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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:NE170001
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid NE170001 vom 25.04.2017 (ZH)
Datum:25.04.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Kollokationsklage / Rückweisung
Schlagwörter : Berufung; Verfahren; Konkurs; Berufungsklägerin; Entscheid; Partei; Vorinstanz; Recht; Forderung; Urteil; Gehör; Kollokationsplan; Beschwerde; Gepflicht; Affoltern; Parteien; Obergericht; Gehörs; Fragepflicht; Richterliche; Bundesgericht; Beklagten; Konkursamt; Berufungsbeklagte; Rückweisung; Reformatorisch; Verfahrens; Verletzung; Beklagten; Kantons
Rechtsnorm: Art. 104 ZPO ; Art. 111 ZPO ; Art. 245 KG ; Art. 250 KG ; Art. 317 ZPO ; Art. 6 EMRK ; Art. 93 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Frank, Sträuli, Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 1997
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: NE170001-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichterin

lic. iur. E. Lichti Aschwanden und Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. O. Canal

Urteil vom 25. April 2017

in Sachen

  1. AG,

    Beklagte und Berufungsklägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.

    gegen

  2. Switzerland AG,

Klägerin und Berufungsbeklagte

vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. Y.

betreffend Kollokationsklage / Rückweisung

Berufung gegen ein Urteil des Einzelrichters des Bezirksgerichtes Affoltern vom 27. Januar 2016; Proz. FB060009

Beschluss der II. Zivilkammer des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 24. Mai 2016; Proz. NE160004

Urteil Bundesgericht vom 19. Dezember 2016; Proz. 5A_485/2016

Rechtsbegehren:

(act. 1 S. 2 und act. 59 S. 2)

  • 1. Es sei das Konkursamt Affoltern am Albis gerichtlich anzuweisen, die Forderung der Beklagten im Betrag von CHF 95'000.00 aus dem Kollokationsplan im Konkurs der Konkursitin C. AG, [Ort], zu weisen;

    2. Eventualiter: Es sei das Konkursamt Affoltern am Albis gerichtlich anzuweisen, die grundpfandgesicherte Forderung der Beklagten im Betrag von CHF 95'000.00 im jetzt kollozierten Rang aus dem Lastenverzeichnis/

    Kollokationsplan im Konkurs der Konkursitin C. AG, , zu weisen und als Forderung der III. Klasse aufzunehmen.

    Urteil des Einz elrichters des Bez irksgerichts Affoltern vom 27. Januar 2016:

    (act. 91 = act. 99 = act. 105)

    1. Die Klage wird gutgeheissen und die von der Beklagten im Kollokationsplan des Konkurses der C. AG in Liquidation kollozierte Forderung Nr. 22 über Fr. 95'000.- aus dem Kollokationsplan gewiesen.

    2. Das Konkursamt Affoltern ZH wird angewiesen, die Forderung der Beklagten gemäss vorstehender Ziffer 1 aus dem Kollokationsplan der C. AG in Liquidation zu weisen.

    3. Auf die Anträge der Beklagten wird nicht eingetreten.

    4. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf

      Fr. 8'550.- die weiteren Kosten betragen:

      Fr. 248.75 Kosten für Dividendenberechnung; Fr. 171.- Zustellgebühren;

      Fr. 158.- Schreibgebühr.

    5. Die Kosten werden der Beklagten auferlegt.

    6. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Parteientschädigung von Fr. 13'992.- (inkl. 5.6% Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

    7. [Mitteilungen]

    8. [Rechtsmittelbelehrung]

    Berufungsanträge:

    (act. 104 S. 2)

  • Das Urteil vom 27. Januar 2016 sei aufzuheben. Die Sache sei an die erste Instanz zurückzuweisen mit der Anweisung, eine mündliche Replik/Duplik - Verhandlung durchzuführen. Mit Kosten und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Berufungsbeklagten.

Beschluss der II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 24. Mai 2016 (NE160004):

(act. 109 = act. 121)

  1. Auf die Berufung wird nicht eingetreten.

  2. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird auf Fr. 4'250.- festgesetzt.

  3. Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden der Berufungsklägerin auferlegt und mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

  4. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

  5. [Mitteilungen]

  6. [Rechtsmittelbelehrung]

Urteil der II. z ivilrechtlichen Abteilung des Schweiz erischen Bundesgerichts vom 19. Dezember 2016

(act. 119 = act. 122)

  1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 24. Mai 2016 aufgehoben. Die Angelegenheit wird an das Obergericht zur weiteren Behandlung im Sinne der Erwägungen zurückgewiesen.

