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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB170066
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB170066 vom 05.06.2018 (ZH)
Datum:05.06.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Mehrfache Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Privatkläger; Beschuldigten; Einvernahme; Aussage; Aussagen; Verfahren; Drohung; Vorinstanz; Person; Verteidigung; Beamte; Privatklägers; Berufung; Gesicht; Verfahren; Personen; Verwertbar; Zeugin; Polizist; Gestossen; Brust; Gesagt; Laden; Treffe; Gepackt; Personenkontrolle
Rechtsnorm: Art. 101 StPO ; Art. 135 StPO ; Art. 141 StPO ; Art. 177 StGB ; Art. 285 StGB ; Art. 307 StGB ; Art. 317 StPO ; Art. 392 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 45 StGB ; Art. 76 StPO ; Art. 82 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB170066-O/U/mc

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, Oberrichterinnen lic. iur. Wasser-Keller und lic. iur. Bertschi sowie Gerichtsschreiberin MLaw Guennéguès

Urteil vom 5. Juni 2018

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

amtlich verteidigt durch Rechtsanwältin lic. iur. X. ,

gegen

Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland,

Anklägerin und Berufungsbeklagte

sowie

  1. B. ,
  2. C. ,

Privatkläger und Berufungsbeklagte

1 vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y1. , 2 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y2. ,

betreffend mehrfache Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur, Einzelgericht Strafsachen, vom 7. Oktober 2016 (GG160020)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 8. März 2018 (Urk. 21) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz:

  1. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 30.- (wovon 2 Tagessätze als durch Haft geleistet gelten).

  2. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.

  3. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 1'800.00; die weiteren Kosten betragen: Fr. 2'000.00 Gebühr für das Vorverfahren

    Entschädigung amtliche Verteidigung vom 12. März 2014

    Fr. 1'239.30

    bis 4. Mai 2015 (gemäss Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 4. August 2015 [act. 12/13]);

    Fr. 10'686.95 amtliche Verteidigung ab 5. Mai 2015 (inkl. MWSt und Barauslagen);

    Fr. 15'726.25 Total

    Allfällige weitere Kosten bleiben vorbehalten.

    Wird keine schriftliche Begründung dieses Urteils verlangt, ermässigt sich die Entscheidgebühr auf 2/3.

  4. Die Kosten des Vorverfahrens (Gebühr Vorverfahren) und des gerichtlichen Verfahrens, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden zu 3/5 dem Beschuldigten auferlegt, die anteilsmässigen Kosten der amtlichen Verteidigung indessen einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO bezüglich der anteilsmässigen Kosten der amtlichen Verteidigung bleibt vorbehalten. Im verbleibenden Umfang von 2/5 werden die Kosten des Vorverfahrens, des gerichtlichen Verfahrens und der amtlichen Verteidigung definitiv auf die Gerichtskasse genommen.

  5. Dem Beschuldigten wird keine Genugtuung aus der Gerichtskasse zugesprochen.

  6. a) Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger 1 (B. ) für die anwaltliche Privatklägerschaftvertretung eine Parteientschädigung von Fr. 4'450.80 (inkl. MWSt und Barauslagen) zu bezahlen.

b) Der Antrag des Privatklägers 2 (C. ) auf Verpflichtung des Beschuldigten zur Leistung einer Parteientschädigung wird abgewiesen.

Berufungsanträge:

  1. Der amtlichen Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 76 S. 1 f.)

    1. Der Beschuldigte A. sei vollumfänglich freizusprechen.

    2. Dem Beschuldigten sei für die erlittene Haft von 2 Tagen eine Genugtuung von Fr. 500.- zuzusprechen.

    3. Der Beschuldigte sei nicht zu verpflichten, dem Privatkläger

      B. für die anwaltliche Vertretung vor Vorinstanz eine Parteientschädigung zu bezahlen.

    4. Die Verfahrenskosten seien vom Staat zu tragen.

  2. Der Vertreterin des Privatklägers 1: (Urk. 77 S. 1)

    1. Es sei das vorinstanzliche Urteil in allen Punkten zu bestätigen und der Beschuldigte A. sei bezüglich der Anklageziffern 1, 2 und 3 der mehrfachen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

    2. Der Beschuldigte sei angemessen zu bestrafen.

    3. Das erstinstanzliche Kostendispositiv sei zu bestätigen, insbesondere hinsichtlich der dem Privatkläger B. zu bezahlenden Parteientschädigung.

      4 Es sei dem Privatkläger B. eine angemessene Entschädigung für das Berufungsverfahren zuzusprechen.

      5. Die Kosten des Berufungsverfahrens seien dem Beschuldigten aufzuerlegen.

  3. Des Vertreters der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland: (Urk. 70, schriftlich)

Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

Erwägungen:

  1. Gegenstand des Berufungsverfahrens

    Mit Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur, Einzelgericht, vom 7. Oktober 2016 wurde der Beschuldigte der mehrfachen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen. Bezüglich Anklageziffern 4 und 5 wurde er vom Vorwurf der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte freigesprochen. Er wurde mit einer bedingten Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 30.-- bestraft unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren.

    Der Beschuldigte hat gegen das Urteil mit Eingabe vom 12. Oktober 2016 fristgerecht Berufung angemeldet (Urk. 58) und mit Eingabe vom 10. Februar 2017 die Berufungserklärung eingereicht (Urk. 65). Er beantragt einen vollumfänglichen Freispruch und ficht Dispositiv-Ziffern 1 a), 2, 3, 5, 6 und 7 a) an.

    Seitens der Staatsanwaltschaft und der Privatkläger wurde keine Anschlussberufung erhoben (Urk. 70 und 72).

    Demzufolge ist festzuhalten, dass das vorinstanzliche Urteil bezüglich DispositivZiffern 1 b) (Freispruch betreffend Anklageziffern 4 und 5), 4 (Kostenfestsetzung) und 7 b) (Abweisung Parteientschädigung Privatkläger 2) in Rechtskraft erwachsen ist.

    Das vorliegende Berufungsverfahren wird parallel zum Berufungsverfahren SB170065 geführt. In jenem Verfahren tritt der Beschuldigte als Privatkläger auf und die Privatkläger im vorliegenden Verfahren als beschuldigte Personen betreffend den Vorwurf des Amtsmissbrauchs etc.. Die beiden Verfahren wurden schon von der Vorinstanz parallel geführt und zusammen entschieden, da sie einen engen Konnex aufweisen. Sie betreffen Vorfälle im Zusammenhang mit der Polizeikontrolle des Beschuldigten vom 24. September 2013. Entsprechend fand auch

    die Berufungsverhandlung in beiden Verfahren zusammen statt und wurden die Entscheide in beiden Verfahren zusammen gefällt.

  2. Sachverhalt

    1. Anklagevorwurf

      Dem Beschuldigten wird in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 8. März 2016 vorgeworfen, er habe sich am 24. September 2013 gegen eine Personenkontrolle am Bahnhofplatz D. gewehrt. Er habe den Privatkläger 1 mit beiden Händen abgewehrt und gegen dessen Brust gestossen, dadurch habe er die Amtshandlung behindert. Zudem habe er dem Privatkläger 1 während der Amtshandlung verbal gedroht, man würde sich im Leben immer zweimal sehen und er kenne nun das Gesicht des Privatklägers 1. Dies habe vom Privatkläger 1 als Androhung potentieller Gewaltanwendung bei einem zukünftigen Zusammentreffen verstanden werden müssen. Beim Verlad in den Gefangenentransporter habe der Beschuldigte den Privatkläger 1 angespuckt und habe ihn an der Uniform getroffen.

      Auf die Anklageziffern 4 und 5 ist nicht mehr weiter einzugehen, da in diesen Punkten ein rechtskräftiger Freispruch ergangen ist.

