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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:NP200033
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid NP200033 vom 20.09.2021 (ZH)
Datum:20.09.2021
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Schlagwörter : Kläger; Pfändung; Betreibung; Vereinbarung; Dungsurkunde; Zustellung; Pfändungsurkunde; Beklagte; Stellt; Schuldner; Worden; Vorinstanz; Könne; Oktober; Betreibungsurkunde; Berufung; Hätte; Welche; Konkurs; Klägers; Vermögen; Zession; Spreche; Verfahren; Betreffend; Betreibungsamt; Liegen; Kosten; Forderung
Rechtsnorm: Art. 106 KG ; Art. 106 ZPO ; Art. 107 KG ; Art. 110 KG ; Art. 111 ZPO ; Art. 112 KG ; Art. 114 KG ; Art. 160 KG ; Art. 161 KG ; Art. 165 OR ; Art. 167 OR ; Art. 31 KG ; Art. 310 ZPO ; Art. 313 ZPO ; Art. 317 ZPO ; Art. 318 ZPO ; Art. 34 KG ; Art. 38 KG ; Art. 5 KG ; Art. 64 KG ; Art. 65 KG ; Art. 66 KG ; Art. 69 KG ; Art. 72 KG ; Art. 90 BGG ; Art. 90 KG ; Art. 96 KG ;
Referenz BGE:100 III 3; 112 III 14; 120 III 57; 125 III 361; 127 III 332; 54 III 246; 84 III 79; 91 III 41; 97 III 10;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: NP200033-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Vorsitzende, die Oberrichter lic. iur. M. Spahn und Dr. M. Kriech sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. M. Reuss Valentini

Urteil vom 20. September 2021

in Sachen

Kanton Zürich,

Beklagter, Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagter

vertreten durch Finanzdirektion des Kantons Zürich, Generalsekretariat, Rechtsanwalt Dr. iur. X. ,

gegen

A. ,

Kläger, Berufungsbeklagter und Anschlussberufungskläger vertreten durch Rechtsanwalt MLaw Y.

betreffend Forderung

Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichts im vereinfachten Verfahren am Bezirksgericht Dielsdorf vom 6. Oktober 2020 (FV200016-D)

Rechtsbegehren:

(Urk. 1)

Es sei der Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den Betrag von CHF 20'000 zzgl. 5% Zins seit 1. Juni 2017 zu bezahlen.

Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. 7.7 % MwSt.) zu Lasten des Be- klagten.

Urteil des Bezirksgerichtes Dielsdorf, Einzelgericht im vereinfachten Verfahren, vom 6. Oktober 2020:

(Urk. 28 S. 35 f.)

1. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den Betrag von Fr. 14'000.- nebst Zins zu 5% seit dem 1. Juni 2017 zu bezahlen. Im übrigen Umfang wird die Klage abgewiesen.

  1. Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 4'750.- festgesetzt.

  2. Die Gerichtskosten werden zu 30% (entsprechend Fr. 1'425.-) dem Kläger auferlegt und mit dem von ihm geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Der auf den Beklagten entfallende Anteil von 70% (entsprechend Fr. 3'325.-) wird auf die Gerichtskasse genommen.

  3. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine reduzierte Parteientschädi- gung von Fr. 1'680.- (inkl. MwSt.) zu bezahlen.

  4. [Schriftliche Mitteilung]

  5. [Berufung]

Berufungsanträge:

des Beklagten, Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten (Urk. 27 S. 2; Urk. 35 S. 2):

1. Es sei das Urteil des Bezirksgerichts Dielsdorf vom 6. Oktober 2020 (FV200016) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Eventualiter sei die Forderungsklage lediglich im Umfang von Fr. 5000 gut- zuheissen.

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren zulasten des Klägers resp. Berufungsbeklagten.

Anschlussberufungsantwort:

1. Es sei die Anschlussberufung vollumfänglich abzuweisen.

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Anschlussberufungs- klägers.

des Klägers, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungsklägers (Urk. 33 S. 2):

Es sei die Berufung vollumfänglich abzuweisen;

unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. 7.7 % MWSt zu Lasten des Be- klagten bzw. des Kantons.

Anschlussberufung:

1. Es sei Dispositiv-Ziffer 1 des vorinstanzlichen Entscheids im Umfang der Klageabweisung aufzuheben und stattdessen in vollumfänglicher Gutheis- sung der Klage der Beklagte zu verpflichten, dem Kläger CHF 20'000 zzgl. 5 % Zins seit 1. Juni 2017 zu bezahlen.

  1. Es sei Dispositiv-Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids hinsichtlich der Kostenauflage an den Kläger aufzuheben und stattdessen dem Kläger keine Kosten aufzuerlegen sowie ihm den geleisteten Kostenvorschuss von CHF 3'150 zurückzuerstatten.

  2. Es sei Dispositiv-Ziffer 4 des vorinstanzlichen Entscheids insofern aufzuhe- ben, als dass stattdessen der Beklagte zu verpflichten sei, dem Kläger eine volle Parteientschädigung von CHF 4'200 zu bezahlen.

    Dies alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge zzgl. 7.7 % MWSt zu Lasten des Beklagten bzw. des Kantons.

    Erwägungen:

    1. Sachverhalt und Prozessgeschichte
      1. Der Kläger, Berufungsbeklagte und Anschlussberufungskläger (fortan Klä- ger) war Geschäftsführer mit Einzelunterschrift sowie Gesellschafter der inzwi- schen erloschenen B. GmbH (fortan GmbH). Er hielt die Stammanteile zu 95 % und seine damalige Ehefrau, C. , zu 5 % (vgl. Urk. 11 S. 4 f.; Urk. 13/1-3). Über die GmbH wurde am 10. Oktober 2017 der Konkurs eröffnet und am 1. November 2017 mangels Aktiven wieder eingestellt. Alsdann wurde die Firma von Amtes wegen gelöscht (Urk. 11 S. 5; Urk. 13/1). Am 29. Mai 2017 war in Anwesenheit des Klägers und Vertreters der GmbH die Pfändung vollzogen worden (Urk. 11 S. 6; Urk. 13/9). Am 31. Mai 2017 und am 1. Juni 2017 waren in Abwesenheit des Klägers durch das Betreibungsamt Niederhasli-Niederglatt vom D. -Anlagekonto, lautend auf die GmbH, Fr. 15'000.- bzw. Fr. 5'000.- nach- gepfändet worden (Urk. 11 S. 6; Urk. 13/10). Die Abschrift der Pfändungsurkunde vom 14. Juni 2017 (Urk. 13/10) war dem Kläger als Vertreter der GmbH per Ein- schreiben zugesandt worden, jedoch von ihm nicht abgeholt worden. Zusätzlich war eine Zustellung per A-Post erfolgt (Urk. 11 S. 6; Urk. 13/11-12). Auch die An- zeige betreffend Abrechnung einer Pfändung vom 13. September 2017 (Urk. 13/13) war dem Kläger als Vertreter der GmbH eingeschrieben zugesandt worden, jedoch seinerseits wiederum nicht abgeholt worden. Überdies war auch hier eine weitere Zustellung per A-Post erfolgt (Urk. 11 S. 6 f.; Urk. 13/14-15). Am

        8. Dezember 2017 erhielt der Kläger die Saldierungsanzeige betreffend das D. -Konto, woraus die Pfändung der insgesamt Fr. 20'000.- ersichtlich war (Urk. 16 S. 10; Urk. 4/1 S. 2; Urk. 4/1/2). Der Kläger macht geltend, das gepfände- te Guthaben auf dem D. -Konto habe nicht der GmbH, sondern ihm persön- lich gehört. Mangels gehöriger Zustellung der Pfändungsurkunde habe er von der Pfändung des Kontoguthabens durch das Betreibungsamt zunächst jedoch keine Kenntnis erhalten, weshalb er seine Drittansprüche nicht rechtzeitig vor der Ver- teilung des gepfändeten Guthabens habe anmelden können. Deshalb sei ihm ein Vermögensschaden in dieser Höhe entstanden, welcher ihm vom Staat (Kanton

        Zürich, Beklagter, Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagter, fortan Be- klagter) zu erstatten sei.

          1. Mit Eingabe vom 8. Februar 2020 (Datum Poststempel: 9. Februar 2020) machte der Kläger seine Staatshaftungsklage mit dem eingangs zitierten Rechts- begehren im vereinfachten Verfahren bei der Vorinstanz rechtshängig (Urk. 1). Innert Nachfrist leistete er den ihm auferlegten Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 3'150.- (Urk. 5, 6 und 7). Die Klageantwort datiert vom 27. Mai 2020 (Urk. 11). Am 3. August 2020 fand die Hauptverhandlung statt, anlässlich welcher die Kla- gebegründung und Klageantwort ergänzt, Replik und Duplik erstattet und zu den Noven Stellung genommen wurde (Prot. I S. 10 ff.). In der Folge erfolgte eine Be- weisaussage des Klägers (Prot. I S. 19 ff.). Unterm 6. Oktober 2020 fällte der Vorderrichter sodann das eingangs wiedergegebene Urteil (Urk. 24 = Urk. 28).