  2. Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

  3. Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin mit Fr. 5'000.- zu entschädigen.

  4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich,

II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Erwägungen:
  1. Im Konkurs der C. AG in Liquidation verlangte die Klägerin und Berufungsbeklagte (nachfolgend Berufungsbeklagte) - eine Konkursgläubigerin - mit Klage vom 6. April 2006, das Konkursamt Affoltern am Albis sei anzuweisen, die Forderung der Beklagten und Berufungsklägerin (nachfolgend Berufungsklägerin) im Betrag von Fr. 95'000.- aus dem Kollokationsplan zu weisen. Eventualiter sei das Konkursamt anzuweisen, die grundpfandgesicherte Forderung der Berufungsklägerin im Betrag von Fr. 95'000.- im jetzt kollozierten Rang aus dem Lastenverzeichnis/Kollokationsplan zu weisen und als Forderung der dritten Klasse aufzunehmen (vgl. act. 1 und act. 59).

    Wegen eines Aberkennungsprozesses zwischen der C. AG (in Konkurs) und der Berufungsbeklagten sistierte die Vorinstanz das Verfahren während Jahren (2006-2013). Nach Aufhebung der Sistierung hiess die Vorinstanz die Klage mit Urteil vom 27. Januar 2016 gut und wies die Forderung der Berufungsbeklagten aus dem Kollokationsplan (vgl. act. 91 = act. 99 = act. 105, nachfolgend zitiert als act. 105).

  2. Dagegen erhob die Berufungsklägerin Berufung bei der Kammer, mit welcher sie die Rückweisung an die Vorinstanz verlangte. In ihrer Begründung machte sie im Wesentlichen eine Verletzung des Anspruchs auf ein öffentliches und mündliches Verfahren und des rechtlichen Gehörs sowie der richterlichen Fragepflicht geltend (vgl. act. 104).

    Die Kammer stellt in ihrem Entscheid vom 26. Mai 2016 zum einen fest, dass die Vorinstanz den Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt habe, weil sie verpflichtet gewesen wäre, zumindest einen der beiden Vorträge im Sinne von § 121 ZPO/ZH mündlich durchzuführen (vgl. act. 121 S. 17). Zum anderen hielt sie fest, dass die Vorinstanz - unabhängig von der Mündlichkeit oder Schriftlichkeit des Verfahrens

    - die richterliche Fragepflicht gemäss § 55 ZPO/ZH verletzt und dadurch der Berufungsklägerin das rechtliche Gehör verweigert habe (vgl. act. 121 S. 23). Sie liess in ihrem Entscheid jedoch offen, ob die genannten Verfahrensmängel geheilt

    werden könnten, da mangels Berufungsantrag in der Sache auf die Berufung ohnehin nicht einzutreten sei (vgl. act. 121 E. 3. und E. 4 S. 25 f.).

  3. Das Bundesgericht hat die dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil vom

19. Dezember 2016 teilweise gutgeheissen und den Entscheid der Kammer vom

24. Mai 2016 aufgehoben. Es hat erwogen, es sei nicht strittig, dass das Bezirksgericht (= Vorinstanz) sowohl das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin (= Berufungsklägerin) als auch ihren Anspruch auf ein öffentliches Verfahren verletzt habe. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs stehe dabei im Vordergrund. Angesichts der Rechtsnatur der Gehörsrüge sei das Obergericht voreilig auf die Berufung nicht eingetreten. Stelle die Rechtsmittelinstanz eine Verletzung des rechtlichen Gehörs fest, so sei ihr Urteil in der Regel kassatorischer Natur. Nur bei Heilung der Verletzung könne die Rechtsmittelinstanz reformatorisch entscheiden. Für die blosse Feststellung einer Gehörsverletzung, die daraus folgende Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz sei ein reformatorischer Antrag nicht erforderlich. In diesem Fall werde ein reformatorisches Urteil, das einen reformatorischen Antrag erfordere, gerade nicht gefällt. Die Frage, ob ein reformatorisches Begehren vorliege, stelle sich für die Rechtsmittelinstanz erst dann, wenn sie eine Heilung der Gehörsverletzung in Betracht ziehe, d.h. wenn sie selber reformatorisch entscheiden wolle (vgl. act. 122 E. 2.3.S. 7 f.).

