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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PQ210089: Obergericht des Kantons Zürich

Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde ordnete diverse Massnahmen für die vier Kinder A. und B. an. Nach einer Reihe von Ereignissen wurde beschlossen, den jüngsten Sohn C. in einem Sonderschulheim unterzubringen. Die Mutter hat Beschwerde eingelegt, um die Entscheidung anzufechten und die aufschiebende Wirkung zu erhalten. Der Bezirksrat wies die Beschwerde ab und bestätigte die Massnahmen. Es wurde festgestellt, dass die Situation des Kindes eine sofortige Platzierung erfordert, da die häuslichen Verhältnisse eine Gefährdung darstellen. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, die Gerichtskosten zu tragen.

Urteilsdetails des Kantongerichts PQ210089

Kanton:ZH
Fallnummer:PQ210089
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PQ210089 vom 31.01.2022 (ZH)
Datum:31.01.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Kindesschutzmassnahmen / aufschiebende Wirkung / vorsorgliche Massnahmen
Schlagwörter : Kindes; Entscheid; Richt; Familie; Bezirk; Gefährdung; Bezirksrat; Familienbegleitung; Schule; Beschwerde; Platzierung; Recht; Parteien; Massnahme; Entzug; Schulheim; Mutter; Situation; Schulabsenzen; Verein; Beiständin; Entwicklung; Erziehung; Eltern; Massnahmen; Fremdplatzierung
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 123 ZPO ;Art. 29 BV ;Art. 301a ZGB ;Art. 307 ZGB ;Art. 310 ZGB ;Art. 445 ZGB ;Art. 450c ZGB ;Art. 540c ZGB ;Art. 90 BGG ;Art. 98 BGG ;
Referenz BGE:142 III 433; 143 III 197;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts PQ210089

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PQ210089-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller und Ersatzrichterin lic. iur.

N. Jeker sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Bohli Roth

Urteil vom 31. Januar 2022

in Sachen

  1. Beschwerdeführerin

    unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwältin MLaw X. ,

    gegen

  2. ,

    Beschwerdegegner

    sowie

  3. ,

Verfahrensbeteiligter

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y. ,

betreffend Kindesschutzmassnahmen / aufschiebende Wirkung / vorsorgliche Massnahmen

Beschwerde gegen einen Beschluss des Bezirksrates Winterthur vom 17. November 2021; VO.2021.51 (Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Winterthur-Andelfingen)

Erwägungen:

  1. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde der Bezirke Winterthur und Andelfingen (nachfolgend KESB) errichtete im Januar 2013 eine Beistandschaft

    zur Unterstützung der Parteien, A.

    (nachfolgend Beschwerdeführerin/Mutter) und B. (nachfolgend Beschwerdegegner/Vater), in diversen Kin- derbelangen und ordnete im April 2014 eine Familienbegleitung für die vier gemeinsamen Kinder (ein Mädchen und drei Jungen) an (KESB act. 3 und 22). Im April 2018 wurden die beiden älteren Söhne der Parteien im Sonderschulheim Verein D. platziert (KESB act. 73). Am 31. August 2021 hob die KESB das Aufenthaltsbestimmungsrecht der inzwischen getrennt lebenden Parteien über den jüngsten Sohn, C. , geboren tt. mm. 2009, auf und ordnete ab dem 25. Oktober 2021 ebenfalls dessen Platzierung im Sonderschulheim Verein D. an. Weiter wurde entschieden, die Beistandschaft mit angepasstem Aufgabenbereich fortzuführen, und es wurde einer allfälligen Beschwerde gegen den Entscheid die aufschiebende Wirkung entzogen (BR act. 2/2 = KESB act. 243).

  2. Die Mutter gelangte dagegen mit Beschwerde vom 5. Oktober 2021 an den Bezirksrat und verlangte die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, eventualiter die Rückweisung des Verfahrens zur Neubeurteilung an die KESB. Prozessual ersuchte sie unter anderem um Wiedererteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde sowie um Anweisung der Schulgemeinde E. , C. umgehend in der heilpädagogischen Schule (HPS) E. anzumelden (BR act. 1). Der Präsident des Bezirksrats wies mit Verfügung vom 15. Oktober 2021 den Antrag um Wiedererteilung der aufschiebenden Wirkung superprovisorisch ab (BR act. 5). Nach Einräumung des rechtlichen Gehörs entschied der Bezirksrat mit Beschluss vom 17. November 2021 das Nachfolgende (act. 10 = BR act. 10):

    1. Der Antrag der Beschwerdeführerin um Wiedererteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wird abgewiesen.

    2. Der Antrag der Beschwerdeführerin, die Schulgemeinde E. sei im Sinne einer vorsorglichen Massnahme anzuhalten, C._ umgehend in der heilpädagogischen Schule E. anzumelden, wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben.

    3. (Bestätigung Kindesverfahrensvertretung)

    4. (Rechtsmittel)

    5. Einem allfälligen Rechtsmittel wird die aufschiebende Wirkung entzogen.

    6. (Mitteilung).

  3. Dagegen wehrt sich die Beschwerdeführerin bei der Kammer und stellt in ihrer Beschwerde vom 29. November 2021 folgende Anträge (act. 10 S. 2):

  1. Es sei der Beschluss des Bezirksrates Winterthur vom 17. November 2021 in Dispositivziffer I aufzuheben und es sei der Beschwerde gegen den Entscheid der KESB der Bezirke Winterthur und Andelfingen vom 31. August 2021 die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

  2. Es sei der Beschluss des Bezirksrates Winterthur vom 17. November 2021 in Dispositivziffer II aufzuheben und es sei die Schulgemeinde E. , Schulverwaltung Primarschule, F. strasse ..., ... E. gestützt auf Art. 445 ZGB im Sinne einer vorsorglichen Massnahme anzuhalten, C. umgehend in der heilpädagogischen Schule E. anzumelden.