          2. Mit Zuschrift vom 2. November 2020 (Datum Poststempel) erhob der Be- klagte dagegen rechtzeitig (vgl. Urk. 25/1) Berufung mit den eingangs erwähnten Anträgen (Urk. 27). Mit Schreiben vom 4. November 2020 wurde dem Kläger der Eingang der Berufung angezeigt (Urk. 31). Die fristgerecht (vgl. Urk. 32) erstattete Berufungsantwort datiert vom 19. Februar 2021 (Urk. 33). In der Berufungsant- wort wurde Anschlussberufung erhoben (Urk. 33 S. 2; Art. 313 Abs. 1 ZPO). Mit Eingabe vom 25. Mai 2021 äusserte sich der Beklagte rechtzeitig (vgl. Urk. 34) zur Berufungsantwort und erstattete seinerseits die Anschlussberufungsantwort (Urk. 35). Mit Zuschrift vom 29. Juni 2021 liess der Kläger mitteilen, dass er auf die Wahrnehmung seines Replikrechts zu Urk. 35 im Sinne der Verfügung vom

        22. Juni 2021 (Urk. 36) verzichte (Urk. 37). Das Verfahren ist spruchreif.

    2. Prozessuales
      1. Mit Bezug auf die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Vorinstanz zur Beurteilung der vorliegenden Staatshaftungsklage im vereinfachten Verfahren sowie bezüglich der Absolvierung des erforderlichen Vorverfahrens (vgl. § 22 Abs. 1 lit. a HG) kann vollumfänglich auf die zutreffenden erstinstanzlichen Ausführun- gen verwiesen werden (Urk. 28 S. 5 m.Hinw.), welche von den Parteien denn auch nicht hinterfragt wurden.

      2. Die Rechtsmittelvoraussetzungen sind erfüllt. Insbesondere wurde die Beru- fung innert gebotener Frist erhoben (Art. 311 Abs. 1 und Art. 142 f. ZPO sowie Urk. 25/2). Mit der Berufung kann eine unrichtige Rechtsanwendung und eine un- richtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). Neue Tatsachen und Beweismittel (Noven) können im Berufungsverfahren jedoch nur unter den Voraussetzungen von Art. 317 Abs. 1 ZPO berücksichtigt werden,

        d.h. wenn sie - kumulativ - ohne Verzug vorgebracht werden (lit. a) und trotz zu- mutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (lit. b). Dabei hat, wer sich auf Noven beruft, deren Zulässigkeit darzutun (vgl. BGer 5A_330/2013 vom 24.9.2013 E. 3.5.1 m.w.Hinw.). Neue rechtliche Ausfüh- rungen stellen keine Noven dar.

    3. Staatshaftungsklage

      Laut Art. 5 Abs. 1 SchKG haftet der Kanton für den Schaden, den die Beamten und Angestellten (etc.) bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen das Gesetz zu- weist, widerrechtlich verursachen. Gemäss Art. 6 Abs. 1 aSchKG, Fassung gültig bis 31. Dezember 2019, verjährt der Anspruch auf Schadenersatz in einem Jahr von dem Tage hinweg, an welchem der Geschädigte von der Schädigung Kennt- nis erlangt hat.

      1. Bei der Pfändung des Guthabens über insgesamt Fr. 20'000.- von dem auf die GmbH lautenden Konto bei der D. -Bank sowie der Zustellung der Pfän- dungsurkunde vom 14. Juni 2017 handelten die betreffenden kantonalzürcheri- schen Beamten in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben (vgl. Art. 89 ff. SchKG; Art. 114 SchKG; vgl. auch Urk. 28 S. 6).

      2. Schaden des Klägers
        1. Der Kläger macht einen Schaden (unfreiwillige Vermögensverminderung) von Fr. 20'000.- nebst Zins zu 5 % seit dem 1. Juni 2017 geltend. Das Betrei- bungsamt Niederhasli-Niederglatt habe im Mai und Juni 2017 im Rahmen von Be- treibungen gegen die GmbH Guthaben auf einem Konto der D. -Bank im Umfang von Fr. 20'000.- gepfändet. Dieses Guthaben habe jedoch nicht der

          GmbH, sondern ihm persönlich zugestanden. Da die Pfändung in seiner Abwe- senheit durchgeführt und die Pfändungsurkunde nie gehörig zugestellt worden sei, habe er erst im Dezember 2017 Kenntnis von der Pfändung erhalten. Zu die- sem Zeitpunkt sei die Einleitung eines Widerspruchverfahrens im Sinne von Art. 106 ff. SchKG und entsprechend die Rückforderung des gepfändeten und be- reits verteilten Betrags nicht mehr möglich gewesen (Urk. 1 und Urk. 16).

        2. Wie die Vorinstanz richtig festhielt, genügt die blosse Möglichkeit des Klä- gers, seinen Drittanspruch fristgerecht geltend zu machen, noch nicht, um einen Schaden zu bejahen, zumal davon auszugehen ist, dass die Gläubiger diesen Anspruch im Sinne von Art. 107 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG bestritten hätten, weil das betreffende Bankkonto bei der D. -Bank auf die GmbH und nicht den Kläger lautete. Somit hätte der Kläger auf die Feststellung seines Drittanspruchs klagen müssen (Art. 107 Abs. 5 SchKG). Die Vorinstanz prüfte daher im Zusammenhang mit dem Vermögensschaden zu Recht, ob die Klage des Klägers gegen die Gläu- biger erfolgreich gewesen wäre. Der Kläger stützt sich dabei auf eine Abtretungs- vereinbarung zwischen ihm und der GmbH vom 5. Oktober 2013, wonach er unter anderem tatsächlicher Inhaber der Forderung in der Höhe von Fr. 20'000.- ge- worden sei (Urk. 4/1/4, fortan: Vereinbarung), sowie auf zwei Auszüge zweier auf die GmbH lautenden Bankkonti bei der D. -Bank vom 31. Dezember 2013 (Urk. 4/1/5) und 8. Dezember 2017 (Urk. 4/1/2). Der Beklagte stellt eine gültige Abtretung dieser Forderung in Abrede und lässt verschiedene Einwendungen da- gegen erheben, welche die Vorinstanz allesamt zurückwies (Urk. 28 S. 8 ff.). Da- gegen wehrt sich der Beklagte mit seiner Berufung (Urk. 27 S. 7-10).

          1. Nachträglich erstellte Vereinbarung

            1. Die Vorinstanz erwog, der Beklagte habe zunächst geltend gemacht, dass an der Unterzeichnung der Vereinbarung vom 5. Oktober 2013 nur der Kläger be- teiligt gewesen sei, weshalb auch nicht überprüft werden könne, ob sie tatsächlich aus dem Jahr 2013 stamme. Dies sei fraglich, weil der Kläger selber diese Ver- einbarung nicht berücksichtigt habe. Er habe sie weder anlässlich des Pfän- dungsvollzugs vom 29. Mai 2017 noch in der Konkurseinvernahme vom 23. Okto- ber 2017 erwähnt. Anlässlich des Pfändungsvollzugs habe er vielmehr angegeben, dass sämtliches Inventar der GmbH gehöre (Urk. 11). Es stimme, dass der Kläger anlässlich des Pfändungsvollzugs am 29. Mai 2017 angegeben habe, dass kein Vermögen vorhanden sei und dass das Kontoguthaben 0 [null] betrage (Urk. 13/9). Weiter habe er in der Konkurseinvernahme am 23. Oktober 2017 zu Protokoll gegeben, dass es keine zweiseitigen Verträge gäbe (Urk. 13/16). Der Kläger habe indes nebst der Vereinbarung vom 5. Oktober 2013 (Urk. 4/1/4) auch die zwei erwähnten Kontoauszüge (Urk. 4/1/2 und Urk. 4/1/5) ins Recht gelegt. Dem Kontoauszug vom 31. Dezember 2013 könne entnommen werden, dass auf dieses Konto der GmbH zunächst Fr. 150'000.- einbezahlt worden seien (Privat an Geschäft, Urk. 4/1/5). Am 14. Oktober 2013, also kurz darauf, seien von die- sem Konto Fr. 20'000.- auf das Anlagekonto der GmbH übertragen worden (Urk. 4/1/2 und Urk. 4/1/5), wie es in der Vereinbarung vorgesehen gewesen sei. Die Vereinbarung sei mithin mit den Kontoauszügen bzw. diesen Vorgängen in Einklang zu bringen. Damit sei die Vermutung des Beklagten, dass der Kläger die Vereinbarung erst im Nachhinein und zu Prozesszwecken erstellt haben könnte, hinlänglich widerlegt. Es sei also davon auszugehen, dass die Vereinbarung tat- sächlich am 5. Oktober 2013 abgeschlossen und unterzeichnet worden sei und es sich folglich nicht um eine erst nachträglich und zu Prozesszwecken erstellte Ur- kunde handle (Urk. 28 S. 8).

