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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB170286
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB170286 vom 27.06.2018 (ZH)
Datum:27.06.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Mehrfache Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung und Rückversetzung (Rückweisung des Schweizerischen Bundesgerichtes)
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Beschuldigten; Urteil; Arbeit; Berufung; Bundesgericht; Freiheitsstrafe; Vorinstanz; Gemeinnützige; Verteidigung; Amtlich; Staatsanwaltschaft; Schweiz; Recht; Entscheid; Amtliche; Gericht; Vollzug; Rückversetzung; Gemeinnütziger; Vollzug; Kanton; Berufungsverfahren; Geldstrafe; Limmat; Verwies; Befehl; Amtlichen; Beschwerde
Rechtsnorm: Art. 107 BGG ; Art. 135 StPO ; Art. 2 StGB ; Art. 34 StGB ; Art. 37 StGB ; Art. 400 StPO ; Art. 41 StGB ; Art. 42 StGB ; Art. 428 StPO ; Art. 47 StGB ; Art. 51 StGB ; Art. 52 StGB ; Art. 82 StPO ; Art. 89 StGB ;
Referenz BGE:110 IV 116; 121 IV 109; 123 IV 1; 134 IV 97; 135 III 334; 135 IV 135;
Kommentar zugewiesen:
DONATSCH, Kommentar zum StGB, 2018
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB170286-O/U/ad-cw

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, und lic. iur. Stiefel, Oberrichterin lic. iur. Schärer sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. Aardoom

Urteil vom 27. Juni 2018

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat,

Anklägerin und Berufungsbeklagte

betreffend mehrfache Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung und Rückversetzung (Rückweisung des Schweizerischen Bundesgerichtes)

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 3. Abteilung - Einzelgericht, vom 19. Januar 2016 (GG150218); Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 25. Oktober 2016 (SB160237); Urteildes Schweizerischen Bundesgerichtes vom 14. Juli 2017 (6B_118/2017)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 20. Februar 2015 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 19).

Urteil der Vorinstanz:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig der mehrfachen Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. c AuG.

  2. Der Beschuldigte wird in den Vollzug der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 2. März 2012 ausgefällten Freiheitsstrafe rückversetzt (Strafrest 32 Tage).

  3. Der Beschuldigte wird unter Einbezug des Strafrestes gemäss Ziffer 2 mit einer Freiheitsstrafe von 130 Tagen als Gesamtstrafe bestraft (wovon bis und mit heute 4 Tage durch Untersuchungshaft erstanden sind).

  4. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.

  5. Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:

    Fr. 1'500.-; die weiteren Kosten betragen: Fr. Kosten Kantonspolizei

    Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

  6. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt, aber abgeschrieben.

  7. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO. Über die Höhe der Kosten der amtlichen Verteidigung wird mit separater Verfügung entschieden.

Berufungsanträge:

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 94 S. 2)

    1. Es sei festzustellen, dass die Beschuldigte nicht aus der Schweiz ausreisen kann;

    2. Es sei festzustellen, dass die Beschuldigte nicht in den Strafvollzug zurückversetzt werden darf;

    3. Es sei die Beschuldigte zu gemeinnütziger Arbeit anstatt zu einer Freiheitsstrafe zu verurteilen;

    4. Es sei der Beschuldigten RA X. weiterhin als amtlichen Verteidiger beizugeben;

    5. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten des Staates

  2. Des Vertreters der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat: (Urk. 98 sinngemäss, schriftlich)

    1. Absehen von der Einholung eines psychiatrischen Gutachtens.

    2. Anordnung Gemeinnütziger Arbeit nur, wenn der Beschuldigte über eine Aufenthaltsberechtigung in der Schweiz verfügt.

      Erwägungen:

      1. Prozessgeschichte
  1. Der Prozessverlauf im Vorverfahren und vor erster Instanz, einschliesslich der Einstellung des Verfahrens betreffend den Vorwurf des rechtswidrigen Aufenthalts (Urk. 15; vgl. ferner Urk. 12/8/3) und des Beschwerdeverfahrens vor der

    1. Strafkammer des Obergerichtes des Kantons Zürich, (Urk. 22-28), ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil. Darauf kann verwiesen werden (Urk. 62 S. 3 f.).

  2. Gegen das eingangs im Dispositiv wiedergegebene Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 3. Abteilung, Einzelgericht, vom 19. Januar 2016 (Urk. 62), meldete der Verteidiger noch vor Schranken mündlich Berufung an (Prot. I S. 11). Gegen das den Parteien schriftlich, in begründeter Fassung, am 27. April 2016 zugestellte Urteil reichte die Verteidigung mit Eingabe vom 16. Mai 2016 (Poststempel

17. Mai 2016) sodann fristgerecht die Berufungserklärung ein (Urk. 63). Innert angesetzter Frist nach Art. 400 Abs. 3 StPO (Urk. 65) verzichtete die Staatsanwaltschaft auf Anschlussberufung und beantragte die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (Urk. 67).

