Zusammenfassung des Urteils PS110243: Obergericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall von Konkurseröffnung entschieden, dass die Schuldnerin nicht rechtzeitig über die Verhandlung informiert wurde. Aufgrund dessen wurde das Urteil des Konkursgerichts aufgehoben. Die Schuldnerin hat die offenen Forderungen beglichen, weshalb die Konkurseröffnung nicht mehr gerechtfertigt war. Die erstinstanzliche Spruchgebühr wird der Schuldnerin auferlegt, die zweitinstanzliche Entscheidgebühr entfällt. Die Kosten des Konkursamtes werden auf die Staatskasse genommen. Keine Parteientschädigung wird zugesprochen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS110243 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 22.12.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Konkurseröffnung |
Schlagwörter : | Konkurs; Schuldner; Schuldnerin; Gläubigerin; Zustellung; Konkurseröffnung; Konkursgericht; Entscheid; Konkursamt; Parteien; Postsendung; Verfahren; Betreibung; Barvorschuss; Bundesgericht; Obergericht; Kantons; Urteil; Konkursgerichtes; Bezirkes; Konkurseröffnungsverhandlung; Verfahrens; Verhandlung; Konkursbegehren; Entscheide; Konkursamtes; Spruchgebühr; Staatskasse; Zivilkammer; Oberrichterin |
Rechtsnorm: | Art. 138 ZPO ;Art. 168 KG ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 130 III 396; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PS110243-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider und Ersatzrichterin Prof. Dr. I. JentSørensen sowie Gerichtsschreiber lic. iur. M. Isler.
in Sachen
,
Schuldnerin und Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. und lic. iur. Y. ,
gegen
Gläubigerin und Beschwerdegegnerin, vertreten durch B1. AG,
betreffend Konkurseröffnung
Beschwerde gegen ein Urteil des Konkursgerichtes Zürich vom 6. Dezember 2011 (EK111791)
I.
Am 6. Dezember 2011 eröffnete das Konkursgericht des Bezirkes Zürich auf Begehren der Gläubigerin vom 1. November 2011 über die Schuldnerin den Konkurs (act. 2 und 5). Mit Eingabe vom 15. Dezember 2011 erhob die Schuldnerin dagegen beim Obergericht rechtzeitig Beschwerde mit dem Antrag, die Konkurseröffnung aufzuheben. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass sie die Vorladung des Konkursgerichtes zur Konkurseröffnungsverhandlung nicht erhalten habe (act. 1).
Mit Präsidialverfügung vom 16. Dezember 2011 wurde der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung zuerkannt (act. 7). Die erstinstanzlichen Akten wurden beigezogen. Für die Kosten des obergerichtlichen Verfahrens hat die Schuldnerin einen Vorschuss von Fr. 750.geleistet (act. 4/8 und 9).
II.
Eine Konkurseröffnung setzt voraus, dass den Parteien die gerichtliche Verhandlung über das Konkursbegehren rechtzeitig angezeigt wurde (Art. 168 SchKG). Die Zustellung von Vorladungen, Verfügungen und Entscheiden erfolgt durch eingeschriebene Postsendung auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung (Art. 138 Abs. 1 ZPO; vgl. Art. 1 lit. c ZPO). Gemäss Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO gilt eine eingeschriebene Postsendung, die nicht abgeholt worden ist, am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als zugestellt, sofern der Adressat mit einer Zustellung rechnen musste.
Die Vorinstanz hat die Konkurseröffnungsverhandlung auf den 6. Dezember 2011,
10.00 Uhr, angesetzt. Die am 4. November 2011 als Gerichtsurkunde an die Schuldnerin versandte Verhandlungsanzeige wurde von der Post mit dem Vermerk nicht abgeholt retourniert. Ein zweiter Versand erfolgte nicht eingeschrieben, per A-Post (act. 6/6). Da kein Zustellungsnachweis vorliegt, ist davon auszugehen, dass die Schuldnerin nicht in den Besitz der gerichtlichen Verhandlungsanzeige gelangt ist.