    2. Standpunkt des Beschuldigten

      In der vorinstanzlichen Hauptverhandlung sagte der Beschuldigte aus, er habe bei der Personenkontrolle vom 24. September 2013 der kontrollierenden Polizeibeamtin seinen Ausweis gegeben. Der Privatkläger 1 sei dann auf ihn zugekommen und habe ihn wortlos gepackt. Er sei überrascht gewesen und habe eine Abwehrhaltung gemacht, indem er ohne Druck an die Ellbogen des Privatklägers 1 gefasst habe. Darauf hätten die Polizistin und der Privatkläger 1 ihn umgedreht, ihm das Bein gestellt und ihn zu Boden geführt, wo ihm die Handschellen angelegt worden seien (Prot. I S. 28). Der Beschuldigte gestand ein, zum Privatkläger 1 gesagt zu haben, man sehe sich zweimal im Leben. Dies habe er aus Wut geschrien, denn er habe sich ungerecht behandelt gefühlt (Prot. I S. 32). Er könne sich nicht daran erinnern, gesagt zu haben, dass er sich das Gesicht des Privatklägers 1 merken werde (Prot. I S. 33). Der Beschuldigte anerkannte ferner, beim Aufheben für den Verlad in den Arrestantenwagen gespuckt zu haben, wobei er nicht wisse, ob er den Privatkläger 1 getroffen habe (Prot. I S. 34). Ein zweites Mal habe er gespuckt, als er in den Transporter eingeladen worden sei, da habe er durch die Gittertüre gespuckt. Er sei sich nicht sicher, ob er den Privatkläger getroffen habe. Es könne sein, dass er ihn im Brustbereich getroffen habe (Prot. I

      S. 35). Er habe gespuckt, weil er sich ungerecht behandelt gefühlt habe, ungerechtfertigt verhaftet worden sei (Prot. I S. 36).

      Der Beschuldigte hat den angeklagten Sachverhalt somit weitgehend anerkannt. Er bestritt einzig, den Privatkläger 1 gestossen zu haben und machte geltend, er habe ihn im Sinne einer Abwehrhandlung ohne Druck an den Ellbogen gefasst. Hinsichtlich der verbalen Drohung sagte er aus, er könne sich nicht erinnern, gesagt zu haben, er kenne nun das Gesicht des Privatklägers 1. Der zweite Teil der Drohung hat daher als bestritten zu gelten. Das Spucken an sich wurde vom Beschuldigten eingestanden, er erklärte jedoch, er sei nicht sicher, den Privatkläger 1 getroffen zu haben, das sei aber möglich.

      Das Geständnis des Beschuldigten wird durch die Akten gedeckt. Es bleibt zu prüfen, ob sich der bestrittene Teil des Sachverhalts erstellen lässt.

    3. Beweismittel

      1. Aussagen des Beschuldigten

        1. Verwertbarkeit

          Die Verteidigung machte vor Vorinstanz geltend, die erste Einvernahme des Beschuldigten sei gestützt auf At. 158 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 StPO unverwertbar, da ihm nicht ab Beginn der Einvernahme ein konkreter Lebenssachverhalt vorgehalten worden sei (Urk. 54 S.17). Bei der zweiten Einvernahme seien dem Beschuldigten die Aussagen aus seiner ersten unverwertbaren Einvernahme vorgehalten worden, weshalb aufgrund der Fernwirkung des Beweisverwertungsverbotes auch diese Einvernahme unverwertbar sei. Da ihm in der dritten und vierten Einvernahme keine Tatvorhalte gemacht worden seien und ihm in der dritten Einvernahme Aussagen aus der ersten unverwertbaren Einvernahme vorgehalten worden seien, seien auch diese Einvernahmen unverwertbar. Damit seien sämtliche Einvernahmen der Beschuldigten unverwertbar, weshalb das Vorverfahren mangelhaft sei und der Gehörsanspruch des Beschuldigten verletzt worden sei

          (Urk. 54 S. 18).

          Gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. a StPO ist die beschuldigte Person zu Beginn der ersten Einvernahme in einer ihr verständlichen Sprache darauf hinzuweisen, welche Straftaten Gegenstand des Verfahrens bilden. In der ersten polizeilichen Einvernahme vom 25. September 2013 (Urk. 6/1/1), somit einen Tag nach den inkriminierten Vorfällen, wurde der Beschuldigte darauf hingewiesen, dass gegen ihn ein Strafverfahren wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte eingeleitet worden sei. Ab Beginn der Einvernahme ging es um die Vorfälle im Zusammenhang mit dieser Personenkontrolle, somit um kurze Zeit vor der Einvernahme liegende Geschehnisse, welche dem Beschuldigten ohne Weiteres präsent waren. Dem Beschuldigten wurde am Anfang der Einvernahme vorgehalten, er sei anlässlich der Personenkontrolle zunehmend aggressiv geworden. Daraufhin schilderte der Beschuldigte von sich aus, er habe zur Polizistin gesagt, ihr Dialekt sei nicht schön. In jenem Moment, in welchem er diese Äusserung getätigt habe, sei der Privatkläger 1 auf ihn zugekommen, habe ihn am Kragen gepackt, worauf er ihn von sich weggestossen habe (Urk. 6/1/1 S. 1 f.). Auf die Frage, weshalb er den Polizisten weggestossen habe, erklärte der Beschuldigte, er sei selber geschockt gewesen, es sei ein Reflex gewesen. Er habe den Polizisten mit beiden Armen weggestossen (Urk. 6/1/1 S. 2). Dem Beschuldigten wurde in dieser Einvernahme sodann vorgehalten, er habe die Polizisten bespuckt, habe versucht, die Polizisten zu treten, habe gegen den Polizisten C. einen Faustschlag ausgeführt (Urk. 6/1/1 S. 2) und habe erklärt, er habe sich die Gesichter der Polizisten gemerkt (Urk. 6/1/1 S. 3). Aus der Darstellung des Ablaufs der ersten Einvernahme und den darin gemachten Vorhalten geht hervor, dass der Beschuldigte klar darauf hingewiesen wurde, welche Taten ihm vorgeworfen wurden. Eine Verletzung der Hinweispflicht betreffend den Verfahrensgegenstand im Sinne von Art. 158 Abs. 1 lit. a StPO ist entgegen der Auffassung der Verteidigung nicht zu erkennen. Die Aussagen des Beschuldigten sind daher verwertbar.

        2. Zusammenfassung

          In der ersten polizeilichen Einvernahme vom 25. September 2013 hat der Beschuldigte von sich aus eingestanden, den Privatkläger 1 mit beiden Händen weggestossen zu haben. Dieser habe ihn zuvor am Kragen gepackt, nachdem er zur Polizistin gesagt habe, sie habe keinen schönen Dialekt. Dann sei er an die Glaswand der Bushaltestelle gedrückt, zu Boden geführt und in Handschellen gelegt worden (Urk. 6/1/1 S. 1). Er sei so in Rage gewesen, dass er beim Verladen in den Gefangenenwagen gegen die Beamten gespuckt habe, wobei er nicht wisse, ob er getroffen habe (Urk. 6/1/1 S. 2). Betreffend die verbale Drohung gestand er ein, gesagt zu haben, man sehe sich im Leben immer zwei Mal und er kenne sein Gesicht, dabei habe er nicht konkret mit Nachteilen gedroht (Urk. 6/1/1 S. 3).

