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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:RU160077
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid RU160077 vom 19.02.2017 (ZH)
Datum:19.02.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes s.V. des Bezirksgerichtes Dielsdorf vom 21. Oktober 2016 (ED160003)
Schlagwörter : Recht; Beschwerde; Deführer; Beschwerdeführer; Unentgeltlich; Unentgeltliche; Rechtspflege; Rechtsvertreterin; Vorinstanz; Dielsdorf; Unentgeltlichen; Beistand; Erben; MwH; Partei; Erblasser; Vertretung; Gericht; Testament; Ehefrau; Person; Erblassers; Beschwerdeführern; Erbteil; Entscheid; Abtretung; BGer
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 119 ZPO ; Art. 123 ZPO ; Art. 241 ZGB ; Art. 322 ZPO ; Art. 324 ZPO ; Art. 388 ZGB ; Art. 394 ZGB ; Art. 404 ZGB ; Art. 413 ZGB ; Art. 426 StPO ; Art. 533 ZGB ; Art. 548 ZGB ; Art. 69 ZPO ; Art. 93 BGG ;
Referenz BGE:120 Ia 179; 131 I 217; 137 III 470; 139 III 334; 142 III 131; 75 II 190; 99 Ia 430;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: RU160077-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichterin

lic. iur. M. Stammbach und Ersatzrichter lic. iur. A. Huizinga sowie Gerichtsschreiber MLaw P. Klaus

Urteil vom 19. Februar 2017

in Sachen

  1. A. ,
  2. B. ,

Gesuchsteller und Beschwerdeführer,

Nr. 1 und 2 vertreten durch Beistand C. , Sozialdienste Bezirk Dielsdorf, diese vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes s.V. des Bezirksgerichtes Dielsdorf vom 21. Oktober 2016 (ED160003)

Erwägungen:

I.
  1. D. (fortan Erblasser), geboren am tt. Mai 1938, verstarb am tt. März 2013. Er hinterliess als gesetzliche Erben seine Ehefrau, E. , sowie vier Nachkommen (act. 4/1). Das Bezirksgericht Dielsdorf (fortan Vorinstanz) eröffnete am 23. April 2013 das Testament des Erblassers vom 9. Dezember 1996, in welchem er u.a. zwei seiner Nachkommen, die Gesuchsteller und Beschwerdeführer (fortan Beschwerdeführer), enterbte (act. 4/1). Da es der Vorinstanz nicht möglich war, den genauen Aufenthaltsort der Beschwerdeführer zu ermitteln bzw. diese zu erreichen, machte sie der Kindesund Erwachsenenschutzbehörde des Bezirks Dielsdorf (fortan KESB Dielsdorf) in Anwendung von Art. 548 i.V.m. aArt. 393

    Ziff. 3 ZGB davon Mitteilung und lud sie ein, zumindest für die Verwaltung des Erbanteils des Beschwerdeführers 2 das Nötige anzuordnen (act. 4/1).

  2. Die KESB Dielsdorf errichtete darauf am 15. Mai 2013 gleich für beide Beschwerdeführer eine Vertretungsbeistandschaft (Art. 390 Abs. 1 Ziff. 2 i.V.m. Art. 394 Abs. 1 ZGB) und ernannte F. zum Vertretungsbeistand (act. 4/2). Nachdem er im Namen der Beschwerdeführer Einsprache gegen die Ausstellung des Erbscheins erhoben hatte (act. 4/3), ordnete die Vorinstanz mit Verfügung

    vom 27. Mai 2013 über den Nachlass die Erbschaftsverwaltung an (act. 4/4). Das darauf vom Notariat Dielsdorf erstellte Nachlassinventar vom 4. Oktober 2013 ergab, dass sämtliche aufgeführten Vermögenswerte Gesamtgut darstellen und - vorbehältlich der Pflichtteilsansprüche der Nachkommen (Art. 241 Abs. 3 ZGB) - ins Alleineigentum der hinterbliebenen Ehefrau des Erblassers fallen würden. Es bestünde kein Vermögen, das durch das Notariat zu verwalten wäre (act. 4/5), worauf die Vorinstanz das Notariat Dielsdorf am 7. November 2013 von seinem Auftrag entband (act. 8 S. 3).

