Zusammenfassung des Urteils PS240030: Obergericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall bezüglich Konkurseröffnung entschieden. Die Schuldnerin, eine GmbH, hatte Beschwerde gegen die Konkurseröffnung erhoben, da ihr die Vorladung nicht ordnungsgemäss zugestellt worden war. Das Gericht hob die Konkurseröffnung auf, da die Schuldnerin die Konkursforderung hinterlegt hatte. Die Gläubigerin musste einen Barvorschuss zurückzahlen. Die Gerichtskosten wurden der Schuldnerin auferlegt. Das Urteil wurde am 27. März 2024 gefällt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS240030 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 27.03.2024 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Konkurseröffnung |
Schlagwörter : | Konkurs; Schuldnerin; Obergericht; Gläubigerin; Entscheid; Obergerichtskasse; Konkursgericht; Zustellung; Verfahren; Urteil; Konkurseröffnung; Zahlung; Parteien; SchKG; Vorladung; Betrag; Konkursamt; Konkursverhandlung; Kosten; Entscheidgebühr; Kantons; Forderung; Akten; Beschwerdeverfahren; Kostenvorschuss; Tilgung; Konkursbegehren; Entscheide; Betreibungsamt |
Rechtsnorm: | Art. 138 ZPO ;Art. 168 KG ;Art. 174 KG ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 130 III 396; 139 III 471; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PS240030-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter Dr. M. Sarbach und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Würsch
in Sachen
Schuldnerin und Beschwerdeführerin vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.
gegen
Gläubigerin und Beschwerdegegnerin
betreffend KonkursEröffnung
Beschwerde gegen ein Urteil des Konkursgerichtes des Bezirksgerichtes Zürich vom 13. Februar 2024 (EK240026)
1.
Die Schuldnerin und Beschwerdeführerin (fortan Schuldnerin) ist seit dem tt.mm.2019 im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragen. Gemäss Han- delsregistereintrag bezweckt sie die Erbringung von ...-dienstleistungen für Unternehmen sowie das Design und die Implementierung von IT-Lösungen, insbesondere für Dienstleistungsunternehmen (act. 8).
Mit Urteil vom 13. Februar 2024 eröffnete das Konkursgericht des Bezirksgerichts Zürich den Konkurs über die Schuldnerin für folgende Forderung der Gläubigerin und Beschwerdegegnerin (fortan Gläubigerin; act. 7/1 und act. 7/9 = act. 6 S. 1 und act. 11):
CHF 10'869.55
285.90
Forderung
Zins zu 5 % seit 5. August 2023 bis 13. Februar 2024
CHF -103.30 Teilzahlung vom 24. November 2023
CHF 600.00 Bearbeitungsgebühren
219.60 Betreibungskosten
Mit Eingabe vom 27. Februar 2024 (Datum Poststempel) erhob die Schuld- nerin bei der Kammer rechtzeitig Beschwerde gegen die vorinstanzliche KonkursEröffnung (act. 2; act. 7/12 und act. 7/14). Mit präsidialVerfügung vom
28. Februar 2024 wurde der Beschwerde einstweilen die aufschiebende Wirkung zuerkannt (act. 9). Nach Beizug der erstinstanzlichen Akten (act. 7/1-14) wurde ersichtlich, dass der Schuldnerin das angefochtene Urteil nicht ordnungsgemäss zugestellt worden war. Mit Verfügung vom 6. März 2024 wurde der Schuldnerin daher das vorinstanzliche Urteil fürmlich eröffnet. Da die von der Schuldnerin in der Beschwerde in Aussicht gestellten Zahlungen an die Obergerichtskasse ausblieben, wurde ihr sodann eine Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 750.00 für das Beschwerdeverfahren und der Gläubigerin eine Frist zur Beschwerdeantwort angesetzt (act. 12). Der Kostenvorschuss ging fristgerecht ein (act. 14). Die Gläubigerin reichte innert der ihr gesetzten Frist keine Beschwerdeantwort ein. Die Schuldnerin leistete nach Ablauf der Rechtsmittelfrist mit Valutadatum vom 22. März 2024 drei Zahlungen (von Fr. 11'899.95, Fr. 479.00 und Fr. 750.00) an die Obergerichtskasse (act. 15/1-3). Die Sache erweist sich als spruchreif.
2.
Gemäss Art. 174 Abs. 2 SchKG kann die KonkursEröffnung im Beschwerdeverfahren aufgehoben werden, wenn die Schuldnerin mit der Einlegung des Rechtsmittels ihre Zahlungsfühigkeit glaubhaft macht und durch Urkunden einen der drei gesetzlich vorgesehenen KonkurshinderungsGründe (Tilgung, Hinterlegung Gläubigerverzicht) nachweist. Mit der Beschwerde können aber auch Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens wie die nicht nicht richtige Vorla- dung zur Verhandlung des Konkursrichters gerägt werden. Diese sind von der Oberinstanz an erster Stelle zu prüfen (KUKO SchKG-Diggelmann, 2. Aufl. 2014, Art. 174 N 7).