            2. Der Beklagte hält daran fest, dass die Vereinbarung nachträglich zu Pro- zesszwecken erstellt worden sei. Die vorinstanzliche Argumentation, wonach die Vereinbarung nicht nachträglich erstellt worden sein soll, da sie sich mit den Kon- toauszügen bzw. diesen Vorgängen in Einklang bringen liesse, überzeuge sach- logisch nicht. Nur weil die Vereinbarung mit den Kontoauszügen übereinstimme, bedeute ja nicht, dass sie bereits im Jahr 2013 erstellt worden sei. Der Kläger ha- be namentlich gewusst, welchen Betrag er einsetzen müsse, und es erstaune da- her nicht, dass die Vereinbarung mit den Kontoauszügen im Einklang stehe. Der Kläger habe die Vereinbarung selbst nie erwähnt oder beachtet. Wenn die Ver- einbarung tatsächlich aus dem Jahr 2013 stamme, mache es keinen Sinn, dass der Kläger während vier Jahren den Abtretungsvertrag nicht vollziehe und sich das ihm angeblich zustehende Guthaben nicht überweise. Damit sei weiterhin da- von auszugehen, dass die Vereinbarung im Nachhinein erstellt worden sei und

              daher auch vom Gericht im Widerspruchsverfahren nicht berücksichtigt worden wäre (Urk. 27 S. 7 f.).

            3. Der Kläger hält dagegen, der Beklagte übergehe hier, dass sich aus dem einschlägigen Kontobeleg aus dem Jahr 2013 ergebe, dass vom Kläger tatsäch- lich und ausgewiesenermassen an das Unternehmen eine Gutschrift von Fr. 150'000.- geleistet worden sei. Es sei klar, dass eine solche Zahlung allein schon vom Betrag her nicht einfach aufs Geratewohl, sondern auf Grundlage ei- ner Vereinbarung erfolgt sei. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger bereits in der Konkurseinvernahme angegeben habe, er habe im Jahr 2013 Fr. 150'000.- eingeschossen und im Gegenzug sämtliche beweglichen Sachen übernommen. Dabei sei auf die eingereichten Unterlagen verwiesen worden, wo- mit offensichtlich die Abtretungsvereinbarung habe gemeint sein müssen (Urk. 33

              S. 5). Letzteres lässt der Beklagte bestreiten sowie als unzulässiges Novum zu- rückweisen (Urk. 35 S. 2).

            4. Laut der Vereinbarung zur Übernahme des Inventars zwischen der GmbH und dem Kläger vom 5. Oktober 2013 benötigte die GmbH umgehend eine Bar- einlage von Fr. 150'000.-, welche der Kläger umgehend leisten und im Gegenzug das gesamte Inventar und den Maschinenpark der GmbH übernehmen sollte. Das Inventar und der Maschinenpark sollten als Sicherheit dienen, weil die GmbH die Einzahlung voraussichtlich nicht zeitnah würde rückvergüten können. Solange die Rückvergütung ausstehe, bleibe der Kläger Eigentümer der (im Folgenden aufge- listeten) Konten, Materialien und Maschinen. Darunter befand sich auch das strit- tige Firmenanlagekonto über Fr. 20'000.- (Urk. 4/1/4). Laut dem Kontoauszug der D. -Bank vom 31. Dezember 2013 wurden tatsächlich per 14. Oktober 2013 Fr. 150'000.- vom Kläger an die GmbH mit dem Vermerk Privat an Ge- schäft überwiesen (Urk. 4/1/5). Vor diesem Hintergrund ist der Vorinstanz darin zuzustimmen, dass die Vereinbarung eben nicht im Nachhinein aus prozesstakti- schen Gründen erstellt wurde. Ob der Kläger die Vereinbarung nun gegenüber dem Betreibungsamt erwähnte bzw. wann er dies tat, kann in diesem Zusam- menhang keine entscheidende Rolle spielen. Der Kläger vermochte im Übrigen überzeugend darzulegen, dass die GmbH unter Liquiditätsengpässen litt, was un-

            bestritten blieb, weshalb er ihr im Jahr 2013 belegtermassen Fr. 150'000.- über- wies (vgl. Prot. I S. 20; Urk. 13/16 S. 10).

            Wenn der Beklagte weiter dafür hält, das Verhalten des Klägers mache in wirt- schaftlicher Hinsicht keinen Sinn, wenn er der GmbH Fr. 150'000.- überweise und sich daraufhin gleich wieder Fr. 20'000.- zedieren lasse (Urk. 27 S. 9 N 38), kann auch daraus nicht abgeleitet werden, die Vereinbarung sei im Nachhinein zu Pro- zesszwecken erstellt worden. Fest steht, dass der Kläger per 14. Oktober 2013 der GmbH tatsächlich Fr. 150'000.- als Darlehen überwiesen hat (Urk. 4/1/5; Prot. I S. 20). Das in der Vereinbarung erwähnte Firmenanlagekonto mit den Fr. 20'000.- gehörte zum Inventar, welches dem Kläger im Gegenzug sicher- heitshalber übertragen wurde (vgl. Urk. 4/1/4; vgl. auch Urk. 4/1/5). Worin hier die wirtschaftliche Sinnlosigkeit liegen soll, ist nicht ersichtlich, zumal die Sicherungs- zession des Kontoguthabens nicht isoliert von der Übertragung des übrigen In- ventars betrachtet werden kann. Auch daraus kann der Beklagte mithin keine nachträgliche, aus prozesstaktischen Gründen erfolge Erstellung der Vereinba- rung herleiten.

          2. Unzulässige Doppelvertretung

            1. Die Vorinstanz gelangte zum Schluss, es liege mit der vom Kläger sowohl für sich persönlich als auch für die GmbH als deren Vertreter unterzeichneten Vereinbarung (Urk. 4/1/4) zwar ein Insichgeschäft vor. Dabei handle es sich indes um ein Selbstkontrahieren und nicht, wie vom Beklagten geltend gemacht, um ei- ne Doppelvertretung. Der Kläger habe nicht beide Parteien der Vereinbarung ver- treten, sondern er habe als Vertreter der GmbH die Vereinbarung mit sich selbst abgeschlossen. Der Kläger, welcher gemäss Handelsregistereintrag Gesellschaf- ter und Vorsitzender der Geschäftsführung der GmbH gewesen sei und welcher zudem 19/20 der Stammanteile zu Eigentum gehabt habe, habe mit dem Konto- auszug per 31. Dezember 2013 belegt, dass er aufgrund eines Liquiditätsengpas- ses Fr. 150'000.- aus seinem privaten Vermögen an das Unternehmen überwie- sen habe. Es handle sich dabei offenbar um ein Darlehen. Zur Sicherung seiner Ansprüche seien dem Kläger gemäss Vereinbarung das Inventar der GmbH si- cherungsübereignet und das Anlagekonto der GmbH sicherungszediert worden.

              Es sei nicht ersichtlich, wie das vertretene Unternehmen dadurch hätte benachtei- ligt werden sollen. Auch mit Blick auf die Stammanteile des Klägers könne ein In- teressenkonflikt praktisch ausgeschlossen werden. Sodann könne auch ange- nommen werden, dass die Abtretung konkludent genehmigt worden sei, da nie- mand dagegen vorgegangen sei. Es handle sich somit vorliegend um ein im Sin- ne der bundesgerichtlichen Praxis ausnahmsweise zulässiges Insichgeschäft (Selbstkontrahieren), da dem vertretenen Unternehmen weder durch die Einzah- lung des Klägers von Fr. 150'000.- noch durch die Sicherungsübereignung des Inventars (welches die Firma weiterhin habe nutzen können) und die Zession des Bankkontos ein Nachteil entstanden sei. Im Gegenteil habe die GmbH von der Vereinbarung nur profitieren können (Urk. 28 S. 9 ff. m. Hinw.).

            2. Der Beklagte macht bloss pauschal geltend, es handle sich nach wie vor um ein ungültiges Insichgeschäft. Ob die angebliche Vereinbarung für die GmbH von Vorteil gewesen wäre, lasse sich nicht feststellen und sei vom Kläger auch nicht nachgewiesen worden (Urk. 27 S. 8 N 31).

