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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PQ170074: Obergericht des Kantons Zürich

Eine Frau, die unter einer bipolaren Störung leidet, kämpft vor dem Obergericht des Kantons Zürich darum, ihre bisherige Beiständin zu behalten. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde hatte einen Beistandswechsel angeordnet, was die Frau ablehnte. Sie argumentierte, dass das Vertrauensverhältnis zur bisherigen Beiständin für ihre psychische Stabilität entscheidend sei. Trotzdem entschied die Vorinstanz gegen sie, da die Gemeinde organisatorische Gründe für den Wechsel anführte. Letztendlich wurde die Beschwerde der Frau vom Obergericht gutgeheissen, und die Kosten des Verfahrens wurden auf die Gerichtskasse genommen.

Urteilsdetails des Kantongerichts PQ170074

Kanton:ZH
Fallnummer:PQ170074
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PQ170074 vom 11.10.2017 (ZH)
Datum:11.10.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Anordnung Beistandswechsel
Schlagwörter : Beiständin; Person; Beistand; Beistands; Vorinstanz; Recht; Interesse; Beistandschaft; Interessen; Affoltern; Gemeinde; Erwachsenenschutz; Mandat; Bezirk; Vertrauen; Urteil; Bezirks; Vorschlag; Entscheid; Berufsbeistand; Mandats; Vertrauensverhältnis; Vorschlagsrecht; Bezirksrat; Gericht; Berufsbeistandschaft; Organisation; Sinne
Rechtsnorm:Art. 395 ZGB ;Art. 401 ZGB ;Art. 422 ZGB ;Art. 446 ZGB ;Art. 450a ZGB ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:140 III 1; 142 III 732;
Kommentar:
-, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 1997

Entscheid des Kantongerichts PQ170074

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PQ170074-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach und Ersatzrichterin lic. iur. R. Bantli Keller sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Würsch

Beschluss und Urteil vom 11. Oktober 2017

in Sachen

  1. ,

    Beschwerdeführerin

    vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. X. ,

    betreffend Anordnung Beistandswechsel

    Beschwerde gegen ein Urteil des Bezirksrates Affoltern vom 22. August 2017; VO.2017.12 (Kindesund Erwachsenenschutzbehörde Affoltern)

    Erwägungen:

    I.

    1. Nachdem A. (nachfolgend Beschwerdeführerin) aufgrund ihrer bipolaren Störung im Dezember 2013 per fürsorgerischer Unterbringung in den psychiatrischen Stützpunkt der Gemeinde B. verbracht werden musste, eröffnete die Kinderund Erwachsenenschutzbehörde des Bezirks Affoltern (nachfolgend KESB) ein Verfahren zur Errichtung einer Erwachsenenschutzmassnahme (act. 8/6/8 und 8/6/21). Mit Beschluss vom 20. Februar 2014 errichtete sie für die Beschwerdeführerin eine Beistandschaft nach Art. 394 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 395 Abs. 1 und 2 ZGB mit den Aufgaben, diese bei der Erledigung der administrativen und finanziellen Angelegenheiten zu betreuen und vertreten, namentlich seien ihr gesamtes Vermögen und Einkommen zu verwalten und es sei für ihr soziales und gesundheitliches Wohl zu sorgen. Zur Beiständin wurde C. , Sozialdienst Bezirk Affoltern, ernannt (act. 8/6/28).

    2. Mitte Juli 2016 stellte die Beiständin ihren Bericht über die Beistandschaft für die Dauer vom 20. Februar 2014 bis 31. Januar 2016 der KESB zu, worin sie auf das gute Vertrauensverhältnis zur Beschwerdeführerin hinwies und die Weiterführung der Beistandschaft beantragte (act. 8/6/31).

    3. Am 22. August 2016 reichte die Beiständin eine ärztliche Bescheinigung von Dr. med. D. , der die Beschwerdeführerin seit Mai 2014 ambulant psychiatrisch betreute, ein. Darin befürwortete der Arzt aus medizinischer Sicht die Fortführung der Beistandschaft durch die bisherige Beiständin (act. 6/8/32/1).