Die Schuldnerin beantragt die Aufhebung der KonkursEröffnung. Sie macht geltend, die Vorladung zur Konkursverhandlung sei ihr nicht ordnungsgemäss zugestellt worden. Sie habe daher keine Kenntnis von dem Termin der Konkursverhandlung gehabt, womit eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs vorliege, was zur Aufhebung des Entscheides über die KonkursEröffnung führen müsse (act. 2
S. 4 f.). Weiter stellt sich die Schuldnerin auf den Standpunkt, dass eine erneute Ansetzung der Konkursverhandlung unterbleiben könne, da sie die ausstehende Konkursforderung samt Zinsen und Kosten beim Obergericht hinterlegt habe. Sie habe zudem einen weiteren Betrag zur Tilgung der sich im Stadium der Konkursandrohung befindlichen Betreibung-Nr. ... der B. AG bei der Obergerichtskasse hinterlegt (act. 2 S. 6).
3.
Eine korrekte KonkursEröffnung setzt voraus, dass den Parteien die gerichtliche Verhandlung über das Konkursbegehren rechtzeitig angezeigt wurde
(Art. 168 SchKG). Die Zustellung von Vorladungen, Verfügungen und Entschei- den erfolgt durch eingeschriebene Postsendung auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung (Art. 138 Abs. 1 ZPO; vgl. Art. 1 lit. c ZPO). Gemäss
Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO gilt eine eingeschriebene Postsendung, die nicht abgeholt worden ist, am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als zugestellt, sofern der Adressat mit einer Zustellung rechnen musste.
Aus den beigezogenen Akten der Vorinstanz ergibt sich, dass die Vorladung zur vorinstanzlichen Verhandlung vom 13. Februar 2024, 9.00 Uhr, mit Gerichts- urkunde an die Schuldnerin verschickt wurde. Die Vorladung wurde mit dem Vermerk Nicht abgeholt von der Post retourniert. Gemäss handschriftlichem Vermerk auf dem Couvert wurde eine zweite Zustellung per A-Post vorgenommen (act. 7/6 und act. 7/8). Ob diese der Schuldnerin zuging resp. sie von der anstehenden Konkursverhandlung Kenntnis erlangt hatte, ergibt sich aus den vorinstanzlichen Akten nicht; die Schuldnerin bestreitet es (act. 2 S. 5).
Ein bestehendes Prozessrechtsverhältnis verpflichtet die Parteien, sich nach Treu und Glauben zu verhalten und insbesondere dafür zu sorgen, dass ihnen Entscheide, welche das Verfahren betreffen, zugestellt werden können. Diese Pflicht gilt insoweit, als während des hängigen Verfahrens mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit der Zustellung eines behördlichen Aktes gerechnet werden muss. Die Zustellung der Konkursandrohung an die Schuldnerin durch das Betreibungsamt begründet mit Bezug auf ein Allfälliges KonkursEröffnungsverfahren beim Konkursgericht noch kein Prozessrechtsverhältnis und damit keine Pflicht der Schuldnerin, dafür zu sorgen, dass ihr gerichtliche Entscheide zugestellt wer- den können. Allein aufgrund der Konkursandrohung muss die Schuldnerin nicht jederzeit mit einer gerichtlichen Zustellung rechnen und in der Lage sein, gerichtliche Postsendungen entgegenzunehmen (ZR 104 [2005] Nr. 43; vgl. auch
BGE 130 III 396 E. 1.2.3). Die Zustellungsfiktion des Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO greift deshalb im vorliegenden Fall nicht.
Die Konkursverhandlung muss den Parteien mindestens drei Tage im Voraus angezeigt werden (Art. 168 SchKG). Da sich nicht nachweisen lässt, wann bzw. ob die Schuldnerin die Vorladung erhalten hat, ist davon auszugehen, dass sie nicht korrekt vorgeladen wurde und sie vom laufenden Verfahren keine Kenntnis hatte. Dies steht der KonkursEröffnung entgegen. Der angefochtene Entscheid ist deshalb wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aufzuheben.
Die Schuldnerin hat die Konkursforderung samt Zinsen und Kosten hinterlegt (act. 15/1) und daneben an das Konkursamt Riesbach-Zürich Fr. 1'000.00 (für dessen Kosten sowie die Kosten des Konkursgerichts) sichergestellt (act. 5/6) sowie an die Obergerichtskasse (zweimal) Fr. 750.00 für das Beschwerdeverfahren geleistet (vgl. act. 14 und act. 15/3). Aufgrund des damit gegebenen Konkurshinderungsgrundes der Hinterlegung nach Art. 172 Ziff. 2 SchKG erübrigt sich eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Es ist so zu verfahren, wie wenn die Schuldnerin die Konkursforderung bereits vor dem Entscheid des Konkursgerichts Zürich getilgt hätte. Ausgangsgemäss entfällt die Prüfung der Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin im Sinne von Art. 174 Abs. 2 SchKG.