  1. Mit Urteil der erkennenden Kammer vom 25. Oktober 2016 bestätigte diese das Urteil der Vorinstanz. So sprach sie den Beschuldigten der mehrfachen Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung schuldig, ordnete die Rückversetzung in den Vollzug der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 2. März 2012 ausgefällten Freiheitsstrafe (Strafrest 32 Tage) an und bestrafte den Beschuldigten unter Einbezug des Strafrestes mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von 130 Tagen als Gesamtstrafe (davon 4 Tage als durch Untersuchungshaft erstanden). Die Kosten der Untersuchung sowie beider Gerichtsverfahren - mit Ausnahme derjenigen der amtlichen Verteidigung - wurden dem Beschuldigten auferlegt (Urk. 62 S. 27 f.)

  2. Gegen dieses Urteil liess der Beschuldigte mit Eingabe vom 30. Januar 2017 Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bundesgericht erheben (Urk. 82/2). Mit Urteil der strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichtes vom 14. Juli 2017 wurde die Beschwerde teilweise gutgeheissen, das obergerichtliche Urteil teilweise aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten war (Urk. 87 S. 19).

  3. Mit dem Einverständnis der Parteien wurde mit Präsidialverfügung vom

30. August 2017 das schriftliche Verfahren angeordnet und dem Beschuldigten Frist angesetzt, um die Berufungsanträge zu stellen und zu begründen sowie letztmals Beweisanträge zu stellen (Urk. 89 und 90). Der Verteidiger reichte die Berufungsbegründung nach mehrfach erstreckter Frist am 20. November 2017 ein (Urk. 94). Hierauf wurde der Staatsanwaltschaft mit Präsidialverfügung vom

24. November 2017 Frist zur Berufungsantwort angesetzt, welche diese am

7. Dezember 2017 einreichte (Urk. 96 und 98).

    1. Prozessuales

      1. Hebt das Bundesgericht einen Entscheid auf und weist es die Sache zur Neubeurteilung an die kantonale Instanz zurück, so wird der Streit in jenes Stadium zurückversetzt, in dem er sich vor Erlass des angefochtenen Entscheides befunden hat. Die kantonale Instanz hat ihrem neuen Entscheid die rechtliche Begründung der Kassationsinstanz zu Grunde zu legen (vgl. SEILER / VON WERDT / GÜNGERICH / OBERHOLZER, Bundesgerichtsgesetz, 2. Auflage, Bern 2015, Art. 107 BGG N 8 f.; BGE 135 III 334 E. 2.1; Urteil des Bundesgerichtes 6B_296/2014 vom

      20. Oktober 2014 E. 1.2.2). Die Vorinstanz - mithin die erkennende Kammer - ist somit an die Auffassung des Bundesgerichtes gebunden. Das Bundesgerichtsgesetz kennt das Institut der Teilrechtskraft nicht. Im aktuellen Berufungsverfahren sind daher grundsätzlich alle bereits im ersten Berufungsverfahren umstrittenen Punkte nochmals zu überprüfen. Allerdings gilt gemäss Rechtsprechung, dass die erkennende Kammer nur in jenen Punkten auf ihr Urteil zurückkommen darf, die zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides durch das Bundesgericht geführt

      haben bzw. mit diesen einen Sachzusammenhang aufweisen, selbst wenn aus formellen Gründen das ganze Urteil aufgehoben wurde (BGE 123 IV 1 E. 1; BGE 121 IV 109 E. 7; BGE 110 IV 116). Entscheidend ist, auf die materielle Tragweite des bundesgerichtlichen Urteils abzustellen und folglich danach zu fragen, ob damit der kantonale Entscheid insgesamt oder nur teilweise aufgehoben wurde.

      1. Der bundesgerichtliche Rückweisungsentscheid bezieht sich nur auf die Strafart und die Rückversetzung. Hinsichtlich der weiteren Punkte erfolgte keine Korrektur des Urteils vom 25. Oktober 2016. In dieser Hinsicht erfährt der angefochtene obergerichtliche Entscheid somit keine Änderungen. Zwecks Vermeidung extensiver Wiederholung des aufgehobenen Entscheides kann deshalb im Folgenden in sinngemässer Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO auf die entsprechenden Erwägungen im aufgehobenen Entscheid verwiesen werden.

      2. In diesem Sinne kann in Bezug auf den Anklagesachverhalt sowie die rechtliche Würdigung grundsätzlich auf das Urteil der erkennenden Kammer vom

      25. Oktober 2016, Erwägungen I. - III. (Urk. 76 S. 5 - 17), verwiesen werden.

    2. Sanktion
  1. Vorbemerkung

    Das Bundesgericht hat in seinem Entscheid vom 14. Juli 2017 sowohl die Höhe der Strafe bestätigt als auch nicht beanstandet, dass die erkennende Kammer auf eine ungünstigen Prognose und auf eine unbedingte Strafe erkannt hat (Urk. 87

    E. 2 und 2). Der Verständlichkeit halber werden in der Folge trotzdem sämtliche Erwägungen zur Sanktion und zum Vollzug aufgeführt.

