Zusammenfassung des Urteils SB160174: Obergericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Gerichtsverfahren vor dem Obergericht des Kantons Zürich ging es um mehrfache Anklagepunkte wegen Körperverletzung, Nötigung und Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht gegen den Beschuldigten A. Die Vorinstanz stellte fest, dass der Beschuldigte mehrere einfache Körperverletzungen begangen hatte, aber für einige Anklagepunkte schuldunfähig und nicht straffähig war. Eine stationäre therapeutische Massnahme wurde angeordnet, und die Kosten wurden auf die Staatskasse genommen. In den meisten Fällen waren die Geschädigten die minderjährigen Kinder des Beschuldigten. Die Gerichtsgebühr wurde auf CHF 8.000 festgesetzt, und die weiteren Auslagen beliefen sich auf CHF 670. Der Beschuldigte wurde von Schuld und Strafe freigesprochen, und die Kosten des Verfahrens wurden auf die Staatskasse genommen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB160174 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 20.09.2016 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Mehrfache Körperverletzung etc. |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Privatkläger; Beschuldigten; Anklage; Verteidiger; Berufung; Verteidigung; Privatklägers; Staatsanwalt; Verfahren; Recht; Vorinstanz; Sinne; Gutachten; Privatklägerin; Polizei; Verletzung; Gericht; Staatsanwalts; Staatsanwaltschaft; Ehefrau; Verfahren; Aussage; Honorar; Akten; ätte |
Rechtsnorm: | Art. 123 StGB ;Art. 180 StGB ;Art. 181 StGB ;Art. 19 StGB ;Art. 190 StGB ;Art. 219 StGB ;Art. 391 StPO ;Art. 402 StPO ;Art. 431 StPO ;Art. 56 StGB ;Art. 59 StGB ;Art. 63 StGB ; |
Referenz BGE: | 113 Ib 156; |
Kommentar: | Trechsel, Pieth, Praxis, 2. A., Zürich, Art. 219 StGB, 2013 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB160174-O/U/cs
Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Ruggli, Präsident, und lic. iur. Spiess, Ersatzoberrichterin lic. iur. Bantli Keller sowie die Gerichtsschreiberin
lic. iur. Schwarzenbach-Oswald
Urteil vom 20. September 2016
in Sachen
Beschuldigter, Erstberufungskläger und Anschlussberufungsbeklagter
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. ,
gegen
Anklägerin, Berufungsbeklagte und Anschlussberufungsklägeri n
sowie
Privatkläger und Zweitberufungskläger
1, 2 unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.
betreffend mehrfache Körperverletzung etc.
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich vom 4. Juni 2015 (Urk. D1/17/3) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz :
Das Verfahren betreffend die Tätlichkeit gegen den Ehegatten während der Ehe gemäss Art. 126 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b StGB (Ziff.1.3.3. der Anklageschrift vom 4. Juni 2015) wird eingestellt.
Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte den objektiven Tatbestand der folgenden Straftatbestände erfüllt hat:
Mehrfache einfache Körperverletzung zum Nachteil einer unter seiner
Obhut stehenden Person gemäss Art. 123 Ziff. 2 Abs. 2 StGB betreffend Ziff. 1.1., Ziff. 1.2.2., Ziff. 1.2.3., Ziff. 1.2.4., Ziff. 1.2.5. und
Ziff. 1.2.6. der Anklageschrift vom 4. Juni 2015;
Mehrfache Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB betreffend Ziff. 1.1. und 1.2.3. der Anklageschrift vom 4. Juni 2015;
Verletzung der Fürsorgeoder Erziehungspflicht gemäss Art. 219 StGB betreffend Ziff. 1.1., 1.2.2., 1.2.3., 1.2.4., 1.2.5., 1.2.6. (Teilhandlungen) und Ziff. 1.2.8. (Gesamthandlung) der Anklageschrift vom 4. Juni 2015;
Mehrfache einfache Körperverletzung zum Nachteil des Ehegatten während der Ehe gemäss Art. 123 Ziff. 2 Abs. 3 StGB betreffend Ziff. 1.1. der Anklageschrift vom 4. Juni 2015.
Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte für die Straftatbestände gemäss Ziff. 2 im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB unverschuldet schuldunfähig und nicht straffähig ist.
Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte den objektiven Tatbestand der folgenden Straftatbestände nicht erfüllt hat:
Mehrfache Tätlichkeiten zum Nachteil einer unter seiner Obhut stehenden Person im Sinne von Art. 126 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a StGB betreffend Ziff. 1.1 und Ziff. 1.2.1. der Anklageschrift vom 4. Juni 2015;
Mehrfache Tätlichkeiten zum Nachteil des Ehegatten während der Ehe
gemäss Art. 126 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b StGB betreffend Ziff. 1.1.,
1.3.1. und Ziff. 2.1. der Anklageschrift vom 4. Juni 2015;
Einfache Körperverletzung zum Nachteil einer unter seiner Obhut stehenden Person gemäss Art. 123 Ziff. 2 Abs. 2 StGB betreffend
Ziff. 1.2.7. der Anklageschrift vom 4. Juni 2015;
Einfache Körperverletzung zum Nachteil des Ehegatten während der Ehe gemäss Art. 123 Ziff. 2 Abs. 3 StGB betreffend Ziff. 1.3.2. der Anklageschrift vom 4. Juni 2015;
Mehrfache Nötigung gemäss Art. 181 StGB betreffend Ziff. 1.2.7., 1.3.4., 1.3.4. [recte: 1.3.6.] und Ziff. 1.4. der Anklageschrift vom 4. Juni
2015;
Verletzung der Fürsorgeoder Erziehungspflicht im Sinne von Art. 219 StGB betreffend Ziff. 1.2.1. und Ziff. 1.2.7. (Teilhandlungen) der Anklageschrift vom 4. Juni 2015;
Mehrfache Drohung gegen den Ehegatten während der Ehe gemäss Art. 180 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 180 Abs. 2 lit. a StGB betreffend
Ziff. 1.1, 1.3.3., 1.3.3 [recte: 1.3.5.] und Ziff. 2.1. der Anklageschrift vom
Juni 2015;
Drohung i.S.v. Art. 180 Abs. 1 StGB betreffend Ziff. 1.1. der Anklageschrift vom 4. Juni 2015;
Mehrfache, teilweise qualifizierte Vergewaltigung gemäss Art. 190 Abs. 1 StGB teilweise i.V.m. Abs. 3 StGB betreffend Ziff. 2.1. und Ziff. 2.2. der Anklageschrift vom 4. Juni 2015.
Es wird eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1 und Abs. 3 StGB (Behandlung von psychischen Störungen in einer geschlossenen Einrichtung) angeordnet.
Auf die Rückversetzung in den Vollzug der mit Verfügung des Amtes für Justizvollzug des Kantons Zürich vom 24. Januar 2013 ausgefällten Freiheitsstrafe wird verzichtet.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich vom
19. Mai 2015 sowie vom 20. Mai 2015 beschlagnahmten Gegenstände werden nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen den jeweiligen Eigentümern herausgegeben.
Den Privatklägern wird keine Genugtuung zugesprochen.
Die Gerichtsgebühr wird angesetzt auf:
Fr. 8'000.00 ; die weiteren Auslagen betragen: Fr. 670.00 Auslagen Zeugin (Taxifahrt)
Fr. 25'965.20 Auslagen Vorverfahren (ohne Entschädigung Fr. 10'000.00 Gebühr für die Führung der Strafuntersuchung
Kosten amtliche Verteidigung (Anteil RA E. , inkl.
Fr. 18'836.20
Fr. 31'378.55
Fr. 13'745.45
Fr. 7'519.60
Fr. 3'385.50 Barauslagen und MwSt); bereits bezahlt
durch StA IV
Kosten amtliche Verteidigung (Anteil RA X. , inkl. Fr. 4'056.05 Barauslagen und MwSt, abzüglich bereits geleistete Akontozahlungen von total Fr. 15'750.-)
Kosten unentgeltliche Rechtsvertretung der Privatklägerschaft (Anteil Barrister F. , inkl. Fr. 1'745.30 Barauslagen und MwSt)
Kosten unentgeltliche Rechtsvertretung der Privatklägerschaft (Anteil RA Y. , inkl. Fr. 413.60 Barauslagen und MwSt)
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, einschliesslich der Kosten der amtlichen Verteidigung und der Vertretung der Privatklägerschaft, werden auf die Staatskasse genommen.
Berufungsanträge:
Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 185)
Es sei der Beschuldigte von Schuld und Strafe freizusprechen;
Es seien die gesamten Kosten, inklusive derjenigen der amtlichen Verteidigung und der diversen Gutachten auf die Staatskasse zu nehmen;
Es seien die unter Verletzung der Gültigkeitsvorschrift erhobenen Urkunden gestützt auf Art. 141 Abs. 2 bzw. Abs. 5 StPO aus den Akten zu entfernen und bis zum rechtsgültigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss zu halten.
Es sei dem Beschuldigten für die zu Unrecht erlittene Haft eine Genugtuung von Fr. 150.00 pro Tag (851 Tage) auszurichten, insgesamt
Fr. 127'650.00 nebst 5% Zins ab mittlerem Verfall;
Es sei gegen die Privatkläger eine Strafuntersuchung wegen diverser Rechtspflegedelikte zu eröffnen.
Der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich: (Urk. 136, Prot. II S. 15, sinngemäss)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils und Abweisung der Berufung des Beschuldigten unter Kostenfolge zu Lasten des Beschuldigten bzw. für den Fall, dass der Beschuldigte für schuldfähig erachtet werden würde, sei der Antrag auf Anordnung einer stationären Massnahme nach Art. 59 StGB bezüglich Dossier 1, Tatvorwürfe gemäss Dispositiv Ziff. 2 des angefochtenen Urteils, abzuweisen und es seien die Akten der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich zur Fortsetzung des Vorverfahrens bzw. zur Erhebung einer Anklage zu überweisen.
Der Vertretung der Privatkläger: (Urk. 186)
Die Berufung sei abzuweisen und das erstinstanzliche Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 3. September 2015 vollständig zu bestätigen.
Es sei für den Fall der Schuldfähigkeit des Berufungsklägers die Sache für den Entscheid über Strafe und Zivilforderungen an das Bezirksgericht zurückzuweisen.
Die Kosten für das Berufungsverfahren sowie für die Geschädigtenvertretung seien dem Beschuldigten aufzuerlegen, unter Hinweis auf die Bestellung des unentgeltlichen Rechtsbeistands in Person von Y. für die Opfer gemäss OHG.
Erwägungen:
I.
Dem Beschuldigten wird angelastet, in der Zeit vom 10. Mai 2011 bis zum
19. Januar 2014 gegenüber seiner Ehefrau und seinem Sohn immer wieder Drohungen ausgesprochen zu haben und auch gewalttätig geworden zu sein. Ausserdem habe er seine Ehefrau zweimal zum Geschlechtsverkehr gezwungen.
Das Bezirksgericht Hinwil kam in seinem Urteil vom 3. September 2015 aufgrund der psychiatrischen Begutachtung des Beschuldigten zum Schluss, dass dieser in der fraglichen Zeitspanne aufgrund einer Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis schuldunfähig gewesen sei (Urk. 117 S. 88 f.). Es stellte sodann fest, dass der Beschuldigte in diesem Zustand die in Ziff. 1.1 und 1.2.2-6
der Anklage umschriebenen einfachen Körperverletzungen sowie die mehrfache Nötigung gemäss Ziff. 1.1 und 1.2.3 der Anklage begangen und damit auch den Tatbestand der Verletzung der Fürsorgeoder Erziehungspflicht (Art. 219 StGB) erfüllt habe. Hinsichtlich der in Ziff. 1.3.3. der Anklage eingeklagten Tätlichkeiten wurde das Verfahren zufolge Eintritts der Verjährung eingestellt. Bezüglich aller weiteren Anklagevorwürfe insbesondere auch desjenigen der mehrfachen Vergewaltigung stellte das Gericht fest, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfenen Taten nicht verübt habe. Es ordnete sodann eine stationäre therapeutische Massnahme in einer geschlossenen Einrichtung (Art. 59 Abs. 1 und 3 StGB) an und sah von einer Rückversetzung des Beschuldigten in den Strafvollzug ab. Des weiteren wurden beschlagnahmte Gegenstände freigegeben, die Genugtuungsforderungen der Privatkläger abgewiesen und die gesamten Kosten auf die Staatskasse genommen (Urk. 117 S. 108-111).