  3. Am 14. November 2014 schlossen die Ehefrau des Erblassers und der Beistand der Beschwerdeführer eine Vereinbarung, in welcher sie anerkannte, dass die Beschwerdeführer (i) Nachkommen des Erblassers seien und (ii) an seinem Nachlass mit dem gesetzlichen Pflichtteil berechtigt seien (act. 4/10). Während die Ehefrau einen Pflichtteilsanspruch der Beschwerdeführer von je Fr. 33'648.11 ermittelte (act. 4/11), ging der Beistand in einem E-Mail vom 26. Juni 2015 von einem Anspruch von Fr. 45'819.- aus (act. 4/12). In der Folge liess die - nunmehr durch einen Rechtsanwalt vertretene - Ehefrau die Erbenstellung der Beschwerdeführer jedoch bestreiten, da diese nicht rechtsgültig adoptiert worden seien bzw. den Beweis dazu nicht führen könnten und die Vereinbarung vom

14. November 2014 weiter ungültig sei (act. 4/13 f.; act. 4/16 f.).

4. Derweil setzte die KESB Dielsdorf mit Entscheid vom 10. Dezember 2015 neu C. , Sozialdienste des Bezirks Dielsdorf, als Beistand der Beschwerdeführer ein und gab ihm u.a. auf, beim zuständigen Gericht im Namen der Beschwerdeführer - sofern notwendig - Erbteilungsklage zu erheben (act. 4/6). Am

11. März 2016 mandatierte er Rechtsanwältin X. , um die Erbteilungsklage

einzuleiten (act. 4/7). Sie reichte das entsprechende Schlichtungsgesuch am

11. Juli 2016 beim Friedensrichteramt H. ein (act. 3) und ersuchte gleichzeitig darum, den Beschwerdeführern die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen (act. 2). Das Friedensrichteramt H. überwies das Gesuch in der Folge zur Beurteilung an die Vorinstanz (act. 1), welche es mit Entscheid vom 21. Oktober 2016 abwies (act. 5 = act. 8 = act. 10).

5. Gegen diesen Entscheid erhob die Rechtsvertreterin mit Eingabe vom

  1. November 2016 (Datum Poststempel) fristgerecht (act. 6 i.V.m. act. 9) Beschwerde mit folgenden Anträgen (act. 9 S. 2):

    1. Die Beschwerde gegen das angefochtene Urteil vom 21. Oktober 2016 Disp.

    Ziff. 1 sei gutzuheissen im Sinne, dass den Beschwerdeführern die unentgeltliche Prozessführung und die unentgeltliche Rechtsverbeiständung gewährt wird.

    1. Eventualiter sei die Beschwerde gegen das angefochtene Urteil vom

      21. Oktober 2016 Disp. Ziff. 1 gutzuheissen im Sinne, dass die unentgeltliche Prozessführung und die unentgeltliche Rechtsverbeiständung unter der Bedingung einer Abtretungserklärung zur Durchsetzung des staatlichen Nachzahlungsanspruchs gewährt wird.

    2. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolge zulasten der Beschwerdegegnerin.

6. Die vorinstanzlichen Akten sind beigezogen (act. 1-6). Der Ehefrau des Erblassers als Beklagte im Hauptprozess (act. 3) kommt im Verfahren betreffend der unentgeltlichen Rechtspflege keine Parteistellung zu (BGer, 5A_381/2013 vom

19. August 2013, E. 3.2 m.w.H.; BGE 139 III 334, E. 4.2), weshalb von ihr keine Beschwerdeantwort einzuholen ist (Art. 322 Abs. 1 ZPO). Eine Stellungnahme von der Vorinstanz (Art. 324 ZPO) ist nicht einzuholen. Die Sache ist spruchreif.