  3. Die Kosten des Verfahrens seien der KESB aufzuerlegen, eventualiter auf die Staatskasse zu nehmen und es sei der Beschwerdeführerin eine angemessene Parteientschädigung auszurichten.

Zudem ersucht die Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren vor der Kammer und Bestellung von

Rechtsanwältin MLaw X. zur unentgeltlichen Rechtsbeiständin (act. 2 S. 2). Weiter beantragt sie im Beschwerdeverfahren als vorsorgliche Massnahme die (Wieder-)Einsetzung der Familienbegleitung (act. 2 S. 12).

Die Akten des Bezirksrats (act. 11/1-13, zitiert als BR act.) und der KESB (act.8/261-274 und 12/1-260, zitiert als KESB act.) wurden von Amtes wegen beigezogen. In der Folge wurde dem Beschwerdegegner und dem Kindesvertreter Gelegenheit zur Stellungnahme zur Beschwerde eingeräumt (act. 13), wovon le- diglich der Kindesvertreter am 23. Dezember 2021 Gebrauch machte (act. 15). Mit Beschluss vom 12. Januar 2022 bewilligte die Kammer der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege und sandte den Parteien die Eingabe des Kin- desvertreters zu (act. 16). Im Weitern gingen keine Stellungnahmen mehr ein. Die Sache erweist sich als spruchreif.

4. Zu prüfen ist zunächst, ob der Beschwerde an den Bezirksrat die aufschiebende Wirkung wieder zu erteilen ist.

4.1 Der Bezirksrat begründete den Entzug der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen damit, es bestehe seit längerem aufgrund der häuslichen Verhältnisse (Überforderung der Beschwerdeführerin, Unordnung, schrankenloser Konsum elektronischer Medien etc.) eine Gefährdung des Wohls von C. . Die gefähr- dende Situation habe sich nun akzentuiert. Es lägen neue Gefährdungsmeldungen der HPS G. sowie der Familienbegleitung vor, die auf eine akute Verschärfung der Gefährdung des Kindeswohls hindeuteten, wenn C. weiterhin bei der Mutter zu Hause wohne. Auch im Rechenschaftsbericht der Beiständin werde auf die besorgniserregende Entwicklung hingewiesen. Aus den Eingaben gehe hervor, dass C. seit einiger Zeit nicht mehr zur Schule gehe, sondern sich zu Hause im abgedunkelten Zimmer aufhalte und sich mit elektronischen Medien beschäftige. Die sozialpädagogische Familienbegleitung sei gescheitert. C. sei isoliert. Seine Beziehung zur Mutter sei nach wie vor inadäquat und autonomiebehindernd. Bei positiven Emotionen würden sie sich umarmen, bei negativen halte C. der Mutter den Mund zu und schlage sie. Das Interesse, dem strukturlosen Abwarten sofort abzuhelfen, sei höher zu gewichten, als das Interesse an einer rechtsstaatlich einwandfreien Prüfung des erstinstanzlichen Entscheids. Die Versuche der Beschwerdeführerin, C.

zum Schulbesuch in

E. zu bewegen, würden die Besorgnis nicht zerstreuen. Seine beiden älteren Brüder seien bereits im Schulheim Verein D. in H. beschult wor- den und hätten sich dort gut entwickelt. Insgesamt sei die Dringlichkeit der Platzierung im Schulheim zu bejahen (act. 10 S. 5 ff.).

4.2. Die Beschwerdeführerin rügt in der Beschwerde eine Verletzung von Art. 450c ZGB und wendet ein, die gehäuften Schulabsenzen im Frühlingssemester 2021 seien der KESB bereits vor dem Entscheid vom 8. Juni 2021, mit welchem

sie noch auf eine ausserfamiliäre Unterbringung von C.

verzichtet habe,

bekannt gewesen. Die KESB habe auch danach in den Schulabsenzen keinen Grund gesehen, am Entscheid vom 8. Juni 2021 etwas zu ändern (act. 2 Ziff. 8).

Die Vorinstanz übergehe zudem, dass C.

zwischen den Sommer- und

Herbstferien wieder die Schule besucht habe. Es sei der Beschwerdeführerin nicht anzulasten, dass er einzelbeschult habe werden müssen, weil in der HPS

E.

kein Patz mehr zur Verfügung gestanden habe. Die Anmeldung hätte

von der Schulgemeinde vorgenommen werden müssen. Das Versäumnis könne ihr nicht angelastet werden (act. Ziff. 9). Es sei nicht zutreffend, dass die Zusammenarbeit mit ihr schwierig sei und sie Termine nicht zuverlässig wahrgenommen habe. Gemäss Zwischenbericht der Familienbegleitung vom 18. März 2021 sei es der Familie seit Ausbruch der Pandemie im Gegenteil gelungen, verbindlicher zu kooperieren. Die Beschwerdeführerin habe allerdings vor den Sommerferien aus gesundheitlichen Gründen (Behandlung einer Thrombose) einige Termine absagen müssen (act. 2 Ziff. 10). Die Familienbegleitung sei nicht gescheitert, sondern bis Herbst 2021 fortgeführt und dann wegen des vorgesehenen Eintritts von C. ins Schulheim beendet worden. Die Beschwerdeführerin ersuche darum, die Familienbegleitung vorsorglich wieder anzuordnen (act. 2 S. 12). C. habe sehr heftig auf die Mitteilung der Platzierung reagiert. Er sei nicht zu bewegen gewesen, ins Schulheim einzutreten (act. 2 Ziff. 12). Die Beschwerdeführerin habe eine psychotherapeutische Behandlung für das Kind aufgegleist; der erste Termin sei auf 29. November 2021 vereinbart worden (act. 2 Ziff. 13). Der Entscheid der KESB sei bis heute nicht vollstreckt worden, was gegen dessen Dringlichkeit spreche (act. 2 Ziff. 14). Die Vorinstanz sei zudem auf die vorgetragenen