Das Gesagte führt zur Gutheissung der Beschwerde; das vorinstanzliche Urteil vom 13. Februar 2024 ist aufzuheben und das Konkursbegehren ist abzuweisen.
4.
Die erstinstanzliche, aus dem Barvorschuss der Gläubigerin bezogene Entscheidgebühr von Fr. 400.00 ist trotz Gutheissung der Beschwerde der Schuldnerin aufzuerlegen, weil sie der Gläubigerin mit ihrer Zahlungssäumnis begründeten Anlass zur Stellung des Konkursbegehrens gegeben und damit das Verfahren des Konkursgerichtes verursacht hat.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz, weil die Parteien den Mangel des vorinstanzlichen Verfahrens nicht zu vertreten haben. Die Obergerichtskasse ist demnach anzuweisen, der Schuldnerin vorbehältlich eines allfälligen Verrechnungsrechts den von ihr für das zweitinstanzliche Verfahren doppelt geleisteten Kostenvorschuss von insgesamt Fr. 1'500.00 auszubezahlen.
Eine Parteientschädigung aus der Staatskasse ist für das Rechtsmittelverfahren mangels gesetzlicher Grundlage nicht zuzusprechen (Urwyler, DIKE-Komm-ZPO, Art. 107 N 12; BGE 139 III 471).
Die Kosten des Konkursamtes Riesbach-Zürich sind der Schuldnerin aufzuerlegen, da sie mit ihrer erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erfolgten Zahlung das Verfahren verursacht hat. Von dem beim Konkursamt einbezahlten Betrag von total Fr. 2'400.00 ist der Gläubigerin der von ihr geleistete Barvorschuss in der Höhe von Fr. 1'800.00 zurückzubezahlen. Der Schuldnerin ist von ihrer Zahlung in Höhe von Fr. 1'000.00 der nach Abzug der erstinstanzlichen Entscheidgebühr von Fr. 400.00 sowie der Kosten des Konkursamtes verbleibende Restbetrag zurückzubezahlen.
Die Obergerichtskasse ist im Weiteren anzuweisen, den bei ihr von der Schuldnerin hinterlegten Betrag von Fr. 11'899.95 im Umfang von Fr. 11'871.75 (vgl. oben in Erw. 1.2., act. 11) an die Gläubigerin auszubezahlen und in der Höhe von Fr. 28.20 an die Schuldnerin zurückzuerstatten. Der ebenfalls bei der Obergerichtskasse einbezahlte Betrag von Fr. 479.00 ist in diesem Umfang an das Betreibungsamt Zürich 8 zur Tilgung der Forderung aus der Betreibung-Nr. ... der
B. AG zu überweisen (vgl. act. 2 S. 6 f.).
In Gutheissung der Beschwerde wird das angefochtene Urteil des Konkursgerichtes des Bezirksgerichtes Zürich vom 13. Februar 2024 aufgehoben. Das Konkursbegehren wird abgewiesen.
Die von der Gläubigerin bezogene erstinstanzliche Spruchgebühr von Fr. 400.00 wird der Schuldnerin auferlegt.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz.
Die Obergerichtskasse wird angewiesen, der Schuldnerin vorbehältlich eines Allfälligen Verrechnungsrechts den von ihr für das zweitinstanzliche Verfahren geleisteten Kostenvorschuss von insgesamt Fr. 1'500.00 auszuzahlen.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Das Konkursamt Riesbach-Zürich wird angewiesen, von dem bei ihm einbezahlten Totalbetrag von Fr. 2'400.00 (Fr. 1'000.00 Zahlung der Schuldnerin sowie Fr. 1'400.00 Rest des von der Gläubigerin dem Konkursgericht geleisteten Barvorschusses) der Gläubigerin Fr. 1'800.00 und der Schuldnerin den nach Abzug der erstinstanzlichen Entscheidgebühr sowie seiner eigenen Kosten verbleibenden Restbetrag auszuzahlen.
Die Obergerichtskasse wird angewiesen, den bei ihr von der Schuldnerin hinterlegten Betrag von Fr. 11'899.95 im Umfang von Fr. 11'871.75 an die Gläubigerin auszubezahlen und in der Höhe von Fr. 28.20 an die Schuldnerin zurückzuerstatten. Weiter wird die Obergerichtskasse angewiesen, den ebenfalls bei ihr einbezahlte Betrag von Fr. 479.00 an das Betreibungsamt Zürich 8 zur Tilgung der Forderung aus der Betreibung-Nr. ... der B. AG gegen die Schuldnerin zu überweisen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien und die Obergerichtskasse, sowie an das Konkursgericht des Bezirksgerichtes Zürich (unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten) und das Konkursamt Riesbach-Zürich, im Urteils- Dispositiv an das Handelsregisteramt des Kantons Zürich und an das Betreibungsamt Zürich 8, je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um einen Entscheid des Konkursoder Nachlassrichters der Konkursoder Nachlassrichterin im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. K. Würsch versandt am:
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