II.
  1. Zur Begründung ihres Entscheids führte die Vorinstanz im Wesentlichen aus, dass die um unentgeltliche Rechtspflege ersuchende Partei ihre Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen habe. Komme sie der Mitwirkungspflicht nicht nach, sei die unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern. Wegen des unbekannten Aufenthalts der Beschwerdeführer - weder ihrer Rechtsvertreterin, noch ihren Vertretungsbeiständen, noch dem Gericht der Testamentseröffnung oder sonst einer Behörde, sei bisher eine Kontaktaufnahme gelungen - seien ihre derzeitigen Lebensumstände gänzlich unbekannt. Die vorausgesetzte Bedürftigkeit der Beschwerdeführer sei weder belegt noch behauptet, weshalb das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege abzuweisen sei (act. 8 S. 4 f.).

  2. Die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführer stimmt der Vorinstanz darin zu, dass die Mittellosigkeit i.S.v. Art. 117 lit. a ZPO nicht nachgewiesen werden kön- ne. Aufgrund der konkreten Konstellation sei jedoch vom Nachweiserfordernis der prozessualen Bedürftigkeit eine Ausnahme zu machen. Die Beistandschaft sei gerade wegen des unbekannten Aufenthalts der Beschwerdeführer errichtet worden. Die Abwesenheit habe zur logischen Konsequenz, dass die Lebensumstände der Beschwerdeführer nicht bekannt seien. Ihnen dürfe aber die objektive Unmöglichkeit, die Mitwirkungsobliegenheit zu erfüllen, nicht zum Nachteil gereichen. Ohne Ausnahmeregelung würde den Beschwerdeführern der Zugang zum Recht verwehrt. Ihre Interessen könnten ohne unentgeltliche Rechtspflege nicht effektiv und mit der gebotenen Sorgfalt gewahrt werden. Würde die unentgeltliche Rechtspfle-

ge nicht gewährt, würde die effektive Wahrung der Rechte in einem gerichtlichen Verfahren verunmöglicht, weshalb auf Massnahmen des Erwachsenenschutzes hätte von vornherein verzichtet werden können (act. 9 S. 4).

III.

1. Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, kann für die allgemeinen Voraussetzungen zur Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege auf die zutreffende Erwägung der Vorinstanz verwiesen werden (act. 8 S. 3 f., Erw. 4). Die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführer anerkennt, dass sie den Nachweis der Mittellosigkeit i.S.v. Art. 117 Abs. 1 lit. a ZPO nicht führen kann. Weder ihr noch den Beiständen, noch der KESB Dielsdorf oder der Vorinstanz (im Zusammenhang mit der Testamentseröffnung des Erblassers) ist bislang eine Kontaktaufnahme mit den Beschwerdeführern gelungen (act. 9 S. 3 f.). Zutreffend erkannte die Vorinstanz, dass die für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege vorausgesetzte Bedürftigkeit nicht nur nicht belegt, sondern auch nicht behauptet wurde (act. 8 S. 5). Aufgrund der Abwesenheit der Beschwerdeführer ist schlicht unbekannt, ob sie prozessual bedürftig sind oder nicht.

2.

    1. Sinn und Zweck der unentgeltlichen Rechtspflege ist es, jedem Betroffenen grundsätzlich ohne Rücksicht auf seine finanzielle Situation Zugang zum Gericht und eine Vertretung durch einen Rechtskundigen zu ermöglichen, sofern seine Sache nicht aussichtslos erscheint (statt vieler: Wuffli, Die unentgeltliche Rechtspflege in der Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich 2015, S. 5 mit zahlreichen Hinweisen). BGE 137 III 470, E. 6.5.4 bezeichnet die unentgeltliche Rechtspflege gar als einen eigentlichen Pfeiler des Rechtsstaats. Nach der Rechtsprechung steht die unentgeltliche Rechtspflege auch verbeiständeten Personen nach Massgabe ihrer ökonomischen Verhältnisse zu und zwar unabhängig davon, ob die Erwachsenenschutzbehörden für die Prozesskosten aufzukommen haben (vgl. etwa Art. 404 Abs. 3 ZGB i.V.m. § 22 Abs. 1 EG KESR; BK ZPO-Bühler, Vor