Gegen dieses Urteil meldeten sowohl der Beschuldigte (Urk. 81) als auch die Privatklägerschaft (Urk. 86) rechtzeitig (vgl. Urk. 76) die Berufung an. Diejenige der Privatkläger wurde indessen noch vor Ablauf der Frist für die Berufungserklärung (vgl. Urk. 113) mit Eingabe vom 8. April 2016 zurückgezogen (Urk. 119). Der Beschuldigte seinerseits liess rechtzeitig die Berufungserklärung einreichen und einen vollumfänglichen Freispruch unter Zusprechung einer Genugtuung für die erstandene Haft sowie die Einholung eines neuen psychiatrischen Gutachtens beantragen (Urk. 118/1). Der amtliche Verteidiger des Beschuldigten erhob ausserdem eine Beschwerde gegen die Festsetzung seines Honorars für das erstinstanzliche Verfahren, mit welcher er dessen Erhöhung um Fr. 9'439.20 verlangt (Urk. 121). Über diese Beschwerde ist praxisgemäss im Rahmen des vorliegenden Berufungsverfahrens zu befinden.
Mit Präsidialverfügung vom 29. April 2016 wurde entschieden, dass der Beschuldigte in Sicherheitshaft verbleibe, und zugleich die Frist zur Erklärung allfälliger Anschlussberufungen angesetzt (Urk. 133). Mit Eingabe vom 18. Mai 2016 erhob die Staatsanwaltschaft Anschlussberufung und beantragte für den Fall, dass der Beschuldigte als schuldfähig erachtet werden sollte, die Rückweisung der Sache an die Staatsanwaltschaft zur Erhebung einer Anklage (Urk. 136). Die
Privatklägerschaft verzichtete ausdrücklich auf eine Anschlussberufung
(Urk. 137). Am 8. Juni 2016 beantragte der amtliche Verteidiger des Beschuldigten den Beizug der Akten betreffend die von der Privatklägerschaft beim Bundesverwaltungsgericht gegen ihre Wegweisung aus der Schweiz erhobene Beschwerde (Urk. 145). Diesen Beweisantrag erneuerte die Verteidigung in der Folge mit zwei weiteren Eingaben (Urk. 163 und 164). Zu dessen Begründung führte die Verteidigung im Wesentlichen aus, dass die Ehefrau des Beschuldigten versuche, unter Hinweis auf die von ihr behauptete häusliche Gewalt eine Bewilligung zum Verbleib in der Schweiz zu erlangen. Dem Antrag wurde am 13. Juli 2016 insoweit entsprochen, als das Bundesverwaltungsgericht ersucht wurde, dem hiesigen Gericht eine Kopie der von der Privatklägerin eingereichten Beschwerdeschrift zu übermitteln. Das Bundesverwaltungsgericht lehnte das Gesuch um (teilweisen) Aktenbeizug indessen ab (Urk. 176). Mit Eingabe vom 19. August 2016 liess der Vertreter der Privatkläger dem Gericht jedoch eine Kopie der Beschwerdeschrift ans Bundesverwaltungsgericht zukommen (Urk. 180, Urk. 181). Am 10. Juni 2016 stellte die Verteidigung ausserdem ein Haftentlassungsgesuch (Urk. 148). Dieses wurde nach durchgeführtem Schriftenwechsel
(Urk. 151 und 154) mit Präsidialverfügung vom 24. Juni 2016 gutgeheissen, und
der Beschuldigte wurde vom persönlichen Erscheinen an der Berufungsverhandlung dispensiert (Urk. 155). Der Beschuldigte wurde am 27. Juni 2016 aus der Sicherheitshaft entlassen und dem Migrationsamt des Kantons Zürich zugeführt (Urk. 162/1-2). Am 5. Juli 2016 teilte der amtliche Verteidiger dem Gericht mit, dass der Beschuldigte sich nun in Auslieferungshaft (recte wohl: Ausschaffungshaft) befinde und (zufolge der demnächst zu erwartenden Ausschaffung nach
I. ) für eine erneute psychiatrische Begutachtung nicht mehr zur Verfügung stehe. Der diesbezügliche Beweisantrag sei somit obsolet geworden (Urk. 164). Anlässlich der Berufungsverhandlung stellte er jedoch (erneut) den Antrag, dass der Beschuldigte durch einen neutralen Psychiater zu begutachten sei, wenn das Gericht Zweifel daran habe, dass der Beschuldigte schuldfähig gewesen sei. Der Beschuldigte sei gerne bereit, für diese Abklärungen in die Schweiz zu kommen, wenn ihm ein Laissez-passer gewährt werde (Urk. 185 S. 17).
Weitere Beweisanträge liegen nicht vor. Nach der heutigen Berufungsverhandlung erweist sich der Prozess als spruchreif.
II.
Das erstinstanzliche Urteil blieb hinsichtlich der Dispositivziffern 1 (Teileinstellung des Verfahrens), 4 (teilweise Feststellung der Nichttatbestandsmässigkeit), 6 (Absehen von einer Rückversetzung in den Strafvollzug), 7 (Herausgabe beschlagnahmter Gegenstände), 8 (Zivilpunkt) sowie 9 und 10 (Kostendispositiv, mit Ausnahme des Honorars für die amtliche Verteidigung durch RA X. ) unangefochten. Es ist in diesem Umfang in Rechtskraft erwachsen (Art. 402 StPO), was vorab festzustellen ist. Vom Rückzug der Berufung seitens der Privatklägerschaft ist Vormerk zu nehmen.
Angefochten hat der Beschuldigte hingegen (u.a.) die Feststellung der Tatbegehung im Zustande nicht selbstverschuldeter Schuldunfähigkeit (Dispositivziffer 3).
III.
a) Der Beschuldigte bestreitet jegliche Gewaltausübung gegenüber seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern. Er habe seine Frau noch nie geschlagen (D1/2/2 S. 8). Dasselbe gelte für seinen Sohn C. (D1/2/3 S. 5). Beide gaben indessen wiederholt zu Protokoll, dass sie vom Beschuldigten schon seit Jahren regelmässig mit den Fäusten geschlagen und geohrfeigt worden seien (C. : D1/3/2 S. 2-4, D1/3/7 S. 4/10/17; B. : D1/3/1 S. 5, D1/3/10 S. 8 f., S. 12).
Auch die Töchter G. und H. seien solchermassen misshandelt worden. H. sei deshalb ins Ausland abgehauen (C. : D1/3/2 S. 2). Zu den Zeugenaussagen der Tochter H. , wonach er sie, C. und ihre Mutter öfters geschlagen habe und sie selbst deswegen zu den Grosseltern nach
geflüchtet sei (Urk. 64 S. 6-11), erklärte der Beschuldigte, dass diese auf Veranlassung ihrer Mutter gelogen habe (Prot. I S. 30). Er sieht sich als Opfer eines Komplotts. Die Ehefrau und die Kinder würden ihn beschuldigen, um als Opfer häuslicher Gewalt eine Aufenthaltsbewilligung zu bekommen (Prot. I S. 32). Mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Verteidigung, welche auch anlässlich der Berufungsverhandlung geltend gemacht wurden (Urk. 185 S. 9 und S. 49 ff., Prot. II S. 14), hat sich schon die Vorinstanz auseinandergesetzt und zutreffend erwogen, dass die Voraussetzungen für eine Härtefallbewilligung nach Art. 14 AsylG Aufenthaltsbewilligung nach Auflösung der Familiengemeinschaft (Art. 50 AuG) bei den Privatklägern ohnehin nicht gegeben wären, worauf auch die Privatkläger anlässlich der Berufungsverhandlung hinweisen liessen (Urk. 186 S. 2). Demzufolge könnten diese aus einer falschen Anschuldigung des Ehemannes bzw. Vaters in ausländerrechtlicher Hinsicht keinen Nutzen ziehen. Die erkennende Kammer ersuchte dennoch das Bundesverwaltungsgericht um Einsicht in die von der Privatklägerin im Asylverfahren eingereichte Beschwerdeschrift (Urk. 168). Diese wurde ihr verweigert (Urk. 176), dann aber vom Vertreter der Privatkläger der erkennenden Kammer eingereicht (Urk. 181). Auch wenn sich aus der Beschwerdeschrift ans Bundesverwaltungsgericht ergibt, dass die Privatklägerin derzeit tatsächlich auch unter dem Hinweis auf erlittene häusliche Gewalt versucht, vor Bundesverwaltungsgericht ein Bleiberecht zu erstreiten, lässt sich daraus indessen nicht ohne weiteres ableiten, dass sie den Beschuldigten im vorliegenden Verfahren falsch angeschuldigt habe. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) verfügte erst am 5. Dezember 2014 die Wegweisung der Privatklägerin
aus der Schweiz (Urk. 167). Die Privatklägerin hatte aber das vorliegende Strafverfahren schon am 21. Januar 2014 (und ohne anwaltlichen Beistand) ins Rollen gebracht. Dass sie zu jenem Zeitpunkt ganz auf sich allein gestellt sozusagen präventiv zusammen mit ihren Kindern einen ganzen Komplex von Falschbezichtigungen gegen den Beschuldigten in Gang setzte, um später allenfalls damit ein Bleiberecht erwirken zu können, kann im Ernst nicht angenommen werden. Auch im Übrigen bleibt unerfindlich, weshalb sich die ganze Familie gegen den Beschuldigten verschwören und diesen wahrheitswidrig der andauernden Gewalttätigkeit bezichtigen sollte. Anderseits fehlen aber über weite Strecken auch ergänzende Beweismittel, welche die belastenden Aussagen der Privatkläger und der Zeugin H. untermauern würden. Aktenkundig ist immerhin, dass C. am 3. Oktober 2012 der Polizei meldete, der Beschuldigte habe mit einem Messer
herumgefuchtelt (D1/1/8), und tags darauf erneut die Polizei herbeirief, dann aber die ausgerückten Beamten beschimpfte (D1/1/9). Im Sommer 2013 wandte sich die Privatklägerin an die Polizei, weil sich die Tochter H. aufgrund von Differenzen mit dem Beschuldigten nach I. abgesetzt hatte (D1/1/1 S. 4). Gemäss den vorliegenden Arztberichten gaben die Privatkläger erst nach dem Vorfall vom 19. Januar 2014 an, vom Beschuldigten geschlagen worden zu sein (D1/5/3, D1/6/2). Zuvor habe die Privatklägerin lediglich über Stress zuhause geklagt, ohne explizit Gewalthandlungen zu erwähnen (D1/5/5). C. sagte aus, dass er vom Beschuldigten wiederholt verletzt worden sei und deshalb auch den Arzt aufgesucht habe. Er habe dann aber z.B. angegeben, mit dem Velo gestürzt zu sein (D1/3/2 S. 3). Einem Nachtragsbericht von Dr.med. J. ist tatsächlich zu entnehmen, dass C. einmal mit Verletzungen am linken Vorderarm erschien und als Ursache dafür einen Sturz vom Fahrrad nannte. Einmal gab er auch an, mit dem Rücken gegen eine Tischkante gestürzt zu sein. Im März 2013 suchte er den Arzt wegen Magenproblemen auf und berichtete von Stress mit dem Vater (D1/6/7, vgl. auch D1/6/8). Der Zeuge K. sagte aus, dass
ihn C. einmal angerufen und erklärt habe, sie hätten Streit in der Familie, und sein Vater warte auf ihn und wolle ihn schlagen. Er habe den Privatkläger an die Polizei verwiesen, die dann auch zur Asylunterkunft ausgerückt sei. Dort sei aber der Spiess umgedreht und die Polizei beschuldigt worden (D1/4/1 S. 3). Nach dem Verschwinden der älteren Tochter sei es zu einem Konflikt zwischen den Eheleuten AB. gekommen (a.a.O., S. 4), weshalb dem Beschuldigten dann auch ein Hausverbot erteilt worden sei (a.a.O., S. 11). Einmal habe C. ihm, dem Zeugen, am Telefon gesagt, der Vater wolle ihn umbringen (a.a.O., S. 10). Bei einer gesamthaften Betrachtung lässt sich kaum bezweifeln, dass der Beschuldigte gegenüber der Ehefrau und den Kindern öfters gewalttätig wurde. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind indessen nur noch die konkret eingeklagten einzelnen Sachverhalte, welche die Vorinstanz für erstellt erachtete. Es ist im einzelnen zu prüfen, ob sich diese Sachverhalte rechtsgenügend erstellen lassen. Selbst wenn von der Vorinstanz nicht alle Sachverhalte als erstellt erachtet wurden und im Folgenden nicht alle Vorwürfe als erstellt erachtet werden, ist dies kein Nachweis dafür, dass die Privatkläger sich einer falschen Anschuldigung schuldig gemacht hätten, wie auch die Staatsanwaltschaft anlässlich der Berufungsverhandlung zutreffend ausführte (Prot. II S. 16). Für die Eröffnung einer Strafuntersuchung gegen die Privatkläger, wie dies vom amtlichen Verteidiger beantragt wird (Urk. 185 S. 3, S. 50 und S. 52 f.), besteht kein Anlass.