  2. Übergangsrecht

    1. Am 1. Januar 2018 sind die neuen Bestimmungen des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches (Änderung des Sanktionenrechts) gemäss der Änderung vom 19. Juni 2015 in Kraft getreten (AS 2016 1249). Der Beschuldigte hat die zu beurteilenden Straftaten vor Inkrafttreten des neuen Rechts verübt. Nach Art. 2

      Abs. 1 StGB wird nach neuem Recht nur beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat. Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten des neuen Rechts begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, ist das neue Recht anzuwenden, wenn es für den Täter milder ist (Art. 2 Abs. 2 StGB). Ob das neue Recht das mildere ist, hat das Gericht nach der konkreten Methode zu ermitteln (DONATSCH, in: DONATSCH / HEIMGARTNER / ISENRING / WEDER [Hrsg.], Kommentar zum StGB, 20. Auflage 2018, Art. 2 N 10).

    2. Wie zu zeigen sein wird, ist der Beschuldigte mit gemeinnütziger Arbeit zu bestrafen (vgl. E. III. 4.5). Die gemeinnützige Arbeit ist mit der Änderung des Sanktionenrechts keine eigenständige Strafart mehr, sondern kann nur noch im Rahmen des Vollzugs beantragt werden. Da der Beschuldigte nach neuem Recht zu einer Freiheitsstrafe zu verurteilen wäre, führt das neue Recht nicht zu einer milderen Bestrafung und kommt das alte Recht zur Anwendung.

  3. Strafzumessung

    1. Hinsichtlich des anwendbaren (ordentlichen) Strafrahmens, der Verneinung des Handelns aus achtenswerten Beweggründen im Sinne von Art. 48 lit. a Ziff. 1 StGB und der allgemeinen Grundsätze der Strafzumessung kann zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf das Urteil des Bezirksgerichts verwiesen werden (Urk. 62 S. 13-15).

    2. Tatkomponenten

      1. Bei der Bewertung der objektiven Tatschwere hat die Vorinstanz den Deliktszeitraum von insgesamt ca. sechs Monaten zwar richtig als relativ kurz bewertet, aber ebenso korrekt berücksichtigt, dass der Beschuldigte hinsichtlich beider Deliktsphasen in anderem Zusammenhang und daher zufällig bei der illegalen Erwerbstätigkeit ertappt wurde und dass es sich um mehrfache Delinquenz sehr kurz hintereinander handelt. Angesichts des Deliktsbetrages von zwischen

        Fr. 8'000.- und Fr. 10'500.- und des nicht besonders raffinierten Vorgehens gelangte die Vorinstanz nachvollziehbar zu einer noch leichten objektiven Tatschwere.

      2. Zur subjektiven Tatschwere hielt die Vorinstanz dafür, dass das Motiv des Beschuldigten, er habe einfach seinen Lebensunterhalt verdienen wollen (Urk. 10

        S. 6 und 9), wohl einleuchte, aber zu relativieren sei, da es andere - gesetzmäs- sige - Möglichkeiten zur Bestreitung des Lebensunterhaltes gegeben hätte. Weiter taxierte sie die von der Verteidigung vorgebrachte Tatsache, dass sich der Beschuldigte nicht zu anderweitig weitaus kriminellerem Verhalten (Diebstahl, Drogenhandel, etc.) habe hinreissen lassen, zwar als ehrenwert, aber nicht als entlastend (Urk. 62 S. 16 f.). Diese Auffassungen sind zu teilen. Der Beschuldigte entschloss sich gezielt für die illegale Erwerbstätigkeit, obwohl er über ein hinreichendes Mass an Entscheidungsfreiheit verfügte, anstelle dieses Unrechts auf legalem Wege um finanzielle Unterstützung nachzusuchen. Das gilt umso mehr in Anbetracht der einschlägigen Vorstrafe (Urk. 69) und - bezüglich der zweiten hier zu beurteilenden Deliktsphase ab 1. Dezember 2014 - angesichts der ersten Verhaftung vom 18. November 2014 und des darauf ergangenen Strafbefehls vom

        19. November 2014 wegen Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung (Urk. 5 und 7). Der pauschale Einwand des Verteidigers (Urk. 71 S. 11), dass es zum Tatzeitpunkt kein Sozialamt gegeben habe, welches sich für den Beschuldigten als zuständig erachtet habe, vermag nicht zu überzeugen. Es ist in den Akten nirgends belegt, dass der Beschuldigte in der fraglichen Zeit ein Gesuch um staatliche Unterstüt- zung gestellt hätte und dieses abgelehnt worden wäre, was damit zusammenhän- gen mag, dass er gemäss seinen Angaben (Prot. II S. 14 und 17) rund fünf Jahre durch einen Freund unterstützt wurde. Hinzu kommt, dass der Beschuldigte gemäss seinen eigenen Aussagen inzwischen staatliche Unterstützung durch den Kanton Neuenburg erhält (Prot. II S. 10 f. und S. 14 f.), der für ihn offenbar zuständig ist (Prot. II S. 15: [ ] weil dies mein Kanton sei). Es bestehen keine Zweifel daran, dass ihm diese Möglichkeit auch schon früher zur Verfügung gestanden hätte, sofern er nicht von Dritten wirtschaftlich unterstützt worden wäre.