          Der Beschuldigte sagte in der untersuchungsrichterlichen Einvernahme vom

          26. September 2013 aus, er habe zu Beginn den Beamten nicht weggestossen, sondern ihn mit beiden Händen abgewehrt. Der Beamte habe zuvor kein Wort mit ihm gesprochen und habe ihn sofort gepackt. Er wäre kooperativ gewesen, wenn er ihn aufgefordert hätte, seine Sachen vorzulegen (Urk. 6/1/2 S. 3). Wegen seiner Alkoholisierung sei er ein wenig frech zur Polizistin gewesen. Er habe gesagt, ihr Dialekt sei hässlich. Der Beamte sei sogleich auf ihn zugekommen, habe ihn an den Kleidern im Brustbereich gepackt und an die Scheibe der Bushaltestelle gedrückt. Er sei geschockt gewesen, habe nicht gedacht, dass er so aggressiv auf ihn losgehe. Aus diesem Grund habe er ihn mit beiden Händen abgewehrt. Es treffe nicht zu, dass der Beamte ihn aufgefordert habe, die Taschen für die Effektenkontrolle zu leeren, er habe kein Wort mit ihm gesprochen (Urk. 6/1/2 S. 4). Es treffe nicht zu, dass er dem Beamten gedroht habe, ihn kaputt zu machen. Er habe lediglich gesagt, dass man sich im Leben zweimal sehe und dass er sein Gesicht kennen würde (Urk. 6/1/2 S. 4).

          In der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 16. Januar 2015 hielt der Beschuldigte daran fest, dass der Privatkläger 1 ohne Worte auf ihn zugekommen sei, ihn gepackt und zu Boden gebracht habe. Am Boden liegend habe sich in ihm eine Wut angestaut, welche sich entladen habe, als er aufgehoben worden sei. Er habe Beleidigungen ausgestossen, habe gespuckt und habe gesagt, man sehe

          sich immer zweimal im Leben (Urk. 6/1/3 S. 2 f.). Ein zweites Mal habe er beim Einladen in den Wagen gespuckt (Urk. 6/1/3 S. 3). Er glaube, er habe den Privatkläger 1 im Brustbereich getroffen, möglicherweise auch E. , wüsste aber nicht wo (Urk. 6/1/3 S. 4). In dieser Einvernahme machte er geltend, er habe in der ersten polizeilichen Einvernahme nicht gesagt, dass er den Polizisten weggestossen habe, das sei nicht richtig protokolliert worden. Er habe gesagt, er habe eine Abwehrhaltung eingenommen, aber keinen Druck ausgeübt (Urk. 6/1/3 S. 6).

          Auch in der Einvernahme als Auskunftsperson in der gegen die Polizisten geführten Strafuntersuchung hielt der Beschuldigte daran fest, dass er einen Witz über den Dialekt der Polizistin gemacht habe und ihr die Identitätskarte übergeben habe. Der andere Polizist sei aus dem Fahrzeug ausgestiegen, sei wortlos auf ihn zugekommen, habe ihn an den Armen im Bereiche der Ellbogen gepackt. Er sei von diesem Angriff sehr überrascht gewesen, habe in einer Art Abwehrhaltung die Arme gehoben, den Polizisten an den Armen im Bereich der Ellbogen gehalten, ohne Druck zu geben (Urk. 6/1/5 S. 3 und S. 16). Er sei zu Boden gebracht und in Handfesseln gelegt worden. In den vier bis fünf Minuten, in welchen er am Boden gelegen sei, sei er sehr aggressiv geworden. Als er vom Boden aufgehoben worden sei, habe sich die Aggression entladen und er habe die Beamten beschimpft und bespuckt (Urk. 6/1/5 S.4). Es treffe nicht zu, dass er gesagt habe, er werde sich ihre Gesichter merken (Urk. 6/1/5 S. 13 f.). Er habe sie beschimpft und gesagt, man sehe sich immer zwei Mal im Leben, er gebe auch zu, sie bespuckt zu haben (Urk. 6/1/5 S. 14).

        3. Würdigung

          Der Beschuldigte hat aufgrund seiner prozessualen Stellung ein legitimes Interesse daran, den Ablauf der Vorfälle in einem für ihn günstigen Licht darzustellen. Von entscheidender Bedeutung für die Beurteilung seines Verhaltens ist dabei die Frage, ob er ungerechtfertigt vom Privatkläger gepackt wurde und wie er sich bei der Personenkontrolle verhalten hat, insbesondere, ob er den Privatkläger 1 gestossen hat oder nicht. Die Bedeutung dieser Fragen ist auch dem Beschuldigten bewusst. Gerade in diesem zentralen Punkt sind seine Aussagen nicht konstant. In der ersten polizeilichen Einvernahme erklärte er, er habe den Privatkläger 1 mit

          beiden Händen weggestossen, nachdem ihn dieser am Kragen gepackt gehabt habe. In den folgenden Einvernahmen relativierte er seine Aussage dahingehend, dass er nur eine Abwehrhandlung ohne Druck gegen den Privatkläger 1 gemacht habe, da ihn dieser ungerechtfertigt gepackt habe und machte schliesslich geltend, seine Aussage in der ersten polizeilichen Einvernahme sei falsch protokolliert worden. Für eine solche falsche Protokollierung liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor, immerhin hat der Beschuldigte das fragliche Protokoll ohne Vorbehalt unterschrieben. Hinzukommt, dass seine konstante Schilderung wenig plausibel erscheint, wonach der Privatkläger wortlos auf ihn losgegangen sei und ihn gepackt habe nachdem er sich negativ über den Dialekt der Polizistin geäussert habe. Ausserdem schilderte der Beschuldigte auch unterschiedlich, wie und wo er gepackt worden sei. Die Schilderung reicht von einem Packen am Kragen, an den Kleidern im Brustbereich bis zum Packen an den Armen im Bereich der Ellbogen. Der von ihm geschilderte Ablauf der sofortigen handgreiflichen Intervention des Privatklägers 1 ohne vorgängigen Wortwechsel mit dem Beschuldigten bloss wegen einer abschätzigen Bemerkung über den Dialekt einer Kollegin erscheint als unglaubhaft. Es gilt an dieser Stelle festzuhalten, dass es nicht um eine beleidigende Äusserung gegenüber einer Privatperson ging, vielmehr waren der Privatkläger 1 und seine Kollegin Polizeibeamte im Streifendienst. Es erscheint vor diesem professionellen Hintergrund als wenig glaubhaft, dass ein Polizeibeamter wegen einer solchen Bagatelle kaum auf den Platz gekommen, wortlos sofort eine Kontrollperson packt. Solches Verhalten wäre im Rahmen einer Auseinandersetzung zwischen angetrunkenen Partygängern nachvollziehbar, nicht jedoch im vorliegenden Kontext. Insgesamt bestehen erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Darstellung des Beschuldigten.

      2. Drittaussagen

        1. Verwertbarkeit

          1. Zeugenaussage F.

            Die Polizistin F. wurde am 9. März 2015 als Zeugin einvernommen

            (Urk. 6/7). Die Verteidigung macht geltend, diese Zeugeneinvernahme sei nicht

            verwertbar, da die Zeugin F. bei der Belehrung zu Beginn der Einvernahme nur darauf hingewiesen worden sei, dass sie im Verfahren gegen den Beschuldigten als Zeugin befragt werde, dass die Einvernahme auch im Verfahren gegen

            B. erfolgt sei, sei fälschlicherweise nicht mitgeteilt worden. Durch diese willkürliche einseitige Orientierung sei Art. 143 Abs. 1 lit. b StPO missachtet worden, folglich sei diese Einvernahme ungültig und unverwertbar, eventualiter sei deren Beweiswert besonders kritisch zu hinterfragen (Urk. 54 S. 22 f., Urk. 76 S. 23 f.). Dass die Zeugin sich Zugriff zu den polizeilichen Ermittlungsakten verschafft und ihre früheren Aussagen gelesen habe, sei rechtswidrig, verletzte das Fairnessgebot, die Waffengleichheit, den Datenschutz, das Amtsgeheimnis und die Dienstpflicht. Dadurch werde die Glaubwürdigkeit der Zeugin stark getrübt. Sie habe einfach ihre früheren Aussagen wiedergeben können, weshalb die Aussagen besonders kritisch zu hinterfragen seien (Urk. 54 S. 22 ff., Urk. 76 S. 24 f.).