Ein bestehendes Prozessrechtsverhältnis verpflichtet die Parteien, sich nach Treu und Glauben zu verhalten und insbesondere dafür zu sorgen, dass ihnen Entscheide, welche das Verfahren betreffen, zugestellt werden können. Diese Pflicht gilt insoweit, als während des hängigen Verfahrens mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit der Zustellung eines behördlichen Aktes gerechnet werden muss. Die Zustellung der Konkursandrohung an den Schuldner durch das Betreibungsamt begründet mit Bezug auf ein allfälliges Konkurseröffnungsverfahren beim Konkursgericht noch kein Prozessrechtsverhältnis und damit keine Pflicht des Schuldners, dafür zu sorgen, dass ihm gerichtliche Entscheide zugestellt werden können. Allein aufgrund der Konkursandrohung muss der Schuldner nicht jederzeit mit einer gerichtlichen Zustellung rechnen und in der Lage sein, gerichtliche Postsendungen entgegenzunehmen (ZR 104 Nr. 43; BGE 130 III 396). Die von Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO für eingeschriebene Postsendungen statuierte Zustellungsfiktion greift deshalb im vorliegenden Fall nicht Platz.
Die Anzeige der Konkurseröffnungsverhandlung gilt somit nicht als zugestellt, weshalb der angefochtene Entscheid wegen Verletzung des Anspruchs der Schuldnerin auf rechtliches Gehör aufzuheben ist.
III.
Eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz, damit diese eine neue Konkursverhandlung ansetze und neu über das Konkursbegehren entscheide, erübrigt sich. Die Schuldnerin belegt mit einer Quittung, dass sie am 12. Dezember 2011 bei der Post für die Gläubigerin Fr. 1'463.40 eingezahlt hat (act. 4/6; vgl. Prot. II
S. 3). Damit ist die in Betreibung gesetzte Forderung einschliesslich Zinsen und Betreibungskosten getilgt. Zudem hat die Schuldnerin dem Konkursamt C. Fr. 1'500.- übergeben, womit die Kosten des Konkursamtes einschliesslich der erstinstanzlichen Spruchgebühr gedeckt sind, so dass das Konkursamt über genügend Mittel verfügt, um der Gläubigerin den ganzen dem Konkursgericht geleisteten Barvorschuss von Fr. 1'800.zurückzuerstatten (act. 4/7). Die Voraussetzungen für eine Konkurseröffnung sind somit heute nicht mehr erfüllt.
IV.
Die erstinstanzliche, aus dem Barvorschuss der Gläubigerin bezogene Spruchgebühr von Fr. 400.ist trotz Gutheissung der Beschwerde der Schuldnerin aufzuerlegen, weil sie der Gläubigerin mit ihrer Zahlungssäumnis begründeten Anlass zum Konkursbegehren gegeben hat.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz, weil die Parteien den Mangel des vorinstanzlichen Verfahrens nicht zu vertreten haben. Auch die Kosten des Konkursamtes C. sind auf die Staatskasse zu nehmen (OGerZH PS110149 vom 23. August 2011). Für eine Parteientschädigung aus der Staatskasse fehlt eine gesetzliche Grundlage.
In Gutheissung der Beschwerde wird das Urteil des Konkursgerichtes des Bezirkes Zürich vom 6. Dezember 2011, mit dem über die Schuldnerin der Konkurs eröffnet wurde, aufgehoben.
Die aus dem Barvorschuss der Gläubigerin bezogene erstinstanzliche Spruchgebühr von Fr. 400.wird der Schuldnerin auferlegt.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz.
Die Kosten des Konkursamtes C. werden auf die Staatskasse genommen.
Das Konkursamt C. wird angewiesen, von dem bei ihm einbezahlten Totalbetrag von Fr. 2'900.- (Fr. 1'500.- Zahlung der Schuldnerin sowie Fr. 1'400.- Rest des von der Gläubigerin dem Konkursgericht geleisteten Barvorschusses) der Gläubigerin Fr. 1'800.- und der Schuldnerin Fr. 1'100.auszuzahlen.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an das Konkursgericht des Bezirkes Zürich (unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten) und das Konkursamt C. , ferner mit besonderer Anzeige an das Handelsregisteramt des Kantons Zürich und an das Betreibungsamt D. , je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um einen Entscheid des Konkursoder Nachlassrichters der Konkursoder Nachlassrichterin im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. M. Isler versandt am:
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