Zusammenfassung des Urteils PS160158: Obergericht des Kantons Zürich
Der Beschwerdeführer A. hat Beschwerde gegen das Betreibungsamt Andelfingen eingereicht, da dieses die Schuldbriefe nicht herausgeben wollte. Das Bezirksgericht Andelfingen wies die Beschwerde ab, da die Herausgabe der Schuldbriefe aufgrund des laufenden Verwertungsverfahrens verweigert wurde. Der Beschwerdeführer legte daraufhin beim Obergericht des Kantons Zürich erneut Beschwerde ein, da er der Meinung war, dass ihm kein rechtliches Gehör gewährt wurde. Das Obergericht hob das Urteil des Bezirksgerichts auf und wies die Sache zur erneuten Prüfung zurück. Es wurden keine Kosten erhoben und keine Entschädigungen zugesprochen. Geschlecht der Gewinnerperson:
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS160158 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 21.12.2016 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Steigerungsbedingungen / Lastenverzeichnis / Herausgabe der Schuldbriefe (Beschwerde über ein Betreibungsamt) |
Schlagwörter : | Betreibung; Betreibungsamt; Vorinstanz; Steigerung; Betreibungsamtes; Verfahren; Urteil; Steigerungsbedingungen; Entscheid; Lastenverzeichnis; Andelfingen; Recht; Schuldbriefe; Bezirksgericht; Vernehmlassung; Gehör; Gericht; Obergericht; Gesch; Eingabe; Verfahrens; Beschwerdeführers; Anspruch; Grundstück; Forderung; Verletzung; SchKG; Sinne; Rückweisung; ürde |
Rechtsnorm: | Art. 6 EMRK ;Art. 93 BGG ; |
Referenz BGE: | 137 I 195; 141 I 97; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs
Geschäfts-Nr.: PS160158-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichterin
lic. iur. E. Lichti Aschwanden und Ersatzrichter lic. iur. A. Huizinga sowie Gerichtsschreiber lic. iur. M. Isler
Urteil vom 21. Dezember 2016
in Sachen
Beschwerdeführer,
gegen
vertreten durch C. Immobilien, diese vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,
betreffend
(Beschwerde über das Betreibungsamt Andelfingen)
Beschwerde gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Andelfingen vom 3. August 2016 (CB160011)
Erwägungen:
Laut öffentlicher Bekanntmachung des Betreibungsamtes Andelfingen sollten am tt.mm.2016 in einer Betreibung gegen A. auf Verlangen eines Pfändungsgläubigers zwei in der Gemeinde D. gelegene Grundstücke versteigert werden (Eigentumswohnung und Anteil an Tiefgarage; vgl. Gesch. PS160164 act. 2 [= act. 24]). Das Betreibungsamt setzte die Eingabefrist bis tt.mm. 2016 an und stellte in Aussicht, dass die Steigerungsbedingungen und das Lastenverzeichnis vom tt. bis tt.mm.2016 auflägen (SHAB Nr. und Amtsblatt ZH Nr. , je vom tt.mm.2016, act. 22/1-2).
Dem Lastenverzeichnis, welches das Betreibungsamt dem Betreibungsschuldner offenbar unter dem tt.mm.2016 zustellte, ist zu entnehmen, dass auf dem Grundstück an 5. und 6. Pfandstelle zwei im Gewahrsam des Betreibungsamtes befindliche unbelastete Eigentümer-Inhaber-Schuldbriefe stehen (act. 5 S. 5).
Die Steigerungsbedingungen datieren vom tt.mm.2016 (act. 3).
Mit Eingabe an das Bezirksgericht Andelfingen als untere Aufsichtsbehörde über die Betreibungsämter vom 14. Juli 2016 (Eingang beim Gericht: 18. Juli 2016) erhob A. Beschwerde gegen die Steigerungsbedingungen / Lastenverzeichnis und Klage gegen die Aufbewahrung resp. Nicht-Herausgabe der beiden beim Betreibungsamt befindlichen Schuldbriefe (act. 1).
Der Beschwerdeführer machte im Wesentlichen sinngemäss geltend, dass das Notariat die Schuldbriefe seinerzeit dem Betreibungsamt übergeben habe, statt sie ihm auszuhändigen und ihm die seinen Gläubigern versprochene Sicherstellung ihrer Forderungen zu ermöglichen. Nachdem das von E. gegen ihn eingeleitete Zwangsverwertungsverfahren eingestellt worden sei, sei er berechtigt
gewesen, die Schuldbriefe beim Betreibungsamt abzuholen. Deshalb verlange er deren sofortige Aushändigung, damit er sie seinen Gläubigern übergeben könne und diese ihre Ansprüche daraus im laufenden Verwertungsverfahren anmelden könnten. Das Lastenverzeichnis müsse dann um die beiden Schuldbriefe mit den Forderungen seiner Gläubiger ergänzt neu erstellt werden.
