanz entschied, die bedingte Vorstrafe vom 1. Mai 2017 zu widerrufen, weil dem Beschuldigten angesichts der beiden in den ersten vier Monaten dieser Probezeit begangenen Delikte keine gute Prognose gestellt werden könne (Urk. 133 S. 39). Der Beschuldigte beantragt, von einem Widerruf abzusehen und stattdessen die Probezeit zu verlängern (Urk. 140 S. 2; Urk. 154 S. 1).
Begeht der Verurteilte während einer angeordneten Probezeit erneut ein Verbrechen Vergehen und ist deshalb zu erwarten, dass er weitere Straftaten verüben wird, so widerruft das Gericht die bedingte Strafe den bedingten Teil
der Strafe. Ist nicht davon auszugehen, dass der Verurteilte weitere Straftaten begehen wird, so verzichtet das Gericht auf einen Widerruf. Es kann den Verurteilten stattdessen verwarnen die Probezeit um höchstens die Hälfte der im Urteil festgesetzten Dauer verlängern. Für die Dauer der verlängerten Probezeit kann das Gericht Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen (Art. 46 Abs. 1 und 2 StGB).
Die Begehung eines Verbrechens Vergehens während der Probezeit stellt den klassischen Grund für einen Widerruf dar, wobei ein solcher dennoch nicht zwingend ist. Ein Widerruf soll nach Art. 46 Abs. 1 StGB nur erfolgen, wenn wegen der Begehung neuer Delikte zu erwarten ist, dass der Täter weitere Straftaten verüben wird. Mithin ist die Prognose seines künftigen Legalverhaltens erneut zu stellen, wobei ein erheblicher Ermessenspielraum besteht. Verlangt wird wie bei der Frage eines Strafaufschubs nach Art. 42 StGB das Fehlen einer ungünstigen Prognose (BSK Strafrecht I- S CHNEIDER/GARRÉ, 4. A., Basel 2018, N 41 f. zu Art. 46). Mit anderen Worten ist eine bedingte Strafe (nur) zu widerrufen, wenn von einer negativen Einschätzung der künftigen Bewährungsaussichten des Verurteilten auszugehen ist, das heisst, wenn aufgrund der erneuten Straffälligkeit und einer Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände eine negative Prognose zu stellen ist.
Im Rahmen der Gesamtwürdigung hat nebst der Persönlichkeit und des Hintergrunds des Verurteilten einzufliessen, ob die neue Strafe bedingt unbedingt ausgesprochen wird. So kann vom Widerruf des bedingten Vollzugs für die frühere Strafe abgesehen werden, wenn die neue Strafe zu vollziehen ist (BSK Strafrecht I- S CHNEIDER/GARRÉ, a.a.O., N 43 zu Art. 46 StGB).
Wie bereits in den Erwägungen zum Vollzug der Geldstrafe für den vom Beschuldigten begangenen Verstoss gegen das Waffengesetz erörtert, bestehen angesichts seiner zweimaligen Straffälligkeit während laufender Probezeit durchaus Vorbehalte mit Bezug auf die Frage, ob er sich in Zukunft an das Gesetz halten wird. Soweit ersichtlich, geriet der Beschuldigte indes vor dem Vorfall, der zur Vorstrafe führte, nie mit dem Gesetz in Konflikt. In den zwei Jahren, die seit den vorliegend zu beurteilenden Taten vergangen sind, dürfte der Beschuldigte zudem
merklich gereift sein. Nicht zuletzt ist angesichts der Freiheitsstrafe, die er bereits verbüsst und weiterhin verbüssen müssen wird und die ihre abschreckende Wirkung bestimmt nicht verfehlen wird, anzunehmen, dass er verstanden hat, sich keinen weiteren Gesetzesverstoss mehr leisten zu können. Auf einen Widerruf der Vorstrafe ist daher zu verzichten.
Erstinstanzliches Verfahren
Das vorliegende Urteil ändert nichts an der Angemessenheit der im angefochtenen Entscheid getroffenen Kostenund Entschädigungsregelung, weshalb es dabei sein Bewenden hat.
