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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SB150219: Obergericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall handelt es sich um eine Berufungsklage gegen ein Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 3. Dezember 2014, bei dem es um Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz geht. Der Beschuldigte wurde schuldig gesprochen und mit einer Geldstrafe und einer Busse belegt. Die Geldstrafe muss teilweise bezahlt werden, der Rest wird aufgeschoben. Es wurden auch Vermögenswerte eingezogen. Der Anwalt des Beschuldigten wird entschädigt. Die Staatsanwaltschaft hat Berufungsanträge gestellt, die teilweise abgewiesen wurden. Der Beschuldigte hat die Berufungsverhandlung nicht wahrgenommen, was zu einer Verschärfung der Strafe führte. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts SB150219

Kanton:ZH
Fallnummer:SB150219
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB150219 vom 09.02.2016 (ZH)
Datum:09.02.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Mehrfaches Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz etc.
Schlagwörter : Beschuldigte; Urteil; Beschuldigten; Freiheit; Berufung; Freiheitsstrafe; Hinwil; Bezirks; Probezeit; Bezirksgericht; Staatsanwaltschaft; Busse; Geldstrafe; Bezirksgerichts; Verteidigung; Umstände; Vollzug; Kantons; Widerruf; Vollzug; Gericht; Obergericht; Vorinstanz; Tagessätzen; Verfahren; ünstigen
Rechtsnorm:Art. 105 StGB ;Art. 106 StGB ;Art. 135 StPO ;Art. 366 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 402 StPO ;Art. 407 StPO ;Art. 42 StGB ;Art. 428 StPO ;Art. 437 StPO ;Art. 46 StGB ;Art. 51 StGB ;
Referenz BGE:100 IV 197; 134 IV 140; 134 IV 1; 134 IV 82; 134 IV 97;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts SB150219

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB150219-O/U/ad

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, Oberrichterin lic. iur. WasserKeller und Ersatzoberrichterin lic. iur. Schärer sowie die Gerichtsschreiberin MLaw Hässig

Urteil vom 9. Februar 2016

in Sachen

Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland,

Anklägerin und Berufungsklägerin

gegen

  1. ,

    Beschuldigter und Berufungsbeklagter

    amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

    betreffend mehrfaches Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz etc.

    Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Hinwil, Einzelgericht in Zivilund Strafsachen, vom 3. Dezember 2014 (GG140028)

    Anklage:

    Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 9. Juli 2014 (Urk. 23) ist diesem Urteil beigeheftet.

    Urteil der Vorinstanz :

    1. Der Beschuldigte ist schuldig

      • des mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b, c und d BetmG,

      • der mehrfachen Übertretung gegen das Betäubungsmittelgesetz im

        Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG i.V.m. Art. 19 Abs. 1 lit. d BetmG.

    2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 210 Tagessätzen zu Fr. 20.-, wovon 1 Tagessatz als durch Haft geleistet gilt, und einer Busse von Fr. 500.-.

    3. Diese Geldstrafe ist im Umfang von 90 Tagessätzen, wovon 1 Tagessatz als durch Haft geleistet gilt, innert der von der Vollzugsbehörde anzusetzenden Frist zu bezahlen.

      Der Vollzug der restlichen Geldstrafe von 120 Tagessätzen wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.

      Die Busse ist zu bezahlen.

    4. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.

    5. Auf eine Verwarnung mit der Androhung der Anordnung des Strafvollzuges (bei erneuter Delinquenz während der Probezeit) sowie auf den Widerruf der mit Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 26. Juli 2011 ausgefällten bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten wird verzichtet. Die mit diesem Urteil angesetzte vierjährige, mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom

      2. Oktober 2013 um 2 Jahre verlängerte, Probezeit wird um weitere 2 Jahre verlängert.

    6. Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Winterthur / Unterland vom

      9. Juli 2014 beschlagnahmte Barschaft von Fr. 2'640.wird eingezogen und im Betrag von Fr. 2'170.zur teilweisen Deckung der Verfahrenskosten verwendet. Der Restbetrag von Fr. 470.wird dem Verfahren GG140029 [Mitbeschuldigte B. ] zur Deckung der Verfahrenskosten überlassen.

    7. Die folgenden, mit Verfügung der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom

      9. Juli 2014 beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen und der Kantonspolizei Zürich zur Vernichtung überlassen:

      • 9 Portionen Heroin à 5 Gramm bzw. 3 Gramm (...; Lager-Nr. ...).