            3. Demgegenüber lässt der Kläger entgegnen, wenn er seinem Unternehmen ein (zinsfreies) Darlehen gewähre zwecks Überbrückung eines Liquiditätsengpas- ses, so sei nicht ersichtlich, wie darin ein Nachteil für das Unternehmen gesehen werden könne (Urk. 33 S. 5 N 13).

            4. Dass die Vereinbarung nicht zum Nachteil der GmbH führte, wie dies die höchstrichterliche Praxis im Hinblick auf die ausnahmsweise Zulässigkeit eines Insichgeschäfts fordert (vgl. BGE 127 III 332 E. 2a; auch BGE 125 III 361 E. 5), sondern im Gegenteil in deren Vorteil lag, liegt auf der Hand und es kann diesbe- züglich vollumfänglich auf die erwähnten erstinstanzlichen Erwägungen verwiesen werden, denen nichts beizufügen ist. Das Selbstkontrahieren des Klägers führt vorliegend dementsprechend ausnahmsweise nicht zur Ungültigkeit der Vereinba- rung.

          3. Fehlende Notifikation und Sicherstellung; bloss obligatorische Forde- rung

            1. Die Vorinstanz hielt dafür, Gegenstand der Zession sei die Kontokorrentfor- derung der GmbH gegenüber der D. -Bank in Höhe von Fr. 20'000.- betref- fend das Anlagekonto. Dabei handle es sich um eine Forderung, die erst künftig entstehen sollte. Tatsächlich sei der Übertrag der Fr. 20'000.- vom Bankkonto auf das Bank-Anlagekonto erst am 14. Oktober 2013 erfolgt. Eine Kontokorrentforde- rung könne grundsätzlich abgetreten werden, nur nicht einzelne Positionen da- von. Die künftige Forderung sei im Zeitpunkt der Vereinbarung vom 5. Oktober 2013 bestimmbar gewesen. Aus der Vereinbarung gingen die Person der Schuld- nerin (also die D. -Bank), der Rechtsgrund (also die Forderung der GmbH gegenüber der Bank aus dem Kontokorrentverhältnis betreffend das Anlagekonto) und die Höhe der Forderung (Fr. 20'000.-) hervor, weshalb davon auszugehen sei, dass mit Wirkung ab dem 14. Oktober 2013 von der Kontokorrentforderung der GmbH gegenüber der D. -Bank ein Anteil von Fr. 20'000.- an den Klä- ger abgetreten worden sei. Dass die Fr. 20'000.- bis zur Pfändung auf dem Anla- gekonto der GmbH geblieben und nicht auf den Kläger übertragen wurden sowie dass die Zession der Schuldnerin, also der D. -Bank, nie angezeigt wurde, ändere nichts an der Gültigkeit der Zession. Der Beklagte gehe auch fehl in der Annahme, der Kläger habe lediglich über eine obligatorische Forderung gegen- über der GmbH verfügt, weil er - aufgrund der fehlenden Übertragung - nicht In- haber und Berechtigter über das Konto bei der D. -Bank geworden sei, denn der Zessionar (also der Kläger) erwerbe die Forderung im Zeitpunkt der Abtretung resp. im Zeitpunkt der Entstehung der künftigen Forderung und nicht erst durch eine allfällige tatsächliche Übertragung bzw. Erfüllung. Irrelevant sei in diesem Zusammenhang auch, ob der Kläger die Zession dem Betreibungsamt offengelegt habe oder nicht (Urk. 28 S. 16 ff.).

            2. Der Beklagte hält daran fest, dass die Zession ungültig sei. Er führt aus, zu- erst ergebe sich, entgegen den vorinstanzlichen Ausführungen, die Person der Schuldnerin (also die D. -Bank) gerade nicht aus der Vereinbarung. Viel- mehr werde die D. -Bank in der Vereinbarung mit keinem Wort erwähnt.

              Hätte der Kläger die Vereinbarung der D. -Bank vorgelegt, so wäre diese damit nicht verpflichtet gewesen, ihm die Fr. 20'000.- zu überweisen, da keine genügend klare Zession vorgelegen habe (Urk. 27 S. 8 N 29-30). Die Vereinba- rung sei überaus unklar. Lediglich aus dem Vermerk Firmenanlagekonto Fr. 20'000 in der Vereinbarung abzuleiten, dass im Widerspruchsverfahren ein Gericht zur Ansicht gelangt wäre, dass damit eine genügend klare und formgültige Zession vorliege, sei zu beanstanden (Urk. 27 S. 9 N 36). Ferner bemängelt der Beklagte, die Vorinstanz sei bei der Würdigung der Zession auf das widersprüch- liche und treuwidrige Verhalten des Klägers nicht eingegangen. So habe er weder das Guthaben der GmbH bei der D. -Bank noch die Vereinbarung je er- wähnt und stattdessen erklärt, dass keine zweiseitigen Verträge bestünden. Es sei offensichtlich unglaubhaft, dass der Kläger als langjähriger Geschäftsmann nicht wissen wolle, was ein zweiseitiger Vertrag sei (Urk. 27 S. 8 N 32).

            3. Der Kläger lässt erwidern, die Vorinstanz habe nicht geschrieben, der Name D. -Bank gehe aus der Vereinbarung expressis verbis hervor. Vielmehr werde ausgeführt, es könne mit dem Anklagekonto gar kein anderes gemeint sein als das D. -Konto mangels Existenz eines weiteren solchen Anlagekontos. Es sei somit absolut klar und auch belegbar, welches Konto gemeint sei. Er habe sich nie treuwidrig verhalten. Nach wie vor übersehe der Beklagte die tatsächlich im Jahr 2013 geflossenen Fr. 150'000.- von ihm an die GmbH, dies genau nach Abschluss der hier interessierenden Abtretungsvereinbarung (Urk. 33 S. 5 f.).

            4. Es trifft zwar zu, dass in der Vereinbarung lediglich vom Firmenanlagekon- to über Fr. 20'000.- die Rede ist. Die D. -Bank wird nicht explizit erwähnt (Urk. 4/1/4). Allerdings wurde nie geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich, dass die GmbH je noch ein anderes Anlagekonto als jenes bei der D. -Bank besessen haben soll, wie die Vorinstanz zutreffend ausführte (Urk. 28 S. 17). Die abzutretende künftige Forderung war daher, in Übereinstimmung mit der Vorinstanz, insbesondere auch hinsichtlich der Person der Schuldnerin, hinrei- chend bestimmbar und die Zession somit gültig erfolgt. Die fehlende Notifikation der Abtretung an die D. -Bank als Schuldnerin ändert, wie die Vor- instanz zu Recht ausführte, nichts an der Gültigkeit der Zession. Art. 167 OR dient

            lediglich dem Schuldnerschutz im Hinblick auf eine allfällige gutgläubige Erfüllung an die bisherige Gläubigerin, wobei der erfolgte Pfändungsvollzug nicht als gut- gläubige Erfüllung in diesem Sinne aufgefasst bzw. damit gleichgesetzt werden kann (vgl. Urk. 28 S. 17). Der Zessionar (also der Kläger) erwarb die Forderung im Zeitpunkt der Abtretung bzw. im Zeitpunkt der Entstehung der künftigen Forde- rung und nicht erst durch eine allfällige tatsächliche Übertragung bzw. Erfüllung. Von einer bloss obligatorischen Forderung des Klägers kann entsprechend nicht die Rede sein. Dass der Kläger das Guthaben der GmbH bei der D. -Bank anlässlich des Pfändungsvollzugs nicht erwähnte, versteht sich, weil es aufgrund der Vereinbarung an ihn persönlich sicherungszediert worden war, mithin nicht mehr der betriebenen GmbH gehörte. Ob die Vereinbarung gegenüber den Be- treibungsbeamten, insbesondere gegenüber E. , erwähnt wurde, ist zwar umstritten, hat auf die Gültigkeit der Zession aber keinen Einfluss. Im Zusammen- hang mit der Gültigkeit der Zession ist schliesslich auch nicht von Bedeutung, dass der Kläger anlässlich des Pfändungsvollzugs am 29. Mai 2017 angab, das

            Inventar gehöre der B.