Das Obergericht - so das Bundesgericht weiter - habe lediglich abstrakt einige Ausführungen zu den Möglichkeiten der Heilung gemacht. Es habe sich aber nicht dazu geäussert, wie schwer die Gehörsverletzung wiege, und es habe auch nicht konkret festgehalten, dass es tatsächlich zu einer Heilung schreiten würde, wenn ein genügender Antrag vorliegen würde. Entsprechendes gelte für die festgestellte Verletzung des Anspruchs auf eine öffentliche Verhandlung. Es stehe mithin noch gar nicht fest, ob die Berufung der Beschwerdeführerin (= Berufungsklägerin) eines reformatorischen Antrags bedurft hätte (vgl. act. 122 E. 2.3. S. 8).

  1. Zur Behandlung der Rückweisung wurde ein neues Verfahren eröffnet (Geschäfts-Nr. NE170001). Mit der Aufhebung des Entscheids vom 24. Mai 2016 und der Rückweisung wurde das Verfahren in den Stand versetzt wie es vor der Urteilsfällung war. Demzufolge wurde mit Verfügung vom 20. Februar 2017 der Berufungsbeklagten Frist zur Erstattung der Berufungsantwort angesetzt, die rechtzeitig erstattet wurde (vgl. act. 126-128). Sie stellt folgende Anträge (vgl. act. 128 S. 2):

    1. Die Berufung sei vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist;

    2. Eventualiter: Die Kollokationsklage der Klägerin und Berufungsbeklagten vom

    6. April 2006 sei gutzuheissen, mit dem folgenden Rechtsbegehren:

    1. Es sei das Konkursamt Affoltern am Albis gerichtlich anzuweisen, die Forderung der beklagten Partei im Betrag von CHF 95'000.00 aus dem Kollokationsplan im Konkurs der Konkursitin C. AG, , zu weisen;

    2. Eventualiter: Es sei das Konkursamt Affoltern am Albis gerichtlich anzuweisen, die grundpfandgesicherte Forderung der beklagten Partei im Betrag von CHF 95'000.00 im jetzt kollozierten Rang aus dem Lastenverzeichnis/Kollokationsplan im Konkurs der Konkursitin C. AG, , zu weisen und als Forderung der III. Klasse aufzunehmen.

    alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (inkl. Mehrwertsteuerzuschlag von 5.6%) für die Verfahren beider Instanzen zulasten der Beklagten und Berufungsklägerin.

  2. Gemäss Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts hat sich die Kammer darüber zu äussern, ob die festgestellten Verfahrensmängel geheilt werden könnten (vgl. act. 122 E. 2.3. S. 8). In Bezug auf die Verletzung der richterlichen Fragepflicht erwog die Kammer in ihrem Entscheid vom 26. Mai 2016 Folgendes (vgl. act. 121 S. 21-24):

[ ] Die richterliche Fragepflicht gemäss § 55 ZPO/ZH gilt unabhängig von der Verfahrensart und die Verletzung der Pflicht kommt einer Verweigerung des rechtlichen Gehörs gleich (Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung,

3. Auflage, Zürich 1997, N. 1 zu § 55 ZPO/ZH). Sie kommt nicht zur Anwendung, wenn eine Partei bewusst jede nähere Erklärung zu einem bestimmten Punkt ablehnt (Frank/ Sträuli/Messmer, a.a.O., N. 3 zu § 55). Die Praxis geht davon aus, dass die Fragepflicht des Richters entfalle, wenn die Gegenpartei bereits erfolglos auf den Mangel unvollstän- diger Angaben hingewiesen hat (Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., N. 7 zu § 55). Die Fra-

gepflicht ist nicht auf das mündliche Verfahren beschränkt, sondern besteht auch im schriftlichen (Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., N. 19 zu § 55).

e) Ausgangspunkt ist, dass die Berufungsklägerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht anwaltlich vertreten war. Sie hat offensichtlich das System der Kollokationsklage nach Art. 250 Abs. 2 SchKG nicht verstanden, das von ihr (als beklagte Partei) den vollen Beweis für die behauptete Forderung verlangt (BSK SchKG II-Hierholzer [2. Auflage 2010], N. 61 zu Art. 250), was ungewöhnlich ist. Ihr diesbezügliches Argumentarium beruht im wesentlichen darauf, dass das Konkursamt die Forderung bei der Eingabe im Kollokationsplan zugelassen und dass das Steueramt Bilanz und Erfolgsrechnung akzeptiert habe.