      • 1 Portion Heroin, 5 Gramm (...; Lager-Nr. ...)

      • 1 Digitalwaage und leere Minigrip (...; Lager-Nr. ...)

    8. Rechtsanwalt lic. iur. X. , wird für seine Bemühungen und Barauslagen als amtlicher Verteidiger aus der Gerichtskasse wie folgt entschädigt:

      Honorar: Fr. 9'620.-

      Barauslagen: Fr. 441.60

      MwSt 8.0%: Fr. 804.90

      Total: Fr. 10'866.50
    9. Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:

      Fr. 1'500.- die weiteren Kosten betragen: Fr. 1'355.20 Auslagen Vorverfahren

      Fr. 560.- Kosten Kantonspolizei Zürich Fr. 1'500.- Gebühr Untersuchung

      Fr. 10'866.50 Kosten amtliche Verteidigung (gemäss Ziff. 8)

      Verlangt keine der Parteien eine schriftliche Begründung des Urteils, ermässigt sich die Entscheidgebühr auf zwei Drittel.

    10. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt, jedoch infolge offensichtlicher Unerhältlichkeit einstweilen abgeschrieben.

    11. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Staatskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.

Berufungsanträge:

  1. Der Vertreterin der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterla nd: (Urk. 58 S. 1 f., sinngemäss)

    1. Es sei festzustellen, dass Dispositivziffer 1, 6, 7, 8, 9, 10 und 11 des Urteils des Einzelgerichts in Strafsachen des Bezirks Hinwil vom 3. Dezember 2014 in Rechtskraft erwachsen sind.

    2. Der Beschuldigte sei zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten sowie mit einer Busse.

    3. Es sei die ausgefällte Freiheitsstrafe als vollziehbar zu erklären.

    4. Es sei die mit Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 26. Juli 2011 unter Ansetzung einer Probezeit von 4 Jahren, verlängert um zwei Jahre mit Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich vom 2. Oktober 2013, ausgefällte Freiheitsstrafe von 12 Monaten zu widerrufen.

  2. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 59 S. 1)

    1. Die Berufungsanträge seien vollumfänglich abzuweisen.

    2. Eventualiter sei auf den Widerruf der Freiheitsstrafe von 12 Monaten aus dem Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 26.07.2011 zu verzichten und der Beschuldigte sei im Sinne von Art. 46 Abs. 2 StGB zu verwarnen.

    3. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolge (zzgl. Mehrwertsteuer) zulasten des Staates.

    4. Eventualiter seien für den Fall der Gutheissung der Berufungsanträge die Verfahrenskosten dem Beschuldigten aufzuerlegen unter gleichzeitiger Abschreibung infolge Uneinbringlichkeit.

      Erwägungen:

      1. Prozessuales

        1. Mit Urteil vom 3. Dezember 2014 sprach das Bezirksgericht Hinwil, Einzelgericht in Zivilund Strafsachen, den Beschuldigten des mehrfachen Vergehens sowie der mehrfachen Übertretung gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig und bestrafte ihn mit einer Geldstrafe von 210 Tagessätzen zu Fr. 20.-, wovon 1 Tagessatz als durch Haft geleistet gilt, und einer Busse von Fr. 500.-. Die Geldstrafe im Umfang von 90 Tagessätzen, wovon 1 Tagessatz als durch Haft geleistet gilt, wurde unbedingt ausgesprochen. Der Vollzug der restlichen Geldstrafe von 120 Tagessätzen wurde - unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren aufgeschoben. Die Ersatzfreiheitsstrafe für das schuldhafte Nichtbezahlen der Busse beträgt 5 Tage. Auf den Widerruf der mit Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 26. Juli 2011 ausgefällten bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monate wurde verzichtet. Dafür wurde die vierjährige Probezeit, welche mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 2. Oktober 2013 bereits um 2 Jahre verlängert worden war, um weitere 2 Jahre verlängert (Urk. 46 S. 17 f.).

          1. Gegen dieses Urteil meldete die Staatsanwaltschaft mit Eingabe vom

            15. Dezember 2014 rechtzeitig Berufung an (Urk. 40; Art. 399 Abs. 1 StPO). Nach Erhalt des begründeten Urteils reichte sie mit Eingabe vom 21. April 2015 fristgerecht die Berufungserklärung im Sinne von Art. 399 Abs. 3 StPO ein und beschränkte die Berufung auf die Bemessung der Strafe und den Vollzug bzw. den teilbedingten Vollzug der Strafe und die Verlängerung der Probezeit der Vorstrafe respektive den Verzicht auf den Widerruf der Vorstrafe (Urk. 48 S. 1).

