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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB170368
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB170368 vom 16.08.2018 (ZH)
Datum:16.08.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Mehrfacher Pfändungsbetrug etc.
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Recht; Vermögens; Pfändung; Verfahren; Recht; Genswert; Vorinstanz; Beschuldigten; Anklage; Berufung; Vermögenswert; Urteil; Konto; Genswerte; Mögenswerte; Gende; Vermögenswerte; Verfahren; Mehrfache; Schrift; Verteidigung; Belegt; Bundesgericht; Betreibung; Verfügung; Belegte; Betreibungs
Rechtsnorm: Art. 10 StGB ; Art. 11 StPO ; Art. 146 StGB ; Art. 163 StGB ; Art. 169 StGB ; Art. 2 StGB ; Art. 242 KG ; Art. 244 KG ; Art. 269 KG ; Art. 310 StPO ; Art. 320 StPO ; Art. 323 StPO ; Art. 391 StPO ; Art. 399 StPO ; Art. 402 StPO ; Art. 404 StPO ; Art. 406 StPO ; Art. 41 OR ; Art. 428 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 437 StPO ; Art. 45 StGB ; Art. 49 StGB ; Art. 91 KG ; Art. 96 KG ;
Referenz BGE:102 IV 248; 106 IV 31; 136 IV 55; 138 II 501; 141 III 527; 141 IV 194; 141 IV 249; 142 IV 201; 143 IV 122; 51 III 135; 96 IV 111;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB170368-O/U/cwo

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. R. Naef, Präsident, lic. iur. Ch. Prinz und lic. iur. B. Gut sowie der Gerichtsschreiber Dr. iur. F. Manfrin

Urteil vom 16. August 2018

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat,

vertreten durch Staatsanwältin lic. iur. P. Brunner,

Anklägerin und Berufungsbeklagte

betreffend

mehrfacher Pfändungsbetrug etc.
Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 1. Abteilung - Einzelgericht, vom 27. Juni 2017 bzw. 29. Juni 2017 betr. Disp. Ziff. 4 (GG170056)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 13. März 2017 (Urk. 22) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz:

(Urk. 56 S. 28 ff.)

Es wird vorab erkannt:

  1. Soweit dem Beschuldigten mehrfache Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte im Sinne von Art. 169 StGB vor dem 27. Juni 2010 vorgeworfen wird, wird auf die Anklage zufolge Verjährung nicht eingetreten.

  2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Erkenntnis.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte ist schuldig

    • des mehrfachen Pfändungsbetrugs im Sinne von Art. 163 Ziff. 1 StGB;

    • der mehrfachen Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte im Sinne von Art. 169 StGB.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 145 Tagessätzen zu Fr. 100.- als Zusatzstrafe zu der mit Strafbefehl des Ministero pubblico del cantone Ticino vom 2. März 2015 ausgefällten Geldstrafe.

  3. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.

  4. Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerschaft folgende Beträge zu bezahlen:

    • Servizio incassi della Sezione esecuzione pene e misure, Fr. 535.40;

    • Stadtrichteramt Uster, Fr. 405.35;

    • Stadtrichteramt Zürich, Fr. 5'269.65;

    • Steueramt der Stadt Zürich, Fr. 218'569.20 zuzüglich 5 % Zins ab 30. Dezember 2008.

  5. Die Gerichtsgebühr wird angesetzt auf:

    Fr. 3'000.- ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 1'100.- Gebühr Vorverfahren Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

  6. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.

  7. (Mitteilungen.)

  8. (Rechtsmittel.)

Berufungsanträge:

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 58 S. 2; Urk. 71 S. 2)

    1. Auf die von der Anklägerin erhobene Anklage sei nicht einzutreten.

      Entsprechend sei das Urteil aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

    2. Eventualiter sei der Beschuldigte vom Vorwurf des mehrfachen Pfän- dungsbetrugs im Sinne von Art. 163 Ziff. 1 StGB sowie der mehrfachen Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte im Sinne von Art. 169 StGB freizusprechen. Entsprechend seien die Ziffern 1-6 des angefochtenen Urteils aufzuheben.

    3. Die Gebühren für das erstinstanzliche Verfahren seien nicht dem Beschuldigten aufzuerlegen, sondern auf die Staatskasse zu nehmen, und es sei der Berufungskläger für das erstinstanzliche Verfahren angemessen zu entschädigen.

    4. Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren seien auf die Staatskasse zu nehmen und es sei der Berufungskläger für das Berufungsverfahren angemessen zu entschädigen.

      (keine Beweisanträge)

  2. Der Staatsanwaltschaft: (Urk. 63 S. 1; Urk. 75 S. 1)

Verzicht auf Anschlussberufung. (keine Beweisanträge)

Erwägungen:

I. Verfahrensgang, Berufungsumfang
  1. Verfahrensgegenstand/Anklagevorwurf

    1. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten zum einen Pfändungsbetrug vor. Er habe im Rahmen diverser Betreibungsverfahren jeweils beim Pfän- dungsvollzug unwahre Angaben über seine Einkommensund Vermögensverhältnisse gemacht, in dem er dem Betreibungsamt gegenüber ein Bankkonto verschwiegen habe. Den Pfändungsgläubigern seien in der Folge definitive Verlustscheine ausgestellt worden (Urk. 22 Anklageziffer I.).

    2. Zum anderen wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe über mit Beschlag belegte Vermögenswerte verfügt. Im Rahmen zweier Lohnpfändungen habe der Beschuldigte während der Lohnpfändungen keine, sein Existenzminimum übersteigende Lohnbestandteile abgeliefert, obschon er als selbständiger Architekt Einkünfte erzielt habe (Urk. 22 Anklageziffer II.).

  2. Verfahrensgang

    1. In Bezug auf den Verfahrensgang bis zum vorinstanzlichen Urteil kann auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 56 S. 4 f.).

    2. Mit dem eingangs im Dispositiv wiedergegebenen Urteil der Vorinstanz vom 27. Juni 2017, wobei Disp. Ziff. 4 hernach mit Verfügung vom 29. Juni 2017 berichtigt wurde (Urk. 48), wurde der Beschuldigte des mehrfachen Pfändungsbetrugs im Sinne von Art. 163 Ziff. 1 StGB sowie der mehrfachen Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte im Sinne von Art. 169 StGB schuldig gesprochen (Urk. 56 S. 29 f.).

    3. Gegen dieses zunächst mündlich eröffnete Urteil (Prot. I S. 13 ff.) liess der Beschuldigte mit Eingabe vom 27. Juni 2017 (Urk. 47) bzw. vom 3. Juli 2017 (Urk. 51: gegen die Berichtigung vom 29. Juli 2017) rechtzeitig Berufung anmelden (Art. 399 Abs. 1 StPO). Am 14. September 2017 wurde dem Verteidiger des Beschuldigten das begründete Urteil (Urk. 52 = Urk. 56) zugestellt (Urk. 55/2).

    4. Die Berufungserklärung der Beschuldigten erfolgte am 2. Oktober 2017 (Datum Postaufgabe) und damit innert der zwanzigtägigen Frist von Art. 399 Abs. 3 StPO (Urk. 58). Mit der Berufungserklärung stellte die Verteidigung den prozessualen Antrag auf Durchführung des schriftlichen Berufungsverfahrens im Sinne von Art. 406 StPO, eventualiter auf Dispensation von der Berufungsverhandlung (Urk. 58 S. 2).

    5. Mit Präsidialverfügung vom 4. Oktober 2017 wurde die Berufungserklärung des Beschuldigten der Staatsanwaltschaft und den Privatklägern zugestellt und Frist angesetzt, um gegebenenfalls Anschlussberufung zu erheben oder ein Nichteintreten auf die Berufung zu beantragen sowie um zum prozessualen Antrag der Verteidigung Stellung zu nehmen (Urk. 61). Die Staatsanwaltschaft erklärte in ihrer Eingabe vom 23. Oktober 2017 auf Anschlussberufung sowie die Stellung eigener Anträge zu verzichten und keine Einwände gegen den prozessualen Antrag zu erheben. Die Privatkläger liessen sich nicht vernehmen.

    6. In der Folge ordnete die Verfahrensleitung mit Präsidialverfügung vom

      7. November 2017 das schriftliche Verfahren an und setzte dem Beschuldigten Frist an zur Einreichung der Berufungsbegründung (Urk. 65). Innert mehrfach erstreckter Frist ging die Berufungsbegründung rechtzeitig am 11. Januar 2018 (Poststempel 10. Januar 2018) hierorts ein (Urk. 71).

    7. Mit Präsidialverfügung vom 12. Januar 2018 wurde die Berufungsbegrün- dung der Staatsanwaltschaft und den Privatklägern zugestellt und Frist angesetzt, schriftlich eine Berufungsantwort einzureichen (Urk. 73). Darauf verzichtete die Staatsanwaltschaft explizit (Urk. 75) und die Privatkläger liessen sich wiederum nicht vernehmen.

    8. Beweisanträge wurden von keiner Partei gestellt (vgl. Urk. 58, 63, 71, 75). Folglich wurde mit Präsidialverfügung vom 6. März 2018 das Beweisverfahren für geschlossen erklärt (Urk. 77). Auf entsprechende Aufforderung der Verfahrensleitung reichte die Verteidigung am 28. März 2018 ihre Honorarnote ins Recht (Urk. 79).

  3. Umfang der Berufung

    1. Nicht angefochten (vgl. Urk. 71 S. 15 Rz. 73) und damit in Rechtskraft erwachsen ist das Voraberkenntnis der Vorinstanz, wonach auf die Anklage zufolge Verjährung nicht eingetreten wird, soweit dem Beschuldigten mehrfache Verfü- gung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte im Sinne von Art. 169 StGB vor dem 27. Juni 2010 vorgeworfen wird.