        Die subjektive Tatschwere vermag die objektive Tatschwere jedenfalls nicht abzuschwächen.

      3. Es liegt somit im Einklang mit der Vorinstanz ein noch leichtes Verschulden vor, und es rechtfertigt sich - beim gegebenen Strafrahmen von Freiheitsstrafe

        bis zu einem Jahr oder Geldstrafe - eine hypothetische Einsatzstrafe von 90 Tagen Freiheitsstrafe bzw. 90 Tagessätzen Geldstrafe oder 360 Stunden gemeinnütziger Arbeit festzusetzen.

    3. Täterkomponenten

      1. Biografie

        Für das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten kann auf die Personalakten (Urk. 14/1), seine Ausführungen in der Untersuchung (Urk. 10

        S. 9 f.) und vor Vorinstanz (Urk. 53 S. 1-6, 9 f.) sowie auf die zusammenfassende Darstellung im angefochtenen Urteil (Urk. 62 S. 17) verwiesen werden. Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 25. Oktober 2016 führte der Beschuldigte ergän- zend aus, dass er nun in [Ort] lebe, wo er vom Kanton Neuenburg staatliche Unterstützung erhalte. Zudem habe er sich vor dreieinhalb Monaten in eine voraussichtlich zwei bis drei Jahre dauernde Behandlung zur Geschlechtsumwandlung zur Frau begeben, in deren Rahmen er psychiatrisch betreut sei und Hormone einnehme (Prot. II S. 6 ff.). Mit seiner (erneuten) Berufungsbegründung vom

        20. November 2017 reichte der Verteidiger eine Bestätigung des Universitätsspitals Zürich ein, wonach der Beschuldigte diesbezüglich seit Oktober 2016 in interdisziplinärer Behandlung steht (Urk. 95/1).

        Diese Biografie ist trotz des bisher nicht einfachen Lebens des Beschuldigten - entgegen den Ausführungen des Verteidigers (Urk. 71 S. 12 f.) - strafzumessungsneutral zu werten.

      2. Vorstrafen

        Die im erstinstanzlichen Urteil korrekt aufgelisteten Vorstrafen, eine davon einschlägig, wirken sich straferhöhend aus (vgl. Urk. 62 S. 18; Urk. 69).

      3. Tatbegehung während laufender Probezeit und laufender Untersuchung

        Zu Recht hat die Vorinstanz auch diese Faktoren straferhöhend veranschlagt, wobei für die Einzelheiten auf die dortigen Erwägungen verwiesen sei (Urk. 62 S. 18).

    4. Aufgrund der straferhöhenden Täterkomponente ist der Vorinstanz folgend die hypothetische Einsatzstrafe um rund einen Drittel auf 120 Tage Freiheitsstrafe bzw. 120 Tagessätze Geldstrafe oder 480 Stunden gemeinnützige Arbeit anzuheben.

    5. Nachtatverhalten

      Wenn die Vorinstanz aufgrund des Nachtatverhaltens, wozu das - hier erheblich zu relativierende - Geständnis und die allerdings erst im Gerichtsverfahren bekundete Reue zählen, eine Strafreduktion im Umfang von einem Zwölftel oder 10 Tagen bzw. Tagessätzen vorgenommen hat, so ist auch das als angemessen zu übernehmen (Urk. 62 S. 19).

    6. Opportunitätsprinzip

      Die Vorinstanz hat die Anwendung des von der Verteidigung ins Feld geführten Opportunitätsprinzips (Urk. 50 S. 10) richtigerweise verworfen. Auf ihre Begrün- dung kann vorab verwiesen werden (Urk. 62 S. 19 f.).

      Darüber hinaus besteht ein öffentliches Interesse an der Ahndung von illegaler Erwerbsarbeit. Wer zudem, wie der Beschuldigte, bereits einschlägig vorbestraft ist und innert weniger Tage nach ergangenem Strafbefehl (19. November 2014; Urk. 5) die dort geahndete Delinquenz ab 1. Dezember 2014 offenbar unbeeindruckt wieder aufnimmt, lässt es an Einsicht fehlen und kann sich nicht auf geringfügige Schuld im Sinne von Art. 52 StGB berufen. Denn bei der Würdigung des Verschuldens sind sämtliche relevanten Strafzumessungskriterien gemäss Art. 47 StGB mit Einschluss der Täterkomponenten zu berücksichtigen (vgl. BGE 135 IV 135 E. 5), wozu, wie gesehen, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse gehören, mithin auch die strafrechtliche Biografie und das Kriterium der Einsicht in fehlbares Tun (DONATSCH, a.a.O., Art. 52 N 2 und Art. 47 N 15 mit Hinweisen). Von unerheblich erscheinendem Verhalten, welches die Strafbedürftigkeit entfallen liesse, kann nicht die Rede sein (DONATSCH, a.a.O, Art. 52 N 2 a.E. mit Hinweis). An alledem ändert der Umstand nichts, dass der Beschuldigte gegen den

      genannten Strafbefehl Einsprache erheben liess (Urk. 9/1) und ein Teil des darin vorgeworfenen Verhaltens Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet.