b) Vorab ist auf die Verwertbarkeit der Aussagen des Privatklägers C. einzugehen. Diesbezüglich machte die amtliche Verteidigung anlässlich der Berufungsverhandlung geltend, dass die Einvernahmen des Privatklägers, an welchen nicht der damalige amtliche Verteidiger Rechtsanwalt E. selbst, sondern sein Substitut L. teilgenommen habe es betrifft dies zwei Einvernahmen (D1/3/4 und D1/3/7) - nicht verwertbar seien, weil der Substitut über keine Venia verfügt habe (Urk. 185 S. 18 ff., S. 28, S. 39, S. 42 und S. 48, Prot. II S. 26). Selbst wenn der Substitut über keine Venia verfügt hatte, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte bei diesen beiden Einvernahmen, an welchen im Übrigen nicht er selbst befragt wurde, nicht gehörig verteidigt war. Der Substitut MLaw L. war vom amtlichen Verteidiger Rechtsanwalt
E. bevollmächtigt worden, an den Einvernahmen teilzunehmen (D1/13/7) und unterstand dessen Aufsicht. Die Hauptverantwortung lag bei Rechtsanwalt E. und es lagen entgegen der Auffassung der Verteidigung (Prot. II S. 25 f.) keine Hinweise vor, dass dieser aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen wäre, diese Verantwortung zu tragen (vgl. Prot. II S. 27). Wenn Rechtsanwalt E. statt MLaw L. an den Einvernahmen des Privatklägers teilgenommen hätte, hätte der Privatkläger nicht anders ausgesagt als in Anwesenheit des Substituten. Ausserdem fällt auf, dass der jetzige Verteidiger
den von ihm geltend gemachten Mangel in der Untersuchung nicht rügte und keine Wiederholung der betreffenden Einvernahmen verlangte. Zusammenfassend spricht nichts gegen die Verwertbarkeit der Aussagen des Privatklägers C. . Demzufolge erübrigt sich auch der Antrag der Verteidigung, wonach die unter Verletzung der Gültigkeitsvorschriften erhobenen Urkunden gestützt auf Art. 141 Abs. 2 bzw. Abs. 5 StPO aus den Akten zu entfernen und bis zum rechtsgültigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss zu halten seien (vgl. Urk. 185 S. 2 und S. 20).
a) In Ziff. 1.1 der Anklage wird dem Beschuldigten vorgeworfen, am Morgen des 19. Januar 2014 in der Küche der gemeinsamen Wohnung seiner Ehefrau nach einer zunächst verbalen Auseinandersetzung einen heftigen Faustschlag gegen den Kopf versetzt zu haben. Als daraufhin der Sohn in die Küche gekommen sei und den Beschuldigten gefragt habe, weshalb dieser seine Mutter schlage, habe der Beschuldigte den Sohn so wuchtig geohrfeigt, dass dieser zu Boden gegangen sei. Dann habe er ihn während ca. fünf Sekunden mit der linken Hand am Hals gepackt und ihn mit der rechten Hand gegen die Schläfe geschlagen. Die Privatklägerin habe deswegen interveniert, worauf der Beschuldigte sie mehrmals mit der Faust in den Bauch geschlagen habe. Schliesslich habe er den beiden Privatklägern gedroht, sie umzubringen bzw. mit Benzin in Brand zu setzen, falls sie ihn anzeigten. Sie hätten demzufolge auch erst nach zwei Tagen Anzeige erstattet. C. habe noch mindestens drei Tage leichte Schluckschmerzen und eine Druckdolenz am Hals verspürt. B. ihrerseits habe zwei Tage lang unter Bauchschmerzen gelitten (D1/17/3 S. 2/3).
Die den Beschuldigten belastenden Aussagen der beiden Privatkläger enthalten einige Ungereimtheiten. So gab B. zunächst an, der Beschuldigte habe zuerst den Sohn angegriffen und erst danach auch sie geschlagen. Ausserdem erklärte sie, dass der Beschuldigte dabei ein Stück Metall - nämlich eine Hantelstange in der Hand gehalten habe (D1/3/1 S. 2/3). In der staatsanwaltlichen Einvernahme änderte die Privatklägerin ihre Schilderung des Vorfalls dahingehend, dass der Beschuldigte zuerst sie geschlagen habe. Dann sei der Sohn hinzugekommen und habe gefragt, was los sei. Da habe der Beschuldigte auch den Sohn geschlagen und ihn am Hals gepackt. Sie habe daraufhin gesagt, dass sie jetzt zur Polizei gehe. Der Beschuldigte habe mit der Drohung reagiert, sie diesfalls beide mit Benzin in Brand zu stecken (D1/3/10 S. 4). Als sie versucht habe, ihn vom Sohn wegzuziehen, habe er sie in den Bauch geschlagen (a.a.O., S. 8). Das mit dem Stück Metall sei an einem anderen Tag geschehen (a.a.O., S. 6). Die Privatklägerin gab weiter zu Protokoll, dass der Beschuldigte den Sohn nicht nur am Hals gepackt und mit der Faust geschlagen, sondern ihm auch Fusstritte versetzt habe (a.a.O., S. 6). C. selber sprach nie davon, solche erhalten zu haben. Irritierend ist seine Aussage, sie hätten unmittelbar nach dem Vorfall die
Polizei angerufen (D1/3/7 S. 7), dies über die Notrufnummer 117, worauf sie einen Termin zur Vorsprache auf dem Polizeiposten erhalten hätten (a.a.O., S. 9). B. gab demgegenüber an, sich aus Angst erst zwei Tage später an die Polizei gewandt zu haben (D1/3/10 S. 4). Dem Polizeirapport ist denn auch zu entnehmen, dass die Privatklägerin am 21. Januar 2014 um 09.45 Uhr auf der Polizeistation M. (Ortschaft) erschien und Anzeige erstattete (D1/1/1 S. 2). Der Rapport enthält keinerlei Hinweis auf einen vorherigen Kontakt der Privatklägerschaft mit der Notrufzentrale. Offensichtlich übertrieben ist schliesslich die Aussage der Privatklägerin, der Beschuldigte habe ihren Sohn am Hals gepackt, bis er blau im Gesicht gewesen sei (D1/3/10 S. 7). Letzteres stimmt sicher nicht, dauerte doch gemäss den Angaben von C. der Angriff auf dessen Hals lediglich ein paar Sekunden (D1/3/2 S. 2).
Trotz dieser Unstimmigkeiten lässt sich sagen, dass die Sachverhaltsschilderungen der beiden Geschädigten bezüglich der zentralen Elemente des Tathergangs übereinstimmen. So sagten beide aus, Anlass zum Gewaltausbruch des Beschuldigten sei gewesen, dass sie ihm Fragen zu einer Tasche mit Schmuck und Geld gestellt hätten, welche er in die Wohnung gebracht habe, als er am frühen Morgen nach Hause gekommen sei. Übereinstimmung besteht auch insoweit, als B. mit der Faust gegen den Kopf geschlagen und ihr Sohn am Hals gepackt wurde und ebenfalls Faustschläge erhielt. Hinzu kommt, dass anlässlich der Anzeigeerstattung noch eine Rötung am Hals von C. festgestellt und fotografisch dokumentiert werden konnte (D1/1/4). Diesbezüglich liegt ausserdem ein ärztliches Zeugnis vor, dem zusätzlich zu entnehmen ist, dass der Privatkläger drei Tage nach dem Vorfall noch leichte Schluckschmerzen und eine Druckdolenz am Hals rechts angegeben habe (D1/6/2), was mit dem geschilderten Tathergang gut vereinbar ist. Es liegen sodann entgegen der Auffassung der Verteidigung (Urk. 185 S. 25 f.) keinerlei Hinweise vor, dass sich der Privatkläger die Verletzungen selber zugefügt haben könnte. Entgegen der Auffassung der Verteidigung (Urk. 185 S. 24) lässt die Statur eines (damals) 16-Jährigen zudem nicht darauf schliessen, dass sich dieser nicht von seinem Vater zusammenschlagen lässt.
Der Beschuldigte seinerseits bestätigte, dass es am 19. Januar 2014 zu einer tätlichen Auseinandersetzung mit der Ehefrau und dem Sohn gekommen war (D1/2/1 S. 2, D1/2/2 S. 3). Es habe Streit gegeben, weil seine Frau die Tochter (H. ) an einen I. Offizier namens N. in O._ (Ortschaft in I. ) verkauft habe. Sie habe auch Personen aus I. , u.a. einen gewissen P. , herbeigerufen, die ihn umbringen sollten. Im Laufe des Streits habe sie ihm einen metallenen Besenstiel über den Kopf gezogen. Dann sei der Sohn hinzugekommen, um ihr zu helfen. Er selber sei am Boden gelegen, und der Sohn habe ihn gewürgt und habe ihn umbringen wollen. Er habe lediglich mit der Hand gegen dessen Hals gedrückt, um ihn wegzustossen. Mehr habe er nicht gemacht (D1/2/1 S. 2). Diese Sachverhaltsversion ist zunächst insofern widerlegt, als die angeblich nach I. verkaufte Tochter als Zeugin vor der Vorinstanz erschien und aussagte, sie sei vor den gewalttätigen Übergriffen des Beschuldigten zu ihren Grosseltern nach I. geflüchtet (Urk. 64 S. 6). Sie entbehrt sodann auch jeglicher Logik, indem der angebliche Verkauf der Tochter nur für den Beschuldigten einen Grund bilden konnte, seine Ehefrau anzugreifen, nicht aber umgekehrt. Der angeblichen Attacke mit dem Besenstiel müsste also zumindest ein Angriff seitens des Beschuldigten vorangegangen sein. Hinzu kommt, dass ein blosses Wegdrücken mit der Hand kaum Rötungen am Hals des Sohnes verursachen konnte, die noch nach Tagen sichtbar waren. Anlässlich der staatsanwaltlichen Hafteinvernahme brachte der Beschuldigte neu vor, seine Ehefrau sei am
Januar 2014 mit Q. zusammen gewesen, den sie Onkel nenne, der aber in Wirklichkeit ihr Geliebter sei. Dieser sei zusammen mit seinem Bruder R. nach M. gekommen, um ihn, den Beschuldigten, hinzurichten.
Seine Frau habe den Besenstiel genommen und ihn damit auf die rechte Stirne geschlagen. Dann sei der Sohn auch auf ihn losgegangen, habe ihn am Hals gepackt und zu Boden geworfen. Die Ehefrau habe weiter mit dem Besenstiel auf ihn eingeschlagen (D1/2/2 S. 3). Auch diese Sachverhaltsdarstellung ergibt keinerlei Sinn. Wären Q. und R. am Wohnort des Beschuldigten erschienen, um ihn zu töten, so hätten logischerweise sie (und nicht die Ehefrau und der Sohn) den Beschuldigten angegriffen. Davon ist aber in den Aussagen des Beschuldigten keine Rede. Seine Schilderung hinterlässt im Gegenteil den
Eindruck, als hätten sich Q. und R. bei ihrer Ankunft in M. plötzlich in Luft aufgelöst.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Aussagen der beiden Privatkläger in ihrem Kerngehalt glaubhaft sind und teilweise auch von weiteren Beweismitteln gestützt werden. Der Beschuldigte räumte demgegenüber ein, dass es zu Handgreiflichkeiten gekommen war, lieferte dafür aber widersprüchliche Erklärungen, die zum Teil erwiesenermassen unwahr und im Übrigen auch nicht ansatzweise nachvollziehbar sind. Bei dieser Aktenlage besteht entgegen der Auffassung der Verteidigung (Urk. 185 S. 22 ff.) kein Raum für ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des eingeklagten Sachverhaltes.
