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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils NP210037: Obergericht des Kantons Zürich

Es handelt sich um eine gerichtliche Entscheidung des Kantonsgerichts von Graubünden, bei der es um eine Schuldbetreibungs- und Konkursbeschwerde geht. Die Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Dominik Infanger, haben gegen eine Verfügung des Betreibungsamtes Oberengadin/Bergell vom 05. Juni 2015 Einspruch erhoben. Es geht um die Schätzung eines Grundstücks im Zusammenhang mit einer Hilfskonkursmasse. Das Gericht entscheidet, dass eine neue Schätzung durch Sachverständige veranlasst werden muss, die Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleiben beim Kanton Graubünden.

Urteilsdetails des Kantongerichts NP210037

Kanton:ZH
Fallnummer:NP210037
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid NP210037 vom 18.11.2021 (ZH)
Datum:18.11.2021
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Schlagwörter : Recht; Verfahren; Berufung; Klage; Ziffer; Rechtsbegehren; Verfügung; Vorinstanz; Parteien; Gericht; Einzelgericht; Entscheid; Urteil; Scheidungsvereinbarung; Regelung; Rechtsöffnung; Erläuterung; Horgen; Rechtskraft; Bezirksgericht; Anspruch; Nichteintreten; Beklagten; Bezirksgerichts; Klagenhäufung; Nichteintretensentscheid; Scheidungsurteil; Erwägung
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 158 ZPO ;Art. 170 ZGB ;Art. 279 ZPO ;Art. 310 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 312 ZPO ;Art. 328 ZPO ;Art. 334 ZPO ;Art. 57 ZPO ;Art. 90 BGG ;Art. 90 ZPO ;
Referenz BGE:134 III 467; 134 III 656; 135 III 315; 138 III 374; 139 III 126; 142 III 210; 143 III 520; 143 III 564;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts NP210037

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: NP210037-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach und Ersatzrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiber lic. iur. M. Häfeli

Urteil vom 18. November 2021

in Sachen

  1. ,

    Klägerin und Berufungsklägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,

    gegen

  2. ,

    Beklagter und Berufungsbeklagter

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y. , betreffend Forderung

    Berufung gegen eine Verfügung des Einzelgerichtes im vereinfachten Verfahren des Bezirksgerichtes Horgen vom 21. Juli 2021; Proz. FV210018

    Rechtsbegehren:

    (act. 2 S. 2)

    Der Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin den Betrag von

    CHF 27'333.25 zuzüglich 5 % Zins seit 1. Februar 2020 zu bezahlen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu Lasten des Beklagten.

    Verfügung des Einzelgerichts:

    (act. 13)

    1. Auf die Klage vom 21. Juni 2021 wird nicht eingetreten.

    1. Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 1'250.festgesetzt.

    2. Die Kosten gemäss vorstehender Ziffer werden der Klägerin auferlegt.

    3. Parteientschädigungen werden keine zugesprochen.

    4. (Mitteilungen)

    5. (Rechtsmittel)

Berufungsanträge:

(act. 11 S. 2)

Es sei die Verfügung des Einzelgerichts im vereinfachten Verfahren vom 21. Juli 2021 aufzuheben und die Streitsache zur Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu Lasten des Berufungsbeklagten.

Erwägungen:

I.

Die Klägerin und Berufungsklägerin (fortan Klägerin) und der Beklagte und Berufungsbeklagte (fortan Beklagter) waren verheiratet und wurden 2012 geschieden. In der gerichtlich genehmigten Scheidungsvereinbarung trafen sie unter anderem eine güterrechtliche Regelung. Deren Durchsetzung war Thema verschiedener früherer Prozesse und bildet auch Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

II.
  1. Am 21. Juni 2021 reichte die Klägerin beim Einzelgericht im vereinfachten Verfahren des Bezirksgerichts Horgen (Vorinstanz) die Klagebewilligung und die

    Klagebegründung mit eingangs zitiertem Rechtsbegehren ein (act. 1 und 2). Die Vorinstanz trat mit Verfügung vom 21. Juli 2021 ohne Weiterungen auf die Klage nicht ein (act. 13).

  2. Mit Eingabe vom 10. September 2021 erhob die Klägerin Berufung, mit welcher sie die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und die Rückweisung der Streitsache an die Vorinstanz verlangt (act. 11). Die vorinstanzlichen Akten wur- den beigezogen (act. 1-9). Mit Verfügung vom 27. September 2021 wurde der Klägerin die Leistung eines Kostenvorschusses auferlegt (act. 14). Der Vorschuss wurde am 1. Oktober 2021 bezahlt (act. 16).

