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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils SB110227: Obergericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall handelt es sich um ein Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 5. Juli 2011. Es geht um einen Angeklagten, der wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand, fahrlässiger Körperverletzung und Nichtmitführens der erforderlichen Ausweise angeklagt wurde. Das Bezirksgericht Zürich hatte den Angeklagten schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je Fr. 100.- verurteilt. Zudem wurde eine Busse von Fr. 1'000.- verhängt. Die Gerichtskosten wurden dem Angeklagten auferlegt. Es handelt sich um einen männlichen Angeklagten. Der Richter war lic.iur. Th. Meyer, die Gerichtskosten betrugen Fr. 1000.00, die unterlegene Partei war die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl.

Urteilsdetails des Kantongerichts SB110227

Kanton:ZH
Fallnummer:SB110227
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB110227 vom 05.07.2011 (ZH)
Datum:05.07.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Fahren in fahrunfähigem Zustand
Schlagwörter : Angeklagte; Geschädigte; Angeklagten; Geschädigten; Kreuzung; Unfall; Kollision; Vorinstanz; Aussage; Körperverletzung; Geschwindigkeit; Zustand; Geldstrafe; Busse; Gutachten; Fahrzeug; Entscheid; Beruf; Berufung; Urteil; Verteidigung; Staatsanwaltschaft; Fahrens; Probezeit
Rechtsnorm:Art. 12 StGB ;Art. 123 StGB ;Art. 125 StGB ;Art. 14 VRV ;Art. 19 StGB ;Art. 40 StGB ;Art. 42 StGB ;Art. 45 StGB ;Art. 453 StPO ;Art. 49 StGB ;Art. 58 SVG ;Art. 59 SVG ;Art. 61 SVG ;Art. 91 SVG ;Art. 99 SVG ;
Referenz BGE:117 IV 292; 122 IV 49; 134 IV 60;
Kommentar:
Sutter-Somm, Hasenböhler, Leuenberger, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung ZPO, Art. 59 OR ZPO, 2013

Entscheid des Kantongerichts SB110227

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr. SB110227-O/U/kw

Mitwirkend: die Oberrichter lic.iur. Th. Meyer, Vorsitzender, lic.iur. Ruggli und lic.iur. et phil. Glur sowie der Gerichtsschreiber lic.iur. Hafner

Urteilvom5.Juli2011

in Sachen

  1. ,

    Angeklagter und Appellant

    verteidigt durch Rechtsanwältin lic. iur. X.

    gegen

    StaatsanwaltschaftZürich-Sihl, vertreten durch Leitende Staatsanwältin Dr. Frauenfelder Nohl, Stauffacherstr. 55, Postfach, 8026 Zürich,

    Anklägerin und Appellatin

    sowie

  2. ,

Geschädigter

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.

betreffend Fahren in fahrunfähigem Zustand etc.

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, Einzelrichter in Strafsachen, vom 24. November 2010 (GG100436)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich - Sihl vom 11. Oktober 2010 (Urk. 18) ist diesem Urteil beigeheftet.

UrteilderVorinstanz:

  1. Der Angeklagte ist schuldig

    • des Fahrens in fahrunfähigem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 1 Satz 2 SVG,

    • der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB,

    • des Nichtmitführens der erforderlichen Ausweise im Sinne von Art. 99 Ziff. 3 SVG.

  2. Der Angeklagte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 100.- (insgesamt Fr. 12'000.-) sowie mit einer Busse von Fr. 1'000.-. Bezahlt der Angeklagte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen.

  3. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre angesetzt.

  4. Der Angeklagte ist dem Geschädigten dem Grundsatz nach mit einer Haftungsquote von 100% in zivilrechtlicher Hinsicht vollumfänglich schadenersatzpflichtig und schuldet ihm eine Genugtuung.

  5. Die Zivilansprüche des Geschädigten werden auf den Zivilweg verwiesen.

  6. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 1000.00 ; die weiteren Auslagen betragen: Fr. Kosten der Kantonspolizei

    Fr. Kanzleikosten Untersuchung Fr. 5'678.50 Auslagen Untersuchung

    Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

  7. Die Kosten, einschliesslich derjenigen der Untersuchung werden dem Angeklagten auferlegt.

Berufungsanträge:

  1. derVerteidigerindesAngeklagten: (Urk. 37 S. 1)

    1. A. sei vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung freizusprechen und auf die Zivilforderung von B. sei nicht einzutreten.

    2. Eventualiter sei festzustellen, dass A. zivilrechtlich mit einer Haftungsquote von 50% haftet, und das Mitverschulden von B. mit einer Haftungsquote von 50% festzustellen.

    3. Subeventualiter seien die Zivilforderungen von B. auf den Zivilweg zu verweisen.

  2. desVertretersder StaatsanwaltschaftZürich-Sihl: (Urk. 30, schriftlich)

Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

DasGerichterwägt:

I.
  1. Am 11. Oktober 2010 klagte die Staatsanwaltschaft Zürich - Sihl den Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung, Fahrens in fahrunfähigem Zustand und Nichtmitführens der erforderlichen Ausweise an. Mit Urteil vom 24. November 2010 sprach der Einzelrichter in Strafsachen am Bezirksgericht Zürich den Angeklagten dieser Delikte schuldig, verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 100.-- und zu einer Busse von Fr. 1'000.--, und stellte dem Grundsatz nach fest, dass er dem Geschädigten Schadenersatz und eine Genugtuung schulde.