    7. In Würdigung aller massgeblichen Strafzumessungsgründe erweist sich eine Strafe in der Höhe von 110 Tagen Freiheitsstrafe bzw. 110 Tagessätzen Geldstrafe oder 440 Stunden gemeinnützige Arbeit als dem Verschulden und den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten angemessen.

  4. Strafart und Vollzug

    1. Nach korrekten Erwägungen zu den massgeblichen Kriterien für die Wahl der Strafart sowie zu den Voraussetzungen einer Freiheitsstrafe unter sechs Monaten und jenen für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs - worauf vollumfänglich verwiesen werden kann (Urk. 62 S. 20 f.) - kam die Vorinstanz in gesamthafter Würdigung der Täterpersönlichkeit, der mehrfachen strafrechtlichen Vorbelastung, namentlich auch der einschlägigen Vorstrafe, einer erforderlichen Probezeitverlängerung und des offensichtlich unwirksamen Strafvollzugs im Sommer 2014, indem der Beschuldigte nach vorzeitiger Entlassung im August (vgl. Urk. 53 S. 3) sogleich weiter delinquierte, zum überzeugenden Ergebnis, dass dem Beschuldigten keine gute Prognose beschieden werden kann (Urk. 62

      S. 21). Die Voraussetzungen für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs im Sinne von Art. 42 StGB sind nicht gegeben, weshalb eine unbedingte Strafe auszusprechen ist (vgl. auch Urk. 87 E. 3.2.5).

    2. Damit auf eine vollziehbare Freiheitsstrafe von weniger als sechs Monaten erkannt werden kann, wird gleichzeitig neben der ungünstigen Legalprognose vorausgesetzt, dass die Vollziehbarkeit einer Geldstrafe oder von gemeinnütziger Arbeit nicht zu erwarten ist (Art. 41 Abs. 1 StGB).

    3. Wohl kommt die Anordnung einer Geldstrafe gemäss der Rechtsprechung grundsätzlich auch für einkommensschwache Täter, wie den Beschuldigten in Betracht (BGE 134 IV 97 E. 5.2.3 und 5.2.4), doch ist von offensichtlich fehlender Zahlungsbereitschaft auszugehen (BGE 134 IV 97 E. 6.3.3.2). Der Beschuldigte hält sich ohne gültigen Aufenthaltstitel in der Schweiz auf und verfügt über keine

      Arbeitsbewilligung, weshalb es ihm nicht möglich ist, auf legalem Weg ein Erwerbseinkommen zu generieren. Gemäss seinen eigenen Aussagen konnte er in der Vergangenheit seinen Unterhalt lediglich dank der Hilfe von Kollegen (Urk. 53

      S. 2) bzw. eines Freundes bestreiten (Prot. II S.14 und 17) und erhält er vom Kanton Neuenburg Nothilfeleistungen (Prot. II S. 10 f.; Urk. 95/5). Folglich lebt er seit längerem und bis anhin bereits weit unter dem Existenzminimum und verfügt über kein eigenes Erwerbseinkommen, von dem zur Bemessung des Tagessatzes ausgegangen werden könnte (Art. 34 Abs. 2 StGB). Zudem räumte der Beschuldigte vor Vorinstanz ein, dass er die mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zü- rich-Limmat vom 16. März 2012 unbedingt ausgefällte Geldstrafe von 30 Tagess- ätzen zu Fr. 30.- seines Wissens nicht bezahlt habe (Urk. 53 S. 3). Auch die mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 4. März 2009 ausgefällte Busse in der Höhe von Fr. 500.- sowie die mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zü- rich Limmat vom 16. März 2012 ausgefällte Busse von Fr. 200.- konnte der Beschuldigte nicht bezahlen (Beizugsakten Geschäfts-Nr. 2011/3812 HD7/1 S. 2 f.; Prot. II S. 11 f.). Der Beschuldigte ist offenkundig bereits bei geringen Geldbeträ- gen weder zahlungsfähig noch zahlungsbereit, was gegen die Vollziehbarkeit einer Geldstrafe spricht und im konkreten Fall zur (ausnahmsweise) begründeten Annahme der Unmöglichkeit eines Vollzugs der Geldstrafe führt.

    4. Aufgrund fehlender Leistungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft liegt somit eine negative Vollstreckungsprognose vor, weshalb der Vollzug der Geldstrafe auszuschliessen ist.