Beschwerdegründe nicht eingegangen und habe mildere Massnahmen nicht geprüft. Dadurch habe sie ihre Begründungspflicht verletzt. Die Risiko- und Schutzfaktoren seien in Bezug auf C. nie gesondert abgeklärt worden. Insbeson- dere sei nicht verständlich, weshalb angesichts der mangelhaften Autonomieentwicklung und Regulation der Emotionen trotz Beistandschaft nicht schon vor Jahren eine Psychotherapie für C. installiert worden sei (act. 2 Ziff. 15). Auch sei die Erziehungsfähigkeit der Beschwerdeführerin nie untersucht worden. Es bestünden keine neuen schwerwiegenden Entwicklungen, die einen sofortigen Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Eltern rechtfertigen würden (act. 2 Ziff. 15). Schliesslich sei die KESB für die Platzierung in einem Sonderschulheim sachlich nicht zuständig (act. 2 Rz 16).

4.3 Der Kindesvertreter brachte in seiner Stellungnahme vom 23. Dezember 2021 vor, C. lehne konstant und intensiv ab, ins Schulheim Verein D. zu gehen, und wünsche, die HPS E. zu besuchen. Über die Autonomie des Willens des Kindes könne er keine Angaben machen. Es dürfte allerdings unbestritten sein, dass die Unterbringung im Schulheim Verein D. dem Kindeswohl entspreche. Es sei nicht die Aufgabe des Kindesvertreters zu beurteilen, ob mildere Mass-nahmen, wie bessere Integration in die Wohngemeinde durch Teil- nahme an lokalen Vereinstätigkeiten und eine kinderpsychiatrische Unterstützung, genügten, um der Kindeswohlgefährdung zu begegnen (act. 15).

5.

    1. Gemäss Art. 450c ZGB hat die Beschwerde aufschiebende Wirkung, sofern die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die gerichtliche Beschwer- deinstanz nichts anderes verfügt. Der Suspensiveffekt der Beschwerde ist nur ausnahmsweise im Einzelfall bei Gefahr im Verzug bzw. bei besonderer Dringlichkeit zu entziehen, wenn nicht zugewartet werden kann, bis der Endentscheid in der Sache rechtskräftig ist (BSK Erw.Schutz-THOMAS GEISER, Art. 450c N 7, ESR Komm-STECK, 2. Auflage, Art. 540c ZGB N 4 f.). Es ist eine Abwägung der auf dem Spiel stehenden Interessen vorzunehmen, bei welcher stets auch die Hauptsachenprognose eine Rolle spielt (BGE 143 III 197 E. 4). Es sind die Interessen an einem sofortigen Vollzug des Entscheids gegen jene an einer rechtsstaatlich einwandfreien Prüfung der Rechtslage abzuwägen (OGer ZH PQ200010

      E. II/2.1 = ZR 119/2020 S. 57, 60). Der Entzug der aufschiebenden Wirkung gilt als vorsorgliche Massnahme (BSK Erw.Schutz-AUER/MARTI, Art. 445 N 1 und 25). Es gelangt das summarische Verfahren zur Anwendung (§ 40 Abs. 3 EG KESR

      i.V.m. Art. 261 ff. ZPO). Die Voraussetzungen des Entzugs müssen folglich glaubhaft sein.

    2. Die elterliche Sorge schliesst das Recht ein, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen (Art. 301a Abs. 1 ZGB). Kann der Gefährdung des Kindes nicht anders begegnet werden, so hat die Kindesschutzbehörde es den Eltern oder, wenn es sich bei Dritten befindet, diesen wegzunehmen und in angemessener Weise unterzubringen (Art. 310 Abs. 1 ZGB). Voraussetzung ist, dass die körperliche, geistige sittliche Entwicklung des Kindes im elterlichen häuslichen Umfeld nicht ausreichend geschützt gefördert wird. Massgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entziehung. An die Würdigung der Umstände ist ein strenger Massstab zu legen. Die Entziehung ist nur zulässig, wenn andere Mass- nahmen ohne Erfolg geblieben sind von vorneherein als ungenügend erscheinen (Grundsätze der Verhältnismässigkeit und Subsidiarität). Auf ein Verschulden der Eltern kommt es nicht an; der Wunsch des Kindes ist neben allen anderen relevanten Faktoren zu berücksichtigen (BGer 5A_993/2016 vom 19 Juni 2017 E. 4.2.2; 5A_401/2015 vom 7. September 2015 E. 5.2, 5A_875/2013 vom

10. April 2014 E. 3.1).

6.

    1. Die Beschwerdeführerin bestreitet die Zuständigkeit der KESB zur Platzierung von C. in einem Schulheim. Dieser Entscheid obliege der Schule. Erst wenn die sorgeberechtigten Eltern nach Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheids der Schulgemeinde dessen Umsetzung verhindern würden, habe die Schule der KESB eine Gefährdungsmeldung zu erstatten, welche dann über den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts entscheiden müsse (act. 2 S. 16).