      Art. 117-123 N 27; BGer, 5P.207/2003 vom 7. August 2003, E. 1; BGE 99 Ia 430,

      E. 2b; 110 Ia 87, E. 4).

    2. Um allerdings in den Genuss der - wie die Vorinstanz zutreffend festhält (act. 8 S. 5) - (einstweiligen) Rechtswohltat der unentgeltlichen Rechtspflege zu kommen, ist der Nachweis der prozessualen Bedürftigkeit (Art. 117 lit. a ZPO) unabdingbar. Es obliegt der gesuchstellenden Partei, ihre Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend, klar und gründlich offenzulegen, sowie möglichst zu belegen (BGE 120 Ia 179, E. 3a; 135 I 221, E. 5.1; sowie ausführlich BGer, 4A_563/2014 vom 25. Februar 2015, E. 2.1 m.w.H.; vgl. auch ZK ZPO-Emmel,

      3. Aufl. 2016, Art. 119 N 6 f.). Nur bei Kenntnis der gesamten finanziellen Verhältnisse kann beurteilt werden, ob und allenfalls in welchem Umfang die Beanspruchung des eigenen Vermögens zumutbar ist, um einen nicht aussichtslosen Prozess zu führen (BGer, 4A_563/2014 vom 25. Februar 2015, E. 2.1; BGE 120 Ia 179, E. 3a m.w.H.; 125 IV 161, E. 4a).

    3. Die ZPO umschreibt die Anspruchsvoraussetzungen und den Leistungsumfang der unentgeltlichen Rechtspflege abschliessend (BGE 142 III 131, E. 3.1 m.w.H.). Es ist den rechtsanwendenden Behörden untersagt, geringere Anforderungen als das Gesetz zu verlangen oder weiter gehende Ansprüche zu gewäh- ren (ZK ZPO-Emmel, a.a.O., Art. 117 N 1; vgl. auch Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2013, § 16 Rz. 51 m.w.H.). Entgegen der Ansicht der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführer (act. 9 S. 4) besteht damit vorliegend kein Raum, um eine Ausnahme vom Nachweis der Mittellosigkeit (Art. 117 lit. a ZPO) zu machen. Das Gesetz sieht dies nicht vor. Würde trotzdem eine Ausnahme gemacht, käme dies einer unzulässigen Senkung der Anspruchsvoraussetzungen gleich. Daran vermag auch der Hinweis der Rechtsvertreterin nichts zu ändern, wonach den Beschwerdeführern der Zugang zum Recht angeblich verwehrt würde (vgl. dazu Ziff. 4). Zwar ist einzuräumen, dass der Nachweis der Mittellosigkeit bei unbekanntem Aufenthalt der gesuchstellenden Personen nicht möglich ist. Das Gesetz vermutet die Mittellosigkeit unter diesen Umständen jedoch nicht. Dazu besteht auch kein Anlass, da - was auch die Rechtsvertreterin sinngemäss anerkennt (act. 9 S. 4) - die Möglichkeit besteht, dass die Beschwer-

deführer über ausreichende finanzielle Mittel verfügen. Der Ansicht der Rechtsvertreterin, eine Ausnahme vom Nachweis der Mittellosigkeit zu machen, kann damit nicht gefolgt werden. Die Beschwerde ist abzuweisen.

3.