  2. Gegen das Urteil vom 24. November 2010, das ihm am 20. Januar 2011 schriftlich in begründeter Form eröffnet wurde (Urk. 24/2) liess der Angeklagte am

31. Januar 2011 rechtzeitig Berufung erklären (Urk. 25), und mit Eingabe vom 9.

Februar 2011 benannte er innert der gesetzlichen Frist seine Beanstandungen (Urk. 26).

  1. Die Berufung des Angeklagten richtet sich gegen den Schuldspruch wegen fahrlässiger Körperverletzung sowie gegen die Strafzumessung und den Entscheid über die Zivilansprüche (Urk. 26). Die Staatsanwaltschaft verlangt die Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids (Urk. 30). Der Geschädigte liess sich nicht vernehmen. Beweisanträge wurden von keiner Seite gestellt.

    Die Schuldsprüche wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand i.S. von Art. 91 Abs. 1 Satz 2 SVG und wegen Nichtmitführens der erforderlichen Ausweise i.S. von Art. 99 Abs. 3 SVG wurden nicht angefochten und sind demnach rechtskräftig geworden. Das gleiche gilt für die vorinstanzliche Aufstellung der Kosten. Dies ist vorab festzustellen.

  2. Der angefochtene Entscheid wurde laut Protokoll im Anschluss an die Hauptverhandlung vom 24. November 2010 beraten, jedoch weder mündlich noch

schriftlich im Dispositiv eröffnet, sondern erst am 12. Januar 2011 sogleich in begründeter Form an die Parteien verschickt (Prot. I S. 9 und S. 12; Urk. 24/1-3).

Aus übergangsrechtlicher Sicht stellt sich die Frage, ob auf dieses Verfahren das neue, am 1. Januar 2011 in Kraft getretene eidgenössische, das alte (kantonale) Prozessrecht zur Anwendung kommt. Gemäss Art. 453 Abs. 1 StPO ist dafür auf den Zeitpunkt der Ausfällung des Entscheides abzustellen. Die Botschaft stellt klar, dass damit nicht das Datum der Eröffnung des Entscheides gemeint ist (Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005, BBl 2006 1352).

Vorliegend ist aufgrund des vorinstanzlichen Protokolls ohne weiteres davon auszugehen, dass die Ausfällung des Entscheides im Rahmen der Beratung vom 24. November 2010 stattgefunden hat und das Datum der Ausfällung somit dem Entscheiddatum entspricht. Auf das Verfahren kommt demnach das bisherige, kantonale Prozessrecht zur Anwendung.

II.
  1. Anlass für das vorliegende Verfahren ist ein Verkehrsunfall, der sich in der Nacht vom 23. auf den 24. August 2009 kurz nach Mitternacht an der Kreuzung zwischen der strasse und der strasse im Zürcher Kreis ereignete. Der vom Angeklagten gelenkte BMW stiess auf der Kreuzung frontal mit der rechten Seite des vom Geschädigten gelenkten Mercedes zusammen. Beide Unfallbeteiligten wurden verletzt.

    Ein Atemlufttest ergab beim Angeklagten einen Alkoholgehalt von rund 1,6 ‰. Ausserdem führte er die erforderlichen Ausweispapiere nicht mit sich (vgl. Urk. 6). Diese Vorwürfe hat der Angeklagte anerkannt, und die entsprechenden Schuldsprüche sind rechtskräftig. Thema des Berufungsverfahrens ist, ob sich der Angeklagte überdies der fahrlässigen Körperverletzung schuldig gemacht hat. Eine Strafuntersuchung gegen den Geschädigten betreffend den gleichen Vorwurf wurde eingestellt (Urk. 16).

  2. Die Polizei erstellte in der Unfallnacht eine Fotodokumentation. Der Unfallhergang lässt sich im Nachhinein zwar nicht abbilden. Die Bilder der Örtlichkeiten unterstützen jedoch die Vorstellung und erleichtern die Interpretation der übrigen Beweismittel. Auf den eindrücklichen Fotografien der zerstörten Fahrzeuge (vgl. die Reaktion des Angeklagten in Urk. 8 S. 5 f.) ist zu erkennen, dass der BMW des Angeklagten (Urk. 2/7) frontal mit der rechten Vordertüre des Mercedes des Geschädigten (Urk. 2/8 f.) kollidierte, woraus sich ergibt, dass der Geschädigte vor dem Angeklagten auf der Kreuzung war.