Weiter wies der Beschwerdeführer auf eine bei der Vorinstanz schon am 13. Juli 2016 zum Thema Grundstückgewinnsteuer und Weigerung des Betreibungsamtes, seine Forderung aufzunehmen eingereichte Beschwerde hin (act. 4), welche vom Bezirksgericht unter der Geschäftsnummer CB160009 behandelt wurde, und erklärte sie zum integrierenden Bestandteil der neuen Beschwerde.
Das Bezirksgericht wies die aktuelle, unter der Geschäftsnummer CB160011 entgegengenommene Beschwerde nach Einholung einer Vernehmlassung des Betreibungsamtes (act. 7) mit Urteil vom 3. August 2016 ab, soweit es darauf eintrat (act. 13 Dispositiv-Ziffer 1). Es hielt fest, dass es aufgrund des Verfahrens CB160011 nicht notwendig sei, die Steigerung auszusetzen. Die Frage der Aussetzung der Steigerung werde ins Verfahren CB160009 weitergeleitet (DispositivZiffer 2).
Das Bezirksgericht erwog im Wesentlichen, dass das Betreibungsamt Andelfingen die Herausgabe der Schuldbriefe angesichts des pendenten Verwertungsverfahrens zu Recht verweigere (Art. 13 VZG i.V.m. Art. 102 VZG; act. 13 S. 3 unten). Eine Ergänzung des Lastenverzeichnisses und der Steigerungsbedingungen er- übrige sich, da gemäss Hinweis des Betreibungsamtes während der Eingabefrist keine weiteren angeblich grundpfandgesicherten Forderungen angemeldet worden seien und sich auch aus den Ausführungen des Beschwerdeführers keine Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Ergänzung des Lastenverzeichnisses und der Steigerungsbedingungen ergäben (a.a.O., S. 4 oben).
Auf die Anträge des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der Grundstückgewinnsteuer trat das Bezirksgericht nicht ein, weil diese im Verfahren CB160009 behandelt würden (act. 13 S. 3 Mitte).
Gegen das Urteil vom 3. August 2016 (einschliesslich des damit verbundenen Nichteintretensentscheides) erhob der Beschwerdeführer beim Obergericht mit Eingabe vom 1. September 2016 rechtzeitig Beschwerde (act. 14 i.V.m. act. 15/1; vgl. act. 9/1; ferner act. 16 f.). Er hält sinngemäss an den vor Vorinstanz gestellten Anträgen fest.
Die erstinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-11).
Die Stockwerkeigentümergemeinschaft B. -Strasse , D. , die das Verwertungsbegehren gestellt hatte (act. 3 S. 1, vgl. act. 18), wurde vom Obergericht als Beschwerdegegnerin in das Rubrum aufgenommen. Mit Verfügung vom
22. November 2016 wurde ihr unter Hinweis auf den Vorwurf des Beschwerdeführers, dass ihn die Vorinstanz zur Vernehmlassung des Betreibungsamtes nicht angehört habe, Gelegenheit zur Beantwortung der Beschwerde gegeben (act. 19). Die Beschwerdegegnerin beantragt deren Abweisung (act. 21).
Die im oben erwähnten Verfahren CB160009 behandelte Beschwerde wurde von der Vorinstanz mit Urteil vom 24. August 2016 abgewiesen, soweit sie darauf eintrat. Das Obergericht wies die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde seinerseits mit Urteil vom 6. Dezember 2016 ab, soweit darauf einzutreten war (Gesch. Nr. PS160164).
Am tt.mm.2016 machte das Betreibungsamt öffentlich bekannt, dass die Grundpfandverwertung infolge Anfechtung der Steigerungsbedingungen verschoben werde (SHAB Nr. und Amtsblatt ZH Nr. , je vom tt.mm.2016, act. 23/1-2).
Der Beschwerdeführer rügt vorab, die Vorinstanz habe ihm kein rechtliches Gehör gewährt. Es habe keine Gerichtsverhandlung gegeben. Die Vorinstanz übernehme zitiere, wie er erahnen müsse, einfach die Stellungnahme des Betreibungsamtes (act. 14 S. 1).
Das Recht, angehört zu werden, ist formeller Natur. Dessen Verletzung führt ungeachtet der materiellen Begründetheit des Rechtsmittels zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides. Diese Rüge ist deshalb vorweg zu behandeln (BGE 137 I 195 Erw. 2.2).
