Zusammenfassung des Urteils PS130178: Obergericht des Kantons Zürich
Die Klägerin reichte beim Einzelgericht des Bezirksgerichts Horgen ein Arrestbegehren ein, das jedoch abgelehnt wurde. Daraufhin erhob sie Beschwerde und forderte die Aufhebung des Urteils sowie die Bewilligung des Arrests. Es wurde festgestellt, dass die Todesfallsumme der Beklagten nicht pfändbar sei. Die Klägerin argumentierte jedoch, dass die Versicherungssumme pfändbar sei, da die Beklagte in Serbien wohne. Letztendlich wurde die Beschwerde der Klägerin gutgeheissen, der Arrest bewilligt und die erstinstanzliche Spruchgebühr bestätigt. Die Beklagte wurde nicht angehört, daher wurde keine Parteientschädigung zugesprochen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS130178 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 30.10.2013 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Arrest |
Schlagwörter : | Arrest; Versicherung; Versicherungs; SchKG; Einzelgericht; Schutz; Gläubiger; Lebensversicherung; Zwangsvollstreckung; Todesfall; Begünstigte; Urteil; Horgen; Arrestgr; Versicherungsnehmer; Sinne; Vorsorge; Begünstigten; Spruchgebühr; Einzelgerichtes; Arrestbegehren; Arrestbefehl; Forderung; Gericht; Recht; Ehegatte; Versicherungsanspruch |
Rechtsnorm: | Art. 107 ZPO ;Art. 272 KG ;Art. 281 KG ;Art. 324 ZPO ;Art. 80 VVG ;Art. 82 KG ;Art. 90 BGG ;Art. 92 KG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PS130178-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur.
P. Diggelmann und Oberrichter lic. iur. P. Hodel sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. M. Weibel.
in Sachen
Klägerin und Beschwerdeführerin,
gegen
,
Beklagte und Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,
betreffend Arrest
Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes des Bezirksgerichtes Horgen vom 25. September 2013 (EQ130005)
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (nachfolgend Klägerin) gelangte mit Arrestbegehren vom 23. September 2013 an das Einzelgericht des Bezirksgerichts Horgen und stellte das Begehren, es sei gegen die Beklagte und Beschwerdegegnerin (nachfolgend Beklagte) ein Arrestbefehl gemäss den Art. 271 ff. SchKG zu erlassen und es sei auf die der Beklagten zustehenden Todesfallsumme in der Höhe von Fr. 35'302.bei der C. AG [Versicherung] Arrest zu legen, unter Hinweis auf eine Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG (act. 1). Mit Urteil vom 25. September 2013 wies das Einzelgericht das Arrestbegehren ab (act. 3 = act. 6 = act. 8).
Dagegen erhob die Klägerin mit Eingabe vom 4. Oktober 2013 rechtzeitig Beschwerde und stellte folgende Anträge (act. 7; act. 4/2):
1. Das Urteil vom 25. September 2013 des Einzelgerichtes des Bezirksgerichts Horgen sei aufzuheben.
Unser Arrestbegehren vom 23. September 2013 sei gutzuheissen.
Eventualiter: Das Urteil vom 25. September 2013 des Einzelgerichtes des Bezirksgerichts Horgen sei aufzuheben, und es sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdegegnerin.
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-4). Der mit Präsidialverfügung vom 7. Oktober 2013 einverlangte Kostenvorschuss von Fr. 600.ist innert Frist eingegangen (act. 11-13). Eine Beschwerdeantwort wurde der Natur des Arrestes als Sicherungsmassnahme entsprechend nicht eingeholt. Auf eine Stellungnahme der Vorinstanz kann verzichtet werden (Art. 324 ZPO). Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
2. Für die Arrestlegung muss der Gläubiger im Arrestbegehren vor dem Arrestrichter glaubhaft machen, dass seine Forderung besteht, ein Arrestgrund vorliegt und Vermögensgegenstände vorhanden sind, die dem Schuldner gehören
(Art. 272 Abs. 1 SchKG). Die Klägerin hat als Arrestgrund den Ausländerarrest gemäss Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG geltend gemacht.
Glaubhaftmachen bedeutet weniger als Beweisen, doch mehr als blosses Behaupten. Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn das Gericht sie aufgrund der ihm vorgelegten Elemente für wahrscheinlich hält, ohne ausschliessen zu müssen, dass es sich auch anders verhalten könnte. Vorausgesetzt ist damit zum einen ein schlüssiges Vorbringen und zum anderen, dass die Tatsachendarlegungen dem Gericht als wahrscheinlich erscheinen. Auch wenn die Anforderungen an den Wahrscheinlichkeitsbeweis nicht zu hoch anzusetzen sind, vermögen blosse Behauptungen des Arrestgläubigers nicht zu genügen, auch wenn sie schlüssig sind. Vielmehr müssen objektive Anhaltspunkte vorliegen, die auf das Vorhandensein der behaupteten Tatsachen schliessen lassen. In diesem Sinn ist eine Beweisführung mindestens in den Grundzügen erforderlich (BSK SchKG IIStoffel, 2. Aufl. 2010, Art. 272 N 4 ff.; KUKO SchKG-Meier-Dieterle, Art. 272
N 14).