  3. Die Anklagebehörde liess durch den Wissenschaftlichen Dienst der Stadtpolizei der Stadt Zürich ein Gutachten erstellen, um den Unfallverlauf anhand der. nachträglich vorhandenen Spuren - Unfallendlage, Beschädigungen der Unfallfahrzeuge sowie an parkierten Fahrzeugen und Liegenschaften zu rekonstruieren. Dabei ermittelt ein Computerprogramm in einem iterativen Prozess diejenigen Werte (z.B. die Kollisionsgeschwindigkeiten), die am besten mit den erwähnten Ausgangswerten übereinstimmen. Diese Berechnung beruht auf dem Impulsund dem Energieerhaltungssatz der klassischen Physik, der besagt, dass die Bewegungsenergie vor dem Unfall bei der Kollision in Deformationsenergie umgewandelt wird.

    Eine Besonderheit des vorliegenden Unfallhergangs ist, dass die Fahrzeuge durch die primäre Kollision die Richtung änderten und erst durch die sekundäre Kollision mit einer Liegenschaft und davor abgestellten Fahrzeugen und anderen Gegenständen zum Stillstand kamen. Um die Ausgangsgeschwindigkeit vor der primären Kollision festzustellen, müssen die an den Fahrzeugen feststellbaren Schäden den verschiedenen Ereignissen zugeordnet werden, was jedoch grundsätzlich keine Schwierigkeiten bereitet. Die Endstellung lässt Rückschlüsse auf die durch die Primärkollision verursachte Richtungsänderung zu (vgl. Urk. 10/7 S. 5 ff.).

    Im Gutachten vom 10. März 2010 kam der Wissenschaftliche Dienst der Stadtpolizei Zürich in Bezug auf die Frage der Kollisionsgeschwindigkeit zum Ergebnis, dass die Simulation bei einer Geschwindigkeit des BMW des Angeklagten von 48 km/h und einer Geschwindigkeit des Mercedes des Geschädigten von 18 km/h

    eine optimale Übereinstimmung ergebe (Urk. 10/7 S. 8 unten). Unter Berücksichtigung von realistischen Toleranzen ergebe das eine Kollisionsgeschwindigkeit von 46 km/h bis 50 km/h bzw. von 16 km/h bis 20 km/h (Urk. 10/7 S. 9).

    Der Angeklagte bringt gegen die Schlussfolgerungen des Gutachtens vor, er habe im Zeitpunkt der Kollision auf das Gaspedal gedrückt, was sich auf die Bewegung seines Fahrzeugs nach der Kollision ausgewirkt haben müsse (Urk. 8 S. 5 und S. 6 und Urk. 37 S. 2). Damit übersieht er, dass sich diese Beschleunigung wenn überhaupt erst nach der primären Kollision ausgewirkt haben kann und somit für die Bestimmung der Geschwindigkeit bei der Kollision ohne Bedeutung ist, wie

    der für die Ausarbeitung des Gutachtens zuständige Sachbearbeiter des Wissenschaftlichen Dienstes der Stadtpolizei Zürich klarstellte (Urk. 10/8). Da die Energie vom Motor zunächst auf die Reifen und dann auf die Strasse zu übertragen gewesen wäre, hätte die verbleibende Beschleunigung ohnehin nur minime Auswirkungen auf die Endlage gehabt.

    Die Versuche der Verteidigung, das Gutachten als unfundiert anzugreifen (Prot. I

    S. 8 f.), werden durch die darin enthaltene und hier zusammengefasste Darstellung der Methode entkräftet (Urk. 10/7 S. 4 f.). Die pauschale Einwendung, das Ergebnis sei toleranzbehaftet (Prot. I S. 9), ist unberechtigt angesichts eines präzis umrissenen Toleranzbereichs von jeweils 2 km/h. Worauf sich die Verteidigung mit der Äusserung bezieht, es habe sie schockiert, dass man nicht mehr habe feststellen können, welches die Aufprallgeschwindigkeit gewesen sei und ob sie bei der Mauer grösser gewesen sei als beim Zusammenstoss mit dem Mercedes (Prot. I S. 9), ist unklar: Das Gutachten beantwortet die Frage nach der Kollisionsgeschwindigkeit sehr wohl, und die Geschwindigkeit beim sekundären Aufprall gegen die Mauer war nicht Thema der Fragestellung. Das vorkollisionäre Verhalten der Unfallbeteiligten, namentlich ob diese vor der Kollision beschleunigt gebremst hatten, lässt sich hingegen mit den Mitteln der Unfallanalyse nicht feststellen und muss deshalb offen bleiben (Urk. 10/7 S. 14 Ziff. 5 und 6).

  4. Die Aussagen des Geschädigten gegenüber der Polizei in der Unfallnacht (Urk. 5) sind in diesem Verfahren nicht verwertbar, weil die strafprozessualen Teilnahmerechte des Angeklagten nicht beachtet wurden. Das hat insbesondere

    zur Folge, dass sich nicht erstellen lässt, ob der Geschädigte vor der Kreuzung anhielt, wie er selber geltend macht (Urk. 5 Antw. 3 und 8), was das Gutachten zwar aus physikalischer Sicht für möglich hält (Urk. 10/7 S. 10), wofür es jedoch keine anderen Beweise gibt.

