Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS210193 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 05.11.2021 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_937/2021 |
Leitsatz/Stichwort: | Konkurseröffnung |
Schlagwörter : | Schuld; Schuldner; Konkurs; Beschwerde; Zahlung; Betreibung; Gläubiger; Zahlungsfähigkeit; Schulden; Könne; Glaubhaft; November; Schuldners; Forderung; Konkursamt; Innert; Kosten; Handelt; Stadium; Gläubigerin; Verbindlichkeiten; Reicht; Laufenden; Auftrag; Lässt; Entscheid; Thalwil; Ausführung |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 174 KG ; Art. 195 KG ; Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 132 III 140; 132 III 715; 139 III 491; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PS210193-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Ersatzrichterin lic. iur. N. Jeker und Ersatzrichter Dr. E. Pahud so- wie Gerichtsschreiberin MLaw J. Camelin-Nagel
in Sachen
Schuldner und Beschwerdeführer,
gegen
betreffend Konkurseröffnung
Beschwerde gegen ein Urteil des Konkursgerichtes des Bezirksgerichtes Horgen vom 19. Oktober 2021 (EK210267)
Mit Urteil vom 19. Oktober 2021 eröffnete das Konkursgericht des Bezirks- gerichts Horgen den Konkurs über den Schuldner für eine Forderung der Gläubi- gerin von Fr. 230.75 nebst 5% Zins seit 16. Februar 2021 sowie Fr. 51.- Kosten- beteiligung KVG, Fr. 1.15 Zinsen, Fr. 110.- Mahngebühren und Fr. 66.60 Betrei- bungskosten (vgl. act. 3). Dagegen erhob der Schuldner mit Eingabe vom 29. Ok- tober 2021 (Datum Poststempel) Beschwerde, welche er mit Eingabe vom 1. No- vember 2021 ergänzte. Er beantragt die Aufhebung des Konkurses und ersucht um Erteilung der aufschiebenden Wirkung (vgl. act. 2; act. 10).
Die Akten der Vorinstanz wurden beigezogen (act. 5/1-14).
2. Die Konkurseröffnung kann im Beschwerdeverfahren aufgehoben werden, wenn der Schuldner mit der Einlegung des Rechtsmittels seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft macht und durch Urkunden einen der drei gesetzlich vorgesehenen Konkursaufhebungsgründe (Tilgung, Hinterlegung oder Gläubigerverzicht) nach- weist (Art. 174 Abs. 2 SchKG). Die Beschwerde ist innert der Beschwerdefrist ab- schliessend zu begründen. Neue Behauptungen und Urkundenbeweise über kon- kurshindernde Tatsachen sind innert der Rechtsmittelfrist selbst dann zulässig, wenn sie nach dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind. Nachfristen können hingegen keine gewährt werden (BGE 139 III 491).
Der Schuldner hinterlegte innert Beschwerdefrist bei der Obergerichtskasse zuhanden der Gläubigerin Fr. 500.- (act. 8), womit die zum Konkurs führende Forderung inklusive Zinsen und Kosten gedeckt ist. Ebenfalls fristgerecht weist er mittels einer Quittung des Konkursamtes Thalwil vom 1. November 2021 nach, dass er dem Konkursamt Thalwil einen Kostenvorschuss von Fr. 1'800.- geleistet hat, welcher ausreicht, um die Kosten des erstinstanzlichen Konkursgerichts und diejenigen des Konkursamts sicherzustellen (act. 10/1). Damit weist der Schuld- ner den Konkursaufhebungsgrund der Hinterlegung im Sinne von Art. 174 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG durch Urkunden nach.
Für die Aufhebung des Konkurses muss der Schuldner weiter seine Zah- lungsfähigkeit glaubhaft machen. Zahlungsfähigkeit bedeutet, dass ausreichende liquide Mittel vorhanden sind, mit welchen die Gläubiger bei Fälligkeit ihrer Forde- rungen befriedigt werden können. Der Schuldner hat aufzuzeigen, dass er in der Lage ist, seinen laufenden Verpflichtungen nachzukommen und in absehbarer Zeit auch die bestehenden Schulden abzutragen. Bloss vorübergehende Zah- lungsschwierigkeiten lassen den Schuldner noch nicht als zahlungsunfähig er- scheinen. Anders verhält es sich, wenn keine Anzeichen für eine Verbesserung seiner finanziellen Lage zu erkennen sind und er auf unabsehbare Zeit hinaus als illiquid erscheint. Auch wenn der Schuldner die Zahlungsfähigkeit nicht strikt be- weisen, sondern nur glaubhaft machen muss, so genügen seine Behauptungen allein nicht. Er muss die Angaben durch objektive Anhaltspunkte untermauern, so dass das Gericht den Eindruck erhält, diese seien zutreffend, ohne das Gegenteil ausschliessen zu müssen (BGE 132 III 715 E. 3.1.; BGE 132 III 140 E. 4.1.2; BGer 5A_297/2012 E. 2.3). Nach der Praxis der Kammer genügt es zur Annahme der Zahlungsfähigkeit, wenn glaubhaft gemacht ist, dass der Schuldner die aktuell dringendsten Verpflichtungen bedienen kann und innert längstens zwei Jahren neben den laufenden Verbindlichkeiten auch die schon bestehenden Schulden abtragen können wird (vgl. OGer ZH PS140068 vom 29. April 2014).