            Es trifft zu, dass F. zu Beginn der Zeugeneinvernahme belehrt wurde, dass sie im Strafverfahren gegen A. betreffend Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte als Zeugin einvernommen werde, jedoch waren auch

            B. , C. und E. je in Begleitung ihrer Verteidigung an der Einvernahme anwesend. Die Zeugin wurde zu ihrer Beziehung betreffend alle Personen befragt und die erste Frage lautete, ob es zutreffe, dass sie beim Vorfall vom

            24. September 2013 unter Beteiligung des Beschuldigten/Geschädigten A. und des Beschuldigten/Geschädigten B. dienstlich als Beamtin der Stadtpolizei D. im Einsatz gewesen sei (Urk. 6/7 S. 3). Durch die Doppelbezeichnung der beiden Beteiligten als Beschuldigter/Geschädigter war der Gegenstand des Strafverfahrens klargestellt, insbesondere, dass beide Personen als Beschuldigte aufgeführt wurden. Die Vorinstanz hat zutreffend darauf hingewiesen

            (Urk. 63 S. 14), dass in der an die Zeugin ergangenen Vorladung A. ,

            B. , C. und E. als beschuldigte/geschädigte Person aufgeführt waren und zudem die Staftatbestände Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte/Amtsmissbrauch etc. aufgeführt waren (Urk. 40/20/26). Für die Zeugin war somit klar erkennbar, dass sie im Verfahren gegen den Beschuldigten

            A. und im Parallelverfahren gegen die beteiligten Polizeibeamten einvernommen wurde. Die Zeugeneinvernahme erweist sich entgegen der Auffassung der Verteidigung als verwertbar.

            Eine Unverwertbarkeit der Aussagen ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Zeugin sich auf die Einvernahme vorbereitet und in Akten Einsicht genommen hat. Dieser Umstand kann bei der Würdigung der Aussagen berücksichtigt werden.

          2. Hinsichtlich der Aussagen von C. machte die Verteidigung geltend, die untersuchungsrichterliche Einvernahme C. s als Auskunftsperson sei von der Protokollführerin nicht unterzeichnet worden, was die Ungültigkeit und Unverwertbarkeit dieser Einvernahme zur Folge habe. Die folgende Einvernahme C. s sei dessen Schlusseinvernahme gewesen. Bei dieser habe er nur auf seine früheren Aussagen verwiesen, weshalb der Beschuldigte keine Möglichkeit gehabt habe, an einer Einvernahme teilzunehmen, an welcher C. zur Sache befragt worden sei. Infolge materieller Verletzung des Konfrontationsanspruches seien die Aussagen C. s nicht zum Nachteil des Beschuldigten verwertbar.

            Der Einwand fehlender Unterzeichnung der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 16. Januar 2015 durch die Protokollführerin erweist sich als zutreffend (Urk. 6/2/3). Mit der Vorinstanz ist festzuhalten, dass dieses Protokoll den Gültigkeitsvorschriften des Art. 76 Abs. 2 StPO nicht entspricht, weshalb diese Einvernahme nicht zulasten des Beschuldigten verwertbar ist (Art. 141 Abs. 2 StPO).

            C. war an der Kontrolle am Bahnhofplatz nicht zugegen, vielmehr war er auf dem Polizeiposten und hat den Beschuldigten erst gesehen, als dieser aus dem Arrestantenwagen ausstieg. Bezüglich der Vorfälle ab diesem Zeitpunkt (Anklageziffern 4 und 5) wurde der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen. Auf die Aussagen von C. , welche sich lediglich auf diesen Zeitabschnitt beziehen, ist daher nicht weiter einzugehen. Es braucht daher auch nicht weiter geprüft zu werden, ob die weiteren Aussagen von C. verwertbar sind.

          3. Aussagen von B. und E.

          Bezüglich der Verwertbarkeit der Aussagen von B. und E. machte die Verteidigung geltend, der Beschuldigte habe erst nach seiner Einvernahme als Auskunftsperson vollumfängliche Akteneinsicht erhalten, B. und C. dagegen schon vor ihrer ersten Einvernahme als Auskunftsperson. Dies stelle eine willkürliche Ungleichbehandlung und erhebliche Benachteiligung des Beschuldigten dar (Urk. 54 S. 19 f., Urk. 76 S. 21 ff.). Auch sei ihm im Gegensatz zu

          B. , E. und C. kein Schlussvorhalt gemacht worden, keine Schlusseinvernahme durchgeführt worden. Durch die Ungleichbehandlung sei Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO verletzt worden, weshalb nicht zum Nachteil des Beschuldigten auf die Aussagen von C. und B. abgestellt werden könne. Die Aussagen E. s seien infolge Verletzung des Konfrontationsanspruches nicht zum Nachteil des Beschuldigten verwertbar (Urk. 54 S. 21).

          Hinsichtlich der Rüge betreffend Schlusseinvernahme kann auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO; Urk. 63

          S. 11). Es ist festzuhalten, dass es sich bei Art. 317 StPO um eine Ordnungsvorschrift handelt und nicht erkennbar ist, dass dem Beschuldigten aus dem Umstand, dass keine Schlusseinvernahme durchgeführt wurde, irgendein Nachteil erwachsen ist. Dieser Umstand bleibt daher ohne Auswirkungen auf die Verwertbarkeit der Aussagen der Privatkläger 1 und 2.

          Auch bezüglich des Zeitpunktes der Akteneinsicht ist festzuhalten, dass der Beschuldige am 18. November 2014 als Auskunftsperson im Parallelverfahren gegen die Privatkläger einvernommen wurde (Urk. 6/1/5). Mit dieser Einvernahme war der wichtigste Beweis abgenommen, weshalb den Parteien in jenem Verfahren vollumfängliche Akteneinsicht gestützt auf Art. 101 Abs. 1 StPO zu gewähren war. Im vorliegenden Verfahren erfolgten die Befragungen der beiden Privatkläger als Auskunftspersonen bzw. der Zeugin F. erst am 16. Januar 2015

          (Urk. 6/12/3, Urk. 6/3/3) und war ab jenem Zeitpunkt vollumfängliche Akteneinsicht zu gewähren. Der Umstand, dass die wichtigsten Beweise im vorliegenden Verfahren erst rund zwei Monate später erhoben wurden als der wichtigste Beweis im Parallelverfahren führte dazu, dass die Privatkläger vor ihrer Einvernahme als Auskunftspersonen volle Akteneinsicht in die Akten des gegen sie geführten Parallelverfahrens nehmen konnten, wogegen der Beschuldigte im Zeitpunkt seiner Einvernahme als Auskunftsperson noch keine Einsicht in die Akten im Parallelverfahren nehmen konnte. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass zwei separate Untersuchungen zu führen waren, in welchen die gleichen Parteien je mit entgegengesetzter Rolle beteiligt waren. Dass die wichtigsten Beweismittel nicht in beiden Verfahren gleichzeitig abgenommen werden konnten und somit nicht in beiden Verfahren gleichzeitig volle Akteneinsicht gewährt werden konnte, liegt in der Natur der Sache und stellt keinen Verstoss gegen das Gleichbehandlungsoder Fairnessgebot dar. Der Umstand, dass die Privatkläger im Zeitpunkt ihrer Einvernahme als Auskunftspersonen bereits vollumfänglich Akteneinsicht im Parallelverfahren nehmen konnten, führt nicht zur Unverwertbarkeit der Aussagen, ist jedoch bei der Würdigung ihrer Aussagen zu berücksichtigen.