    5. Somit bleibt zu prüfen, ob die Strafe in Form gemeinnütziger Arbeit auszusprechen ist. Die Vorinstanz sowie die erkennende Kammer im ersten Urteil vom

25. Oktober 2016 verneinten dies mit Verweis auf die bundesgerichtliche Praxis (Urk. 62 S. 23; Urk. 76 S. 23).

      1. Der Beschuldigte rügte dies am Bundesgericht und drang mit seiner Beschwerde durch. Das Bundesgericht verwies dabei auf die - auch bereits von der Vorinstanz und der erkennenden Kammer zitierte - geltende Praxis, die Anordnung von gemeinnütziger Arbeit liesse sich nur solange rechtfertigen, als wenigstens Aussicht bestünde, dass ein Verurteilter auch nach einem allfälligen Straf-

        vollzug in der Schweiz bleiben dürfe. Sinn der Arbeitsstrafe sei die Wiedergutmachung zu Gunsten der lokalen Gemeinschaft sowie die Erhaltung des sozialen Netzes des Verurteilten. Wo ein Verbleib des Ausländers aber von vornherein ausgeschlossen sei, lasse sich dieser Zweck nicht erreichen. Bestehe demnach bereits im Urteilszeitpunkt kein Anwesenheitsrecht oder stehe fest, dass über den ausländerrechtlichen Status eines Beschuldigten endgültig entschieden worden sei und er die Schweiz verlassen müsse, habe die gemeinnützige Arbeit als unzweckmässige Sanktion auszuscheiden (Urk. 87 E. 4.2.2 mit Verweis auf BGE 134 IV 97 E. 6.3.3.4). Weiter verwies das Bundesgericht unter anderem auf das Urteil 6B_819/2008 vom 26. Dezember 2008 E. 2.3, mit welchem entschieden wurde, dass ein Asylbewerber, dessen Asylgesuch rechtskräftig abgewiesen und dessen Wegweisung verfügt worden war, die Voraussetzungen für die gemeinnützige Arbeit nicht erfülle. Anders als im vorliegenden Fall erfolgten in den durch das Bundesgericht erwähnten Entscheiden allerdings Schuldsprüche wegen illegalen Aufenthalts in der Schweiz. Anhaltspunkte, dass die betroffenen Personen die Schweiz objektiv gar nicht verlassen konnten, hätten damit nicht vorgelegen (Urk. 87 E. 4.2.2).

      2. Das Bundesgericht führte weiter aus, dass die Verurteilung des Beschuldigten zu einer kurzen unbedingten Freiheitsstrafe gegen Art. 41 Abs. 1 StGB verstosse. Eine vollziehbare Freiheitsstrafe von weniger als sechs Monaten dürfe nur verhängt werden, wenn zu erwarten sei, dass weder eine Geldstrafe noch gemeinnützige Arbeit vollzogen werden könne. Davon könne nicht ausgegangen werden, wenn eine Wegweisung zwar verfügt wurde, diese aber aus vollzugstechnischen Gründen (insbesondere zufolge Weigerung der ausländischen Behörden, Reisedokumente auszustellen) nicht möglich erscheine und sich die betroffene Person voraussichtlich daher noch auf unbestimmte Zeit in der Schweiz aufhalten werde. Sei der Vollzug einer Wegweisung nicht möglich, habe das Bundesamt für Migration unter gewissen Voraussetzungen gar die vorläufige Aufnahme zu verfügen. Auch aus einer vorläufigen Aufnahme könne zwar kein Anspruch auf ein gefestigtes Aufenthaltsrecht abgeleitet werden, dennoch habe sich gezeigt, dass die grosse Mehrheit der vorläufig aufgenommenen Personen wäh- rend einer längeren Zeit oder sogar für immer in der Schweiz bleiben würden. Die

        Unmöglichkeit des Vollzugs von gemeinnütziger Arbeit dürfe somit nicht leichthin bejaht werden, wenn sich die beschuldigte Person seit längerer Zeit in der Schweiz aufhalte, keine Fluchtgefahr vorliege sowie begründete Aussicht bestehe, dass sie bspw. mangels Ausreisemöglichkeit auch künftig noch hier verweilen werde (Urk. 87 E. 4.3.2 m.w.H.).