Berufungsverfahren
Die Gebühr für das Berufungsverfahren ist praxisgemäss auf Fr. 3'000.00 festzusetzen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Anklagebehörde erreicht mit ihrer Berufung insofern einen Teilerfolg, als es zu einer Erhöhung der Strafe, wenn auch nicht im verlangten Umfang, kommt. Der Beschuldigte wiederum unterliegt mit seinen anschlussberufungsweise gestellten Anträgen zum Schuldpunkt und zur Strafzumessung, obsiegt jedoch in der Frage des Vollzugs der Geldstrafe sowie des Widerrufs der Vorstrafe. Angesichts dieses Verhältnisses von Obsiegen und Unterliegen und des unterschiedlichen Gewichts der gestellten Anträge, ist es gerechtfertigt, dem Beschuldigten die Kosten des Berufungsverfahrens zu drei Vierteln aufzuerlegen und im Übrigen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Damit sind die Kosten der amtlichen Verteidigung des Beschuldigten und der unentgeltlichen Rechtsvertretung der Privatklägerschaft zu einem Viertel definitiv und zu drei Vierteln einstweilen unter Vorbehalt der Nachzahlungspflicht nach Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Der amtliche Verteidiger des Beschuldigten, Rechtsanwalt lic. iur. X. , reichte mit Eingabe vom 15. August 2019 seine Honorarnote mit der Auflistung seiner Aufwendungen und Auslagen im Berufungsverfahren ein (Urk. 156). Sie sind ausgewiesen und erweisen sich als angemessen. Dementsprechend ist Rechtsanwalt lic. iur. X. mit Fr. 5'900.00 aus der Gerichtskasse zu entschä- digen.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 10. Juli 2018 wie folgt in Rechtskraft erwachsen ist:
1.-4. ( )
Der mit Verfügung der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich vom 27. Februar 2018 beschlagnahmte Schlagstock mit integrierter Taschenlampe (Asservat-Nr. WA01115) wird eingezogen und der Lagerbehörde zur gutscheinenden Verwendung bzw. Vernichtung überlassen.
Die übrigen sichergestellten Gegenstände werden den Berechtigten auf erstes Verlangen herausgegeben. Erfolgt innert 60 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft kein entsprechendes Herausgabebegehren, werden die Gegenstände durch die Lagerbehörde vernichtet.
Das Spurenmaterial wird der Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen.
Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger Fr. 8'000.00 zuzüglich 5 % Zins ab dem 13. August 2017 als Genugtuung zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird das Genugtuungsbegehren abgewiesen.
Rechtsanwalt lic. iur. X. wird für seine Bemühungen als amtlicher Verteidiger mit pauschal Fr. 28'000.00 (inkl. MwSt und Barauslagen) entschädigt.
Rechtsanwalt lic. iur. Y. wird für seine Bemühungen als unentgeltlicher Rechtsbeistand des Privatklägers B. mit pauschal Fr. 13'700.00 (inkl. MwSt und Barauslagen) entschädigt.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:
(Mitteilung)
(Rechtsmittel)
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte ist schuldig
der versuchten vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB sowie
des Verstosses gegen das Waffengesetz im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a WG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 lit. d WG.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 7 Jahren Freiheitsstrafe, wovon bis heute 714 Tage durch Haft und vorzeitigen Strafvollzug erstanden sind.
Der Beschuldigte wird ferner mit einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu Fr. 30.00 bestraft.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 4 Jahre festgesetzt.
Auf den Widerruf der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 1. Mai 2017 ausgefällten bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 80.00 wird verzichtet.
Die erstinstanzliche Kostenund Entschädigungsregelung (Ziff. 12 und 13) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'000.00 ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 5'900.00 amtliche Verteidigung
Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten zu ¾ auferlegt und zu ¼ auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden im Umfang von ¾ einstweilen und im Umfang von ¼ definitiv auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung im Umfang von ¾ gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich (übergeben)
die Vertretung des Privatklägers im Doppel für sich und die Privatklägerschaft (versandt)
sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich
die Vertretung des Privatklägers (im Doppel für sich und die Privatklägerschaft)
das Bundesamt für Polizei, Zentralstelle Waffen, Nussbaumstrasse 29, 3003 Bern
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungsund Vollzugsdienste
die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A und Formular B
die KOST Zürich mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungsund Löschungsdaten
die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
I. Strafkammer Zürich, 19. August 2019
Der Präsident:
lic. iur. S. Volken
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. H. Kistler
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