    1. Im Eventualantrag verlangt die Rechtsvertreterin, dass die unentgeltliche Rechtspflege unter der Bedingung einer Abtretungserklärung zur Durchsetzung des staatlichen Nachzahlungsanspruchs gewährt werden soll (act. 9 S. 2). Zur Begründung bezieht sie sich auf BGer, 4A_325/2015 vom 9. Februar 2016 (= Leitentscheid BGE 142 III 131) und führt dazu aus, dass durch eine Abtretungserklä- rung die Durchsetzung des staatlichen Nachzahlungsanspruchs (Art. 123 Abs. 1 ZPO) erleichtert würde. Auf diese Weise könne der Staat für seine mögliche Nachzahlungsforderung nämlich direkt auf den Prozessgegner greifen statt auf die bedürftige Partei (act. 9 S. 4 f.).

    2. Gegenstand des angeführten Entscheids war die Frage, ob die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege davon abhängig gemacht werden darf, dass die mittellose Partei einen allfälligen Prozessgewinn bis zur Höhe der auf sie entfallenden Gerichtskosten und der Kosten ihrer anwaltlichen Vertretung an die Gerichtskasse abtritt. Das Bundesgericht sah darin keine Erweiterung der Anspruchsvoraussetzungen in Art. 117 ff. ZPO und erklärte die Abtretungsbedingung für zulässig (BGE 142 III 131, E. 2 i.V.m. E. 4.4).

    3. Mit der vorliegenden Sache hat dies nur marginal etwas zu tun, weshalb die Rechtsvertreterin aus der Rechtsprechung nichts zu ihren Gunsten ableiten kann: Auch bei der Abtretungslösung müssen nämlich die Regelvoraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege (Mittellosigkeit, Nichtaussichtslosigkeit) gegeben sein (BGE 142 III 131, E. 4.1 m.w.H.). Wäre dem nicht so, könnte sich jede Partei unter Abtretung eines - wenn auch nur vage erwarteten - Prozessgewinns zunächst unentgeltlich vertreten lassen. Das ist aber weder Sinn und Zweck der unentgeltlichen Rechtspflege (vgl. Ziff. 2.1) noch der zitieren Rechtsprechung, welche die Abtretung für zulässig erklärte, weil sie wohl die Durchsetzung des staatlichen Nachzahlungsanspruchs erleichtert, aber gleichzeitig sicherstellt, dass die

bedürftige Partei nicht zur Nachzahlung der staatlich bevorschussten Prozesskosten herangezogen wird, solange sie dazu wirtschaftlich nicht in der Lage ist. Das Argument der Rechtsvertreterin verfängt nicht, weshalb auch der Eventualantrag abzuweisen ist.

4.

4.1. Ergänzend ist zur Sache noch das Folgende zu bemerken: Das materielle Recht sieht beim Schwächezustand der Abwesenheit von Erben, neben anderen Massnahmen des Erbrechts (Art. 548 Abs. 1, Art. 553 Abs. 1 Ziff. 2 oder Art. 554 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB), die Verbeiständung vor, um so sicherzustellen, dass ihre Interessen gewahrt bleiben (Art. 390 Abs. 1 Ziff. 2 und Abs. 3 i.V.m. Art. 394 ZGB; vgl. insbes. auch Tarnutzer-Münch, in: Abt/Weibel [Hrsg.], Praxiskommentar Erbrecht, 3. Aufl. 2015, Art. 548 N 3 m.w.H.). Die Vertretungsbeistandschaft umfasst alle dahingehend notwendigen Massnahmen - so bspw. die Erbausschlagung oder auch die Erhebung von erbrechtlichen Klagen (CHK-Wildisen, 3. Aufl. 2016, ZGB 548 N 3; Tarnutzer-Münch, a.a.O., Art. 548 N 3a m.w.H. oder auch BSK ZGB II-Schwander, 5. Aufl. 2015, Art. 548 N 4).

4.2.