  5. Als einziges weiteres Beweismittel verbleiben die Aussagen des Angeklagten. Diese sind jedoch nicht nur wegen der Parteistellung des Angeklagten und seinem Interesse am Ausgang dieses Verfahrens, sondern auch wegen seiner Trunkenheit in der Unfallnacht, die sich auch auf seine Wahrnehmung ausgewirkt haben dürfte, mit Zurückhaltung zu würdigen.

    Eine inhaltliche Betrachtung seiner Aussagen bestätigt diese grundsätzlichen Vorbehalte: Während der Angeklagte in der Unfallnacht aussagte, er habe vor der Kreuzung abgebremst und nach rechts geschaut, und als er nichts gesehen habe, sei er zugefahren (Urk. 4 S. D2), sagte er in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 26. Mai 2010 aus, er habe zuerst nach links, dann nach rechts und dann wieder nach links geschaut (Urk. 8 S. 2). Auf den Widerspruch zu seiner ersten Aussage angesprochen stellte sich heraus, dass er von seinem üblichen Verhalten darauf geschlossen hatte, dass er zuerst nach links geschaut habe, wobei er einräumen musste, dass er das vielleicht falsch gesagt habe (Urk. 8 S. 5). Ob er damit die erste die zweite Aussage korrigieren wollte, kann offen bleiben. Unabhängig von seinem Blutalkoholgehalt in der Unfallnacht ist nicht anzunehmen, dass er sich 8 Monate später besser daran erinnern konnte, ob er vor der Kollision einen Kontrollblick nach links gemacht hatte.

    Es ist daher auf seine erste Aussage abzustellen, dass er vor dem Befahren der Kreuzung nur nach rechts geschaut hatte. Damit steht fest, dass er den Geschä- digten, der von links kam, nicht sehen konnte, unabhängig davon, ob dieser ohne Licht fuhr, wie der Angeklagte mutmasst (Urk. 8 S. 2), und ob er sich überhaupt in seinem Blickfeld befand, was laut dem Gutachten nicht der Fall war, sofern der Geschädigte vor der Kreuzung angehalten hatte (vgl. Urk. 10/7 Anh. 8). Auf die Strafbarkeit des Angeklagten haben diese Varianten keinen Einfluss, so dass offen bleiben kann, wie es sich damit verhält.

    Der Angeklagte widerspricht dem Gutachten in Bezug auf die darin getroffene Feststellung über seine Geschwindigkeit. In der Unfallnacht sagte er aus, er sei mit 30 km/h gefahren. Vor der Kreuzung habe er abgebremst, und er sei mit 20 km/h bis 25 km/h in die Kreuzung eingefahren (Urk. 4 S. D1 f.). In der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 26. Mai 2010 wiederholte er diese Aussage (Urk. 8 S. 4). Als er später in der gleichen Befragung mit dem Unfallgutachten konfrontiert wurde, das ganz andere Werte nennt, reagierte er ungläubig (Urk. 8

    S. 6). In der vorinstanzlichen Hauptverhandlung räumte er ein, dass er vielleicht auch etwas schneller gefahren sei, aber nicht schneller als 40 km/h (Prot. I S. 5).

    Die menschliche Wahrnehmung ist schon grundsätzlich kein geeignetes Instrument, um die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs festzustellen. Die Vorinstanz hat zutreffend begründet, dass dies für den Angeklagten in seinem damaligen alkoholisierten Zustand erst recht gilt (Urk. 33 S. 9 oben). Das Aussageverhalten des Angeklagten zeigt auf, dass er nicht weiss, wie schnell er gefahren ist, und sich mit Annahmen behilft, die er aufgrund seines Normverhaltens trifft, wie aus seiner Aussage in der vorinstanzlichen Hauptverhandlung hervorgeht, er kenne die Ecke, wo der Unfall geschah, sehr gut, man bremse dort immer ab. Seine abschliessende Aussage, er fahre in einer 30er Zone nicht mehr als 40 km/h (Prot. I

    S. 5), mit der er immerhin eine Geschwindigkeitsüberschreitung einräumt, tönt nicht überzeugend und vermag die aufgrund objektiver Spuren getroffenen anderslautenden Feststellungen des Gutachtens nicht zu entkräften. Selbst mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h wäre der Angeklagte aus der Startposition gemäss Gutachten nach anderthalb Sekunden mitten auf der Kreuzung mit dem Geschä- digten, der mit 20 km/h nach einer Sekunde auf der Kreuzung gewesen wäre, kollidiert. Nur nebenbei ist festzuhalten, dass auch eine Geschwindigkeit von 30

    km/h den Verhältnissen enge, unübersichtliche Kreuzung - nicht angepasst gewesen wäre.

  6. Es ist demnach erstellt, dass der Angeklagte unaufmerksam war, da er vor dem Befahren der Kreuzung nicht nach links schaute und den vor ihm herannahenden Geschädigten deshalb nicht rechtzeitig erkennen konnte, und dass er die

    zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um mehr als die Hälfte überschritt, wie ihm die Anklageschrift vorhält (Urk. 18 S. 2 Ziff. 2).