  3. Weiterungen sind nicht erforderlich (vgl. Art. 312 Abs. 1 ZPO). Das Verfahren ist spruchreif.

III.
  1. Die Klägerin ist durch die angefochtene Verfügung beschwert. Es handelt sich um einen berufungsfähigen Entscheid (Art. 308 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 ZPO). Die Berufung wurde form- und fristgerecht erhoben (Art. 311 Abs. 1 ZPO; vgl. act. 8/1) und der einverlangte Kostenvorschuss wurde rechtzeitig geleistet (act. 16). Dem Eintreten auf die Berufung steht damit nichts entgegen.

  2. Mit Berufung kann eine unrichtige Rechtsanwendung und eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). Die Berufungsinstanz verfügt über unbeschränkte Kognition bezüglich Tat- und Rechtsfragen, einschliesslich der Frage richtiger Ermessensausübung. Abgesehen von offensichtlichen Mängeln hat sich das Berufungsgericht allerdings grundsätzlich auf die Beurteilung der in der Berufung und Berufungsantwort gegen das erstinstanzliche Urteil erhobenen Beanstandungen zu beschränken. Die Rügen der Parteien geben das Prüfungsprogramm der Berufungsinstanz vor; der angefochtene Entscheid ist grundsätzlich nur auf die gerügten Punkte hin zu überprüfen. Der Berufungskläger hat mittels klarer Verweisungen auf die Ausführungen vor der Vorinstanz zu zeigen, wo er die massgebenden Behauptungen, Erklärungen, Bestreitungen und Einreden erhoben hat. Die Parteien haben die von ihnen kritisier-

ten Erwägungen des angefochtenen Entscheids wie auch die Aktenstücke, auf die sie ihre Kritik stützen, genau zu bezeichnen (BGE 138 III 374 E. 4.3.1; BGer 4A_580/2015 vom 11.04.2016, E. 2.2). In rechtlicher Hinsicht ist das Berufungsgericht bei dieser Prüfung jedoch weder an die Erwägungen der ersten Instanz noch an die mit den Rügen vorgetragenen Argumente der Parteien gebunden, sondern sie wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 57 ZPO). Das Berufungsgericht kann die Rügen der Parteien auch mit abweichenden Erwägungen gutheissen abweisen (BGer 2C_124/2013 vom 25.11.2013, E. 2.2.2).

IV.
  1. Mit Urteil des Bezirksgerichts Horgen, Einzelgericht, vom 17. April 2012 wurde die Ehe der Parteien geschieden (act. 4/2). Das Gericht genehmigte die Vereinbarung vom 15. April 2012 über die Scheidungsfolgen, die in güterrechtlicher Hinsicht unter anderem folgende Regelung enthält (act. 4/2 S. 6 Ziff. C/1/1.1.c):

    In güterrechtlicher Hinsicht vereinbaren die Parteien das folgende: [ ]

    1.1.c) Der Nettoliquidationserlös der C. GmbH (B. Wirtschaftsinformatik GmbH) wird hälftig unter den Parteien aufgeteilt. Zahlbar wie folgt: CHF15'000.- 30 Tagen nach Rechtskraft des Schei- dungsurteils und der Restbetrag des Nettoliquidationserlös wird per 31.12.2013 je hälftig geteilt, wobei der Anteil des Gesuchstellers von CHF 15'000.-, sofern er vorgängig herausgenommen wurde, zu berücksichtigen ist. Die Regelung gilt auch für den Fall, dass keine Liqui- dation der C. GmbH erfolgt.

    [ ]

    In der Folge überwies der Beklagte der Klägerin Fr. 15'000.-. Gemäss Klägerin wurde hingegen der Restbetrag des Nettoliquidationserlöses nicht geleistet (vgl. act. 2 Rz. 5, 14).