In Anbetracht der nach der Tat noch mehrere Tage lang anhaltenden Schmerzen bzw. der (bei C. ) noch sichtbaren Rötungen am Hals ist die rechtliche Würdigung des Sachverhalts als mehrfache einfache Körperverletzung (im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 Abs. 3 und 4 StGB) nicht zu beanstanden. Indem der Beschuldigte mittels Todesdrohungen versuchte, die Privatkläger von einer Anzeige abzuhalten, und ihm dies zumindest für zwei Tage auch gelang, erfüllte er ausserdem den Tatbestand der Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB. Auf die Frage, ob auch eine Verletzung der Fürsorgeoder Erziehungspflicht im Sinne von Art. 219 Abs. 1 StGB vorliegt, ist erst nach Klärung aller weiteren Sachverhaltsfragen einzugehen.
a) Gemäss Ziff. 1.2.2 der Anklage soll der Beschuldigte an jeweils nicht mehr bestimmbaren Tagen in der Zeit vom 10. Mai 2011 bis zum 24. August 2012 seinen Sohn C. zweimal mit Faustschlägen verletzt haben. Einmal habe ein Schlag auf den Mund bewirkt, dass der Privatkläger eine geplatzte Lippe davongetragen habe. Ein anderes Mal habe der Beschuldigte dem Sohn beim rechten Augenwinkel eine kleine Platzwunde zugefügt. Gelegentlich hätten die Faustschläge des Beschuldigten beim Privatkläger auch zu Kopfschmerzen geführt (D1/17/3 S. 3). Die Vorinstanz gelangte zum Schluss, dass zumindest die beiden vorstehend genannten Verletzungen als Folge von Faustschlägen des Beschuldigten erstellt seien. Sie führte dazu aus, dass der Privatkläger zu diesen Vorfällen zwar in zeitlicher Hinsicht nur sehr vage Angaben habe machen, die Tathandlungen und die daraus resultierenden Verletzungen aber anschaulich habe schildern können. In Anbetracht der Häufigkeit von Gewaltanwendungen des Beschuldigten und des jugendlichen Alters des Privatklägers sei nachvollziehbar, dass er sich nicht genauer zu erinnern vermöge. Die Verletzungen seien zwar nicht ärztlich dokumentiert, doch sei eine medizinische Behandlung auch nicht nötig gewesen und sei glaubhaft, dass der Privatkläger auch aus Angst keinen Arzt aufgesucht habe. Gerade im Bereich der häuslichen Gewalt komme es zudem häufig vor, dass die Geschädigten sehr lange schweigen würden statt sofort Anzeige zu erstatten.
b) All dies mag zutreffen, ändert aber nichts daran, dass die Anklage in diesem Punkt einzig auf den Aussagen des Privatklägers in der staatsanwaltlichen Einvernahme als Auskunftsperson beruht. Diese sind zudem nicht nur in zeitlicher Hinsicht sehr unbestimmt, sondern erscheinen auch inhaltlich als ausgesprochen karg. Der Privatkläger gab zu Protokoll, dass er einmal nach einem Faustschlag auf den Mund eine geplatzte Lippe gehabt habe. Dies sei 2012 gewesen. In welcher Jahreszeit es geschehen sei, wisse er nicht. Ein anderes Mal habe der Beschuldigte ihn glaublich auf der rechten Seite zwischen der Augenbraue und dem Auge verletzt. Es habe eine Wunde gegeben und geblutet. Wann das gewesen sei, wisse er nicht mehr (D1/3/7 S. 16). Der Privatkläger vermochte nicht zu sagen, wo und aus welchem Anlass es zu den Übergriffen gekommen war. Beim zweiten Vorfall ist nicht einmal klar, ob die Tathandlung wirklich in einem Faustschlag bestand. In den ärztlichen Unterlagen findet sich kein Befund, der mit diesem Anklagepunkt in Verbindung gebracht werden könnte. Auf einer derart dürftigen Beweisbasis kann keine Verurteilung erfolgen.
a) Ziff. 1.2.3 der Anklage enthält den Vorwurf, dass der Beschuldigte dem Privatkläger an einem nicht mehr bestimmbaren Tag im Sommer 2012 in der Asylunterkunft S. mehrere Faustschläge versetzt habe. Dabei habe ein heftiger Schlag das linke Ohr des Privatklägers getroffen. Dieser habe aus dem Ohr Flüssigkeit verloren und in der Folge ca. zwei Monate lang Hörprobleme gehabt (D1/17/3 S. 4).
Der Privatkläger brachte diesen Vorfall schon bei der Polizei kurz zur Sprache, indem er ausführte, einmal habe ihn der Beschuldigte so gegen den Kopf geschlagen, dass er aus dem rechten Ohr geblutet habe (D1/3/2 S. 3). In der staatsanwaltlichen Einvernahme sagte der Privatkläger aus, dass ihn der Beschuldigte mit der Faust so heftig geschlagen habe, dass er aus dem linken Ohr Flüssigkeit verloren habe. Danach habe er ca. zwei Monate lang Hörschwierigkeiten gehabt. Er habe die Worte wie ein Echo gehört. Wenn jemand mit ihm gesprochen habe, habe er die Worte zweimal gehört. Er habe versucht, das rechte Ohr zuzumachen und dann zu sprechen, um herauszufinden, ob er auf dem linken Ohr höre. Manchmal habe er etwas gehört, manchmal nicht. Als die Flüssigkeit aus dem Ohr gekommen sei, habe er sofort zum Arzt gehen wollen. Er habe auch Kopfschmerzen gehabt und befürchtet, mit seinem Ohr sei etwas Schlimmes passiert. Der Beschuldigte habe ihm aber nicht erlaubt, einen Arzt aufzusuchen, und gesagt, er bringe ihn um, wenn er zum Arzt gehe. Der Privatkläger gab an, dass sich dieser Vorfall im Sommer 2012 zugetragen habe. Ans Datum könne er sich nicht erinnern (D1/3/7, S. 11/12). Entgegen der Auffassung der Verteidigung (Urk. 185 S. 38) führte der Beschuldigte durchaus aus, dass er Hörprobleme gehabt habe.
Auch dieser Sachverhalt ist nicht ärztlich dokumentiert, und die Anklage kann sich wiederum nur auf die Aussagen des Privatklägers stützen. Diese enthalten zudem einen Widerspruch, indem der Privatkläger zuerst angab, aus dem rechten Ohr geblutet zu haben, später hingegen ausführte, er habe aus dem li n- ken Ohr Flüssigkeit verloren. Aus welchem Anlass es zum Schlag aufs Ohr gekommen war, vermochte der Privatkläger nicht zu sagen, was in Anbetracht der doch recht erheblichen Folgen dieses Schlages erstaunt. Letztere vermochte der Privatkläger immerhin anschaulich zu beschreiben, ebenso auch die von ihm angesichts des Flüssigkeitsverlusts aus dem Ohr verständlicherweise empfundene Angst, möglicherweise einen ernstlichen Gesundheitsschaden davonzutragen. Auch die Schilderung, wie der Privatkläger versucht hatte, die Funktionstüchtigkeit des betroffenen Ohrs zu testen, wirkt originell und spricht sehr dafür, dass er hier über ein tatsächlich erlebtes Geschehen berichtete. Vor dem Hintergrund der
mehrfach bezeugten generellen Neigung des Beschuldigten zur Gewalttätigkeit (vgl. Erw. III/1) sind die Aussagen des Privatklägers betreffend den Schlag aufs Ohr und dessen Folgen ebenso glaubhaft wie dass er nur deshalb nicht zum Arzt ging, weil der Vater drohte, ihn sonst umzubringen. Der diesbezüglich eingeklagte Sachverhalt ist damit rechtsgenügend erstellt. Dessen rechtliche Würdigung als Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 Abs. 3 StGB und als Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB erweist sich in Anbetracht der während einer längeren Zeit anhaltenden Beeinträchtigung des Hörvermöges ohne weiteres als zutreffend.
a) In Ziff. 1.2.4 legt die Anklage dem Beschuldigten zur Last, seinen Sohn am 10. April 2012 in der Asylunterkunft S. mit einer Bratpfanne wuchtig auf den linken Vorderarm bzw. das linke Handgelenk geschlagen und ihm damit eine Kontusion mit bewegungseinschränkenden Achsenstossschmerzen zugefügt zu haben. Diese Verletzung habe mit einem Salbenverband ärztlich behandelt werden müssen (D1/17/3 S. 4).
Der Privatkläger sagte bei der Staatsanwaltschaft aus, dass der Beschuldigte ihn mit einer Bratpfanne so heftig geschlagen habe, dass es zu einem Bruch des Unterarms gekommen sei. Er zeigte dabei auf den linken Unterarm, bemerkte dazu aber sogleich, vielleicht sei es auch der rechte Unterarm gewesen. Der Beschuldigte habe ohne irgend einen Anlass zugeschlagen. Er, der Privatkläger, habe die Hand nicht mehr bewegen können und deshalb den Arzt aufgesucht. Dies sei im Jahre 2012 geschehen, glaublich im Sommer. Der Knochen sei gebrochen gewesen, so dass er einen Gips habe tragen müssen (D1/3/7 S. 13/14). Auf Vorhalt der von Dr.med. J. aufgezeichneten Krankengeschichte korrigierte der Privatkläger seine Aussage dahingehend, dass er den Armbruch beim Schulsport erlitten habe (a.a.O., S. 15/16).
Den ärztlichen Unterlagen ist zu entnehmen, dass sich der Privatkläger tatsächlich nicht nur nach dem erwähnten Sportunfall, sondern noch ein weiteres Mal, nämlich am 11. April 2012, mit einer Armverletzung bei Dr. J. vorgestellt hatte. In der Krankengeschichte ist vermerkt, dass der Privatkläger angegeben habe, in der Nacht mit dem Velo gestürzt zu sein. Diagnostiziert wurde eine Kontusion des Vorderarms links mit Schürfung und Achsenstossschmerz. Die Verletzung wurde mit einem Salbenverband behandelt (D1/6/8). Da der Privatkläger ausdrücklich erklärte, nie einen anderen Arzt aufgesucht zu haben (D1/3/7
S. 14), müsste sich dieser Eintrag in der Krankengeschichte auf den eingeklagten Vorfall beziehen. Damit vereinbar ist die bei der Polizei deponierte Aussage des Privatklägers, er habe dem Arzt jeweils verschwiegen, dass er vom Vater verletzt worden sei, und z.B. angegeben, mit dem Fahrrad gestürzt zu sein (D1/3/2 S. 3). Der Privatkläger schildert mit dem Schlag mit einer Bratpfanne zudem ein aussergewöhnliches Tatvorgehen, was dafür spricht, dass er so etwas tatsächlich erlebt hat. Er vermag den Vorfall zwar nicht in einen grösseren Zusammenhang einzubetten. Die vom Arzt festgestellte Kontusion (Prellung) ist jedoch eine naheliegende Folge eines Schlags mit einem harten Gegenstand. Dass dabei ausserdem eine Schürfung entstand, erscheint zumindest dann als plausibel, wenn der Schlag in einem schrägen Winkel erfolgte. Entgegen der Auffassung der Verteidigung (Urk. 185 S. 41 f.) erweisen sich auch in diesem Fall die Aussagen des Privatklägers im Gesamtzusammenhang gesehen als so glaubhaft, dass der eingeklagte Sachverhalt als erstellt gelten kann.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der Schlag mit der Bratpfanne zu Schmerzen führte, die nicht sogleich wieder abklangen, sondern mit einem Salbenverband kuriert werden mussten. Die rechtliche Würdigung dieses Sachverhalts als Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 Abs. 3 StGB ist wiederum zutreffend.
a) Gemäss Ziff. 1.2.5 der Anklage soll der Beschuldigte dem Privatkläger am 16. Juli 2012 in der Asylunterkunft S. mehrere heftige Faustschläge gegen den Rücken versetzt haben. Dies habe zu starken Schmerzen im Übergangsbereich von der Brustzur Lendenwirbelsäule und damit verbunden zu einer Bewegungseinschränkung geführt (D1/17/3 S. 4/5).
Schon bei der Polizei erwähnte der Privatkläger, dass ihn der Beschuldigte einmal so fest in den Rücken geschlagen habe, dass er fast nicht mehr habe
gehen können (D1/3/2 S. 3). Auf näheres Befragen seitens des Staatsanwalts führte der Privatkläger aus, dass er sich nicht mehr an den ganzen Vorfall, wohl aber daran erinnern könne, dass der Vater ihn mit Faustschlägen gegen den Rücken verletzt habe. Er habe starke Rückenschmerzen erlitten und nicht mehr richtig gehen können. Erst nach einem halben Jahr habe er sich wieder gut gefühlt. Wegen der anhaltenden Schmerzen habe er sogar die Schule abbrechen müssen. Noch heute spüre er Schmerzen, wenn er ein Gewicht hebe. Er habe nach dem Vorfall Dr. J._ aufgesucht, dabei aber die tatsächliche Ursache der Verletzung verschwiegen und stattdessen angegeben, sich an einer Tischkante verletzt zu haben (D1/3/7 S. 14/15).