  7. Die Verteidigung betont immer wieder, dass der Angeklagte von rechts gekommen sei und demnach Vortritt gehabt habe. Das ist grundsätzlich unbestritten. Aufgrund der Unfallspuren steht jedoch ebenfalls fest, dass sich der Geschädigte zuerst auf der Kreuzung befand. Das ist vorliegend entscheidend. Gemäss Art. 14 Abs. 2 VRV ist der Vortrittsberechtigte nämlich verpflichtet, auf diejenigen Strassenbenützer Rücksicht zu nehmen, die eine Strassenverzweigung erreichen, bevor sie ihn erblicken konnten, was eine aus praktischen Gründen unabdingbare Relativierung des Vortrittsrechts bedeutet.

    Unter diesen Umständen kann sich der Angeklagte nicht auf sein Vortrittsrecht berufen, bzw. dieses tritt gegenüber seiner Pflicht zur Rücksichtnahme auf den grundsätzlich vortrittsbelasteten Geschädigten in den Hintergrund. Der Angeklagte war unaufmerksam, indem er es unterliess, sich mit einem Kontrollblick nach links zu vergewissern, dass sich von dort niemand nähert und vor ihm die Kreuzung erreicht. Zur Kollision beigetragen hat weiter die deutlich überhöhte Geschwindigkeit des Angeklagten, da er andernfalls erst nach dem Geschädigten auf die Kreuzung gelangt wäre die Kollision zumindest eher vermeidbar gewesen wäre, weil mehr Zeit für eine Reaktion zur Verfügung gestanden hätte, wenn er jedenfalls nicht mit mehr als der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h gefahren wäre.

    Ob der Geschädigte vor der Kreuzung angehalten hatte, ist für die strafrechtliche Würdigung des Verhaltens des Angeklagten ohne Belang, da der Geschädigte die Kreuzung unabhängig davon vor ihm erreichte, wie aus dem Kollisionsbild (Front gegen rechte Seite) zweifelsfrei hervorgeht, und somit Art. 14 Abs. 2 VRV zur Anwendung kommt. Ein allfälliges Selbstverschulden des Geschädigten wirkt sich lediglich auf die Haftpflicht aus. Auf die entsprechenden Vorbringen der Verteidigung ist daher bei der Behandlung der Zivilansprüche einzugehen (vgl. unten IV).

    Die Auffassung der Verteidigung, der Angeklagte werde zu Unrecht beschuldigt, weil er im Unfallzeitpunkt alkoholisiert gewesen sei (Prot. I S. 7), ist unbegründet.

    Die Beweiswürdigung hat ergeben, dass der Angeklagte die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als die Hälfte überschritt und nicht nach links schaute, von wo der Geschädigte vor ihm auf die Kreuzung gelangte. Der Alkoholkonsum mag ein Grund für dieses Verhalten gewesen sein. Der Angeklagte hat damit jedoch unabhängig von seinem Alkoholkonsum seine Sorgfaltspflicht gleich mehrfach verletzt, was für den Unfall und den Eintritt der damit verbundenen Verletzungsfolgen (vgl. unten 8) kausal war und eine pflichtwidrige Unvorsichtigkeit i.S. von Art. 12 Abs. 3 StGB darstellt.

  8. Laut Angaben des Hausarztes erlitt der Geschädigte eine HWS-Distorsion und ein HWS-Beschleunigungstrauma (Urk. 11/5), was der behandelnde Neurologe untechnisch als Nackenschmerzen beschreibt (Urk. 11/6). Beide Ärzte bejahen die Unfallkausalität der Beschwerden (Urk. 11/5 und 11/6). Diese Verletzungsfolgen wurden von der Vorinstanz zurecht der einfachen Körperverletzung

    i.S. von Art. 123 StGB zugeordnet (Urk. 33 S. 12 f.).

  9. Sämtliche Tatbestandselemente der fahrlässigen Körperverletzung i.S. von Art. 125 StGB sind erfüllt. Der Geschädigte stellte wenige Tage nach dem Unfall einen entsprechenden Strafantrag gegen den Angeklagten (Urk. 4). Der Angeklagte ist demnach ferner der fahrlässigen Körperverletzung schuldig zu sprechen.

III.
  1. Fahrlässige Körperverletzung i.S. 125 StGB und Fahren in fahrunfähigem Zustand i.S. von Art. 91 SVG werden mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren mit Geldstrafe geahndet. Der Angeklagte ist demnach mit einer Geldoder Freiheitsstrafe, allenfalls verbunden mit einer Busse, zu belegen, die gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB wegen Deliktsmehrheit angemessen zu erhöhen sind. Für das Nichtmitführen der erforderlichen Ausweise i.S. von Art. 99 Abs. 3 SVG ist daneben in jedem Fall eine Busse auszufällen.