      Die Kindesschutzbehörde trifft die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindes, wenn dessen Wohl gefährdet ist und die Eltern nicht von sich aus für Abhilfe sorgen sie dazu ausserstande sind (Art. 307 Abs. 1 ZGB). Die Beschwerdeführerin irrt, wenn sie annimmt, einem Kindesschutzverfahren betreffend die Beschulung eines Kindes habe stets ein erfolgloses Verfahren der Schulgemeinde voranzugehen. Die KESB ist gestützt auf Bundesrecht, das den kantonalen und Gemeindeerlassen im Schulwesen vorgeht, nicht nur legitimiert, sondern verpflichtet, bei einer Gefährdung des Kindeswohls die geeigneten Schutzmass- nahmen, wie die Fremdplatzierung des Kindes, anzuordnen. Die KESB war deshalb gestützt auf eidgenössisches Kindesschutzrecht zum Entscheid vom 31. August 2021 funktional und sachlich zuständig, unabhängig, ob zuvor eine von der Schule angeordnete Platzierung durch die Eltern vereitelt wurde. Von der Frage der Zuständigkeit ist die Problematik zu trennen, ob die angeordneten Massnahmen dem Subsidiaritäts- und Verhältnismässigkeitsprinzip entsprachen, was nachfolgend im Rahmen der Prüfung der Wiedererteilung der aufschiebenden Wirkung zu beurteilen ist. Die Unzuständigkeitseinrede verfängt demnach nicht.

    2. Die Beschwerdeführerin erhebt den Vorwurf, der Bezirksrat sei auf diverse Vorbringen nicht eingegangen und habe seinen Entscheid mangelhaft begründet (act. 2 Ziff. 15).

Der aus dem verfassungsmässigen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) fliessenden Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen, ist Genüge getan, wenn der Entscheid sachgerecht angefochten werden kann. Die Begründung muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die es seinen Entscheid stützt (vgl.

BGE 142 III 433 E. 4.3.2 m.w.H.). Die vorinstanzliche Begründung genügt diesen Anforderungen. Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundsätze zum Entzug der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde sowie zur Fremdplatzierung von Kin- dern knapp, aber zutreffend dargelegt (act. 10 S. 5). Sie hat daraufhin nachvollziehbar ausgeführt, weshalb sie den Entzug der aufschiebenden Wirkung für sachgerecht hält und keine milderen Massnahmen als die ausserfamiliäre Platzierung zur Verfügung stünden (act. 10 S. 5 ff., v.a. S. 8 f.). Die Beschwerdeführerin konnte denn auch den Entscheid umfassend anfechten. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Bezirksrat mit jedem Argument in der Beschwerde auseinandersetzt (vgl. statt vieler: BK ZPO-HURNI, Art. 53 N 60 f.). Der Vorwurf der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist folglich unbegründet.

7.

7.1. Im Rahmen der Interessenabwägung fällt zunächst ins Gewicht, dass es sich beim Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Eltern und Fremdplatzierung des Kindes um einschneidende Kindesschutzmassnahmen handelt. Das Interesse an der rechtsstaatlichen Überprüfung auf Rechtmässigkeit des Entscheids ist deshalb als gewichtig einzustufen. Eine bereits seit längerem andauernde Gefährdungssituation vermag in solchen Fällen grundsätzlich noch keinen Entzug der aufschiebenden Wirkung zu rechtfertigen. Insbesondere stellt der Umstand, dass die Fremdplatzierung auf ein bestimmtes Datum geplant ist, keinen Grund zum Entzug der aufschiebenden Wirkung dar. Eine andere Beurteilung kann jedoch, wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, resultieren, wenn sich die seit längerem bestehende Gefährdungssituation vor der Entscheidung akzentuierte (in diesem Sinne auch PQ200010 vom 10. März 2020 E. 2.2).

    1. Im März und September 2019 beantragte die Beiständin die Unterbringung von C. im Sonderschulheim Verein D. (KESB act. 94). Sie wies darauf hin, dass die Familienbegleitung ihre Aufgabe nur sehr beschränkt ausüben könne, weil die Beschwerdeführerin Termine ausfallen lasse. Deren Erziehungsfähigkeit habe sich nicht erhöht. Sie könne C. keine Grenzen setzen. Mehr als ein Jahr später, am 24. November 2020, entzog die KESB den Parteien das Aufenthaltsbestimmungsrecht über C. , wobei sie erwog, die gesunde Entwicklung des Kindes sei gefährdet, weil es zu Hause an einem entwicklungsför- dernden Umfeld, an klaren Grenzen sowie Strukturen fehle. Trotz sozialpädagogischer Familienbegleitung habe sich die familiäre Situation nicht verbessert (KESB act. 141). Diesen Entscheid hob der Bezirksrat am 9. Februar 2021 wieder auf. Dies geschah indes nicht, weil er eine Gefährdung des Kindswohls verneinte. Gegenteils hielt auch er fest, die Erziehungsdefizite der Beschwerdeführerin seien glaubhaft. Der Bezirksrat wandte jedoch ein, die KESB könne sich nicht auf aktuelle Belege stützen, welche die Gefährdung über eine Glaubhaftmachung hinaus beweisen würden. Auch wenn die Situation des Kindes mit Besorgnis zu betrachten sei, sei noch nicht von einer Gefahr im Verzug auszugehen. C. werde beschult; er werde in E. mit dem Schulbus abgeholt und täglich in die HPS G. gebracht. Die Mutter werde weiterhin durch die Beiständin und die Familienbegleitung unterstützt. Der Bezirksrat wies die Sache infolgedessen für weitere Abklärungen an die KESB zurück. Er entzog allerdings aufgrund der glaubhaften Gefährdung des Kindeswohls ebenfalls einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung, um die Sache zu beschleunigen (KESB act. 170).