            GmbH (Urk. 13/9 S. 2), also der zwischenzeitlich

            vom Kläger neu gegründeten Gesellschaft (und nicht ihm selbst). Die Abtretung bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form (Art. 165 Abs. 1 OR). Vorliegend ist - entgegen der Ansicht des Beklagten (vgl. Urk. 27 S. 9 N 36) - eine formgülti- ge Zession erfolgt (Urk. 4/1/4). Die Zession erweist sich auch nicht als unklar. Geht man von der Gültigkeit der Vereinbarung bzw. Sicherungszession aus, zu- mal tatsächlich Fr. 150'000.- per 14. Oktober 2013 vom Kläger an die GmbH überwiesen wurden, kann selbstredend von einem betrügerischen Konkurs bzw. rechtsmissbräuchlichen Verhalten (vgl. Urk. 27 S. 9f. N 39 ff.) nicht die Rede sein. Diesbezügliche Weiterungen erübrigen sich mithin.

          4. Im Licht obiger Erwägungen ist somit in Übereinstimmung mit der Vor- instanz davon auszugehen, dass der Kläger gestützt auf die gültige Sicherungs- zession des Anlagekontos über Fr. 20'000.- in einem Widerspruchsverfahren er- folgreich gewesen wäre, weshalb auch anzunehmen ist, dass er einen Vermö- gensschaden von Fr. 20'000.- erlitten hat, nachdem es für ein solches Wider- spruchsverfahren nach Verteilung des Geldes an die betreibenden Gläubiger zu spät war. Die Anspruchsvoraussetzung des Schadens ist entsprechend erfüllt.

      3. Widerrechtlichkeit
        1. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, liegt Widerrechtlichkeit vor, wenn die Schädigung in ein absolut geschütztes Rechtsgut eingreift. Reine Vermögens- schäden sind nur dann widerrechtlich, wenn sie unter Verletzung einer besonde- ren Verhaltensnorm bewirkt werden, die nach ihrem Zweck vor Schädigungen von der Art der konkret eingetretenen schützen soll. Vermögensschutznormen können der Gesamtheit der schweizerischen Rechtsordnung entnommen werden. Die Widerrechtlichkeit im Bereich der Staatshaftung ist gegeben, wenn durch das Verhalten des Beamten entweder ein absolutes Recht oder eine Amtspflicht, die Private vor Vermögensschäden schützen will, verletzt wird. Schadenersatz ist in der Regel nur geschuldet, wenn der fehlerhafte Rechtsakt eines Beamten in Ver- letzung einer wesentlichen bzw. elementaren Amtspflicht ergangen ist (vgl. Urk. 28 S. 18 f. mit Hinw.).

        2. Der Kläger machte vor Vorinstanz geltend, die Pfändungsurkunde an die GmbH bzw. an ihn als deren Vertreter sei nie gehörig zugestellt worden, weshalb das Vorgehen des Betreibungsamtes ohne Weiteres als widerrechtlich zu qualifi- zieren sei. Als Betreibungsurkunde hätte die Pfändungsurkunde dem Schuldner bzw. bei einer juristischen Person deren Vertretung persönlich im Sinne von Art. 64 f. SchKG zugestellt werden müssen. Dies sei aber gerade nicht erfolgt und die GmbH sowie er als deren Vertreter hätten auch nicht auf anderem Weg von dieser Pfändung Kenntnis erhalten. Die Vorschrift der persönlichen Zustellung von solch einschneidenden Urkunden wolle offensichtlich genau den Schuldner bzw. dessen Drittgläubiger vor Vermögensschäden der eingetretenen Art schützen. Er habe erst im Dezember 2017 von der Pfändungsurkunde Kenntnis erhalten (Urk. 28 S. 19 m. Hinw.).

        3. Demgegenüber meinte der Beklagte im Wesentlichen, die Kontaktaufnahme mit dem Kläger als Geschäftsführer der GmbH, deren Geschäftsräumlichkeiten sich in derselben Liegenschaft wie das Betreibungsamt Niederhasli-Niederglatt befunden hätten, sei kaum möglich gewesen. Er habe sich jeglichen Kontaktauf- nahmen entzogen und es unterlassen, Verfügungen abzuholen. Die Befragung des Klägers als Vertreter der GmbH im Rahmen des Pfändungsvollzugs habe

          schliesslich am 29. Mai 2017 durchgeführt werden können. Das Betreibungsamt habe die Pfändungsurkunde vom 14. Juni 2017 per Einschreiben an die Adresse der GmbH gesandt. Der Kläger habe die Pfändungsurkunde jedoch innert Frist nicht abgeholt. Die Pfändungsurkunde sei in der Folge am 29. Juni 2017 zusätz- lich per A-Post an die GmbH versandt worden. Dasselbe Vorgehen habe das Be- treibungsamt auch mit der Anzeige betreffend Abrechnung einer Pfändung vom

          13. September 2017 gewählt. Auch hier habe jedoch keine Zustellung erfolgen können. Weil es das Bundesgericht offengelassen habe, ob neben dem Zah- lungsbefehl und der Konkursandrohung noch andere Akten zu den Betreibungs- urkunden zählen würden, handle es sich bei der Pfändungsurkunde nicht um eine Betreibungsurkunde. Es gelte demnach die Zustellfiktion, weshalb nicht abgeholte Postsendungen nach Ablauf der siebentägigen Abholfrist als zugestellt gelten würden (Urk. 28 S. 19 ff. m.Hinw).

        4. Die Vorinstanz zog in Betracht, in der Lehre und Rechtsprechung sei man sich einig, dass es sich zumindest bei einem Zahlungsbefehl und einer Konkur- sandrohung um eine Betreibungsurkunde im Sinne von Art. 64 ff. SchKG handle. Im Übrigen werde jedoch kontrovers abgehandelt, welche weiteren Urkunden konkret noch als Betreibungsurkunden zu gelten hätten. Das Bundesgericht habe in einem Urteil weder explizit noch implizit festgehalten, dass auch eine Pfän- dungsurkunde nach Art. 64 SchKG zuzustellen sei. In einem Urteil aus dem Jahr 1994 habe das Bundesgericht festgehalten, dass Betreibungsurkunden wegen der besonderen Bedeutung ihres Inhalts im Sinne von Art. 64 ff. SchKG zuzustel- len seien, da sie mit einer Rechtswirkung verbunden seien. Sie seien nämlich auf die Einleitung oder Fortsetzung des Zwangsvollstreckungsverfahrens ausgerich- tet, in welchem es darum gehe, den Gläubiger aus dem Vermögen des Schuld- ners zu befriedigen, wodurch also in die Rechtsstellung des Schuldners eingegrif- fen werde (BGE 120 III 57 E. 2b). Vorliegend handle es sich um eine Pfändungs- urkunde, welche den Vollzug einer Pfändung anzeige. Dabei gehe es gerade um einen Akt, der auf die Fortsetzung des Verfahrens abziele und bei dem zur Be- friedigung der Gläubiger in das Vermögen des Schuldners und damit in seine Rechtsstellung eingegriffen werde. Zudem könne sogar zusätzlich noch das Ver- mögen eines Dritten betroffen sein. Bei der Pfändungsurkunde vom 14. Juni 2017

          in der Pfändung Nr. 1 des Betreibungsamts Niederhasli-Niederglatt handle es sich somit um eine Betreibungsurkunde im Sinne von Art. 64 ff. SchKG. Die Pfän- dungsurkunde hätte daher persönlich, im Falle der GmbH an ein Mitglied der Verwaltung oder des Vorstandes, einen Direktor oder Prokuristen oder andernfalls an einen anderen Angestellten zugestellt werden müssen. Vorliegend sei die Pfändungsurkunde aber lediglich eingeschrieben und hernach, weil nicht abge- holt, noch zusätzlich per A-Post an die GmbH zugestellt worden. Die Zustellvor- schriften im Sinne von Art. 64 ff. SchKG und Art. 114 SchKG stellten Schutznor- men dar, welche Private vor einem Vermögensschaden schützen sollten, nicht nur die Schuldnerin, sondern auch allfällige Drittansprecher. Somit sei die Wider- rechtlichkeit zu bejahen, weil das Betreibungsamt die Pfändungsurkunde dem Kläger nicht gehörig zugestellt und damit die Schutznorm verletzt habe (Urk. 28 S. 23 ff.).