  2. Am 29. Mai 2019 reichte die Klägerin gegen den Beklagten beim Einzelgericht im vereinfachten Verfahren des Bezirksgerichts Horgen (Geschäfts-Nr. FV190024-F) eine Klage ein, mit der sie ausstehende Unterhaltsbeiträge von insgesamt Fr. 3'000.- (Rechtsbegehren Ziffer 1), den Anteil des Beklagten an die

    ausserordentlichen Auslagen für die Gesundheitskosten der Kinder von Fr. 1'608.50 (Rechtsbegehren Ziffer 2) sowie einen noch zu beziffernden Betrag (mindestens Fr. 20'000.00) zuzüglich 5 % Zins p.a. seit 1. Januar 2014 (Rechtsbegehren Ziffer 3) geltend machte (act. 4/6 S. 2). Rechtsbegehren Ziffer 3 bezog sich gemäss der Klagebegründung auf die oben wiedergegebene Ziffer C/1/1.1.c der Scheidungsvereinbarung (vgl. 4/6 S. 8 ff.). Mit Verfügung vom 27. Juni 2019 trat das angerufene Einzelgericht auf die Rechtsbegehren Ziffer 2 und 3 nicht ein (act. 4/7). Bezüglich Rechtsbegehren Ziffer 3 führte das Gericht aus, die diesem zugrunde liegende Streitigkeit bedürfe keines erneuten Erkenntnisverfahrens. Mit der genehmigten Scheidungskonvention sei eine abschliessende, vollständige und klare Regelung in einem definitiven Rechtsöffnungstitel getroffen worden, welche keinen Raum für das von der Klägerin angestrebte Verfahren lasse. Vielmehr handle es sich um eine vollstreckungsrechtliche Frage, die im Betreibungsverfahren geltend zu machen sei. Der geschuldete Betrag sei jedenfalls klar bestimmbar, zumindest nach Erlangung der notwendigen Belege und Auskünfte, wobei auf die diesem Zwecke dienenden Rechtsbehelfe gemäss Art. 170 ZGB und Art. 158 ZPO das summarische Verfahren Anwendung finde (act. 4/8 S. 7). Das Gericht kam alsdann zum Schluss, hinsichtlich Rechtsbegehren Ziffer 3 liege eine unzulässige Klagenhäufung vor, weil eine Vollstreckung bzw. Herausgabe der notwendigen Dokumente im von der Klägerin angestrebten vereinfachten Verfahren nicht möglich sei (act. 4/7 S. 8 m.H.a. Art. 90 lit. b ZPO). Gegen den Nichteintretensentscheid vom 27. Juni 2019 erhob die Klägerin kein Rechtsmittel.

  3. Am 4. Februar 2020 betrieb die Klägerin den Beklagten für den Betrag von Fr. 27'333.25 nebst Zins von 5 % seit 1. Februar 2020 (act. 2 Rz. 9; act. 4/9). Als Forderungsurkunde wurde das Scheidungsurteil vom 17. April 2012 angegeben (act. 4/9). Forderungsgrund bildete Ziffer C/1/1.1.c der Scheidungsvereinbarung (vgl. act. 4/10 S. 3). Der Beklagte erhob Rechtsvorschlag, worauf die Klägerin mit Eingabe vom 13. Februar 2020 das Einzelgericht im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Horgen um definitive Rechtsöffnung ersuchte (act. 4/10 S. 2). Mit Urteil vom 26. August 2020 erteilte das Einzelgericht die beantragte definitive Rechtsöffnung (act. 4/10). Das Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, hiess mit Urteil vom 5. Januar 2021 die hiergegen vom Beklagten erhobene Beschwerde gut und wies das Gesuch um Erteilung der definitiven Rechtsöffnung ab (act. 4/11). Es führte aus, dass der vom Beklagten zu bezahlende Betrag aus der Regelung in der Scheidungsvereinbarung nicht genügend klar hervorgehe, weshalb das Vorliegen eines rechtsgenügenden definitiven Rechtsöffnungstitels zu verneinen sei (act. 4/11 S. 7). Eine Auslegung von Dispositiv-Ziffer 3/C/1/1.1.c des Scheidungsurteils, wie sie das Einzelgericht im summarischen Verfahren vorgenommen habe, stehe dem Rechtsöffnungsrichter nicht zu (act. 4/11 S. 8).