          2. Mit Präsidialverfügung vom 4. Juni 2015 wurde dem Beschuldigten Frist angesetzt, um Anschlussberufung zu erheben ein Nichteintreten zu beantragen (Urk. 50). Zudem wurde der Beschuldigte innert derselben Frist aufgefordert, dem Gericht mitzuteilen, ob er mit der schriftlichen Durchführung des Berufungsverfahrens einverstanden sei. Im Säumnisfall werde davon ausgegangen, dass er damit nicht einverstanden sei (Urk. 50). Die Verteidigung teilte nach mehrmals erstreckter Frist mit Eingabe vom 10. August 2015 mit, dass sie trotz intensiver Bemühungen keinen Kontakt zum Beschuldigten habe aufnehmen können, weshalb sie stellvertretend für den Beschuldigten auf eine Anschlussberufung verzichte. Mangels Verlautbarung des Beschuldigten und unter Hinweis auf die Präsidialverfügung sei das Berufungsverfahren nicht schriftlich durchführbar (Urk. 55).

          3. Der Beschuldigte blieb der Berufungsverhandlung vom 15. Dezember 2015 unentschuldigt fern (Prot. II S. 3), sodass gemäss Art. Art. 407 Abs. 2 StPO in Verbindung mit Art. 366 StPO erneut zur Berufungsverhandlung vorgeladen wurde (Urk. 56/2). Zur Berufungsverhandlung vom 9. Februar 2016 erschien der Beschuldigte ebenfalls unentschuldigt nicht (Prot. II S. 4). Die Berufungsverhandlung vom 9. Februar 2016 wurde daher in Abwesenheit des Beschuldigten durchgeführt (Art. 366 Abs. 2 StPO).

        3. Gemäss Art. 402 StPO in Verbindung mit Art. 437 StPO wird die Rechtskraft des angefochtenen Urteils im Umfang der Anfechtung gehemmt. Nachdem die Urteilsdispositivziffern 1 (Schuldpunkt), 6 und 7 (Einziehung) sowie 8 - 11 (Kostendispositiv) unangefochten blieben, ist mittels Beschluss festzustellen, dass das vorinstanzliche Urteil in diesem Umfang in Rechtskraft erwachsen ist.

      2. Strafzumessung

        1. Die Strafzumessung der Vorinstanz ist in Bezug auf die Höhe der Strafe nicht zu beanstanden. Eine Abänderung der Strafhöhe wird von der Staatsanwalt-

        schaft auch nicht beantragt (Urk. 58 S. 1). Diesbezüglich kann auf die zutreffenden Ausführungen im vorinstanzlichen Urteil verwiesen werden (Urk. 46 S. 5-9, 11-12). Anzumerken ist, dass der Beschuldigte mittlerweile nur noch eine Vorstrafe aufweist; die Vorstrafe vom 13. Dezember 2004 wurde inzwischen aus dem Strafregister entfernt. Die entfernte Vorstrafe war jedoch weder einschlägig noch von besonderer Schwere. Sie hatte daher keinen entscheidenden Einfluss auf die Strafzumessung, so dass auch ihr Wegfall keine Veränderung der Strafhöhe zur Folge hat.

          1. In Bezug auf die Strafart beantragte die Staatsanwaltschaft neu eine Freiheitsstrafe von 7 Monaten anstelle einer Geldstrafe von 210 Tagessätzen. Die Busse von Fr. 500.wurde von der Staatsanwaltschaft nicht beanstandet (Urk. 58 S. 2 f.).

          2. Für Strafen von sechs Monaten bis zu einem Jahr sieht das Gesetz Geldstrafe Freiheitsstrafe vor. Im Vordergrund steht dabei die Geldstrafe. Das ergibt sich aus dem Prinzip der Verhältnismässigkeit, wonach bei alternativ zur Verfügung stehenden Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden soll, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift bzw. die ihn am wenigsten hart trifft. Bei der Wahl der Sanktionsart sind als wichtige Kriterien die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 134 IV 82 E. 4.1). Für die Bestimmung der Strafart ist hingegen unbeachtlich, ob der Beschuldigte über eine Arbeitsstelle und damit über ein geregeltes Einkommen verfügt. Auch bei einkommensschwachen mittellosen Tätern, etwa Sozialhilfebezügern, nicht berufstätigen, den Haushalt führenden Personen Studenten ist die Ausfällung einer tiefen Geldstrafe grundsätzlich möglich (BGE 134 IV 97 E. 5.2.3).