          Mit der Vorinstanz (Urk. 63 S. 11 f.) ist zur geltend gemachten Verletzung des Konfrontationsanspruches betreffend die Aussagen von E. festzuhalten, dass der Beschuldigte bei der Konfrontationseinvernahme vom 15. Januar 2015 der Beschuldigten im Parallelverfahren (Urk. 6/5) sowie bei der Schlusseinvernahme von E. vom 9. März 2015 (Urk. 6/4/3) sein Teilnahmerecht wahrnehmen konnte. Die Aussagen E. s sind somit verwertbar, soweit sie den Beschuldigten belasten, jedoch nur insoweit als sie unter Wahrung des Teilnahmerechtes des Beschuldigten thematisiert und bestätigt wurden. Von der Teilnahme an der Einvernahme von E. vom 22. Mai 2014 im Parallelverfahren war der Beschuldigte ausgeschlossen (Urk. 6/4/2 S. 1) und in der Schlusseinvernahme vom 9. März 2015 erfolgte keine detaillierte Aussage von E. , vielmehr beschränkte er sich darauf, die Beschuldigungen zu bestreiten und verwies vollumfänglich auf seine bisherigen Aussagen (Urk. 6/4/3 S. 3). An der Konfrontationseinvernahme vom 15. Januar 2015 im Parallelverfahren nahm der Beschuldigte als Geschädigter teil (Urk. 6/5). E. hat in dieser Einvernahme nur zu den an ihn gerichteten Vorwürfen als Beschuldigter Stellung genommen, jedoch keine Aussagen zum Verhalten des Beschuldigten gemacht. Unter diesen Umständen liegen keine verwertbaren belastenden Aussagen von E. vor. Es erübrigt sich daher, nachfolgend auf seine Aussagen einzugehen.

        2. Zusammenfassung der Aussagen

          1. F. sagte aus, der Beschuldigte sei ihr aufgefallen, als sie mit Kollege

            B. auf Streife gewesen sei. Obwohl nächtliche Dunkelheit geherrscht habe, habe er eine Sonnenbrille getragen, was ihr seltsam vorgekommen sei. Sie habe den Verdacht gehabt, er könnte Betäubungsmittel konsumieren. Der Beschuldigte sei allein mit der Bierdose dortgestanden, habe sich nicht weiter auffällig verhalten, ihr sei nicht aufgefallen, dass er sich irgendwie negativ gegenüber Passanten benommen hätte (Urk. 6/7 S. 7.f.). Sie sei aus dem Fahrzeug ausgestiegen, sei auf den Beschuldigten zugegangen und habe ihn mehrmals aufgefordert, sich auszuweisen (Urk. 6/7 S. 3 f.). Er habe eine Dose Bier vor sein Geschlechtsteil gehalten und gesagt, dass sie da ihren Ausweis habe (Urk. 6/7 S. 4). Als B. dazugekommen sei, sei der Beschuldigte der Aufforderung nachgekommen und habe ihr den Ausweis übergeben. Ihr Kollege B. habe den Beschuldigten aufgefordert, beim Bushäuschen seine Hosentaschen zu leeren und alles auf die Sitzbank zu legen. Der Beschuldigte habe daraufhin B. mit beiden Händen im Brustbereich von sich gestossen. Daraufhin hätten sie ihn beide festgehalten, im Bushäuschen mit dem Gesicht gegen die Wand gestellt. Sie habe ihm Handfesseln anlegen wollen, er habe sich dagegen gesperrt und sie hätten ihn nicht arretieren können, worauf B. ihn mit einem Kontrollgriff zu Boden geführt habe. Dort habe er sich weiter massiv gesperrt, sie weiter beschimpft und sei sehr aggressiv gewesen. Es sei ihr gelungen, ihm Handfesseln anzulegen. Der Beschuldigte sei dann in den herbeigerufenen Arrestantenwagen geladen worden. Von dort aus habe er gegen die Kollegen E. und B. gespuckt und sie auch getroffen, sie wisse nicht mehr wo. Auf der Wache habe der Beschuldigte weiter geflucht und Drohungen gegen die Kollegen ausgesprochen, dabei sei er so laut und in einer Art aggressiv gewesen, dass viele Kollegen aus der Wache nach unten gekommen seien. Sie erinnere sich nicht mehr an den Wortlaut der Drohungen, sinngemäss habe er gesagt, man sehe sich nochmals im Leben. Sie sei auf der Wache im Gang gestanden und könne nicht mehr sagen, ob sie von ihrem Standort aus den ganzen Gang habe überblicken können. Während der

            Durchführung der Leibesvisitation habe sie vor der Wache gestanden und habe nicht gesehen aber gehört, bzw. mitbekommen, dass der Beschuldigte nicht kooperativ gewesen sei. Als das Ganze vorbei gewesen sei, habe sie den Auftrag bekommen, C. und den Beschuldigten zu fotografieren. C. habe Spuren am Hals/im Gesicht, der Beschuldigte Schürfungen im Gesicht aufgewiesen.

          In der polizeilichen Einvernahme vom 25. September 2013 sagte B. aus, der Beschuldigte habe einen sehr auffälligen Eindruck gemacht, er habe eine dunkle Sonnenbrille getragen, obwohl es bereits dunkel gewesen sei. F. und er hätten sich entschlossen, ihn zu kontrollieren. Er habe nach einigem Diskutieren den Ausweis herausgegeben. Er habe den Beschuldigten aufgefordert, die Hosensäcke zu leeren und die Gegenstände auf das Sitzbänklein zu legen, der Beschuldigte sei zusehends aggressiver geworden, sei auf ihn zu getreten und habe ihn mit beiden Händen kräftig gegen die Brust und von sich weggestossen. Er habe den Beschuldigten gepackt und an der Wand der Bushaltestelle fixiert und ihm eröffnet, dass er festgenommen sei. Der Beschuldigte habe ihn mit Kraftausdrücken tituliert. Da es nicht möglich gewesen sei, dem äusserst aggressiven Beschuldigten Handfesseln anzulegen, habe er ihn zu Boden geführt. Beim Verladen in den Arrestantenwagen habe der Beschuldigte gegen sie gespuckt und habe ihn im oberen Brustbereich seines Hemdes getroffen (Urk. 6/3/2 S. 1 f.). Beim Ausladen vor der Wache habe der Beschuldigte ihn wieder beschimpft und habe gesagt, man sehe sich im Leben immer zweimal, er mache ihn kaputt, er mache ihn fertig, er habe sich sein Gesicht gemerkt. Das mit dem Gesicht habe er zu allen immer wieder gesagt. Er habe auch immer erwähnt, er habe 8 Jahre Kampfsport gemacht und es sei für ihn kein Problem, sie kaputt zu machen

          (Urk. 6/3/2 S. 2). Er habe die Drohungen ernst genommen, er habe den Beschuldigten nicht einschätzen können.