      3. Die Staatsanwaltschaft stellte mit Verfügung vom 20. Februar 2015 das Verfahren wegen illegalen Aufenthalts gegen den Beschuldigten ein, da es diesem objektiv nicht möglich sei, in sein Heimatland zurückzukehren (Urk. 15). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich an dieser Sachlage etwas geän- dert hat. Das Strafgesetzbuch der Komoren hält in Artikel 318 Absatz 3 fest, dass gleichgeschlechtliche Handlungen mit Freiheitsstrafen von einem bis fünf Jahren sowie einer Busse von 50'000 bis 1'000'000 komorische francs bestraft werden (Urk. 12/7 2. Seite). Der Beschuldigte ist homosexuell bzw. transsexuell und zur Zeit nachweislich in einer Behandlung zur Geschlechtsumwandlung zur Frau. Er befindet sich somit in einer aussergewöhnlichen persönlichen Situation, welcher im Vergleich zu anderen Ausnahmecharakter zugesprochen werden kann. Die Möglichkeit bzw. Schwierigkeit bei der Papierbeschaffung hängt direkt mit dieser speziellen Lage des Beschuldigten zusammen. Seine heutige Situation präsentiert sich gegenüber derjenigen im Jahr 2013, als er bei der komorischen Botschaft in Paris vorsprach und abgelehnt wurde (Urk. 12/5 S. 9), ungleich schlechter, da eine laufende Geschlechtsumwandlung wohl von den komorischen Behör- den noch kritischer betrachtet wird als die bereits bekannte Homosexualität des Beschuldigten. Zudem ist nicht davon auszugehen, dass die laufende Geschlechtsumwandlung auf den Komoren weitergeführt werden könnte. Auch aus grundrechtlichen Überlegungen erscheint eine Rückführung des Beschuldigten in sein Heimatland in naher Zukunft somit praktisch ausgeschlossen. Aus heutiger Sicht ist eher davon auszugehen, dass dem Beschuldigten dereinst möglicherweise eine vorläufige Aufnahme gewährt werden wird, wie dies vom Bundesgericht erwähnt wird. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände ist demnach davon auszugehen, dass sich der Beschuldigte weiterhin in der Schweiz aufhalten wird und es ihm nicht möglich ist, in sein Heimatland zurückzukehren.

      4. Der praktischen Vollziehbarkeit gemeinnütziger Arbeit steht nichts entgegen. Eine Berechtigung, in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit auszuführen, ist dafür nicht notwendig (so der Verteidiger in Urk. 71 S. 18 m.V.a. T RECHSEL/KELLER, in: TRECHSEL/PIETH [Hrsg.], StGB PK, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen, Art. 37 N 5). Sodann bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte nicht in der Lage ist, eine Arbeit auszuführen und spricht dieser sowohl Französisch als auch Deutsch, kann sich also auch genügend verständigen (Prot. II S. 4 f.; vgl. auch Urk. 95/2 und 3).

4.6 Der Beschuldigte ist somit zur Leistung gemeinnütziger Arbeit von 440 Stunden im Sinne von Art. 37 aStGB zu verurteilen. Der Anrechnung der erstandenen Haft von 4 Tagen (entspricht 16 Stunden gemeinnütziger Arbeit) im Sinne von Art. 51 StGB steht nichts entgegen.

  1. Rückversetzung

    1. Gestützt auf einen Entscheid des Amtes für Justizvollzug des Kantons Zü- rich vom 11. Juli 2014 wurde der Beschuldigte am 7. August 2014 unter Ansetzung einer Probezeit von einem Jahr vorzeitig bedingt aus dem Strafvollzug betreffend die Strafbefehle der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 2. März 2012 und vom 16. März 2012 (jeweils Verurteilungen wegen rechtswidrigem Aufenthalt) entlassen, bei einer Reststrafe von 32 Tagen (Urk. 88 S. 2). Unmittelbar nach der Entlassung setzte er sein strafbares Verhalten durch Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit im Salon B. fort. Er wurde somit während noch andauernder Probezeit erneut straffällig.

    2. Die Vorinstanz sowie die erkennende Kammer im ersten Urteil vom

25. Oktober 2016 haben die Rückversetzung des Beschuldigten angeordnet und dabei in Anwendung von Art. 89 Abs. 6 StGB eine Gesamtstrafe von 130 Tagen Freiheitsstrafe gebildet (Urk. 62 S. 24-26; Urk. 76 S. 24).

      1. Auch dies rügte der Beschuldigte vor Bundesgericht und drang mit seiner Beschwerde durch. So wies das Bundesgericht darauf hin, dass eine Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen sei. Dabei sei auch zu berücksichtigen, ob die neue Strafe bedingt oder unbedingt ausgesprochen werde. Es verwies weiter darauf, dass sich ein Beschuldigter beim Dauerdelikt des andauernden und ununterbrochenen rechtswidrigen Verweilens im Land auch im Rahmen einer Rückversetzung in den Strafvollzug nach Art. 89 Abs. 1 StGB darauf berufen könne, die Summe der bereits vollzogenen Freiheitsstrafe und der infolge Rückversetzung noch zu vollziehenden Freiheitsstrafe führe insgesamt zu einer nicht mehr angemessenen Strafe oder überschreite die Höchststrafe. Damit anerkenne die Rechtsprechung, dass im Zusammenhang mit dem Straftatbestand von Art. 115 Abs. 1 lit. b AuG gewisse Fragen, welche an sich die Rechtmässigkeit der Schuldigsprechung und Bestrafung betreffen, ausnahmsweise auch im Rahmen einer Rückversetzung in den Strafvollzug noch zu prüfen seien (Urk. 87

        E. 5.3.2). Dass eine Person transsexuell sei und sich in einer Geschlechtsumwandlung befinde, stehe dem Vollzug einer Freiheitsstrafe nicht entgegen. Dennoch seien solche besonderen Umstände im Rahmen der Gesamtwürdigung und der Verhältnismässigkeitsprüfung auch bei der Frage der Rückversetzung in den Strafvollzug zu berücksichtigen, wenn es, wie vorliegend, lediglich noch um den Vollzug des Strafrests einer kurzen Freiheitsstrafe gehe.