Die Aussagen des Privatklägers zu diesem Vorfall lassen zwar eine gewisse Tendenz zur Übertreibung erkennen. Erwiesen ist aber, dass er am 17. Juli 2012 Dr.med. J. aufsuchte, dabei über Schmerzen am Übergang von der Brustzur Lendenwirbelsäule klagte und angab, tags zuvor gestürzt und mit dem Rücken gegen eine Tischkante gefallen zu sein. Der Arzt verordnete wiederum eine Salbenbehandlung (D1/6/7-8). Damit erweisen sich die Aussagen des Privatklägers auch in diesem Punkt im Kerngehalt als glaubhaft und ist der eingeklagte Sachverhalt erstellt. Dessen rechtliche Würdigung als Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 Abs. 3 StGB ist wiederum nicht zu beanstanden.
a) In Ziff. 1.2.6 der Anklage geht es schliesslich um einen Vorfall, der sich in der Nacht vom 16./17. August 2012 in der Asylunterkunft an der T. strasse in U. (Ortschaft) ereignet haben soll. Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, im Rahmen eines Streits ein Brotmesser gegen den Privatkläger geworfen und ihm damit an der Brust eine Schnittwunde von ca. 1 cm Länge zugefügt zu haben (D1/17/3 S. 5).
Der Privatkläger gab hierzu in der polizeilichen Befragung vom 22. Januar 2014 an, dass ihn der Vater vor ca. 1½ Jahren in U. mit einem Messer an der Brust verletzt habe. Die Polizei sei dann zwar gekommen, doch der Beschuldigte sei schon nicht mehr vor Ort gewesen (ND1/3/2 S. 4). Bei der Staatsanwaltschaft bestätigte der Privatkläger auf Befragen, dass sich ein solcher Vorfall ereignet habe, als die Familie AB. in U. wohnhaft gewesen sei. Der Beschuldigte sei von I. nach Hause gekommen und habe angefangen, die Privatklägerin zu schlagen. Als er, der Sohn, dazwischen gestanden sei, habe der Beschuldigte ein Messer auf ihn geworfen, und dieses habe ihn an der Brust verletzt. Es sei ein Brotmesser gewesen. Die Wunde an der Brust sei klein und vielleicht 1 cm tief und 1 cm breit gewesen. Die Chefin des Asylheims, eine gewisse V. , habe ihn verarztet. Den Arzt habe er nicht aufgesucht. Die Polizei sei von irgend jemandem aus dem Asylzentrum herbeigerufen worden und am Tatort erschienen. Als der Beschuldigte gehört habe, dass die Polizei komme, sei er geflüchtet (D1/3/7 S. 19-21).
Zu diesem Vorfall liegen auch Aussagen der Privatklägerin vor. Sie führte bei der Staatsanwaltschaft aus, dass der Beschuldigte im Juli August 2012 um Mitternacht an die Haustür geklopft habe. Sie habe dies nicht hören können, weil sie mit den Töchtern im dritten Stock gewohnt habe. Der Beschuldigte habe anscheinend auch telefoniert, aber auch das habe sie nicht gehört. Als dann jemand ins Haus gekommen sei, habe auch der Beschuldigte dieses betreten kön- nen. Er sei in ihr Zimmer gestürmt, habe sie, die Privatklägerin, gepackt und mit der Faust gegen den linken Unterkiefer geschlagen. Der Sohn habe sie verteidigen wollen. In dem Moment habe der Beschuldigte ein Brotmesser behändigt, welches dort irgendwo gelegen sei, und habe den Sohn gestochen. Bei dieser Aussage zeigte die Privatklägerin auf den Bereich zwischen Brustbein und Unterbauch. Dann seien die Heimbetreuer gekommen. Der Beschuldigte habe gesagt, sie sollten keine Polizei und keinen Arzt anrufen, sonst würde er sie, die Kinder und auch ihre Brüder umbringen. Die Heimleiterin habe dann gleichwohl die Polizei angerufen, und der Beschuldigte habe daraufhin ein Hausverbot bekommen (D1/3/10 S. 14/15).
Bei den Akten liegt sodann eine Aktennotiz der Leiterin des Durchgangszentrums T. -strasse, V. . Darin erwähnt diese, dass in der Nacht vom 16./17. August 2012 die Nachtwache wegen eines heftigen Streits bei der Familie AB. habe intervenieren müssen und, da der Beschuldigte trotz Wegweisung
weiterhin im Garten des Zentrums geblieben sei, schliesslich auch die Polizei gerufen habe. Diese habe jedoch den Beschuldigten nicht mehr gefunden. Tags darauf seien ihr, V._ , bei einem Gespräch mit der Privatklägerin und deren Kindern auch kleinere Verletzungen gezeigt worden, wobei aber niemand habe zum Arzt gehen wollen. Nach Rücksprache mit der Gemeinde habe K. gegen den Beschuldigten ein Hausverbot ausgesprochen (Beilage 1 zu D1/13/7).
Der Beschuldigte räumte auf Vorhalt des Hausverbots ein, dass er zur fraglichen Zeit beim Durchgangszentrum T. -strasse gewesen sei und dort auch Steine gegen das Fenster geworfen habe. Er habe von seinem Sohn den Schlüssel gebraucht. Im Übrigen habe aber die Privatklägerin die ganze Situation inszeniert, um ein Asylgesuch (recte wohl: Asyl) zu bekommen (D1/2/3 S. 8).
Zwar unterblieb auch in diesem Fall eine ärztliche Dokumentation der Verletzung. Die diesbezüglichen Aussagen des Privatklägers werden aber von denjenigen seiner Mutter im Wesentlichen gestützt, indem diese zu Protokoll gab, der Sohn habe sich in die tätliche Auseinandersetzung eingemischt, und der Beschuldigte habe daraufhin den Sohn mit einem Brotmesser verletzt. Dass der Beschuldigte in jener Nacht am Tatort war, ist sogar seinerseits unbestritten. Tags darauf wurde ihm gegen Unterschrift ein Hausverbot ausgehändigt (Beilage 1 zu D1/13/7), wobei zur Begründung u.a. festgehalten wurde, dass der Beschuldigte nachts im Zimmer der Privatklägerin und der Kinder gewesen sei, worauf die Nachtwache wegen eines handgreiflichen Streits habe eingreifen müssen. Weil er sich nicht vom Grundstück entfernt habe, habe die Nachtwache die Polizei rufen müssen. Damit ist offensichtlich, dass der Streit nicht von der Privatklägerin inszeniert, sondern vom Beschuldigten ausgelöst worden war, der zur Unzeit am Wohnort der Privatklägerin und der Kinder erschien. Im erwähnten Schreiben der Heimleiterin schliesslich steht zwar nicht, dass der Privatkläger verletzt war, und findet sich auch keine Bestätigung, dass sie seine Wunde behandelte, ist aber immerhin von kleineren Verletzungen die Rede, die sie beim Gespräch mit der Privatklägerschaft am folgenden Tag gesehen habe. Bei einer gesamthaften Betrachtung der Beweislage steht ausser Zweifel, dass der eingeklagte Sachverhalt den Tatsachen entspricht.
Der objektive Tatbestand der einfachen Körperverletzung (Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB) ist bei einer ca. 1 cm grossen Stichverletzung ohne weiteres erfüllt. In subjektiver Hinsicht bleibt festzuhalten, dass sich zwar ein direkter Verletzungsvorsatz nicht sicher nachweisen lässt. Wer ein Brotmesser gegen eine Person wirft, nimmt aber zweifellos zumindest im Sinne des Eventualvorsatzes in Kauf, dieser Person eine Stichoder Schnittverletzung zuzufügen.
Der Verletzung der Fürsorgeoder Erziehungspflicht im Sinne von
Art. 219 StGB macht sich schuldig, wer mit seinem Verhalten (welches in einem Tun Unterlassen bestehen kann) eine Gefährdung der körperlichen seelischen Entwicklung einer unter seiner Obhut stehenden unmündigen Person bewirkt. Als Tathandlungen kommen auch körperliche Misshandlungen in Frage. Zwischen Art. 219 StGB und den Tatbeständen der Körperverletzung der Tätlichkeiten besteht dann echte Konkurrenz. Die Übergriffe müssen aber so zahlreich und anhaltend sein, dass über die kurzfristige körperliche Beeinträchtigung hinaus auch die längerfristige gesunde Entwicklung der minderjährigen Person (in körperlicher und/oder psychischer Hinsicht) gefährdet wird (Trechsel/Pieth, StGBPraxiskommentar, 2. A., Zürich/St. Gallen 2013, N 3 und 7 zu Art. 219; Basler Kommentar, 3.A., N 13 f. zu Art. 219 StGB). Im vorliegenden Fall bestehen zwar zahlreiche Hinweise auf einen übermässig autoritären und öfters auch gewalttätigen Erziehungsstil des Beschuldigten gegenüber seinen drei Kindern. Konkret nachweisbar sind aber nur wenige, über einen längeren Zeitraum verteilte Tathandlungen gegenüber dem Sohn C. . Unter diesen Umständen muss es bei der Feststellung sein Bewenden haben, dass der Beschuldigte mehrfach Körperverletzungen im Sinne von Art. 123 StGB begangen hat, und kommt Art. 219 StGB nicht zur Anwendung.
IV.
Die Vorinstanz gelangte gestützt auf ein psychiatrisches Gutachten von Dr.med. W. (D1/8/8) zum Schluss, dass der Beschuldigte die eingeklagten Straftaten soweit ihm diese überhaupt rechtsgenügend nachgewiesen werden könnten im Zustand der nicht selbstverschuldeten Schuldunfähigkeit begangen habe (Urk. 117 S. 88-90). Die Gutachterin diagnostizierte beim Beschuldigten für den Zeitraum der Tatbegehungen eine Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis, wobei eine anhaltende wahnhafte Störung (ICD-10 F 22.0) eine chronisch paranoide Schizophrenie (ICD-10 F 20.0) mit überwiegend wahnhafter Symptomatik in Frage kämen. Daneben bestehe der Verdacht auf eine Abhängigkeitserkrankung bezüglich verschiedener psychotroper Substanzen (Opiate, Kokain, Cannabis). Der Beschuldigte habe zwar gewusst, dass es verboten sei, anderen Menschen Gewalt anzutun. Er sei aber nicht in der Lage gewesen, gemäss dieser Einsicht zu handeln, weil er sich aufgrund seiner Wahnsymptomatik massiv bedroht gefühlt habe (D1/8/8 S. 54-62 und S. 65).
Der amtliche Verteidiger erhob schon vor Vorinstanz v.a. formelle Einwendungen gegen die Verwertbarkeit des psychiatrischen Gutachtens (Urk. 68
S. 2/3). Er wiederholte diese im Rahmen der Berufungserklärung und bezeichnete
das Gutachten auch inhaltlich als völlig abwegig. Der Beschuldigte sei zur Zeit der Begutachtung lediglich in nachvollziehbarer Weise erregt und empört gewesen, weil er zu Unrecht verhaftet worden sei bzw. weil ihn seine Ehefrau einfach im Gefängnis entsorgt habe. Gemäss den vorliegenden Führungsberichten vom
12. Oktober 2015 und 10. März 2016 (Urk. 118/2) habe er sich nach grossen Anfangsschwierigkeiten gut im Gefängnisalltag integriert und benötige dabei keinerlei Medikamente. Dies beweise, dass er an keiner Geisteskrankheit leide
(Urk. 118/1 S. 3). Der Verteidiger beantragte demgemäss die Einholung eines neuen psychiatrischen Gutachtens über den Beschuldigten (a.a.O., S. 2). Anlässlich der Berufungsverhandlung machte der amtliche Verteidiger erneut die Unverwertbarkeit des Gutachtens geltend. Er machte geltend, dass der Staatsanwalt den Substituten des damaligen amtlichen Verteidigers um Erlaubnis gefragt habe, ob man die Gutachterin beauftragen solle, anstatt den amtlichen Verteidiger
selbst. Ausserdem sei es nicht zulässig gewesen, von einer Ärztin das Gutachten erstellen zu lassen, die bereits durch frühere Untersuchungen des Beschuldigten vorbefasst gewesen sei (Urk. 185 S. 14 f. und S. 46).