Dass die Prüfung der Anmeldung in den Kollokationsplan durch die Konkursverwaltung gemäss Art. 245 SchKG lediglich summarisch erfolgt und den Richter in keiner Weise bindet, kann einem Laien unbekannt sein und für ihn dürfte das auch verwirrlich sein, weil es durchaus auch eine Domäne gibt, in der die Konkursverwaltung verbindliche Entscheidungen fällen muss und kann. Dass die Steuerbehörden bei steuerrechtlichen Entscheiden anders fokussieren und dass privates Recht und öffentliches Recht kein ge-

schlossenes System ist, muss einem Juristen bekannt sein, einem Laien hingegen nicht.

Und auch die Tatsache, dass unrevidierte Jahresabschlüsse zivilprozessrechtlich lediglich Parteibehauptungen darstellen, auch wenn sie von der Steuerbehörde gegebenenfalls akzeptiert worden sind, gehört sicher nicht zum Allgemeinwissen. Wenn gesagt wird, dass Parteien, die bewusst eine nähere Erklärung zu einem bestimmten Punkt verweigern, keinen Anspruch auf richterliche Befragung haben, ist das an sich richtig, ist aber im vorliegenden Fall anders einzuordnen, als Frank/Sträuli/ Messmer (a.a.O., N. 3 zu

§ 55) dies tun. Wer - aus Rechtsunkenntnis - überzeugt ist, dass er nicht mehr tun muss

und deshalb auch nicht mehr tut, ist kein Fall, bei dem die richterliche Fragepflicht unmittelbar entfällt, sondern ein Fall, in dem der Richter zunächst eine laienverständliche Erklärung dafür geben muss, warum die falsche Annahme nicht zutrifft, gefolgt von allenfalls sachdienlichen Fragen. Für die identische Problematik nach der schweizerischen ZPO weist KuKo-ZPO-Oberhammer (2. Auflage 2014), N. 4 zu Art. 56 pointiert auf das sich hier stellende Problem hin, wenn er schreibt: Versteht eine Partei gar nicht, was aus Perspektive des Gerichts relevant ist, so wird ihr lediglich formal, aber nicht inhaltlich das rechtliche Gehör gewährt. Geboten ist aber - wie dies insb. in Art. 6 Abs. 1 EMRK zum Ausdruck kommt, eine «faire» Äusserungsmöglichkeit, was voraussetzt, dass die Parteien verstehen, worum es im Prozess überhaupt geht (vgl. auch BK-Hurni, Art. 56 N 3:

«sehenden Auges scheitern lassen»; a.A. Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger/ Sutter-Somm/von Arx, Art. 56 N 12). Erst wenn die betreffende Partei trotz korrektem gerichtlichen Vorgehen ihre Haltung nicht ändert, hat sie die Folgen davon zu tragen. Der allgemein gehaltene standardisierte Hinweis, wie ihn die Vorinstanz gegeben hat, genügt jedenfalls dann nicht, wenn offensichtlich ist, dass die Laienpartei daraus nicht die richtigen Schlüsse zieht bzw. ziehen kann.

Die Vorinstanz hat in ihrem Entscheid erwähnt, das die Gegenpartei die Berufungsklägerin auf die unzureichende Substantiierung hingewiesen habe (act. 105 E. 2.17). Das trifft zu, ebenso wie der Hinweis auf die Rechtsprechung (act. 105 E. 2.16), wonach der durch die Gegenpartei erfolgte Substantiierungshinweis die Aufforderung der Gerichte ersetzt. Was unter Rechtskundigen klarerweise gelten muss und auch gilt, trifft für eine Laienpartei allerdings nicht in gleicher Weise zu. Ihr ist es nicht zu verdenken, wenn sie ihrer anwaltlich vertretenen Gegnerin nicht traut und - nachvollziehbar - davon ausgeht, dass diese ihre eigenen Interessen wahrnimmt, und sie möglicherweise über den Tisch gezogen werden könnte. Zusammenfassend ergibt sich daraus, dass die Vorinstanz, unabhängig von der Mündlichkeit oder Schriftlichkeit des Verfahrens die richterliche Fragepflicht von § 55 ZPO/ZH verletzt hat, womit der Berufungsklägerin das rechtliche Gehör verweigert wurde (Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., N. 1 zu § 55 ZPO/ZH).