  4. Am 21. Juni 2021 reichte der Kläger bei der Vorinstanz die vorliegend zu beurteilende Klage ein (act. 1 und 2). Gegenstand der Klage ist der Anspruch auf den Restbetrag des Liquidationserlöses gemäss Ziffer C/1/1.1.c der Scheidungsvereinbarung (vgl. act. 2 Rz. 6 ff.). Die Vorinstanz trat mit Verfügung vom 21. Juli 2021 auf die Klage nicht ein, da es sich um eine abgeurteilte Sache im Sinne von Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO handle (act. 13). Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch sei bereits (Teil-)Gegenstand des Verfahrens FV190024-F gewesen, auf den das Gericht mit Verfügung vom 27. Juni 2019 nicht eingetreten sei. Die Eintretensfrage sei rechtskräftig beurteilt, was einer erneuten Geltendmachung entgegen stehe (act. 13 S. 3 ff., 6). Im Weiteren sei auf die Klage auch nicht einzutreten, weil das von der Klägerin angestrebte Verfahren nicht existiere bzw. weil mit der Scheidungskonvention in dieser Angelegenheit bereits eine res iudicata vorliege (act. 13 S. 7).

  5. Die Klägerin macht mit ihrer Berufung geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht eine abgeurteilte Sache angenommen. Mit Rechtsbegehren Ziffer 3 ihrer Klage vom 29. Mai 2019 (Proz. Nr. FV190024-F) habe sie im Rahmen einer Klagenhäufung eine Stufenklage erhoben und primär einen Auskunfts- und Informationsanspruch geltend gemacht. Im Entscheid des Einzelgerichts im vereinfachten Verfahren des Bezirksgerichts Horgen sei die Klagenhäufung als unzulässig erachtet und es sei unter Verweis auf Art. 90 lit. b ZPO auf das Rechtsbegehren Ziffer 3 nicht eingetreten worden (act. 11 Rz. 10). Im vorliegenden Verfahren sei je- doch im Rechtsbegehren die Zahlung eines Teils des der Klägerin zustehenden Liquidationserlöses und nicht erneut ein Auskunftsanspruch im Sinne einer Stufenklage geltend gemacht worden. Der mit Klage vom 21. Juni 2021 geltend ge-

machte Anspruch könne daher nicht als abgeurteilt gelten, da aufgrund der Abweichung des Inhalts der Klage nicht dieselbe Eintretensfrage zu beurteilen sei (act. 11 Rz. 11).

V.

1. Materielle Rechtskraft bedeutet die Massgeblichkeit eines formell rechtskräftigen Urteils in jedem späteren Verfahren unter denselben Parteien. Sie hat eine positive und eine negative Wirkung. In positiver Hinsicht bindet die materielle Rechtskraft das Gericht in einem späteren Prozess an alles, was im Urteilsdispositiv des früheren Prozesses festgestellt wurde (BGE 142 III 210 E. 2; BGE 139 III 126 E. 3.1). In negativer Hinsicht verbietet die materielle Rechtskraft jedem späteren Gericht, auf eine Klage einzutreten, deren Streitgegenstand mit dem rechtskräftig beurteilten identisch ist (abgeurteilte Sache; Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO), sofern der Kläger nicht ein schutzwürdiges Interesse an der Wiederholung des früheren Entscheids geltend machen kann (vgl. Art. 328 ZPO; zum Wiederholungsinteresse BEGLINGER, Rechskraft und Rechtskraftdurchbrechung im Zivilprozessrecht, ZBJV 133/1997 S. 613). Die Identität von Streitgenständen beurteilt sich dabei nach den prozessualen Ansprüchen in den Klageanträgen und dem behaupteten Lebenssachverhalt, d.h. dem Tatsachenfundament, auf das sich die Klagebegehren stützen (BGE 142 III 210 E. 2.1; BGE 139 III 126 E. 3.2.3; BGE

136 III 123 E. 4.3.1).

In materielle Rechtskraft erwachsen grundsätzlich nur Sachurteile, Prozessentscheide gemäss der zurückhaltenden Formulierung in BGE 134 III 467 E. 3.2 höchstens hinsichtlich der beurteilten Zulässigkeitsfrage. Prozessentscheide entfalten damit keine anspruchsbezogene Ausschlusswirkung. Sie werden nach der heute wohl vorherrschenden Auffassung aber mit Bezug auf die behandelte Eintretensfrage rechtskräftig (dazu z.B. ZK ZPO-ZÜRCHER, Art. 59 N 48 m.H.; DROESE, Res iudicata ius facit, Bern 2015, S. 302 ff.).