    4. Am 10. Februar 2017 hörte die KESB die Beschwerdeführerin zu einem allfälligen Wechsel der Person der Beiständin an. Die Beschwerdeführerin erklärte, an der bisherigen Beiständin festhalten zu wollen, und äusserte Bedenken, ihr derzeit stabiler psychischer Zustand könnte sich bei einem Mandatsträgerwechsel verschlechtern (act. 6/8/34).

    5. Am 29. März 2017 ordnete die KESB einen Beistandswechsel per 1. Mai 2017 an und ernannte E. der Sozialen Dienste der Gemeinde B. zur neuen Beiständin (act. 6/8/36).

    6. Gegen diesen Entscheid erhob die Beschwerdeführerin am 27. April 2017 rechtzeitig beim Bezirksrat Affoltern (nachfolgend Vorinstanz) Beschwerde und stellte folgende Anträge (act. 8/1):

  1. Der Entscheid der Kindesund Erwachsenenschutzbehörde Bezirk Affoltern

    a.A. sei wegen Verletzung von Art. 401 ZGB aufzuheben und C. sei unverändert als Vertretungsbeiständin mit Einkommensund Vermögensverwaltung nach Art. 394 Abs. 1 i.V.m. Art. 395 Abs. 1 und 2 ZGB als Beiständin zu ernennen.

  2. Die unentgeltliche Rechtspflege sei zu gewähren und es seien keine Gebühren zu erheben.

Die Vorinstanz zog die Akten der KESB bei und setzte ihr Frist zur Vernehmlassung (act. 6/3). Mit Zuschrift vom 12. Mai 2017 verzichtete die KESB auf eine Stellungnahme (act. 4). Diese Eingabe stellte die Vorinstanz der Beschwerdeführerin zur freigestellten Vernehmlassung zu (act. 8/7). Am 22. August 2017 hiess die Vorinstanz das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gut und wies die Beschwerde ab. Gleichzeitig ersuchte sie C. , den Schlussbericht mit Schlussrechnung einzureichen (act. 8/8 = act. 4/2, nachfolgend act. 4/2).

7. Gegen das Urteil der Vorinstanz beschwerte sich die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 18. September 2017 (act. 2) und beantragte Folgendes:

  1. Der Entscheid der KESB Affoltern am Albis vom 29. März 2017 sowie das Urteil des Bezirksrats Affoltern a. Albis vom 22. August 2017 seien aufzuheben.

  2. Frau C. sei unverändert als Vertretungsbeiständin mit Einkommensund Vermögensverwaltung gemäss Art. 394 Abs. 1 i. V. m Art. 395 Abs. 1 und 2 ZGB ernannt zu bleiben.

  3. Es sei der Beschwerdeführerin weiterhin die unentgeltliche Prozessführung und zudem neu die unentgeltliche Rechtsvertretung zu gewähren.

  4. Die Kosten seien auf die Staatskasse zu nehmen.

8. Die Akten der Vorinstanz und der KESB wurden beigezogen (Art. 327 Abs. 1 der Zivilprozessordnung, ZPO, act. 5). Die Sache erweist sich als spruchreif.

II.
  1. Das Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz richtet sich in Erwachsenenschutzsachen nach den Bestimmungen des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) und des Einführungsgesetzes zum Kindesund Erwachsenenschutzrecht (EG KESR) sowie subsidiär nach den Bestimmungen des Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG) und der ZPO (§ 40 EG KESR). Mit der Beschwerde können insbesondere Rechtsverletzung, unrichtige unvollständige Sachverhaltsfeststellung Unangemessenheit gerügt werden (Art. 450a Abs. 1 ZGB). Vor der Beschwerdeinstanz gilt sinngemäss Art. 446 Abs. 1 ZGB (§ 65 EG KESR). Danach hat das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen zu erforschen und die aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör fliessenden Rechte der Parteien auf Mitwirkung bei der Erhebung des Sachverhalts zu beachten (BGE 142 III 732 E. 3.4.1 S. 735).