          In der Einvernahme als Auskunftsperson vom 16. Januar 2015 schilderte B. erneut, dass der Beschuldigte ihn, nachdem er ihn mehrmals aufgefordert habe, die Taschen zu leeren, gegen die Brust gestossen habe, hinsichtlich der Art der Ausführung des Stosses müsse er auf seine früheren Aussagen verweisen, seines Erachtens sei es mit beiden Händen gewesen (Urk. 6/3/3 S. 2). Er habe den Beschuldigten gepackt, gegen die Wand der Halstestelle gedrängt und ihm gesagt, er sei festgenommen und werde für weitere Abklärungen auf die Wache mitgenommen. Der Beschuldigte sei renitent gewesen, habe ihn mit Kraftausdrü- cken eingedeckt und habe gedroht, man sehe sich immer zweimal im Leben, er habe sich sein Gesicht gemerkt. Beim Verladen in den Arrestantenwagen habe der Beschuldigte gespuckt, sicher zwei drei Mal gegen ihn (Urk. 6/3/3 S. 3). Auf der Wache nach dem Öffnen der Tür des Arrestantenwagens sei es wieder zu Drohungen und Kraftausdrücken gekommen, der Beschuldigte habe immer wieder gesagt, er habe sich sein Gesicht gemerkt und habe gemeint, er werde ihn fertig machen (Urk. 6/3/3 S. 4). Bei der Leibesvisitation in der Zelle habe der Beschuldigte eigentlich mitgemacht, wenn auch nur widerwillig. Nach der Aufforderung, ihm die Socken in die Hand zu geben, habe der Beschuldigte diese ihm angeworfen Höhe Brust/Kopf und habe eine Bewegung auf ihn zu gemacht. Er wisse nicht mehr sicher, ob er einen Schritt gemacht habe. Er habe das Verhalten des Beschuldigten nicht als Angriff gewertet, aber aufgrund seines Verhaltens habe man durchaus davon ausgehen können (Urk. 6/3/3 S. 6). Dann sei es sehr schnell gegangen und C. sei dazwischen gegangen, worauf es zu einem Gerangel zwischen dem Beschuldigten und C. gekommen sei (Urk. 6/3/3

          S. 5). Er könne nicht mehr sagen, ob der Beschuldigte gezielt gegen C. vorgegangen sei (Urk. 6/3/3 S. 6). Er habe nicht gesehen, dass der Beschuldigte C. einen Schlag versetzt habe. Danach habe er einfach eine leichte Rötung am Hals von C. gesehen, die auch als Folge des Gerangels entstanden sein konnte (Urk. 6/3/3 S. 6).

          Am 23. Mai 2014 sagte B. in der Befragung als Beschuldigter im Parallelverfahren aus, der Beschuldigte habe ihn bei der Kontrolle am Bahnhofplatz mit einem heftigen Stoss mit einer oder beiden Händen weggestossen. Er habe den Beschuldigten frontal im Brustbereich gepackt, an die Wand des Bushäuschens gestellt und ihm eröffnet, dass er nun mitkommen müsse. Der Beschuldigte habe sich renitent gewehrt gegen das Anlegen von Handschellen. Es sei zur ersten Beleidigung und Drohung gekommen. Der Beschuldigte habe gesagt, man sehe sich immer zweimal im Leben. Er habe ihn zu Boden geführt (Urk. 6/3/4 S. 2). Beim

          Einladen in den Arrestantenwagen habe der Beschuldigte in seine Richtung und diejenige von E. gespuckt. Er habe ihn im Oberkörperbereich am Hemd getroffen. Beim Ausladen beim Eingang des Polizeigebäudes habe der Beschuldigte wieder massive Drohungen ausgestossen, er mache sie fertig, mache sie kaputt (Urk. 6/3/4 S. 3). Bezüglich der Leibesvisitation in der Zelle bestätigte er, der Beschuldigte habe ihm die Socken an den Kopf geworfen unter Ausführung einer Schrittbewegung gegen ihn, worauf C. schnell eingegriffen habe (Urk. 6/374 S. 5).

        3. Aussagenwürdigung

  1. F. wurde als Zeugin unter der strengen Strafandrohung von Art. 307 StGB einvernommen und hat kein persönliches Interesse am Ausgang des Verfahrens. Sie hat gleichbleibend ausgesagt. Ihre Darstellung der Geschehnisse ergibt ein stimmiges Ganzes und ist nachvollziehbar. Sie hat deutlich unterschieden, was sie selber unmittelbar gesehen hat und was sie nur gehört hat. In ihren Aussagen ist keine Tendenz zu übermässiger Belastung des Beschuldigten erkennbar. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie erklärte, der Beschuldigte sei ihr aufgrund des Tragens einer Sonnenbrille trotz Dunkelheit aufgefallen, er habe niemanden belästigt. Die Aussagen der Zeugin erscheinen als glaubhaft.

B. hat in seiner Position als Privatkläger und als Beschuldigter im Parallelverfahren ein legitimes Interesse daran, die Geschehnisse in einem für ihn günstigen Licht darzustellen, was bei der Würdigung seiner Aussagen zu berücksichtigen ist. Seine Interessenlage ist mit derjenigen des Beschuldigten vergleichbar.

B. hat in seinen Einvernahmen konstant und im Kern gleichbleibend ausgesagt. Er hat auch zum Ausdruck gebracht, wenn er sich nicht mehr genau erinnerte. Er hat den Beschuldigten nicht übermässig belastet, was sich unter anderem daraus ergibt, dass er aussagte, er sei nicht von einem Angriff ausgegangen, als der Beschuldigte ihm die Socken angeworfen habe, und er habe nicht gesehen,

dass der Beschuldigte C. geschlagen habe. Seine Ausführungen ergeben einen plausiblen Ablauf und erscheinen insgesamt als glaubhaft. Sie werden gestützt durch die Aussagen der Zeugin F. .

Betreffend die ausgesprochene Drohung sagte B. konstant aus, der Beschuldigte habe gesagt, man sehe sich immer zwei Mal im Leben. In der zeitnächsten Einvernahme nach dem Vorfall sagte B. zudem aus, der Beschuldigte habe auch gesagt, er habe sich sein Gesicht gemerkt. Diese letztere Äusserung macht denn auch im Zusammenhang mit der Erklärung, man sehe sich immer zweimal im Leben Sinn, die beiden Aussagen bilden zusammen ein Ganzes. Daher spielt es keine Rolle, wenn B. in den späteren Einvernahmen nur noch aussagte, der Beschuldigte habe gesagt, man sehe sich im Leben immer zwei Mal. Gleichbleibend sagte der Privatkläger ferner aus, dass der Beschuldigte sowohl bei der Arretierung am Bahnhofplatz Kraftausdrücke verwendete, wie beim Ausladen aus dem Arrestantenwagen vor der Wache. Nicht konstant sagte er bezüglich des Zeitpunktes aus, in welchem die angeklagte Drohung, man sehe sich zweimal im Leben und er habe sich sein Gesicht gemerkt, gefallen sein soll. Nach der Schilderung der Zeugin F. war dies nach dem Ausladen auf der Wache. Dies stimmt mit der Aussage des Privatklägers 1 in der zum Vorfall zeitlich am nächsten liegenden Einvernahme vom 25. September 2013 überein. Gemäss Aussagen in der späteren Einvernahme vom 16. Januar 2015 erfolgte die konkrete Drohung sowohl vor dem Verladen in den Arrestantenwagen als auch nach dem Ausladen aus dem Wagen, ebenso gemäss den Aussagen in der Befragung als Beschuldigter im Parallelverfahren. Angeklagt und vom Beschuldigen weitgehend eingestanden ist ohnehin nur eine einmalige Äusserung.

4. Fazit Sachverhaltserstellung

Aufgrund der übereinstimmenden glaubhaften Aussagen der Zeugin F. und des Privatklägers 1 sowie der der ursprünglichen Zugabe des Beschuldigen ist erstellt, dass der Beschuldigte den Privatkläger 1 mit beiden Händen gegen die Brust gestossen hat, nachdem der Privatkläger 1 ihn bei der Personenkontrolle aufgefordert hatte, seine Taschen zu leeren und die Gegenstände auf die Sitzbank zu legen.

Gestützt auf die Zugabe des Beschuldigten, welche mit den Aussagen des Privatklägers 1 und der Zeugin F. übereinstimmt, hat der Beschuldigte beim Verlad in den Gefangenentransporter gegen den Privatkläger 1 gespuckt, und ihn gestützt auf dessen glaubhafte Aussage am Hemd im Brustbereich getroffen.