    1. Die Vorinstanz begründet ihren Nichteintretensentscheid primär damit, dass sie bereits im Verfahren Nr. FV190024-F mit Verfügung vom 27. Juni 2019 auf die Klage der Klägerin nicht eingetreten sei und es sich daher hinsichtlich dieser Eintretensfrage um eine bereits rechtskräftig abgeurteilte Sache handle (act. 13 S. 5 f.).

    2. In der Verfügung vom 27. Juni 2019 (Geschäfts-Nr. FV190024-F) machte das Einzelgericht im vereinfachten Verfahren des Bezirksgerichts Horgen bezüglich Rechtsbegehren Ziffer 3 (Anspruch gestützt auf Ziffer C/1/1.1.c der Schei- dungsvereinbarung) verschiedene Ausführungen zum Scheidungsurteil als definitiver Rechtsöffnungstitel und zu den rechtlichen Möglichkeiten, im summarischen Verfahren materiellrechtliche prozessuale Auskunftsansprüche durchzusetzen (act. 4/7 S. 7; vorne E. III/2). Wie die Klägerin zu Recht geltend macht, stützte es den Nichteintretensentscheid alsdann unter Bezugnahme auf Art. 90 lit. b ZPO aber einzig auf das Vorliegen einer unzulässigen Klagenhäufung. Dies ergibt sich eindeutig aus der Prämisse, in der das Einzelgericht sich mit der Bestimmung von Art. 90 ZPO betreffend Klagenhäufung auseinandersetzt (act. 4/7 S. 3 E. 2.1), und der Schlussfolgerung, in der im Wortlaut Folgendes festgehalten wird (act. 4/7 S. 8 E. 3.3 a.E.): Dementsprechend liegt auch bezüglich Rechtsbegehren Ziffer 3 eine unzulässige Klagenhäufung vor, wäre doch eine Vollstreckung bzw. Herausgabe der notwendigen Dokumente im von der Klägerin angestrebten vereinfachten Verfahren nicht möglich (vgl. Art. 90 lit. b ZPO). Daher ist auf das Rechtsbegehren Ziffer 3 [ ] nicht einzutreten. Wenn die Vorinstanz vor diesem Hintergrund dafür hält, der Nichteintretensentscheid habe sich gleichsam auch auf [die] Begründung der mangelnden Verfahrensexistenz gestützt, weil die Klägerin mit ihrem Rechtsbegehren 3 ein Verfahren eingeleitet [habe], das die ZPO so nicht vorsehe (act. 13 S. 5), so findet das in der Verfügung vom 27. Juni 2019 (act. 4/7) keine Stütze. In den Erwägungen wurden diese Überlegungen zwar angestellt. Sie dienten aber nicht als Begründung für das Nichteintreten auf Rechtsbegehren Ziffer 3.

    3. Die Ausschlusswirkung dieses früheren Nichteintretensentscheids erstreckt sich damit einzig auf den Umstand einer unzulässigen Häufung von Ansprüchen, auf die nicht die gleiche Verfahrensart anwendbar ist (Art. 90 lit. b ZPO). Die Klägerin wäre in einem späteren Verfahren (mit den identischen Parteien, identischem Streitgegenstand und in gleicher Konstellation) mit der Behauptung aus-

geschlossen, der Nichteintretensentscheid gestützt auf Art. 90 lit. b ZPO sei unrichtig. In der aktuell zu beurteilenden Klage wird demgegenüber ein einziger Anspruch geltend gemacht und spielt die Frage der Zulässigkeit einer objektiven Klagenhäufung keine Rolle. Die Vorinstanz stützt sich für ihren erneuten Nichteintretensentscheid entsprechend zu Unrecht auf die res iudicata-Wirkung der Verfügung vom 27. Juni 2019.

    1. Die Vorinstanz führt im Rahmen einer Eventualbegründung aus, der Klägerin stehe für den eingeklagten Anspruch kein erneutes Erkenntnisverfahren zur Verfügung, da die Parteien mit der Scheidungskonvention im damaligen Schei- dungsverfahren bereits eine rechtskräftige und abschliessende Regelung getroffen hätten. Auf die Klage sei (auch) nicht einzutreten, weil das von der Klägerin angestrebte Verfahren nicht existiere bzw. weil mit der Scheidungskonvention in dieser Angelegenheit bereits eine abgeurteilte Sache vorliege (act. 13 S. 7). Die Klägerin geht auf diese rechtlichen Erwägungen in ihrer Berufungsschrift nicht konkret ein, hält aber als Erklärung für die Erhebung ihrer Klage fest, sie sei vom Obergericht (in dessen Entscheid betreffend definitive Rechtsöffnung) auf den or- dentlichen Prozessweg verwiesen worden (act. 11 Rz. 6). Damit stellt sie die Richtigkeit der vorinstanzlichen Rechtsansicht zumindest sinngemäss in Frage.

