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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SB130161: Obergericht des Kantons Zürich

Es handelt sich um ein Gerichtsverfahren vor dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, bei dem es um Betrug, Veruntreuung und Urkundenfälschung geht. Der Beschuldigte wurde freigesprochen, aber zur Zahlung von EUR 402'272 zuzüglich Zinsen an den Privatkläger verurteilt. Die Gerichtskosten wurden auf die Gerichtskasse genommen. Es wurde festgestellt, dass der Beschuldigte den Kaufvertrag nicht persönlich erfüllen musste, da er als Geschäftsführer einer Firma handelte. Die Zivilklage des Privatklägers wurde auf den Zivilweg verwiesen. Der Präsident des Obergerichts war Dr. Bussmann.

Urteilsdetails des Kantongerichts SB130161

Kanton:ZH
Fallnummer:SB130161
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB130161 vom 20.12.2013 (ZH)
Datum:20.12.2013
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Betrug etc. und Widerruf
Schlagwörter : Beschuldigte; Privatkläger; Beschuldigten; Berufung; Urteil; Kantons; Zivilklage; Entscheid; Vorinstanz; Privatklägers; Vertrag; Abteilung; Staatsanwaltschaft; Verteidigung; Gerichtskasse; Anklage; Kaufpreis; Betrug; Zivilweg; Kaufvertrag; Person; Geschäftsführer; Ansatz; Verteidiger; Obergericht; Kammer
Rechtsnorm:Art. 122 StPO ;
Referenz BGE:137 I 195;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts SB130161

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB130161-O/U/cs

Mitwirkend: die Oberrichter Dr. Bussmann, Präsident, und lic.iur. et phil. Glur, Ersatzoberrichter lic.iur. Muheim sowie der Gerichtsschreiber lic.iur. Hafner

Urteil vom 20. Dezember 2013

in Sachen

  1. ,

    Beschuldigter und Berufungskläger

    amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

    gegen

  2. ,

Privatkläger und Berufungsbeklagter betreffend Betrug etc. und Widerruf

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 7. Abteilung, vom 4. Dezember 2012 (DG20225)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich vom 4. Juli 2012 (Urk. 90) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz:

  1. Der Beschuldigte ist der eingeklagten Delikte nicht schuldig und wird freigesprochen.

  2. Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Privatkläger € 402'272.zuzüglich 5 % Zins ab 17. Juli 2007 zu bezahlen.

  3. Die Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz; die übrigen Kosten (Auslagen Vorverfahren Fr. 6'770.70, Gebühr Strafuntersuchung Fr. 8'000.-, Kosten amtliche Verteidigung, Barauslagen usw.) werden auf die Gerichtskasse genommen.

  4. Auf das Genugtuungsbegehren des Beschuldigten wird nicht eingetreten.

  5. Dem Beschuldigten wird eine Umtriebsentschädigung von Fr. 500.aus der Gerichtskasse zugesprochen.

  6. Die Kontosperre auf dem Postfinance-Konto Nr. ... des Beschuldigten wird aufgehoben.

Berufungsanträge:

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 138 S. 2)

    1. In Aufhebung der Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheides sei die Zivilklage des Privatklägers vollumfänglich abzuweisen, eventualiter auf den Zivilweg zu verweisen.

    2. Die Kosten des Berufungsverfahrens (inklusive Kosten der amtlichen Verteidigung) seien auf die Staatskasse zu nehmen.

  2. Des Privatklägers: (Urk. 143 S. 2)

Abweisung der Berufung.

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Erwägungen:

I.
  1. Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich vom 4. Juli 2012 wirft dem Beschuldigten einen Betrug, eventuell Veruntreuung, sowie eine Urkundenfälschung zum Nachteil des Privatklägers vor (Urk. 90). Hintergrund dieser Anklage ist eine Bestellung von zehn Personenwagen der Marke BMW X5, für welche der Privatkläger den Kaufpreis von EUR 402'272 im Voraus bezahlte, ohne die Ware zu erhalten.

  2. Nach Durchführung der Hauptverhandlung sprach die 7. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich den Beschuldigten mit Urteil vom 4. Dezember 2012 frei, da es für eine Verurteilung wegen Betrugs an der hierzu erforderlichen Arglist aufgrund nicht zu negierender Opfermitverantwortung fehle (Urk. 129 S. 4 E. 2.1), verpflichtete ihn jedoch zur Bezahlung von EUR 402'272 zuzüglich Zins an den Privatkläger.

  3. Gegen diese Zahlungsverpflichtung richtet sich die rechtzeitig angemeldete und erklärte Berufung des Beschuldigten (vgl. Urk. 115 und Urk. 130). Die Staatsanwaltschaft und der Privatkläger haben kein Rechtsmittel ergriffen. Ausser in

    Bezug auf den Entscheid über die Zivilklage ist das Urteil der Vorinstanz demnach rechtskräftig geworden, was vorab festzustellen ist.

  4. Das Berufungsverfahren wurde schriftlich durchgeführt (Art. 406 Abs. 1 lit. b StPO; Urk. 136). Der Beschuldigte begründete die Berufung mit Eingabe vom

23. Juli 2013 (Urk. 138). Die Berufungsantwort des Privatklägers datiert vom

20. August 2013 (per Fax übermittelt am 21. August 2013 und mit Poststempel vom 22. August 2013; Urk. 143). Im Rahmen ihres freiwilligen Replikrechts (BGE 137 I 195 E. 2.3.1) erstatteten die Parteien je eine weitere Stellungnahme (Urk. 144 und 148). Mangels Entscheiderheblichkeit erübrigt es sich jedoch, auf deren Rechtzeitigkeit und Inhalt einzugehen.