Entgegen der Behauptung des amtlichen Verteidigers teilte der Staatsanwalt nicht dem Substituten, sondern dem damaligen amtlichen Verteidiger telefonisch mit, dass er Dr.med. W. mit einem Gutachten über den Beschuldigten beauftrage und der amtliche Verteidiger erklärte, dass er keine Einwände gegen die Gutachterin habe (D1/8/1). Auch den schriftlichen Auftrag zur psychiatrischen Begutachtung wurde dem Verteidiger Rechtsanwalt E._ zugestellt, mit dem Hinweis, dass die Parteien berechtigt seien, sich gegenüber der Verfahrensleitung innert 10 Tagen zur sachverständigen Person zu äussern und dazu eigene Anträge zu stellen (D1/8/2). Was die geltend gemachte Vorbefasstheit der Gutachterin betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass nicht sie den Beschuldigten untersuchte und festhielt, dass dieser hochpsychotisch sei und dringend einer medikamentösen Behandlung unterzogen werden müsse, sondern dies durch Frau Dr. med. AC. vom PPD erfolgte. Frau Dr.med. W. , die spätere Gutachterin, teilte dem Staatsanwalt und dem PPD lediglich mit, dass der Beschuldigte in der Klinik Rheinau aufgenommen werden könne (D1/15/14, Prot. II S. 17 f. und S. 27 f.). In der Klinik Rheinau war sodann Dr.med. AD. der behandelnde Arzt des Beschuldigten (D1/15/16-17). So teilte auch die Gutachterin selbst dem Staatsanwalt mit, dass sie lediglich bei der Aufnahme des Beschuldigten in die Behandlung in der Klinik Rheinau involviert gewesen sei, als er sie anfragte, ob sie das Gutachten erstellen könne (D1/8/1). Dies wurde auch dem damaligen amtlichen Verteidiger mitgeteilt, bevor er die Zustimmung zur Wahl der Gutachterin gab (D1/8/1). Die Gutachterin traf lediglich einen administrativen, nicht aber einen medizinischen Entscheid. Von einer Vorbefasstheit kann somit keine Rede sein, weshalb das Gutachten durchaus verwertbar ist. Die Gutachterin kam mit schlüssigen und überzeugenden Ausführungen zum Schluss, dass beim Beschuldigten für den Zeitraum der Tatbegehungen eine psychische Erkrankung vorlag und er die eingeklagten Straftaten im Zustand der nicht selbstverschuldeten Schuldunfähigkeit begangen habe. Es besteht kein Anlass, an der Schlussfolgerung des Gutachtens zu zweifeln und davon abzuweichen. Auch dass sich der
Beschuldigte im Gefängnis bewährt hatte, entkräftet das Gutachten nicht, lag dort doch eine ganz andere Situation vor, als zum Zeitpunkt, in welchem sich der Beschuldigte in Freiheit befand. Vielmehr ist vorliegend auf das Gutachten von Dr.med. W. abzustützen und kein neues Gutachten einzuholen. Hinzu kommt, dass selbst unter der Annahme einer vollständig teilweise erhaltenen Schuldfähigkeit des Beschuldigten kein für diesen günstigeres Prozessergebnis resultieren könnte (vgl. hierzu Erw. VI/d-e nachstehend) und anderseits eine Ver- änderung des Urteils zum Nachteil des allein appellierenden Beschuldigten (durch Ausfällung einer Strafe) unzulässig wäre (Art. 391 Abs. 2 StPO). Es muss somit heute im Hinblick auf den Sanktionspunkt bei der vorinstanzlichen Feststellung, dass der Beschuldigte seine Straftaten im Zustande der nicht selbstverschuldeten Schuldunfähigkeit begangen hat, sein Bewenden haben. Die Ausfällung einer Strafe ist demzufolge ausgeschlossen. Damit ist die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft gegenstandslos geworden.
V.
Zulässig bleibt die Anordnung einer Massnahme (Art. 19 Abs. 3 StGB). Eine solche ist anzuordnen, wenn sie notwendig ist, um der Gefahr zu begegnen, dass der Täter weitere Delikte verübt. Entweder muss beim Täter ein Behandlungsbedürfnis bestehen die Massnahme muss zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit erforderlich sein. Zudem müssen die besonderen gesetzlichen Voraussetzungen der konkret in Frage kommenden Massnahme erfüllt sein (Art. 56
Abs. 1 StGB).
Die psychiatrische Gutachterin führte hierzu aus, dass beim Beschuldigten aufgrund der diagnostizierten schizophrenen Erkrankung und der damit verbundenen Wahnsymptomatik mit hoher Wahrscheinlichkeit erneute Gewalttaten gegenüber seiner Ehefrau und seinem Sohn zu erwarten seien. Ob beim Beschuldigten darüber hinaus gewaltfördernde Einstellungen und Werthaltungen bestünden, die das Rückfallrisiko ursächlich beeinflussten, sei derzeit aufgrund der Prädominanz der wahnhaften Symptomatik nicht zu klären. Die Gutachterin hielt sodann fest, dass Krankheiten aus dem schizophrenen Formenkreis wirksam behandelbar seien und das Risiko weiterer Straftaten mit einer erfolgreichen Behandlung vermindert werden könnte. Der Beschuldigte habe keine Krankheitseinsicht und lehne eine psychiatrische Behandlung ab. Diese könne zwar auch gegen seinen Willen erfolgversprechend durchgeführt werden, doch wäre diesfalls die Erarbeitung einer Behandlungsbereitschaft eine wichtige langfristige therapeutische Aufgabe. Die beim Beschuldigten erforderliche Behandlung könne nur in einer spezialisierten forensisch-psychiatrischen Einrichtung erfolgen. In Anbetracht der geringen Bereitschaft des Beschuldigten, Weisungen und Bewährungsauflagen einzuhalten, und seiner krankheitsbezogenen Malcompliance sei aus gutachterlicher Sicht eine stationäre Massnahme nach Art. 59 StGB am besten geeignet, um dem Risiko weiterer Gewaltdelikte zu begegnen (D1/8/8 S. 66-68).
Aufgrund dieser gutachterlichen Feststellungen wäre grundsätzlich eine stationäre Massnahme anzuordnen. Ergänzende Voraussetzung hiefür ist indessen, dass der mit der Massnahme verbundene Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Täters im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit und Schwere weiterer Straftaten nicht unverhältnismässig ist (Art. 56 Abs. 2 StGB). Der Beschuldigte hat mehrere einfache Körperverletzungen begangen und zweimal auch (mittels Morddrohungen) den Tatbestand der Nötigung erfüllt. Die Gutachterin ortete beim Beschuldigten ein hohes Risiko weiterer Gewaltdelikte vor allem gegenüber der Ehefrau und dem Sohn (D1/8/8 S. 66). E contrario ist zu schliessen, dass ausserhalb des familiären Rahmens keine hochgradige Gefahr der Begehung solcher Taten besteht. Dafür spricht auch, dass der mittlerweile 45-jährige Beschuldigte zwar mehrfach vorbestraft ist, aber noch nie wegen Gewalttaten verurteilt werden musste (D1/16/1). Dass der Beschuldigte als Jugendlicher in seiner Heimat jemanden getötet habe, wie die Staatsanwaltschaft geltend macht (Prot. II S. 23), darf nicht berücksichtigt werden, sind dem Gericht doch die genauen Umstände, wieso es dazu kam, nicht bekannt. Die Eheleute AB. sind inzwischen rechtskräftig geschieden (Urk. 173). Der Beschuldigte wurde am 11. Juli 2016 nach I. ausgeschafft (Urk. 175). Aufgrund der solchermassen veränderten Lebensumstände der Beteiligten erscheint die Gefahr, dass der Beschuldigte erneut gewalttätig wird, heute im Vergleich zum Zeitpunkt der psychiatrischen Begutachtung als stark vermindert. Nachdem der Beschuldigte zudem im vorliegen-
den Verfahren schon mehr als 2¼ Jahre inhaftiert war, erscheint die Anordnung einer stationären psychiatrischen Behandlung, die voraussichtlich mit einem nochmaligen länger dauernden Freiheitsentzug verbunden wäre, entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft (Prot. II S. 23 f.) als unverhältnismässig. Eine ambulante Behandlung im Sinne von Art. 63 StGB ist aufgrund der fehlenden Therapiebereitschaft des Beschuldigten, v.a. aber auch wegen dessen Rückschaffung nach I. offensichtlich nicht durchführbar. Von der Anordnung einer Massnahme ist deshalb heute abzusehen.
VI.
a) Der Beschuldigte liess mit seiner Berufungserklärung den Antrag stellen, dass sämtliche Kosten des Verfahrens auf die Staatskasse zu nehmen seien und ihm für die erlittene Haft eine Genugtuung von Fr. 200.pro Tag zuzusprechen sei (Urk. 118/1 S. 2). Anlässlich der Berufungsverhandlung beantragte er eine Genugtuung von Fr. 150.pro Tag bzw. insgesamt Fr. 127'650.- nebst 5 % Zins ab dem mittleren Verfalltag für 851 Tage Haft (Urk. 185 S. 2 und S. 47).
b) Die Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens (einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung und der Vertretung der Privatklägerschaft in diesen Verfahrensstadien) wurden schon mit dem erstinstanzlichen Urteil vollumfänglich auf die Staatskasse genommen (Urk. 117 S. 111). Insoweit ist der vorstehend genannte Antrag des Appellanten gegenstandslos.
a) Der Beschuldigte befand sich im Zusammenhang mit den vorliegend eingeklagten Straftaten vom 3. März 2014, 08.50 Uhr, bis zum 27. Juni 2016,
12.40 Uhr, zunächst in Untersuchungsund später in Sicherheitshaft (D1/15/3-44,
Urk. 20, Urk. 78, Urk. 103, Urk. 133, Urk. 162/1-2). Die Haft dauerte somit insgesamt 847 Tage.
Gegen den zur Tatzeit schuldunfähig gewesenen Beschuldigten kann keine Strafe ausgesprochen werden. Eine stationäre Massnahme erscheint nicht (mehr) als verhältnismässig und könnte mittlerweile wegen der Rückführung des Beschuldigten nach I. auch kaum mehr vollzogen werden. Eine ambulante
Behandlung ist faktisch nicht durchführbar. Das vorliegende Strafverfahren endet deshalb letztlich ohne Ausfällung einer Sanktion gegen den Beschuldigten. Dies bedeutet aber nicht, dass der gesamte von ihm erlittene Freiheitsentzug als Überhaft zu qualifizieren ist, wegen der er gemäss Art. 431 Abs. 2 und 3 StPO Anspruch auf eine Genugtuungszahlung hat. Der Beschuldigte entgeht der Anordnung einer ebenfalls freiheitsentziehenden und in der Regel über eine längere Zeit andauernden stationären Massnahme nur, weil er bereits sehr lange in Untersuchungsund Sicherheitshaft war. Dies war v.a. die Folge der Vergewaltigungsvorwürfe, die erst mit dem Rückzug der Berufung seitens der Privatklägerschaft definitiv wegfielen. Wäre die Untersuchung einzig wegen der nun nachgewiesenen Straftaten des Beschuldigten und entsprechend zügig geführt worden, so hätte sich aufgrund des psychiatrischen Gutachtens die Anordnung einer stationären Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1 StGB aufgedrängt. Bis dahin wäre der nicht geständige Beschuldigte wegen Kollusions-, Fluchtund (in Anbetracht des Gutachtens) wohl auch Wiederholungsgefahr in Haft behalten worden. Auch wenn unter diesen Umständen zugunsten des Beschuldigten anzunehmen ist, dass er nach einigen Monaten stationärer Therapie aufgrund einer erfolgreichen medikamentösen Behandlung und entsprechend verbesserten Compliance in ein ambulantes Setting entlassen worden wäre, hätte insgesamt jedenfalls ein rechtmässiger Freiheitsentzug von mindestens einjähriger Dauer resultiert.
aa) Der Beschuldigte liess zwar den Antrag auf Einholung eines neuen Gutachtens zurückziehen, dies aber erklärtermassen nur wegen seiner bevorstehenden migrationsamtlichen Rückführung nach I. (Urk. 164 S. 1). Ausserdem stellte er den Antrag anlässlich der Berufungsverhandlung erneut (Urk. 185
S. 17). Im Übrigen bestritt er nach wie vor nicht nur sämtliche Delikte, sondern stellte auch konsequent in Abrede, an einer Geisteskrankheit anderweitigen Störung der psychischen Gesundheit zu leiden (vgl. Urk. 118/1 S. 3). Nachdem eine erneute Begutachtung nicht nötig und auch nicht mehr möglich ist, erscheint es als angezeigt, zu seinen Gunsten im Sinne einer Hypothese zu prüfen, ob der Beschuldigte bei ganz teilweise erhaltener Schuldfähigkeit weniger lang in Haft hätte verbleiben müssen.
bb) Im Rahmen dieser hypothetischen Strafzumessung erscheint es als angezeigt, die sachlich eng zusammenhängenden Tatbestände häuslicher Gewalt als Gesamtheit zu beurteilen. Der Strafrahmen reicht dabei von einer minimalen Geldstrafe bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe (Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 Abs. 1 StGB, Art. 181 StGB). Der Beschuldigte hat unter fünf Malen Körperverletzungen zum Nachteil seines damals knapp 15-jährigen Sohnes und in einem Fall auch zum Nachteil seiner Ehefrau begangen. Mit Ausnahme eines Schlages gegen das linke Ohr des Sohnes, der eine länger anhaltende Störung des Hörvermögens zur Folge hatte, blieben zwar die Tatfolgen relativ gering. Insbesondere die Faustschläge gegen den Kopf der Geschädigten hätten aber leicht zu weitaus gravierenden Verletzungen führen können. Die Taten des Beschuldigten wiegen deshalb in objektiver Hinsicht insgesamt keinesfalls mehr leicht. Subjektiv sind sie nicht milder zu bewerten, erscheinen sie doch als Ausdruck einer eigentlichen Herrschsucht des Beschuldigten gegenüber seiner Familie. Gleiches gilt für die in zwei Fällen ausgesprochenen Morddrohungen.
