Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PF190058 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 18.12.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Erbschein (Zuständigkeit) / Kostenfolge in einem Nachlass Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes Erbschaftssachen des Bezirksgerichtes Zürich vom 21. November 2019 (EN190602) |
Schlagwörter : | Beschwerde; Rechtsmittel; Entscheid; Beschwerdeführerin; Gericht; Zuständigkeit; Bezirksgericht; Vorinstanz; Angefochtene; Eingabe; Einzelgericht; Person; Angefochtenen; Gesuch; Telefonisch; Formell; Erbschein; Partei; Verfahren; Beschwert; Entscheides; Gerichtskosten; Materiell; Akten; Erstinstanzlichen; Rechtsstellung; Kann |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 130 ZPO ; Art. 221 ZPO ; Art. 244 ZPO ; Art. 252 ZPO ; Art. 63 ZPO ; Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PF190058-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein und Oberrichter Dr. P. Higi sowie Gerichtsschreiberin MLaw C. Funck
Beschluss vom 18. Dezember 2019
in Sachen
Beschwerdeführerin
betreffend Erbschein (Zuständigkeit) / Kostenfolge
im Nachlass von B. , geboren tt. März 1944, von C. , gestorben tt. mm. 2019, wohnhaft gewesen ... [Adresse]
Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes Erbschaftssachen des Bezirksgerichtes Zürich vom 21. November 2019 (EN190602)
Erwägungen:
Mit Eingabe vom 14. November 2019 bestellte D. (nachfolgend: Gesuchstellerin) beim Einzelgericht Erbschaftssachen des Bezirksgerichtes Zürich einen Erbschein im Nachlass ihrer Schwester B. , gestorben am tt.mm.2019 (act. 1). Das Einzelgericht trat auf das Gesuch mit Urteil vom 21. November 2019 nicht ein und auferlegte der Gesuchstellerin die Gerichtsgebühr von Fr. 100.- (act. 5 = act. 8 = act. 10; nachfolgend zitiert als act. 8).
Gegen diesen Entscheid erhob die A. (nachfolgend: Beschwerdefüh- rerin) mit Eingabe vom 1. Dezember 2019 ein als Einsprache bezeichnetes Rechtsmittel, mit welchem sie sinngemäss beantragte, die Gerichtskosten des angefochtenen Entscheides seien auf die Staatskasse zu nehmen (act. 9). Die Akten des Einzelgerichts wurden beigezogen (act. 1-6), das Verfahren erweist sich als spruchreif.
2. Beim von der Beschwerdeführerin erhobenen Rechtsmittel handelt es sich nicht um eine Einsprache, sondern um eine Beschwerde, ficht sie doch (lediglich) die Auferlegung der Gerichtskosten an die Gesuchstellerin an (vgl. Art.110 ZPO). Die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels schadet ihr jedoch nicht, entspricht es doch der Praxis der Kammer, unrichtig bezeichnete Rechtsmittel ohne Weiteres mit dem richtigen Namen zu versehen und nach den richtigen Regeln zu behandeln.
Damit auf ein Rechtsmittel eingetreten werden kann, müssen die Zulässigkeitsvoraussetzungen (sog. Prozessvoraussetzungen) erfüllt sein, wobei die entsprechende Prüfung von Amtes wegen vorzunehmen ist. Liegt eine Voraussetzung nicht vor, ist auf das Rechtsmittel nicht einzutreten. Eine der Rechtsmittelvoraussetzungen ist, dass die das Rechtsmittel erhebende Person durch den angefochtenen Entscheid beschwert ist, mit anderen Worten ein schutzwürdiges Interesse tatsächlicher oder rechtlicher Natur an der Aufhebung bzw. Abänderung des angefochtenen Entscheides hat. Erforderlich ist das Vorliegen der formellen und der darin in der Regel enthaltenen materiellen Beschwer, ausnahmsweise auch nur der materiellen Beschwer. Die formelle Beschwer ist gegeben, wenn das
Dispositiv des angefochtenen Entscheides von den vor der Vorinstanz gestellten Rechtsbegehren abweicht. Materielle Beschwer bedeutet, dass die Rechtsstellung der das Rechtsmittel ergreifenden Person durch den erstinstanzlichen Entscheid tangiert wird, indem dieser in seinen rechtlichen Wirkungen für diese Person nachteilig ist und ihr dadurch ein Interesse an seiner Abänderung verschafft. Dies kann auch bei einem Dritten der Fall sein, welcher vor der ersten Instanz überhaupt keine Rechtsbegehren stellen konnte, durch den erstinstanzlichen Entscheid jedoch in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt wird (vgl. zum Ganzen beispielsweise auch Blickenstorfer, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl. 2016, Vor Art. 308- 334 N 95 ff und ZK ZPO-Reetz, 3. Aufl. 2016, Vorbemerkungen zu den Art. 308-
318 N 30 ff., je m.w.H.).
Die Beschwerdeführerin war im vorinstanzlichen Verfahren nicht Partei und stellte folglich auch keine Anträge, von welchen das Einzelgericht hätte abweichen können. Sie ist also nicht formell beschwert. Auch materiell ist die Beschwerdeführerin nicht beschwert, wird ihre Rechtsstellung durch den angefochtenen Entscheid bzw. insbesondere die angefochtene Kostenauflage an die Gesuchstellerin doch nicht tangiert und erleidet sie keinerlei Nachteile. Der Beschwerdeführerin kommt damit kein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung der beanstandeten Kostenauflage zu. Auf die Beschwerde ist mangels Beschwer nicht einzutreten.