Ferner hat der Beschuldigte eingestanden, zum Privatkläger 1 während der Verhaftung gesagt zu haben, man sehe sich im Leben immer zweimal. Sein Geständnis wird durch die Aussagen der Zeugin und des Privatklägers 1 gestützt. Ferner ist aufgrund der glaubhaften Aussagen des Privatklägers 1 und der ursprünglichen Zugabe des Beschuldigten erstellt, dass der Beschuldigte den erwähnten Ausspruch mit der Erklärung verbunden hat, dass er das Gesicht des Privatklägers 1 kenne.

Der Sachverhalt gemäss Anklageziffern 1.- 3. ist daher erstellt.

  1. Rechtliche Würdigung

    1. Standpunkte

      Die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft würdigen das Verhalten des Beschuldigten als mehrfache Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff.1 Abs. 1 StGB.

      Die Verteidigung machte vor Vorinstanz und im Berufungsverfahren (Urk. 76 S. 4 und S. 8 ff.) geltend, es habe eine blosse Personenkontrolle im Sinne einer Identitätsfeststellung stattgefunden, weshalb keine Durchsuchung der Person und der Effekten habe stattfinden dürfen. Gemäss Bundesgericht (6B_391/2013 E. 1.4) sei bei einer Personenkontrolle höchstens das Abtasten der Kleider hinsichtlich gefährlicher Gegenstände zulässig, nicht das Aussacken oder die Aufforderung zur Vorlegung der Effekten (Urk. 54 S. 2 f.). Der Beschuldigte habe seinen Ausweis der Polizei bereits übergeben gehabt, das angebliche Stossen sei erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, in welchem die Personenkontrolle bereits abgeschlossen gewesen sei. Daher habe der Beschuldigte die Amtshandlung dadurch nicht behindert. Auch wenn man die Aufforderung, die Taschen zu leeren, unzutreffend als einen Teil der Personenkontrolle erachten würde, wäre die Amtshandlung mit dieser Aufforderung bereits erschöpft und abgeschlossen gewesen (Urk. 54 S. 5). Indem der Privatkläger 1 den Beschuldigten nach Aushändigung des Ausweises noch aufforderte, seine Taschen für eine Effektenkontrolle zu entleeren, habe er ohne Rechtsgrundlage gehandelt und damit rechtswidrig. Der Beschuldigte sei nicht verpflichtet gewesen, diese Aufforderung zu befolgen. Zudem habe kein Haftgrund vorgelegen und der Beschuldigte sei befugt gewesen, sich gegen die unrechtmässige Festnahme und Inhaftierung zu wehren und sich gegen diesen Angriff zu verteidigen. Bei den ihm vorgeworfenen Handlungen (Spucken und Drohen) handle es sich um angemessene Notwehrhandlungen (Urk. 54 S. 13).

      Der Beschuldigte habe nicht während der Personenkontrolle gedroht, sondern im Zusammenhang mit der anschliessenden Festnahme. Da die Personenkontrolle in jenem Zeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen sei, sei die Amtshandlung durch die Drohung nicht behindert worden. Bei der verbalen Äusserung handle es sich um eine vergleichsweise harmlose und gängige Ausdrucksweise, die bei einem gestandenen Frontpolizisten keine Wirkung zu erzielen bzw. diesen nicht zu beeindrucken vermöge (Urk. 54 S. 8). Der Beschuldigte habe gegen die Uniformjacke gespuckt, dies stelle anders als das Spucken ins Gesicht, keine Tät- lichkeit dar.

    2. Würdigung

      Gestützt auf Art. 285 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer eine Behörde, ein Mitglied einer Behörde, oder einen Beamten durch Gewalt und Drohung an einer Handlung hindert, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse liegt, zu einer Amtshandlung nötigt oder während einer Amtshandlung tätlich angreift.

      Die Beamteneigenschaft des Privatklägers 1 als Polizist steht ausser Frage, ebenso, dass die Durchführung einer Personenkontrolle eine Amtshandlung darstellt, welche im Rahmen seiner Amtsbefugnisse liegt. Erstellt ist, dass der Beschuldigte der Polizeibeamtin F. am 24. September 2013 seinen Ausweis

      zwecks Überprüfung seiner Personalien übergeben hat und den Privatkläger 1 erst nach Übergabe des Ausweises gegen die Brust stiess nachdem ihn dieser aufgefordert hatte, seine Taschen zu leeren und die Gegenstände auf die Bank zu legen. Die Verteidigung stellt sich auf den Standpunkt, der Privatkläger 1 sei nicht befugt gewesen, ihn aufzufordern, die Taschen zu leeren, die Personenkontrolle sei mit der Übergabe des Ausweises abgeschlossen gewesen.

      Die Vorinstanz hat sich detailliert mit den gesetzlichen Grundlagen für eine polizeiliche Anhaltung und Personenkontrolle auseinandergesetzt (Urk. 63 S. 36 ff.). Es kann vollumfänglich auf ihre zutreffenden Erwägungen verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO). Es ist somit festzuhalten, dass sowohl bei der Bejahung einer strafprozessual begründeten Anhaltung wie auch eine bloss sicherheitspolizeilichen Massnahme die Aufforderung, die Hosentaschen zu leeren von der polizeilichen Kontrollbefugnis erfasst ist. Demzufolge war entgegen der Auffassung der Verteidigung die Kontrolle mit dem Vorzeigen des Ausweises nicht abgeschlossen und handelte der Privatkläger 1 mit seiner Aufforderung, die Taschen zu leeren, im Rahmen seiner polizeilichen Befugnisse. Indem der Beschuldigte den Privatkläger an der Brust wegstiess, behinderte er diesen durch eine Tätlichkeit an der Amtshandlung und hat die Tatbestandsvariante des tätlichen Angriffs im Sinne von Art. 285 Ziff.1 Abs. 1 StGB erfüllt.

      Da der Beschuldigte durch den tätlichen Angriff den Tatbestand der Gewalt und Drohung gegen Behörden oder Beamte erfüllt hat, war der Privatkläger 1 berechtigt, den Beschuldigten zu arretieren und kann sich dieser mangels eines rechtswidrigen Angriffs bezüglich Spucken und Drohen nicht auf rechtfertigende Notwehr berufen.

      Bezüglich der Spuckattacke kann auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 63 S. 40 f.). Mit ihr ist festzuhalten, dass das Bespucken durchaus geeignet war, den Privatkläger 1 bei der Ausübung seiner polizeilichen Tätigkeit beim Einladen des Beschuldigten zu stören und deutliches Missbehagen auszulösen. Auch dieses Verhalten erfüllt den Tatbestand des tätlichen Angriffs im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Der Einwand der Verteidigung, wonach die obergerichtliche Praxis inkohärent sei, indem in einem Fall

      (SB130278) das Spucken ins Gesicht einer Person als tätlicher Angriff gewertet worden sei, in einem anderen Fall (SB150370) dagegen als Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB (Urk. 76 S. 15), erweist sich als nicht stichhaltig, da im letztgenannten Fall (SB150370) lediglich der Vorwurf der Beschimpfung durch Bespucken Gegenstand der Anklage bildete, und es dem Berufungsgericht aufgrund des Verschlechterungsverbotes verwehrt war, den schärferen Tatbestand der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte zur Anwendung zu bringen.

      Betreffend die vom Beschuldigten gegenüber dem Privatkläger 1 ausgesprochene Drohung, man sehe sich im Leben immer zweimal und er habe sich das Gesicht des Privatklägers 1 gemerkt, hat die Vorinstanz zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beschuldigte selber einräumte, er habe eine grosse Wut gegen den Polizeibeamten angestaut. Er verhielt sich denn auch mehrfach körperlich aggressiv gegen den Privatkläger 1, indem er ihn zuerst stiess und später noch bespuckte. Selbst wenn bei einem Polizeibeamten davon ausgegangen werden kann, dass er im Umgang mit aggressiven Personen geschult ist, erscheint es angesichts der bereits erfolgten körperlichen Attacken seitens des Beschuldigen und der darin zu Tage getretenen Bereitschaft der Gewaltanwendung gegenüber dem Privatkläger 1 nachvollziehbar, dass dieser die Drohungen des Beschuldigten ernst nahm und erklärte, er habe den Beschuldigten nicht einschätzen können (Urk. 6/3/2 S. 2). Auch mit seiner Drohung erfüllte der Beschuldigte den Tatbestand von Art. 285 Ziff. 1 Abs. 1 StGB.