      Allerdings hätte der Eintritt der Verjährung nicht zu einem Nichteintretensentscheid führen sollen, sondern vielmehr zu einer entsprechenden Verfahrenseinstellung, handelt es sich doch bei der Verjährung um ein sog. Verfahrenshindernis (vgl. Art. 329 Abs. 1 lit. c und Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist die Beurteilung der Verjährung durch die Vorinstanz zutreffend: Die Vorinstanz geht für Art. 169 StGB gestützt auf das im Tatzeitpunkt geltende alte (und mildere) Verjährungsrecht zu Recht von einer Verjährungsfrist von 7 Jahren aus (Art. 97 Abs. lit. c aStGB in der Fassung vor dem 1. Januar 2014).

      Vorgänge vor dem 27. Juni 2010 sind mit dem Voraberkenntnis der Vorinstanz rechtskräftig abgeurteilt. Der Eintritt der Rechtskraft dieses Voraberkenntnisses ist mittels Beschluss festzustellen (Art. 404 Abs. 1 StPO).

    2. Der Beschuldigte ficht das vorinstanzliche Urteil im Übrigen vollumfänglich an und beantragt die Einstellung des Verfahrens, eventualiter einen vollumfänglichen Freispruch (Urk. 71 S. 2), weshalb keine Dispositivziffer des vorinstanzlichen Urteils in Rechtskraft erwachsen ist (Art. 399 Abs. 3 StPO i.V.m. Art. 402 StPO und Art. 437 StPO).

II. Prozessuales
  1. Keine abgeurteilte Sache, ne bis in idem

    1. Die Verteidigung moniert, wie bereits vor Vorinstanz (vgl. dazu das vorinstanzliche Urteil, Urk. 56 S. 5 ff.), das vorliegende Verfahren betreffe eine bereits abgeurteilte Sache, verstosse damit gegen den Grundsatz ne bis in idem und sei deshalb einzustellen. Zur Begründung wird zusammengefasst vorgetragen,

      dass die B.

      AG am 8. November 2013 eine Strafanzeige gegen den Beschuldigten eingereicht habe. Die Staatsanwaltschaft habe in der Folge das damalige Verfahren mit einer Nichtanhandnahmeverfügung beendet, welche in Rechtskraft erwachsen sei. Auf die im vorliegenden Verfahren entscheidenden Beweismittel, die UBS-Konto-Auszüge, sei bereits in der genannten Strafanzeige resp. in den Ergänzungen dazu hingewiesen und die Kontoauszüge seien als Beilage eingereicht worden. Auch sei in der Strafanzeige auf die 77 Pfändungsverlustscheine hingewiesen worden. All dies sei Bestandteil der genannten Nichtanhandnahmeverfügung, da die Nichtanhandnahmeverfügung die Anzeige samt Ergänzungen integral enthalte. Jenes Verfahren und das vorliegende Verfahren würden damit auf demselben UBS-Konto mit demselben Kontoauszug beruhen. Die relevanten Sachverhaltselemente seien damit bereits im Zeitpunkt der Nichtanhandnahmeverfügung bekannt gewesen. Eine Wiederaufnahme sei indes nur möglich, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt geworden seien. Solche lägen gerade nicht vor, weshalb keine Wiederaufnahme möglich und die Sache damit bereits abgeurteilt sei, was dem vorliegenden Verfahren als Verfahrenshindernis entgegenstehe (Urk. 71 S. 3-5).

    2. Der Grundsatz ne bis in idem ist völkerrechtlich in Art. 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK (SR 0.101.07) und in Art. 14 Abs. 7 UNO-Pakt II (SR 0.103.2)

      sowie auch in der nationalen Gesetzgebung in Art. 11 Abs. 1 StPO verankert. Wer in der Schweiz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, darf gemäss Art. 11 Abs. 1 StPO wegen der gleichen Tat nicht erneut verfolgt oder gar bestraft werden. Einer erneuten strafrechtlichen Verfolgung wegen der gleichen Tat stehen deshalb grundsätzlich das Prinzip ne bis in idem entgegen sowie das Institut der materiellen Rechtskraft, welches bewirkt, dass eine formell rechtskräftig beurteilte Tat nicht mehr Gegenstand eines späteren Verfahrens gegen dieselbe Person sein kann. Erforderlich für die Anwendung des Grundsatzes sind Tatund Täteridentität (zum Ganzen vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_1056/2015 vom 4. Dezember 2015 E. 1.2).

      Der Begriff der Identität bedarf der Präzisierung: Nach der jüngeren Rechtsprechung des EGMR ist die Verfolgung und Bestrafung einer Tat ausge-

      schlossen, wenn der gleiche oder im Wesentlichen gleiche Sachverhalt bereits beurteilt worden ist (identical facts or facts which are substantially the same; Urteil des EGMR Nr. 14939/03 vom 10. Februar 2009 in Sachen Zolotukhin gegen Russland, § 82). Entscheidend ist, ob die konkreten Tatumstände dieselbe beschuldigte Person betreffen und in zeitlicher und räumlicher Hinsicht untrennbar miteinander verbunden sind (a.a.O., § 84) (eingehend zum Ganzen ACKERMANN, Bemerkungen zu EGMR, Grand Chamber, Case of Sergey Zolotukhin v. Russia, Urteil vom 10. Februar 2009 - Application no. 14939/03, forumpoenale 5/2009,

      258 ff.). Tatidentität liegt demnach vor, wenn die zu beurteilenden Lebenssachverhalte gleich sind (sog. einfache Identität). Nicht verlangt ist nach der Rechtsprechung des EGMR eine sogenannt doppelte Identität, wonach auch die angewandten rechtlichen Normen identisch sind.

      Das Gesagte gilt auch, wenn eine Einstellungsverfügung zum selben Lebenssachverhalt ergangen ist, da sie einem freisprechenden Endentscheid gleichkommt (Art. 320 Abs. 4 StPO). Und Gleiches gilt auch im Falle einer Nichtanhandnahmeverfügung gemäss Art. 310 StPO, da jene Bestimmung auf die Bestimmungen über die Verfahrenseinstellung gemäss Art. 319 ff. StPO verweist (Art. 310 Abs. 2 StPO). Demnach hat auch eine Nichtanhandnahmeverfügung in Bezug auf den darin beurteilten Lebenssachverhalt die Wirkung eines freisprechenden Endentscheids unter Vorbehalt der Wiederaufnahme (Art. 320 Abs. 4

      i.V.m. Art. 323 StPO). Die Voraussetzungen der Wiederaufnahme sind allerdings im Falle einer Nichtanhandnahmeverfügung weniger streng als im Falle einer vorgängigen Verfahrenseinstellung (BGE 141 IV 194 E. 2.3; SCHMID/JOSITSCH, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl., Zürich/ St. Gallen 2018, Art. 310 N 8; so wohl auch LANDSHUT/BOSSHARD, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2014, Art. 310 N 14 m.V. u.a. auf Oberholzer).

      Kurz: Der Grundsatz ne bis in idem greift erst bzw. eine abgeurteilte Sache liegt erst dann vor, wenn die gleiche Tat, d.h. der gleiche Lebenssachverhalt, bereits Gegenstand eines rechtskräftigen Urteils, einer rechtskräftigen Einstellungsverfügung oder einer rechtskräftigen Nichtanhandnahmeverfügung war. Vorbehalten

      bleiben die Wiederaufnahme eines eingestellten oder nicht anhand genommenen Verfahrens und die Revision (Art. 11 Abs. 2 StPO).

    3. Wenn die Verteidigung ausführt, es lägen keine neuen Beweise vor, die zu einer Wiederaufnahme des früher nicht anhand genommenen Verfahrens berechtigen würden, geht sie a priori von Tatidentität aus. Die Frage, ob neue Beweise oder Tatsachen vorliegen, stellt sich erst dann, wenn dem vorliegenden Verfahren der gleiche oder im Wesentlichen gleiche Lebenssachverhalt (identical facts or facts which are substantially the same; dazu vorstehend) zu Grunde liegt, der bereits im früheren Verfahren zur Beurteilung stand, welches mit der Nichtanhandnahmeverfügung endete. Dies ist indes klarerweise nicht der Fall, und zwar aus folgenden Gründen:

      1. In der Strafanzeige der B. AG vom 8. November 2013 (Beizugsakten C-4/2013/8000, HD Urk. 1) sowie in der darauf folgenden ergänzenden Strafanzeige vom 11. November 2013 (Beizugsakten C-4/2013/8000, HD Urk. 5) resp. in der Korrigenda (Beizugsakten C-4/2013/8000, HD Urk. 6) und der Berichtigung (Beizugsakten C-4/2013/8000, HD Urk. 7) wurden ganz andere Vorgänge und damit Lebenssachverhalte zur Anzeige gebracht. Die Strafanzeige richtete sich

        gegen A. , C. , D. , Rechtsanwalt X.

        und Rechtsanwalt

        X1. wegen dringenden Tatverdachts auf Betrug, Urkundenfälschung, versuchte Erpressung etc. (Beizugsakten C-4/2013/8000, HD Urk. 1 S. 1). Der Beschuldigte im vorliegenden Verfahren wurde in jener Anzeige als Tatverdächtiger in Bezug auf Hausfriedensbruch, Betrug, Urkundenfälschung, Nötigung, versuchte Erpressung genannt (Beizugsakten C-4/2013/8000, HD Urk. 1 S. 4). Die beanzeigten Taten sollen sich im Rahmen einer seit längerer Zeit dauernden Rechtsstreitigkeit abgespielt haben im Zusammenhang mit der Liegenschaft E. in Zürich, welche sich seit Mai 2011 im Eigentum der B. AG befinden und wel-

        che von der Familie A. C. D.

        bewohnt worden sein soll. Trotz

        ausgesprochener Kündigung soll unter anderem der Beschuldigte die Liegenschaft nicht verlassen haben und darin unberechtigterweise verweilt sein, was im Wesentlichen den Tatverdacht bezüglich Hausfriedensbruchs begründen soll. Weiter soll der Beschuldigte Kaufabsichten für diese Liegenschaft vorgetäuscht,

        einen gefälschten Mietvertrag erstellt und mit E-Mails die Übertragung der Liegenschaft auf sich zu erpressen versucht haben (Betrug, Urkundenfälschung, versuchte Erpressung). Gegenstand der Anzeige samt den Ergänzungen war damit klarerweise die ganze Angelegenheit mit der fraglichen Liegenschaft, der angeblich vorgetäuschten Kaufabsicht, dem widerrechtlichen Verbleib im Haus, der Fälschung eines Mietvertrags und der versuchten Erpressung.