          3. Die wirtschaftlichen Verhältnisse und eine allfällige Zahlungsunfähigkeit des Beschuldigten sind vorliegend nicht in die Beurteilung der Strafart miteinzubeziehen. Im vorliegenden Fall ist bei den Kriterien der präventiven Effizienz und der Zweckmässigkeit der Strafe anzuknüpfen. Der Beschuldigte wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 26. Juli 2011 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12

        Monaten verurteilt. Diese bedingt ausgefällte Freiheitsstrafe zeigte jedoch keine nachhaltige Wirkung im Verhalten des Beschuldigten. Das drohende Risiko des Widerrufs dieser Strafe vermochte ihn nicht davon abzuhalten, bereits 7 Monaten nach dieser Verurteilung, mithin während laufender Probezeit, erneut zu delinquieren. Der Rückfall des Beschuldigten ist sodann einschlägiger Natur (Urk. 46

        S. 4, 17). Unter diesen Umständen besteht keine Veranlassung, heute eine mildere Strafart zu wählen als jene, die bereits früher ihren spezialpräventiven Zweck verfehlt hat. Eine Geldstrafe erwiese sich als unzweckmässig.

        3. Der Beschuldigte ist demnach mit 7 Monaten Freiheitsstrafe, wovon ein Tag durch Haft erstanden ist (Art. 51 StGB), sowie mit einer Busse von Fr. 500.zu bestrafen.

      3. Vollzug
  1. In objektiver Hinsicht sind die Voraussetzungen zur Gewährung des bedingten sowie teilbedingten Strafvollzugs erfüllt, da der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten zu bestrafen ist (Art. 42 f. StGB).

  2. Der Beschuldigte wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 26. Juli 2011 zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt (Urk. 49). Folglich müssen in subjektiver Hinsicht besonders günstige Umstände vorliegen, damit der bedingte der teilbedingte Vollzug gewährt werden kann (Art. 42 Abs. 2 StGB; BGE 134 IV 1 E. 5.3). Unter besonders günstige Umstände sind solche zu verstehen, die ausschliessen, dass die Vortat die Prognose verschlechtert. Es gilt demnach die Vermutung einer günstigen Prognose bzw. des Fehlens einer ungünstigen Prognose nicht. Vielmehr kommt der früheren Verurteilung zunächst die Bedeutung eines Indizes für die Befürchtung zu, dass der Täter weitere Straftaten begehen könnte. Die Gewährung des bedingten Strafvollzugs kommt daher nur in Betracht, wenn eine Gesamtwürdigung aller massgebenden Faktoren den Schluss zulässt, dass trotz der Vortat eine begründete Aussicht auf Bewährung besteht. Dabei ist zu prüfen, ob die indizielle Befürchtung durch die besonders günstigen Umstände zumindest kompensiert wird. Das trifft etwa dann zu, wenn die neuerliche und frühere Tat in keinerlei Zusammenhang stehen wenn in der Zwischenzeit eine besonders positive Veränderung in den Lebensumständen des Täter eingetreten ist. Der Rückfall für sich genommen, schliesst den bedingten Strafvollzug nicht aus (BGE 134 IV 1 E. 4.2.3). Die voraussichtliche Wirkung des Vollzugs eines Teils der Strafe darf nicht in die Beurteilung der besonders günstigen Umstände miteinbezogen werden (BGer vom 08.01.2015, 6B_1032/2014

    E. 2.2.1.; BGer vom 16.05.2008, 6B_540/2007 E. 5.2).

    1. Die Vorstrafe des Beschuldigten vom 26. Juli 2011 ist wie bereits vorstehend erwähnt einschlägig. Die heute zu beurteilenden Taten beging er nur rund 7 Monate nach dieser Verurteilung während laufender Probezeit. Zum Handel mit Heroin wurde der Beschuldigte wie von der Vorinstanz zutreffend festgehalten - dabei nicht durch Profitgier sondern durch seine Sucht getrieben. Besonders günstige Umstände können im Falle des Beschuldigten vor diesem Hintergrund dann angenommen werden, wenn er seine Sucht besiegt diese soweit unter Kontrolle hat, dass nicht mehr davon ausgegangen werden muss, er sei zur Finanzierung derselben auf deliktische Tätigkeit angewiesen.