      1. Mangels vollständiger Aktenkenntnis und aufgrund des Prozessgegenstands ist es vorliegend nicht an der Kammer, über die Notwendigkeit bzw. Sinnhaftigkeit der anhängig gemachten Erbteilungsklage zu befinden. Dennoch ist das behördliche Vorgehen nicht ganz einleuchtend: Kann - wie vorliegend - für den Zeitpunkt des Erbgangs Leben oder Tod eines Erben nicht nachgewiesen werden, weil dieser verschwunden ist, so wird sein Anteil unter amtliche Verwaltung genommen (Art. 548 Abs. 1 ZGB). Damit ist gemeint, dass (bei Fehlen eines gesetzlichen oder vertraglichen Vertreters) ein Vertretungsbeistand die Interessen des Verschwundenen wahrnimmt und dessen erbrechtlichen Anteil verwaltet

        (Art. 394 ZGB; CHK-Wildisen, a.a.O., ZGB 548 N 3; BSK ZGB II-Schwander, a.a.O., Art. 548 N 4). Die Personen, denen bei Nichtvorhandensein des Verschwundenen der Erbteil zufiele, haben darauf das Recht, nach den Regeln der Verschollenerklärung um die Aushändigung des Anteils zu ersuchen (Art. 548

        Abs. 2 f. i.V.m. Art. 35 ff. und Art. 546 f. ZGB). Auf diese Weise normiert das Gesetz den seltenen Fall eines verschwundenen Erben und schafft so einen adäquaten Ausgleich der (mutmasslichen) Erbeninteressen. Eine durch den Beistand des Verschwundenen angestossene Erbteilung sieht dessen Verwaltungsmandat

        (Art. 548 ZGB) nicht direkt vor.

      2. Den Vertretungsbeistand trifft bei der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben weiter die gleiche Sorgfaltspflicht wie eine beauftragte Person nach den Bestimmungen des OR (Art. 394 i.V.m. Art. 413 ZGB). Sie umfasst auch die Pflicht zur Vermeidung von Rechtsverlusten. Bei Verletzung droht Haftung nach Art. 454 f. ZGB (BSK Erw.Schutz-Affolter/Gerber Jenni, Art. 413 N 2 sowie N 5 f.). Vorliegend fällt auf, dass der Erblasser die Beschwerdeführer in seinem Testament enterbte, da diese sich seit Jahren nicht mehr um seine Ehefrau und ihn gekümmert und auch kein Lebenszeichen von sich gegeben hätten (act. 4/1 S. 4). Ob er damit den hohen Anforderungen an eine gültige Enterbung (Art. 477 ff. ZGB) genügte, ist zweifelhaft. Mangelhafte Testamente sind aber lediglich anfechtbar und bleiben gültig, wenn sie nicht rechtzeitig angefochten werden (statt vieler: Abt, in: Abt/Weibel [Hrsg.], Praxiskommentar Erbrecht, 3. Aufl. 2015,

        Art. 519 N 1).

      3. Soweit ersichtlich, wurde das am 23. April 2013 eröffnete Testament

        (act. 4/1) bislang nicht mit Herabsetzungsklage angefochten, obwohl bereits seit dem 15. Mai 2013 eine Vertretungsbeistandschaft für die Beschwerdeführer besteht (act. 4/2). Da das Wissen des Beistands den Beschwerdeführern zugerechnet werden muss (BGE 75 II 190, E. 3; 73 II 6, E. 5 a.E.; vgl. allgemein zur Wissenszurechnung im Privatrecht BGer, 4C.332/2005 vom 27. Januar 2006, E. 3.3 sowie 4A_27/2008 vom 9. Mai 2008, E. 2.3), begann spätestens in diesem Zeitpunkt die relative Anfechtungsfrist von einem Jahr nach Art. 533 ZGB zu laufen. Es besteht die Gefahr, dass die Frist mittlerweile abgelaufen ist. Mangels rechtzeitiger Anfechtung des Testaments wären die Beschwerdeführer auch mit der grundsätzlich jederzeit möglichen Herabsetzungseinrede (Art. 533 Abs. 3 ZGB) ausgeschlossen (Hrubesch-Millauer, in: Abt/Weibel, Praxiskommentar Erbrecht, 3. Aufl. 2015, Art. 533 N 10 m.w.H.).