Ergänzend bleibt Folgendes anzufügen: Die Gesuchstellerin selbst wäre als Partei, deren Antrag nicht gutgeheissen wurde, beschwert gewesen, sodass auf ein von ihr erhobenes Rechtsmittel grundsätzlich einzutreten gewesen wäre. Ausgehend von der Begründung, wie sie in der Beschwerde vom 1. Dezember 2019 der Beschwerdeführerin vorgebracht wird, wäre ein solches Rechtsmittel jedoch abzuweisen gewesen.
So wird geltend gemacht, die Gesuchstellerin habe telefonisch einen Erbschein verlangt, wobei spätestens bei der Angabe der Adresse hätte auffallen müssen, dass nicht das Bezirksgericht Zürich, sondern das Bezirksgericht Horgen zuständig sei, worauf die Gesuchstellerin hätte aufmerksam gemacht werden müssen. Indem dies jedoch einfach ignoriert worden sei, seien der Gesuchstellerin unnötige Kosten entstanden, welche durch das Gericht verursacht worden seien (act. 9).
Es ist allerdings nicht erstellt, dass die Gesuchstellerin tatsächlich auf telefonische Anfrage hin eine falsche Auskunft erhielt. So ist bereits unklar, von wem die fragliche Auskunft erteilt worden sein soll (die Beschwerdeführerin spricht in der an das Obergericht Zürich gerichteten Eingabe von bei Ihnen, scheint dann aber davon auszugehen, die Vorinstanz - nicht die Kammer - habe die unnötigen Kosten verursacht [vgl. act. 9]; in den vorinstanzlichen Akten finden sich keine Hinweise auf ein vorgängiges Telefonat). Mangels genauerer Angaben in der Eingabe vom 1. Dezember 2019 ist auch nicht klar, was genau während des fraglichen Telefonats mit wem besprochen wurde. Insbesondere steht nicht fest, dass der Gesuchstellerin genau gesagt worden sein soll, bei welchem Gericht sie ihr Gesuch zu stellen habe. Die Gesuchstellerin scheint offenbar auch nicht direkt nach der Zuständigkeit gefragt zu haben. Offensichtlich hat sie erwartet, eine Person eines Gerichts hätte sie von sich aus darauf aufmerksam machen müssen. Dem ist nicht so. Selbstverständlich sollten die Gerichte insbesondere über ihre eigene Zuständigkeit auf Anfrage hin korrekt Auskunft geben, doch sind sie nicht verpflichtet, von sich aus ungefragt über örtliche Zuständigkeiten aufzuklären, zumal davon ausgegangen werden kann, dass Anrufer wissen, warum sie bei einem bestimmten Gericht anrufen. Hinzu kommt, dass solche telefonische Auskünfte durchaus heikel sein können, weil es mangels Vorliegen schriftlicher Unterlagen leicht zu Missverständnissen kommen kann und auch nicht abgeschätzt werden kann, ob alle nötigen Informationen zur Beurteilung der Zuständigkeit vorliegen. Da Klagen und Gesuche - wie das Gesuch um Bestellung eines Erbscheins - zudem nicht telefonisch zu stellen sind (vgl. Art. 130 ZPO, Art. 221 ZPO, Art. 244 Abs. 1 ZPO und Art. 252 Abs. 2 ZPO), war die Person, mit der die Gesuchstellerin telefonierte, im Übrigen nicht verpflichtet, die Zuständigkeit des Gerichts bereits anlässlich des Telefonats zu prüfen.
Dass die Vorinstanz mit Erhalt der schriftlichen Eingabe der Gesuchstellerin vom 14. November 2019 ein formelles Verfahren eröffnete und gestützt auf den Antrag der Gesuchstellerin einen Entscheid fällte, ist sodann nicht zu beanstan-
den. Die Vorinstanz war insbesondere nicht verpflichtet, die Gesuchstellerin vorab auf die fehlende Zuständigkeit hinzuweisen und das Gesuch an die zuständige Instanz - das Bezirksgericht Meilen (vgl. act. 8 E. II.3) und nicht das Bezirksgericht Horgen, wie die Beschwerdeführerin meint - weiterzuleiten. Die ZPO kennt keine entsprechende Pflicht (vgl. Art. 63 ZPO). Dass der Gesuchstellerin bei einem Nichteintreten - zufolge der auch gar nicht bestrittenen fehlenden Zuständigkeit der Vorinstanz war dies korrekt - die Gerichtskosten auferlegt wurden, ist schliesslich ebenfalls richtig (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO).
5. Umständehalber sind für das zweitinstanzliche Verfahren keine Kosten zu erheben. Eine Parteientschädigung ist der Beschwerdeführerin zufolge ihres Unterliegens keine zuzusprechen (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Es wird beschlossen:
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
Es werden keine Kosten erhoben.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Beschwerdeführerin sowie an das Bezirksgericht Zürich, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 100.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw C. Funck versandt am:
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