  2. Die Beschwerdeführerin stellt unter anderem den Antrag, es sei der Entscheid der KESB aufzuheben (act. 2 Antrag Ziffer 1). Anfechtungsobjekt im zweitinstanzlichen Beschwerdeverfahren bildet nur das Urteil der ersten Beschwerdeinstanz, mithin der Vorinstanz bzw. des Bezirksrats. Mit der vorliegenden Beschwerde kann demnach nicht der Entscheid der KESB, sondern nur derjenige des Bezirksrats angefochten werden. Da die Vorinstanz den Entscheid der KESB jedoch bestätigte, würde bei Gutheissung der nun zu behandelnden Beschwerde und Aufhebung des Urteils der Vorinstanz zwangsläufig auch der Entscheid der KESB wegfallen.

  3. Die Vorinstanz begründete den Wechsel der Beistandsperson zusammenfassend damit, die Gemeinde B. sei aus dem Zweckverband Sozialdienst Bezirk Affoltern ausgetreten, weshalb für die Führung der Berufsbeistandschaften

    von Personen mit Wohnsitz in der Gemeinde seit 1. Januar 2016 die eigene Berufsbeistandschaft der Gemeinde zuständig sei. Art. 421 Ziff. 3 ZGB sehe vor, dass das Amt des Beistandes der Beiständin von Gesetz wegen mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses als Berufsbeistand Berufsbeiständin endet. Bei professionellen Organisationen bestehe neben dem arbeitsrechtlichen Verhältnis zwischen Berufsbeistand und Organisation auch ein Rechtsverhältnis zwischen staatlicher Behörde und Organisation, welche die übertragenen, öffentlichen Aufgaben ausführe. Trete eine Gemeinde aus einem Zweckverband (Organisation) aus und beschäftige dieser die Angestellten weiter, fehle eine Art. 421 Ziff. 3 ZGB entsprechende Regelung. Die Auflösung solcher organisationsrechtlicher Grundlagen sei in Ergänzung des Gesetzes als wichtiger Grund im Sinne von Art. 422 Abs. 2 ZGB und Art. 423 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB zu betrachten, der ebenso zur Beendigung des Amts des Beistands der Beiständin führe. Der Beistandswechsel sei aufgrund der nun eigenständig von der Gemeinde geführten Berufsbeistandschaften deshalb grundsätzlich nicht zu beanstanden. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses wie auch der organisationsrechtlichen Grundlagen stünden in einem Spannungsverhältnis zum Interesse der schutzund hilfsbedürftigen Person. Es sei dabei auf die Interessen der schutzbedürftigen Person zu achten. Veränderungen seien jedoch nicht nur Risiken sondern auch Chancen für diese Personen. Die Vorinstanz kam aufgrund des Beistandschaftsberichts von C. , der ärztlichen Bescheinigung des behandelnden Psychiaters Dr. med. D. sowie der Aussagen der Beschwerdeführerin an der persönlichen Anhörung durch die KESB zum Schluss, es sei zwar davon auszugehen, dass das Vertrauensverhältnis von C. wesentlich zur psychischen Stabilisierung der Beschwerdeführerin beitrage. Die Beschwerdeführerin werde jedoch stark von der Psychiatrie-Spitex Affoltern unterstützt, habe auch zu ihrem Sohn, ihrer Tochter und ihrer Zwillingsschwester ein enges Vertrauensverhältnis und besuche ihren behandelnden Arzt regelmässig. All diese Beziehungen seien im Gesamtkontext ebenso zu berücksichtigen und trügen zur Stabilisierung bei. Es könne deshalb nicht gesagt werden, dass das Vertrauensverhältnis zur bisherigen Beiständin für den Erhalt der psychischen Stabilität unabdingbar sei. Die Beiständin sehe die Beschwerdeführerin nur wenige Male im Jahr und ihre Unterstützung beschränke