      2. Zur Dokumentation der vorgetäuschten Kaufabsichten resp. der fehlenden Zahlungsfähigkeit wurde zwar auf die diversen Pfändungsverlustscheine in beträchtlicher Höhe und auf das fragliche UBS-Konto verwiesen. Allerdings war in den genannten Strafanzeigen nie davon die Rede, dass der Beschuldigte im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens zum Schaden seiner Gläubiger Vermögenswerte verheimliche (Art. 163 StGB) oder über mit Beschlag belegte Vermögenswerte verfüge (Art. 169 StGB). Mit anderen Worten: Es wurden damals keine Lebensvorgänge angezeigt, die mit dem vorliegenden Verfahren identisch oder im Wesentlichen identisch sind. Angezeigt wurden ganz andere Sachverhaltskomplexe, als sie vorliegend zur Beurteilung stehen. Die beiden Verfahren betreffen nicht identical oder essentially the same facts. Die Rechtskraft der damaligen Nichtanhandnahmeverfügung erstreckt sich nur gerade auf die damals beurteilten resp. nicht anhand genommenen anderen Sachverhalte. Die Nichtanhandnahmeverfügung entfaltet entgegen der Verteidigung aber gerade keine Sperrwirkung auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt.

    4. Der Grundsatz ne bis in idem greift damit nicht. Es liegt in Bezug auf das vorliegende Verfahren keine abgeurteilte Sache vor. Dass im eingestellten Verfahren Beweismittel benannt oder bezeichnet worden sind, die auch für einen anderen Lebenssachverhalt, der vorliegend Gegenstand ist, als Beweismittel im Verfahren taugen, ändert daran nichts. Erst, wenn zwei identische Sachverhalte zur Debatte stehen (jener in der Nichtanhandnahmeverfügung und im jetzigen Verfahren), stellt sich die Frage, ob die Voraussetzungen einer Wiederaufnahme, namentlich neue Beweise oder Tatsachen, vorliegen. Nachdem hier unterschiedliche Sachverhalte verfahrensgegenständlich sind bzw. waren, ist irrelevant, ob es sich beim fraglichen Kontoauszug um ein neues Beweismittel handelt.

  2. Verjährung

    1. Wie bereits vor Vorinstanz (vgl. dazu das vorinstanzliche Urteil, Urk. 56

      S. 8 f.) macht die Verteidigung geltend, die Hälfte der zur Anklage gebrachten Pfändungsbetrüge seien verjährt. Zur Begründung wird angeführt, die Auslegung von Art. 172ter StGB ergebe, dass diese Bestimmung auch beim Pfändungsbetrug nach Art. 163 StGB zur Anwendung gelange. Die angeklagten Pfändungsbetrüge über Beträge von unter Fr. 300.- bzw. Fr. 600.- (weil der Beschuldigte am fraglichen Konto nur zur Hälfte berechtigt sei) würden folglich in den Anwendungsbereich von Art. 172ter StGB fallen und stellten damit Übertretungen dar, wofür eine kürzere Verjährungsfrist gelte (Urk. 71 S. 5-7).

    2. Soweit ersichtlich, hatte sich bis dato weder das Bundesgericht noch das Obergericht Zürich dazu zu äussern, ob Art. 172 ter StGB auch auf die sogenannten Betreibungsund Konkursdelikte Anwendung findet. Der Sinngehalt und damit der genaue Anwendungsbereich dieser Norm ist - mit der Verteidigung - durch Auslegung zu ermitteln. Die Gesetzesbestimmungen sind in erster Linie nach ihrem Wortlaut auszulegen. An einen klaren Gesetzeswortlaut ist die rechtsanwendende Behörde gebunden. Abweichungen vom klaren Wortlaut sind indessen zulässig oder sogar geboten, wenn triftige Gründe zur Annahme bestehen, dass er nicht dem wahren Sinn der Bestimmung entspricht. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm, aus ihrem Sinn und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben. Vom klaren Wortlaut kann ferner abgewichen werden, wenn die grammatikalische Auslegung zu einem Ergebnis führt, das der Gesetzgeber nicht gewollt haben kann. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Im Übrigen sind bei der Auslegung alle herkömmlichen Auslegungselemente zu berücksichtigen, wobei das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus befolgt und es ablehnt, die einzelnen Auslegungselemente einer allgemeingültigen Prioritätsordnung zu unterstellen (BGE 143 IV 122 E. 3.2.3; 142 IV 105 E. 5.1; 139 IV 62 E. 1.5.4; je mit Hinweisen;

      jüngst auch Urteil des Bundesgerichts 6B_171/2017 vom 15. Februar 2018 E. 3.1).

      1. Art. 172 ter StGB trägt das Marginalium Geringfügige Vermögensdelikte und hat folgenden Wortlaut: 1 Richtet sich die Tat nur auf einen geringen Vermö- genswert oder auf einen geringen Schaden, so wird der Täter, auf Antrag, mit Busse bestraft. 2 Diese Vorschrift gilt nicht bei qualifiziertem Diebstahl (Art. 139 Ziff. 2 und 3), bei Raub und Erpressung. Der Wortlaut schliesst jedenfalls eine Anwendung auf Art. 163 StGB nicht von vornherein aus. Nachdem in Absatz 2 gewisse Delikte explizit vom Anwendungsbereich von Art. 172ter StGB ausgenommen sind, liesse sich der Standpunkt vertreten, Art. 172ter StGB fände auf alle nicht ausgenommenen Vermögensdelikte Anwendung.

      2. Das Marginalium lautet Geringfügige Vermögensdelikte. Das wirft die Frage auf, ob sämtliche im Zweiten Titel aufgeführten Tatbestände als Vermö- gensdelikte zu qualifizieren sind, insbesondere ob Art. 163 StGB darunter fällt. Geschützte Rechtsgüter des Tatbestandes von Art. 163 StGB sind sowohl die Zugriffsrechte der Gläubiger auf das dem Zwangsvollstreckungsverfahren unterliegende Vermögen des Schuldners als auch die Interessen der Zwangsvollstreckung als Teil der Rechtspflege (Urteil des Bundesgerichts 6B_1172/2013 vom 18. November 2014 E. 4.4 m.H.a. BGE 106 IV 31 E. 4). Mit Blick auf das Marginalium ist somit festzuhalten, dass Art. 163 StGB nicht als (reines) Vermö- gensdelikt ausgestaltet ist, da auch weitere Rechtsgüter geschützt werden, und damit vom einschränkenden Wortlaut des Marginaliums nicht oder nicht zur Gän- ze erfasst wird.

      3. In systematischer Hinsicht hat Art. 172ter StGB Eingang gefunden in den Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs im Zweiten Titel Strafbare Handlungen gegen das Vermögen - unter 4. Allgemeine Bestimmungen - und figuriert dort ganz am Schluss. Dies deutet darauf hin, dass Art. 172ter StGB auf den gesamten Zweiten Titel des Besonderen Teils anwendbar sein soll.

      4. Art. 172 ter StGB trat auf den 1. Januar 1995 in Kraft (AS 1994, 2290 ff.). Der entsprechenden Botschaft ist zur Entstehungsgeschichte und zur Intention des Gesetzgebers Folgendes zu entnehmen (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes (Strafbare Handlungen gegen das Vermögen und Urkundenfälschung) sowie betreffend die

        Änderung des Bundesgesetzes über die wirtschaftliche Landesversorgung (Strafbestimmungen) vom 24. April 1991, BBl 1991 II 969 ff., S. 1076 f.): Die Botschaft hält zunächst fest, Art. 172ter StGB sei - mit Ausnahme der explizit in Absatz 2 aufgezählten Tatbestände - auf sämtliche im Zweiten Titel des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches erwähnten Bestimmungen anwendbar. Weiter wird ausgeführt: In Artikel 172ter Absatz 2 StGB-E werden einzelne Tatbestände aber ausgeschlossen. Dies hängt damit zusammen, dass es sich dabei vorwiegend um

        sogenannte zusammengesetzte Delikte handelt. Neben dem Rechtsgut Vermö- gen ist insbesondere noch dasjenige der Freiheit betroffen, so beispielsweise beim Raub und der Erpressung. Eine Privilegierung ist nur bei den reinen Vermögensdelikten beabsichtigt (BBl 1991 II 969 ff., S. 1076; Fettdruck hinzugefügt). Der vom Parlament in der Folge verabschiedete Wortlaut entsprach dann vollumfänglich demjenigen gemäss Vorschlag des Bundesrates in der Botschaft (vgl. zur Entstehungsgeschichte im Einzelnen: ECKERT, Zum Tatbestand der geringfügigen Vermögensdelikte, Art. 172ter StGB, in: Ackermann (Hrsg.), Strafrecht

        als Herausforderung, Analysen und Perspektiven von Assistierenden des Rechtswissenschaftlichen Instituts der Universität Zürich, Zürich 1999, S. 139 ff., S. 139 f.).