  2. Die Verteidigung rügt in Bezug auf die Strafzumessung, dass die Vorinstanz dem Angeklagten trotz seines Alkoholkonsums keine Verminderung der Zurechnungsfähigkeit zubilligte (Urk. 25 S. 2 Ziff. 3). Die Vorinstanz schloss die Anwendung von Art. 19 Abs. 2 StGB unter Rückgriff auf die Rechtsfigur der sogenannten actio libera in causa (Art. 19 Abs. 4 StGB) mit der Begründung aus, dass der Angeklagte die im Zustand der Trunkenheit begangenen Taten hätte voraussehen können (Urk. 33 S. 18 E. 3.2).

    Der Angeklagte wies in der Tatnacht einen Blutalkoholgehalt von rund 1.6 ‰ auf (Urk. 6 S. A4). Laut der Rechtsprechung ist bei diesem Wert eine Verminderung der Zurechnungsfähigkeit noch nicht zu vermuten (BGE 122 IV 49 E. 1.b; BGE 117 IV 292 E. 2.d). Die im Polizeiprotokoll dokumentierten Merkmale dürften zumindest teilweise Nachwirkungen der Kollision darstellen (vgl. Urk. 10/7 S. 13 und Anh. 11) und ändern deshalb nichts an diesem Ergebnis (Urk. 6 S. A2). Ein Strafmilderungsgrund i.S. von Art. 19 StGB liegt demnach nicht vor.

  3. Hat der Angeklagte mehrere mit einer gleichartigen Strafe bedrohte Delikte begangen, ist zunächst eine Einsatzstrafe für das schwerste dieser Delikte festzusetzen. Das ist vorliegend die fahrlässige Körperverletzung.

    Der Angeklagte überschritt die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als die Hälfte, was die Vorinstanz zurecht als massiv übersetzte Geschwindigkeit bezeichnete (Urk. 33 S. 17 E. 2.2). Die Kollisionsgeschwindigkeit war entsprechend hoch. Der Geschädigte erlitt infolge der Kollision eine HWS-Distorsion. Es ist bekannt, dass solche Verletzungen lang anhaltende Folgen haben können. Nur den modernen Sicherheitsstandards im Autobau ist es zu verdanken, dass dieser Unfall nicht zu schwereren Verletzungen führte. Das objektive Tatverschulden wiegt daher nicht mehr leicht.

    Subjektiv handelte der Angeklagte in Anbetracht der für die unübersichtliche Verkehrssituation klar überhöhten Geschwindigkeit grobfahrlässig. Der erhöhte Blutalkoholgehalt wird mit der Verurteilung wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand geahndet und wirkt sich daher bei der fahrlässigen Körperverletzung nicht auf das Tatverschulden aus, da ansonsten eine unzulässige Doppelverwertung erfolgen würde. Das subjektive Tatverschulden wiegt folglich noch leicht.

    In Anbetracht der erwähnten Strafzumessungsfaktoren erscheint eine Einsatzstrafe von 90 Tagessätzen angemessen.

    Das objektive Tatverschulden bezüglich des Fahrens in fahrunfähigem Zustand wiegt angesichts des Blutalkoholgehalts von mindestens 1,6 Promille erheblich. Subjektiv ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte als Sommelier im Aussendienst tätig ist (Urk. 8 S. 8). Er betont, dass er im Beruf einen verantwortungsbewussten Umgang mit dem Alkohol pflege (Urk. 8 S. 4). Die Auswirkungen von Alkohol auf die Fahrtüchtigkeit sind ihm daher bestens bekannt, was sich in Bezug auf dieses Delikt erschwerend auf sein Tatverschulden auswirkt, wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat (Urk. 33 S. 17 E. 2.1). Der Angeklagte hatte sein Fahrzeug laut eigenen Aussagen an der strasse abgestellt, bevor er sich von einem Kollegen in dessen Auto an ein Fest nach C. fahren liess. Er hätte sein Auto zwar nach dem Fest an der strasse stehen lassen und mit dem Zug nach Hause nach D. fahren können (Urk. 8 S. 3). Es ist jedoch davon auszugehen, dass er sich die Option, für die Heimfahrt in der Nacht vom Sonntag auf den Montag das Auto zu benützen, bewusst offen hielt. Der Schluss, dass er von Anfang an in Kauf nahm, sein Auto in angetrunkenem Zustand wieder zu benützen, ist daher berechtigt. Auch das subjektive Tatverschulden wiegt erheblich.

    Die Einsatzstrafe ist aus diesem Grund um mindestens 30 Tagessätze zu erhöhen und zudem mit einer Busse zu verbinden.

  4. Der Angeklagte ist nicht vorbestraft (Urk. 34). Laut den Akten weist er eine Verwarnung wegen Überschreitens der Höchstgeschwindigkeit innerorts um 18 km/h im Juni 2009 auf (Urk. 14/1). Gemäss eigenen Aussagen droht ihm zurzeit der Entzug des Führerausweises, nachdem er während des Fahrens ein Mobiltelefon in der Hand gehalten hatte (Prot. II S. 7 f.). Im Übrigen kann auf die Ausführungen der Vorinstanz zu seinem Vorleben und seinen persönlichen Verhältnissen verwiesen werden. Laut den Aussagen des Angeklagten in der Berufungsverhandlungen hat sich daran ausser einem höheren monatlichen Einkommen von nun brutto Fr. 6'000.- nichts Wesentliches geändert (Prot. II S. 6-9). Für die Strafzumessung ergeben sich aus diesen persönlichen Faktoren keine Folgerungen.