    2. Das Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, hat den Kläger nicht auf den ordentlichen Prozessweg verwiesen. Es hat aber das Gesuch um Erteilung der definitiven Rechtsöffnung abgewiesen, da der vom Beklagten zu bezahlende Betrag aus der Regelung in der Scheidungsvereinbarung nicht genügend klar hervorgehe (act. 4/11 S. 7; vorne E. III/3). Dabei hat es festgehalten, dass der Rechtsöffnungsrichter einzig zu prüfen habe, ob sich die in Betreibung gesetzte Forderung aus dem gerichtlichen Urteil ergebe; sei dieses unklar unvollständig, bleib[e] es Aufgabe des Sachgerichts, Klarheit zu schaffen (act. 4/11 S. 6). Bei dieser Erwägung handelt es sich worauf die Vorinstanz richtig hinweist (act. 13 S. 6) - um einen standardisierten Blocksatz. Die Formulierung findet sich in gleicher ähnlicher Form in verschiedensten Entscheiden des Bundesgerichts (z.B. BGE 135 III 315 E. 2.3 [ Aufgabe des Sachgerichts, Klarheit zu schaffen]; BGE 134 III 656 E. 5.3.2 [ Aufgabe des Sachgerichts, eine Erläuterung Vervollständigung vorzunehmen]; BGE 143 III 564 E. 4.3.2 [ il appartient au juge du fond de le préciser ou le compléter]). Die Vorinstanz hält dazu fest, das Bundesgericht schweige sich darüber aus, wer dieses Sachgericht bzw. dieser juge du fond sein solle. Das verwundere nicht weiter, da die Zivilprozessordnung das fragliche Verfahren, in welchem ein Sachgericht über die Auslegung eines gerichtlichen Vergleichs befinden soll, schlicht nicht vorsehe (act. 13 S. 7).

    3. Zu beachten ist, dass es vorliegend nicht um einen blossen gerichtlichen Vergleich geht, sondern um eine Regelung in einer Scheidungskonvention. Mit der gerichtlichen Genehmigung gemäss Art. 279 ZPO verliert die Scheidungsvereinbarung ihren privatrechtlichen Charakter und wird sie zum vollwertigen Bestandteil des Scheidungsurteils. Dies gilt unabhängig davon, ob sie den disponiblen den nicht disponiblen Teil der scheidungsrechtlichen Auseinandersetzung betrifft (BGer 5A_493/2011 vom 12. Dezember 2011 E. 1 m.H.). Anders als gewöhnliche gerichtliche Vergleiche, die auf blossen Parteierklärungen beruhen, sind gerichtlich genehmigte Vereinbarungen über die Scheidungsnebenfolgen der Erläuterung Berichtigung gemäss Art. 334 ZPO zugänglich (BGE 143 III 520

      E. 6.2 m.H.; TANNER, Erläuterung und Berichtigung von Entscheiden im Zivilprozessrecht [Art. 334 ZPO], ZZZ 2017/2018 S. 6; vgl. auch DÖRIG, Nachverfahren im zürcherischen Ehescheidungsprozess, Zürich 1987, S. 63 ff., 75 f.). Zwar liegt auch hier die Willensbildung primär bei den Parteien und nicht beim Gericht. Das Gericht hat gemäss Art. 279 ZPO den Inhalt des Vergleichs aber auf Angemessenheit, Klarheit und Vollständigkeit zu prüfen. In einem diesbezüglichen Erläuterungsverfahren hat das Gericht den mutmasslichen Willen der Parteien festzustellen, aufgrund dessen es die Scheidungskonvention seinerzeit genehmigte. Massgeblich ist der Parteiwille, wie er vom Gericht verstanden und genehmigt wurde (BGE 143 III 520 E. 6.2).

    4. Festzuhalten ist damit, dass bei einer nicht hinreichend klaren Regelung in einer gerichtlich genehmigten Scheidungsvereinbarung nur eine gerichtliche Erläuterung im Sinne von Art. 334 ZPO Klarheit schaffen kann. Das Erläuterungsgesuch richtet sich an das Gericht, welches das zu erläuternde Urteil gefällt hat,

      vorliegend das Scheidungsgericht. Dieses Scheidungsgericht ist in einem solchen Fall das Sachgericht im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung.