      5. Insbesondere mit Blick auf die dargestellte ratio legis von Art. 172 ter StGB, nur reine Vermögensdelikte privilegieren zu wollen, ergibt sich, dass Art. 163 StGB nicht in den Anwendungsbereich von Art. 172ter StGB fällt. Geschützte Rechtsgüter von Art. 163 StGB sind wie erwähnt sowohl die Zugriffsrechte der Gläubiger auf das dem Zwangsvollstreckungsverfahren unterliegende Vermögen des Schuldners als auch die Interessen der Zwangsvollstreckung als Teil der Rechtspflege. Es handelt sich bei Art. 163 StGB damit eben gerade nicht um ein reines Vermögensdelikt, das unter den in Art. 172ter StGB genannten Voraussetzungen eine Privilegierung erfahren soll. Dieses Auslegungsergebnis wird denn auch - zwar ohne nähere Begründung - von weiten Teilen der Lehre gestützt (ECKERT, a.a.O., S. 143; BSK StGB II-WEISSENBERGER, Art. 172ter N 19;

        TRECHSEL/CRAMERI, Praxiskommentar StGB, Art. 172ter N 5; wohl auch BSK StGB

        II-HAGENSTEIN, Vor Art. 163-171bis N 46 f.).

    3. Art. 172 ter StGB findet nach dem Gesagten nicht auf Art. 163 StGB Anwendung. Die hier zur Beurteilung stehenden Pfändungsbetrüge sind damit allesamt als Verbrechen zu qualifizieren (vgl. Art. 10 Abs. 2 StGB), womit sich entgegen der Verteidigung keine verjährungsrechtlichen Probleme stellen. Die hier zu beurteilenden Delikte sind nicht verjährt (vgl. Art. 97 Abs. 1 lit. b StGB).

  3. Unzuständigkeit; Nichtigkeit der polizeilichen Ermittlungshandlungen

    1. Wie bereits vor Vorinstanz stellt sich die Verteidigung auf den Standpunkt, es liege kein rechtsgültig bzw. mit verwertbaren Polizeiunterlagen erstellter Sachverhalt vor. Zur Begründung wird angeführt, die Stadtpolizei, welche die Ermittlungen geführt habe, sei für die vorliegend zu beurteilenden Delikte nicht zuständig. Bei den in Frage stehenden Konkursdelikten handle es sich um einen komplexen Strafrechtsfall im Sinne von § 13 Abs. 2 POG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 der Verordnung über die kriminalpolizeiliche Aufgabenteilung, wofür die Kantonspolizei zuständig sei. Die von der Stadtpolizei erhobenen Akten und Beweismittel würden sich als Akten erweisen, die von einer unzuständigen Behörde erhoben worden seien. Die Untersuchungshandlungen der nicht zuständigen Stadtpolizei seien damit nichtig (Urk. 71 S. 7-10).

    2. Die Vorinstanz hat diesen Einwand zu Recht verworfen. Auf diese zutreffende Begründung kann deshalb verwiesen werden (Urk. 56 S. 7 f.), mit nachfolgenden Ergänzungen.

      1. Richtig ist, dass § 13 Abs. 2 des Polizeiorganisationsgesetzes (POG) vom

        29. November 2004 (LS 551.1) statuiert, dass komplexe Strafrechtsfälle von den kriminalpolizeilichen Spezialdiensten der Kantonspolizei bearbeitet werden. Nach

        § 13 Abs. 3 POG liegen komplexe Strafrechtsfälle insbesondere dann vor, wenn besondere Fachkenntnisse oder besondere technische Einrichtungen erforderlich sind. § 1 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 der Verordnung über die kriminalpolizeiliche Aufgabenteilung vom 6. Juli 2005 (LS 551.101) regelt Näheres. Als komplexer Strafrechtsfall im Sinne von § 13 Abs. 2 POG liegt gemäss der Verordnung unter anderem vor bei Wirtschaftsdelikte[n], denen Vorgänge aus dem Wirtschaftsleben zugrunde liegen, die den Einsatz von Spezialkenntnissen bedingen, welche die

        polizeiinterne Ausbildung nicht vermittelt, namentlich im Bereich von Untreue-, Betrugsund betrugsähnlichen Delikten; Konkurs-, Urkunden-, Börsen-, Computerund Steuerdelikten.

      2. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass vorliegend - entgegen der Vorbringen der Verteidigung und der exemplarischen Aufzählung in § 1 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 der Verordnung - keine Konkursdelikte verfahrensgegenständlich sind. Der Beschuldigte unterliegt der Betreibung auf Pfändung, es handelt sich mithin vorliegend um Betreibungsdelikte. Es ist bekannt, dass Konkursverfahren regelmässig deutlich komplexer sind als ein Betreibungsverfahren auf Pfändung. In dem die Verordnung explizit Konkurs-, nicht aber Betreibungsdelikte als komplexe Strafrechtsfälle nennt, wird deutlich gemacht, dass Betreibungsdelikte eben regelmässig von geringerer Komplexität sind und sich damit regelmässig nicht als komplexe Strafrechtsfälle im Sinne von § 13 Abs. 2 und 3 POG präsentieren.

      3. Im Übrigen sind die genannten Bestimmungen entgegen der Verteidigung nicht so auszulegen, dass selbst Konkursdelikte in jedem Falle von der Kantonspolizei zu bearbeiten wären. § 13 Abs. 3 POG stellt klar, dass komplexe Strafrechtsfälle insbesondere dann vorliegen, wenn besondere Fachkenntnisse oder besondere technische Einrichtungen erforderlich sind. Die Verordnung macht weiter deutlich, dass lediglich solche Wirtschaftsdelikte der kantonspolizeilichen Kompetenz unterstehen, denen Vorgänge aus dem Wirtschaftsleben zugrunde liegen, die den Einsatz von Spezialkenntnissen bedingen. Vielmehr hängt es von der Komplexität im konkreten Einzelfall ab. Ein derartige Komplexität besteht im vorliegenden Verfahren offensichtlich nicht. Der Anklagevorwurf ist einfach und überschaubar. Er erschöpft sich im Wesentlichen im Vorwurf, der Beschuldigte habe ein bestimmtes Bankkonto im Pfändungsvollzug nicht angegeben bzw. habe das Existenzminimum übersteigende Einkünfte im Rahmen von Lohnpfändungen nicht abgegeben. Inwiefern diesen Vorwürfen Vorgänge aus dem Wirtschaftsleben zugrunde liegen [sollen], die den Einsatz von Spezialkenntnissen bedingen, ist nicht ersichtlich.

      4. Aus den dargelegten Organisationsnormen erhellt auch, dass der kantonale Gesetzund Verordnungsgeber keine sakrosankte Kompetenzordnung mit einer

        scharfen Trennlinie zwischen Stadtund Kantonspolizei geschaffen hat. Es handelt sich nicht um Zuständigkeitsvorschriften im Sinne von strafprozessualen Gül- tigkeitsvorschriften, sondern vielmehr um kantonsinterne Organisationsvorschriften, mithin um Ordnungsvorschriften. So stellt denn auch § 13 der Verordnung klar, dass es Sache der Polizeikorps ist, sich über die Zuständigkeit zur Bearbeitung eines einzelnen Falles zu einigen.

      5. Und nur am Rande sei schliesslich erwähnt, dass die Annahme absoluter Nichtigkeit nur in krassen Ausnahmefällen in Betracht kommt, bei denen schwerste Mängel oder gröbste Verstösse gegen fundamentale prozessuale Vorschriften offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar sind und die Aufrechterhaltung eines Urteils schlechthin unerträglich wäre (zur Nichtigkeit: BGE 138 II 501 E. 3.1

        S. 503; Urteil 6B_339/2012 vom 11. Oktober 2012 E. 1.2.1; je mit Hinweisen; angefochtener Entscheid E. 4.1).

    3. Weiterungen zur Nichtigkeit erübrigen sich, da der vorliegende Fall korrekterweise von der Stadtpolizei bearbeitet wurde.

III. Schuldpunkt
  1. Anklagevorwürfe

    1. Dem Beschuldigten wird das bereits einleitend übersichtsartig dargestellte Verhalten zur Last gelegt. Im Einzelnen ergeben sich die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe aus der diesem Urteil angehefteten Anklageschrift (Urk. 22).

    2. In rechtlicher Hinsicht wirft die Anklage dem Beschuldigten einerseits mehrfachen Pfändungsbetrug im Sinne von Art. 163 Ziff. 1 StGB (Anklageziffer I.) und andererseits mehrfache Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte im Sinne von Art. 169 StGB (Anklageziffer II.) vor (Urk. 22 S. 5).

  2. Ausgangslage

    1. Die Vorinstanz gelangt nach Würdigung der Beweise zum Schluss, der Sachverhalt gemäss Anklageziffer I. sei erstellt (Urk. 56 S. 12-14). Auch in Bezug auf Anklageziffer II. erachtete die Vorinstanz den Anklagesachverhalt als erstellt (Urk. 56 S. 14 f.). Sie würdigte das Verhalten des Beschuldigten in rechtlicher Hinsicht als mehrfachen Pfändungsbetrugs im Sinne von Art. 163 Ziff. 1 StGB (Urk. 56 S. 16 f.) sowie als mehrfache Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte im Sinne von Art. 169 StGB (Urk. 56 S. 18 f.) und sprach den Beschuldigten anklagegemäss schuldig.

    2. Der Beschuldigte beantragt eventualiter einen vollumfänglichen Freispruch. Er wendet sich primär aus rechtlichen Gründen gegen die ergangenen Schuldsprüche. Auf die vorgebrachten Einwände ist nachfolgend einzugehen. Die Berufungsinstanz muss sich dabei nicht mit jedem einzelnen Vorbringen des Beschuldigten resp. der Verteidigung auseinandersetzen. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Es müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die sich sein Entscheid stützt (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1 mit Hinweisen).

  3. Mehrfacher Pfändungsbetrug im Sinne von Art. 163 Ziff. 1 StGB (Anklagezif- fer I.)

    1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen zum Schein vermindert, namentlich Vermögenswerte beiseiteschafft oder verheimlicht, Schulden vortäuscht, vorgetäuschte Forderungen anerkennt oder deren Geltendmachung veranlasst, macht sich, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist, des Pfändungsbetrugs nach Art. 163 Ziff. 1 StGB schuldig. Art. 163 StGB ist ein Gefährdungsdelikt und setzt nicht voraus, dass Gläubiger zu Verlust kommen (zum Ganzen Urteil des Bundesgericht 6B_418/2017 vom 23. November 2017 E. 2.2 m.H.).