  5. Die für die fahrlässige Körperverletzung und das Fahren in fahrunfähigem Zustand zu verhängende Strafe ist angesichts ihrer Höhe als Geldstrafe auszufällen (Art. 40 StGB e contrario). Die Grundsätze der Tagessatzbemessung wurden von der Vorinstanz grundsätzlich korrekt wiedergegeben (Urk. 33 S. 19 E. 4.2.1; vgl. auch BGE 134 IV 60).

    Aufgrund des Verschlechterungsverbots kann die von der Vorinstanz festgesetzte Tagessatzhöhe von Fr. 100.- nicht erhöht werden und ist daher zu bestätigen.

  6. Der Angeklagte ist demnach mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 100.zu bestrafen. Die von der Vorinstanz ausgesprochene Busse von

    Fr. 1'000.wurde nicht beanstandet und ist zu bestätigen, ebenso die Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen für den Fall, dass der Angeklagte die Busse schuldhaft nicht bezahlt. Einer höheren Strafe steht das Verschlechterungsverbot entgegen (§ 399 StPO/ZH).

  7. Der Vollzug einer Geldstrafe kann unter den in Art. 42 StGB genannten Voraussetzungen aufgeschoben werden. Diese sind vorliegend erfüllt. Der Vollzug der Geldstrafe ist daher aufzuschieben unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren.

IV.
  1. Der Geschädigte stellte den Antrag, es sei im Grundsatz festzustellen, dass der Angeklagte vollumfänglich schadenersatzpflichtig sei und dass ihm der Angeklagte eine Genugtuung schulde. Zur Feststellung des Quantitativs seien diese Forderungen auf den Zivilweg zu verweisen (Urk. 21). Die Vorinstanz ist diesem Antrag gefolgt (Urk. 33 S. 20 f.).

    Der Angeklagte hat den Entscheid über die Zivilansprüche angefochten. Die Schadenersatzforderung sei wegen Mitverschuldens zu reduzieren, und die Genugtuungsforderung sei aus dem selben Grund abzuweisen (Urk. 26 S. 2 Ziff. 2).

  2. Gemäss Art. 58 SVG ist der Halter eines Motorfahrzeugs haftbar für Verletzungen und andere Schäden, die durch den Betrieb seines Motorfahrzeugs verursacht werden. Da der Geschädigte nicht Halter des von ihm gelenkten Fahrzeugs war (Urk. 1 S. 5 oben), kann sich der Angeklagte ihm gegenüber nicht auf Art. 61 SVG berufen, da diese Bestimmung nur die Haftung zwischen Haltern regelt, sondern es kommt Art. 59 SVG zur Anwendung.

    Dass neben dem Angeklagten grundsätzlich auch der Halter des vom Geschädigten gelenkten Fahrzeugs für den Schaden des Geschädigten haftbar ist, wirkt sich im Verhältnis zum Geschädigten nicht aus, da gemäss Art. 61 Abs. 3 SVG mehrere ersatzpflichtige Halter grundsätzlich solidarisch haften.

    Da ein Verschulden des Angeklagten aufgrund dieses Verfahrens feststeht, kommt Art. 59 Abs. 1 SVG von vornherein nicht zur Anwendung. Kann der Angeklagte nachweisen, dass ein Verschulden des Geschädigten beim Unfall mitgewirkt hat, bestimmt der Richter die Ersatzpflicht gemäss Art. 59 Abs. 2 SVG unter Würdigung aller Umstände. Dabei ist zu beachten, dass der Geschädigte nicht für die Betriebsgefahr des von ihm gelenkten Fahrzeugs haftbar ist, sondern sich nur ein allfälliges Selbstverschulden anrechnen lassen muss, während der Angeklagte als Halter ausser für sein Verschulden auch für die Betriebsgefahr einstehen muss.

  3. Der Angeklagte macht geltend, der Geschädigte sei zu schnell gefahren (Urk. 26 S. 2 Ziff. 2): Wer in einer 30er Zone mit 20 km/h von links auf eine Kreuzung fahre, den treffe ein Mitverschulden an einer allfälligen Kollision (Prot. I S. 9). Im Zusammenhang mit der rechtlichen Würdigung wurde bereits dargelegt, dass sich der Angeklagte nicht auf sein Vortrittsrecht berufen kann, da der Geschädigte die Kreuzung vor ihm erreichte.

    Die vom Gutachten unter Berücksichtigung der Toleranz ermittelte Maximalgeschwindigkeit von 20 km/h beim Befahren der Kreuzung ist nicht zu beanstanden. Die Auffassung des Angeklagten, der Geschädigte habe zu schnell beschleunigt und sei zu schnell gefahren (Prot. I S. 8 f.; Urk. 26 S. 1 f. und S. 2 Ziff. 2) ist haltlos. Nachdem der Geschädigte entschieden hatte zuzufahren, nützte eine tiefere

    Geschwindigkeit nichts mehr, sondern erhöhte im Gegenteil sogar die Kollisionsgefahr, da sich dadurch die Verweildauer auf der Kreuzungsfläche verlängerte.

