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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PS170084
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PS170084 vom 09.06.2017 (ZH)
Datum:09.06.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Pfändung (Beschwerde über ein Betreibungsamt)
Schlagwörter : Beschwerde; Betreibungs; SchKG; Beschwerdeführer; Ferien; Betreibungsferien; Vorinstanz; Pfändung; Betreibungshandlung; Dungsurkunde; Pfändungsurkunde; Zollikon; Aufsichtsbehörde; Konkurs; Kanton; Zustellung; Obergericht; Aufschiebende; Beschluss; Zugestellt; Betreibungsamt; Frist; Beschwerdeführers; Schuldbetreibung; Bundesgericht; Meilen; Schuldner; Bezirksgericht; Küsnacht-Zollikon-Zumikon
Rechtsnorm: Art. 114 KG ; Art. 142 ZPO ; Art. 17 KG ; Art. 18 KG ; Art. 20a KG ; Art. 31 KG ; Art. 320 ZPO ; Art. 36 KG ; Art. 56 KG ; Art. 57 KG ; Art. 63 KG ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:127 III 173;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs

Geschäfts-Nr.: PS170084-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter Dr. P. Higi und Ersatzrichter lic. iur. A. Huizinga sowie Gerichtsschreiber lic. iur. R. Barblan

Beschluss und Urteil vom 9. Juni 2017

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer,

gegen

  1. Staat Zürich und Gemeinde Zollikon und reformierte und römisch-kath.
    Kirchgemeinde,
  2. Kanton Zürich,
  3. B. ,
  4. C. ,
  5. Staat und Stadt Zürich, Beschwerdegegner,

Nr. 1 vertreten durch Steueramt Zollikon,

Nr. 2 vertreten durch Kantonales Steueramt Zürich, Nr. 4 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. _,

betreffend Pfändung

(Beschwerde über das Betreibungsamt Küsnacht-Zollikon-Zumikon)

Beschwerde gegen einen Beschluss des Bezirksgerichtes Meilen vom 15. März 2017 (CB170002)

Erwägungen:

  1. Sachverhalt / Prozessgeschichte

    1. Das Betreibungsamt Küsnacht-Zollikon-Zumikon vollzog beim Beschwerdeführer in der Zeit vom 22. April 2016 bis 18. Oktober 2016 mehrere Pfändungen (vgl. act. 2/1 Blätter 7-10 und 14). Die entsprechende Pfändungsurkunde (Pfän- dung Nr. ...) datiert vom 16. Dezember 2016 (vgl. act. 2/1 Blatt 15). Sie wurde dem Beschwerdeführer am 23. Dezember 2016 zugestellt (vgl. act. 7/3, vgl. auch act. 1 S. 2).

    2. Mit Schreiben vom 11. Januar 2017 (Datum Poststempel 12. Januar 2017) erhob der Beschwerdeführer beim Bezirksgericht Meilen als untere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs (fortan Vorinstanz) Beschwerde gegen die Pfändungsurkunde des Betreibungsamtes KüsnachtZollikon-Zumikon vom 16. Dezember 2016 (act. 1). Mit Beschluss vom 15. März 2017 trat die Vorinstanz auf die Beschwerde nicht ein (act. 18 [= act. 15 =

      act. 20]). Sie erwog, die Beschwerde sei offensichtlich verspätet erhoben worden (vgl. act. 18, Erw. 4).

    3. Gegen diesen ihm am 28. März 2017 zugestellten Entscheid (vgl. act. 16/6) erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 6. April 2017 (Datum Poststempel) bei der Kammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs rechtzeitig Beschwerde. Er verlangt die Aufhebung des vorinstanzlichen Beschlusses vom 15. März 2017 und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Behandlung seiner Beschwerde (act. 19 S. 1). Mit Schreiben an die Vorinstanz vom 6. Juni 2017, bei der Kammer eingegangen am 8. Juni 2017, stellt der Beschwerdeführer sodann den Antrag, seiner Beschwerde vor Obergericht sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Für den Fall, dass er vor Obergericht obsiegen sollte, beantragte er gleichzeitig die Erteilung der aufschiebenden Wirkung für seine Beschwerde vor Vorinstanz (act. 25 S. 2).

    4. Die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens sind beigezogen worden (act. 1- 16). Die Beschwerdegegner haben sich innert der mit Verfügung vom 27. April 2017 angesetzten Frist zur Beschwerdeantwort nicht vernehmen lassen. Die Sache ist spruchreif.