    sich auf die finanziellen und administrativen Bereiche, während die anderen Personen für wichtigere Aspekte, nämlich das gesundheitliche und soziale Wohl der Beschwerdeführerin, zuständig seien. Die Beschwerdeführerin habe keine Grün- de vorgebracht, weshalb sie zur neuen Beiständin nicht ebenfalls ein Vertrauensverhältnis aufbauen könne. Es bestünden insgesamt keine Gründe für eine Ablehnung der neuen Beiständin gemäss Art. 401 Abs. 3 ZGB. Der Wunsch der betroffenen Person im Sinne von Art. 401 Abs. 1 ZGB gelte nicht absolut. Vorliegend stünden dem organisatorisch motivierten Beistandswechsel keine schützenswerten Interessen der Beschwerdeführerin entgegen. Die Abwägung der Interessen ergebe vielmehr, dass die Durchführung der Beistandschaft durch den Beistandswechsel nicht gefährdet werde (act. 4/2).

  4. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe den eigenen organisatorischen Interessen ein zu grosses Gewicht beigemessen, dafür die besonderen Interessen der Beschwerdeführerin und deren mit der Erkrankung zusammenhängenden speziellen Bedürfnisse nicht genügend gewürdigt. In ihrem Fall sei aus medizinisch-psychiatrischen Gründen eine Ausnahme bei der Umstrukturierung der Berufsbeistandschaft nötig und von einem Mandatsträgerwechsel abzusehen. Der Organisation des Beistandschaftswesens komme im Erwachsenenschutz eine dienende Funktion zu. Die Interessen der betreuten Person gingen denjenigen des Gemeinwesens privater Dritter an einer für sie geeigneten Struktur vor. Heute sei die Betreuung der Beschwerdeführerin optimal. Der Wechsel stelle alles Erreichte in Frage und bewirke bei ihr grosse psychische Probleme. Das übrige Umfeld habe sie zuvor nicht hinreichend stabilisieren können. Die Beschwerdeführerin habe neben den ca. vier persönlichen Treffen im Jahr (act. 2

    S. 4), regelmässigen telefonischen und E-Mail-Kontakt zur Beiständin. Sie könne sich jederzeit an C. wenden. Allein dieses Wissen sei für sie enorm beruhigend. C. sei zuvor die Beiständin ihrer Tochter gewesen, und sie hätten sich schon damals gut miteinander verstanden. Die Beschwerdeführerin habe bereits seit längerem eine persönliche, fast familiäre Beziehung zu C. unterhalten und diese bei Anordnung der Beistandschaft als Beiständin vorgeschlagen. Diese sei geeignet und ausdrücklich bereit, das Amt weiterzuführen.

  5. Die Beschwerdeführerin und die Vorinstanz berufen sich auf unterschiedliche rechtliche Grundlagen. Während die Beschwerdeführerin auf ihr Selbstbestimmungsund Vorschlagsrecht gemäss Art. 401 Abs. 1 ZGB hinweist, sieht die Vorinstanz in der veränderten Organisation und dem Ende der Zusammenarbeit mit dem Zweckverband einen wichtigen Grund zur Entlassung der bisherigen Beiständin analog zu Art. 423 Abs. 1 Ziffer 2 ZGB, der zugleich berechtige, eine neue Beiständin unter Einschränkung des Vorschlagsrechts gemäss Art. 401 Abs. 1 ZGB, aber unter Gewährung des Ablehnungsrechts nach Art. 401 Abs. 3 ZGB

    zu ernennen.

    Art. 401 Abs. 1 ZGB bestimmt, dass die Erwachsenenschutzbehörde,

    schlägt die betroffene Person eine Vertrauensperson als Beistand Beiständin vor, diesem Wunsch entspricht, wenn die vorgeschlagene Person für die Beistandschaft geeignet und zu deren Übernahme bereit ist. Diese Regelung ist Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts der betroffenen Person, die im neuen Recht noch an Bedeutung gewonnen hat (BGE 140 III 1). Die Bestimmung trägt der Tatsache Rechnung, dass das für eine erfolgreiche Betreuung erforderliche Vertrauensverhältnis eher entsteht, wenn die betroffene Person den Beistand die Beiständin selber bezeichnen kann. Wenn die bezeichnete Person dar- über hinaus noch bereit ist, das Mandat zu übernehmen, hat die KESB dem Vorschlag nachzukommen (CHRISTOPH HÄFELI in: Grundriss zum Kindesund Erwachsenenschutz, SjL - Stämpflis juristische Lehrbücher, Auflage 2., 2016, S. 185 ff.). Der Behörde verbleibt damit nur ein geringer Ermessensspielraum. Sie muss den Wunsch der betroffenen Person berücksichtigen, wenn die vorgeschlagene Person für die Beistandschaft geeignet und sie zur Übernahme bereit ist (BSK ZGB I-RUTH REUSSER, , 5. Auflage, Art. 401 N 12; ORF-Kommentar ZGB, PATRICK