    Der Angeklagte wirft dem Geschädigten weiter vor, er sei ohne Licht gefahren. Dafür gibt es keine Belege. Der Angeklagte sagt denn auch selber, dass es sich dabei lediglich um eine Mutmassung handle, weil er den Geschädigten nicht gesehen habe (Urk. 8 S. 2), was aber auch dadurch erklärbar ist, dass der Angeklagte vor dem Befahren der Kreuzung nicht nach links schaute, was seiner ersten Aussage entspricht (Urk. 4 S. D2) und wovon nach dem Beweisergebnis auszugehen ist (vgl. oben II.5).

    Ein Selbstverschulden des Geschädigten läge allenfalls dann vor, wenn der Geschädigte entgegen seiner eigenen Darstellung vor der Kreuzung nicht angehalten hatte und deshalb nicht mehr rechtzeitig reagieren konnte, als der Angeklagte in seinem Blickfeld auftauchte. Ein allfälliges Selbstverschulden des Geschädigten würde allerdings nichts an den weiter oben festgestellten Pflichtverletzungen des Angeklagten ändern und hätte keinen Einfluss auf seine Strafbarkeit.

    Auf adhäsionsweise geltend gemachten Zivilansprüche kommen die zivilrechtlichen Regeln über die Beweislastverteilung zur Anwendung. Der Angeklagte ist daher als Beklagter behauptungsund beweispflichtig für Umstände, die er zu seiner Entlastung anführt. Wie oben festgestellt wurde, lässt sich aufgrund der prozessual verwertbaren Beweismittel nicht erstellen, ob der Geschädigte vor dem Befahren der Kreuzung angehalten hatte (vgl. oben II.4). Unter diesen Umständen scheitert der Angeklagte mit dem Versuch, sich mit dem Nachweis eines Selbstverschuldens des Geschädigten zu entlasten.

  4. Der Angeklagte vermochte nicht darzutun, dass den Geschädigten ein Selbstverschulden trifft, das nach den Grundsätzen von Art. 59 Abs. 2 SVG zu einer Haftungsreduktion führen würde. Der Entscheid der Vorinstanz über die Zivilansprüche ist demnach zu bestätigen. Es ist dem Grundsatz nach festzustellen, dass der Angeklagte vollumfänglich schadenersatzpflichtig ist und eine Genugtuung schuldet, und im Übrigen sind die Forderungen des Geschädigten auf den Zivilweg zu verweisen.

V.

Der Angeklagte ist mit seiner Berufung nur in Bezug auf die Höhe der Busse erfolgreich und unterliegt mit seinen übrigen Anträgen. Die Kostenauflage der Vorinstanz ist zu bestätigen, und die Kosten des Berufungsverfahrens sind vollumfänglich dem Angeklagten zu auferlegen.

DasGerichtbeschliesst:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Einzelrichters in Strafsachen des Bezirksgerichts Zürich vom 24. November 2010 bezüglich Dispositivziffer 1,

    1. und 3. Spiegelstrich (Schuldsprüche wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand und wegen Nichtmitführens der erforderlichen Ausweise) und bezüglich Dispositivziffern 6 und 7 (Kostendispositiv) in Rechtskraft erwachsen ist.

    2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

DasGerichterkennt:

  1. Der Angeklagte ist ferner schuldig der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB.

  2. Der Angeklagte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 100.-sowie mit einer Busse von Fr. 1'000.--.

    Bezahlt der Angeklagte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen.

  3. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf zwei Jahre festgesetzt. Die Busse ist zu bezahlen.

  4. Es wird dem Grundsatz nach festgestellt, dass der Angeklagte dem Geschädigten schadenersatzpflichtig ist mit einer Haftungsquote von 100% und

    dass er ihm eine Genugtuung schuldet. Im Übrigen werden die Zivilansprüche des Geschädigten auf den Zivilweg verwiesen.

  5. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 3'000.--.

  6. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Angeklagten auferlegt.

  7. Schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Angeklagten

    • die Staatsanwaltschaft Zürich - Sihl

    • den Vertreter des Geschädigten im Doppel für sich und zuhanden des Geschädigten

      in vollständiger Ausfertigung an

    • die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Angeklagten

    • die Staatsanwaltschaft Zürich - Sihl

    • den Vertreter des Geschädigten im Doppel für sich und zuhanden des Geschädigten

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich

    • das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich, Abteilung Administrativmassnahmen, 8090 Zürich (Pin-Nr.: )

    • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A.

  8. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, beiderStrafrechtlichenAbteilungdes Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

II. Strafkammer

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Oberrichter lic. iur. Meyer lic.iur. Hafner

ZurBeachtung:

Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:

Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vorerst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.

Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),

  • wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen Vergehen begeht,

  • wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht die Weisungen missachtet.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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