      Nach Einholen einer Stellungnahme der Beiständin vom 17. März 2021 (KESB act. 181), eines aktuellen Verlaufsberichts der Familienbegleitung (I. ) vom 18. März 2021 (KESB act. 182), der Einschätzung des Kindesvertreters vom 4. Mai 2021 (KESB act. 196) sowie der Anhörung der Beschwerdeführerin und von C. am 17. Mai 2021 (KESB act. 200) verzichtete die KESB mit Entscheid vom 8. Juni 2021 auf die von der Beiständin beantragte Platzierung im

      Schulheim Verein D.

      (KESB act. 207). Die KESB befand gestützt auf die

      neuen Abklärungen, dass zwar nach wie vor von einer erheblichen Gefährdung des Kindeswohls zufolge der deutlichen Erziehungsdefizite der Mutter auszugehen sei, sich aber eine positive Entwicklung abzeichne. Es zeige sich, dass die Beschwerdeführerin in der Zusammenarbeit mit der Schule und den Behörden verbindlicher geworden sei, und sie bringe klar zum Ausdruck, inskünftig mit der Familienbegleitung zusammenarbeiten zu wollen. Sie verhalte sich gegenüber den Kindern konsequenter, was zu einer Beruhigung der familiären Situation führe. Es scheine, als vermöchten die bisherigen Massnahmen der seit langem bestehenden Gefährdung langsam entgegenzuwirken. Die Beiständin und die Familienbegleitung hätten nun mit der Mutter unter Einbezug des Kindes messbare Ziele zu vereinbaren. Eingreifende Interventionen seien angesichts der neuen Entwicklung sowie des heftigen Widerstands der Beschwerdeführerin und von C. unverhältnismässig.

      Als Zwischenfazit ist demnach festzuhalten, dass die KESB bei Ihrem Entscheid vom 8. Juni 2021 von einer positiven Veränderung in den häuslichen Verhältnissen ausging und eine Abschwächung der Gefährdungssituation für C. erwartete.

    2. Wie sich aus den Erwägungen im Entscheid der KESB vom 31. August 2021 ergibt, hätten sich jedoch genau diese Erwartungen als zu optimistisch erwiesen und es habe sich seither statt einer Verbesserung eine deutliche Verschlechterung der Situation von C. ergeben, die sofortiges Handeln nötig mache (BR act. 2/2). Der Bezirksrat hat mit Verweis auf die vorstehenden Ausführungen (E. 4.1) in seinem Entscheid mit nachvollziehbarer Begründung die Annahme einer Akzentuierung der Gefährdungssituation des Kindes bestätigt (act. 10).

      Die Erhöhung der Gefährdung wird durch die Akten erhärtet. Gemäss Gefährdungsmeldung der HPS G. vom 15. Juni 2021 weise C. viele, in letzter Zeit stark zugenommene Schulabsenzen auf und weigere sich, zur Schule zu kommen. Seit dem Umzug der Beschwerdeführerin mit ihren Kindern von J. nach E. im Januar 2021 gehe es ihm schlechter und nun scheine er den Boden unter den Füssen verloren zu haben. Die alleinerziehende Mutter könne die nötigen Strukturen und Sicherheiten für eine gesunde Entwicklung des

      Kindes nicht bieten. Die Schule habe alles unternommen, um C.

      zum

      Schulbesuch zu motivieren. Die Verantwortung für die Einhaltung der Schulpflicht liege bei den Eltern. Die Mutter scheine aber der Situation hilflos gegenüberzustehen (KESB act. 213). Im Rechenschaftsbericht der Beiständin vom 31. Mai 2021 wird die häusliche und schulische Situation von C. ebenfalls als hoch problematisch geschildert. Er habe auffallend viele Absenzen und die Schule, die HPS G. , stelle kaum mehr Anforderungen an die Mutter. C. erhalte daheim zu wenig Regeln und keinerlei Förderung. Er verhalte sich auffällig, weshalb dem involvierten Helfersystem eine Platzierung unumgänglich und dringend

      notwendig erscheine (KESB act. 214, v.a. S. 9 und 12). Schliesslich ging bei der KESB am 30. Juni 2021 die Gefährdungsmeldung des Familienbegleiters vom 24. Juni 2021 ein (KESB act. 117). Darin wird nochmals berichtet, die Schulabsenzen hätten in der letzten Zeit stark zugenommen. Seit einigen Wochen bleibe C. der Schule vermehrt fern. Die Beschwerdeführerin sei nicht in der Lage gewillt, ihn zur Teilnahme am Schulunterricht zu bewegen. Sie habe dem Kind zu-

      dem eine ärztliche Behandlung am Zehen vorenthalten. C.

      sei zu Hause

      isoliert. Die Läden seien geschlossen. Er halte sich die meiste Zeit in der abge- dunkelten Wohnung auf. Seine Beziehung zur Beschwerdeführerin sei nicht altersgerecht und wahre seine Autonomie nicht. Die grosse Nähe sei übergriffig. Das Verhalten der Beschwerdeführerin sei wieder unverbindlicher. Die Zusammenarbeit mit der Familienbegleitung habe sich zu einer Scheinkooperation entwickelt. Zusammenfassend ist im Sinne der Vorinstanz eine deutliche Verschärfung der Kindeswohlgefährdung ab Ende Mai/Anfang Juni 2021 glaubhaft.