    2. Die Vorinstanz sah den Sachverhalt als erstellt an und erwog, dass der Beschuldigte durch das Nichtangeben des fraglichen Kontos im Rahmen des

      Pfändungsvollzugs in objektiver und subjektiver Hinsicht tatbestandsmässig im Sinne von Art. 163 StGB handelte (Urk. 56 S. 12-14 und 16 f.). Auf diese zutreffenden Ausführungen kann verwiesen werden mit nachfolgenden Ergänzungen:

    3. Die Verteidigung wendet zunächst ein, es liege kein Verheimlichen im Sinne von Art. 163 StGB vor, wenn der Schuldner die Auskunft verweigere und sich nicht auf das Betreibungsverfahren einlasse. Verschweigen liege nur vor, wenn das Schweigen einen betrügerischen Charakter habe. Der Schuldner sei auch nicht verpflichtet, über Vermögensverhältnisse Dritter Auskunft zu geben. Auch das Schweigen über einen unpfändbaren Vermögenswert sei kein Verheimlichen. Ein Bankkonto könne nicht gepfändet werden, sondern nur die Forderung gegenüber der Bank. Beim fraglichen Konto handle es sich um ein Bankkonto der einfachen Gesellschaft F. . Es handle sich also um eine gesamthänderische Forderung der Gesellschafter gegen die Bank, die in der Pfändung gegen einen einzelnen Schuldner nicht gepfändet werden könne. Nur der Anteil des Schuldners an der Gesamthandschaft könne gemäss der Verordnung über die Pfändung und Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen (VVAG) gepfändet werden. Der Beschuldigte sei auch deshalb nicht verpflichtet gewesen, das Konto anzugeben. Nur die Vermögenswerte, welche dem Schuldner gehör- ten, müsse er angeben. Wenn schon, dann hätte er den Anteil an einem Gemeinschaftsvermögen angeben müssen. Danach sei nicht gefragt worden und auch finde sich dazu nichts in der Anklage (zum Ganzen Urk. 71 S. 10 f.).

      1. Die Tatvariante des Verheimlichens von Vermögenswerten ist erfüllt, wenn der Schuldner durch Lügen oder Halbwahrheiten falsche Vorstellungen erweckt, so, wenn er nur teilweise Angaben zu seiner Einkommensund Vermögenssituation macht, sich im Übrigen aber ausschweigt, um so den Eindruck zu erwecken, vollständig Auskunft gegeben zu haben. Soweit er lediglich die Auskunft verweigert und sich überhaupt nicht auf das Verfahren einlässt, liegt demgegenüber noch kein Verheimlichen vor. Durch blosses Schweigen wird der Tatbestand somit nur erfüllt, wenn dem Verheimlichen betrügerischer Charakter zukommt (Urteil des Bundesgerichts 6B_1172/2013 vom 18. November 2014 E. 4.4 m.H.).

        Wie bereits die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, liegt hier klarerweise ein Verschweigen im Sinne von Art. 163 StGB vor. Der Beschuldigte hat im Rahmen des Pfändungsvollzugs Angaben gemacht. Zu den hier relevanten Positionen Bankkonto und Anteil an Gemeinschaftsvermögen (Gesellschaftsanteile/ Erbschaften/andere) im Pfändungsprotokoll hat der Beschuldigte jeweils nein angegeben. Das Protokoll schliesst mit einer Erklärung des Schuldners mit folgendem Wortlaut: Der/die Unterzeichnete bestätigt hiermit durch Unterschrift, dass er/sie sämtliche Vermögensgegenstände, wie Barschaft, Wertschriften, Postcheck-, Bank-, Sparkassaund andere Guthaben, Schmucksachen, Warenlager, Fahrzeuge, Mobiliar, Lebensversicherungen, Grundstücke, mit Einschuss derjenigen Vermögenswerte, die sich nicht in seinem/ihrem Gewahrsam befinden, sowie seine/ihre sämtlichen Forderungen und Rechte gegenüber seinem allfälligen Ehegatten und gegenüber Dritten angegeben hat, dass die Angaben über die Erwerbsverhältnisse der Wahrheit entsprechen (Art. 91 SchKG; Art. 323, 164 StGB) und dass er/sie im übrigen alle Fragen wahrheitsgemäss beantwortet hat. Der/die Unterzeichnete bestätigt ferner, dass er/sie vom Vollzugsbeamten ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden ist, dass jede von Betreibungsamt nicht bewilligte Verfügung über gepfändete Aktiven strafbar wäre (Art. 96 SchKG; Art. 169 StGB). Die Protokolle der zur Anklage gebrachten Pfändungen, also insb. die Angabe nein bei den Positionen Bankkonto und Anteil an Gemeinschaftsvermögen (Gesellschaftsanteile/Erbschaften/andere) sowie die genannte Erklärung, hat der Beschuldigte jeweils unterschriftlich bestätigt (vgl. HD Urk. 7/2: 4/2.9, 4/3.8, 4/4.8, 4/5.9, 4/6.9, 4/7.8, 4/8.8, 4/9.8, 4/16.4, 4/18.4). Es ist folglich

        nicht so, dass der Beschuldigte die Auskunft gänzlich verweigert und sich überhaupt nicht auf das Verfahren eingelassen hat. Es liegt kein blosses Schweigen vor. Vielmehr hat er im Sinne der vorerwähnten bundesgerichtlichen Rechtsprechung falsche Vorstellungen erweckt, indem er nur teilweise Angaben zu seiner Einkommensund Vermögenssituation gemacht, dabei das fragliche Konto unerwähnt gelassen hat, um so den Eindruck zu erwecken, vollständig Auskunft gegeben zu haben. Dieses Verhalten ist als Verschweigen im Sinne von Art. 163 StGB zu qualifizieren.

      2. Der formalistische Einwand, wonach das Konto nicht pfändbar sei und deshalb nicht angegeben werden müsse, geht an der Sache vorbei. Im Pfän- dungsverfahren ist der Schuldner gemäss Art. 91 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG verpflichtet, seine Vermögensgegenstände, einschliesslich derjenigen, welche sich nicht in seinem Gewahrsam befinden, sowie seine Forderungen und Rechte gegenüber Dritten anzugeben, soweit dies zu einer genügenden Pfändung nötig ist. Die Auskunftspflicht ist umfassend. Sie erstreckt sich auch auf Vermögenswerte, an denen der Schuldner wirtschaftlich berechtigt war. Über die Pfändbarkeit entscheidet nicht der Schuldner, sondern das Betreibungsamt. Ob die nicht angegebenen Vermögensgegenstände tatsächlich pfändbar sind, ist daher für die Vermögensverheimlichung nicht erheblich (so explizit Urteil des Bundesgerichts 6B_1172/2013 vom 18. November 2014 E. 4.4 m.H.). Gemäss den Eröffnungsunterlagen des UBS-Kontos der einfachen Gesellschaft F. wurde das Konto am 26. Januar 2005 eröffnet und als Gesellschafter bzw. wirtschaftliche Berech-

        tigte an diesem Konto A.

        (also der Beschuldigte) und D.

        aufgeführt

        (Urk. 7/4/2). Der Beschuldigte ist folglich an diesem Konto wirtschaftlich berechtigt. Das Konto hätte also deshalb angegeben werden müssen, weil sich daraus allenfalls eine pfändbare Forderung des Beschuldigten ergibt, worüber aber das Betreibungsamt zu entscheiden gehabt hätte.

      3. Nicht zu hören ist der Beschuldigte mit dem weiteren Einwand, das Konto gehöre gar nicht ihm, sondern der einfachen Gesellschaft, an der er lediglich beteiligt sei. Selbst wenn dem so gewesen wäre bzw. ist, hätte der Beschuldigte das Konto angeben müssen. Nochmals: Es ist Sache des Betreibungsamts über die Pfändbarkeit zu entscheiden. Im Übrigen weist selbst die Verteidigung darauf hin, dass Anteile an Gemeinschaftsvermögen, wozu gemäss der Behauptung des Beschuldigten also auch ein allfälliges Kontoguthaben zählen würde, sehr wohl pfändbar sind, was sich aus der Verordnung über die Pfändung und Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen vom 17. Januar 1923 ergibt (VVAG; SR 281.41). In den erwähnten Formularen wird denn auch explizit nach Anteilen an Gemeinschaftsvermögen (Gesellschaftsanteile/Erbschaften/andere) gefragt (vgl. Urk. 7/2: 4/2.9, 4/3.8, 4/4.8, 4/5.9, 4/6.9, 4/7.8, 4/8.8, 4/9.8, 4/16.4, 4/18.4).

    4. In dem der Beschuldigte zum Zeitpunkt der angeklagten Pfändungsvollzügen zwar Angaben gemacht hat, dabei aber das fragliche Konto nicht angab, verheimlichte er Vermögenswerte. Da das Konto in den relevanten Zeitpunkten einen positiven Saldo aufwies (Urk. 7/4/11), war das Verheimlichen desselben objektiv dazu geeignet, bei den Gläubigern einen Schaden herbeizuführen. Damit ist der objektive Tatbestand von Art. 163 StGB erfüllt.

    5. Auch liegt die objektive Strafbarkeitsvoraussetzung von Art. 163 StGB vor, da den betreffenden Gläubigern ein Verlustschein ausgestellt wurde (Urk. 7/2: 4/2.19 und 2.20, 4/3.14 und 3.15, 4/4.12 und 4.13, 4/5.16, 4/6.14, 4/7.17 und

      7.18, 4/8.19 und 8.20, 4/9.15 - 9.18, 4/10.13 - 10.15, 4/16.1 und 4/17.1, 4/18.1).