Der Schuldner ist Inhaber des Einzelunternehmens C. . Dieses hat die Ausführung von Unterhalts-, Gebäude-, Fenster-, Fassaden- und Endreinigung sowie Hauswartungsdienste, Entsorgung, Umzug/Transport und Gartenpflege zum Zweck. Das Einzelunternehmen ist seit dem tt.mm.2020 im Handelsregister eingetragen (vgl. act. 4). Als Grund für seine Zahlungsschwierigkeiten macht der Schuldner geltend, die Corona Pandemie sei sehr hart für ihn gewesen (act. 2). Weiter führt er aus, er sei bereit alle seine Schulden zu bezahlen. Er habe nicht schnell gehandelt und mit den Gläubigern Kontakt aufgenommen. Das sei sein grösster Fehler gewesen. Es sei für ihn eine schwere Zeit gewesen. Im Prinzip könne er die Schuld in wenigen Tagen zahlen. Er wolle auf keinen Fall Konkurs gehen. Es sei nicht viel Geld. Er realisiere dies jetzt erst alles. Es sei einfach alles zu viel für ihn gewesen (act. 9).
Wesentlichen Aufschluss über die finanzielle Lage eines Schuldners gibt insbesondere ein Auszug aus dem Betreibungsregister. Vorliegend weist der ein- gereichte Betreibungsregisterauszug des Schuldners seit Januar 2021 17 Einträ- ge auf. Lässt man die nun hinterlegte Konkursforderung ausser Acht, sind davon noch 14 Betreibungen im Gesamtbetrag von Fr. 12'076.- offen. Davon befinden sich fünf Betreibungen über einen Gesamtbetrag von Fr. 6'247.35 im Stadium der Konkursandrohung und zwei Betreibungen über einen Gesamtbetrag von
Fr. 771.40 im Stadium der Pfändung. Frühere Konkurseröffnungen oder Verlust- scheine sind keine registriert (vgl. act. 11/2).
Der Schuldner macht geltend, dass er alles bis spätestens am 9. No- vember 2021 bezahlen könne. Er erwarte von einer Baustelle in D. eine Zahlung von ca. Fr. 23'000.- (act. 9). Diese Ausführungen blieben gänzlich unbe- legt. So reicht der Schuldner weder eine Auftragsbestätigung noch eine Rech- nung ein. Auch wenn es durchaus sein mag, dass der Schuldner in nächster Zeit eine grössere Zahlung aus einem Auftrag erwartet, ändert dies nichts am Um- stand, dass es sich um eine blosse Parteibehauptung handelt, welche nicht durch weitere objektive Anhaltspunkte unterstützt wird. Zudem wird der Schuldner für die Auftragsausführung auch Auslagen gehabt haben, weshalb fraglich ist, wie hoch der Betrag ist, der ihm zur Deckung seiner Schulden überhaupt zur Verfü- gung stünde.
Weiter bringt der Schuldner vor, seine Eltern würden ihm das Geld aus- leihen und ihn unterstützen. So könne er B. , E. , F. und
G. bezahlen (act. 9). Auch diese Behauptung blieb unbelegt. Insbesondere fehlt eine Bestätigung der Eltern, dass bzw. in welcher Höhe die Unterstützung er- folgen wird. Weiter besteht Unklarheit, welche Schulden er mit Hilfe der Eltern ab- zahlen würde. Von der B. sind zwei Betreibungen im Stadium der Konkur- sandrohung offen, von der F. SA und der G. Schweiz AG je eine (ebenfalls im Stadium der Konkursandrohung, vgl. act. 11/2). Von E. ist hingegen keine Betreibung offen. Ob es sich dabei um eine weitere, noch nicht betriebene Schuld handelt oder ob der Schuldner damit allenfalls die fünfte, sich
im Stadium der Konkursandrohung befindende Betreibung der H. SA meint, lässt sich nicht beurteilen.