    3. Die Beschwerdeführerin wendet ein, der KESB seien die gehäuften Schulabsenzen bereits beim Entscheid vom 8. Juni 20021 bekannt gewesen und sie habe diese nicht als wesentliche Veränderung der bisherigen Verhältnisse betrachtet (u.a. act. 2 Ziff. 8). Was die Beschwerdeführerin daraus zu ihren Gunsten ableitet, bleibt unklar. Sofern sie geltend machen möchte, die KESB habe in der Zunahme der Schulabsenzen keinen Grund für eine dringliche Platzierung gesehen, sind ihr die anderslautenden Erwägungen im Entscheid vom 31. August 2021 entgegenzuhalten. Im Übrigen kann ihrer Argumentation betreffend Kenntnis nicht gefolgt werden. Zwar hatte die KESB bereits im Mai 2021 von Schulabsenzen erfahren (vgl. KESB act. 196). Den Akten kann aber nicht entnommen wer- den, dass ihr das Ausmass der Absenzen bis hin zur weitgehenden Schulverweigerung hätte bekannt sein können, zumal die Gefährdungsmeldung der HPS G. , welche auf die deutliche Zunahme der Schulabsenzen in den letzten Wochen hinwies, erst am 15. Juni 2021 erfolgte (KESB act. 213). Der Rechenschaftsbericht der Beiständin datiert vom 7. Juni 2021. Wann er der KESB zuging, ist nicht ersichtlich. Zudem wurde er erst am 29. Juni 2021 genehmigt (KESB act. 215). Auch dem Schreiben (einer Fachmitarbeiterin) der KESB an die HPS G. vom 24. Juni 2021 kann nicht entnommen, dass die KESB von der Zunahme der Schulabsenzen am 8. Juni 2021 wusste. Darin wird gegenteils aus- drücklich erwähnt, die erhöhten Schulabsenzen seien durch die Gefährdungsmel- dung der HPS G. vom 15. Juni 2021 bekannt geworden. Worauf sich die Bemerkung im 2. Absatz des Briefes, die Situation habe sich seit dem Entscheid vom 8. Juni 2021 nicht verändert, bezieht, bleibt unklar. Aufgrund des Kontextes und der Adressatin des Briefes steht im Vordergrund, dass sich die Mitarbeiterin

      auf die aktuelle Schulsituation von C.

      beziehen wollte, nämlich dass seit

      dem 8. Juni 2021 kein neuer Entscheid der KESB betreffend die Beschulung ergangen sei (KESB act. 214). Die Bedeutung einer verbindlichen Zusicherung an die Parteien, die Behördenmitglieder der KESB würden aufgrund der neuen Entwicklung auf eine ausserfamiliäre Platzierung verzichten, kommt dem Satz im (nicht an die Parteien gerichteten) Schreiben jedenfalls nicht zu. Damit verfängt der Einwand, die KESB habe die gehäuften Schulabsenzen nicht als wesentliche Veränderung der Situation betrachtet und darin keinen Grund für eine sofortige Platzierung gesehen, offenkundig nicht.

    4. Die Beschwerdeführerin rügt, der Bezirksrat habe nicht berücksichtigt, dass

      C.

      ab den Sommerferien bis zu den Herbstferien 2021 wieder beschult

      worden sei (act. 2 Ziff. 9). Der Einwand trifft nicht zu und führte, selbst wenn er zuträfe, zu keiner anderen Beurteilung. Die Vorinstanz hielt fest, die Beschwerdeführerin sei mit C. bei der HPS E. tatsächlich erschienen und es sei vorerst eine Einzelbeschulung aufgegleist worden (act. 10 S. 8), und erwog später, es sei nicht ersichtlich, weshalb es mit der neuen Schule anders sein soll, seien sich doch alle Fachpersonen einig, dass das Problem nicht in der Schule, son- dern in der Situation zu Hause liege. Auch falle der Grund für die Absenzen, die Angst vor einer Fremdplatzierung, nicht weg (act. 10 S. 9). Damit berücksichtigte

      die Vorinstanz die Beschulung von C.

      nach den Sommerferien, mass ihr

      aber keine entscheidende Bedeutung zu. Dies ist wie nachfolgend erläutert nicht zu beanstanden: Zwar gelang es, C. zwischen den Sommer- und Herbstferien 2021 in der HPS E. einzeln beschulen zu lassen, nachdem die Frist für die Anmeldung in eine Sonderklasse an der gleichen Schule verpasst worden war. Seit den Herbstferien besucht C. indes erneut keine Schule mehr und hält sich wieder zu Hause auf (vgl. act. 15 S. 2). Er verfügt über eine weit unterdurchschnittliche kognitive Begabung (act. 2 Ziff. 15) und benötigt dringend eine Sonderbeschulung. Umso wichtiger ist, dass er so rasch als möglich die notwen-

      dige schulische Förderung erhält. C.

      fehlen aber vor allem im häuslichen

      Umfeld geeignete, altersgerechte Strukturen für eine gesunde geistige und körperliche Entwicklung. Sein Verhalten wirkt offenkundig auffällig; er reagiert aggressiv, schlägt seine Mutter, wenn ihm etwas nicht passt, und setzt sich mit Schreien und Wutanfällen gegen die Beschwerdeführerin durch. Die Beziehung zwischen ihr und C. scheint symbiotisch und vereinnahmend. Es fehlt die nötige Abgrenzung der Beschwerdeführerin zum Kind. Dies erschwert in bedenklichem Mass dessen Persönlichkeitsentwicklung und Autonomie.