Nach dem Dargelegten liegt dem Urteil der Vorinstanz vom 24. Mai 2016 ein schwerwiegender Verfahrensmangel zugrunde. Die Berufungsklägerin hat im vorinstanzlichen Verfahren in materieller Hinsicht, d.h. in Bezug auf ihre Forderung, noch nichts vorgebracht bzw. behauptet. Ihr Antrag auf Klageabweisung ist damit unbegründet geblieben. Die Heilung der Gehörsverletzung, mithin die Durchfüh- rung einer Verhandlung zwecks Ausübung der richterlichen Fragepflicht durch die Berufungsinstanz ist nicht angezeigt, denn zum einen könnte sich die Berufungsklägerin nur im Rahmen von Art. 317 ZPO äussern und zum anderen haben die Parteien Anspruch auf den Instanzenzug. Obwohl der Prozess seit 2006 hängig ist, stellt die Rückweisung keinen formalistischen Leerlauf bzw. keine unnötige Verzögerung dar, wird doch der Berufungsklägerin erstmals in einer ihr verständlichen Weise Gelegenheit geboten, den Bestand und die Höhe ihrer kollozierten Forderung substantiiert darzutun und gegebenenfalls zu beweisen und damit ihren Antrag auf Abweisung der Klage zu begründen. Der vorinstanzliche Entscheid ist demnach aufzuheben und die Sache zur Durchführung einer Verhandlung und

Wahrung der richterlichen Fragepflicht sowie zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

6. Ist der Prozess zur Ergänzung des Verfahrens und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen, so ist das angefochtene Urteil auch hinsichtlich der Kostenund Entschädigungsfolgen aufzuheben und die Vorinstanz wird neu darüber zu befinden haben. Festzusetzten ist heute einzig die Entscheidgebühr für das zweitinstanzliche Verfahren, und zwar in Anwendung von § 12 Abs. 1-2 i.V.m. § 4 Abs. 1 und 2 und § 10 Abs. 1 GebV OG auf

Fr. 1'500.-. Die Gerichtskosten sind mit dem von der Berufungsklägerin - im

Verfahren NE160004 - geleisteten Vorschuss von Fr. 8'500.- zu verrechnen (Art. 111 Abs. 1 ZPO). Der Entscheid über die Verteilung der Gerichtskosten und damit über eine allfällige Ersatzpflicht nach Art. 111 Abs. 2 ZPO wird der Vorinstanz überlassen (Art. 104 Abs. 4 ZPO).

Für das zweitinstanzliche Verfahren ist gestützt auf §13 Abs. 1 und 4 i.V.m. § 4 Abs. 1 und 2 AnwGebV eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.- zuzüglich allfäl- liger Mehrwertsteuer festzusetzen (vgl. act. 104 und act. 128). Der Entscheid über die Verteilung der Parteientschädigung wird der Vorinstanz überlassen (Art. 104 Abs. 4 ZPO).

Es wird erkannt:
  1. Das Urteil des Einzelrichters des Bezirksgerichtes Affoltern vom 27. Januar 2016 wird aufgehoben und die Sache zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Wahrung des rechtlichen Gehörs sowie zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 1'500.- festgesetzt und mit dem von der Berufungsklägerin geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

  3. Die Parteientschädigung für das zweitinstanzliche Verfahren wird auf Fr. 2'500.- zuzüglich allfälliger Mehrwertsteuer festgesetzt.

  4. Der Entscheid über die Verteilung der Prozesskosten des vorliegenden Berufungsverfahrens wird dem neuen Entscheid des Bezirksgerichts vorbehalten.

  5. Es wird vorgemerkt, dass die Berufungsklägerin für das Verfahren NE160004 bei der Rechtsmittelinstanz einen Kostenvorschuss von Fr. 8'500.- geleistet hat, der im vorliegenden Verfahren verbucht ist.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Berufungsklägerin unter Beilage eines Doppels von act. 128, sowie - unter Beilage der vorinstanzlichen Akten - an das Bezirksgericht Affoltern, und an die Obergerichtskasse je gegen Empfangsschein.

  7. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 95'000.-.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. O. Canal versandt am:

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