      Der Beschuldigte ist daher der mehrfachen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff.1 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.

  2. Strafzumessung

    1. Allgemeine Grundsätze

      Hinsichtlich der Ausführungen zu den Grundsätzen für die Strafzumessung kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden

      (Urk. 63 S. 43 f.). Demzufolge ist die mehrfache Tatbegehung innerhalb des ordentlichen Strafrahmens von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe straferhöhend zu berücksichtigen.

      Die Vorinstanz hat eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 30.-- ausgesprochen. Aufgrund des Verschlechterungsverbotes fällt die Ausfällung einer schärferen Sanktion ausser Betracht (Art. 392 Abs. 2 StPO) und erübrigen sich Ausfüh- rungen zum intertemporalen Recht.

    2. Tatkomponente

      Der Beschuldigte hat den Privatkläger 1 zuerst mit beiden Händen gegen die Brust gestossen, nachdem ihn dieser aufgefordert hatte, seine Hosentaschen zu leeren und die Gegenstände auf die Sitzbank zu legen. Wie die Vorinstanz zutreffend festhielt, zeugt dieser unvermittelte körperliche Angriff von Aggressionspotential beim Beschuldigten. Das Stossen gegen die Brust als solches liegt hinsichtlich der denkbaren Aggressionshandlungen im Rahmen dieses Straftatbestandes im unteren Rahmen. Die objektive Tatschwere wiegt noch leicht. Der Beschuldigte handelte direktvorsätzlich, ohne dass der Privatkläger 1 ihm irgendwie gearteten Anlass dazu gegeben hätte. Die von der Vorinstanz festgelegte Einsatzstrafe von 12 Tagen trägt der Tatschwere in angemessener Weise Rechnung.

      Hinsichtlich der folgende Drohung und des Bespuckens des Privatklägers 1 wiegt die objektive Tatschwere ebenfalls je noch leicht. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Formen der Tathandlung, die in engem zeitlichen Zusammenhang erfolgten, nachdem der Beschuldigte nach dem Stoss gegen den Privatkläger 1 hart angefasst und sogleich zu Boden geführt und in Handschellen gelegt wurde. Auch diese Handlungen erfolgten direktvorsätzlich aus einem Rachemotiv, da der Beschuldigte sich ungerecht behandelt fühlte. Die Vorinstanz hat die Einsatzstrafe in Anwendung des Asperationsprinzips um 6 Tage auf 18 Tage erhöht, was eher milde, aber noch angemessen erscheint.

    3. Täterkomponente

      Die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten wurden von der Vorinstanz korrekt dargelegt (Urk. 63 S. 45 f.). Der Beschuldigte lebt inzwischen nicht mehr mit

      seiner Mutter zusammen. Er hat eine eigene Wohnung bezogen, für welche er einen monatlichen Mietzins von Fr. 830.-- bezahlt. Ansonsten haben sich keine Än- derungen in seinen persönlichen Verhältnissen ergeben. Er lebt weiterhin in knappen finanziellen Verhältnissen und wird weiter vollumfänglich von der Für- sorge unterstützt (Prot. II S. 5 ff.). Den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten sind keine strafzumessungsrelevanten Faktoren zu entnehmen.

      Hinsichtlich der Drohung und des Spuckens hat sich der Beschuldigte geständig erklärt, was leicht strafmindernd zu berücksichtigen ist.

    4. Fazit

      Die von der Vorinstanz auf 15 Tagessätze festgesetzte Sanktion erweist sich unter Berücksichtigung aller für die Strafzumessung relevanten Faktoren als angemessen. Hinsichtlich der Tagessatzhöhe ist festzuhalten, dass sich die finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten gegenüber den Angaben vor Vorinstanz nicht verändert haben. Seinen nach wie vor misslichen finanziellen Verhältnissen ist mit einer Tagessatzhöhe von Fr. 30.-- Rechnung zu tragen. Auf die Strafe anzurechnen sind 2 Tage erstandener Haft.

  3. Strafvollzug

    Hinsichtlich der Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 63 S. 47 f.).

    In Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids ist dem Beschuldigten der bedingte Strafvollzug zu gewähren unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren.

  4. Kostenund Entschädigungsfolgen

    Ausgangsgemäss ist die vorinstanzliche Regelung der Kostenund Entschädigungsfolgen (Dispositiv-Ziffern 5 und 7), soweit sie angefochten wurden, zu bestätigen.

    Die Vorinstanz hat dem Beschuldigten mit zutreffender Begründung keine Genugtuung für erstandene Haft zugesprochen (Urk. 63 S. 49). Auch in diesem Punkt (Dispositiv-Ziffer 6) ist der vorinstanzliche Entscheid zu bestätigen.

    Der Beschuldige unterliegt im Berufungsverfahren vollumfänglich. Gestützt auf Art. 428 Abs. 1 StPO sind ihm die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme derjenigen der amtlichen Verteidigung, aufzuerlegen. Das Honorar für die amtliche Verteidigung im Berufungsverfahren ist auf Fr. 6'100.-- festzulegen (Urk. 75/1 zuzüglich hälftiger Anteil Aufwand für Berufungsverhandlung und Nachbesprechung).

    Den Privatklägern ist im vorliegenden Berufungsverfahren kein nennenswerter, über denjenigen für ihre Verteidigung im Parallelverfahren SB170065 hinausgehender Aufwand entstanden, weshalb ihnen keine Prozessentschädigung zuzusprechen ist.

    Es wird beschlossen:

    1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur vom

      7. Oktober 2016 bezüglich der Dispositivziffern 1 b (Teilfreispruch), 4 (Kostenfestsetzung) und 7 b (Abweisung Parteientschädigung Privatkläger 2) in Rechtskraft erwachsen ist.

    2. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte ist schuldig der mehrfachen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 Abs. 1 StGB (Anklageziffern 1 - 3).

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 30.-, wovon 2 Tagessätze als durch Untersuchungshaft geleistet gelten.

  3. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.

  4. Das erstinstanzliche Kostenund Entschädigungsdispositiv (Ziff. 5 und 7) wird auch im Übrigen bestätigt.

  5. Dem Beschuldigten wird keine Genugtuung zugesprochen.

  6. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'000.- ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 6'100.- amtliche Verteidigung

  7. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen.

  8. Den Privatklägern werden keine Prozessentschädigungen zugesprochen.

  9. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die amtliche Verteidigerin Rechtsanwältin lic. iur. X. im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland (übergeben)

    • Rechtsanwältin lic. iur. Y1. im Doppel für sich und zuhanden des Privatklägers 1 (übergeben)

    • Rechtsanwalt lic. iur. Y2. , im Doppel für sich und zuhanden des Privatklägers 2 (übergeben)

      sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigerin Rechtsanwältin lic. iur. X. im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland

    • Rechtsanwältin lic. iur. Y1. im Doppel für sich und zuhanden des Privatklägers 1

    • Rechtsanwalt lic. iur. Y2. , im Doppel für sich und zuhanden des Privatklägers 2

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A

    • die KOST Zürich mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Löschung des DNA-Profils

  10. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 5. Juni 2018

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Spiess

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw Guennéguès

Zur Beachtung:

Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:

Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vorerst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.

Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),

  • wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen begeht,

  • wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht oder die Weisungen missachtet.

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