        5. Der Beklagte rügt mit seiner Berufung, die Abschrift der Pfändungsurkunde sei keine Betreibungsurkunde. Das Bundesgericht habe die Frage, ob die Pfän- dungsurkunde eine Betreibungsurkunde im Sinne von Art. 64 SchKG oder eine per Einschreiben zuzustellende gewöhnliche Mitteilung im Sinne von Art. 34 SchKG sei, offengelassen. Ein erheblicher Teil der Lehre spreche sich dafür aus, dass die Zustellung der Abschrift der Pfändungsurkunde nach Art. 34 SchKG zu erfolgen habe. Eine Qualifikation der Abschrift der Pfändungsurkunde als Betrei- bungsurkunde, welche die Zustellvorschriften nach Art. 64 ff. SchKG nach sich ziehe, sei zu verneinen, da die Schuldner in diesem Stadium des Verfahrens ge- nerell Kenntnis von gegen sie laufenden Betreibungsverfahren hätten und - gleich wie bei einem laufenden gerichtlichen Verfahren - damit rechnen müssten, dass ihnen weitere Schreiben und Verfügungen des Betreibungsamts eingeschrieben zugestellt würden. So habe vorliegend auch der Kläger Kenntnis über das laufen- de Betreibungsverfahren gehabt und habe mit weiteren Zustellungen rechnen müssen. Vorliegend sei der Schuldner bei der Pfändung anwesend gewesen und sei auf die Vorschriften von Art. 96 Abs. 1 SchKG hingewiesen worden. Ihm sei ferner bewusst gewesen, dass es zu weiteren Pfändungen von Vermögenswerten habe kommen können, habe er doch Betreibungs- und Konkursverfahren zur Ge- nüge gekannt. Dass das Betreibungsamt erst in der Folge auf das Guthaben bei

          der D. -Bank gestossen sei und dieses ohne Beisein der Schuldnerin ge- pfändet habe, ändere daran nichts. Gemäss dem Betreibungsamt Niederhasli- Niederglatt würden in der Praxis die Abschriften der Pfändungsurkunden teilweise noch per A-Post versandt. Das Betreibungsinspektorat habe das Betreibungsamt im Jahr 2016 aber angewiesen, die Pfändungsurkunden grundsätzlich einge- schrieben zu senden, wie dies aus dem Inspektionsbericht vom 31. Mai 2016 her- vorgehe (Urk. 27 S. 4 f.; Urk. 30/2). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz und des Klägers gehe aus dem Gesetz und den Materialien hervor, dass nur der Zah- lungsbefehl und die Konkursandrohung der qualifizierten Zustellungsform unterlä- gen. Ziel der Gesetzesrevision sei denn auch gewesen, die Zustellungen zu er- leichtern, weshalb es nicht dem Sinn des Gesetzgebers entspreche, neu auch die Zustellung der Pfändungsurkunde als der qualifizierten Zustellung unterliegend zu qualifizieren. Das Gesetz erwähne ferner ausdrücklich nur bezüglich Zahlungsbe- fehl und Konkursandrohung spezielle Zustellungsformen (Art. 72 und Art. 161 SchKG). Gemäss Art. 34 SchKG erfolge die Zustellung von Mitteilungen, Verfü- gungen und Entscheiden der Betreibungs- und Konkursämter sowie der Auf- sichtsbehörden durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise ge- gen Empfangsbestätigung, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimme. Eine Lücke, welche ein Gericht zu füllen hätte, liege somit gerade nicht vor. Gesetzes- systematisch und mit Blick auf Art. 34 SchKG hätte damit auch bezüglich der Pfändungsurkunde ein neuer Artikel oder neuer Absatz zu Art. 114 SchKG ge- schaffen werden müssen. Es sei aber bloss die Frist der Zustellung der Pfän- dungsurkunde von drei auf 30 Tage verlängert worden. Dies mit dem Hinweis, dass dem Schuldner gegenüber die Pfändung bereits mit dem Vollzug wirksam werde. Dass es neu und ohne gesetzliche Grundlage einer qualifizierten Zustel- lung für die Abschrift dieser Pfändungsurkunde bedürfen solle, wäre völlig gegen den Wortlaut sowie den Sinn und Zweck des Gesetzes. Im Übrigen verfolgten fast alle Verfügungen und Mitteilungen von Betreibungsämtern als Zwangsvollstre- ckungsbehörden das Ziel der Fortsetzung des Zwangsvollstreckungsverfahrens. Gemäss der Argumentation der Vorinstanz wären somit fast alle Mitteilungen qua- lifiziert zuzustellen. Eine besondere Bedeutung oder Rechtswirkung komme der Pfändungsurkunde nicht zu, weil die Pfändung bereits anlässlich der Einvernahme wirksam und vollzogen sei. Dem Kläger als Drittansprecher hätte die Abschrift der Pfändungsurkunde demnach mit Sicherheit nicht persönlich zugestellt werden müssen. Das Betreibungsamt habe daher keinerlei Vorschriften verletzt, erst recht keine wesentlichen Pflichten (Urk. 35 S. 3 f.).

        6. Der Kläger hält hauptsächlich entgegen, genauso spreche sich ein erhebli- cher Teil der Lehre dafür aus, dass die Pfändungsurkunde nach Art. 64 SchKG zuzustellen sei. Die Argumentation des Beklagten überzeuge nicht. Die Frage der Zustellform beantworte sich offensichtlich nicht danach, ob beim Schuldner gene- rell Kenntnis vom laufenden Betreibungsverfahren gegeben sei oder nicht. Denn die Konkursandrohung müsste ja nach dieser Argumentation ebenfalls nicht nach Art. 64 SchKG zugestellt werden, sei doch zu diesem Zeitpunkt der Schuldner bzw. die Schuldnerin ebenfalls informiert über das laufende Verfahren. Dem wi- dersprechend werde aber die Konkursandrohung, soweit ersichtlich, einhellig als nach Art. 64 SchKG zuzustellende Betreibungsurkunde betrachtet. Mit den Gläu- bigern in Art. 114 SchKG seien nur die betreibenden Gläubiger (und nicht etwa sämtliche Gläubiger des in Betreibung stehenden Schuldners) gemeint. Beim neu eingereichten Inspektionsbericht handle es sich um ein unzulässiges Novum, wel- ches ohne Weiteres bereits vor Vorinstanz hätte vorgebracht werden können und müssen. Zudem sei diese Empfehlung ohnehin nur behördenintern und sage nichts über die grundsätzlich vorgeschriebene Zustellform aus (Urk. 33 S. 3 f.).

        7. Die Betreibungsurkunden werden dem Schuldner in seiner Wohnung oder an dem Orte, wo er seinen Beruf auszuüben pflegt, zugestellt. Wird er daselbst nicht angetroffen, so kann die Zustellung an eine zu seiner Haushaltung gehören- de Person oder an einen Angestellten geschehen (Art. 64 Abs. 1 SchKG). Im Fal- le einer betriebenen juristischen Person erfolgt die Zustellung an den Vertreter derselben (Art. 65 Abs. 1 SchKG). Als Betreibungsurkunden gelten gemäss Lehre und Rechtsprechung einhellig jedenfalls der Zahlungsbefehl und die Konkursan- drohung (OFK/SchKG-Kren Kostkiewicz, SchKG 64 N 1; BSK SchKG I-Angst, Art. 64 N 8 m.w.Hinw.). Das Bundesgericht liess offen, ob es sich bei der Pfän- dungsurkunde gemäss Art. 112 SchKG um eine nach Art. 64 ff. zuzustellende Be- treibungsurkunde handelt (vgl. BGer 5A_408/2011 vom 2. September 2011

E. 2.2; BGer 7B.143/2002 vom 25. September 2002 E. 3; BGE 91 III 41 E. 3 [betrifft den Ort der Zustellung im Zusammenhang mit einer Pfändungsankündi- gung]). Hinsichtlich der Pfändungsankündigung hielt es in einem neuen Entscheid fest, dass diese keine formell zustellungsbedürftige Betreibungsurkunde darstelle, sondern nach Art. 34 Abs. 1 SchKG zuzustellen sei (BGE 5A_590/2020 vom

12. April 2021 E. 3.1; vgl. auch BSK SchKG EB-Staehelin, Art. 64 SchKG ad N 8a). In einem neueren Entscheid ging das Bundesgericht sodann explizit davon aus, dass die Zustellung der Abschrift der Pfändungsurkunde gemäss Art. 114 SchKG an die Gläubiger und den Schuldner - da das Gesetz dafür keine Aus- nahme vorsehe - nach Massgabe von Art. 34 Abs. 1 SchKG durch eingeschriebe- ne Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsschein zu erfolgen habe, ohne sich zum entsprechend fehlenden Charakter der Pfändungsurkunde als Be- treibungsurkunde weiter zu äussern (BGer 5A_383/2017 vom 3. November 2017

E. 3.1.2. mit Hinweis auf BGE 54 III 246 E. 1 und BGer 7B.17/2007 vom 6. Juni 2007 E. 3). Wie der Beklagte richtig vorbringt, regelt Art. 72 SchKG die qualifizier- te Form der Zustellung des Zahlungsbefehls, wobei für die Zustellung der Konkur- sandrohung gemäss Art. 161 SchKG auf Art. 72 SchKG verwiesen wird. In Art. 114 SchKG betreffend die Zustellung der Abschrift der Pfändungsurkunde an Gläubiger und Schuldner ist von einer qualifizierten Form der Zustellung demge- genüber keine Rede. Damit liegt keine durch richterliche Rechtsfindung zu füllen- de Gesetzeslücke hinsichtlich der Zustellung der Pfändungsurkunde vor. Vielmehr hat diese mangels spezieller gesetzlicher Regelung nach Art. 34 Abs. 1 SchKG durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbe- stätigung zu erfolgen.