      4. Es ist weiter unklar, ob eine rechtsgültige Unterbrechungshandlung der Verjährungsfrist vorliegt. Mit der Vereinbarung vom 14. Mai 2014 anerkannte die überlebende Ehefrau des Erblassers gegenüber dem damaligen Beistand wohl die Erbenqualität der Beschwerdeführer und dass diese mit ihrem gesetzlichen Pflichtteil am Nachlass berechtigt seien (act. 4/10). Die Wirksamkeit dieser Vereinbarung ist aber fraglich. Zwar trifft es zu, dass die Erben ein Testament nicht zu beachten haben, wenn sie sich darüber einig sind. Dazu ist aber die Mitwirkung aller berufenen Erben notwendig. Das Testamentseröffnungsurteil weist neben den Beschwerdeführern und der überlebenden Ehefrau des Erblassers allerdings noch zwei weitere Nachkommen als Erben aus, die nicht an der Vereinbarung mitwirkten (act. 4/1 i.V.m. act. 4/10).

      5. Nach dem Gesagten ist damit zweifelhaft, ob die Beschwerdeführer überhaupt noch legitimiert sind, eine Erbteilungsklage zu erheben. Wurde die Enterbung nicht rechtzeitig angefochten und erwiese es sich, dass die Vereinbarung vom 14. Mai 2014 keine Rechtswirkung zeitigen kann, kämen die Beschwerdefüh- rer als Erben nicht mehr in Frage. Dies machte die Klage nicht nur nicht notwendig (vgl. Ziff. 4.1), sondern gar aussichtslos. Weiter ist unklar, ob eine Erbteilungsklage überhaupt zum zulässigen Verwaltungshandeln nach Art. 548 ZGB gehört. Die Fragen können allerdings offen bleiben, da sie nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind und grundsätzlich auch nicht direkt die ohnehin entstehenden Aufwendungen von Rechtsanwältin X. im ihr zugekommenen Mandat betroffen. Dazu ist im Besonderen das Folgende zu bemerken:

    1. Grundsätzlich gilt, dass die Kosten erwachsenenschutzrechtlicher Massnahmen aus dem Vermögen der betroffenen Personen zu beziehen sind (Art. 404 Abs. 1 ZGB). Dies umfasst auch das Honorar einer Anwältin, die vom Beistand mit Genehmigung der KESB (Art. 416 Ziff. 9 ZGB; act. 4/6) zur Führung eines Prozesses beigezogen worden ist (act. 4/7). Soweit Entschädigungen und Spesenersatz nicht aus dem Vermögen der betroffenen Person bezahlt werden kön- nen, trägt die Kosten jene Gemeinde, in der die betroffene Person Wohnsitz hat (Art. 404 Abs. 3 ZGB i.V.m. § 22 Abs. 1 EG KESR). Weder das ZGB, noch das EG KESR oder die Verordnung über Entschädigung und Spesenersatz bei Bei-

      standschaften (ESBV) enthalten allerdings eine Regelung dazu, wer für die Kosten einer substitutionsweise beigezogenen Rechtsvertretung aufzukommen hat, wenn die verbeiständeten Personen dauerhaft abwesend sind und kein letzter Wohnsitz auszumachen ist.