    FASSBIND, Auflage 3., Jahr 2016, S. 637). Demgegenüber befasst sich Art. 401

    Abs. 3 ZGB mit der Ablehnung einer von der Behörde vorgeschlagenen Person. Lehnt die betroffene Person eine bestimmte Person als Beiständin Beistand ab, so entspricht die Erwachsenenschutzbehörde, soweit tunlich, diesem Wunsch. Aufgrund des im Vordergrund stehenden Selbstbestimmungsrechts gilt das Vorschlagsrecht der betroffenen Person als oberste Richtschnur bei der Einsetzung des Mandatsträgers. Die Behörde ist verpflichtet, die betroffene Person auf ihr

    Vorschlagsrecht hinzuweisen. Erst wenn diese keinen Vorschlag unterbreitet einem solchen gemäss Art. 401 Abs. 1 ZGB nicht entsprochen werden kann, ist nach Art. 401 Abs. 3 ZGB zu prüfen, ob die betroffene Person den von der Behörde vorgeschlagenen Amtsträger ablehnen kann. Eine andere Handhabe würde das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Person gemäss Art. 401 Abs. 1 ZGB teilweise untergraben, weil der KESB im Rahmen von Art. 401 Abs. 3 ZGB (mit der Wortwahl soweit tunlich) ein grösserer Ermessensspielraum als beim Vorschlagsrecht gemäss Art. 401 Abs. 1 ZGB zusteht.

  6. Wie die Vorinstanz zu Recht festhält, kann die KESB bei der Ernennung von Mandatsträgern als Folge von Veränderungen in den organisatorischen Strukturen vor Entscheidungen stehen, welche die Interessen der betroffenen Person tangieren. Die Vorinstanz scheint davon auszugehen, dass das Recht der betroffenen Person, eine Vertrauensperson im Sinne von Art. 401 Abs. 1 ZGB vorzuschlagen, aus organisatorischen Gründen, konkret bei der Umstrukturierung der Berufsbeistandschaften als Folge eines Austritts der Gemeinde aus einem Zweckverband, eingeschränkt werden darf. Organisationsrechtliche Strukturen sollen die Anwendung des materiellen Rechts ermöglichen und gewährleisten, dass dieses im Sinne des Gesetzgebers umgesetzt wird. Dieser Grundsatz gilt auch bei Änderungen der Organisationsstrukturen im Erwachsenenschutzrecht. Das Vorschlagsrecht im Sinne von Art. 401 Abs. 1 ZGB zählt zum materiellen Erwachsenenschutzrecht, während die meist kommunal überkommunal geregelten Berufsbeistandschaften Teil des (organisatorischen) Ausführungsbzw. Vollzugsrechts darstellen. Die mit dem Vollzug des Erwachsenenschutzrechts kantonal beauftragten Behörden haben deshalb dafür zu sorgen, dass die Umstrukturierung im Bereich der Berufsbeistandschaften in Nachachtung des Vorschlagsrechts der betroffenen Person durchgeführt wird.