      C. wird in zwei Monaten dreizehn Jahre alt und befindet sich im Übergang zur Pubertät. In dieser Altersphase ist eine stabile Erziehung mit altersgerechten Strukturen unerlässlich, um ihm in der schwierigen Phase der Selbstfin- dung den nötigen Halt zu geben. Die Beschwerdeführerin ist damit glaubhaft überfordert. Trotz mehrjähriger Unterstützung durch Beiständin und Familienbegleiter scheint es nicht gelungen zu sein, ihre Erziehungskompetenz nachhaltig zu steigern. Der von der Familie getrennt lebende Beschwerdegegner kümmert sich

      kaum um C.

      und füllt das bestehende Erziehungsvakuum nicht. Mit dem

      Zuwarten bis zum rechtskräftigen Entscheid in der Sache würden wertvolle Monate vergehen, während welchen sich das Beschulungs- und Erziehungsdefizit von

      C.

      vergrösserte. Eine Kompensation dieser Fehlentwicklung nach Abschluss der Rechtsmittelverfahren scheint äusserst fraglich. Selbst wenn die Einschulung in der HPS E. im nächsten Schulsemester gelänge, würden die unzulänglichen häuslichen Verhältnisse bleiben und bestünde die Gefahr eines erneuten Schulabbruchs, wenn Anforderungen an die Beschwerdeführerin gestellt würden. Dem Einwand, C. sei aus Angst vor einer Fremdplatzierung nicht mehr zur Schule gegangen, ist entgegenzuhalten, dass die Schulabsenzen zunahmen, obwohl die KESB mit Schreiben vom 17. Mai 2021 der Beschwerdeführerin angekündigt hatte, von Anpassungen der bestehenden Kindesschutzmassnahmen abzusehen (KESB act. 201). Der Einwand überzeugt daher nicht. Der Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Parteien und die Platzierung des Kindes im Schulheim erweisen sich vielmehr als zeitlich dringend.

    5. C. möchte nicht ins Schulheim eintreten. Der Kindesvertreter schildert, der Junge habe auf die Übermittlung der Nachricht betreffend Fremdplatzierung sehr heftig und schlecht reagiert. Er habe in den nachfolgenden Tagen kaum mehr gesprochen und selbst die Beschwerdeführerin nicht mehr an sich herangelassen. Es sei am 25. Oktober 2021 ein Termin beim KJPD Zürich vereinbart wor- den. Die Beschwerdeführerin habe anschliessend berichtet, der KJPD habe den Besuch einer Tagesschule und einer therapeutischen Begleitung empfohlen (act. 2 Ziff. 12).

      Aufgrund des Alters von C. ist sein Wille bei der Entscheidung miteinzubeziehen, jedoch nicht allein ausschlaggebend. Aufgrund seiner psychischen Abhängigkeit zur Beschwerdeführerin, seiner emotionalen Entwicklungsverzögerung und seinen noch nicht ausgereiften (weit unterdurchschnittlichen [act. 2 Ziff. 15]) kognitiven Fähigkeiten liegt auf der Hand, dass er bezüglich der Frage, ob die Fremdplatzierung im Schulheim Verein D. in seinem Wohle liegt, noch nicht urteilsfähig ist. Als unglücklich erweist sich, dass C. sehr kurzfristig am 22. Oktober 2021 über den auf den 25. Oktober 2021 vorgesehenen Eintritt ins Schulheim informiert wurde, obwohl der Entscheid der KESB vom 31. August 2021 bereits Anfang September 2021 den Parteien mitgeteilt worden war (KESB act. 249). Die heftige Reaktion ist deshalb nachvollziehbar, rechtfertigt aber nicht, von der dringend notwendigen Schutzmassnahme abzusehen. Weder der Kin- desvertreter noch die Beschwerdeführerin reichten überdies den erwähnten Bericht des KJPD ein. Der auf einer Sitzung basierende Bericht des KJPD könnte im Übrigen die fachkundige Einschätzung der Gefährdungslage der seit Jahren mit der Beschwerdeführerin und C. zusammenarbeitenden Beiständin und Familienbegleitung nicht ernsthaft in Zweifel ziehen.

    6. Das Sonderschulheim Verein D.

      ist für die Platzierung von C.

      geeignet. Bereits seine älteren Brüder sind bzw. waren dort untergebracht und

      haben sich gut entwickelt. Der Bruder K.

      hält sich unter der Woche nach

      wie vor dort auf. L. , der älteste Bruder, konnte die Schule abschliessen und

      eine Kochlehre beginnen. Die Beschwerdeführerin bringt keine sachlichen und belegten Gründe vor (vgl. act. 2 Ziff. 15), weshalb das Schulheim die Interessen und Begabungen von C. nicht angemessen fördern könnte.

    7. Der Entzug der aufschiebenden Wirkung ist ferner verhältnismässig. Seit den Herbstferien besteht keine Familienbegleitung mehr (act. 2 Ziff. 11). Die jahrelange fachkundige Familienbegleitung brachte keinen nachhaltigen Erfolg bzw. keine anhaltende Steigerung der Erziehungsfähigkeit der Beschwerdeführerin. Vor allem aber konnte weder die Beiständin noch die Familienbegleitung die Ver-

      schlechterung der Situation von C.