    6. Wie die Vorinstanz ebenfalls zutreffend erwog (Urk. 56 S. 17), ist auch der subjektive Tatbestand erfüllt. Erforderlich ist Vorsatz, also Wissen und Wollen der Vermögensgefährdung (ein Schaden muss indes nicht eintreten), der Tathandlung (hier des Verheimlichens) und Bewusstsein des drohenden Vermögenszerfalls (T RECHSEL/OGG, Praxiskommentar StGB, Art. 163 N 8 f.). Als KontoMitinhaber wusste der Beschuldigte um das fragliche Konto und dessen Saldo. In dem er das Konto indes nicht angab, und zwar entgegen der unterzeichneten Wahrheitserklärung, verheimlichte er es vorsätzlich. Dabei war ihm klar, dass er dieses Vollstreckungssubstrat seinen Gläubigern entzog und diese dadurch zu (grösserem) Verlust kommen können.

    7. Was die Verteidigung weiter vorbringt, vermag am Gesagten nichts zu än- dern.

      1. Unbehelflich ist der Einwand, es sei nicht möglich - wie in der Anklageschrift festgehalten - ein Amt zu täuschen. Getäuscht werden könnten nur natür- liche Personen, allerdings enthalte die Anklageschrift dazu keine Angaben (Urk. 71 S. 11 f.). Wer nun innerhalb des Betreibungsamts genau mit dem Verfahren betraut ist bzw. den Pfändungsvollzug durchführt, kann im Zusammenhang mit Art. 163 StGB nicht entscheidend sein. Die Identität der letztlich die Pfändung vollziehenden Person ist irrelevant. Klar ist, dass die zuständige Person des Betreibungsamts durch die vorsätzlichen Falschangaben des Beschuldigten auf dem

        von ihm unterzeichneten Formular einen falschen Eindruck erhält von der tatsächlichen finanziellen Situation des Beschuldigten. Das genügt wie gezeigt zur Erfüllung des Tatbestands von Art. 163 StGB.

      2. Auch kann nicht von Belang sein, welche Person genau die Pfändung vollzogen hat, wie lange diese dauerte, wie ausführlich die Befragung durch den Vollzugsbeamten erfolgte oder ob für den Pfändungsvollzug vorgedruckte Formulare verwendet wurden (so die Verteidigung, Urk. 71 S. 12 f., 14). Am Ende des Vollzugs war es jeweils der Beschuldigte, der das entsprechende Formular, das Protokoll, mit seiner Unterschrift versehen und dabei wahrheitswidrig bestätigt hat, sämtliche Vermögenswerte angegeben zu haben.

      3. Weiter moniert die Verteidigung, es fehle für die Erfüllung des objektiven Tatbestands die Gläubigerschädigung und auf der subjektiven Seite am Vorsatz dazu (vgl. u.a. Urk. 71 S. 13). Eine Gläubigerschädigung ist objektiv gerade nicht vorausgesetzt: Art. 163 StGB ist ein Gefährdungsdelikt und setzt nicht voraus, dass Gläubiger zu Verlust kommen (Urteil des Bundesgericht 6B_418/2017 vom

        23. November 2017 E. 2.2 m.H.). In subjektiver Hinsicht genügt die Inkaufnahme, dass die Gläubiger durch die Tathandlung (hier das Verschweigen), möglicherweise zu (grösserem) Verlust kommen. Dass dies beim Beschuldigte vorlag, indem er einen positiven Kontosaldo verheimlichte, wurde bereits vorstehend gezeigt.

      4. Wenn der Verteidiger einen fehlenden Kausalzusammenhang zwischen dem Vermögensschaden des Gläubigers und der behaupteten Tathandlung rügt (Urk. 71 S. 13, 14, 15), verkennt er die Rechtsnatur des Verlustscheins im Zusammenhang mit Art. 163 StGB. Die Ausstellung eines Verlustscheins ist objektive Strafbarkeitsbedingung, mithin nicht Tatbestandselement. Sie braucht weder vom Vorsatz erfasst sein, noch muss ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verheimlichen und der Verlustscheinausstellung bestehen (so klar Urteil des Bundesgerichts 6B_551/2015 vom 24. Februar 2016 E. 4.3 sowie T RECHSEL/OGG, Praxiskommentar StGB, Art. 163 N 10 f.).

      5. Ins Leere zielt auch der mancherorts vorgetragene Einwand (Urk. 71 S. 15), der Kontostand sei im fraglichen Zeitpunkt im Bereich des betreibungsrechtlichen Existenzminiums gelegen. Soweit damit geltend gemacht werden soll, der entsprechende Saldo hätte ohnehin nicht gepfändet werden können, so ist an das bereits vorstehend Ausgeführte zu erinnern: Es ist nicht Sache des Beschuldigten, über die Pfändbarkeit zu entscheiden. Es ist allerdings Sache des Beschuldigten, sämtliche Vermögenswerte - ob schlussendlich pfändbar oder nicht - anzugeben.

    8. Fazit: Die vorinstanzliche Verurteilung wegen mehrfachen Pfändungsbetrugs im Sinne von Art. 163 Ziff. 1 StGB ist zu bestätigten.

  4. Mehrfache Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte im Sinne von Art. 169 StGB (Anklageziffer II.)

    1. Nach Art. 169 StGB macht sich unter anderem strafbar, wer eigenmächtig zum Schaden der Gläubiger über einen Vermögenswert verfügt, der amtlich gepfändet ist oder in einem Betreibungs-, Konkursoder Retentionsverfahren amtlich aufgezeichnet ist oder einen solchen Vermögenswert beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht.

    2. Die Vorinstanz gelangt auch in Bezug auf diesen zweiten Anklagevorwurf zum Ergebnis, dass der Beschuldigte sich mehrfach nach Art. 169 StGB strafbar gemacht hat (Urk. 56 S. 18 f.). Soweit dem Beschuldigten mehrfache Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte im Sinne von Art. 169 StGB vor dem

      27. Juni 2010 vorgeworfen wird, ist die Vorinstanz auf die Anklage zufolge Verjäh- rung nicht eingetreten (dazu bereits vorstehend).

      Dieser Schuldspruch ist nicht zu beanstanden, weshalb auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden kann, mit folgenden ergänzenden Erwägungen:

    3. Die Verteidigung wendet ein, auch die Vorgänge im Zusammenhang mit der zweiten zur Anklage gebrachten Pfändung Nummer 1 seien verjährt. Die Anklage nenne keine Zeitpunkte von angeblichen Verfügungshandlungen (Urk. 71

S. 15 f.). Damit wird sinngemäss geltend gemacht, es sei im Zweifel für den Angeklagten davon auszugehen, dass die behaupteten Verfügungshandlungen in die verjährte Periode fallen.

      1. Die zweite hier noch zu beurteilende Lohnpfändung Nummer 1 wurde am

        19. Mai 2010 vollzogen und dauerte bis zum 19. Mai 2011 (Urk. 7/2/4/9.3 ff.). Richtig ist somit, dass auch ein Teil dieser zweiten Lohnpfändung in den Zeitraum fällt, für den die Vorinstanz Verjährung angenommen hat. Die Vorinstanz hat explizit im Dispositiv festgehalten, dass die Vorgänge vor dem 27. Juni 2010 verjährt seien und ist deshalb nicht auf die Anklage eingetreten. Dies blieb im Berufungsverfahren unangefochten. Das bedeutet, dass allfällige Verfügungen über mit Beschlag belegte Vermögenswerte vor dem 27. Juni 2010 mit diesem unangefochten gebliebenen Voraberkenntnis der Vorinstanz rechtskräftig abgeurteilt wurden. Darauf kann im Berufungsverfahren nicht mehr zurückgekommen werden.

      2. Davon zu unterscheiden ist indes die Frage, wie sich die Höhe der Einkünfte berechnet, die vom Pfändungsbeschlag erfasst waren bzw. welche Zeitdauer hierfür zugrunde zu legen ist.

    1. In der fraglichen Lohnpfändung wurden die das Existenzminimum von Fr. 1'700.- übersteigenden Einkünfte gepfändet (vgl. Urk. 7/2/4/9.3 ff.), was dem Beschuldigten denn auch angezeigt wurde (Urk. 7/2/4/9.4).

      1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind unter Vermögenswerte im Sinne von Art. 169 StGB auch Rechte und andere Forderungen zu verstehen, namentlich der Anspruch auf Lohn und anderes Arbeitseinkommen, gleichgültig, ob der Verdienst aus unselbständiger oder selbständiger Erwerbstätigkeit stammt (BGE 96 IV 111 E. 1). Massgebend für die Feststellung, ob der Verdienst aus selbständigem Erwerb das Existenzminimum überschritten hat, ist bei der Pfän- dung nicht das Einkommen jedes einzelnen Monats, sondern der während der ganzen Pfändungsdauer erzielte durchschnittliche Monatsverdienst. Dabei sind vom Bruttoeinkommen die auf die Pfändungsperiode entfallenden Gewinnungskosten abzuziehen, und zwar auch dann, wenn diese erst später bezahlt werden (BGE 96 IV 111 E. 2 und 3; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 6S.454/2005 vom

        11. Januar 2006 E. 1). Dabei gilt der Grundsatz, dass ein zeitweiliger Mindererwerb mit dem an sich pfändbaren Mehrerlös der folgenden Zeit ausgeglichen werden kann, sowohl für den unselbständigen wie auch für den selbständigen Erwerb (BGE 102 IV 248 E. 2a m.H.).

      2. In der hier noch zu beurteilenden Lohnpfändung Nummer 1 vom 19. Mai 2010 bis zum 19. Mai 2011 gingen auf dem fraglichen UBS Konto F. fol-

        gende Zahlungen ein (Urk. 7/4/11): 31.05.10: Gutschrift G.

        AG über

        Fr. 10'000.-; 10.06.10: Gutschrift G.

        AG über Fr. 15'000.-; 07.07.10: Gut-

        schrift G. Fr. 10'000.-.

        AG über Fr. 20'000.-; 14.10.10: Gutschrift G.