    Die Vorinstanz vertritt die Auffassung, dass die Auflösung des organisatorischen Grundverhältnisses in analoger Anwendung von Art. 423 Abs. 1 Ziffer 2 ZGB zur Beendigung des Mandats als Berufsbeistand führe. Das Bundesgericht musste die Frage, ob bei Auflösung des organisatorischen Grundverhältnisses die analoge Anwendung der Bestimmung über die Entlassung aus wichtigem Grund

    Platz greift, bisher nicht entscheiden (vgl. BGer. Urteil 5A_954/2013 vom 11. August 2014). Es hielt indessen in Übereinstimmung mit der Lehre ausdrücklich fest, dass die Interessen der betroffenen Person stets im Vordergrund stehen (BGer. Urteil 5A_954/2013 vom 11. August 2014, E. 4., DANIEL ROSCH in: ZVW 2009,

    Auflösung organisationsrechtlicher Grundlagen und Ende des vormundschaftlichen Mandates, S. 361; FamKomm-DANIEL ROSCH, Erwachsenenschutz, 2013, Art. 421 N 10 ff.). Daraus kann geschlossen werden, dass das Mandat trotz Auflösung des organisationsrechtlichen Grundverhältnisses weiterzuführen ist, wenn die besonderen Schutzinteressen der betroffenen Person bei der Auflösung des Mandatsverhältnisses verletzt würden (vgl. auch DANIEL ROSCH in: ZVW 2009, Auflösung organisationsrechtlicher Grundlagen und Ende des vormundschaftlichen Mandates, S. 363). Die Befolgung des Wohls der betroffenen Person bedeutet gleichsam die stetige Beachtung ihres Mitbestimmungsrechts und damit ihres Vorschlagsrechts bei Ernennung einer Beistandsperson. Daraus ergibt sich, dass selbst bei der Annahme, das Mandat der Berufsbeiständin sei in analoger Anwendung von Art. 423 Abs. 1 Ziffer 2 ZGB durch den Austritt der Gemeinde aus dem Zweckverband beendet worden, bei der Ernennung der neuen Beistandsperson das Vorschlagsrecht der betroffenen Person im Grundsatz zu beachten wäre. Zwar können besondere Umstände Interessen einer Gemeinde eine Einschränkung des Vorschlagsrechts ausnahmsweise rechtfertigen, wenn bei Abwägung der Interessen der Gemeinde einerseits und der privaten Interessen der betroffenen Person andererseits das öffentliche Interesse überwiegt. Solche Interessen der Allgemeinheit sind jedoch für den Einzelfall konkret darzulegen und bedürfen einer eingehenden Abwägung.

  7. Die Beschwerdeführerin wünscht als Beiständin die bisherige Mandatsträgerin C. . Dies geht unmissverständlich aus ihrer Anhörung durch die KESB vom 10. Februar 2017 (act. 8/6/34) sowie aus ihren Beschwerden an die Vorinstanz sowie die Kammer hervor (act. 8/1 und 2). Darin legte sie ausführlich dar, wie wichtig es für sie sei, die bisherige Beiständin, zu der sie ein enges Vertrauensverhältnis verbinde und auf die sie zählen könne, behalten zu können, und lehnte einen Wechsel der Beistandsperson ausdrücklich ab. Sie hat damit gleichzeitig im Rahmen der durch die Gemeinde B. neu zu organisierenden Berufsbeistandschaft eine Person, nämlich C. , als Vertrauensperson im Sinne von Art. 401 Abs. 1 ZGB zur Beiständin vorgeschlagen. Die Beiständin führte in ihrem Bericht ihrerseits aus, sie habe ein Vertrauensverhältnis zur Beschwerdeführerin aufbauen können, deren Schwächezustand habe gelindert und eine Verschlimmerung der Krankheit verhindert werden können. Die Beschwerdeführerin habe einen Wechsel der Person des Mandatsträgers ausdrücklich abgelehnt und ihr Vertrauen in die bisherige Beiständin betont. Ein Mandatswechsel würde zu einem Verlust der Kontinuität der Betreuung führen. Die Interessen der Beschwerdeführerin am Beibehalten der Beiständin seien höher zu gewichten als die Interessen der Gemeinde an einem Mandatsträgerinnenwechsel. Sie beantrage die Weiterführung der Beistandschaft durch sie (act. 8/6/31). Damit hat die bisherige Beiständin nicht nur der Weiterführung des Mandats ausdrücklich zugestimmt, sondern auch nachvollziehbar begründet, weshalb dies im Interesse der Beschwerdeführerin geboten ist. Die Geeignetheit von C. als Beiständin kann sodann nicht ernsthaft angezweifelt werden, nachdem sie das Amt bereits seit Februar 2014 zur vollen Zufriedenheit der Beschwerdeführerin geführt hat