    2. Die Rechtsvertreterin findet sich nun in der paradoxen Situation wieder, dass sie ein durch das Gesetz vorgesehenes Mandat nach bestem Wissen und Gewissen zu führen hat, ohne dass klar ist, ob die letztlich (von ihr indirekt) Vertretenen je aufgefunden und den ihr entstandenen Aufwand decken werden bzw. decken können. Dieses Risiko der Nichtzahlung des Honorars darf nicht ihr aufgebürdet werden. Wohl besteht zwischen Beistand sowie von ihm beigezogenen Substituten einerseits und den verbeiständeten Personen andererseits ein auftragsähnliches Verhältnis. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Beistand und die ihn vertretende Substitutin ein Amt ausüben, das ihnen kraft behördlicher Massnahme (Art. 388 Abs. 1 ZGB) zukommt (statt vieler: Häfeli, in: Rosch/Büchler/Jakob [Hrsg.], Erwachsenenschutzrecht, 2. Aufl. 2014, Art. 408 N 2 und BSK ZGB IAffolter, 5. Aufl. 2014, Art. 408 N 13 m.w.H.).

    3. Bei einer gerichtlichen Bestellung einer Rechtsvertretung für eine postulationsunfähige Partei (Art. 69 Abs. 1 ZPO), ist der Staat verpflichtet, den hoheitlich beigegebenen Vertreter entweder selber zu entschädigen oder zumindest subsidiär die Bezahlung zu garantieren (ZK ZPO-Staehelin/Schweizer, 3. Aufl. 2016, Art. 69 N 17 unter Verweis auf BGE 131 I 217, E. 2.5 = Pra 2006 768 ff., S. 772 f.). Dies, obwohl der unfreiwillig Vertretene - wie bei einer notwendigen Verteidigung (Art. 130 f. i.V.m. Art. 426 Abs. 1 StPO; vgl. dazu insbes. BGer, 1P.285/2004 vom 1. März 2005, E. 2.4 m.w.H.) - grundsätzlich die Kosten der Rechtsvertretung zu übernehmen hat (Botschaft ZPO, BBl 2006 7221 f., S. 7280). Es ist aber unbillig, die Rechtsvertreterin dem zu erwartenden Ausfallrisiko auszusetzen, erbringt sie ihre Leistungen doch auf staatliches Geheiss und ihm Grunde genommen im öffentlichen Interesse (Staehelin/Schweizer, a.a.O., Art. 69 N 17

i.V.m. BGE 131 I 217, E. 2.5). Darin findet die staatliche Ausfallhaftung ihre Begründung. Vorliegend verhält es sich nicht anders: Es war letztlich der Staat (act. 4/6 i.V.m. act. 4/7), der die Rechtsvertreterin beauftragte, Leistungen im

Rahmen einer behördlichen Massnahme zu erbringen. Die Rechtsvertreterin hat gerade wegen der Abwesenheit der Beschwerdeführer Leistungen zu erbringen. Es wäre unbillig, würden die ihr entstandenen Kosten nicht durch die öffentlichrechtlichen Auftraggeber übernommen. Der Weg über die unentgeltliche Rechtspflege passt dazu nicht (vgl. Ziff. 2). In der Pflicht stehen vielmehr die auftraggebende KESB Dielsdorf bzw. die Sozialdienste Dielsdorf.

5. Zusammenfassend erweist sich damit der abweisende Entscheid der Vorinstanz, mit dem sie die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege abwies, als zutreffend, weshalb die dagegen erhobene Beschwerde abzuweisen ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens würden die Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Wohl sind im Verfahren um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO keine Gerichtskosten zu erheben. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Bestimmung indes auf das kantonale Beschwerdeverfahren nicht anwendbar (BGE 137 III 470,

E. 6.5). Die Kammer hat sich dieser Auffassung im vergangenen Jahr angeschlossen (OGer ZH, RU160002 vom 14. März 2016, E. 4), weshalb grundsätzlich Kosten zu erheben wären. Umständehalber ist in diesem speziellen Fall jedoch davon abzusehen. Parteientschädigungen sind nicht zuzusprechen.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

  3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Beschwerdeführer, an die Gegenpartei in der Hauptsache (E. , [Adresse], vertreten durch RA lic. iur. G. , [Adresse]) unter Beilage eines Doppels von act. 9 sowie an das Bezirksgericht Dielsdorf, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt über Fr. 30'000.-.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:

MLaw P. Klaus versandt am:

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