Gemäss der Botschaft über die Änderung des SchKG vom 8. Mai 1991 wurde Art. 65 SchKG geändert, um die Aufgabe der mit der Zustellung betrauten Organe zu erleichtern. Bei der Kommentierung der Änderung zu Art. 66 SchKG wird aus- geführt: Bei Zustellung durch die Post gilt die Sendung am letzten Tag der Abhol- frist als zugestellt (BGE 100 III 3, BGE 97 III 10). Bei Zahlungsbefehlen und Kon- kursandrohungen können jedoch wegen der qualifizierten Zustellungsform von Ar- tikel 72 Urkunden, die vom Schuldner nicht abgeholt worden sind, nicht als zuge- stellt betrachtet werden. Auch Art. 66 SchKG wurde erweitert, um die Zustellungsmöglichkeiten zu ergänzen·(BBl 1991 III 1 vom 8. Mai 1991 S. 56 f.). Wenn mit der Gesetzesrevision die Zustellungsmöglichkeiten erweitert und damit er- leichtert werden sollten, entspricht es nicht Sinn und Zweck des Gesetzgebers, auch die (im Übrigen nicht erwähnte) Pfändungsurkunde als qualifiziert zuzustel- lende Betreibungsurkunde zu betrachten. Auch die Materialien sprechen somit dafür, dass lediglich der Zahlungsbefehl und die Konkursandrohung der qualifi- zierten Zustellungsform bedürfen.

Für die erstinstanzliche, in Anlehnung an BGE 120 III 57 E. 2b (wonach die Schätzungsurkunde keine Betreibungsurkunde darstellt) erfolgte Argumentation (vgl. Urk. 28 S. 24), dass es sich bei der Pfändungsurkunde, welche den Vollzug einer Pfändung anzeige, gerade um einen Akt handle, der auf die Fortsetzung des Verfahrens abziele und bei dem zur Befriedigung der Gläubiger in das Vermögen des Schuldners und damit in seine Rechtsstellung eingegriffen werde, weshalb davon auszugehen sei, dass es sich bei der Pfändungsurkunde um eine Betrei- bungsurkunde handle, die nach den Art. 64 ff. SchKG zugestellt werden müsse (Urk. 28 S. 24 f.), besteht nach dem Gesagten kein Raum. Zudem verfolgen die meisten Verfügungen und Mitteilungen von Betreibungsämtern das Ziel der Fort- setzung des Zwangsvollstreckungsverfahrens und letztlich den Eingriff in das schuldnerische Vermögen und unterliegen gleichwohl nicht der qualifizierten Zu- stellung gemäss Art. 64 f. SchKG.

Anlässlich des Pfändungsvollzugs am 29. Mai 2017 war der Kläger als Vertreter der GmbH anwesend und wurde gemäss Art. 96 Abs. 1 SchKG darauf hingewie- sen, dass er bei Straffolge nicht über die gepfändeten Vermögensstücke verfügen darf (Urk. 13/9, /10). Beim Vollzug der ergänzenden Pfändungen betreffend das D. -Konto vom 31. Mai 2017 und 1. Juni 2017 (Art. 110 Abs. 1 SchKG) war er nicht anwesend (Urk. 13/10; Urk. 21/19). Bei Abwesenheit des Schuldners wird die Pfändung erst, aber immerhin, mit der Zustellung der Pfändungsurkunde an ihn wirksam, wobei bei Nichtabholen der Sendung die Zustellfiktion greift (vgl. BGE 112 III 14 E. 5.a). Dass vorliegend die Zustellung der Pfändungsurkunde vom 14. Juni 2017, jedenfalls betreffend die ergänzende Pfändung der Guthaben bei der D. -Bank, mangels Anwesenheit des Klägers, ein Gültigkeitserfordernis für die Pfändung war, ändert nichts, weil auch die Ergänzungspfändung zu- folge fingierter Zustellung wirksam wurde. Es drängt sich mit Blick auf die Konzep- tion des Gesetzes und die Rechtssicherheit im Übrigen auch nicht auf, die Pfän- dungsurkunde im Falle der Abwesenheit des Schuldners anlässlich der Pfändung mit Blick auf deren Bedeutung als Betreibungsurkunde zu qualifizieren. Dass der Zahlungsbefehl (Art. 69 SchKG) und die Konkursandrohung (Art. 160 SchKG) als Betreibungsurkunden qualifiziert werden, versteht sich mit Blick auf deren Bedeu- tung des Inhalts. Mit der Zustellung des Zahlungsbefehls beginnt die Schuldbe- treibung (Art. 38 Abs. 1 SchKG), d.h. der Schuldner erhält erstmals Kenntnis vom gegen ihn eingeleiteten Betreibungsverfahren. Die Tragweite der Konkursandro- hung ist mit Blick auf die Generalexekution gross und insbesondere grösser als bei der Spezialexekution.

Nach dem Gesagten ist somit, dies entgegen der vorinstanzlichen Ansicht (Urk. 28 S. 24 f.), davon auszugehen, dass die Abschrift der Pfändungsurkunde vom 14. Juni 2017 nach Art. 114 SchKG (Urk. 13/10) keine gemäss Art. 64 ff. SchKG qualifiziert, d.h. persönlich und offen, zuzustellende Betreibungsurkunde verkörpert. Die Abschrift der Pfändungsurkunde wurde vorliegend korrekt gemäss Art. 114 SchKG in Verbindung mit Art. 34 Abs. 1 SchKG per Einschreiben ver- sandt, allerdings vom Kläger als Vertreter der GmbH nicht abgeholt (vgl. Urk. 13/11, /12), womit die Zustellfiktion nach Ablauf der siebentägigen Abholfrist (vgl. Art. 31 SchKG i.V.m. Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO) greift, weil der Kläger nach seiner Teilnahme am Pfändungsvollzug vom 29. Mai 2017 (Urk. 13/9) klar mit Zu- stellungen rechnen musste (vgl. auch Urk. 28 S. 25 letzter Abschnitt).

Es liegt somit keine Missachtung der Zustellvorschriften und damit keine Verlet- zung einer (elementaren) Amtspflicht vor, weshalb dahingestellt bleiben kann, ob Art. 114 SchKG nicht nur den Schuldner, sondern auch allfällige Drittansprecher und damit den Kläger persönlich, vor Vermögensschäden schützen soll, wie die Vorinstanz meint (Urk. 28 S. 27 betr. Art. 64 ff. und Art. 114 SchKG; vgl. immer- hin BGer 7B.80/2003 vom 1. Juli 2003, E. 3.4, wonach Art. 90 SchKG, betreffend Zustellung der Pfändungsankündigung, dem Schutz des Schuldners diene). Damit hätte der Kläger rechtzeitig ein Widerspruchsverfahren (vgl. Art. 106 ff. SchKG)

einleiten können und müssen und damit den Schaden verhindern können, wenn er, wie es seine Obliegenheit als Vertreter der GmbH war, die Pfändungsurkunde vom 14. Juni 2017 rechtzeitig abgeholt hätte. Zudem hätte er seine Ansprüche auch noch rechtzeitig vor Vornahme der Auszahlungen anmelden können (Art. 106 Abs. 2 SchKG), wenn er die Anzeige betreffend Abrechnung einer Pfän- dung vom 13. September 2017 (Urk. 13/13) abgeholt hätte.

Eine Verletzung einer anderweitigen wesentlichen Amtspflicht ist sodann nicht er- sichtlich. Insbesondere kann mit Blick auf das dem Kläger von der Vorinstanz zu Recht angelastete erhebliche Selbstverschulden den pfändenden Beamten nicht unterstellt werden, sie hätten das (nach wie vor) auf die GmbH lautende Konto bei der D. -Bank leichtfertig als Schuldnervermögen gepfändet, ohne allfällige Drittansprüche abzuklären bzw. anzumerken (vgl. Urk. 28 S. 32 f.: fehlende Notifi- kation der am 14. Oktober 2013 erfolgten Sicherungszession der Kontokorrentfor- derung zuhanden der D. -Bank und Schuldnerin; eingeschriebene Sendun- gen für die GmbH [vgl. Pfändungsurkunde vom 14. Juni 2017, Urk. 13/10, und Anzeige betreffend Abrechnung einer Pfändung vom 13. September 2017, Urk. 13/13] nicht abgeholt, obschon er nach der Teilnahme am Pfändungsvollzug vom 29. Mai 2017 mit Zustellungen rechnen musste; in der Konkurseinvernahme betreffend die GmbH vom 23. Oktober 2017 zu Protokoll gegeben und unter- schriftlich bestätigt, es gebe keine zweiseitigen Verträge, Urk. 13/16).