Auch was den sonstigen Geschäftsgang betrifft, liegen bloss pauschale Ausführungen des Schuldners vor. Er macht zwar geltend, dass er für die Stadt Adliswil arbeite, welche ihm gute Aufträge gegeben habe und dass ihm auch viele Bauleiter von verschiedenen Firmen, Arbeit versprochen hätten, so etwa die
AG (act. 9). Entsprechende Auftragsbestätigungen oder sonstige Belege reicht er indes nicht ein, weshalb sich die Auftragslage nicht beurteilen lässt. Wei- ter fehlen aktuelle Debitoren- und Kreditorenlisten, die Aufschluss über die finan- zielle Situation des Unternehmens und insbesondere die laufenden Verbindlich- keiten geben würden. Ob liquide Mittel vorhanden sind, ist ebenfalls nicht be- kannt, da es dem Schuldner offenbar nicht gelang, einen Kontoauszug beizubrin- gen (vgl. act. 10 Rückseite). Es fällt indes auf, dass das Einzelunternehmen erst im November 2020 gegründet wurde (act. 4) und der Schuldner trotzdem schon 17 Einträge im Betreibungsregister aufweist (act. 11/2). Auch wenn es sich dabei um eher geringe Beträge handelt, weckt dies doch Zweifel an der Zahlungsfähig- keit des Schuldners.
3.6. Der Konkurs wurde über den Schuldner als Einzelunternehmer und damit als natürliche Person eröffnet, die für alle Verbindlichkeiten mit ihrem ge- samten Vermögen haftet. Eine Trennung zwischen geschäftlichen Schulden bzw. Guthaben und solchen des persönlichen Bedarfs gibt es somit nicht. Der Schuld- ner hätte daher auch seine Finanzlage umfassend darlegen müssen. Der Schuld- ner macht diesbezüglich aber weder Ausführungen, noch reicht er Belege ein, aus welchen sich die Lebenshaltungskosten ergeben würden. Dasselbe gilt hinsicht- lich der Höhe des Lohns, den der Schuldner sich ausbezahlt. Es lässt sich somit schlicht nicht beurteilen, ob der Schuldner seine privaten Ausgaben decken kann.
Gesamthaft betrachtet vermag der Schuldner nicht glaubhaft zu machen, dass ausreichende liquide Mittel vorhanden sind, um die Gläubiger bei Fälligkeit ihrer Forderungen zu befriedigen. Da Ungewissheit sowohl über die Höhe der lau- fenden Verbindlichkeiten als auch über die vorhandenen bzw. in naher Zukunft erhältlichen flüssigen Mittel sowie den Geschäftsgang des schuldnerischen Un- ternehmens an sich besteht, lässt sich nicht beurteilen, ob der Schuldner in der Lage ist, sowohl seinen laufenden Verbindlichkeiten nachzukommen als auch die bestehenden Schulden abzutragen. Auch lässt das Zahlungsverhalten des Schuldners vermuten, dass die Zahlungsschwierigkeiten nicht bloss vorüberge- hend sind. Die Zahlungsfähigkeit erscheint damit nicht als wahrscheinlicher als die Zahlungsunfähigkeit und ist folglich nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Die Beschwerde ist entsprechend abzuweisen. Damit wird der Antrag auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos und ist demzufolge abzuschreiben.
Abschliessend ist der Schuldner auf Art. 195 SchKG hinzuweisen, wonach frühestens nach Ende der Eingabefrist (vgl. KUKO SchKG-Diggelmann, 2. Aufl. 2014, Art. 195 N. 3) die Möglichkeit eines nachträglichen Widerrufs des Konkur- ses durch den Konkursrichter besteht, wenn nachgewiesen wird, dass sämtliche Forderungen beglichen sind (also auch die, für welche noch keine Betreibung eingeleitet wurde) oder von jedem Gläubiger eine schriftliche Erklärung über den Rückzug seiner Konkurseingabe vorliegt oder ein Nachlassvertrag zustande ge- kommen ist.
4. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 750.- dem Schuldner aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Eine Parteientschädigung für das Beschwerdeverfahren ist nicht zuzusprechen; dem Schuldner nicht auf- grund seines Unterliegens, der Gläubigerin nicht mangels Umtrieben in diesem Verfahren.
Der Antrag auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung wird als gegenstands- los geworden abgeschrieben.
Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittelbelehrung mit nachfolgendem Er- kenntnis.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 750.- festgesetzt und dem Schuldner auferlegt.
Die vorliegenden Verfahrenskosten werden vorsorglich zur Kollokation an- gemeldet.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Die Obergerichtskasse wird angewiesen, den bei ihr für die Forderung hin- terlegten Betrag von Fr. 500.- dem Konkursamt Thalwil zuhanden der Kon- kursmasse des Schuldners zu überweisen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gläubigerin unter Beilage des Doppels von act. 2 und act. 10, sowie an die Vorinstanz (unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten) und das Konkursamt Thalwil, ferner mit beson- derer Anzeige an das Handelsregisteramt des Kantons Zürich und an das Betreibungsamt Sihltal, je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um einen Entscheid des Konkurs- oder Nachlassrichters oder der Konkurs- oder Nachlassrichterin im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw J. Camelin-Nagel versandt am:
9. November 2021
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