II.
  1. Die Gutheissung der Zivilklage begründete die Vorinstanz nicht mit einem deliktischen Verhalten des freigesprochenen Beschuldigten, sondern mit der Nichterfüllung eines Vertrages über den Kauf von zehn BMW X5: Es sei unbestritten, dass ein solcher Kaufvertrag zustande gekommen sei. Der Privatkläger habe den Kaufpreis geleistet, aber der Beschuldigte sei mit der Lieferung in Verzug geraten, worauf der Privatkläger vom Vertrag zurückgetreten sei und die Rückleistung des Kaufpreises verlangt habe. Der Beschuldigte habe diese Rückzahlungspflicht im Übrigen nicht bestritten (Urk. 129 S. 9 f. m.H. auf Urk. 33 S. 8 f.).

  2. Der Beschuldigte anerkennt zwar, dass ein solcher Kaufvertrag bestand, nicht jedoch zwischen dem Beschuldigten persönlich und dem Privatkläger. Verkäuferin dieser Autos sei vielmehr die C. GmbH gewesen, eine (damals noch) im Handelsregister eingetragene juristische Person, für die er als Geschäftsführer aufgetreten sei. Durch diesen Vertrag sei nur die Gesellschaft und nicht der Beschuldigte persönlich verpflichtet worden. Damit bestreitet er als Hauptstandpunkt seine Passivlegitimation (Urk. 138 S. 3 ff.).

  3. Die Äusserung des Verteidigers in der Schlusseinvernahme, dass der Beschuldigte den Vertrag nicht habe erfüllen können (vgl. Urk. 78 S. 7), stellt keine Anerkennung der Zivilklage dar. Das war auch der Vorinstanz bewusst, wie der

    Umstand zeigt, dass sie nicht von einer Klageanerkennung Vormerk nahm, sondern einen Sachentscheid traf. Indem sie den Beschuldigten gestützt auf einen Vertrag, den er als Geschäftsführer der C. GmbH in deren Namen abgeschlossen hatte, persönlich zur Zahlung verpflichtete, verletzte sie jedoch den Grundsatz der Selbständigkeit der juristischen Person. Abgesehen davon ist umstritten, ob ein vertraglicher Anspruch, wie ihn die Vorinstanz als Grundlage für ihre Entscheidung heranzog, in einem genügend engen Zusammenhang zur untersuchten Straftat steht, um überhaupt Gegenstand eines Adhäsionsprozesses zu sein (vgl. dazu Dolge, BSK, Art. 122 StPO N 70). Wie es sich damit verhält, kann vorliegend jedoch offen bleiben.

  4. Auf den erwähnten Kaufvertrag lässt sich die Gutheissung der Zivilklage demnach nicht stützen. Angesichts der für den Freispruch des Beschuldigten angeführten Begründung fehlende Arglist wegen Opfermitverantwortung (vgl. Urk. 129 S. 4) ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass ein solcher Anspruch besteht. So macht der Privatkläger geltend, der Beschuldigte habe als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH den Kaufpreis für sich verbraucht (Urk. 144 S. 2 oben). Damit beruft er sich sinngemäss auf die Rechtsfigur des Durchgriffs. Es ist fraglich, ob die Voraussetzungen dafür nach den Grundsätzen des aus internationalprivatrechtlicher Sicht anwendbaren Schweizerischen Rechts (vgl. Art. 133 Abs. 3 i.V.m. Art. 117 Abs. 3 lit. a IPRG) erfüllt sind. Weiterungen dazu können unterbleiben, da der Sachverhalt ohnehin nicht spruchreif ist, so dass die Zivilklage gestützt auf Art. 126 Abs. 2 lit. d StPO in Übereinstimmung mit dem Eventualantrag des Beschuldigten auf den Zivilweg zu verweisen ist.

III.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens fällt die Gerichtsgebühr ausser Ansatz. Der amtliche Verteidiger, dessen Aufwendungen dokumentiert sind (Urk. 139 und 145), ist aus der Gerichtskasse zu entschädigen.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 7. Abteilung, vom 4. Dezember 2012, bezüglich Dispositivziffern 1 (Freispruch) sowie 3-6 (Kostenund Entschädigungsfolgen und Aufhebung Kontosperre) in Rechtskraft erwachsen ist.

  2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Die Zivilklage des Privatklägers B. gegen den Beschuldigten A. wird auf den Zivilweg verwiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz.

  3. Der amtliche Verteidiger des Beschuldigten wird mit Fr. 6'000.- (Mehrwertsteuer eingeschlossen) aus der Gerichtskasse entschädigt.

  4. Schriftliche Mitteilung als begründetes Urteil an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten;

    • die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich;

    • den Privatkläger

      sowie nach Eintritt der Rechtskraft an

    • die Vorinstanz

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich;

    • die Kantonspolizei Zürich, TEU-ZD-DA, mit separatem Schreiben gem.

      § 34a POG;

    • die Koordinationsstelle VOSTRA zur Entfernung der Daten gemäss Art. 12 Abs. 1 lit. d VOSTRA.

  5. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 20. Dezember 2013

Der Präsident:

Oberrichter Dr. Bussmann

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. Hafner

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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