Aus der angefochtenen Verfügung ergibt sich, dass das Einzelgericht zum Schluss kam, es liege kein pfändbarer Vermögensgegenstand im Sinne von Art. 271 Abs. Ziff. 3 SchKG vor. Es führte dazu unter Hinweis auf die Lehre und Rechtsprechung im Wesentlichen aus, bei der ins Recht gelegten Gebundenen Vorsorge-Police handle es sich um eine gemischte Lebensversicherung, welche eine Kombination von Todesfallund Erlebensfallversicherung darstelle. Solche Ansprüche aus Lebensversicherungsverträgen in Form eines gebundenen Vorsorgeinstruments der Säule 3a seien grundsätzlich pfändbar, soweit solche Guthaben zur beruflichen Vorsorge vorgesehen seien und nicht ausschliesslich der Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts dienen würden. Übrige Ansprüche aus Lebensversicherungsverträgen im Sinne von Art. 92 Abs. 4 SchKG i.V.m.
Art. 80 VVG seien aufgrund sozialpolitischer Überlegungen zum Schutz der Familie von der Zwangsvollstreckung ausgenommen und somit unpfändbar, soweit der Ehegatte die begünstigte Person des Versicherungsvertrags sei. Da vorliegend die Beklagte als überlebende Ehegattin die begünstigte Person des Lebensversicherungsvertrags der C. mit dem Ehegatten der Beklagten sei und der Versicherungsfall Tod am tt. Dezember 2012 eingetreten sei, habe sie grundsätzlich Anspruch auf Fr. 35'302.als Todesfallsumme. Indem aber der Versicherungsteil der Todesfallversicherung im Gegensatz zur Erlebensfallversicherung nicht der beruflichen Selbstvorsorge, sondern als Versicherungsschutz für den Todesfall dem Schutz der Familie diene und dementsprechend unpfändbar im Sinne von Art. 92 Abs. 4 SchKG i.V.m. Art. 80 VVG seit, liege keine pfändbarer Vermögensgegenstand vor (act. 8).
Die Klägerin macht dagegen geltend, der vom Einzelgericht zitierte Art. 80 VVG laute folgendermassen: Sind der Ehegatte, die eingetragene Partnerin, der eingetragene Partner Nachkommen des Versicherungsnehmers Begünstigte, so unterliegt, vorbehältlich allfälliger Pfandrechte, weder der Versicherungsanspruch des Begünstigten noch derjenige des Versicherungsnehmers der Zwangsvollstreckung zugunsten der Gläubiger des Versicherungsnehmers. Vorliegend sei der Versicherungsnehmer Herr
D. . Gegen ihn werde aber keine Forderung geltend gemacht, weshalb Art. 80 VVG bereits aufgrund des Wortlauts nicht anwendbar sei. Von der Zwangsvollstreckung ausgenommen und somit unpfändbar seien sinngemäss
Forderungen gegenüber dem Versicherungsnehmer. Dabei kämen die sozialpolitischen Überlegungen zum tragen. Nach Auszahlung des Versicherungsanspruches gehe dieser in das Vermögen des Begünstigten über und sei somit vor den Gläubigern des Verstorbenen geschützt. Hingegen wirke dieser Schutz nicht, wenn die Gläubiger des Begünstigten eine Zwangsvollstreckung anstreben wür- den. Erfolge die Auszahlung durch die Versicherung an den Begünstigten, falle diese, wie bereits erwähnt, in das Vermögen desselben. Ab Auszahlung wäre dieses Vermögen somit pfändbar und der vorgängige Schutz von Art. 80 VVG damit unnütz. Wäre also die Beklagte in der Schweiz wohnhaft, sei nach Auffassung des Einzelgerichts der Versicherungsanspruch bis zu Auszahlung geschützt. Danach sei der Schutz von Art. 80 VVG verwirkt und der gerade ausbezahlte Versicherungsanspruch wäre pfändbar. Die Gläubiger der Begünstigen könnten über diese Vorgehensweise zu ihrem Recht kommen. Diese Vorgehensweise könne jedoch nicht angewandt werden, da wie bekannt -, die Beklagte in Serbien wohnhaft sei. Eine solche Schlechterstellung der Gläubigerposition könne nur mit dem Arrest gemäss Art. 271 ff. SchKG aufgefangen werden (Art. 7).
Bei der Vorsorgepolice (act. 2/6-7) handelt es sich unbestrittenermassen um eine gemischte Lebensversicherung, welche eine Kombination von Todesfallund Erlebensfallversicherung darstellt und unter das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) fällt. Zudem ist die Beklagte durch den Tod ihres Ehegatten D. Begünstigte der Todesfall-Leistungen von Fr. 35'302.geworden (act. 2/5 u. 6). Gemäss Bestätigung der C. AG wurde der Betrag noch nicht ausbezahlt (act. 2/8). Der Sitz der C. AG befindet sich in (act. 2/6).