  2. Zur Beschwerde

    1. Gegen Verfügungen eines Betreibungsoder Konkursamtes kann nach Art. 17 Abs. 1 SchKG bei der unteren Aufsichtsbehörde und gegen deren Ent-

scheid hernach bei der oberen Aufsichtsbehörde (Art. 18 SchKG) Beschwerde geführt werden. Das Verfahren richtet sich nach den Bestimmungen von Art. 20a Abs. 2 SchKG. Soweit Art. 20a Abs. 2 SchKG keine Bestimmungen enthält, regeln die Kantone das Verfahren (Art. 20a Abs. 3 SchKG; BSK SchKG I- COMETTA/MÖCKLI, 2. Aufl. 2010, Art. 20a N 38). Im Kanton Zürich richtet sich das Beschwerdeverfahren gemäss §§ 17 und 18 EG SchKG nach §§ 80 ff. GOG. Dabei ist der Sachverhalt von Amtes wegen zu untersuchen und es sind die Bestimmungen der ZPO sinngemäss anwendbar (§ 83 Abs. 3 GOG). Für den Weiterzug an das Obergericht gelten insbesondere die Bestimmungen über die Beschwerde gemäss Art. 319 ff. ZPO (§ 84 GOG). Mit der Beschwerde können unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO).

2.2 Mit Verweis auf Art. 31 SchKG i.V.m. Art. 142 Abs. 1 und 3 ZPO erwog die Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe die angefochtene Pfändungsurkunde am

23. Dezember 2016 entgegengenommen, weshalb die zehntägige Frist zur Einreichung der Beschwerde am Folgetag, dem 24. Dezember 2016 zu laufen begonnen habe. Die Betreibungsferien nach Art. 56 Ziff. 2 SchKG würden den Fristenlauf nicht hemmen, jedoch sehe Art. 63 SchKG vor, dass sich die Frist um drei Tage erstrecke, wenn das Fristende in die Betreibungsferien falle. Unter Berücksichtigung des gesetzlichen Feiertags vom 2. Januar 2017 sei die zehntägige Beschwerdefrist am 3. Januar 2017 abgelaufen, und somit ausserhalb der Betreibungsferien. Die Beschwerde hätte daher spätestens am 3. Januar 2017 der Schweizerischen Post übergeben werden müssen. Die Eingabe des Beschwerdeführers vom 12. Januar 2017 sei somit offensichtlich verspätet. Entsprechend sei auf die Beschwerde nicht einzutreten (act. 18 S. 3 f.).

    1. Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, die Zustellung der Pfändungsurkunde durch das Betreibungsamt Küsnacht-Zollikon-Zumikon sei eine Betreibungshandlung, welche gemäss Art. 56 Ziff. 2 SchKG während der Betreibungsferien nicht vorgenommen werden könne. Da die angefochtene Pfändungsurkunde während der Weihnachtsbetreibungsferien zugestellt worden sei, gelte nicht die Zustellung als Beginn des Fristenlaufs, sondern das Ende der Betreibungsferien (act. 19 S. 2).

    2. Der Einwand des Beschwerdeführers ist berechtigt. Art. 56 SchKG sieht Schonzeiten vor, in denen keine Betreibungshandlungen vorgenommen werden dürfen. Ausser im Arrestverfahren oder wenn es sich um unaufschiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen handelt, dürfen Betreibungshandlungen während der geschlossenen Zeiten (zwischen 20 Uhr und 7 Uhr sowie an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen) nicht vorgenommen werden (Ziffer 1), ebenso wenig während der Betreibungsferien (sieben Tage vor und sieben Tage nach Ostern und Weihnachten sowie vom 15. bis 31. Juli; Ziffer 2) und gegen einen Schuldner, dem der Rechtsstillstand (Art. 57-62 SchKG) gewährt ist (Ziffer 3). Wie der Beschwerdeführer richtig ausführt (act. 19 S. 2), handelt es sich bei der Zustellung einer Pfändungsurkunde nach Art. 114 SchKG um eine Betreibungshandlung im Sinne von Art. 56 SchKG (vgl. dazu KUKO SchKG-S ARBACH, 2. Aufl. 2014, Art. 56 N 15 m.w.H.). Die angefochtene Pfän- dungsurkunde wurde dem Beschwerdeführer am 23. Dezember 2016, und somit während der Weihnachtsbetreibungsferien, zugestellt (vgl. act. 7/3, vgl. auch

act. 1 S. 2).

2.5. Das Gesetz lässt offen was geschieht, wenn Betreibungshandlungen zur Unzeit erfolgen. In der Literatur werden hiezu verschiedene Auffassungen vertreten: Ein Teil der Autoren spricht sich für Nichtigkeit aus, andere primär für Anfechtbarkeit; schliesslich wird auch Unwirksamkeit sowie Anfechtbarkeit und Nichtigkeit in verschiedenen Kombinationen angenommen (vgl. zum Ganzen BSK SchKG I-BAUER, a.a.O., Art. 56 N 51 mit zahlreichen Hinweisen zur Literatur).

Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die während der geschlossenen Zeiten und während der Betreibungsferien vorgenommene Betreibungshandlung weder nichtig noch anfechtbar. Sie ist vielmehr unwirksam resp. entfaltet ihre Wirkung erst nach Ablauf der Schonzeit (BGE 127 III 173, Erw. 3; 121 III 284, Erw. 2b; 79 III 152, Erw. 1). In einem jüngeren Entscheid befasste sich das Bundesgericht mit der in der Lehre geäusserten Kritik an seiner Rechtsprechung, sah jedoch keinen Anlass, von ihr abzuweichen, insbesondere an der zur Vornahme einer Betreibungshandlung während der Betreibungsferien. Es wies darauf hin, dass öffentliche (religiöse) Interessen durch die Zustellung eines Zahlungsbefehls an einen Schuldner während der Betreibungsferien nicht tangiert würden. Das Interesse des Schuldners an einem ungestörten Verbringen der religiösen Feiertage sei ausreichend gewahrt. Ohne einen Rechtsverlust zu gewärtigen, könne der Schuldner, ohne tätig werden zu müssen, den Ablauf der Betreibungsferien abwarten (BGer 7B.118/2004 vom 14.7.2004, Erw. 2.1). Diese Auffassung über die Vornahme einer Betreibungshandlung während der Betreibungsferien hat in der Literatur mehrheitlich Zuspruch erhalten: So weist SARBACH darauf hin, die Geltung von Betreibungsferien sei heute nicht (mehr) sehr eng mit der Person des Schuldners verknüpft. Die blosse Unwirksamkeit einer Betreibungshandlung wäh- rend der Betreibungsferien sei daher grundsätzlich ebenso zumutbar wie im Fall von geschlossenen Zeiten (KUKO SchKG-SARBACH, a.a.O., Art. 56 N 15 m.w.H.; vgl. auch BSK SchKG I-BAUER, a.a.O., Art. 56 N 54-56 m.w.H.). Anders verhält es sich gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung bei Rechtsstillstand wegen Militär-, Ziviloder Schutzdienst (Art. 57 SchKG). Wird die Betreibungshandlung wäh- rend einer solchen Schonzeit zugestellt, ist die Zustellung nichtig. Denn hier gehe es - so das Bundesgericht - nicht nur um Individualinteressen des Dienstpflichtigen, sondern auch um das Interesse der Allgemeinheit daran, dass die zu erbringende Dienstleistung nicht beeinträchtigt werde (BGE 127 III 173, Erw. 3.b).

    1. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Zustellung der Pfändungsurkunde an den Beschwerdeführer am 23. Dezember 2016 ihre Wirkung erst am ersten Tag nach Ablauf der Weihnachtsbetreibungsferien entfaltete. Folglich begann auch die zehntägige Beschwerdefrist erst an diesem Tag zu laufen (vgl. BSK SchKG I-B AUER, a.a.O., Art. 56 N 54). Die Betreibungsferien liefen vom 18.

      Dezember 2016 bis 1. Januar 2017 (Art. 56 Ziff. 2 SchKG). Der 2. Januar (Berchtoldstag) ist im Kanton Zürich ein gesetzlich anerkannter Feiertag (Art. 56 Ziff. 1 SchKG i.V.m. § 122 GOG). Die Beschwerdefrist lief demnach vom 3. bis

      13. Januar 2017. Indem der Beschwerdeführer seine Beschwerde an die Vorinstanz am 12. Januar 2017 zur Post gebracht hat (act. 1), handelte er innert Frist und erhob rechtzeitig Beschwerde gegen die ihm am 23. Dezember 2016 zugestellte Pfändungsurkunde des Betreibungsamtes Küsnacht-Zollikon-Zumikon vom

      16. Dezember 2016. Die Vorinstanz ist somit zu Unrecht auf die Beschwerde nicht eingetreten. Das führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Die Vorinstanz wird die Beschwerde in der Sache zu prüfen haben.

    2. Da sogleich ein Urteil in der Sache gefällt werden kann, erübrigt sich ein Entscheid über den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde vor Obergericht sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen (act. 25 S. 2). Über den Antrag des Beschwerdeführers, für den Fall seines Obsiegens vor Obergericht sei seiner Beschwerde vor Bezirksgericht Meilen die aufschiebende Wirkung zu erteilen (act. 25 S. 2), wird die Vorinstanz zu entscheiden haben (vgl. Art. 36 SchKG).

3. Kostenfolge

Das Verfahren vor der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungsund Konkurssachen ist kostenlos (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG). Parteientschä- digungen sind nicht auszurichten (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).

Es wird beschlossen:

  1. Das Gesuch des Beschwerdeführers um Erteilung der aufschiebenden Wirkung wird abgeschrieben.

  2. Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittelbelehrung mit nachfolgendem Erkenntnis.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschluss des Bezirksgerichts Meilen als untere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs vom 15. März 2017 (Geschäfts Nr. CB170002) wird aufgehoben, und es wird die Sache im Sinne der Erwä- gungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.

  2. Es werden keine Kosten erhoben.

  3. Schriftliche Mitteilung an

    • die Parteien

    • das Bezirksgericht Meilen (unter Beilage einer Kopie von act. 25 zur Behandlung des Antrags des Beschwerdeführers auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung sowie unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten)

    • das Betreibungsamt Küsnacht-Zollikon-Zumikon je gegen Empfangsschein.

  4. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 10 Tagenvon der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um einen Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungsund Konkurssachen im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Der Gerichtsschreiber:

versandt am: 9. Juni 2017

lic. iur. R. Barblan

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