Dabei liess die Vorinstanz zufolge Unklarheit letztlich offen, ob der Kläger, wie er behauptet, die Vereinbarung bzw. Sicherungszession der Kontokorrentforderung anlässlich des Pfändungsvollzugs vom 29. Mai 2017 gegenüber dem Betrei- bungsbeamten E. tatsächlich offenlegte oder eben nicht, wie der Beklagte geltend macht. So habe der Kläger anlässlich des Pfändungsvollzugs für die GmbH jedenfalls angegeben und unterschriftlich bestätigt, dass kein Vermögen vorhanden sei und dass das Kontoguthaben 0 [null] betrage. Ein schriftlicher Hinweis auf die Vereinbarung bzw. erfolgte Zession fehle auf dem Formular gänz- lich (Urk. 13/9). Daran änderten auch die Unstimmigkeiten betreffend das Fortset- zungsdokument zum Pfändungsprotokoll nichts (u.a. falsche Datierung, fehlende Unterschrift seitens der GmbH, keine Zustellung an die GmbH, problematische

Verweisung im Pfändungsprotokoll vom 29. Mai 2017 als nachträgliche Ergän- zung; Urk. 21/19; Urk. 28 S. 32).

Es bestehen keinerlei dahingehenden Anhaltspunkte, wonach der zuständige Be- treibungsbeamte E. die Vereinbarung durch den Kläger tatsächlich ausge- händigt erhalten und in der Folge einfach ignoriert haben soll. Aus den Ausfüh- rungen des Klägers anlässlich der Konkurseinvernahme vom 23. Oktober 2017, wonach er im Jahr 2013 Fr. 150'000.- in die GmbH eingeschossen und im Ge- genzug sämtliche beweglichen Sachen übernommen habe, wobei er auf die ein- gereichten Unterlagen verwies (Urk. 13/16 S. 10), kann, entgegen der klägeri- schen Ansicht, nicht einfach geschlossen werden, mit diesen Unterlagen habe of- fensichtlich die Abtretungsurkunde gemeint sein müssen (Urk. 33 S. 5). Vielmehr ging es wohl um Unterlagen im Zusammenhang mit der Kündigung des Bankkre- dits, welche offenbar Hintergrund für die Überweisung war (vgl. Urk. 13/16 S. 10). Zudem handelt es sich bei dieser klägerischen Behauptung um ein unzulässiges Novum (vgl. Art. 317 Abs. 1 ZPO; Urk. 35 S. 2 Rz 3). Es wäre im Übrigen ein Leichtes gewesen, gestützt auf die Vereinbarung einen Drittanspruch des Klägers persönlich betreffend die Kontokorrentforderung bei der D. -Bank auf der Pfändungsurkunde zu vermerken und so dem Staat Umtriebe, wie das vorliegen- de Staatshaftungsverfahren, zu ersparen. Es ist jedenfalls kein Interesse ersicht- lich, weshalb der Betreibungsbeamte die Vereinbarung hätte unterschlagen sol- len. Selbst wenn es aber so gewesen wäre, hätte sich der Kläger dagegen recht- zeitig zur Wehr setzen können und müssen, wenn er, der mit Zustellungen rech- nen musste, die Abschrift der Pfändungsurkunde (Urk. 13/10) tatsächlich entge- gengenommen hätte. Im Übrigen war selbst gestützt auf die Vereinbarung für ei- nen Betreibungsbeamten nicht offensichtlich klar, dass die Kontokorrentforderung bei der D. -Bank nicht der GmbH gehörte, sondern dem Kläger persönlich, wenn das fragliche Konto (wie im Übrigen auch ein Einzahlungsschein, vgl. Urk. 22/20) auf diese lautete, weshalb von der Nichtigkeit der Pfändung nicht aus- zugehen gewesen wäre (vgl. BGE 84 III 79, 82 ff.). Es wurde namentlich nicht et- wa ein klar einem Dritten, nämlich dem Kläger, gehörendes Konto gepfändet. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Vor-instanz die Frage bezüglich Offenle- gung der Vereinbarung durch den Kläger gegenüber dem Betreibungsamt anlässlich des Pfändungsvollzugs vom 29. Mai 2017 offenliess und namentlich keine Zeugenbefragung vornahm.

4. Fazit

Weil vorliegend keine wesentliche Amtspflicht verletzt wurde, namentlich die Pfändungsurkunde als gehörig zugestellt gilt, ist keine Widerrechtlichkeit gegeben und dementsprechend kein Schadenersatz geschuldet. Der Kläger ist für seinen Schaden selber verantwortlich, zumal er das erfolgsversprechende Wider- spruchsverfahren rechtzeitig hätte einleiten können und müssen. Die Fragen der Kausalität und der Verjährung (Urk. 28 S. 29-31) brauchen somit nicht behandelt zu werden. Ebenso wenig ist auf das haftungsreduzierende Selbstverschulden des Klägers (Urk. 28 S. 31 ff.) näher einzugehen. Vielmehr ist die Haftungsklage in Gutheissung der Berufung und Abweisung der Anschlussberufung zweitin- stanzlich vollumfänglich abzuweisen (Art. 318 Abs. 1 lit. b ZPO).

  1. Kosten- und Entschädigungsfolgen

    Trifft die Rechtsmittelinstanz einen neuen Entscheid, so entscheidet sie auch über die Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens (Art. 318 Abs. 3 ZPO).

    Die Höhe der erstinstanzlichen Gerichtsgebühr von Fr. 4'750.- wurde nicht bean- standet und erscheint angemessen. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr ist auf- grund des Streitwerts von Fr. 20'000.- auf Fr. 3'150.- festzulegen (§ 4 Abs. 1 und

    § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG).

    Weil der Kläger nunmehr vollumfänglich unterliegt, sind ihm die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die erst- instanzlichen Kosten sind dabei mit dem vom Kläger vor Vorinstanz geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 3'150.- (Urk. 7) zu verrechnen. Im Mehrbetrag stellt die Gerichtskasse Rechnung (Art. 111 Abs. 1 ZPO).

    Da der obsiegende Beklagte durch den bei ihm angestellten Rechtsanwalt Dr. X. , juristischer Sekretär des Generalsekretariats der Finanzdirektion des Kantons Zürich, vertreten ist (vgl. Vollmacht vom 23. April 2020 [Urk. 10]), ist kei- ne nach der Zürcher Anwaltsgebührenverordnung vom 8. September 2010 (LS 215.3) bemessene Parteientschädigung gemäss Art. 95 Abs. 3 lit. b ZPO zuzu- sprechen. Denkbar bleibt in begründeten Fällen eine Umtriebsentschädigung im

    Sinne von Art. 95 Abs. 3 lit. c ZPO für den effektiven Aufwand, der aber darzule- gen ist (HG ZH 150238 vom 5.4.2017 E. 4.2; KUKO Schmid/Jent-Sorensen, Art. 95 N 34; Rusch/Fischbacher, Entschädigung des anwaltlichen Prozessierens in eigener Sache und verwandte Formen, in: AJP 2019 689 f.; so schon ZR 106 [2007] Nr. 78; vgl. auch BGer 4A_262/2016 E. 6 für das bundesgerichtliche Ver- fahren, wonach für eine Entschädigung ein besonders hoher Aufwand verlangt wird). Vorliegend wurde der effektive Aufwand jedoch nicht substantiiert dargelegt (vgl. Urk. 11 S. 13). Es rechtfertigt sich daher lediglich die Zusprechung einer ge- richtsüblichen pauschalen Umtriebsentschädigung in der Höhe von je Fr. 100.- für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren.

    Es wird erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die erstinstanzliche Entscheidgebühr von Fr. 4'750.- wird bestätigt.

    3. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden dem Kläger auferlegt und mit seinem Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 3'150.- verrechnet. Im Mehrbetrag stellt die Gerichtskasse Rechnung.

    4. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 3'150.- festgesetzt.

    5. Die Gerichtskosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden dem Kläger auferlegt.

    6. Der Kläger wird verpflichtet, dem Beklagten für das erst- und zweitinstanzli- che Verfahren eine Umtriebsentschädigung von insgesamt Fr. 200.- zu be- zahlen.

    7. Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

      Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.

    8. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

      Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

      Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 20'000.-.

      Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

      Zürich, 20. September 2021

      Obergericht des Kantons Zürich

      1. Zivilkammer

Die Vorsitzende:

Dr. D. Scherrer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. M. Reuss Valentini

versandt am: ip

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