    5. Nicht zulässig ist es demgegenüber, einen im rechtskräftigen Scheidungsurteil geregelten Anspruch mit einer gewöhnlichen Leistungsklage erneut (in einem Zweitprozess) geltend zu machen. Dem steht einerseits die Rechtskraft des Scheidungsurteils entgegen, die grundsätzlich nur durchbrochen werden kann, wenn dies vom Gesetz vorgesehen ist (vgl. Art. 328 ff. ZPO; Art. 334 Abs. 4 ZPO;

      s. immerhin sogleich E. 3.6). Anderseits obläge es sonst der Beweiswürdigung im Zweitprozess festzustellen, worüber im Erstprozess rechtskräftig entschieden worden ist (DROESE, a.a.O., S. 187 f.). Dies ist abzulehnen.

    6. Offen gelassen werden muss, ob mit der Erläuterung bei der es darum geht, einen klar gedachten und gewollten, aber unklar formulierten Entscheid neu zu formulieren (TANNER, ZZZ 2017/2018 S. 6) im vorliegenden konkreten Fall die für die Vollstreckung erforderliche Präzision erreicht wird. Es ist denkbar, dass auch eine Erläuterung die Mängel nicht zu beheben vermag und es dem Urteil danach weiterhin an der Vollstreckbarkeit fehlt (vgl. zur Problematik z.B. BGer 5A_533/2017 vom 23. Oktober 2017 E. 4.3.2 [= Pra 107/2018 Nr. 132]). Die Klä-

gerin müsste sich in einem solchen Fall fragen, ob - nachdem das zur Verfügung stehende ordentliche Rechtsmittel nicht ergriffen worden war und die Erläuterung nicht weiter hilft - überhaupt noch eine Handhabe besteht, ihren (behaupteten) Anspruch durchzusetzen. Im Wege steht einerseits, wie vorne ausgeführt, die Rechtskraft bzw. das Prozesshindernis der abgeurteilten Sache (Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO; E. IV/3.5). Anderseits könnte sich immerhin die Frage stellen, ob aus- nahmsweise ein überwiegendes Wiederholungsinteresse (vgl. vorne E. IV/1) zu bejahen und eine Durchbrechung der materiellen Rechtskraft anzunehmen wäre. Dies wird (für den Fall, dass Erläuterung Berichtigung nicht zum Erfolg führen) vereinzelt in der Lehre postuliert (vgl. BSK ZPO-DROESE, Art. 336 N 17 f.; DROESE, a.a.O., S. 214 Fn. 1101; s.a. BEGLINGER, ZBJV 133/1997, 589, 614 f.).

Darüber ist hier aber nicht zu entscheiden.

4. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die von der Klägerin erhobene Leistungsklage zur Durchsetzung der in der Scheidungsvereinbarung getroffenen güterrechtlichen Regelung nicht zulässig ist. Die Vorinstanz ist auf die Klage zu Recht nicht eingetreten. Die Berufung ist abzuweisen und der vorinstanzliche Entscheid ist zu bestätigen.

VI.
  1. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des Berufungsverfahrens der Berufungsklägerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Ausgehend vom Streitwert von Fr. 27'333.25 ist die Gerichtsgebühr in Anwendung von § 12 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und 2 GebV OG auf Fr. 1'250.festzusetzen.

  2. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen, der Berufungsklägerin nicht, weil sie unterliegt, dem Berufungsbeklagten nicht, weil ihm keine zu entschädigenden Aufwände entstanden sind.

Es wird erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen. Die Verfügung des Einzelgerichts im vereinfachten Verfahren des Bezirksgerichts Horgen vom 21. Juli 2021 wird bestätigt.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 1'250.festgesetzt.

  3. Die Gerichtskosten des zweitinstanzlichen Verfahrens werden der Berufungsklägerin auferlegt und mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

  4. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Berufungsbeklagten unter Beilage des Doppels von act. 11, sowie an das Einzelgericht im vereinfachten Verfahren des Bezirksgerichts Horgen, je gegen Empfangsschein. Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 27'333.25.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Vorsitzende:

lic. iur. E. Lichti Aschwanden

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. M. Häfeli

versandt am:

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