Die Rüge des Beschwerdeführers, es habe keine Gerichtsverhandlung gegeben, geht fehl. Das Beschwerdeverfahren ist gemäss § 83 GOG i.V.m. § 18 EG SchKG schriftlich. Auch durch Art. 6 Abs. 1 EMRK wird keine mündliche bzw. öffentliche Verhandlung geboten. Dessen Anwendungsbereich erstreckt sich grundsätzlich nicht auf das Vollstreckungsverfahren (vgl. BGE 141 I 97 Erw. 5 f.).
Begründet ist der Vorwurf der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör insoweit, als der Beschwerdeführer geltend macht, die Vorinstanz habe ihn zur Vernehmlassung des Betreibungsamtes nicht angehört (act. 14 S. 1). Die Vorinstanz hat dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit gegeben, sich zu der beim Betreibungsamt eingeholten Vernehmlassung vom 21. Juli 2016 zu äussern
(act. 7). Der verfassungsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst aber das Recht, von den beim Gericht eingereichten Stellungnahmen Kenntnis zu erhalten und sich dazu zu äussern (sog. Replikrecht). Den Verfahrensbeteiligten steht ein Anspruch auf Zustellung von Vernehmlassungen zu, unabhängig davon, ob diese Eingaben neue und erhebliche Gesichtspunkte enthalten. Das Gericht muss vor Erlass seines Urteils eingegangene Vernehmlassungen den Beteiligten zustellen, damit diese sich darüber schlüssig werden können, ob sie sich dazu äussern wollen nicht (BGE 137 I 195 Erw. 2.3.1).
Eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs kann ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Rechtsmittelinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt als auch die Rechtslage frei überprüfen kann. Unter dieser Voraussetzung ist dar- über hinaus im Sinne einer Heilung des Mangels selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör von einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (BGE 137 I 195 Erw. 2.3.2; BGer 5A_2/2016 vom 28. April 2016, Erw. 2.2;
5A_1022/2015 vom 29. April 2016, Erw. 5.3).
Die erfolgte Gehörsverletzung wiegt schwer, umso mehr als die Vorinstanz ihren Entscheid in wesentlichen Teilen mit den Ausführungen des Betreibungsamtes begründet (da das Betreibungsamt Andelfingen festhält, dass , da das Betreibungsamt sodann festhält, dass usf.). Gründe, die eine Heilung des Mangels gebieten würden, liegen nicht vor. Die erzielbare Verfahrensbeschleunigung ist nicht derart wesentlich, dass eine Rückweisung und eine Fristansetzung zur Stellungnahme durch die Vorinstanz geradezu einen formalistischen Leerlauf darstellen würden. Auch die Kammer hätte dem Beschwerdeführer vorab unter Ansetzung einer Frist Gelegenheit zu geben, sich zur Vernehmlassung des Betreibungsamtes zu äussern (vgl. BGE 137 I 195 Erw. 2.6). Eine ausnahmsweise Heilung des festgestellten Mangels im Rechtsmittelverfahren erscheint daher nicht angezeigt.
Der angefochtene Entscheid ist deshalb aufzuheben und es ist das Verfahren zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Auf die weiteren Rügen in der Beschwerdeschrift einzugehen erübrigt sich.
Der Beschwerdeführer beantragt, die Versteigerung sei sofern das Betreibungsamt sie nicht von sich aus verschiebe auszusetzen, bis zu allen Beschwerden rechtsgültige Urteile vorlägen; es gebe drei offene Verfahren. Der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zu gewähren, bis sämtliche Fragen zu den Steigerungsbedingungen und zum Lastenverzeichnis rechtsgültig geklärt seien (act. 14 S. 4).
Dazu ist vorab festzuhalten, dass das Betreibungsamt am tt.mm.2016 öffentlich bekannt gemacht hat, dass die Verwertung infolge Anfechtung der Steigerungsbedingungen verschoben werde (Erw. I/5 oben). Im Übrigen wird das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung mit dem vorliegenden Entscheid gegenstandslos. Mit der Rückweisung geht die Verfahrensherrschaft an die Vorinstanz zurück.
Das Beschwerdeverfahren vor den kantonalen Behörden ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG; Art. 61 Abs. 2 lit. a GebV SchKG); Prozessentschädigungen sind nicht zuzusprechen (Art. 62 GebV SchKG).
Es wird erkannt:
Das angefochtene Urteil des Bezirksgerichtes Andelfingen vom 3. August 2016 wird aufgehoben, und die Sache wird zur Ergänzung des Verfahrens im Sinne der Erwägungen und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Es werden keine Kosten erhoben und keine Entschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Beschwerdeführer unter Beilage des Doppels von act. 21, an die Vorinstanz (unter Rücksendung der eingereichten Akten) und an das Betreibungsamt Andelfingen, je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 10 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Es handelt sich um einen Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungsund Konkurssachen im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. M. Isler versandt am:
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