cc) Zum Vorleben des Beschuldigten liegen nur bruchstückhafte Informationen von teilweise zweifelhafter Zuverlässigkeit vor. Fest steht, dass er 1971 in AE. (I. ) geboren wurde und I. Staatsbürger ist. Er gab weiter an, dass er bis zum Alter von 14 Jahren zusammen mit elf Geschwistern bei den Eltern aufgewachsen sei und noch unter dem Regime des Kommunismus acht Jahre die Grundschule besucht habe. Der Vater sei Polizeidirektor gewesen, die Mutter Verkäuferin. Als Jugendlicher habe er jemanden getötet. Seither sei er der Blutrache von dessen Angehörigen ausgesetzt. (Wohl in diesem Zusammenhang war er ca. drei Jahre im Gefängnis.) Deshalb habe er später auch seine Heimat verlassen. Während der Haft habe er eine kurze Ausbildung als Schweisser erhalten. Ansonsten verfüge er über keine Berufsausbildung. Später habe er u.a. in einer Mine gearbeitet und sei auch zum Militär eingezogen worden. Der Beschuldigte gab weiter an, politisch sehr aktiv gewesen zu sein und an einem amerikanischen College bzw. im Ordnungsministerium ein Studium und ein längeres Praktikum absolviert zu haben. Seine Ehefrau gab allerdings zu Protokoll, dass der Beschuldigte nur die Grundschule absolviert habe und alles weitere erfunden sei. Zudem sei er dreimal in AF. im Gefängnis gewesen. Auch die psychiatrische Gutachterin ordnete insbesondere die offenbar weitschweifigen Ausführungen des Beschuldigten über politische Aktivitäten in I. eher dem Bereich wahnhafter Vorstellungen zu. Der Beschuldigte gab weiter an, in I. verschiedene Firmen gegründet und damit recht gut verdient zu haben. Er war seit 1992 mit der jetzigen Privatklägerin verheiratet und wurde erst kürzlich von ihr geschieden. Aus dieser Ehe hat er drei Kinder. 2009 kam der Beschuldigte als Asylbewerber in die Schweiz. Nach der Abweisung des Asylgesuchs wurde er im folgenden Jahr weggewiesen, kehrte aber 2011 zurück und ersuchte erneut um Asyl. Die Ehefrau und die Kinder folgten ihm nach. In der Schweiz lebte die Familie von Sozialhilfe. Das zweite Asylverfahren des Beschuldigten endete mit einem rechtskräftigen Wegweisungsentscheid. Seine Rückführung nach I. wurde am 11. Juli 2016 vollzogen. Bezüglich der Asylgesuche der geschiedenen Ehefrau und der Kinder sind beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerdeverfahren pendent. Der Beschuldigte gibt an, kein Vermögen zu haben. Gegenteilige Behauptungen seiner Ex-Frau seien Lügen. Er habe vielmehr ca. € 140'000.- Schulden (zum Ganzen: Prot. I S. 22-29, D1/2/3 S. 14, D1/3/4 S. 5, D1/8/8 S. 20 ff. und S. 32/33, Urk. 173). Aus dem Vorleben des Beschuldigten ergeben sich mit Blick auf die Beurteilung der hierorts begangenen Delikte keine besonderen beoder entlastenden Momente.
dd) Mässig straferhöhend wären die insgesamt sechs nicht einschlägigen Vorstrafen des Beschuldigten (D1/16/1 = Urk. 182) zu gewichten. Ein Geständnis andere Umstände, die sich strafmindernd auswirken würden, liegen nicht vor. Bei einer Gesamtbetrachtung wäre gegen den Beschuldigten bei voll erhaltener Schuldfähigkeit eine Freiheitsstrafe in der Grössenordnung von 12 Monaten auszufällen gewesen. Im Falle einer verminderten Schuldfähigkeit wäre zwar die Strafe milder ausgefallen, dafür aber wiederum die Anordnung einer länger dauernden stationären Massnahme im Raum gestanden.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Beschuldigte bei einer schnelleren Beurteilung seines Falles entweder mit einer stationären Massnahme und damit verbunden mit einem Freiheitsentzug von sicher ca. 12 Monaten Dauer aber mit einer Freiheitsstrafe in derselben Grössenordnung hätte rechnen
müssen. Überhaft liegt somit nur vor, soweit der Beschuldigte länger als ein Jahr inhaftiert war, mithin im Umfang von 482 Tagen. Dafür ist ihm eine angemessene Genugtuung zuzusprechen.
Bei der Zumessung der Genugtuung sind namentlich die Dauer der Haft, die Schwere der vorgeworfenen Delikte, die Auswirkungen auf die persönliche Situation des Verhafteten und die Publizität des Falles zu berücksichtigen (Basler Kommentar, 2.A., N 11 zu Art. 431 StPO). Das Bundesgericht erachtet bei kürzeren Freiheitsentzügen Fr. 200.pro Tag als angemessene Genugtuung, sofern nicht aussergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine höhere geringere Entschädigung zu rechtfertigen vermögen. Bei längerer Untersuchungshaft (von mehreren Monaten Dauer) ist der Tagessatz in der Regel zu senken, da die erste Haftzeit besonders erschwerend ins Gewicht fällt (6B_574/2010, Erw. 2.3. mit Hinweis auf BGE 113 Ib 156 Erw. 3b). Bei einer Haftdauer von 72 Tagen entschied das Bundesgericht, dass eine Genugtuung von Fr. 8'000.- das Bundesrecht nicht verletze (6B_182/2015 Erw. 1.3.7). Der Beschuldigte erlitt (ca.)
482 Tage Überhaft und sah sich während dieser Zeit u.a. mit dem schweren Vorwurf der mehrfachen Vergewaltigung konfrontiert. Eine über den Freiheitsentzug hinausgehende Rufschädigung Beeinträchtigung des persönlichen und wirtschaftlichen Fortkommens ist bei ihm aber nicht auszumachen. Insbesondere verlor er keine Arbeitsstelle und wusste ausserhalb seines engsten Umfeldes kaum jemand von seiner Inhaftierung. Zu berücksichtigen ist schliesslich auch, dass er inzwischen nach I. zurückkehren musste, wo das Geld aus der Genugtuungszahlung eine ungleich grössere Kaufkraft haben wird als dies in der Schweiz der Fall wäre. Insgesamt erweist sich eine Genugtuungszahlung des Staates im Betrag von Fr. 40'000.als angemessener Ausgleich für die mit der vom Beschuldigten erlittenen Überhaft verbundene Unbill.
Im Berufungsverfahren unterliegt der Beschuldigte bezüglich der angefochtenen Sachverhaltsfeststellungen grösstenteils. Er erreicht aber, dass von der erstinstanzlich noch angeordneten stationären Therapie abgesehen wird, und obsiegt damit im materiell wesentlichsten Punkt. Mit Blick auf seine persönliche Situation ist es gerechtfertigt, von der ausgangsgemässen Auflage eines kleineren
Anteils der Kosten Umgang zu nehmen. Dasselbe gilt für die Privatklägerschaft, die ihre Berufung noch während der Frist zur Einreichung einer Berufungserklärung zurückgezogen hat (Urk. 119, vgl. Urk. 113). Der amtliche Verteidiger unterliegt mit seinen Anträgen bezüglich seiner Entschädigung im Umfang von rund 50 % (vgl. Ziff. VII nachfolgend). Da ihm in einem separaten Beschwerdeverfahren die Kosten zur Hälfte auferlegt worden wären, rechtfertigt es sich, ihm auch im
Berufungsverfahren Kosten aufzuerlegen. Im Umfang von Fr. 500.sind die Gerichtskoste deshalb dem Verteidiger aufzuerlegen und im Übrigen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind auf
Fr. 18'000.- (inkl. 8 % MwSt) festzusetzen (vgl. Urk. 183), wobei der Verteidigung bereits Fr. 7'148.25 als Akontozahlung ausbezahlt wurden (Urk. 166), und auf die Gerichtskasse zu nehmen. Ebenfalls auf die Gerichtskasse zu nehmen sind die Kosten für die unentgeltliche Vertretung der Privatklägerschaft, welche auf
Fr. 3'200.- (inkl. MwSt) festzusetzen sind (vgl. Urk. 187).
VII.
Rechtsanwalt Dr. X. machte für seine Tätigkeit als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten während eines Teils der Untersuchung und im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren ein Honorar von Fr. 43'803.10 (inkl. Barauslagen und MwSt) geltend. Die Vorinstanz beanstandete seine Abrechnung in verschiedenen Punkten und kürzte das Honorar (inkl. Barauslagen und MwSt) auf
Fr. 31'378.75 (Urk. 117 S. 100-104). Der amtliche Verteidiger führt gegen diesen
Entscheid Beschwerde mit dem Antrag, das Honorar um Fr. 9'439.20 auf insgesamt Fr. 40'817.95 zu erhöhen (Urk. 121).
Der Beschwerdeführer moniert vorab, dass ihm die Vorinstanz keine Gelegenheit eingeräumt habe, zur beabsichtigten Kürzung des Verteidigerhonorars Stellung zu nehmen. Er beantragt deshalb, das diesbezügliche Verfahren an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit ihm diese das rechtliche Gehör gewähre und sodann neu entscheide. Hierzu besteht kein Anlass. Das Vorgehen des Bezirksgerichts Hinwil entspricht der üblichen Praxis. Der Beschwerdeführer konnte sich im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens eingehend zu den Honorarkürzungen
äussern. Auf dieser Grundlage kann das Berufungsgericht die Honorarstreitigkeit ohne den Umweg über eine Rückweisung direkt beurteilen.
Bezüglich der ersten Honorarnote, welche die Zeit vom 29. September 2014 bis zum 22. Dezember 2014 betrifft, räumte der Beschwerdeführer ein, dass er für Übersetzungen versehentlich 225 Anwaltsminuten statt Fr. 225.- Barauslagen verrechnet habe. Dies führt zwar zu einer Honorarkürzung von Fr. 810.- (inkl. MwSt), zugleich aber bei den Barauslagen zu einer von der Vorinstanz nicht berücksichtigten Erhöhung um Fr. 243.- (inkl. MwSt). Der Beschwerdeführer akzeptiert ferner, dass ihm 10 Minuten für die Eröffnung des Dossiers nicht bezahlt werden. Streitig sind somit nur die weiteren Kürzungen des Zeitaufwandes um insgesamt 1 Stunde und 20 Minuten (Urk. 117 S. 100 f.; Urk. 121 S. 4-6). Diese betreffen den Erhalt der Ernennung zum amtlichen Verteidiger und die diesbezügliche Information des Klienten (10 Min.), die Besprechung mit dem früheren amtlichen Verteidiger zur Übernahme des Dossiers (45 Min.), die Kenntnisnahme von einem Brief der Staatsanwaltschaft und die Weiterleitung einer Kopie an den Klienten (10 Min.) und schliesslich noch die Kenntnisnahme von der Verfügung vom
28. November 2014 (D1/15/37) betr. die Verlängerung der Untersuchungshaft und
die entsprechende Information des Klienten (15 Min.). Der Zeitaufwand für die Mandatsübernahme vom Voranwalt erscheint, nachdem das Verfahren damals schon einige Zeit gedauert und einen gewissen Umfang angenommen hatte, ohne weiteres als gerechtfertigt. Bezüglich der weiteren Positionen, welche insgesamt 35 Minuten ausmachen, ist festzuhalten, dass es sich nicht um reine Sekretariatsarbeiten handelte, sondern jeweils auch der Anwalt kurz involviert werden musste. Es mag sein, dass hier vielleicht insgesamt ein paar Minuten zu viel verrechnet wurden, doch lässt sich dies nicht anhand konkreter Tatsachen belegen und erscheint eine diesbezügliche (minimale) Kürzung vor dem Hintergrund des ganzen Falles nicht als angezeigt. Die Vorinstanz beanstandete ferner, dass der Beschwerdeführer seinem Klienten das psychiatrische Gutachten übersetzen liess, und nahm deshalb bei den Barauslagen eine weitere Kürzung um Fr. 375.vor. Dieses Gutachten war indessen für den Ausgang des Verfahrens von zentraler Bedeutung. Glaubhaft ist aufgrund des verrechneten Betrages zudem, dass dem Beschuldigten nur die wesentlichsten Teile des Gutachtens übersetzt wurden. Dies war zur Wahrung der persönlichen Verteidigungsrechte des Beschuldigten am Platze und ist nicht zu beanstanden. Bezüglich der ersten Honorarnote erweist sich die Beschwerde somit als begründet. Das erstinstanzlich festgesetzte Honorar und die Barauslagen sind um Fr. 288.bzw. Fr. 648.- (inkl. MwSt) zu erhöhen, was insgesamt zur Zusprechung zusätzlicher Fr. 936.- (inkl. MwSt) führt.