Wie das Einzelgericht richtig erwog, dient Art. 80 VVG dem Schutz der Familie des Versicherungsnehmers. Der Klägerin ist hingegen beizupflichten, dass gemäss der genannten Bestimmung die Versicherungssumme in der Zwangsvollstreckung nur vor den Gläubigern des Versichsicherungsnehmers geschützt ist (vgl. BSK VVG-Küng, Art. 80 N 12; Kuhn, Zwangsvollstreckung von Lebensversicherungsansprüchen, in: Schweizerisches und Internationales Zwangsvollstreckungsrecht - Festschrift für Karl Spühler, Zürich 2005, S. 170). Da Versicherungsnehmer D. war (act. 2/6) und die Klägerin Gläubigerin der Beklagten ist, greift die Schutzbestimmung von Art. 80 VVG nicht. Andere Bestimmungen im VVG zum Schutz des Begünstigten vor der Zwangsvollstreckung durch eigene Gläubiger sind nicht ersichtlich.
Es bleibt zu prüfen, ob die Versicherungssumme aus anderen Gründen einen unpfändbaren bzw. beschränkt pfändbaren Vermögenswert (vgl. Art. 92 und 93 SchKG) darstellt. Eine gemischte Lebensversicherung ist ein Instrument der freien privaten Vorsorge (sogenannt Säule 3b; vgl. Kuhn, a.a.O., S. 164 ff.). Selbst wenn die Lebensversicherung noch nicht fällig wäre, würde sie deshalb nicht unter den Schutz der Unpfändbarkeitsbestimmung von Art. 92 Ziff. 10 SchKG fallen. Auch die übrigen Schutzbestimmungen von Art. 92 SchKG sind nicht einschlägig. Ferner unterliegen Ansprüche aus Lebensversicherungsverträgen nicht der beschränkten Pfändbarkeit (BSK SchKG I-Vonder Müll, 2. Aufl., Art. 93 N 13 mit Hinweis auf BlSchK 2008 S. 226). Nach einer summarischen Prüfung kann daher nicht gesagt werden, die rund Fr. 35'000.seien zweifellos unpfändbar bzw. beschränkt pfändbar. Allfällige Einwendungen dagegen kann die Beklagte in einer Arresteinsprache vorbringen.
haft.
Gestützt auf diese Ausführungen erscheint der Arrestgegenstand als glaub4. Wie bereits erwähnt, muss der Gläubiger auch glaubhaft machen, dass ein Arrestgrund vorliegt und eine Forderung besteht.
Der Klägerin hat als Arrestgrund den Ausländerarrest gemäss Art. 271 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG geltend gemacht (act. 1). Gemäss Verfügung des Migrationsamts des Kantons St. Gallen musste die Beklagte die Schweiz bis zum
20. Juni 2012 verlassen (act. 2/1 S. 6). Zudem wohnt die Beklagte in Serbien (vgl. act. 2/2 S. 3). Der Arrestgrund konnte somit ebenfalls glaubhaft gemacht werden.
Die Arrestforderung geht auf einen Verlustschein in Folge Pfändung des Betreibungsamts E. vom 17. Juni 2006 zurück. Der ungedeckt gebliebene Betrag beläuft sich auf Fr. 65'094. 90 (act. 2/3 u. 4). Der zu verarrestierende Betrag von Fr. 35'302.ist daher von der Arrestforderung gedeckt.
Da sowohl die Arrestforderung als auch der Arrestgrund und der Arrestgegenstand glaubhaft dargetan wurden, ist die Sache spruchreif (Art. 327 Abs. 3 lit. b ZPO) und ist der Arrest antragsgemäss zu bewilligen.
Die erstinstanzliche Spruchgebühr ist zu bestätigen. Für das Beschwerdeverfahren sind keine Kosten zu erheben (Art. 107 Abs. 2 ZPO). Die Spruchgebühr ist, da die Beklagte am Verfahren nicht beteiligt ist, unabhängig vom Verfahrensausgang von der Klägerin zu beziehen. Die Obergerichtskasse wird die Spruchgebühr mit dem für das Beschwerdeverfahren geleisteten Vorschuss verrechnen.
Die Klägerin wird berechtigt sein, die Spruchgebühr aus einem allfälligen Erlös des Arrestgegenstandes vorwegzunehmen (Art. 281 Abs. 2 SchKG).
Ein Entschädigungsanspruch steht der Klägerin im Arrestbewilligungsverfahren nicht zu, zumal die Beklagte nicht angehört wird.
In Gutheissung der Beschwerde wird das Urteil des Einzelgerichtes des Bezirksgerichtes Horgen vom 25. September 2013 (EQ130005) aufgehoben, und es wird ein Arrestbefehl nach Massgabe des separaten Formulars
„Arrestbefehl“ erteilt.
Die erstinstanzliche Spruchgebühr von Fr. 400.wird bestätigt und von dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss bezogen.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Kosten erhoben.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Klägerin sowie - unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten an das Einzelgericht des Bezirksgerichtes Horgen, ferner durch Zustellung des Formulars Arrestbefehl direkt an das Betreibungsamt F. , je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen innert 10 Tagen innert 5 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 35'000.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. M. Weibel versandt am:
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