    2. Im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Entscheids befand sich der Beschuldigte gemäss seinen Ausführungen seit 2 ½ Jahren in einer gefestigten Wohnund Arbeitssituation. Er lebte bei seiner Mutter und bezahlte ihr für die Miete Fr. 800.-. Als Verkäufer hatte er ein monatliches Einkommen Fr. 2'800.-, mit welchem er seine Schulden in der Höhe von Fr. 20'000.mit monatlichen Raten von Fr. 280.tilgte. Der Beschuldigte besuchte zudem wöchentlich eine ambulante Therapie und nahm an einem Methadonprogramm teil. Zudem wurde er nicht erneut delinquent (Prot. I S. 8 f., 11). Die Vorinstanz erwog, aufgrund der veränderten Lebensumstände des Beschuldigten, insbesondere da er nicht mehr drogenabhängig sei und über längere Zeit eine feste Anstellung habe, würden günstige Umstände vorliegen (Urk. 46 S. 13).

    3. Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 9. Februar 2016 reichte die Staatsanwaltschaft ein Schreiben des Amts für Justizvollzug vom 3. Februar 2015 ein. Gemäss diesem Schreiben wurde der Beschuldigte im August 2014 zur Haaranalyse aufgeboten, wie dies in einer vom Beschuldigten unterzeichneten

      Vereinbarung betreffend Konsumkontrollen festgehalten worden war. Der Beschuldigte nahm diesen Termin ebenso wenig wie die darauffolgenden Therapietermine wahr. Er reagierte auch auf verschiedene Arten der Kontaktaufnahme nicht. Den Termin vom 9. Dezember 2014 betreffend Gewährung des rechtlichen Gehörs und Klärung der Situation nahm der Beschuldigte ebenfalls nicht wahr. Weitere Versuche der Kontaktaufnahme seitens des Amts für Justizvollzug blieben erfolglos. Im Schreiben vom 3. Februar 2015 stellte das Amt für Justizvollzug fest, dass sich der Beschuldigte der angeordneten Weisung entzieht (Urk. 57).

    4. Gemäss Ausführungen des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten gelang es diesem seit Dezember 2014 nicht mehr, Kontakt zum Beschuldigten aufzunehmen (Prot. II S. 3 f.). Trotz mehrfachen Versuchen über alle möglichen Kanäle (E-Mail, Telefon, Post) sei eine Kontaktaufnahme erfolglos geblieben

      (Urk. 59 S. 2; Urk. 52 - Urk. 55).

    5. Das Schreiben des Amts für Justizvollzug sowie das Verhalten des Beschuldigten im Berufungsverfahren lassen an den von der Vorinstanz erwogenen günstigen Umständen zweifeln. Das Schreiben des Amts für Justizvollzug zeigt, dass der Beschuldigte bereits zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils seine Termine beim Amt für Justizvollzug nicht mehr regelmässig wahrgenommen hat trotz seinen gegenteiligen Ausführungen vor Vorinstanz. Aufgrund der unentschuldigt versäumten Therapietermine und den Termin für die Konsumkontrolle bestehen ernstliche Zweifel, dass der Beschuldigte seine Drogenabhängigkeit tatsächlich überwunden hat. Auch die Unzuverlässlichkeit des Beschuldigten betreffend das vorliegende Verfahren hinterlässt nicht den Eindruck, dass sich die Lebensumstände des Beschuldigten tatsächlich nachhaltig positiv verändert haben.

  3. Davon ausgehend sind beim Beschuldigten keine besonders günstigen Umstände auszumachen, welche einen Aufschub der Strafe rechtfertigen könnten.

    Die Freiheitsstrafe von 7 Monaten ist zu vollziehen.

  4. Die Busse ist zu bezahlen (Art. 105 Abs. 2 StGB). Für den Fall der schuldhaften Nichtbezahlung der Busse ist eine angemessene Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen festzusetzen (Art. 106 Abs. 2 StGB).

  1. Widerruf
    1. Die Staatsanwaltschaft beantragt, es sei die mit Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 26. Juli 2011 ausgefällte Freiheitsstrafe von 12 Monaten zu widerrufen (Urk. 58 S. 1, 5 f.). Da das Obergericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom

    2. Oktober 2013 die vom Bezirksgerichts Hinwil vom 26. Juli 2011 ausgesprochene Probezeit von 4 Jahren um 2 Jahre verlängert habe, sei die maximal mögliche Verlängerungsdauer bereits ausgeschöpft. Eine weitere Verlängerung der Probezeit sei aus rechtlichen Gründen nicht mehr möglich. Eine Verwarnung lasse sich aufgrund der heute bekannten Umstände nicht mehr begründen und rechtfertigen (Urk. 58 S. 3 f., 6).