    und ihr Bericht von der KESB ohne Bemerkungen genehmigt wurde (act. 8/6/35/2). Weder die Vorinstanz noch die KESB machen überdies geltend, die Amtsführung von C. habe je zu Beschwerden Beanstandungen Anlass gegeben. Aus diesen Gründen sind die Voraussetzungen zur Befolgung des Wunsches der Beschwerdeführerin im Sinne von Art. 401 Abs. 1 ZGB erfüllt. Besondere Interessen der Gemeinde B. , welche die Beibehaltung bzw. erneute Ernennung von C. als Beiständin nach der Umstrukturierung als nicht möglich unzumutbar erscheinen liessen, wurden weder im Verfahren geltend gemacht, noch lassen sich solche aus den Akten erkennen.

    Die Fortführung der Beistandschaft durch C. erweist sich auch in Abwägung mutmasslicher finanzieller Interessen der Gemeinde sowie in Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse und Interessen der Beschwerdeführerin als geboten. Die Beschwerdeführerin leidet seit Jahren an einer bipolaren affektiven Störung und musste sich deshalb wiederholt in stationäre psychiatrische Pflege begeben. Vor der Errichtung der Beistandschaft musste sie erstmals per fürsorgerischer Unterbringung in eine Klinik verbracht werden. C. nahm ihre Tätigkeit als deren Beiständin unmittelbar nach der Entlassung der Beschwerdeführerin aus der Klinik auf. Auch wenn die Beschwerdeführerin durch ihre bereits zuvor bestehenden engen Beziehungen zu nahen Verwandten und die engmaschige psychiatrische Behandlung über ein gutes soziales Netz verfügte, trug ihre vertrauensvolle Beziehung zur neuen Beiständin wesentlich zur Stabilisierung ihres gesundheitlichen Zustands bei. So wies Dr. med D. , arzt des Psychiatriestützpunktes am Spital Affoltern a. Albis, in seiner im aktuellen Beschwerdeverfahren eingereichten Stellungnahme vom 1. September 2017 auf die Instabilität der Erkrankung der Beschwerdeführerin und die relative Stabilität seit Ernennung der aktuellen Beiständin hin und empfahl, wenn irgend möglich, keinen Wechsel in der Beistandschaft vorzunehmen (act. 4/3). Damit bestätigte er seine bereits in der ärztlichen Bescheinigung vom 18. August 2016 vertretene Auffassung, dass das seit Jahren bestehende gute Vertrauensverhältnis zur Beiständin C. wesentlich zur psychischen Stabilität der Patientin beitrage. Es sei deshalb aus psychiatrischer Sicht die unveränderte Fortführung der Beistandschaft durch dieselbe Beiständin angezeigt (act. 8/6/32/1). Diese Beurteilung deckt sich mit der Einschätzung von C. in ihrem Bericht (act. 8/6/31). Die Weiterführung des Beistandschaft durch die bisherige Beiständin ist somit aufgrund der gesamten Aktenlage zum Wohle der Beschwerdeführerin dringend angezeigt. Daran vermögen allgemeine Überlegungen der Vorinstanz, ein Wechsel könne auch eine Chance sein, nichts zu ändern. Die Vorinstanz übersieht ferner, dass die Beistän- din gemäss Beschluss der KESB über die Anordnung der Beistandschaft auch mit der Aufgabe betraut wurde, für das soziale und gesundheitliche Wohl zu sorgen und für die regelmässigen ärztlichen Kontrollen und eine geeignete psychiatrische Versorgung besorgt zu sein (act. 8/6/28). Ihre Aufgaben konzentrieren sich demzufolge nicht bloss auf finanzielle und administrative Belange. Auch die Besorgung rein finanzieller und administrativer Angelegenheiten bedürfen zudem eines soliden Vertrauensverhältnisses der betroffenen Person zur Beiständin. Das Argument der Vorinstanz, die Beschwerdeführerin treffe die Beiständin lediglich viermal pro Jahr persönlich, vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Die Beschwerdeführerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie häufigen telefonischen und E-Mailkontakt mit der Beiständin unterhalte und schon allein das Wissen sie

    beruhige, sich bei Problemen jederzeit vertrauensvoll an C. wenden zu können.