        über

      3. Der Beschuldigte reichte dem Betreibungsamt nach mehrmaliger Aufforderung am 30. November 2010 eine Zusammenstellung der Honorareinnahmen und Aufwendungen ein (Urk. 7/2/4/9.13). Die darin aufgeführten Honorareinnahmen korrespondieren weder bezüglich Höhe noch bezüglich Datum mit den vorstehend erwähnten Zahlungseingängen. Auch die aufgelisteten angeblichen Aufwendungen erscheinen äusserst hoch und sind insbesondere auch in keiner Weise belegt oder ausgewiesen. Diese Zusammenstellung ist damit - insbesondere auch mit Blick auf die objektiv belegten Zahlungseingänge - als blosse unbelegte, teilweise auch klar falsche (Schutz-)Behauptung zu qualifizieren. Darauf ist nicht abzustellen. Der Beschuldigte hat bis dato nie belegt, ob und in welcher Höhe allenfalls Gewinnungskosten angefallen sind. Auf dem fraglichen Geschäftskonto der einfachen Gesellschaft F. sind zwar die vorerwähnten Zahlungseingänge verzeichnet. Dass darüber auch geschäftliche Aufwendungen beglichen wurden, erhellt aus den Kontoauszügen allerdings nicht - im Gegenteil. Es wurden im Wesentlichen Barbezüge getätigt ohne ersichtlichen geschäftlichen Konnex (vgl. Urk. 7/4/11). Gewinnungskosten sind damit nicht dokumentiert und nicht ersichtlich.

      4. In Anwendung der vorstehend referierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung resultieren aus diesen Gesamteinkünften von Fr. 55'000.- monatliche Durchschnittseinkünfte während der Pfändungsperiode von rund Fr. 4'583 (entgegen der offensichtlich falschen Berechnung in der Anklageschrift, Urk. 22 S. 5:

        dort Fr. 6'875.-). Im Monatsdurchschnitt ergibt dies ein das Existenzminimum von Fr. 1'700.- übersteigendes Einkommen - eine pfändbare Quote - von rund Fr. 2'883. Dieser Betrag war während der fraglichen Pfändungsperiode mit Beschlag belegt und dieser Betrag war der Verfügungsbefugnis des Beschuldigten entzogen resp. hätte dieser dem Betreibungsamt abliefern müssen. Dabei sind

        - wie erwähnt - allfällige Verfügungen vor dem 27. Juni 2010 über diese Beträge strafrechtlich infolge Verjährung nicht mehr von Belang.

    2. In dem der Beschuldigte auch nach dem 27. Juni 2010 die pfändbare Quote nicht an das Betreibungsamt ablieferte und diese stattdessen anderweitig verwendete (vorab in Form von Barbezügen), verfügte er unrechtmässig über die gepfändete Lohnquote und erfüllte dadurch den objektiven Tatbestand von Art. 169 StGB (zur Nichtablieferung der Lohnquote als Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte im Sinne von Art. 169 StGB vgl. Urteil des Bundesgerichts 6P.67/2004 vom 6. August 2004 E. 6).

    3. Was die Vorinstanz zum subjektiven Tatbestand von Art. 169 StGB ausführt, ist zutreffend. Ihr ist vollumfänglich darin beizupflichten, dass der Beschuldigte auch in subjektiver Hinsicht tatbestandsmässig handelte (Urk. 56 S. 19).

IV. Strafzumessung, Strafvollzug
  1. Keine Zusatzstrafenkonstellation

    1. Der Beschuldigte wurde am 2. März 2015 wegen Betrugs gemäss Art. 146 Abs. 1 StGB mit Strafbefehl des Ministero Pubblico del Cantone Ticino zu einer bedingten Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je Fr. 280.- verurteilt (Urk. 11/8 und 11/10). Der mehrfache Pfändungsbetrug im Sinne von Art. 163 Ziff. 1 StGB wurde vor Erlass dieses Strafbefehls verübt. Es liegt somit ein Fall retrospektiver Konkurrenz im Sinne von Art. 49 Abs. 2 StGB vor, weshalb eine Zusatzstrafe auszusprechen wäre.

    2. Dies setzt - wie die Verteidigung zurecht bemerkt (Urk. 71 S. 16 f.) - allerdings voraus, dass der Strafbefehl rechtsgültig zugestellt wurde. Ein nicht rechtsgültig zugestellter Strafbefehl entfaltet keine Rechtswirkung; Fristen werden nicht

      ausgelöst (BGE 142 IV 201 E. 2). Die Zustellung des Strafbefehls der Staatsanwaltschaft Tessin erfolgte durch Veröffentlichung im kantonalen Amtsblatt (Urk. 11/8 und 11/10). Für diese Zustellweise ist vorausgesetzt, dass der Aufenthaltsort des Adressaten unbekannt ist und trotz zumutbarer Nachforschungen nicht ermittelt werden kann (Art. 88 Abs. 1 lit. a StPO). Aus dem in den Akten liegenden Strafregisterauszug vom 10. März 2015 ergibt sich, dass die Strafuntersuchung des vorliegenden Verfahrens am 6. November 2014 im Strafregister verzeichnet wurde, diejenige des Kantons Tessin am 29. Januar 2015. Mit anderen Worten ergab sich bereits im Zeitpunkt der Eintragung der Tessiner Strafuntersuchung unmittelbar aus dem Strafregisterauszug, dass bereits andernorts ein Strafverfahren gegen den Beschuldigten lief. Das gilt umso mehr für den Zeitpunkt der Ausfällung des Strafbefehls. Den Tessiner Behörden wäre es aufgrund der Eintragung der Strafuntersuchung des vorliegenden Verfahrens zumutbar gewesen im Sinne von Art. 88 Abs. 1 lit. a StPO, sich bei den Zürcher Kollegen nach dem aktuellen Aufenthaltsort des Beschuldigten zu erkundigen (vgl. SCHMID/ JOSITSCH, Praxiskommentar StPO, Art. 88 N 3), der im vorliegenden Verfahren ja bekannt war.

    3. Damit waren die Voraussetzungen für eine Zustellung durch Publikation im Amtsblatt nicht erfüllt. Der Tessiner Strafbefehl entfaltete im Zusammenhang mit diesem Verfahren keine Rechtswirkungen, weshalb dazu auch keine Zusatzstrafe ausgefällt werden kann.

  2. Allgemeines/Grundsätze/Strafrahmen

    1. Die Vorinstanz hat - mit Ausnahme des erwähnten teilweisen Nichteintretens auf die Anklage in Folge Verjährung - in sämtlichen Anklagepunkten einen Schuldspruch gefällt und den Beschuldigten mit einer Geldstrafe von 145 Tagessätzen zu Fr. 100.- als Zusatzstrafe zu der mit Strafbefehl des Ministero pubblico del cantone Ticino vom 2. März 2015 ausgefällten Geldstrafe bestraft.

    2. Bei der nachfolgend vorzunehmenden Strafzumessung wird insbesondere zu berücksichtigen sein, dass nach dem vorstehend Ausgeführten die Ausfällung

      einer Zusatzstrafe entfällt. Schliesslich darf der Entscheid der Vorinstanz nicht zum Nachteil des Beschuldigten abgeändert werden, da lediglich der Beschuldigte Berufung erhoben hat (Verschlechterungsverbot; Art. 391 Abs. 2 Satz 1 StPO). Es darf im Berufungsverfahren deshalb keine strengere Bestrafung erfolgen.

    3. Die Vorinstanz hat die Grundsätze, nach welchen eine Strafe zuzumessen ist, richtig zusammengefasst (vgl. Urk. 56 S. 20-22). Darauf kann verwiesen werden, ebenso auf die vom Bundesgericht in verschiedenen jüngeren Urteilen für die Strafzumessung vorgegebenen Regeln (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff.; 135 IV 130

      E. 5.3.1; 132 IV 102 E. 8.1; je mit Hinweisen).

    4. Der Beschuldigte hat sich des mehrfachen Pfändungsbetrugs im Sinne von Art. 163 Ziff. 1 StGB sowie der mehrfachen Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte im Sinne von Art. 169 StGB schuldig gemacht. Der Straftatbestand von Art. 163 Ziff. 1 StGB erweist sich als das schwerere Delikt und sieht als abstrakte Strafandrohung eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Die dafür ermittelte Einsatzstrafe ist hernach in Anwendung des Asperationsprinzips für die mehrfache Verfügung über mit Beschlag belegte Vermö- genswerte angemessen zu erhöhen (Art. 49 Abs. 1 StGB).

    5. Die zu beurteilenden Taten beging der Beschuldigte noch unter altrechtlichem Sanktionenrecht. Nachdem vorliegend eine Geldstrafe von unter 180 Tagessätzen auszusprechen ist, zeitigt das seit dem 1. Januar 2018 in Kraft stehende neue Sanktionenrecht auf die vorliegende Strafzumessung keine Auswirkungen (Art. 2 Abs. 2 StGB). Es gelangt damit das im Tatzeitpunkt geltende Recht zur Anwendung.

  3. Tatverschulden des mehrfachen Pfändungsbetrugs im Sinne von Art. 163 Ziff. 1 StGB

    1. Die Vorinstanz hält zu Recht fest (Urk. 56 S. 22), dass der Beschuldigte über einen längeren Zeitraum delinquierte. Zudem liegt mehrfache Tatbegehung vor (Art. 49 Abs. 1 StGB). Über knapp sieben Jahre verschwieg er bei insgesamt zehn Pfändungsvollzügen die Existenz des UBS Kontos. In dieser Zeitspanne hatte er zeitweise namhafte Einkünfte, die er konsequent verheimlicht hat, obwohl

      eine Vielzahl von Gläubigern offene Verlustscheine in der Gesamthöhe von rund Fr. 8 Millionen gegen ihn haben (Urk. 3/2/1). Im Spektrum aller denkbaren Varianten eines Pfändungsbetrugs und in Anbetracht des weiten Strafrahmens von Art. 163 StGB erscheint die objektive Tatschwere als leicht.