      2. Gemäss Art. 89 Abs. 2 StGB verzichtet das Gericht auf eine Rückversetzung, wenn trotz des während der Probezeit begangen Verbrechens oder Vergehens nicht zu erwarten ist, dass der Verurteilte weitere Straftaten begehen werde. Es kann den Verurteilten verwarnen und die Probezeit um höchstens die Hälfte der von der zuständigen Behörde ursprünglich festgesetzten Dauer verlängern. Die Rückversetzung darf nicht mehr angeordnet werden, wenn seit dem Ablauf der Probezeit 3 Jahre vergangen sind (Art. 89 Abs. 4 StGB).

      3. Der Beschuldigte wird zur Leistung von gemeinnütziger Arbeit von 440 Stunden verurteilt, welche Strafe zu vollziehen ist. Zwar hat dieser unmittelbar nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug wieder delinquiert, indessen ist zu berücksichtigen, dass seither nichts Derartiges mehr vorgefallen ist. Zudem ist - wie oben erwogen - eine Rückkehr in sein Heimatland zur Zeit auf kurze Sicht praktisch ausgeschlossen und hat die Staatsanwaltschaft bereits im Jahr 2015 das Verfahren wegen illegalen Aufenthaltes gegen den Beschuldigten eingestellt,

da eine Ausreise objektiv unmöglich erschien (Urk. 15). In Anbetracht der Gesamtumstände, der Ausnahmesituation des Beschuldigten in persönlicher Hinsicht bezüglich der laufenden Geschlechtsumwandlung, des relativ kurzen Strafrests, sowie der Tatsache, dass die Rückversetzung bereits innert weniger Wochen nicht mehr möglich wäre.

6. Da den Anträgen des Beschuldigten entsprochen wurde, erübrigt sich die Behandlung der von ihm gestellten Beweisanträge (Urk. 94 S. 4 und 6)

IV. Kostenfolgen
  1. Ausgangsgemäss ist das vorinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 5-7) zu bestätigen.

  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens und Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO).

    1. Der Beschuldigte unterliegt mit seinen Hauptänträgen im Berufungsverfahren. Einzig von der Rückversetzung in den Strafvollzug wurde abgesehen, der Beschuldigte indessen verwarnt. Zudem dringt er mit seinem Eventualantrag (Bestrafung mit gemeinnütziger Arbeit) durch. Dementsprechend sind die Kosten des ersten Berufungsverfahrens, mit Ausnahme derjenigen der amtlichen Verteidigung, dem Beschuldigten zu drei Vierteln aufzuerlegen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Rückzahlungspflicht im Umfang von drei Vierteln bleibt vorbehalten.

    2. Im zweiten Berufungsverfahren obsiegt der Beschuldigte. Die Gerichtsgebühr hat ausser Ansatz zu fallen. Der amtliche Verteidiger bezifferte seinen Aufwand für das zweite Berufungsverfahren mit Fr. 3'440.-. Dieser Betrag erweist sich als angemessen. Die Kosten für die amtliche Verteidigung im zweiten Berufungsverfahren sind auf die Gerichtskasse zu nehmen.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist schuldig der mehrfachen Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. c AuG.

  2. Der Beschuldigte wird zur Leistung von 440 Stunden gemeinnütziger Arbeit im Sinne von Art. 37 aStGB verurteilt, wovon 16 Stunden (entspricht 4 Tagen Haft) als durch Haft geleistet gelten.

  3. Die Strafe wird vollzogen.

  4. Von einer Rückversetzung in den Vollzug der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 2. März 2012 ausgefällten Freiheitsstrafe bzw. der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat vom 16. März 2012 ausgefällten Geldstrafe (Strafrest 32 Tage) wird abgesehen. Der Beschuldigte wird diesbezüglich verwarnt.

  5. Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Ziff. 5-7) wird bestätigt.

  6. Die Gerichtsgebühr für das erste Berufungsverfahren wird festgesetzt auf: Fr. 3'000.- ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 5'000.- amtliche Verteidigung

  7. Die Kosten des ersten Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten zu drei Vierteln auferlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht im Umfang von drei Vierteln bleibt vorbehalten.

  8. Die Gerichtsgebühr für das zweite Berufungsverfahren fällt ausser Ansatz.

    Die weiteren Auslagen betragen Fr. 3'440.- für die amtliche Verteidigung.

  9. Die Kosten der amtlichen Verteidigung im zweiten Berufungsverfahren werden auf die Gerichtskasse genommen.

  10. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat

    • das Staatssekretariat für Migration

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • das Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungsund Vollzugsdienste, mit Vermerk der Rechtskraft, nebst Formularen Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials

    • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A und B

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich, Berninastrasse 45, Postfach, 8090 Zürich

    • das Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA), Arbeitsbedingungen/ Arbeitsmarktaufsicht

  11. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Zürich, 27. Juni 2018

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Spiess

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. Aardoom

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