    1. Die rechtlichen Voraussetzungen für den Widerruf einer bedingt ausgesprochenen Strafe wurde im angefochtenen Urteil zutreffend wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden (Urk. 46 S. 14 f.). Hervorzuheben ist, dass gemäss

      Art. 46 Abs. 2 StGB beim Verzicht auf einen Widerruf, das Gericht den Verurteilten verwarnen die Probezeit um höchstens die Hälfte der im Urteil festgesetzten Dauer verlängern muss (BGE 100 IV 197 E. 4). Die ursprüngliche Probezeit darf auch bei mehreren Verlängerungen nicht um mehr als die Hälfte überschritten werden (BSK StGB I - SCHNEIDER/GARRÉ, 3. Aufl. 2013, Art. 46 N 52).

    2. Der Beschuldigte beging die mehrfachen Vergehen und Übertretungen gegen das Betäubungsmittelgesetz lediglich ca. 7 Monate nachdem er vom Bezirksgericht Hinwil mit Urteil vom 26. Juli 2011 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt wurde. Der Beschuldigte delinquierte demnach während der mit Urteil vom 26. Juli 2011 angesetzten vierjährigen - und vom Obergericht des Kantons Zürich um zwei Jahre verlängerten - Probezeit erneut, sodass die objektiven Voraussetzungen für den Widerruf gegeben sind.

      1. In subjektiver Hinsicht ist für den Widerruf der Strafe aufgrund der erneuten Straffälligkeit das Fehlen einer ungünstigen Prognose erforderlich (BGE 134 IV 140 E. 4.3).

      2. Im vorliegenden Fall muss dem Beschuldigten ohne jeden Zweifel eine schlechte Prognose gestellt werden. Der Beschuldigte liess sich von der bedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 12 Monaten nicht davon abhalten, bereits 7 Monate nach seiner Verurteilung wieder in einschlägiger Weise straffällig zu werden. Die Verurteilung scheint den Beschuldigten offensichtlich nicht im Geringsten beeindruckt zu haben. Angesichts dieser Umstände muss beim Beschuldigten mit weiteren Straftaten gerechnet werden.

    5. Aus den genannten Gründen muss dem Beschuldigten eine Schlechtprognose gestellt werden, sodass die mit Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 26. Juli 2011 bedingt ausgefällte Freiheitsstrafe von 12 Monaten zu vollziehen ist.

  2. Kostenund Entschädigungsfolgen
  1. Die Staatsanwaltschaft obsiegt mit ihrer Berufung. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind daher dem Beschuldigten aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Aufgrund seiner miserablen wirtschaftlichen Verhältnisse sind die Kosten des Berufungsverfahrens aber sofort abzuschreiben. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind auf die Gerichtskasse zu nehmen, wobei von der Rückzahlungspflicht des Beschuldigten ebenfalls aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse abzusehen ist.

  2. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sind auf die Gerichtskasse zu nehmen. Rechtsanwalt lic. iur. X. ist für seine Bemühungen als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten im Berufungsverfahren mit Fr. 2'900.zu entschädigen (Urk. 60).

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 3. Dezember 2014 bezüglich der Dispositivziffern 1 (Schuldpunkt), 6 und 7 (Einziehung) sowie 8 - 11 (Kostendispositiv) in Rechtskraft erwachsen ist.

  2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A.

    wird bestraft mit 7 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 1 Tag durch Haft erstanden ist, und mit Fr. 500.- Busse.

  2. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen.

  3. Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.

  4. Die mit Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 26. Juli 2011 ausgefällte Freiheitsstrafe von 12 Monaten wird vollzogen.

  5. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 2'000.- ; die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 2'900.amtliche Verteidigung

  6. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt, aber sofort abgeschrieben. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden definitiv auf die Gerichtskasse genommen.

  7. Schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz (im Doppel, auch in die Akten des Verfahrens GG110009)

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungsund Vollzugsdienste, mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungsund Löschungsdaten

    • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A und B.

  8. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Zürich, 9. Februar 2016

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Spiess

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw Hässig

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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