    2. Das subjektive Tatverschulden relativiert das objektive nicht. Der Beschuldigte handelte direktvorsätzlich und wohl mit dem einzigen Motiv, Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zu entziehen, um sie für sich zu verwenden anstatt offene Verbindlichkeiten zu begleichen.

    3. Wenn die Vorinstanz für das Tatverschulden des mehrfachen Pfändungsbetrugs eine Einsatz-Geldstrafe von 120 Tagessätzen ausspricht, erscheint dies angemessen, jedenfalls nicht zu hoch.

  4. Tatverschulden der mehrfachen Verfügung über mit Beschlag belegte Ver- mögenswerte im Sinne von Art. 169 StGB

    1. Auch diesbezüglich hält die Vorinstanz zu Recht fest (Urk. 56 S. 23 f.), dass der Beschuldigte mehrfach über einen längeren Zeitraum delinquierte (Art. 49 Abs. 1 StGB). Dabei verfügte er ab dem 27. Juni 2010 unrechtmässig doch über beträchtliche Beträge und entzog dieses Vollstreckungssubstrat so seinen Gläubigern, wodurch deren Forderungen in beträchtlicher Höhe gänzlich ungedeckt blieben. Im Spektrum aller denkbaren Tatvarianten und angesichts des Strafrahmens bis maximal drei Jahre Freiheitsstrafe erscheint das Tatverschulden als noch leicht. Eine Strafe im Bereich von etwa sechs Monaten resp. 180 Tagessätzen wäre dem objektiven Tatverschulden angemessen.

    2. Das subjektive Tatverschulden relativiert das objektive nicht. Der Beschuldigte handelte direktvorsätzlich und wiederum wohl mit dem einzigen Motiv, Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zu entziehen, um sie für sich zu verwenden anstatt offene Verbindlichkeiten zu begleichen.

    3. Die Vorinstanz erhöhte die Einsatzstrafe unter Berücksichtigung des Asperationsprinzips um lediglich 30 Tagessätze. Diese nur marginale Erhöhung erweist sich als zu milde und wird dem Verschulden des Beschuldigten nicht ge-

      recht. Aufgrund des Verschlechterungsverbots ist eine Erhöhung indes ausgeschlossen. Es bleibt bei den vorinstanzlich zugemessenen 145 Tagessätzen.

  5. Täterkomponente

    1. Was die persönlichen Verhältnisse anbelangt, so kann auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 56 S. 24).

      Die persönlichen Verhältnisse zeitigen keine Auswirkung auf die Strafzumessung.

    2. Gleiches gilt für sein Vorleben. Die Vorstrafenlosigkeit im Tatzeitpunkt ist strafzumessungsneutral zu werten.

    3. Die Beschuldigte ist nicht geständig und zeigt folglich keine Reue und Einsicht, was allerdings strafzumessungsneutral zu werten ist.

    4. Insgesamt fällt die Täterkomponente weder straferhöhend noch strafmindernd aus.

  6. Fazit, Strafart, Tagessatzhöhe, Vollzug

    1. Auch nach Berücksichtigung der Täterkomponenten bleibt es bei einer Geldstrafe von 145 Tagessätzen für die beiden jeweils mehrfach verwirklichten Delikte.

    2. Der Beschuldigte machte auch im Berufungsverfahren keine Angaben zu seinen finanziellen Verhältnissen (Urk. 64). Die von der Vorinstanz festgesetzte Tagessatzhöhe von Fr. 100.- erscheint allerdings nicht unangemessen, weshalb sie zu übernehmen ist (vgl. Urk. 56 S. 25).

    3. Nachdem einzig der Beschuldigte Berufung erhoben hat, bleibt es bei einer bedingten Geldstrafe und der von der Vorinstanz festgesetzten minimalen Probezeit von zwei Jahren (Urk. 56 S. 25 f.; Art. 391 Abs. 2 StPO).

  1. Zivilansprüche
    1. Die Vorinstanz verpflichtete den Beschuldigte zu Schadenersatzzahlungen an alle vier Privatkläger, allerdings ohne sich über die Voraussetzungen der Zusprechung von Schadenersatz auseinanderzusetzen.

    2. In Frage stehen hier Schadenersatzansprüche aus ausservertraglicher Haftung im Sinne von Art. 41 OR. Haftungsvoraussetzung ist unter anderem Widerrechtlichkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Schadenszufügung im Sinne von Art. 41 Abs. 1 OR widerrechtlich, wenn sie gegen eine allgemeine gesetzliche Pflicht verstösst, d.h. wenn entweder ein absolutes Recht des Geschädigten verletzt (Erfolgsunrecht) oder eine reine Vermögensschädigung durch Verstoss gegen eine einschlägige Schutznorm bewirkt wird (Verhaltensunrecht). Da das Vermögen kein absolutes subjektives Rechtsgut darstellt, ist eine reine Vermögensschädigung nur rechtswidrig, wenn sie auf einen Verstoss gegen eine Verhaltensnorm zurückgeht, die dem Schutz vor solchen Schädigungen dient. Solche Normen können sich aus der gesamten schweizerischen Rechtsordnung ergeben, einerlei, ob es sich um Privat-, Verwaltungsoder Strafrecht handelt, ob sie geschriebenes oder ungeschriebenes Recht darstellen oder dem Bundesoder kantonalen Recht entstammen (BGE 141 III 527 E. 3.2).

    3. Nachdem im Strafverfahren nur zivilrechtliche Ansprüche adhäsionsweise geltend gemacht werden, die aus der Straftat abgeleitet werden (Art. 119 Abs. 2 lit. b StPO), stellt sich die Frage, ob sich aus der vorliegenden Straftat des Pfän- dungsbetrugs solche zivilrechtlichen Ansprüche ergeben, d.h. ob sich daraus die Widerrechtlichkeit im vorstehend dargelegten Sinne ergibt. Dies hat das Bundesgericht in einem jüngeren Entscheid klar verneint. Das Bundesgericht hielt in BGE 141 III 527 fest, dass Konkursund Betreibungsdelikte nach Art. 163 ff. StGB keine Schutznormen im Sinne von Art. 41 Abs. 1 OR sind. Im Zusammenhang mit Art. 163 StGB erwog das Bundesgericht wörtlich (BGE 141 III 527

      E. 3.5): [ ] Art. 163 StGB soll die richtige Erfassung des Vermögens (Aktiven und Passiven) des Schuldners absichern. Er ergänzt damit eine ganze Reihe vollstreckungsrechtlicher Institute, die ebenfalls der richtigen Erfassung des Vermögens des Schuldners dienen, beispielsweise Auskunftsund Herausgabepflichten (Art. 91, Art. 222, Art. 232 Abs. 2 Ziff. 4 SchKG; zur polizeilichen Durchsetzung vgl. BGE 51 III 135), die Admassierung (Art. 242 Abs. 3 SchKG), die Pflicht der Konkursverwaltung, die eingegebenen Forderungen zu prüfen (Art. 244 SchKG), die Möglichkeit für die Gläubiger, Kollokationsklage zu erheben (Art. 148 und 250 SchKG), oder die Verwertung nachträglich entdeckter Vermögenswerte (Art. 269 SchKG). Eine zusätzliche Absicherung durch die Annahme einer deliktischen Haftung gestützt auf Art. 41 Abs. 1 OR i.V.m. Art. 163 StGB ist auch hier entbehrlich.

    4. Im Pfändungsbetrug nach Art. 163 StGB liegt keine Widerrechtlichkeit im Sinne von Art. 41 Abs. 1 OR (BGE 141 III 527 S. 3.5 i.f.). Damit fehlt es an der zentralen Haftungsvoraussetzung. Die geltend gemachten Schadenersatzbegehren der Privatkläger 1-4 sind abzuweisen.

  2. Kostenund Entschädigungsfolgen
  1. Erstinstanzliche Kostenund Entschädigungsfolgen

    Es bleibt bei den vorinstanzlichen Schuldsprüchen. Ausgangsgemäss ist die vorinstanzliche Kostenregelung (Urk. 56 Disp.-Ziff. 5 und 6) zu bestätigen (Art. 426

    Abs. 1 Satz 1 StPO).

  2. Kostenund Entschädigungsfolgen im Berufungsverfahren

    1. Im Berufungsverfahren werden die Kosten nach Obsiegen und Unterliegen auferlegt (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte unterliegt mit seiner Berufung vollumfänglich, weshalb ihm die Kosten des Berufungsverfahren zur Gänze aufzuerlegen sind.

    2. Bei diesem Verfahrensausgang besteht keine Grundlage für die Zusprechung einer Entschädigung (vgl. Art. 429 StPO).

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist schuldig

    • des mehrfachen Pfändungsbetrugs im Sinne von Art. 163 Ziff. 1 StGB sowie

    • der mehrfachen Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte im Sinne von Art. 169 StGB.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 145 Tagessätzen zu Fr. 100.-.

  3. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.

  4. Die Schadenersatzbegehren der Privatkläger 1-4 werden abgewiesen.

  5. Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Disp.-Ziff. 5 und 6) wird bestätigt.

  6. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 3'000.-.

  7. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.

  8. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an

    • die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat

    • die Privatklägerin 1: Servizio incassi della Sezione dell'esecuzione delle pene e delle misure, 6807 Taverne

    • die Privatklägerin 2: Stadtrichteramt Uster, Bahnhofstr. 17, 8610 Uster

    • die Privatklägerin 3: Stadtrichteramt Zürich, Gotthardstr. 62, Postfach, 8022 Zürich

    • die Privatklägerin 4: Steueramt der Stadt Zürich, Werdstr. 75, 8004 Zürich

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A.

  9. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer Zürich, 16. August 2018

Der Präsident:

lic. iur. R. Naef

Der Gerichtsschreiber:

Dr. iur. F. Manfrin

Zur Beachtung:

Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:

Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vorerst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.

Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),

  • wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen begeht,

  • wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht oder die Weisungen missachtet.

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