      im Frühsommer 2021 verhindern und

      ihn vor der monatelangen Strukturlosigkeit bewahren. Der Erfolg beider Schutzmassnahmen hängt von der Bereitschaft der Beschwerdeführerin ab, mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Zwar mag sie unter dem unmittelbaren Druck einer drohenden Fremdplatzierung von C. zur Zusammenarbeit bereit sein. Doch ist aufgrund der Vergangenheit glaubhaft, dass ihre Bereitschaft mit nachlassen- dem Druck abklingen und sich die Kindswohlgefährdung erneut akzentuieren würde, womit die KESB vor der gleichen Situation wie heute stünde. Die Beschwerdeführerin überschätzt die erzieherischen Möglichkeiten privater Sportoder Freizeitvereine. Deren Aufgabe ist es nicht, Probleme in der Persönlichkeitsentwicklung der Kinder anzugehen eine mangelhafte Erziehung der Eltern aufzufangen, sondern die Kinder hinsichtlich gewisser Aktivitäten zu fördern. Auch eine ambulante psychologische psychiatrische Therapie könnte die schulischen und erzieherischen Defizite des Kindes kaum kompensieren. Eine effektive Verbesserung der Gefährdungssituation erforderte glaubhaft eine tiefergreifende Wesensveränderung der Beschwerdeführerin, welche damit nicht angegangen würde. Geeignete mildere Massnahmen zur Sicherstellung der regelmässigen Beschulung sowie der nötigen Förderung der Eigenständigkeit und gesunden Persönlichkeitsentwicklung des Jungen bei einem Verbleib zu Hause sind somit nicht ersichtlich. Entsprechend ist der Antrag der Beschwerdeführerin, im Beschwerdeverfahren vor der Kammer vorsorglich eine Familienbegleitung zu installieren (act. 2 Ziff. 12), abzuweisen. Ob über die Beschwerdeführerin ein Erziehungsfähigkeitsgutachten einzuholen und C. weiteren Abklärungen zu unterziehen sein wird, ist nicht im vorsorglichen Summar-, sondern im Hauptverfahren zu prüfen.

    8. Angesichts der bei einem Verbleib bei der Beschwerdeführerin drohenden Vergrösserung der Entwicklungsdefizite erweist sich eine umgehende Einschulung und Platzierung C. s im Sonderschulheim Verein D. gewichtiger als das Interesse der Beschwerdeführerin an der Überprüfung des Entscheids durch die Beschwerdeinstanzen. Ein das Kindeswohl beeinträchtigendes Hin-und- Her ist nicht zu befürchten, weil mit einem rechtskräftigen Entscheid in der Sache nicht in Kürze zu rechnen ist. An der Beurteilung ändert auch nichts, dass die KESB den Entscheid bisher nicht vollstrecken liess.

    9. Aus diesen Gründen ist der Entscheid des Bezirksrats über den Entzug der aufschiebenden Wirkung (act. 10 Dispositiv-Ziff. I) zu bestätigen. Antrag Ziff. 1 der Beschwerde ist abzuweisen. Der Beschwerde an den Bezirksrat bleibt damit die aufschiebende Wirkung entzogen, womit der Entscheid der KESB zu vollstrecken ist.

8. Nach Abweisung von Antrag Ziff. 1 ist auf Antrag Ziff. 2 der Beschwerde

nicht einzutreten. Eine vorsorgliche Anmeldung in der HPS E.

würde die

dringend notwendige Struktur im Alltag des Kindes wie gesehen nicht gewährleisten und die akute Gefährdungssituation nicht entschärfen. Der Schulbericht der HPS Bezirk M. vom 28. Juni 2021 lautet zwar in gewissen Punkten durchaus positiv (BR act. 2/6). Dennoch zeigt er, dass die HPS dem Schulabbruch durch C. im Mai/Juni 2021 hilflos gegenüberstand und gegen die fehlende Bereitschaft der Beschwerdeführerin, die Schulpflicht durchzusetzen, nicht aufkommen konnte. Der Vollständigkeit halber bleibt anzumerken, dass die Anmel- dung in die HPS E. nach einer umfassenden schulpsychologischen Abklärung des Kindes durch den schulpsychologischen Dienst erfolgt (https://hps- E. .ch/organisation/aufnahme-anmeldung). Die Eltern wären allerdings in der Pflicht gestanden, wenn nötig die Initiative für die notwendigen Abklärungen zu ergreifen und das Anmeldeverfahren zu verfolgen, sofern sie davon ausgingen, dass dies sonst nicht rechtzeitig erfolgen würde.

9.

    1. Es handelt sich um keine vermögensrechtliche Streitigkeit. Der Beschwer- degegner beteiligte sich nicht am Beschwerdeverfahren vor der Kammer. Er identifizierte sich damit weder mit der Beschwerde noch mit dem angefochtenen Entscheid. Aufgrund des vollständigen Unterliegens der Beschwerdeführerin sind die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens somit ihr aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Gemäss §§ 5, 8 Abs. 1 und 12 Abs. 1 und 2 GebV OG ist die Gerichtsgebühr im Beschwerdeverfahren vor der Kammer auf Fr. 1'000.festzusetzen. Die Kosten sind zufolge gewährter unentgeltlicher Rechtspflege jedoch einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Beschwerdeführerin ist ausdrücklich auf die Nachzahlungspflicht gemäss Art. 123 Abs. 1 ZPO hinzuweisen.

    2. Eine Parteientschädigung ist bei diesem Ausgang nicht zuzusprechen.

Es wird erkannt:

  1. Der Antrag auf vorsorgliche Errichtung einer Familienbeistandschaft wird abgewiesen.

  2. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird, und es wird der Beschluss des Bezirksrats vom 17. November 2012 bestätigt. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde bleibt entzogen.

  3. Die Entscheidgebühr wird im Beschwerdeverfahren vor Obergericht auf Fr. 1'000.festgesetzt und der Beschwerdeführerin auferlegt, jedoch zufolge gewährter unentgeltlicher Rechtspflege auf die Gerichtkasse genommen. Die Pflicht der Beschwerdeführerin zur Nachzahlung im Sinne von Art. 123 ZPO bleibt vorbehalten.

  4. Es wird im Beschwerdeverfahren vor Obergericht keine Parteientschädigung zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde der Bezirke Winterthur und Andelfingen, mit dem Anliegen,

    C.

    den Entscheid angemessen mitzuteilen, sowie - unter Rücksendung der eingereichten Akten an den Bezirksrat Winterthur, je gegen Empfangsschein.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG und ein Entscheid über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. S. Bohli Roth

versandt am:

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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