Die zweite Honorarnote des amtlichen Verteidigers betrifft die Zeit vom
5. bis zum 9. Januar 2015. Hier nahm die Vorinstanz zwei Kürzungen vor (Urk. 117 S. 101), welche der Beschwerdeführer akzeptiert hat (Urk. 121 S. 7).
Bei der dritten Honorarnote, welche die Zeitspanne vom 13. Januar 2015 bis zum 2. September 2015 betrifft, nahm die Vorinstanz zahlreiche und gewichtige Kürzungen vor.
aa) Diese betreffen zunächst einige kleinere Rechnungspositionen, die nach Ansicht der Vorinstanz Bemühungen betreffen, die im Stundenansatz inbegriffen sind, zu wenig spezifiziert sind sich auf andere Verfahren beziehen (Urk. 117
S. 102). Die Kenntnisnahme von einer Stellungnahme der AOZ, K. (D1/4/4) war keine Sekretariatsarbeit, sondern oblag dem Verteidiger. Die hiefür verrechneten 10 Minuten sind nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 27. Februar 2015 (D1/15/41), die gelesen und im Hinblick auf eine allfällige Beschwerde geprüft werden musste. Die Kenntnisnahme von einer Vorladung und diesbezügliche Information des Klienten hingegen konnte durch das Sekretariat erfolgen und machte keinen anwaltlichen Arbeitsaufwand erforderlich. Gleiches gilt für den Versand eines Haftentlassungsgesuchs. Die Position Div. U. v. StA ist nicht selbsterklärend, doch ergibt sich aus den Akten, dass der Verteidigung zum fraglichen Zeitpunkt die Anklage sowie eine Verfügung betreffend die teilweise Einstellung des Verfahrens (D1/17/3 und D1/17/6) zugestellt wurden. Der für das Studium dieser Unterlagen verrechnete Aufwand von 45 Minuten erscheint als vertretbar. Nach Erhebung der Anklage erging eine Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts betreffend die Anordnung der Sicherheitshaft (Urk. 20). Auch diese musste vom Anwalt zur Kenntnis genommen und kurz geprüft werden, und die dafür verrechneten 10 Minuten Aufwand sind nicht zu beanstanden. In Anbetracht der bei den Akten liegenden Korrespondenz, welche sich auf die Terminvereinbarung für die Hauptverhandlung bezieht (Urk. 23 und 24) ist sodann glaubhaft, dass sich der Verteidiger beim Bezirksgericht Meilen um die Verschiebung eines Termins in anderer Sache bemühen musste. Der hiefür verrechnete Aufwand wurde richtigerweise im vorliegenden Verfahren verrechnet, welches ihn ja auch verursachte. Nicht nachvollziehbar ist hingegen, was mit Ektern erh. / DS /RS gemeint ist. Diesbezüglich liefert auch die Beschwerdeschrift keine Erklärung. Als reine Sekretariatsarbeit ist die Rücksendung eines Empfangsscheins für die Vorladung und deren Weiterleitung an den Klienten zu bezeichnen. Von der Vorinstanz verständlicherweise beanstandet wurde des weiteren die Position Tel. v/an Gefängnisrichter. Im Beschwerdeverfahren konnte der Verteidiger indessen darlegen, dass hier ein Versehen seitens seiner Kanzlei vorliegt und es darum ging, mit dem Gefängnis einen Besuchstermin zu vereinbaren. Die dafür verrechneten 15 Minuten sind noch vertretbar. Nicht zu verrechnen ist hingegen die Rechnungsstellung für das Verteidigerhonorar. Zusammenfassend ergibt sich, dass von den vorstehend erörterten Kürzungen ein Anteil von 155 Minuten zu Unrecht erfolgte, was Fr. 613.80 (inkl. MwSt) entspricht.
bb) Für das Studium der Akten und das Verfassen des Plädoyers verrechnete der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 6. Juli 2015 bis zum 27. August 2015 einen Aufwand von insgesamt 39 Stunden und 50 Minuten. Die Vorinstanz billigte ihm dafür lediglich 20 Stunden zu (Urk. 113 S. 102/103). Zwar trifft zu, dass die Akten des vorliegenden Verfahrens insgesamt relativ umfangreich sind (4 Bundesordner, 1 Hauptthek und 1 Thek mit Beizugsakten). Bei einem grossen Teil davon handelt es sich indessen um Nebenakten (Vorladungen, Empfangsscheine, Haftakten, Verteidigerakten, Akten betr. Geschädigtenvertretung u.dgl.), die für die materielle Beurteilung des Falles nicht höchstens ganz am Rande relevant sind. Im Zentrum des Verfahrens stehen die Einvernahmen des Beschuldigten, der Privatkläger und eines Zeugen, das psychiatrische Gutachten und eine Ergänzung hierzu, einige ärztliche Unterlagen und andere Berichte sowie ein Handschriftengutachten. Dieses wesentliche Aktenmaterial hätte wohl in einem Bundesordner Platz. Zwar ist einzuräumen, dass die Beweiswürdigung relativ anspruchsvoll ist, doch war der Prozessstoff dem Verteidiger schon aus der Untersuchung bekannt und musste er sich im Hinblick auf die vorinstanzliche Hauptverhandlung nicht völlig neu einarbeiten. Unter diesen Umständen erscheint ein Aufwand von fast 40 Stunden zu deren Vorbereitung als übermässig. Dasselbe gilt im Übrigen auch für den geltend gemachten Gesamtaufwand von über 160 Stunden, der im Rahmen vergleichbarer Fälle als exorbitant erscheint. Für das Aktenstudium und die Abfassung des Plädoyers können nicht mehr als 30 Anwaltsstunden honoriert werden. Im weiteren Umfang von 9 Stunden und 50 Minuten ist die vorinstanzliche Honorarkürzung zu bestätigen. 10 Stunden Zeitaufwand, d.h. Fr. 2'376.- (inkl. MwSt) sind dem Beschwerdeführer noch zu honorieren.
cc) Zu Recht von vier auf zwei Stunden gekürzt hat die Vorinstanz den zu honorierenden Aufwand für die kurze Eingabe vom 17. Juni 2015 (Urk. 113
S. 102; vgl. Urk. 19). Nicht zu folgen ist ihr hingegen bei der Kürzung um 30 Minuten für drei Telefongespräche mit der Vorinstanz im Juli 2015. Diese können insgesamt durchaus eine Stunde gedauert haben. Etwas anderes lässt sich jedenfalls nicht belegen (Urk. 113 S. 102). Unter diesem Titel sind dem Beschwerdeführer noch 30 Minuten zu honorieren, was Fr. 118.80 (inkl. MwSt) entspricht.
dd) Unter dem Datum des 13. März 2015 machte der Beschwerdeführer einen Aufwand von fünf Stunden für das Abfassen einer Beschwerde (gegen die Abweisung eines Beweisantrags) geltend. Die Streichung dieses Postens und der damit zusammenhängenden Barauslagen von Fr. 180.hat er inzwischen akzeptiert (Urk. 121 S. 10). Gleiches gilt für zwei weitere Kürzungen der Barauslagen um Fr. 100.bzw. Fr. 144.- (Urk. 113 S. 103/104; Urk. 121 S. 11); im letzteren Fall sind aber die beschwerdeweise noch geltend gemachten zusätzlichen
Fr. 11.- (Fr. 16.abzüglich die von der Vorinstanz zugebilligten Fr. 5.-) nicht zu
beanstanden. Ebenso verhält es sich mit den Kopien des Ergänzungsgutachtens, deren Kosten um Fr. 22.gekürzt wurden. Zu bestätigen ist die Streichung von Auslagen von Fr. 388.im Zusammenhang mit dem Aktenstudium, weil nicht nachvollziehbar ist, weshalb dafür zahlreiche Kopien erstellt werden mussten. Zuzubilligen ist dem Beschwerdeführer mit Blick auf die strafrechtliche Tragweite
des gesamten Verfahrens der für die Übersetzung des Plädoyers geltend gemachte und mit Rechnung (in Urk. 71) ausgewiesene Aufwand von Fr. 787.50, womit sich zusammenfassend ergibt, dass noch Barauslagen im Betrag von Fr. 820.50, inkl. MwSt also von Fr. 886.15 zu entschädigen sind.
ee) Hinsichtlich der dritten Honorarnote sind dem Beschwerdeführer somit noch insgesamt Fr. 3'994.75 (inkl. MwSt) zuzusprechen.
Insgesamt ergibt sich, dass die Beschwerde im Umfange von Fr. 4'930.75 (entsprechend 52,2 %) gutzuheissen und im Übrigen abzuweisen ist. Das Honorar des amtlichen Verteidigers Rechtsanwalt Dr. iur. X. für seine Aufwendungen in der Untersuchung und im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren ist deshalb auf Fr. 36'309.50 (inkl. MwSt) festzusetzen. Davon wurden ihm von der Staatsanwaltschaft bereits Fr. 8'600.- und Fr. 7'150.sowie von der Bezirksgerichtskasse Hinwil Fr. 15'628.55 als Akontozahlungen bezahlt (vgl.
D1/13/22, D1/13/29, Urk. 83 und Urk. 189).
Es wird beschlossen:
Vom Rückzug der Berufung der Privatklägerschaft wird Vormerk genommen.
Auf die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft wird nicht eingetreten.
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 3. September 2015 hinsichtlich der Dispositivziffern 1 (Teileinstellung des Verfahrens), 4 (teilweise Feststellung der Nichttatbestandsmässigkeit), 6 (Absehen von einer Rückversetzung in den Strafvollzug), 7 (Herausgabe beschlagnahmter Gegenstände), 8 (Zivilpunkt) sowie 9 und 10 (Kostendispositiv, mit Ausnahme des Honorars für die amtliche Verteidigung durch RA X. ) in Rechtskraft erwachsen ist.
Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Rechtsmittel:
Gegen Ziff. 1 und 2 dieses Entscheids kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Es wird erkannt:
Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte A. stände
die objektiven Tatbe-
der mehrfachen einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 Abs. 3 bzw. 4 StGB (Anklageziffern 1.1 und
1.2.3-6) sowie
der mehrfachen Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB (Anklageziffern 1.1 und 1.2.3)
im Zustand der nicht selbstverschuldeten Schuldunfähigkeit erfüllt hat.
Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte die objektiven Tatbestände der mehrfachen einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 Abs. 3 (Anklageziffer 1.2.2) und der Verletzung der Fürsorgeoder Erziehungspflicht im Sinne von Art. 219 StGB (Anklageziffern 1.2.2-
1.2.6 sowie 1.2.8) ni cht erfüllt hat.
Von der Anordnung einer Massnahme wird abgesehen.
Dem Beschuldigten wird für 482 Tage Überhaft eine Genugtuung von Fr. 40'000.aus der Staatskasse zugesprochen.
Das Honorar von Rechtsanwalt Dr. iur. X. für seine Aufwendungen in der Untersuchung und im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren wird um Fr. 4'930.75 erhöht und auf Fr. 36'309.50 festgesetzt.
Die Kosten des Haftverfahrens UB160027 der III. Strafkammern des Obergerichts des Kantons Zürich in der Höhe von Fr. 1'000.werden auf die Gerichtskasse genommen.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 4'500.- ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 18'000.amtliche Verteidigung (inkl. Akontozahlung von Fr. 7'148.25)
Fr. 3'200.- unentgeltliche Vertretung Privatklägerschaft
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden im Umfang von Fr. 500.- dem amtlichen Verteidiger auferlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Vertretung der Privatklägerschaft werden auf die Gerichtskasse genommen.
Schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich
den Vertreter der Privatklägerschaft dreifach für sich und zuhanden der Privatkläger
sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich
den Vertreter der Privatklägerschaft dreifach für sich und zuhanden der Privatkläger
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
das Migrationsamt des Kantons Zürich
die Koordinationsstelle VOSTRA mittels Kopie von Urk. 182 zur Löschung der Daten gemäss Art. 12 Abs. 1 lit. d der Verordnung über das Strafregister
die KOST Zürich mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Löschung des DNA-Profils
die Kantonspolizei Zürich, KIA-ZA, mit separatem Schreiben (§ 34a POG)
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
Strafkammer
Zürich, 20. September 2016
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Ruggli
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. Schwarzenbach-Oswald
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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