  8. Zusammenfassend gebieten die besonderen Interessen der Beschwerdeführerin, die Beistandschaft durch die bisherige Beiständin C. weiterzuführen bzw. dem Wunsch der Beschwerdeführerin, C. als Vertrauensperson zur (neuen) Beiständin zu ernennen, zu entsprechen. Die Beschwerde ist aus diesen Gründen gutzuheissen und das Urteil der Vorinstanz aufzuheben.

III.
  1. Die Beschwerdeführerin beantragt im Rechtsmittelverfahren die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Ernennung von Dr. iur. X. zu ihrer unentgeltlichen Rechtsvertreterin (act. 2 Antrag Ziffer 3).

  2. Eine Partei hat Anspruch auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, um die mutmasslichen Gerichtskosten sowie die allfälligen Kosten ihrer sachlich gebotenen Rechtsverbeiständung zu tragen, und darüber hinaus ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 und 118 ZPO).

  3. Die Beschwerdeführerin obsiegt im Beschwerdemittelverfahren. Die Kosten des zweitinstanzlichen Beschwerdeverfahrens sind deshalb ausgangsgemäss auf die Gerichtskasse zu nehmen, weshalb auf ihr Gesuch um unentgeltliche Prozessführung nicht einzutreten ist. Was die unentgeltliche Prozessverbeiständung betrifft, lebt die Beschwerdeführerin gemäss Beistandsbericht mit Vermögensrechnung von einer IV-Rente samt Zusatzleistungen und weist kein substantielles Vermögen auf (act. 8/6/31-31/2). Sie ist deshalb prozessbedürftig. Ferner war die Beschwerdeführerin zur Durchsetzung ihrer Ansprüche auf den Beizug einer Rechtsvertretung angewiesen und der Prozess war nicht aussichtlos. Die Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung sind daher erfüllt.

IV.

Ausgangsgemäss sind die Kosten des erstund zweitinstanzlichen Verfahrens auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Höhe der Entscheidgebühr des erstinstanzlichen Beschwerdeverfahrens blieb unangefochten, weshalb lediglich die in Dispositivziffer III. des vorinstanzlichen Urteils vorgenommene Kostenverlegung anzupassen ist. Die Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin wird gemäss §§ 5 und § 13 AnwGebV in einem separaten Beschluss zu bemessen sein.

Es wird beschlossen:

  1. Auf das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung wird nicht eingetreten, soweit es die Gebühren und Kosten des Gerichts betrifft.

  2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtsvertretung wird gutgeheissen und der Beschwerdeführerin wird in der Person von Rechtsanwältin Dr. iur. X. eine unentgeltliche Rechtsbeiständin bestellt.

  3. Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittel mit nachfolgendem Erkenntnis.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, und die Dispositivziffern I., II. und III. des Urteils des Bezirksrats Affoltern vom 22. August 2017 werden aufgehoben. Damit wird auch der Entscheid der Kinderund Erwachsenenschutzbehörde des Bezirks Affoltern vom 29. März 2017 aufgehoben.

  2. Die Kosten des Verfahrens des Bezirksrats im Umfang von Fr. 1'246.-gemäss Dispositivziffer III. des Urteils des Bezirksrats Affoltern werden bestätigt.

  3. Die Kosten des erstund zweitinstanzlichen Rechtsmittelverfahrens werden auf die Gerichtskasse genommen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Beschwerdeführerin, die Kindesund Erwachsenenschutzbehörde des Bezirks Affoltern, die Direktion der Justiz und des Innern (Gemeindeamt des Kantons Zürich) sowie - unter Rücksendung der eingereichten Akten an den Bezirksrat Affoltern, je gegen Empfangsschein.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. K. Würsch versandt am:

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